Frau Prof. Dr. med. Barbara Wollen

Transcription

Frau Prof. Dr. med. Barbara Wollen
Aus der Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde
der Universität zu Lübeck
Direktorin: Frau Prof. Dr. med. Barbara Wollenberg
________________________________________________________
Bedeutung der elektiven Neck dissection
für die Therapie des Oropharynxkarzinoms
Inauguraldissertation
zur
Erlangung der Doktorwürde
der Universität zu Lübeck
- Aus der Sektion Medizin -
vorgelegt von
Bertan Deniz Cakir
aus Gelsenkirchen
Lübeck 2013
1. Berichterstatter: Prof. Dr. med. J. E. Meyer
2. Berichterstatter: Priv.-Doz. Dr. med. T. Laubert
Tag der mündlichen Prüfung: 11.8.2014
Zum Druck genehmigt. Lübeck, den 11.08.2014
- Promotionskommission der Sektion Medizin II
Meinen Eltern
III
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung ............................................................................................................ 1!
1.1 Ätiologie und Pathogenese ....................................................................... 1!
1.2 Klinik ......................................................................................................... 3!
1.2.1 Diagnostik...................................................................................... 4!
1.2.2 Tumorklassifikation und Stadieneinteilung .................................... 5!
1.3 Therapie .................................................................................................... 7!
1.3.1 Therapie des Primärtumors ........................................................... 7!
1.3.2 Behandlung des cN0-Halses ......................................................... 8!
1.3.3 Neck Dissection............................................................................. 9!
1.3.3.1 Geschichte ......................................................................... 9!
1.3.3.2 Klassifikation .................................................................... 10!
1.3.3.3 Ausdehnung der Neck dissection .................................... 12!
1.4 Fragestellung .......................................................................................... 13!
2 Material & Methoden ........................................................................................ 13!
2.1 Primärdaten ............................................................................................ 13!
2.1.1 Patientenkollektiv ........................................................................ 13!
2.1.2 Diagnostik und Therapie ............................................................. 16!
2.1.2.1 Diagnostik und Definition des cN0-Halses....................... 16!
2.1.2.2 Operative Therapie des Primärtumors............................. 16!
2.1.2.3 Management des Halses ................................................. 17!
2.1.2.4 Adjuvante Verfahren ........................................................ 18!
2.1.2.5 Nachsorge ....................................................................... 18!
2.1.3 Datenerhebung und Auswertung ................................................ 18!
2.1.4 Statistik ........................................................................................ 19!
2.1.4.1 Deskriptive Statistik ......................................................... 19!
2.1.4.2 Kaplan-Meier Überlebenskurven ..................................... 19!
2.1.4.3 Cox Regressionsanalyse ................................................. 20!
2.2 Systematisches Review .......................................................................... 20!
2.2.1 Einschlusskriterien ...................................................................... 20!
2.2.2 Suchstrategie .............................................................................. 21!
2.2.3 Datenextraktion ........................................................................... 22!
3 Ergebnisse ........................................................................................................ 23!
3.1 Primärdaten ............................................................................................ 23!
3.1.1 Krankheitsprogression nach Initialbehandlung ........................... 23!
3.1.2 Überlebensanalyse...................................................................... 24!
IV
3.1.2.1 Gesamtüberleben (OS).................................................... 24!
3.1.2.2 Krankheitsfreies Überleben (DSF) ................................... 26!
3.1.2.3 Krankheitsspezifisches Überleben (DSS) ........................ 28!
3.1.3 Cox Regressionsanalyse............................................................. 30!
3.2 Systematisches Review .......................................................................... 31!
4 Diskussion ........................................................................................................ 33!
5 Zusammenfassung........................................................................................... 42!
6 Literaturverzeichnis ......................................................................................... 43!
7 Anhänge ............................................................................................................ 48!
8 Danksagung ...................................................................................................... 52!
9 Lebenslauf ........................................................................................................ 53!
10 Publikationsverzeichnis ................................................................................ 55!
V
Abkürzungsverzeichnis
CT
Computertomographie
CI
Confidence Intervall
DFS
Disease-Free Survival
DSS
Disease-Specific Survival
EGF
Epidermal growth factor
END
Elektive Neck dissection
ERND
Erweiterte radikale Neck dissection
HNSCC
Head and neck squamous cell carcinoma
HPV
Humanes Papillomavirus
HR
Hazardrate
MRND
Modifiziert-radikale Neck dissection
MRT
Magnetresonanztomographie
OBS
Observation
OPSCC
Oropharyngeal squamous cell carcinoma
OS
Overall Survival
PET
Positronenemissionstomographie
RND
Radikale Neck dissection
SND
Selektive Neck dissection
UICC
Unione internationale contre le cancer
VI
1 Einleitung
Der Begriff Kopf-Hals-Tumor fasst verschiedene Tumorentitäten des KopfHalsbereiches zusammen. Hierzu zählen Tumore der Mundhöhle, des Pharynx,
des Larynx, der Nase, der Nasennebenhöhlen, der Schilddrüse und der
Speicheldrüsen. Mit jährlich mehr als einer halben Million neu diagnostizierter
Tumore
zählen
die
Kopf-Halstumore
zur
fünfthäufigsten
malignen
Tumorlokalisation weltweit [1]. Die Kopf- und Halsregion beinhaltet eine große
Vielfalt verschiedener Strukturen und Zellarten wie Knochen, Drüsen-, Knorpel-,
Muskel-,
Nervengewebe,
lymphatische
Strukturen
und
Plattenepithel.
Dementsprechend zeigt sich eine breite Spanne maligner Tumorentitäten, von
denen das Plattenepithelkarzinom mit Abstand am häufigsten Auftritt. Die
vorliegende Arbeit befasst sich ausschließlich mit dieser Tumorentität.
Der Oropharynx ist ein Teil des Rachens und verbindet die Mundhöhle und den
Nasopharynx mit dem Larynx und dem Hypopharynx. Insgesamt werden weltweit
jedes Jahr rund 123.000 neue oropharyngeale und hypopharyngeale Karzinome
diagnostiziert, mit ca. 79.000 Todesfällen pro Jahr [1]. Während die Inzidenz
anderer Tumorlokalisationen rückläufig ist, zeigt sich während der letzten
Jahrzehnte trotz eines allgemein rückläufigen Nikotinabusus eine steigende
Neuerkrankungsrate für Oropharynxkarzinome [2]. Epidemiologische Studien
konnten zeigen, dass die steigende Inzidenz mit einer erhöhten Infektionsrate des
Humanen Papilloma-Virus (HPV) assoziiert ist [3].
1.1 Ätiologie und Pathogenese
Der gegenwärtige Kenntnisstand zur Kanzerogenese bei Plattenepithelkarzinomen
der oberen Luft- und Speisewege (HNSCC) geht von einem mehrteiligen Prozess
(„Multi-Step-Kanzerogenese“) aus, bei dem sich aus den histologisch definierten
Vorläuferläsionen (Leukoplakie, Erythroplakie) über das Carcinoma in situ das
invasive Karzinom mit der Potenz zur Metastasierung entwickelt. Diesen
Veränderungen liegt eine Sequenz genetischer Alterationen zugrunde, die bislang
jedoch nur zum Teil bekannt sind. Eine Deletion der chromosomalen Region 9p21
ist die häufigste genetische Mutation und tritt in der frühen Phase der
Tumorentwicklung auf [4, 5]. Der Verlust dieser Region führt zu einem Verlust des
Tumorsupressorgens p16, einem Cyclin-abhängigen Kinase-4-Inhibitor. p16
1
reguliert im aktiven Zustand die Aktivität von Cyclin D1-CDK4, unterdrückt somit
die Phosphorylierung des Retinoblastom-Protein-Tumorsuppressorgens und
schließlich die Zellproliferation [6]. Schätzungsweise die Hälfte aller HNSCC
weisen darüber hinaus eine Mutation im p53-Gen auf, das unter anderem für die
Progression von der präinvasiven zur invasiven Läsion verantwortlich gemacht
wird [7-9]. Weitere häufige Mutationen sind für die Tumorsuppressorgene PTEN
(Phosphatase and tensin homolog) und Rb (Retinoblastom-Protein), sowie für die
Protoonkogene Cyclin D1, p63 und EGF bekannt [8].
Vor allem exogene Noxen spielen eine entscheidende Rolle bei der Pathogenese
von HNSCC. Es wird geschätzt, dass Alkohol- und Tabakkonsum für
die
Entstehung von bis zu 80 Prozent der Plattenepithelkarzinome im oberen
Aerodigestivtrakt verantwortlich sind. Der alleinige starke Konsum von Tabak kann
das relative Tumorrisiko um das 5- bis 25-fache im Vergleich zu Nichtrauchern
erhöhen [10, 11]. In einigen Fall-Kontroll-Studien konnte eine dosisabhängige
positive Korrelation von Tabakkonsum und Kanzerogenese aufgezeigt werden. Je
höher und länger der Tabakkonsum ist, desto höher ist das relative Risiko an
einem HNSCC zu erkranken [12, 13]. Obwohl es bei häufig simultaner Exposition
schwierig ist, den karzinogenen Effekt von Alkohol und Tabak zu trennen, gilt auch
der chronische Alkoholkonsum als unabhängiger Risikofaktor für die Entwicklung
von Plattenepithelkarzinomen im oberen Aerodigestivtrakt [10, 14-16]. Aufgrund
des
Aufnahmeweges
Verdauungstrakt
treten
von
Tabakrauch
infolge
der
und
Alkohol
Feldkanzerisierung
über
häufig
den
oberen
syn-
oder
metachrone Zweitkarzinome auf, die den gesamten oberen Aerodigestivtrakt
betreffen können [17]. Chronischer Tabak- und Alkoholkonsum sind mit einem
Verlust der Expression des bereits oben erwähnten Tumorsupressorgenes p53
assoziiert [18, 19].
Weitere Risikofaktoren für die Entstehung von HNSCC sind virale Infektionen,
Strahlenbelastung, diätetische Faktoren, schlechte Mundhygiene, chronischentzündliche Reize und genetische Aspekte. Besonders hervorzuheben ist hier
das humane Papillomavirus (HPV), da es bei der Entstehung und der Prognose
des Oropharynxkarzinoms zunehmend an Bedeutung gewinnt. Studien zufolge
sind Oropharynxtumore bis zu 73 Prozent HPV-positiv [20]. Der dominierende
Subtyp dieser Tumore ist mit 87-90 Prozent HPV-16, gefolgt von HPV 18 [21, 22].
Patienten mit HPV-positiven Tumoren sind jünger und erkranken unabhängig von
2
Alkohol- und Tabakkonsum [23]. Die Übertragung von HPV erfolgt sexuell und
besitzt eine hohe Transmissionsrate von Partner zu Partner [22].
1.2 Klinik
Aus klinischen Gründen wird der Oropharynx in vier Subregionen gegliedert [24]:
•
Rachenhinterwand
Tumoren in dieser Region sind relativ selten und werden aufgrund des
meist wenig symptomatischen Verlaufes sehr häufig (50-75%) erst im
späten Stadium diagnostiziert [25]. Durch die Nähe zur anatomischen
Mittellinie metastasieren diese Tumoren häufig bilateral. Bei größerer
Tumorausdehnung
ist
eine
Infiltration
des
retropharyngealen
und
prävertebralen Bereichs möglich [24].
•
Weichgaumen
Tumoren des Weichgaumes sind relativ selten, werden aber aufgrund der
guten Zugänglichkeit für die visuelle Inspektion und manuelle Palpation in
der Regel in frühen Stadien diagnostiziert. Nichtsdestotrotz wird jedoch die
Diagnosestellung wegen des submukösen Wachstums und der geringen
Beschwerdesymptomatik häufig verzögert [24].
•
Der Zungengrund
