Gesamtdownload - Nachrichten und Kommentare aus Politik und

Transcription

Gesamtdownload - Nachrichten und Kommentare aus Politik und
www.wirtschaftskurier.de
52. Jahrgang • B7388 E
€ 2,00
€ 2,30 (Österr.)
CHF 4,00
MAI 2009
TRENDS – HINTERGRÜNDE – INNOVATIONEN
60 Jahre BRD
Energie- und Lebenselixier
Deutschland ist zu einer wirtschaftlichen Großmacht aufgestiegen – und setzt weiterhin auf die
soziale Marktwirtschaft.
AKTUELLES THEMA
Seite 3/4
Deutsche Technologien sind weltweit
führend bei der Aufbereitung von
Wasser und in der Energiegewinnung.
INDUSTRIE & MÄRKTE
Neue Serie
Schwerpunkt
Energie
Seite 9
Gestärkt aus der Krise
INNO
VATION
Lichttapeten oder Solarzellen von
…wo Deutschland
spitze ist!
der Rolle? Die OLED-Technologie
erlaubt faszinierende neue Anwendungen.
INDUSTRIE & MÄRKTE
Seite 10
Auch die bayerischen Unternehmen kämpfen
mit vielen Problemen – aber investieren mit aller
Kraft gegen den Wirtschaftsabschwung.
STANDORT BAYERN
ab Seite 21
Keine tiefen Einschnitte
INHALT
WIRTSCHAFTSPOLITIK
Forschung & Entwicklung | Finanzdienstleister und Tourismusbranche reduzieren Budgets
VON ELWINE HAPP-FRANK
I
nnovationen sind die Hefe der wirtschaftlichen Entwicklung. Doch in der
Wirtschaftskrise könnten die Unternehmen versucht sein, an diesem Kostenfaktor
zu sparen. Wie entwickeln sich die Forschungsbudgets in diesem Jahr? Welche
Probleme gibt es im Innovationsprozess?
Welche Vorteile können innovative Unternehmen aus der derzeitigen Situation ziehen? Welche sind die innovativsten Unternehmen? Boston Consulting ist diesen Fragen in einer Untersuchung nachgegangen,
an der weltweit 2 700 Führungskräfte teilgenommen haben.
Die internationale Unternehmensberatung führt diese Studie seit sechs Jahren
durch und kann deshalb die Einflüsse der
Konjunkturkrise relativ genau abschätzen.
Derzeit stellen die Firmen alles auf den
Prüfstand, dazu zählen auch die Ausgaben
für Forschung und Entwicklung. Doch das
Thema Innovationen zählt für zwei Drittel
der Manager zu den absoluten Top-Prioritäten. Deshalb werden die Unternehmen –
vorausgesetzt, die Konjunktur kühlt sich
nicht noch weiter ab – ihre Budgets in diesem Bereich allenfalls wenig kürzen, denn
die meisten Firmen sehen einen direkten
Zusammenhang zwischen Innovationen
und ihrem langfristigen Erfolg.
Immerhin 58 % der Umfrageteilnehmer
planen in diesem Jahr sogar eine Erhöhung
ihrer Forschungsausgaben. Regional gesehen hegen Firmen aus der asiatisch-pazifi-
Viele Manager sind mit den Innovationserfolgen unzufrieden.
schen Region recht aggressive Pläne, nach
Branchen betrachtet sind vor allem Technologie- und Telekommunikationsfirmen
innovationsfreudiger als der Durchschnitt.
INNOVATIONSERFOLG
Welchen Maßstab legt Ihr Unternehmen an?
Kundenzufriedenheit
44%
Gesamtertrag
41%
Umsatzanteil neue Angeboten
29%
Vergleich der Ziel- und der tatsächlichen Performance
25%
Höhere Margen
Erfolgsrate der Neueinführungen
Zahl der neuen Produkte oder Dienstleistungen
23%
22%
21%
21%
Rendite der F&E-Investitionen
Time-to-market
19%
Grafik: WirtschaftsKurier 2009
Die Zahl der Unternehmen, die ihre
F&E-Investitionen erhöhen wollen, ging –
schon vor der Wirtschaftskrise – in den vergangenen Jahren leicht, aber stetig zurück.
Offensichtlich ist bei vielen Führungskräften eine gewisse Ernüchterung eingetreten, was die Erwartungen an den Innovationsprozess betrifft. Das könnte mit einer
gewissen Frustration über das Ausbleiben
von Erfolgen zu tun haben. Insofern wirken sich derzeit zwei Kräfte dämpfend auf
die F&E-Ausgaben aus.