Plattenepithelkarzinome des Zungengrundes weisen im Vergleich zu den
anderen
oropharyngealen
Lokalisationen
häufig
einen
geringen
Differenzierungsgrad und daher einen tendenziell aggressiveren Charakter
auf. Selbst T1- und T2-Läsionen weisen in der Regel schon mindestens
eine Halslymphknotenmetastase auf, und in 20% der Fälle liegt sogar
schon eine bilaterale Metastasierung vor [26]. Das häufigste Symptom des
Zungengrundkarzinoms sind chronisch-persistierende Halsschmerzen mit
Dys- bzw. Odynophagie. Aufgrund der schwer ersichtlichen Lokalisation
und des häufig submukösen Wachstums ist für die frühzeitige Diagnostik
die manuelle Palpation von besonderer Bedeutung [25, 26].
•
Tonsilla palatina und Tonsillenloge
70 bis 80 Prozent der oropharyngealen Plattenepithelkarzinome liegen in
diesem
Bereich
und
stellen
somit
den
größten
Anteil
der
Oropharynxkarzinome dar [26]. Wie in den anderen Regionen zeigt sich in
den meisten Fällen ein asymptomatischer Verlauf. Einige Patienten
3
berichten jedoch über Dys- bzw. Odynophagie. Spätsymptome sind unter
anderem Ohrenschmerzen, Blutungen, Zungenmobilitätsstörungen und
Kieferklemme (Trismus). In 66-77% der Fälle liegen schon bei der
Erstdiagnose Halslymphknotenmetastasen vor. In der Regel befinden sich
die Halslymphknotenmetastasen auf der ipsilateralen Seite [25, 26].
1.2.1 Diagnostik
Der überwiegende Anteil der Kopf- und Halsmalignome ist der HNO-ärztlichen,
klinischen Untersuchung zugänglich. Somit stellt die klinische Untersuchung die
bevorzugte Methode für die Diagnostik von Plattenepithelkarzinomen der oberen
Luft- und Speisewege dar. Die klinische Untersuchung beinhaltet die Inspektion
der Mundhöhle mit der Erfassung des Zahnstatus, die bimanuelle Untersuchung
des Mundbodens und der Zunge sowie die Spiegelung und endoskopische
Untersuchung der Nasenhöhle, des Nasopharynx, des Zungengrundes, der
Vallecula epiglottica, des Larynx und (soweit einsehbar) des Hypopharynx.
Abschließend sollte die Palpation der Halslymphknoten erfolgen.
Bildgebende
Verfahren
wie
die
Computertomographie
(CT),
Magnetresonanztomographie (MRT), Positronenemissionstomographie (PET) und
PET-CT kommen in Abhängigkeit von der Tumorlokalisation und -entität zum
Einsatz, um die Größe und genaue Lokalisation des Primärtumors zu bestimmen,
den Lymphknotenstatus zu beurteilen sowie Zweitkarzinome und Fernmetastasen
auszuschließen. Die daraus resultierende Stadieneinteilung anhand der TNMKlassifikation ist entscheidend für die weitere Therapieplanung.
Mit Ausnahme von Fernmetastasen ist das Vorhandensein von zervikalen
Lymphknotenmetastasen der wichtigste prognostische Faktor für Tumore im KopfHals-Bereich. Bei Vorliegen von Lymphknotenmetastasen verringert sich die
Gesamtüberlebensrate
Lymphknotenmetastasen
um
hat
ca.
50%
somit
eine
[27,
28].
Die
herausragende
Diagnostik
von
Stellung
der
in
Behandlung der HNSCC. Die enge anatomische Nähe von Primärtumor und
drainierenden Lymphknoten sowie das dichte Lymphgefäßsystem mit der hohen
Anzahl zervikofazialer Lymphknoten erschwert die sichere Diagnostik der
Halslymphknotenmetastasen. Eine Metaanalyse hat gezeigt, dass bildgebende
Verfahren wie die CT, die MRT, die Sonographie und insbesondere die
sonografisch gesteuerte Feinnadelaspirationszytologie der klinischen Palpation
4
überlegen sind [29]. Weitere neuere Verfahren wie das PET-CT zur Untersuchung
okkulter Lymphknotenmetastasen werden in der Literatur aktuell intensiv
diskutiert.
1.2.2 Tumorklassifikation und Stadieneinteilung
Die Klassifikation erfolgt nach dem international anerkannten TNM-System der
UICC („Union internationale contre le cancer“). Es beschreibt die Größe des
Tumors (T1 bis T4), das Ausmaß der lymphogenen Metastasierung (N0 bis N3)
und das Vorhandensein von Fernmetastasen (M0-M2). Die TNM-Klassifikation
kann nach klinischen (cTNM) oder pathologischen (pTNM) Befunden erfolgen. Tund N-Stadien können je nach Lokalisation des Tumors variieren, wobei die
Stadieneinteilung mit Ausnahme der Speicheldrüsentumoren weitgehend identisch
bleibt. Die aktuelle gültige klinische Stadieneinteilung und TNM-Klassifikation ist
die folgende:
T-Klassifikation Oropharynx:
TX
Primärtumor kann nicht beurteilt werden
T0
Kein Anhalt für Primärtumor
Tis
Carcinoma in situ
T1
Tumor 2 cm oder weniger in größter Ausdehnung
T2
Tumor mehr als 2 cm, aber nicht mehr als 4 cm in größter Ausdehnung
T3
Tumor mehr als 4 cm in größter Ausdehnung
T4a
Tumor infiltriert Nachbarstrukturen wie Larynx, äußere Muskulatur der
Zunge (M. genioglossus, M. hyoglossus, M. palatoglossus und M.
styloglossus), Lamina medialis des Processus pterygoideus, Hartgaumen
oder Unterkiefer
T4b
Tumor infiltriert Nachbarstrukturen, wie M. pterygoideus lateralis, Lamina
lateralis des Processus pterygoideus, Schädelbasis oder umschließt die A.
carotis interna
5
N-Klassifikation:
NX
Regionärer Lymphknotenstatus kann nicht erhoben werden
N0
Keine regionären Lymphknotenmetastasen nachweisbar
N1
Ipsilateraler Befall eines solitären Lymphknotens, 3 cm oder weniger in der
größten Ausdehnung
N2a
Metastase in solitärem, ipsilateralem Lymphknoten, mehr als 3 cm, aber
nicht mehr als 6 cm in größter Ausdehnung
N2b
Metastasen in multiplen, ipsilateralen Lymphknoten, keiner mehr als 6 cm in
größter Ausdehnung
N2c
Metastasen in bilateralen oder kontralateralen Lymphknoten, keiner mehr
als 6 cm in größter Ausdehnung
N3
Metastasen in bilateralen oder kontralateralen Lymphknoten, mit mehr als 6
cm in größter Ausdehnung
M-Klassifikation:
MX
Fernmetastase nicht beurteilbar
M0
Keine Fernmetastase
M1
Fernmetastase(n)
gesichert.
Kann
durch
die
Organbezeichnung ergänzt werden.
M2
Mehrere Fernmetastasen in unterschiedlichen Organen
6
entsprechende
Stadieneinteilung der Oropharynxkarzinome
Stadium 0
Tis
N0
M0
Stadium I
T1
N0
M0
Stadium II
T2
N0
M0
Stadium III
T3
N0
M0
T1-T3
N1
M0
T4a
N0-N1
M0
T1-T4a
N1
M0
T4b
Jedes N
M0
Jedes T
N3
M0
Jedes T
Jedes N
M1
Stadium IVA
Stadium IVB
Stadium IVC
1.3 Therapie
1.3.1 Therapie des Primärtumors
Die vollständige chirurgische Entfernung des Primärtumors stellt die wichtigste
therapeutische Intervention für die Therapie der Kopf-Hals-Karzinome dar. Neben
der
primären
operativen
Therapie
ist
die
primäre
oder
adjuvante
Radio(chemo)therapie in Abhängigkeit von Tumorlokalisation, -entität und stadium ein wichtiger Baustein im Therapiekonzept der HNSCC.
Bei der Behandlung des Oropharynxkarzinoms wird generell zwischen den frühen
Stadien (I und II) und späten Stadien (III und IV) unterschieden. Für die Stadien I
und II besteht beim Oropharynxkarzinom in der Regel die Optionen für ein primär
kuratives chirurgisches Verfahren oder die kurative Radiotherapie.
Bei
guter
peroraler
Einstellbarkeit
des
Tumors
stellt
die
transorale
Lasermikrochirurgie eine mit geringen postoperativen Komplikations- und
Tumorkontrollraten eine effektive Therapiemodalität dar [30]. Bei schwer
erreichbarer Lokalisation kommen kombiniert transoral-transzervikales Verfahren
7
(Pharyngotomie) oder die primäre Radiochemotherapie zum Einsatz. Die
Radiochemotherapie stellt insbesondere für HPV/p16-positive Tumoren aufgrund
der guten Strahlensensibilität eine wichtige Therapieoption dar [23].
Die Behandlung fortgeschrittener Karzinome des Oropharynx unterliegt einer
engen
interdisziplinären
Zusammenarbeit
zwischen
Chirurgen,
Strahlentherapeuten und Onkologen. Gegenwärtige Therapieoptionen stellen die
chirurgische
Resektion
Radiochemotherapie
mit
und
die
adjuvanter
Radio(chemo)therapie,
Induktionschemotherapie
mit
definitive
anschließender
definitiver Radiochemotherapie dar.
Die Prognose ist generell abhängig vom Stadium und der Lokalisation des
Tumors. Im Allgemeinen liegt die 5-Jahres Überlebensrate für Tumoren im
Stadium I und II zwischen 75% und 80% [31]. Für Tumoren in späten Stadien
besteht
eine
wesentlich
schlechtere
Prognose.
So
liegt
die
5-Jahres
Überlebensrate für einen T4-Tumor mit positiven Halslymphknotenbefall trotz R0Resektion und postoperativer Bestrahlung bei 35-40% [31]. Generell weisen
Karzinome im Bereich des Weichgaumens und der Uvula eher eine günstige,
Karzinome im Zungengrund hingegen eher eine schlechte Prognose auf [31].
Patienten mit HPV-positiven HNSCC weisen relativ zu Patienten mit HPVnegativen HNSCC ein um 60-80% verringertes Sterberisiko und eine signifikant
höhere 5-Jahres Überlebensrate (82% versus 35%) auf [23].
1.3.2 Behandlung des cN0-Halses
In Abhängigkeit von der primären Tumorlokalisation und dem T-Stadium
metastasieren etwa 30 bis 70 Prozent der Kopf-Hals-Tumore in die zervikalen
Lymphknoten [32-35]. Mit Ausnahme von Fernmetastasen ist das Vorhandensein
von zervikalen Lymphknotenmetastasen der wichtigste prognostische Faktor für
Tumoren im Kopf-Hals-Bereich. Die Gesamtüberlebensrate verringert sich bei
Vorliegen von Lymphknotenmetastasen um etwa 50% [27, 28]. Die Behandlung
von Lymphknotenmetastasen spielt somit für den Therapieerfolg bei HNSCC eine
herausragende Rolle.
Während
modifiziert
bei
klinischem
radikale
Halslymphknotenlevel
Verdacht
Neck
auf
dissection
durchgeführt
wird,
Halslymphknotenmetastasen
mit
wird
Ausräumung
der
Umgang
aller
mit
eine
fünf
okkulten
Halslymphknotenmetastasen derzeit noch kontrovers diskutiert. Es stehen für die
8
Behandlung des klinischen N0-Halses drei Therapieoptionen zur Verfügung: a) die
Verlaufskontrolle (OBS) mit regelmäßiger klinischer Untersuchung, radiologischen
Kontrollen und Neck dissection bei Auftreten von Lymphknotenmetastasen, b) die
elektive Neck dissection (END) und c) die elektive Strahlentherapie. Da durch
nicht-invasive Untersuchungen okkulte Metastasen nur unzureichend detektiert
werden können, wird der behandelnde Arzt vor die Problematik gestellt, dass bei
einem abwartenden Verhalten dem Patienten durch eine rasche Progression
potentieller okkulter Metastasen eine schlechtere Prognose droht. Andererseits
wird bei den elektiven Verfahren ein Großteil der Patienten unnötig invasiv
behandelt. Die elektiven Verfahren setzen dabei den Patienten dem Risiko von
Behandlungskomplikationen
und
damit
der
Gefahr
einer
schlechteren
Lebensqualität aus.
Oropharynxkarzinome
zeigen
bereits
in
frühen
Tumorstadien
ein
hohes
Metastasierungspotenzial in die zervikalen Lymphknoten. Über die Hälfte der
Patienten
mit
Oropharynxkarzinomen
weist
schon
bei
Erstdiagnose
Lymphknotenmetastasen auf. Bei klinisch unauffälligem Lymphknotenstatus (cN0)
wird über eine Inzidenz für okkulte Metastasen von 16-32% berichtet [36, 37].
Daher wird in den meisten Kliniken die elektive Behandlung (der Halslymphknoten
Neck dissection und/oder Radiatio) empfohlen und praktiziert [38].
1.3.3 Neck Dissection
1.3.3.1 Geschichte
Schon im frühen 19. Jahrhundert erkannte der Heidelberger Chirurg Maximilian
Joseph von Chelius (1794-1867), dass eine Metastasierung der Kopf- und
Halstumoren die Überlebenswahrscheinlichkeit der Patienten drastisch reduziert.
Mit der Entwicklung der allgemeinen Anästhesie und neuer chirurgischer
Möglichkeiten wurde die erste radikale Neck dissection im Jahre 1888 von dem
polnischen Chirurgen Jawdynski (1851-1896) durchgeführt und am Anfang des 20.
Jahrhunderts von George Washington Crile popularisiert. Die von Crile
durchgeführte „en block dissection“ beinhaltete die Entfernung aller zervikalen
Lymphknoten (heute Level I-IV), des M. sternocleidomastoideus, der Glandula
(Gdl.) submandibularis, der Gdl. parotis, des M. omohyoideus, sensibler Äste des
Plexus cervicalis und der V. jugularis. Bei einer derart radikalen Operation war zu
dieser Zeit aufgrund mangelnder medizinischer Hilfsmittel mit schweren
9
Komplikationen zu rechnen, sodass es erst Martin Hayes und seinen Kollegen um
1950 es gelang, die radikale Therapie von Tumoren im Kopf-Hals-Bereich als
chirurgische Standardprozedur zu etablieren [39]. Um die hohe Langzeitmorbidität
dieser radikalen Operation zu umgehen, entwickelte Suárez im Jahre 1952 die
„funktionelle“ Neck dissection. Diese beinhaltete die Erhaltung wichtiger, nicht
lymphatischer Strukturen wie des M. sternocleidomastoideus, des N. accessorius
und der V. jugularis. Diese mit geringer Morbidität behaftete Operation wurde aber
erst um 1980 von Bocca et al. und Gavilán et al. popularisiert [40]. Über die Jahre
haben sich die gültigen Ansichten zur Behandlung der HNSCC verändert. Kopfund Halschirurgen erkannten mit der Zeit, dass radikalere mit hoher Morbidität
einhergehender Operationen nicht immer mit einem besseren onkologischen
Ergebnis verbunden waren. Das bessere Verständnis der lymphogenen
Metastasierungsmuster
ermöglichte
selektivere
Verfahren,
welche
die
Lebensqualität der Patienten verbesserten ohne die Heilungsrate zu vermindern
[41].
1.3.3.2 Klassifikation
Die Terminologie der unterschiedlichen Varianten der Neck dissection wurde
durch die American Head and Neck Society (AHNS), in Kooperation mit dem
Committee for Head and Neck Surgery and Oncology of the American Academy of
Otolaryngology-Head and Neck Surgery (AAO-HNS) im Jahre 1991 vereinheitlicht.
Die Klassifikation beinhaltetet eine auf Shah et al. (1981) basierende Unterteilung
der Halslymphknoten in sechs Regionen [42] und eine Einteilung der Neck
dissections in die radikale Neck dissection (RND), die erweiterte radikale Neck
dissection (ERND), die modifiziert-radikale Neck dissection (MRND) und die
selektive Neck dissection (SND). Von denselben Autoren wurde seitdem das
Klassifikationssystem zweimal überarbeitet. Im Jahr 2002 fügten die Autoren dem
ursprünglichen Levelsystem das Konzept der Sublevel hinzu. Die Level I, II und V
wurden dabei in die Sublevel Ia (submentale Gruppe) und Ib (submandibuläre
Gruppe), IIa und IIb (zusammen die kraniojuguläre Gruppe), Va (Lymphknoten
kranial des N. accessorius) und Vb (Lymphknoten kaudal des N. accessorius und
supraclavikuläre Lymphknoten) unterteilt. Die Einteilung in Subregionen wurde
aufgrund der Feststellung entwickelt, dass spezifische Bereiche in einem Level ein
höheres oder niedrigeres Risiko für nodale Metastasen besitzen als andere
Bereiche in demselben Level. Auf diese Weise sollte ein besseres Verständnis der
10
Metastasierungsmuster bei verschiedenen Tumorlokalisationen erlangt werden,
um entsprechend neuere selektivere Therapiemöglichkeiten zu entwickeln [43]. Im
Jahre 2008
radiologischen
wurde zur Vereinfachung der Zuordnung von Lymphknoten in
Diagnoseverfahren
neue
Empfehlungen
bezüglich
der
anatomischen Grenzen zwischen Level I und II und zwischen Level III/IV und VI
herausgegeben. Unter radiologischen Gesichtspunkten wurde die “Vertikallinie
entlang der Dorsalfäche der Gdl. submandibularis’’ als Grenze zwischen Level I
und II und der “mediale Anteil der A. carotis communis’’ als Grenze zwischen III/IV
und VI festgelegt. Des Weiteren wurde noch eine Empfehlung bezüglich der
Terminologie der superioren mediastinalen Lympknotengruppe (Level VII)
herausgegeben. Als Level VII werden nun die unterhalb der Fossa jugularis
sternalis und über der A. brachiocephalica liegenden paratrachealen Lymphknoten
bezeichnet [43]. Die aktuelle Einteilung der Halslymphknoten ist in Tabelle 1
(Anhang) sowie in Abbildung 1 dargestellt.
Abbildung 1. Einteilung der Halslymphknoten aus Robbins et al. 2008 [43]
Die aktuelle Neck dissection Klassifikation gemäß der “American Head and Neck
Society and the American Acadamy of Otolaryngology” lautet wie folgt:
11
Radikale
Neck
dissection
(RND):
Entfernung
aller
ipsilateralen
Lymphknotengruppen die sich vom Unterkieferrand bis zur Klavikula, vom
lateralen Rand des M. sternocleidomastoideus, des Zungenbeins, und des
kontralateralen anterioren M. digastricus-Bauches bis zum anterioren Rand
des M. trapezius erstrecken. Alle Lymphknoten von Level I-V sind mit
eingeschlossen. Der N. accessorius, die V. jugularis interna und der M.
sternocleidomastoideus werden ebenfalls entfernt [44].
Modifiziert-radikale
Neck
dissection
(MRND):
Entfernung
aller
Lymphknoten, die routinemäßig bei der RND entfernt werden, unter Erhalt
einer oder mehrerer nicht lymphatischer Strukturen [44].
Selektive Neck dissection (SND): Erhaltung einer oder mehrerer
Lymphknotengruppen, die routinemäßig bei der RND entfernt werden. Für
eine einheitliche Terminologie wird empfohlen, die entfernten Level in
Klammern mitanzugeben. So wird zum Beispiel eine SND, bei der Level
I/II/III ausgeräumt werden, als SND (I-III) definiert [44].
Erweiterte
radikale
Neck
dissection
(ERND):
Entfernung
einer
zusätzlichen Lymphknotengruppe oder einer nicht lymphatischen Struktur,
die bei der RND erhalten bleibt [44].
1.3.3.3 Ausdehnung der Neck dissection
Der Umfang der Neck dissection bei Tumoren im Kopf- und Halsbereich ist im
Allgemeinen
abhängig
von
der
Lokalisation
des
Primarius
und
vom
Lymphknotenstatus des Halses. Bei Vorliegen einer Lymphknotenmetastase (cN+)
sind derzeit unabhängig von Lokalisation und N-Stadium die MRND und die RND
die Standardtherapieverfahren der meisten klinischen Zentren weltweit [45].
Das Standardtherapieverfahren beim Oropharynxkarzinom mit cN0-Hals ist
gegenwärtig die selektive Neck dissection (SND). Der Umfang der SND basiert auf
den Erkenntnissen des lymphogenen Metastasierungsmusters. Studien von Byers
et al., Candela et al. und Shah et al. haben für das Oropharynxkarzinom eine
bevorzugte lymphogene Metastasierung in die Level II bis IV nachgewiesen [4648]. Diese Erkenntnis lässt den Schluss zu, dass eine SND der Level II bis IV
durchgeführt werden sollte. Im Gegensatz dazu haben frühere Studien von Byers
et al. und Spiro et al. jedoch gezeigt, dass die supraomohyoide Neck dissection
(Level
I-III)
eine
valide
Prozedur
für
Patienten
mit
Mundhöhlen
und
Oropharynxkarzinomen mit klinisch unauffälligem Lymphknotenstatus darstellt [49,
12
50]. Zwei neuere Studien von Lim et al. und Da Mosto et al. haben ebenfalls eine
bevorzugte lymphogene Metastasierung in die Level II bis IV gezeigt und
empfehlen aus diesem Grunde derzeit eine SND der Level II-IV [38, 51].
Bei Tumoren mit hohem bilateralen Metastasierungspotenzial, wie z.B. das
Zungengrundkarzinom, kann eine bilaterale ND in Erwägung gezogen werden
[52].
Die Diskussion um den optimalen Umfang der elektiven SND ist allerdings bis
heute noch nicht vollständig abgeschlossen.
1.4 Fragestellung
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, den Wert der elektiven Neck dissection (END)
und der Observation (OBS) für die regionale Kontrolle und das Überleben bei cN0
OPSCC Patienten zu untersuchen. Daher haben wir eine retrospektive
Datenbankanalyse und eine systematische Literaturübersichtsarbeit durchgeführt.
2 Material & Methoden
Die vorliegende Arbeit beinhaltet a.) eine retrospektive Analyse von Primärdaten
und b.) eine systematische Literaturübersichtarbeit.
2.1 Primärdaten
Die Strukturierung der retrospektiven Patientendatenanalyse erfolgte anhand der
Checkliste des STROBE-Statements [53], soweit dessen Inhalte auf die
vorliegende Studie anwendbar waren.
Die analysierten Patientendaten entstammen dem Tumorarchiv der Klinik für Hals, Nasen- und Ohrenheilkunde des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein. Es
handelt sich hierbei um 802 Tumorpatienten, die in den Jahren von 1974 bis 2004
in der Klinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde behandelt wurden.
2.1.1 Patientenkollektiv
Das
analysierte
Patientenkollektiv
besteht
aus
49
Patienten
mit
Oropharynxkarzinomen und klinisch unauffälligem Hals (cN0), bei denen zwischen
den Jahren 1974 und 2004 als Primärtherapie eine Tumorresektion mit oder ohne
elektive Neck dissection durchgeführt wurde. Die Auswahl der Patienten erfolgte
nach folgenden Ein- und Ausschlusskriterien:
13
Einschlusskriterien:
1. Patienten mit histologisch nachgewiesenem Plattenepithelkarzinom.
2. Tumorlokalisation Oropharynx.
3. Chirurgische Primärtherapie.
4. Klinisch unauffälliger Lymphknotenstatus (cN0).
5. Behandlung des Halses:
a. Elektive Neck Dissection (END).
b. Kontinuierliche klinische und radiologische Verlaufskontrollen
des Halslymphknotenstatus’ („wait-and-see“; Observation;
OBS).
Ausschlusskriterien:
1. Adjuvante
Therapie
bei
Patienten
mit
„wait-and-see“
(OBS)
der
Halslymphknoten.
2. Patienten mit Fernmetastasen (M+).
3. Patienten mit synchronem Zweitkarzinom.
Zum Zeitpunkt der Erstdiagnose lag das Durchschnittsalter des Gesamtkollektivs
bei 57 Jahren mit einer Altersspanne von 42 bis 77 Jahren. Das durchschnittliche
Patientenalter betrug bei den Frauen 53 und bei den Männern 59 Jahre. Es
wurden insgesamt 38 Männer und 11 Frauen in die retrospektive Studie
aufgenommen. Das Verhältnis von Männern zu Frauen beträgt 3,5 zu 1.
14
Abbildung 2. Altersverteilung nach Geschlechtern getrennt
Die in der vorliegenden retrospektiven Studie eingeschlossenen 49 Patienten
wurden gemäß dem Behandlungskonzept des Halses in zwei Gruppen unterteilt:
OBS und END. 17 Patienten wurden der OBS-Gruppe und 32 der END-Gruppe
zugeordnet.
Die
demografischen
Daten
sowie
die
durchschnittliche
Nachbeobachtungszeit (Follow-up) der Behandlungsgruppen sind in Tabelle 2
zusammengefasst.
Tabelle 2. Demografische und klinische Daten der Behandlungsgruppen
END
OBS
Alter (arithmetisches Mittel in Jahren)
57
58
Follow-up (arithmetisches Mittel in
Monaten)
60
65
T-Stadium
1
2
3
4
9
17
6
0
11
5
1
0
Geschlecht
Männlich
Weiblich
23
15
9
2
Abkürzungen: OBS, Observation; END, elektive Neck dissection.
15
2.1.2 Diagnostik und Therapie
2.1.2.1 Diagnostik und Definition des cN0-Halses
Die in der vorliegenden Studie eingeschlossenen Patienten wurden der Klinik für
Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein
in der Regel durch niedergelassene Hals-Nasen-Ohren-Fachärzte mit Verdacht
auf ein Kopf-Hals-Karzinom zugewiesen. Bei der Erstvorstellung der Patienten
erfolgte die Anamneseerhebung und eine klinische Untersuchung mit Erhebung
des vollständigen HNO-Spiegelstatus in Verbindung mit einer bimanuellen
Palpation des Mundbodens, der Zunge und der Halslymphknoten.
Bei
Vorliegen
einer
Staginguntersuchungen
malignitätsverdächtigen
eine
Raumforderung
kontrastmittelunterstützte
wurden
als
Computertomographie
(CT) oder eine Magnetresonanztomographie (MRT) des Halses veranlasst.
Aufgrund des besseren Weichteilkontrastes wurde bei Tumoren mit Lokalisation
im Zungengrund die MRT der CT vorgezogen. Die Staginguntersuchungen
beinhalteten des Weiteren routinemäßig ein Röntgenbild oder ein CT des Thorax,
eine Abdomensonografie und eine internistische Mitbeurteilung.
Bei Vorliegen von sonografisch suspekten Lymphknoten, wurde eine sonografisch
gestützte Feinnadelaspirationszytologie durchgeführt. Ein klinisch unauffälliger
Hals (cN0) lag vor, wenn palpatorisch, radiologisch und sonografisch kein Anhalt
für einen suspekten Lymphknoten vorlag.
Nach Komplettierung der bildgebenden Staginguntersuchungen erfolgte eine
Panendoskopie
unter
Vollnarkose.
Die
panendoskopische
Untersuchung
beinhaltete eine indirekte Epipharyngoskopie, eine direkte Pharyngoskopie, eine
Mikrolaryngoskopie, eine starre Hypopharyngo-Ösophagoskopie und eine starre
Bronchoskopie. Aus makroskopisch suspekten Schleimhautarealen erfolgten
Probeentnahmen, die durch das Pathologische Institut des Universitätsklinikums
Schleswig-Holstein histologisch aufgearbeitet wurden.
2.1.2.2 Operative Therapie des Primärtumors
Alle Patienten wurden unter kurativem Behandlungsansatz mit einem primär
operativem Verfahren behandelt. Bei guter endoskopischer Einstellbarkeit und
begrenzter Tumorinfiltration wurde die transorale Lasermikrochirurgie der
konventionellen Tumorresektion vorgezogen. Insgesamt wurden 39 der 49
16
Patienten lasermikrochirurgisch behandelt. Die restlichen 10 Patienten haben eine
konventionelle Tumorresektion erhalten. Die Tumorresektion erfolgte mit einem
Sicherheitsabstand
von
1cm
und
wurde
durch
eine
histologische
Schnellschnittdiagnostik gesichert. Eine R0-Resektion wurde bei allen in die
Studie eingeschlossenen Patienten erreicht. Bei 6 Patienten mit einem
Zungengrundkarzinom kam eine temporäre Mandibulotomie zum Einsatz um eine
ausreichende Exposition zu gewährleisten. Die Glandula submandibularis wurde