Erstmals seit Beginn der Untersuchung
hat sich aber die Zahl der Firmen, die ihre
Aufwendungen für die Forschung aktiv
kürzen wollen, sprunghaft erhöht. Insgesamt wollen 15 % die Budgets reduzieren,
davon 5 % starke Einschnitte vornehmen.
Solche Töne kommen vor allem aus der
Tourismusbranche und von den Finanzdienstleistern – den beiden Hauptopfern
Foto: BASF
der Wirtschaftskrise. Regional sticht besonders Nordamerika hervor, wo immerhin
21 % der Unternehmen ihre Ausgaben
herunterfahren wollen.
Maßstab für die Bewertung der Innovationserfolge ist für die Unternehmen in
erster Linie die Kundenzufriedenheit und
das Umsatzwachstum. Doch Boston Consulting hält diese Checkliste für zu kurz.
Denn viel wichtiger sei die Dauer der Produktentwicklung bis zur Marktreife. Dieses Kriterium kommt bei den meisten Unternehmen erst an letzter Stelle, nach Meinung der Analysten wird dieser Punkt von
Führungskräften chronisch unterbewertet.
Auf der anderen Seite, heißt es in der Untersuchung, geben viele Manager zu lange
Entwicklungszeiten als größte Hürde für
die Amortisation der Investitionen an. Ein
weiterer Faktor, der erfolgreiche Investitionen behindert, ist eine risikofeindliche
Kultur in vielen Firmen. Eine entscheidende Rolle spielt dabei die Unternehmensführung. Denn ein Management, das sich
sichtbar für Innovation einsetzt, fördert damit die kreativen Kräfte im Betrieb. Ein
weiteres Problem ist der Innovationsprozess selbst. Neue Ideen gibt es in Unternehmen meist im Überfluss. Doch eine
Idee ist noch keine Innovation und erst
recht kein Produkt, das sich auch gut vermarkten lässt.
Die Wirtschaftskrise erschwert zwar die
Bereitstellung der Forschungsetats, auf der
anderen Seite bietet das schwierige konjunkturelle Umfeld innovativen Unternehmen aber auch Möglichkeiten, die es sonst
nicht gibt. Boston Consulting rät, diese aggressiv zu nutzen. Firmen, die eine einigermaßen gesunde finanzielle Basis haben,
sollten ihr Innovationspotenzial nicht nur
aufrechterhalten, sondern möglichst ausbauen – vor allem, wenn ihre Wettbewerber derzeit dazu nicht in der Lage sind. Gerade ausreichend liquide Firmen können
in diesen Zeiten die Finanzklemme kleinerer Start-ups nutzen, um durch eine Übernahme günstig an gut ausgebildete Mitarbeiter, Patente, Know-how oder Produkte zu kommen. Herausragende Fachleute
sind immer schwierig zu bekommen. Doch
in Zeiten, in denen so manche Firma ihre
Entwicklungsbudgets kürzt und keine attraktiven Zukunftsaussichten bietet, kann
es leichter sein, mit einem unwiderstehlichen Angebot hoch qualifizierte Spezialisten anzulocken.
Die ersten drei Plätze auf der Rankingliste der innovativsten Unternehmen
weltweit haben in der Umfrage 2009
Apple, Google und Toyota eingenommen. Das waren auch schon die Sieger
in den Jahren 2008 und 2007. Hauptursache für die Wahl von Apple waren
„bahnbrechend neue Produkte“, von
Google ein „tief greifendes Verständnis
des Kunden“ und von Toyota „innovative Prozesse“. Unter den Top 50 befinden sich auch drei deutsche Unternehmen, allesamt Autohersteller. Volkswagen (18) und BMW (20) wurden ebenfalls wegen ihres Kundenverständnisses
gewählt, bei Daimler (29) waren es die
herausragenden Produkte.
Talsohle erreicht
Das Schlimmste liegt hinter uns:
Interview mit dem ifo-Konjunktur2
experten Prof. Kai Carstensen.
MEINUNG
Kauflaune ankurbeln
Der Konsument ist der Schlüssel:
Kommentar von Langen v. d. Goltz,
Chef der PSM Vermögensverwaltung. 4
INDUSTRIE & MÄRKTE
Zuversicht in Hannover
Trotz schlechter Prognosen
planen viele Unternehmen
für die Zeit nach der Krise.
Jahr der Entscheidungen
Energieversorger EWE verfolgt viele
Projekte: vom Elektroauto über
Brennstoffzellen bis zu Windrädern. 8
FINANZEN & BÖRSE
Trendwende bei M&A
Bei den meisten Bankendeals
in Europa ist jetzt der Staat
der größte Investor.
Die KfW zieht die Konsequenzen
und stellt sich neu auf: Interview
mit KfW-Chef Dr. Ulrich Schröder. 17
Erfolgreich!
Rekordertrag
In unserer Serie über Unternehmen,
die in der Krise erfolgreich sind,
stellen wir den Hersteller von
ab 37
Traktoren Fendt vor.
Bremse für den Fortschritt?
Industrie in Deutschland | Maßnahmen für verschiedene Szenarien
Hightech-Rohstoffe | Verfügbarkeit in Deutschland bis 2030
D
4 195007 102003
05
Die weitere Entwicklung hängt von vielen Variablen ab. Dazu gehört die Kreditvergabepraxis der Banken, die Wirkung der
Konjunkturprogramme der Regierungen
sowie die Effekte der staatlichen Hilfen in
China. Deshalb ist es schwierig, Voraussagen für die Wachstumsraten bis zum Jahr
2012 zu machen, denn sie können – je
nach Szenario – von minus 10 % bis plus
10 % schwanken.
In einer unsicheren Situation wie dieser müssen sich Unternehmen auf jede
mögliche Entwicklung vorbereiten, auch
für den gar nicht erwarteten, schlechtesten Fall. Eine solide Szenarioplanung beinhaltet auch, dass die Unternehmen die
Chancen, die sich aus der Marktkonsolidierung ergeben, analysieren und sich
darauf vorbereiten, sie auch ergreifen zu
können.
Absolute Priorität in der derzeitigen Situation hat die Sicherung der Liquidität.
Eine weitere Maßnahme ist die Implementierung eines angemessenen Risikomanagementsystems. Denn die Tatsache, dass
viele Topmanager von dem aktuellen Konjunktureinbruch überrascht wurden, deutet darauf hin, dass die Frühwarnsysteme
in den Unternehmen nicht entsprechend
dimensioniert waren. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young rät dazu,
das Risikomanagement wieder zur Chefsache zu machen. Allzu häufig ist nach
Ansicht der Berater die Überwachung der
Risiken eine lästige Pflichtübung statt Ausdruck umsichtiger Führung.
Ein weiterer wichtiger Strategiebaustein
in schwierigen Zeiten ist eine Straffung der
innerbetrieblichen Prozesse. Dabei gehö-
ren Kostensenkungen, Einstellungsstopp
und Reduzierung von Beständen sozusagen zum Grundrepertoire in rückläufigen
Märkten. Allerdings stellen sie nur kurzfristige Lösungen dar. Unternehmen, die am
Markt erfolgreich sein wollen, dürfen die
längerfristige Effektivität nicht aus den
Augen verlieren. Vor allem bei starken Kürzungen in den Bereichen Marketing, Forschung & Entwicklung sowie bei den operativen Prozessen kann es schwierig werden, Chancen zu nutzen, wenn die Konjunktur wieder anzieht.
Zum Krisen-Handwerkszeug gehört
auch die Nutzung von attraktiven Kaufmöglichkeiten. Allerdings steht bei den
meisten Führungskräften in der derzeitigen Situation eher ein Verkauf von Unternehmensteilen im Fokus. Doch die gründlichen Analyse verschiedener Zukunftsszenarien sollte auch die proaktive Sondierung potenzieller Kaufziele beinhalten.
Studien haben nämlich ergeben, dass Fusionen in Krisenzeiten rund 15 % mehr
Wert bringen als in der Hochkonjunktur.