in 6 Fällen im Rahmen der elektiven Neck dissection entfernt.
2.1.2.3 Management des Halses
Für die Behandlung des Halses kamen zwei Therapieoptionen zum Einsatz. Von
den 49 Patienten erhielten 17 Patienten eine Verlaufskontrolle (Observation; OBS)
mit regelmäßigen HNO-ärztlichen und radiologischen Kontrollen und 32 Patienten
eine elektive ND. Die Entscheidung für die jeweilige Behandlungsoption wurde
unter Berücksichtigung des klinischen Bildes und nach dem Ermessen des
behandelnden Arztes entschieden. In 22 Fällen wurden eine unilaterale ND und in
10 Fällen eine bilaterale ND durchgeführt. Der Umfang der elektiven neck
dissection ist der Tabelle 3 zu entnehmen.
Tabelle 3. Umfang
dissection
Neck dissection
Unilateral
Bilateral
Total
der
elektiven
Neck
n
22 (69%)
10 (31%)
42
Umfang
SND
I-III
I-IV
II-IV
II-V
7
8
5
3
MRND
RND
16
3
Abkürzungen: SND, selektive Neck dissection; MRND, modifiziert-radikale Neck dissection; RND, radikale
Neck dissection.
17
2.1.2.4 Adjuvante Verfahren
Insgesamt erhielten 18 der 32 Patienten der END-Gruppe eine adjuvante
Therapie. Als adjuvante Therapie kamen drei verschiedene strahlentherapeutische
Verfahren zum Einsatz. 14 Patienten erhielten eine ausschließlich perkutane
Radiotherapie, 2 Patienten eine Radiotherapie mit Chemosensibilisierung und 2
Patienten eine Brachytherapie. Die Kriterien für
eine adjuvante Radiotherapie
waren wie folgt:
•
pN 2-3
•
T>3
•
Lymphangiosis carcinomatosa
•
Perinodales Wachstum
•
Feldkanzerisierung
•
Unklare oder positive Resektionsgrenze
2.1.2.5 Nachsorge
Die Patienten wurden in den ersten sechs postoperativen Monaten in
sechswöchigen Intervallen zur Nachsorgeuntersuchung einbestellt. Bis zur
Vollendung des zweiten postoperativen Jahres erfolgte die Nachuntersuchung in
dreimonatigen Abständen. Im dritten bis zum fünften Jahr wurden sie dann auf
halbjährliche Intervalle und im fünften bis zum zehnten Jahr auf jährliche Intervalle
ausgedehnt. Bei der Nachsorgeuntersuchung erfolgte neben der üblichen
Anamnese und klinischen Untersuchung eine sonografische Kontrolle der
Lymphabflusswege. Eine CT-/MRT-Kontrolle erfolgte beim Vorliegen eines
klinischen oder sonografischen Rezidivverdachtes.
2.1.3 Datenerhebung und Auswertung
Die
Datenerhebung
erfolgte
über
elektronische
Abfragen
einer
passwortgeschützten elektronischen Tumordatenbank (Access Datenbank). Die in
der Tumordatenbank vorliegenden Daten entstammten Patientenakten der Klinik
für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde des Universitätsklinikums SchleswigHolstein. Es wurden demografische Daten und klinische Informationen über den
Tumor, die Bildgebung, die operative Therapie und die Nachsorge erfasst. Alle
Patienten der untersuchten Access-Datenbank waren auch im Epidemiologischen
Krebsregister Schleswig-Holstein erfasst. Die Krebsregisterdaten wurden über die
Ärztekammer Schleswig-Holstein, Bad Segeberg, über das Antragsformular § 6
18
Abs.
6
abgefragt.
Die
aus
der
Access-Datenbank
und
durch
die
Krebsregisteranfrage erfassten Daten wurden umgehend in eine anonymisierte
Excel-Tabelle überführt, um die statistische Auswertung vorzunehmen.
2.1.4 Statistik
Für die statistische Analyse wurde das SPSS-Software-Programm Version 18.0
verwendet (SPSS for Windows, SPSS, Chicago, USA). Aufgrund der kleinen
Fallzahl wurde der p-Wert als Orientierungsparamter gewertet und bei einem Wert
< 0,05 als signifikant angesehen.
2.1.4.1 Deskriptive Statistik
Patientenspezifische
Daten
wie
Alter,
Geschlecht,
T-Stadium
und
Nachbeobachtungszeitraum wurden nach den Behandlungsgruppen statistisch
deskriptiv ausgewertet, um einen Vergleich der Behandlungsgruppen zu
ermöglichen.
2.1.4.2 Kaplan-Meier Überlebenskurven
Die Kaplan-Meier Überlebenskurven wurden im Jahre 1958 von Kaplan und Meier
entwickelt. Das Verfahren gehört heute zum Standartrepertoire der statistischen
Methoden zur Analyse von Ereigniszeiten. Der Kaplan-Meier-Schätzer ist ein
Verfahren
zur
Schätzung
der
Überlebenswahrscheinlichkeiten
unter
Berücksichtigung möglicher zensierter Daten als Funktion der Zeit. Dieses
Verfahren wurde genutzt um das Gesamtüberleben (Overall Survival: OS), das
krankheitsfreie
Überleben
(Disease-Free
Survival:
DFS)
und
das
krankheitsspezifische Überleben (Disease-Specific Survival: DSS) zu berechnen
und graphisch darzustellen.
Das Gesamtüberleben (OS) ist definiert als Zeitraum zwischen Erstdiagnose des
Oropharynxkarzinoms und Todeszeitpunkt jeglicher Ursache. Hier wurden die
Informationen des Krebsregisters miteinbezogen. Patienten, die zum Zeitpunkt der
Datenerhebung am Leben waren oder deren Vitalitätsstatus unbekannt war,
flossen als zensierte Fälle in die Statistik ein.
Das krankheitsfreie Überleben (DFS) ist definiert als Zeitraum zwischen
Erstdiagnose und Auftreten eines Rezidivs oder einer Metastase. Die Daten aus
dem Krebsregister wurden hier nicht berücksichtigt, da diese keine definitive
Aussage über ein Rezidiv oder eine Metastase zuließen. Patienten, bei denen das
19
Ereignis „Rezidiv“ oder „Metastase“ nicht eingetreten ist, wurden als zensierte
Fälle betrachtet.
Das krankheitsspezifische Überleben (DSS) ist definiert als Zeitraum zwischen
Erstdiagnose und krankheitsbedingtem Todeszeitpunkt. Die Informationen aus
dem Krebsregister Schleswig-Holstein wurden hier berücksichtigt. Patienten die an
einer anderen Erkrankung starben, zum Ende der Datenerhebung lebten oder
einen unbekannten Vitalitätsstatus aufwiesen wurden hier als zensierte Fälle
betrachtet.
Der Logrank- (Mantel-Cox) und der generalisierte Wilcoxon-Test wurden, je nach
zeitlicher Gewichtung der Ereignisse, verwendet um zwei Kaplan-Meier-Kurven zu
vergleichen und auf Signifikanz zu prüfen.
2.1.4.3 Cox Regressionsanalyse
Wie der Kaplan-Meier-Test ist das Cox-Regressions-Modell eine Methode zur
Analyse
von
Überlebensdaten.
Das
Cox-Regressions-Modell
erlaubt
die
Schätzung der Hazardraten.
2.2 Systematisches Review
Beim zweiten Teil der vorliegenden Arbeit handelt es sich um eine systematische
Literaturübersichtsarbeit. Diese wurde auf Grundlage der Kriterien des PRISMA
Statements erstellt [54].
2.2.1 Einschlusskriterien
Zu Beginn des Reviews wurde die Aufgabenstellung definiert. Es wurden die
Einschlusskriterien nach Gesichtspunkten des Studientyps, der Teilnehmer, der
Intervention und der Ergebnisvariablen festgelegt:
Aufgabenstellung:
Die Bedeutung der elektiven Neck dissection für die
Therapie des Oropharynxkarzinoms.
Studientyp:
Klinische Studien jeder Evidenzklasse.
Teilnehmer:
Alle Patienten mit einem Oropharynxkarzinom und
einem
klinischen
negativen
Halslymphknotenstatus
(cN0). Patienten mit einem simultanen Zweitkarzinom
wurden ausgeschlossen.
20
Interventionen:
Studien
mit
folgenden
Interventionen
wurden
berücksichtigt: 1) Primär chirurgische Therapie des
Tumors mit elektiver Neck dissection mit oder ohne
adjuvante Therapie. 2) Primär chirurgische Therapie
des
Tumors
regelmäßigem
mit
Observation
Follow-up
und
des
ggf.
Halses
mit
erforderlicher
kurativer Neck dissection.
Ergebnisvariablen:
1)
Gesamtüberleben
(OS).
2)
Krankheitsfreies
Überleben (DSF). 3) Krankheitsspezifisches Überleben
(DSS).
Für ein systematisches Review werden prospektive randomisierte Studien
empfohlen [54]. Aufgrund der geringen Anzahl randomisierter Studien in diesem
Bereich wurde keine Einschränkung des Studientyps vorgenommen. Die oben
genannten Selektionskriterien für die Studienteilnehmer wurden mit Absicht eng
definiert, um auf diese Weise ein Patientenkollektiv zu erhalten, das für beide
Therapiekonzepte (END und OBS) geeignet ist.
Studien, die nur Daten über ein Behandlungskonzept enthielten, wurden nicht
berücksichtigt um weitere Bias zu vermeiden.
2.2.2 Suchstrategie
Zur Einhaltung eines hohen Qualitätstandards wurden die Studien von zwei
Reviewern, Dr. med. Robert Böscke und Bertan Cakir (Autor), unabhängig
voneinander selektiert und auf ihre Qualität geprüft. Abweichende Ergebnisse
wurden von Dr. Böscke und dem Autor dieser Arbeit diskutiert und gegebenenfalls
von Professor Dr. med. J. E. Meyer als unabhängige dritte Person überprüft.
Die Suche basiert auf den oben beschriebenen Einschlusskriterien und enthält
Studien die bis einschließlich dem 01/10/2012 veröffentlicht wurden. Für die
elektronische Suche wurden die Datenbaken Medline (Pub med) und Embase
(DIMDI) verwendet. Um möglichst alle zum Thema passende Studien zu finden,
wurde die Suchstrategie breit angelegt. Unter Berücksichtigung der verschiedenen
Terminologien wurde folgende Suchanfrage von den beiden Reviewern in
Absprache verwendet:
21
((“cancer”
OR
“carcinoma”
OR
“neoplasm”)
AND
(“oropharynx”
OR
“oropharyngeal” OR “tonsil*” OR “pharynx” OR “pharyngeal” OR “base of tongue”
OR “vallecula$” OR “pharyngeal wall”) AND (“N0” OR “node negative neck” OR
“node-negative neck” OR “occult metastasis” OR “occult metastases” OR
“clinically negative neck” OR “occult cervical node*” OR “occult cervical lymph
node*”) AND (“surgery” OR “neck dissection*” OR “observation” OR “wait and see”
OR “wait-and-see” OR “watchful waiting”) NOT (“sentinel lymph node biopsy” OR
“Sentinel lymph node” OR “Sentinel node biopsy”)).
Zunächst wurden die Titel der identifizierten Artikel gesichtet und irrelevante
Studien zurückgesetzt. Unter Verwendung der Abstracts wurden die verbliebenen
Studien nach den oben genannten Einschlusskriterien weiter selektiert. Die so
erhaltenen Volltexte wurden dann detailliert analysiert und auf Eignung geprüft.
Nach jedem dieser Schritte wurden die Ergebnisse verglichen und die
Unterschiede diskutiert.
Des Weiteren wurden die Literaturverzeichnisse der eingeschlossenen Studien
gesichtet, um weitere Studien aufzufinden. Die durch die Suchanfrage und im
Literaturverzeichnis identifizierten Studien wurden dann von den beiden
Reviewern unabhängig voneinander im Hinblick auf die Einschlusskriterien geprüft
und selektiert.
2.2.3 Datenextraktion
Vor der Datenbankrecherche wurde von beiden Reviewern ein gemeinsames
Datenextraktionsblatt erstellt. Dieses wurde anhand von zufällig gewählten
Studien getestet und entsprechend modifiziert. Aufgrund mangelnder Daten wurde
es jedoch nicht zur Datenerfassung verwendet. Des Weiteren konnte aufgrund
fehlender Daten keine weitere Analyse erfolgen.
22
3 Ergebnisse
3.1 Primärdaten
Die Basisinformationen zum analysierten Patientenkollektiv mit Patientenalter,
Geschlechterverteilung, T-Stadium, Therapie und Follow-up finden sich in Kapitel
2.1.
3.1.1 Krankheitsprogression nach Initialbehandlung
Das Verteilungsmuster für die Progression der Krankheit (Primariusrezidiv,
Zweitkarzinom, Hals- oder Fernmetastase) nach der Initialtherapie, ist nach den
Behandlungsgruppen in Tabelle 4 dargestellt. Insgesamt haben 33% (16/49) der
Patienten nach der Initialtherapie eine Krankheitsprogression entwickelt. Die
Lymphknotenmetastasen ereigneten sich zum größten Teil (57%) innerhalb der
ersten 21 Monate nach der Initialtherapie. Der mediane Zeitpunkt bis zum
Auftreten eines Rezidives betrug 25 Monate.
Tabelle 4. Krankheitsprogression
Ort des Rezidives
END (%)
Primariusrezidiv
4 (13)
Halsmetastase
3 (10)
Primariusrezidiv
0
+ Halsmetastase
Zweitkarzinom
1 (3)
Fernmetastase
0
OBS (%)
1 (6)
4 (24)
Total (%)
5 (10)
7 (14)
1 (6)
1 (2)
1 (6)
2 (4)
1 (6)
1 (2)
Abkürzungen: OBS, Observation; END, elektive Neck dissection.
Bei 7 der 32 (22%) END-Patienten wurde eine histologisch gesicherte okkulte
Halslymphknotenmetastase festgestellt. Die Verteilung ist in Tabelle 5 dargestellt.
Tabelle 5. Verteilung der okkulten Halslymphknotenmetastasen
Okkulte
Halslymphknotenmetastasen
n
Ipsilateral
6
Kontralateral
0
Bilateral
1
23
3.1.2 Überlebensanalyse
In Tabelle 6 sind die Überlebensraten des Gesamtkollektivs und der jeweiligen
Behandlungsgruppen mit zugehörigem p-Wert zusammengefasst.
Tabelle 6. 3-Jahres und 5-Jahres Überlebensraten nach Behandlungsgruppen
END + OBS
END
OBS
Überlebensraten
(n=49)
(n=32)
(n=17)
p-Wert
Gesamtüberleben (OS)
3y
89%
93%
82%
0.996
5y
80%
82%
76%
Krankheitsfreies Überleben
(DFS)