Grundsätzlich achten die Unternehmen
trotz der schwierigen Lage darauf, Umwelt- und Nachhaltigkeitsziele nicht aus
den Augen zu verlieren. Das ist nach Ansicht von Ernst & Young auch gut so. Kurzfristige Gewinne durch unsolide Maßnahmen mögen vielleicht heute als attraktive
Option erscheinen, werden der Firma aber
auf lange Sicht schaden. Denn für Unternehmen, die auf Nachhaltigkeit setzen,
gibt es neben der Möglichkeit zum Ausbau
ihrer Marke und Reputation vermutlich auch bald wieder gute Wachstumschancen.
hp
H
ybridautos, Dünnschicht-Photovoltaik, energieeffiziente Flachbildschirme – fast alle Zukunftstechnologien benötigen Metalle mit ganz besonderen Eigenschaften. Beispielsweise
stecken Neodym-Magnete in Elektromotoren für Hybridfahrzeuge oder das Halbleitermetall Gallium wird für Mikrochips
in Handys verwendet. Das Bundeswirtschaftsministerium hat in einer Studie untersuchen lassen, wie sich die Nachfrage
nach diesen Stoffen bis zum Jahr 2030 entwickeln wird. Denn die deutsche Industrie
ist bei Hightech-Rohstoffen beinahe vollständig von Importen abhängig. Der Erfolg
Deutschlands in vielen Spitzentechnologien ist deshalb auf die störungsfreie Versorgung mit Rohstoffen zu angemessenen
Preisen angewiesen.
Die Lage auf den Märkten war in den zurückliegenden Jahren sehr turbulent. Neue
Marktteilnehmer aus den Schwellenländern, allen voran China, haben unerwartet
stark die Nachfrage gesteigert. In der Folge
stiegen die Preise teilweise sprunghaft. Dabei sei es ein Irrtum, dass die Ursachen dafür in der drohenden Erschöpfung von Vorkommen liegen, so die Autoren der Studie
des Fraunhofer-Instituts für System- und
Innovationsforschung (ISI) und des Instituts für Zukunftsstudien und Technologiebewertung (IZT). Als Beispiel führen die
Experten Chrom an, dessen Reichweite
noch 600 Jahre beträgt, oder von Titan, das
für 280 Jahre vorhanden ist: Dennoch sind
die Preise dieser Metalle sehr volatil.
Die Marktturbulenzen seien vielmehr
aus einem Ungleichgewicht von Angebot
und Nachfrage entstanden. Die Fehlein-
Die Versorgung mit Hightech-Metallen
ist vielen Einflüssen ausgesetzt, aber
gesichert.
Project Photos
schätzung der Märkte gingen zum einen
auf die stürmische Entwicklung der chinesischen Wirtschaft und dem davon ausgelösten Boom der Rohstoffnachfrage zurück. Zum anderen wurden technologische
Fortschritte nicht berücksichtigt. So hat
beispielsweise der Umstieg der Elektround Elektronikindustrie auf bleifreie Lote
zu einem unerwartet starken Anstieg der
Zinnnachfrage geführt.
Die Wissenschaftler werteten 100 Zukunftstechnologien und 22 Hightech-Metalle aus. Grundsätzlich ist von einem steigenden Bedarf an Hightech-Rohstoffen
auszugehen. Bei Gallium zum Beispiel, das
in der Dünnschicht-Photovoltaik und für
schnelle integrierte Schaltungen benötigt
wird, übersteigt die Nachfrage im Jahr 2030
13
Die neue KfW
Die unterschätzte Krise
ie Industrie in Deutschland hat
die Wirtschaftskrise unterschätzt.
Noch im April 2008 antworteten
bei einer groß angelegten Untersuchung
der Unternehmensberatung Roland Berger
90 % der Befragten, dass die Krise wohl
vor allem die Finanzindustrie betrifft. Die
meisten Manager dachten, dass die Probleme weitgehend auf die USA beschränkt
bleiben.
Ein Jahr später zeigt sich, dass diese Einschätzung falsch war. Der Ordereingang ist
im Maschinenbau um 42 % gegenüber
2008 eingebrochen. Die Automobilindustrie sowie die Zulieferer rechnen mit
einem Produktionsrückgang von 20 % bis
25 %, bei Kunststoffen sind es 10 % bis 15 %
und bei Stahl 5 % bis 20 %.
Gleichzeitig zeigen verschiedenene Indikatoren, dass die Krise noch einige Quartale andauern könnte. Dafür sprechen drei
Faktoren: Erstens wird ein großer Teil der
deutschen Produktion in Länder ausgeführt, die von der Wirtschaftskrise stark betroffen sind. Zweitens zeigen alle relevanten Industriesegmente einen deutlichen
Rückgang der Auslastung. Drittens befinden sich viele Hersteller in einer unangenehmen Sandwich-Position: Auf der einen Seite brechen die Auftragseingänge
weg, auf der anderen Seite nimmt der
Preisdruck zu.
5
das Sechsfache der heutigen Weltproduktion. Bedarfstreiber bei Neodym sind
Hochleistungs-Permanentmagneten, für
die im Jahr 2030 ungefähr das 3,3-Fache
der heute geförderten Menge prognostiziert wird. Bei Germanium, das für die Herstellung von Glasfaserkabeln benötigt wird,
beträgt der Faktor 2,4.
Grundsätzlich sei die Rohstoffversorgung ein System, das vielen Einflüssen ausgesetzt ist, heißt es in der Studie. Dazu gehören Lieferverzögerungen oder Konzentrationsbewegungen globaler Konzerne,
die den Wettbewerb aushebeln. Dazu zählt
auch die Instabilität von Förderländern.
Eine weiteres Problem ist, dass metallische
Rohstoffe häufig in vergesellschafteter
Form in Erzen vorkommen. Zum Beispiel
ist Indium, ein extrem knapper Rohstoff,
ein Koppelprodukt mit Zink. Die Schließung der japanischen Zinkhütte Toyoha im
Jahr 2006 verringerte das Indiumangebot
deutlich – mit entsprechenden Preisreaktionen. Überdies sind die Märkte Ziel von
Spekulationsgeschäften, deren Rolle auf
die Preisbildung nach Ansicht der Experten
nur schwer absehbar ist.
Dennoch ist nach Ansicht der Wissenschaftler bei den meisten Hightech-Rohstoffen trotz einer Nachfragesteigerung
eine sichere Versorgung möglich. Je nach
Komplexität vergehen fünf, zehn und
mehr Jahre, bis eine neue Technologie
serienreif ist. Die Zeitspanne für die Umsetzung von Bergbauprojekten beträgt
fünf bis zehn Jahre. Den Rohstoffkonzernen steht also ausreichend Anpassungszeit zur Verfügung, dem technischen
Wandel zu folgen.
hp
WIRTSCHAFTSPOLITIK
2 WirtschaftsKurier
KOMMENTAR.
Shareholder Value
Die Schelte einer zu einseitigen Ausrichtung auf den „Shareholder Value“ ist derzeit wohlfeil und von allen Seiten zu hören: Vom Bundespräsidenten über die
Kanzlerin bis zum Vorstandsvorsitzenden von Bosch – einem als Stiftung angelegten Unternehmen – heißt es unisono,
eine nur auf kurzfristige Gewinnmaximierung ausgerichtete Unternehmenslenkung habe nicht zuletzt die gegenwärtige Krise verursacht.Weiter gedacht,
sind es also weniger die Manager, die
ihre Gier nicht zügeln und ihre Spekulationen nicht beherrschen konnten, es ist
vielmehr die Gesellschaftsform der Aktiengesellschaft, die ihre Vorstände dazu
zwinge, Renditemaximierung als oberstes Ziel anzustreben, um ihre Aktionäre,
besonders Fonds und institutionelle Anleger, angemessen bedienen zu können.
Im Gegensatz dazu wurden die „guten
alten“ Familienkonzerne hochgelobt,
nur hier sei ein langfristiges Denken
zum Wohle des Unternehmens und der
Beschäftigten möglich. Doch nach dem
wahrscheinlichen Verspekulieren von
Unternehmensfamilien wie Merckle,
Porsche, Haniel und Schaeffler, die sich
zum Teil an viel größeren Aktiengesellschaften versuchten und sich daran
mehr oder weniger verhoben haben,
kommen erste Zweifel auf und es sind
plötzlich wieder raffgierige „Milliardäre“, die ihren Hals nicht voll bekämen
und nicht bei ihren Leisten blieben. „Wie
hätten Sie’s denn gerne?“, ist man da gewillt zu fragen. Vor allem aber, was bedeutet „Shareholder Value“ wirklich? Eigentlich soll damit der Wert des Aktionärs, und damit die Aktie als ein Teil des
Unternehmens, gestärkt werden. Eben
nicht kurzfristig, sondern langfristig,
denn Aktionäre beteiligen sich in der Regel über einen längeren Zeitraum an einem Unternehmen, um von dessen Wertsteigerung profitieren zu können. Auch
hinter Fonds und institutionellen Anlegern verbirgt sich nichts weiter als eine
Vielzahl von Kleinanlegern, deren ureigentlichstes Interesse in einer langfristigen, oftmals der Alterssicherung dienenden Anlageform liegt. Vor Jahresfrist hat
bezeichnenderweise auch der Gesetzgeber in Deutschland diese Aktienanlage
besonders goutiert, indem er Kursgewinne aus Aktien, die länger als ein Jahr gehalten wurden, nicht besteuerte. Statt
sich zu überlegen, diese Jahresregelung
auf mehrere Jahre auszudehnen, wurde
sie abgeschafft. Der Gesetzgeber behandelt jetzt kurzfristige Spekulationen in
Aktien, Derivate oder Zertifikate genauso wie die langfristige Investition in ein
Unternehmen. Durchgesetzt von einer
Großen Koalition der Steuer(selbst)gerechten. Da hören sich alle Appelle aus
der Politik, die kurzfristiges Denken in
der Wirtschaft anmahnen, seltsam hohl,
wenn nicht verlogen an, reicht der eigene
Horizont doch auch nicht weiter als bis
zur nächsten Wahl!