3y
83%
87%
76%
0.307
5y
74%
78%
67%
Krankheitsspezifische
Überleben (DSS)
3y
94%
97%
88%
0.288
5y
91%
97%
81%
Abkürzungen: OBS, Observation; END, elektive Neck dissection.
In
den
folgenden
Abschnitten
erfolgt
die
detaillierte
Beschreibung
der
Überlebensraten.
3.1.2.1 Gesamtüberleben (OS)
Für
das
Gesamtkollektiv
liegt
die
geschätzte
3-Jahres
und
5-Jahres
Überlebensrate bei 89% und 80%. Die mittlere Überlebenszeit lag beim
Gesamtkollektiv bei 117 Monaten mit einem 95%-Konfidenzintervall von 94 bis
141 Monaten. Insgesamt ist das Ereignis (Tod) in 26 Fällen eingetreten. In den
restlichen 23 Fällen ist der primäre Endpunkt nicht eingetreten. Diese Fälle
wurden in der Analyse als zensiert betrachtet. Die Überlebensfunktion des
Gesamtkollektivs für das Gesamtüberleben ist in Abbildung 3 dargestellt.
24
Abbildung 3. Kaplan-Meier Überlebenszeitanalyse des Gesamtkollektivs
Die
geschätzte
3-Jahres
und
5-Jahres
Überlebensrate
liegt
bei
der
Behandlungsgruppe END bei 93% und 82% und bei der OBS-Gruppe bei 82%
und 76%. Die Überlebensfunktion des Gesamtüberlebens ist in Abbildung 4 für
die beiden Gruppen getrennt dargestellt. Ein statistisch signifikanter Unterschied
zwischen den beiden Behandlungsgruppen konnte unter Verwendung des
generalisierten Wilcoxon-Test mit einem p-Wert von 0,996 nicht festgestellt
werden.
25
Abbildung 4. Kaplan-Meier Überlebenszeitanalyse in Abhängigkeit der Behandlungsgruppen
3.1.2.2 Krankheitsfreies Überleben (DSF)
Für
das
Gesamtkollektiv
liegt
die
geschätzte
3-Jahres
und
5-Jahres
Überlebenswahrscheinlichkeit für das krankheitsfreie Überleben (DFS) bei 81%
und 70%. Die mittlere krankheitsfreie Überlebenszeit liegt bei 103 Monaten mit
einem 95%-Konfidenzintervall von 87 bis 120 Monaten. Bei 14 der insgesamt 49
Patienten ist eine Progression der Krankheit bzw. ein Rezidiv aufgetreten. Die
restlichen Fälle blieben progressionsfrei und sind als zensierte Fälle in die Analyse
eingegangen.
Die
Überlebensfunktion
des
Gesamtkollektives
krankheitsfreie Überleben ist in Abbildung 5 graphisch dargestellt.
26
für
das
Abbildung 5. Kaplan-Meier Überlebenszeitanalyse des Gesamtkollektivs
Die geschätzte 3-Jahres und 5-Jahres Üerlebenswahrscheinlichkeit für das
krankheitsfreie Überleben liegt bei der END-Gruppe bei 83% und 75% und bei der
OBS-Gruppe bei 76% und 61%. Ein statistisch signifikanter Unterschied zwischen
den beiden Behandlungsgruppen konnte anhand des Log-Rank-Test mit einem pWert von 0,27 nicht gezeigt werden (Abbildung 6).
27
Abbildung 6. Kaplan-Meier Überlebenszeitanalyse in Abhängigkeit der Behandlungsgruppen
3.1.2.3 Krankheitsspezifisches Überleben (DSS)
Für
das
Gesamtkollektiv
liegt
die
geschätzte
3-Jahres
und
5-Jahres
Überlebenswahrscheinlichkeit für das krankheitsspezifische Überleben bei 94%
und 91%. Die mittlere krankheitsfreie Überlebenszeit lag bei 198 Monaten mit
einem 95%-Konfidenzintervall von 174 bis 222 Monaten. Nur bei insgesamt 7
Patienten ist ein krankheitsbedingter Tod eingetreten. Die restlichen 42 Fälle sind
als zensierte Fälle in die Analyse eingegangen (Abbildung 7).
28
Abbildung 7. Kaplan-Meier Überlebenszeitanalyse des Gesamtkollektivs
Die geschätzte Wahrscheinlichkeit für das krankheitsspezifische Überleben nach 3
und 5 Jahren liegt bei der END-Gruppe jeweils bei 97% und bei der OBS-Gruppe
bei 88,2% und 80,9%. Anhand des Log-Rank-Tests konnte kein statistisch
signifikanter Unterschied zwischen den beiden Behandlungsgruppen festgestellt
werden (p=0,288; Abbildung 8).
29
Abbildung 8. Kaplan-Meier Überlebenszeitanalyse in Abhängigkeit der Behandlungsgruppen
3.1.3 Cox Regressionsanalyse
Die univariate Analyse der Überlebensraten (OS, DFS, DSS) zeigte keinen
statistisch signifikanten Effekt für die Behandlungskonzepte (OBS vs END). Die
Hazardraten (HR) mit Konfidenzintervallen und zugehörigem p-Wert sind in
Tabelle 7 dargestellt.
30
Tabelle 7. Univariate Analyse der Überlebensraten
Patienten mit Oropharynxkarzinom
(n=49)
Covariable
HR (95%CI)
p-Wert
Gesamtüberleben
Behandlungskonzept (OBS vs. END)
1.01 (0.44-2.27)
0.99
Krankheitsfreies Überleben
Behandlungskonzept (OBS vs. END)
1.79 (0.62-5.1)
0.43
Krankheitsspezifisches Überleben
Behandlungskonzept (OBS vs. END)
2.22 (0.49-10)
0.3
Abkürzungen: OBS, Observation; END, elektive Neck dissection; HR, Hazardrate
3.2 Systematisches Review
Die Datenbankrecherche ergab insgesamt 420 Referenzen. Nach dem oben
beschriebenen Selektionsverfahren wurden 25 Studien erfasst, die detailliert nach
ihrer Eignung geprüft wurden. Das genaue Verfahren ist in Abbildung 9
dargestellt. Keine der 25 Studien erfüllte vollständig die zuvor definierten
Einschlusskriterien. Nur 2 Studien, von Layland et al. [55] und Skolnik et al. [56],
verfügten über relevante Daten und wurden in einer Übersichtstabelle mit unserer
eigenen Studie gegenüber gestellt (Tabelle 8 im Anhang).
Fünf weitere Studien, die vergleichende Daten zu den Behandlungskonzepten
END und OBS beim OPSCC beinhalten, konnten nicht eingeschlossen werden, da
das Oropharynxkarzinom darin nicht separat als eigene Tumorentität dargestellt
wird [57-61]. Die konkreten Gründe für den Ausschluss der restlichen Studien sind
in Tabelle 9 (Anhang) aufgelistet.
Die Referenzlisten der 25 Studien wurden auf weitere potenzielle Studien geprüft.
Insgesamt wurden so 25 weitere Studien auf ihre Eignung geprüft, wovon aber alle
nach Prüfung der Abstracts ausschieden.
31
Abbildung 9. Selektionsverfahren
32
4 Diskussion
Die optimale Behandlung des Halses bei Patienten mit oropharyngealem
Plattenepithelkarzinom und klinisch unauffälligen Halslymphknotenstatus (cN0)
stellt für den Kopf-Hals-Chirurgen bis heute eine große diagnostische und
therapeutische
Herausforderung
dar.
Ein
grundsätzliches
Problem
für
Therapieentscheidungen beim cN0-Hals ist das Vorkommen von okkulten
Lymphknotenmetastasen, die weder palpatorisch, noch durch die derzeit
vorhandenen Bildgebungsverfahren wie Sonografie, CT, MRT, PET-CT, oder die
sonografisch gestützte Feinnadelaspirationszytologie erfasst werden können. Für
die Palpation des Halses wird für die Detektion von Halslymphknotenmetastasen
in der Literatur eine Sensitivität von etwa 60-70% angegeben. Durch CT und MRT
können palpatorisch okkulte Metastasen detektiert werden. Beide Verfahren
weisen untereinander ähnliche, jedoch für eine suffiziente Diagnostik nicht
ausreichende Detektionsraten für Lymphknotenmetastasen auf [62-65]. Die
Sensitivität variiert in der Literatur für die CT-Untersuchung zwischen 14% und
85% und für die MRT-Untersuchung zwischen 29% und 80% [66]. Nach den
Ergebnissen einer vergleichenden Metaanalyse gilt die sonografisch gestützte
Feinnadelaspirationszytologie derzeit als aussagekräftigstes Verfahren. Demnach
besitzt das Verfahren eine Sensitivität von 80% und eine Spezifität von 98% und
ist somit der MRT und CT überlegen [29]. Die sonografisch gestützte
Feinnadelaspirationszytologie ist eine kostengünstige und weit verbreitete
Methode, deren Aussagekraft jedoch maßgeblich von der Erfahrung des
Untersuchenden abhängt. Ein weiterer wesentlicher Nachteil der Sonographie ist
die
fehlende
Darstellung
retropharyngealer
Lymphknotengruppen,
deren
Beteiligung beim Oropharynxkarzinom in der Literatur mit 26-45% angegeben wird
[67]. Die Bedeutung der Positronenemissionstomographie (PET) wird derzeit noch
kontrovers diskutiert. Bislang wird diese nicht routinemäßig zur prätherapeutischen
Evaluation des Lymphknotenstatus eingesetzt. Eine Metaanalyse zeigte, dass die
PET-Untersuchung
für
die
Detektion
von
Lymphknotenmetastasen
eine
Sensitivität von bis zu 79% und eine Spezifität von bis zu 90% erzielen kann,
jedoch über eine wesentlich geringere Sensitivität beim cN0-Hals verfügt [66].
Neuere Verfahren wie das PET-CT kombinieren die Vorteile der PET und der CT.
Aktuelle Studien zeigen, dass das kombinierte PET-CT Verfahren im Vergleich zur
33
alleinigen 18F-FDG-PET eine höhere Genauigkeit in der Detektion von
Lymphknotenmetastasen besitzt [68, 69]. Der klinische Stellenwert des PET-CT
wird jedoch derzeit noch intensiv diskutiert. Entsprechend wird das PET-CT
momentan nicht routinemäßig in der prätherapeutischen Diagnostik des
Oropharynxkarzinoms verwendet.
Der
Wert
einer
weiteren
neuen
Methode,
die
diffusionsgewichteten
Magnetresonanztomographie (DW-MRT), ist derzeit Thema aktueller Forschung.
Die DW-MRT ermittelt einen effektiven Diffusionskoeffizienten (ADC = „Apparent
Diffusion Coefficient“), der als Marker der Zelldichte fungiert und somit zur
Unterscheidung von benigner und maligner Lymphadenopathie beitragen kann
[70].
Ob bildgebende Verfahren die Therapieentscheidung maßgeblich beeinflussen
können, hängt von der Möglichkeit ab, klinisch inapparente Metastasen suffizient
zu detektieren. Wenn ein negatives Testergebnis die Wahrscheinlichkeit einer
okkulten Metastasierung unter 20% senken würde, hätte dieses einen erheblichen
Einfluss auf den weiteren Therapieverlauf, da bei einem lymphogenen
Metastasierungsrisiko unter 20% ein konservatives Verfahren gerechtfertigt wäre
[71]. Um dieses zu ermöglichen, muss der Test jedoch nicht nur eine hohe
Sensitivität, sondern auch eine hohe Spezifität besitzen, da nur dann die
Möglichkeit zum Ausschluss einer Diagnose gegeben ist [72].
Die in der Literatur angegebene hohe Heterogenität der Spezifitäts- und
Sensitivitätsraten bildgebender Verfahren haben unterschiedliche Ursachen.
Entscheidend für das therapeutische Vorgehen beim cN0-Halses sind jedoch die
Daten, die auf dem klinisch unauffälligem Hals basieren, da der Einschluss von
sowohl cN+- als auch cN0-Patienten die Ergebnisse erheblich verzerren kann. Die
Metaanalyse von de Bondt et al. [29] berichtet von insgesamt nur drei Studien, die
spezifisch durchgeführt worden seien, um bildgebende Verfahren wie die
Sonografie, sonografisch gestützte Feinnadelaspirationszytologie, CT und MRT an
cN0 Patienten zu untersuchen [29, 73-75]. Die Metanalyse von Kyzna et al. [66]
zeigt, dass für cN+- und cN0-Patienten gefundene hohe Sensitivitäts- und
Spezifitätswerte der PET-Untersuchung nicht auf den cN0-Hals übertragbar sind.
So waren mittels PET nur die Hälfte der durch die Neck dissection histologisch
gesicherten Lymphknotenmetastasen im cN0-Hals präoperativ detektierbar.
34
Keine der aktuell verfügbaren bildgebenden Methoden ist ausreichend sensitiv
und spezifisch, um eine okkulte Metastasierung sicher ausschließen zu können.
Bei klinischem N0-Status kann die Bildgebung dem behandelnden Arzt nach
aktueller Datenlage lediglich eine Entscheidungshilfe für die Behandlung der
Halslymphknoten bieten. Der Kopf-Hals-Chirurg steht weiterhin vor dem Problem,
den Patienten bei einer abwartenden Haltung der Gefahr einer raschen
Progression möglicherweise vorhandener okkulter Metastasen auszusetzen.
Diese sind dann möglicherweise nicht mehr resektabel und sie erfordern den
Einsatz
radikalerer,
potentiell
verstümmelnder
chirurgischer
Verfahren.
Andererseits wird die Mehrzahl der Patienten bei der elektiven Resektion oder der
Radiatio der Halslymphknoten unnötig operiert und der Gefahr operativer
Komplikationen oder Bestrahlungsfolgen mit konsekutiver Einschränkung der
Lebensqualität ausgesetzt. Obwohl der Wandel von der radikalen Neck dissection
hin zu einer selektiven Behandlung des Halses mit dem Erhalt nicht-lymphatischer
Strukturen zu einer signifikant geringeren Inzidenz ästhetischer und funktioneller
Morbidität geführt hat, birgt eine chirurgische Intervention am Hals stets das Risiko
einer intraoperativen Verletzung des N. accessorius oder des Plexus cervicalis
[76, 77] und damit eines negativen Einflusses auf die Lebensqualität.
Zur Abwägung eines sinnvollen Risiko-Nutzen-Verhältnisses richten sich viele
Kliniken nach der Entscheidungsanalyse von Weiss et al., die besagt, dass bei
einer Wahrscheinlichkeit der okkulten Metastasierung von über 20% der Nutzen
der elektiven Behandlung der Observation überwiegt [71]. Bei derartigen
Entscheidungsanalysen gilt es jedoch zu berücksichtigen, dass deren Qualität nur
so hoch sein kann wie die als Grundlage in die Analyse eingeflossenen Daten. Die
von Weiss et al. benutzten Daten zu den okkulten Metastasierungs- und
Überlebensraten
stammen
aus
älteren
Studien
und
entsprechen
nach
therapeutischen und diagnostischen Gesichtspunkten nicht mehr dem aktuellen
Stand der Forschung. Einige Autoren betrachten die elektive ND jedoch auch als
pragmatische Therapievariante zum Staging des Halslymphknotenstatus. Mit der
ND wird eine Basis zur Festlegung von weiteren Therapiemaßnahmen wie der
Resektion zusätzlicher Lymphknoten, der Komplettierung der Neck dissection oder
adjuvanter Therapiemodalitäten geschaffen, mit denen die Rezidiv- und
Überlebensrate verbessert werden kann [78]. So führt das Vorliegen zervikaler
Metastasen mit extrakapsulärem Wachstum zu einer signifikant höheren
35
Entwicklung
geringeren
von
lokoregionären
Überlebensrate.
Den
Rezidiven,
Fernmetastasen
prognostischen
Nutzen
sowie
einer
einer
elektiven
Lymphknotendissektion gilt es jedoch derzeit noch zu beweisen.
In unserer retrospektiven Studie hat der Vergleich der 5-Jahres Überlebensraten
und univariaten Analyse keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden
Behandlungsstrategien END (82%) und OBS (76%) hervorgebracht (p=0.996;
HR=1.01; CI=0.44-2.27). Obwohl die Überlebensraten für das krankheitsfreie
Überleben (DFS) und das krankheitsspezifische Überleben (DSS) keine
signifikanten
Unterschiede
zwischen
den
Behandlungsgruppen
aufweisen
(p=0,307 und 0,288), implizieren die Hazardraten (DFS: HR=1,79; CI=0.57-5,56;
DSS: HR=2,22; CI=0,49-10) jedoch einen Vorteil für die elektive Neck dissection.
Die OBS-Gruppe scheint hingegen ein höheres Risiko für die Entwicklung von
Rezidiven (DFS) zu besitzen und an der Krankheit (DSS) zu versterben.
Veröffentlichte Analysen zur END bei cN0 OPSCC-Patienten führen 5-Jahres
Gesamtüberlebenraten zwischen 38,8% und 73% sowie krankheitsspezifischen
Überlebensraten zwischen 55,4% und 100% auf [55, 79-81]. Unsere Studie zeigt
für die END-Gruppe eine 5-Jahres Gesamtüberlebensrate von 82%, eine 5-Jahres
krankheitsfreie Überlebensrate von 78% und eine 5-Jahres krankheitsspezifische
Überlebensrate von 97%.
Die Ergebnisse nicht-randomisierter Studien, wie diejenigen der vorliegenden
Arbeit, sind häufig verzerrt, da Patienten mit größeren T-Stadien mit höherer
Wahrscheinlichkeit der END-Gruppe zugeteilt werden. Um diese mögliche
Verzerrung an unseren Daten zu testen, haben wir die Überlebensraten unter
Ausschluss der T3-Patienten erneut berechnet. Diese Berechnung erbrachte keine
relevanten Unterschiede der Überlebensraten (Anhang: Tabelle 10).
Okkulte Lymphknotenmetastasen zeigten sich bei 7 von 32 (22%) der in unsere
Studie eingeschlossenen END-Patienten. In der Literatur wird die okkulte
Metastasierungsrate für den ipsilateralen Hals mit 17-33% [37, 51, 59, 61, 81-86]
und für den kontralateralen Hals mit 0-29% angegeben [51, 81, 82, 84, 87-90].
Die Metastasierungsrate beim OPSCC ist maßgeblich abhängig vom T-Stadium,
der
Lokalisation
und
dem
HPV-Statuts
des
Tumors
[34,
91].
Das
Tonsillenkarzinom metastasiert vornehmlich ipsilateral und besitzt im Vergleich zu
anderen
oropharyngealen
Tumorlokalisationen
36
eine
geringe
Metastasierungstendenz
zur
kontralateralen
Seite
(9,4-11,4%)
[34,
88].
Zungengrund- und Valleculakarzinome haben im Vergleich zum Tonsillenkarzinom
ein
höheres
Metastasierungsrisiko
und
disseminieren
mit
höher
Wahrscheinlichkeit bilateral (21,9-28,6 %) [34, 88].
Das Ergebnis der systematischen Literaturübersichtsarbeit unterstreicht die
unzureichende Datenlage zur Behandlung des cN0-Halses beim OPSCC. Derzeit
existieren keine prospektiven Studien und es finden sich neben der vorliegenden
Arbeit lediglich zwei retrospektive Datenbankanalysen von Skolnik et al. [56] und
Layland et al. [83], die jedoch nur sehr wenige, unvollständige Daten bezüglich
unserer Fragestellung aufweisen. Ziel der letztgenannten Studien war jedoch nicht
der Vergleich der Behandlungsstrategien END und OBS bei cN0 OPSCCPatienten, welches die Unvollständigkeit der Daten dieser Publikationen zum Teil
erklären könnte. Interessanterweise berichtet die Studie von Layland et al. [83],
dass die alleinige Neck dissection im Vergleich zu den anderen untersuchten
Therapieoptionen OBS, END mit Radiotherapie und alleiniger Radiotherapie mit
einem
signifikant
krankheitsspezifische
reduziertem
Überleben
Gesamtüberleben
zeigte
in
dieser
einhergeht.
Studie
jedoch
Das
keinen
signifikanten Unterschied zwischen END und OBS. Der Mangel an Studien, die
sich mit der primären chirurgischen Behandlung des cN0 Halses bei OPSCC
Patienten befassen, lässt sich einerseits dadurch erklären, dass insbesondere in
angloamerikanischen
Kliniken
die
Radio(-chemo)therapie
die
bevorzugte
Behandlungsmethode für Oropharynxkarzinome darstellt, und andererseits
aufgrund der hohen Metastasierungsrate in den meisten Fällen bereits positive
Halslymphknoten vorliegen und somit das cN0-Patientenkollektiv vergleichsweise
klein ausfällt.
Es gibt mehrere Studien, die sich mit dem Vergleich von END und OBS beim
HNSCC und cN0-Hals befassen. Alle Studien verzichteten in irreführender Weise
darauf, das OPSCC als einzige Tumorlokalität zu betrachten. In einer prospektiven
Studie von Ellabban et al. [57] werden vergleichende Daten von END und OBS
von Patienten mit Mundhöhlen- und Oropharynxkarzinomen als Gesamtergebnis
dargestellt. 100 Patienten wurden der OBS-Gruppe zugeordnet, 152 Patienten
erhielten eine Neck dissection (bilateralen ND: n=23; postoperative Radiotherapie:
n=60). In der OBS-Gruppe entwickelten 6% eine Lymphknotenmetastasen. In der
37
END-Gruppe entwickelten trotz der chirurgischen Intervention ebenfalls 6% ein
Lymphknotenmetastasenrezidiv. Die Überlebensraten dieser Studie wurden nur
als Grafik veröffentlicht und konnten deshalb nur anhand der Kurve geschätzt
werden. Ein statistisch signifikantes Ergebnis lag nicht vor, jedoch wurde für die
OBS-Gruppe ein Trend zu einem besseren Gesamtüberleben (OS) festgestellt.
Eine Arbeitsgruppe um O’Brien [61] untersuchte bei Patienten mit Mundhöhlenund Oropharynxkarzinom allein auf Basis klinischer Kriterien den Nutzen der
elektiven Neck dissection. Zu keinem Zeitpunkt kam bei der OBS-Gruppe ein
radiologisches Verfahren zur Staging-Untersuchung zum Einsatz. Die 3-JahresÜberlebensraten für das DFS und DSS betrugen für die END-Gruppe 96% und
89% und für die OBS-Gruppe 98% und 94%. 5 der 58 OBS Patienten entwickelten
Lymphknotenmetastasen, von denen vier erfolgreich therapiert wurden. Die
Behandlungsgruppen wurden aufgrund stark variierender klinischer T-Stadien
nicht statistisch miteinander verglichen (51 der 64 T1 Patienten wurden der OBSGruppe zugeteilt). Duvuuri et al. [92] evaluierte ebenfalls das Outcome der beiden
Behandlungskonzepte END und OBS bei Patienten mit T1/T2 cN0 Mundhöhlenund Oropharynxkarzinom. 180 Patienten erhielten eine END und bei 179 wurden
die Halslymphknoten beobachtet. Die END verbesserte in dieser Studie die
mediane
krankheitsfreie
Überlebenszeit
signifikant,
wobei
die
Gesamtüberlebenszeit jedoch unverändert blieb.
Studien die die END und OBS in anderen HNSCC Sublokalisationen vergleichen,
zeigen heterogene Ergebnisse. In einer Metaanalyse von Fasunla et al. [93], die
vier randomisierte prospektive Studien mit insgesamt 283 Patienten einschloss,
wurden die END und die OBS beim cN0 Mundhöhlenkarzinom miteinander
verglichen [94-97]. Bei allen vier Studien wurde für die END eine vermindertes
Risiko an der Krankheit zu versterben festgestellt, wobei nur die Studie von
Kligerman et al. [95] ein signifikantes Ergebnis erzielte. Die Autoren kamen zu
dem Schluss, dass die END das Risiko an der Krankheit zu versterben (DSS)
signifikant reduziere. Ein systematisches Review von Gaudakos et al. [98] über die
Behandlung des cN0-Halses beim supraglottischen Larynxkarzinom identifizierte
insgesamt drei Studien, welche die Einschlusskriterien für das Review erfüllten,
wovon jedoch nur eine Studie [99] einen signifikanten Vorteil für das
Gesamtüberleben für die elektive Neck dissection feststellte. Die übrigen beiden
Studien [100, 101] zeigten für die OS-Rate und DSS-Rate keinen signifikanten
38
Unterschied. In allen drei Studien wurde für das krankheitsfreie Überleben (DFS)
kein signifikanter Unterschied festgestellt. Die Autoren kamen zu dem Schluss,
dass die END in Bezug auf das Überleben und die Kontrollrate der
Halslymphknoten keinen erkennbaren Vorteil aufweise. In der retrospektiven
Studie von Jones et al. [59] mit 1631 cN0 HNSCC Patienten erhielten 107 eine
elektive Neck dissection. In dieser Studie wurde ebenfalls kein signifikanter Effekt
auf die Überlebensraten festgestellt. Die kürzlich erschienene retrospektive Studie
von Flach et al. [102] analysierte beide Behandlungsstrategien bei Patienten mit
T1/T2 cN0 Mundhöhlenkarzinom. Das Staging des Halses erfolgte anhand
sonographisch gestützter Feinnadelaspirationszytologie. Diese Studie zeigte
vergleichbare Überlebensraten sowohl für die Observation als auch für die elektive
Neck dissection.
In unserer retrospektiven Studie entwickelten 24% (4/17, ein Fall mit simultanem
Primariusrezidiv
wurde
ausgeschlossen)
der
OBS-Patienten
Halslymphknotenmetastasen. Dieser Wert entspricht der in der Literatur
angegebenen Inzidenz der okkulten Metastasierung beim Oropharynxkarzinom. In
unserer
Studie
lag
die
Halslymphknotenmetastasen
Heilungsrate
nach
der
kurativer
OBS-Patienten
Neck
dissection
mit
und
Radiochemotherapie bei 50%. Zu berücksichtigen ist, dass sämtliche kurativen
Therapieverfahren nach stattgehabter Metastasierung in der Regel zu einer
schlechteren postoperativen Lebensqualität, verglichen mit elektiv angewandten
Verfahren wie der selektiven Neck dissection (SND), führen. Die in unserer Studie
gezeigte Halslymphknotenmetastasierungsrate (24%) unterstreicht erneut die
Bedeutung einer engmaschigen klinischen und radiologischen Verlaufskontrolle.
Sollte die Möglichkeit einer regelmäßigen Verlaufskontrolle nicht gegeben oder die
zu erwartende Patientencompliance gering sein, sollte beim cN0-Hals stets eine
elektive Behandlung der Halslymphknoten erfolgen.
Studienergebnisse zur okkulten lymphogenen Metastasierung sind im besonderen
Maße abhängig von der Definition des klinischen N0-Halses. Die der Definition
des N0-Halses zugrundeliegenden verschiedenen Untersuchungsmodalitäten
weisen z.T. deutlich voneinander abweichende Sensitivitäts- und Spezifitätsraten
auf, wodurch Studien zur elektiven Neck dissection untereinander schwer
vergleichbar
sind.
Metastasierungsraten
Die
in
den
basieren
älteren
Studien
ausschließlich
39
auf
erfassten
der
lymphogenen
unzuverlässigen
palpatorischen Untersuchung des Halses [103], während bei den neueren Studien
präzisere
Verfahren
wie
die
Computertomographie,
die
Magnetresonanztomographie und der Ultraschall zum Einsatz kommen [62]. Die
Patienten der vorliegenden Arbeit wurden zum Staging stets mittels präoperativer
Ultraschalluntersuchung, CT-Hals und in unklaren Fällen einer sonografischen
gestützten Feinnadelaspirationszytologie untersucht.
Methodische Schwächen führen bei retrospektiven Studien häufig zu einer
begrenzten Aussagekraft und Validität. Ein Bias (Verzerrung) der vorliegenden
retrospektiven Studie beruht auf der Tatsache, dass die Entscheidung für oder
gegen eine chirurgische Therapie des Halses nicht nach einem standardisierten
Protokoll erfolgte. In der überwiegenden Anzahl der Fälle wurde nach der
Entscheidungsanalyse
von
Weiss
Metastasierungswahrscheinlichkeit
et
von
al.
über
[71]
20%
bei
eine
einer
okkulten
elektive
Therapie
durchgeführt. Letztlich unterlag das Therapiekonzept des Halses jedoch der
individuellen Präferenz des jeweiligen Kopf-Hals-Chirurgen, dessen Entscheidung
auf Grundlage des Gesamtbildes (TNM-Stadium, Allgemeinzustand und zu
erwartende Compliance des Patienten) gefällt wurde.
Das retrospektive Studiendesign der vorliegenden Arbeit führt darüber hinaus zu