uk
MAI 2009
„Der stärkste Einbruch liegt hinter uns“
Interview | Prof. Dr. Kai Carstensen, Bereichsleiter Konjunktur und Befragungen am ifo Insitut
P
rof. Dr. Kai Carstensen, Bereichsleiter Konjunktur und Befragungen am
ifo Insitut und CESifo-Stiftungsprofessor am Lehrstuhl für Makroökonomie
und Konjunkturforschung an der LudwigMaximilians-Universität in München
sprach mit dem WirtschaftsKurier-Mitarbeiter Dieter W. Heumann unter anderem
über die jüngst vorgestellten Frühjahrsgutachten und Deutschlands Weg zum
Aufschwung.
WirtschaftsKurier: Herr Professor Dr. Carstensen, Sie haben in der vergangenen
Woche das Frühjahrsgutachten acht
wirtschaftswissenschaftlicher Institute
der Öffentlichkeit vorgestellt. Danach
soll in 2009 das Wirtschaftswachstum
um circa 6 % einbrechen und die Arbeitslosigkeit bis Ende 2010 auf etwa 5
Mio. Menschen ansteigen. Wo stehen
wir derzeit?
Prof. Dr. Kai Carstensen: Wir gehen in unserer Prognose davon aus, dass der
stärkste Einbruch des Wirtschaftswachstums bereits hinter uns liegt und im vierten Quartal vergangenen Jahres sowie im
ersten Quartal 2009 stattfand. Im zweiten Quartal werden wir nur noch ein geringes Minus haben.
WiKu: Wäre damit die Talsohle erreicht?
Carstensen: Für das dritte Quartal 2009 gehen wir davon aus, dass wir sogar ein
leichtes Wachstumsplus sehen. Der
Grund: Die konjunkturellen Maßnahmen werden helfen. Zudem werden wir
eine außerplanmäßig hohe Rentenanpassung bekommen, die bereits beschlossen ist. Das wird den privaten
Konsum vorübergehend stützen.
WiKu: Die leichte Belebung wird bis zum
Jahresende Bestand haben?
Carstensen: Wir erwarten, dass sich im
vierten Quartal die Arbeitslosenzahlen
erhöhen werden. Das wird sich im privaten Konsumvertrauen negativ niederschlagen und zu einer Kürzung der Konsumausgaben führen. Dieser Konsumswing dürfte das gesamtwirtschaftliche
Wachstum im vierten Quartal wieder ins
Minus drehen. Wir gehen davon aus,
dass sich erst 2010 eine langsame
Wachstumsbelebung einstellen wird.
Das konjunkturelle Niveau des Jahres
2008 werden wir erst im Jahre 2013 erreichen.
WiKu: Haben Sie kein Vertrauen in die beiden Konjunkturpakete der Bundesregierung?
Carstensen: Der Absturz ist mit 6 % dramatisch. Auch im Jahresdurchschnitt
2010 wird es noch leicht abwärts gehen.
Wenn erst ab 2011 bis 2013 wieder aufgeholt wird, dann bedeutet das drei Jahre lang ein Wachstum von über 2 %. Gemessen an der Vergangenheit sind das
sehr gute Wachstumsraten.
WiKu: Überraschend gut fielen der jüngste
ifo Geschäftsklimaindex, aber auch die
Konjunkturaussage des ZEW in Mann-
heim aus. Welcher Stellenwert ist solchen Aussagen beizumessen?