einer Nichtberücksichtigung wichtiger Störvariablen wie HPV-Status, Nikotin- und
Alkoholabusus, welches zu einer weiteren Verzerrung der Ergebnisse geführt
haben könnte. Besonders hervorzuheben ist hier das humane Papillomavirus
(HPV), das für die Pathogenese der Oropharynxkarzinome von maßgeblicher
Bedeutung zu sein scheint. Das humane Papillomavirus ist in den Industriestaaten
eine der häufigsten durch Geschlechtsverkehr übertragenen Infektionen. Während
in den USA und Westeuropa das Vorkommen der anderen Subgruppen der
HNSCC weiter zurückgeht, steigt die Inzidenz des Oropharynxkarzinomes
insbesondere im Bereich der Tonsillarregion und des Zungengrundes stetig an.
Register- und Fall-Kontroll-Studien haben gezeigt, dass dieser Zusammenhang
auf das HPV zurückzuführen ist [3, 104-106]. Die aktuelle Datenlage zeigt, dass
HPV-assoziierte HNSCC eine signifikant bessere Prognose haben als HPVnegative Karzinome [23, 107-109]. In zukünftigen prospektiv-randomisierten
Studien sollte der HPV-Status daher zwingend berücksichtigt werden.
40
Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit zeigen große Konfidenzintervalle, die am
ehesten auf die geringe Fallzahl zurückzuführen sind. Möglicherweise haben die
großen
Konfidenzintervalle
die
Entstehung
eines
statistisch
signifikanten
Ergebnisses verhindert.
Auf Grundlage der systematischen Literaturübersicht ist die retrospektive
Patientendatenanalyse der vorliegenden Arbeit derzeit die einzige Studie, die auf
den Vergleich von elektiver Neck dissection und Observation beim cN0-Hals des
Oropharynxkarzinoms fokussiert, und sie umfasst aktuell die zweitgrößte
Patientenkohorte zu dieser Fragestellung.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die retrospektive Datenanalyse der
vorliegenden Arbeit für die untersuchten Therapieansätze keinen statistisch
nachweisbaren Unterschied zeigen konnten. Die Hazardraten lassen jedoch eine
Tendenz zu einem verbesserten krankheitsfreien und krankheitsspezifischen
Überleben
für
die
elektive
Neck
dissection
erkennen.
Unsere
Literaturübersichtsarbeit ergab, dass bisher nur wenige retrospektive Daten und
kaum hochwertige prospektive Daten zur optimalen elektiven chirurgischen
Behandlung des Halses bei OPSCC-Patienten vorhanden sind. Aufgrund der
mangelnden Beweislage existierender Studien bleibt die optimale Behandlung des
klinischen
cN0-Halses
bei
OPSCC
Patienten
eine
diagnostische
und
therapeutische Herausforderung. Die Entscheidung für eine elektive Neck
dissection unterliegt somit weiterhin der individuellen Präferenz des behandelnden
Kopf-Hals-Chirurgen. Die in der vorliegenden Arbeit gewonnenen Erkenntnisse
über die elektive chirurgische Behandlung des cN0-Halses bei OPSCC Patienten
stellen eine gute Grundlage für die Planung einer multizentrischen, kontrolliertrandomisierten Studie dar.
41
5 Zusammenfassung
Die
optimale
elektive
Behandlung
des
Halses
bei
Patienten
mit
Oropharynxkarzinom (OPSCC) und klinisch unauffälligem Halslymphknotenstatus
(cN0) wird kontrovers diskutiert. Um den Wert der elektiven Neck dissection (END)
für
diese
Patientengruppe
zu
beurteilen,
wurde
eine
retrospektive
Datenbankanalyse und systematische Literaturübersichtsarbeit durchgeführt.
Bei der retrospektiven Datenbankanalyse wurden insgesamt 49 cT1-3 OPSCC
Patienten mit klinisch negativem Halslymphknotenstatus und primär chirurgischer
Resektion des Primarius in die Analyse eingeschlossen. Von 49 Patienten wurden
32 elektiv chirurgisch behandelt (END). Die übrigen 17 Patienten wurden einer
regelmäßigen Verlaufskontrolle des Halses (OBS) zugeführt. Die systematische
Literaturübersichtsarbeit wurde in Anlehnung an die Kriterien des PRISMAStatements erstellt [54]. Die Datenbanken MEDLINE und EMBASE wurden nach
klinischen
Studien
durchsucht,
die
geeignete
Daten
über
die
beiden
Behandlungsansätze END und OBS bei cN0 OPSCC-Patienten beinhalteten. In
unserer retrospektiven Studie wurde weder für die Überlebensraten noch für die
Hazardraten ein statistisch signifikanter Unterschied festgestellt. Die geschätzte 5Jahres
Überlebensrate
für
das
Gesamtüberleben
liegt
bei
der
END-
Behandlungsgruppe bei 82% und bei der OBS-Gruppe bei 76% (HR = 1,01; CI =
0,44-2,27). Die geschätzte 5-Jahres Überlebensrate für das krankheitsfreie
Überleben beträgt 78% für die END-Gruppe und 67% für die OBS-Gruppe (HR =
1,79; CI = 0,57-5,56). Die geschätzte 5-Jahres Überlebensrate für das
krankheitsspezifische Überleben beträgt für die END-Gruppe 97% und für die
OBS-Gruppe
81%
(HR
=
2,22;
CI
=
0,49-10).
Die
systematische
Literaturrecherche ergab lediglich retrospektive Studien, von denen keine die von
uns zuvor definierten Einschlusskriterien erfüllte.
Die optimale Behandlung des Halses bei cN0-OPSCC-Patienten bleibt aufgrund
fehlender aussagekräftiger Studiendaten eine diagnostische und therapeutische
Herausforderung. Das Therapiekonzept des Halses unterliegt bis heute der
individuellen Präferenz des behandelnden Kopf-Hals-Chirurgen. Die in unserer
Arbeit gewonnen Erkenntnisse über die elektive chirurgische Behandlung des
cN0-Halses bei OPSCC Patienten stellen eine gute Basis für die Planung einer
multizentrischen, kontrolliert-randomisierten Studie dar.
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7
Anhänge
Tabelle 8. Übersichtstabelle
Autor
Unsere Studie
Studienperiode
1986-2004
Teilnehmer (n)
OPSCC cN0 T1-3
(49)
Behandlung (n)
END: 32
OBS: 17
Follow-up
END
OBS
Ergebnisse
OS % (END/OBS)
3y
5y
DSF % (END/OBS)
3y
5y
DSS % (END/OBS)
3y
5y
Bias
Layland et al. 2005
1957-1997
OPSCC cN0 T1-4
(233)
END: n.a.d
OBS: 37
ERT: n.a.d
Skolnik et al. 1980
1960-1975
OPSCC cN0 T1-3
(10)
END: 8
OBS: 2
60 Monate
(Mittelwert)
65 Monate
(Mittelwert)
n.a.
3 Jahre (Minimum)
n.a.
3 Jahre (Minimum)
93/82
82/76
n.a.
n.a.
50/100
n.a.
87/76
78/67
n.a.
n.a.
n.a.
n.a.
97/88
97/81
n.a.
42a(65)b/61c
n.a.
n.a.
Lange
Studienperiode;
Selektionsbias;
geringe
Teilnehmerzahl
Keine demografischen
Daten der Patienten
verfügbar; lange
Studienperiode;
Selektionsbias; „lost to
follow-up“ wurde als
Tod durch den Tumor
definiert
Geringe
Teilnehmerzahl, nur
2 Patienten in der
OBS-Gruppe (2 T1);
Selektionsbias;
veraltete
Behandlungsverfahren und
diagnostische
Methoden
Abkürzungen: OPSCC, oropharyngeal squamous cell carcinoma; END, elektive Neck dissection; OBS, Observation;
ERT, elektive Radiotherapie; OS, Overall Survival; DSF, Disease-Free survival; DSS, Disease-Specific Survival; n.a.:
nicht verfügbar.
a
b
c
d
END ohne RT; END mit RT von der Überlebenskurve geschätzt; geschätzt von der Überlebenskurve; 196
Patienten hatten eine elektive Behandlung des Halses, jedoch keine getrennten Zahlen für END und ERT erhältlich.
48
Tabelle 9. Charakteristika der ausgeschlossenen Studien
Behandlung
OPSCC
Autor, Jahr
Patienten* END
OBS
Ellabban et al. 2010[57]
106
n.a.
n.a.
Grant G. et al. 2009[30]
33
23
10
O'Hara et al. 2010[110]
72
n.a.
n.a.
Shin et al. 2009[81]
46
41
5
Da Mosto et al. 2009[51]
22
22
0
Röösli C. et al. 2009[80]
99
99
0
Walvekar et al. 2008[86]
30
27
3
Kutter et al. 2007[111]
n.a.
n.a.
n.a.
Layland et al. 2005[83]
297
215
37
Comidis et al 2004[79]
53
40
13
Duvvuri et al. 2004[92]
n.a.
n.a.
n.a.
Zwetyenga et al. 2003[112]
n.a.
n.a.
n.a.
Sessions et al. 2003[113]
117
n.a.
n.a.
Amar et al. 2002[114]
n.a.
n.a.
n.a.
Nieuwenhuis et al. 2002[115]
8
0
8
O’Brien et al. 2000[61]
34
21
13
Al-Abdulwahed et al.
1997[116]
33
n.a.
n.a.
Ghouri et al. 1993[58]
n.a.
n.a.
n.a.
Jones et al. 1993[59]
n.a.
16
n.a.
Khafif et al. 1991[60]
n.a.
n.a.
n.a.
Candela et al. 1990[37]
47
47
0
Khafif et al. 1990[117]
n.a.
n.a.
0
Riley et al. 1983[118]
29
n.a.
n.a.
Farr et al. 1980[119]
n.a.
n.a.
n.a.
Skolnik et al. 1980[56]
10
8
2
Grund der Ablehnung
Keine getrennten Daten für das OPSCC.
Keine getrennten Daten für OBS und END.
Die Behandlung des Halses wurde nicht spezifiziert.
Keine getrennten Daten für OBS und END.
Keine OBS-Gruppe, nur END Daten vorhanden.
Keine OBS-Gruppe, nur END Daten vorhanden.
Keine getrennten Daten für OBS und END.
Keine getrennten Daten für OBS und END.
Nur DSS vorhanden. Kein OS und DFS für die Subgruppen verfügbar.
Keine getrennten Daten für OBS und END.
Keine getrennten Daten für das OPSCC.
N-Stadium für das OPSCC nicht verfügbar
Die Halsbehandlung wurde nicht spezifiziert.
Keine OBS-Gruppe, nur END Daten vorhanden.
Keine separaten Daten für das OPSCC. Keine END-Gruppe.
Keine getrennten Daten für OPSCC.
Keine getrennten Daten für OBS und END.
Keine getrennten Daten für das OPSCC.
Keine getrennten Daten für das OPSCC.
Keine getrennten Daten für das OPSCC
Keine OBS-Gruppe, nur END Daten vorhanden..
Keine OBS-Gruppe. N-Stadium für das OPSCC nicht verfügbar.
Keine getrennten Daten OBS und END.
Keine getrennten Daten für das OPSCC. Keine OBS-Gruppe.
Nur OS verfügbar. Kein DFS für die Subgruppen erhältlich.
Abkürzungen: END, elektive Neck dissection; OBS, Observation; n.a., nicht verfügbar; OS, Overall Survival; DFS, Disease-Free Survival; DSS, Disease-Specific Survival; OPSCC,
oropharyngeal squamous cell carcinoma; *Patienten mit OPSCC und cN0-Hals.
49
Tabelle 10. 3-Jahres und 5-Jahres-Überlebensraten ohne T3
END + OBS
END
Überlebensraten
(n=42)
(n=26)
Gesamtüberleben (OS)
3y
88%
92%
5y
89%
83%
Krankheitsfreies Überleben
(DFS)
3y
81%
85%
5y
68%
70%
Krankheitsspezifisches
Überleben (DSS)
3y
95%
100%
5y
91%
100%
Abkürzungen: END, elektive Neck dissection; OBS, Observation
50
OBS
(n=16)
p-Wert
81%
74%
0,76
74%
65%
0,6
79%
71%
0,19
Tabelle 1. Einteilung der Halslymphknoten nach Robbins 2002 und modifiziert nach Robbins 2008 [43, 44]
Anatomische Grenzen/Landmarken
Level
Superior
Inferior
Anterior (Medial)
Posterior (Lateral)
IA Unterkieferrand
Zungenbeinkörper
Kontralat. ant. Digastricusbauch
Ipsilat, ant. Digastricusbauch
IB Kaudalrand des
Post. Digastricusbauch
Ant. Digastricusbauch
Vertikallinie entlang der
Unterkieferköpers
Dorsalfäche der Gdl.
submandibularis
IIA
Schädelbasis
Horizontallinie entlang des
inf. Zugenbeinkörpers
Vertikallinie entlang der Dorsalfäche
der Gdl. submandibularis
Verticallinie entlang des N.
accessories
IIB
Schädelbasis
Horizontallinie entlang des
inf. Zugenbeinkörpers
Verticallinie entlang des N.
accessorius
Lat. Rand des
M.sternocleidomastoi-deus
III
Horizontallinie entlang
des inf.
Zugenbeinkörpers
Unterkante des Krikoids
Lat. Rand des M.sternocleidomastoideus. RG: Medialer Anteil der A.
carotis communis
IV
Unterkante des Krikoids
Klavikula
VA
Unterkante des Krikoids
VB
Die Spitze von der
Konvergenz des M.
sternocleidomastoideus
und des M. trapezius
Unterkante des Krikoids
VI
Zungenbein
Suprasternal
Post. Rand des M.sternocleidomastoi- Ant. Rand des M. trapezius
deus oder die sensiblen Fasern des
Plexus cervicalis
A. carotis communis
A. carotis communis
VII
Fossa jugularis sternalis
A. brachiocephalica
Sternum
Klavikula
Lat. Rand des
M.sternocleidomastoideus oder
die sensiblen Fasern des
Plexus cervicalis
Lat. Rand des M.sternocleidomastoi- Lat. Rand des
deus. RG: Mediale Anteil der A.
M.sternocleidomastoideus oder
carotis communis
die sensiblen Fasern des
Plexus cervicalis
Post. Rand des M.sternocleidomastoi- Ant. Rand des M. trapezius
deus oder die sensiblen Fasern des
Plexus cervicalis
Abkürzungen: RG, radiologische Grenze
51
A. brachiocepalica
8 Danksagung
Für die Möglichkeit, meine Dissertation an der Klinik für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde
der Universität zu Lübeck durchführen zu können, danke ich Frau Prof. Dr. med.
Barbara Wollenberg.
Bei Herrn Dr. rer. pol. Reinhard Vonthein Institut für Medizinische Informatik und
Statistik, Campus Lübeck, möchte ich mich für die konstruktive Zusammenarbeit in allen
statistischen Fragestellungen bedanken.
Ganz besonderer Dank gilt meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. med. Jens E. Meyer für
seine außerordentliche, fachkundige und unermüdliche Betreuung.
Ein weiterer ganz besonderer Dank gilt meinem Betreuer Herrn Dr. med. Robert
Böscke der mir zu jeder Zeit mit Rat und Tat zur Seite stand.
52
9 Lebenslauf
Persönliche Daten:




Name:
Geburtsdatum:
Geburtsort:
Staatsangehörigkeit:
Bertan Deniz Cakir
9. Juni, 1985
Gelsenkirchen
deutsch
Akademische Ausbildung und Examina:

seit 01/2013:

07/2012:

2008-2012:

05/2009:

2006-2008:

2005-2006:

06/2004:
Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf
Assistenzarzt der Anästhesiologie
USMLE Step 2 CK
United States Medical Licensing Examination
Universität zu Lübeck
Studium der Humanmedizin
05/2012: Zweiter Abschnitt der ärztlichen Prüfung
USMLE Step 1
United States Medical Licensing Examination
Georg-August-Universität Göttingen
Studium der Humanmedizin
04/2008: Erster Abschnitt der ärztlichen Prüfung
Universität Duisburg-Essen
Studium der Chemie
Ricarda-Huch-Gymnasium, Gelsenkirchen
Abschluss: Allgemeine Hochschulreife
Praktisches Jahr:
 10/2011-01/2012:

08/2011-10/2011:

06/2011-08/2011:

04/2011-06/2011:

02/2011-04/2011:
Universitätsklinikum Schleswig-Holstein,
Campus Lübeck Klinik für Radiologie und
Nuklearmedizin
Cleveland Clinic Lerner College of Medicine
of Case Western Reserve University
Department of Cardiovascular Medicine
Asklepios Klinik Bad Oldesloe
Abteilung für Innere Medizin
Asklepios Klinik Bad Oldesloe
Abteilung für Allgemeine Chirurgie
Stellenbosch University, Tygerberg Hospital,
Cape Town, South Afrika
Department of Emergency Surgery
53
Dissertation:

seit 02/2010:
In der Abteilung der Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde
zum Thema “Bedeutung der elektiven Neck dissection
für die Therapie des Oropharynxkarzinoms”, Leitung:
Prof. Dr. Jens E. Meyer
!
54
10 Publikationsverzeichnis
Böscke, R.*, Cakir B.D.*, Hoffmann A.S., Wiegand S., Quetz J., Meyer J.E. Outcome
after elective neck dissection and observation for the treatment of the clinically
node-negative neck (cN0) in squamous cell carcinoma of the oropharynx. Eur Arch
Otorhinolaryngol; 2013.
*both authors contributed equally to this work
Böscke, R.*, Cakir B.D.*, Hoffmann A.S., Wiegand S., Quetz J., Meyer J.E. Review of
outcome after elective neck dissection and observation for the treatment of the
clinically node-negative neck (cN0) in squamous cell carcinoma of the oropharynx
German Society of Oto-Rhino-Laryngology, Head and Neck Surgery. 83rd Annual
Meeting of the German Society of Oto-Rhino-Laryngology, Head and Neck Surgery.
Mainz, 16.-20.05.2012. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House;
2012.
*both authors contributed equally to this work
!
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55