Carstensen: Beides passt gut zur Frühjahrsprognose der Institute, die ja davon
ausgeht, dass sich der tiefe Absturz im
zweiten Quartal so nicht fortsetzen wird.
Der ifo Geschäftsklimaindex verlässt
langsam sein extrem niedriges Niveau.
Begonnen hat dies mit den Erwartungen, die sich seit der Jahreswende leicht
verbessert haben und gilt nun auch für
die Lagekomponente der Unternehmen.
Sie signalisiert, dass die Situation insgesamt immer noch sehr schlecht ist und
die Mehrheit der Unternehmer nicht an
eine schnelle Besserung glaubt. Aber es
gibt heute weniger Pessimisten als zuvor.
WiKu: Erschreckend ist aber auch der prognostizierte gravierende Anstieg der Arbeitslosigkeit. Ist die jetzt vermehrt genutzte Kurzarbeit nur ein Rettungsanker bis zur Bundestagswahl?
Carstensen: Das Problem sehen wir auch
sehr speziell. Man diskutiert ja jetzt, die
Kurzarbeit von derzeit 18 auf 24 Monate
zu verlängern und gleichzeitig die Arbeitgeber ganz von den Kosten zu befreien. Gelingt letzteres, dann könnte ich
mir vorstellen, dass die Arbeitgeber zustimmen werden. Gerade Facharbeiter
sind nach wie vor gesucht und diese so
ans Unternehmen zu binden, könnte
von Vorteil sein.
WiKu: Aber der Grat zwischen Kurzarbeit
und Subventionierung ist schmal?
Carstensen: Richtig, nicht immer ist durchschaubar ob es sich um konjunkturbedingte Kurzarbeit handelt oder ob bereits eine Subventionierung vorliegt. Gelingt es einem Unternehmen nicht, sich
binnen18 Monate zu stabilisieren, dann
ist es sehr fraglich, ob man die Beschäftigung noch weitere sechs Monate künstlich hochhalten sollte. Dennoch macht
die Kurzarbeiterregelung grundsätzlich
viel Sinn, weil sonst Kosten der Arbeitsvermittlung und des Arbeitslosenseins
entstehen würden, die ja auch gesamtgesellschaftlich getragen werden müssten. Aber das Instrument sollte nicht
zu sehr ausgereizt werden, sonst führt
die Entwicklung in die falsche Richtung.
WiKu: Häufig wird behauptet, der Abschwung träfe Deutschland als traditionelle Exportnation besonders heftig.
Haben wir uns zu sehr von den Ausfuhren abhängig gemacht?
Carstensen: Zu sehr sicherlich nicht. Aber
wir sind abhängig von unseren Exporten. Und wir haben uns auf sehr konjunkturreagible Warengruppen spezialisiert. Investitionen sind viel konjunkturvolatiler als Konsumausgaben. Das ist
grundsätzlich nicht besonders problematisch. Im Gegenteil, Deutschland hat
eine Spezialisierungsnische in der Weltwirtschaft gefunden und ist dort hochgradig erfolgreich. Es macht keinen Sinn
– womöglich politisch diktiert – andere
Nischen zu suchen. Politisch diktierte
Marktnischen funktionieren sehr selten.
WiKu: Ist die Politik nicht zu schnell mit
Hilfen bei der Hand?
Carstensen: Die Schwere der Krise war von
niemandem vorhersehbar. Wir haben
gleichzeitig eine Wirtschaftskrise und
eine Finanzkrise. Das ist für die Bundesrepublik ein Novum. Zudem ist die gesamte Weltwirtschaft synchron erfasst
worden; es gab keine Möglichkeiten für
die Exporteure, auf andere Märkte auszuweichen. Ich bin zwar kein Freund
von Konjunkturprogrammen, aber in
diesem Fall glaube ich, es macht durchaus Sinn, dass die Regierungen weltweit
mit konjunkturstimulierenden Maßnahmen eingegriffen haben.
WiKu: Wann können wir wieder mit einer
Belebung der Exporte rechnen und welche Wirtschaftsregionen dürften sich als
erste erholen?
Carstensen: Wir gehen davon aus, dass sich
die Exporte bereits gegen Ende des Jahres leicht erholen werden. Deutlicher
aufwärts gehen wird es Ende 2010. Nicht
alle Länder sind so schwer betroffen wie
Deutschland. In Europa zählt zum Beispiel Frankreich dazu. Vor allem aber
können wir frühzeitig mit Ländern außerhalb des Euroraums rechnen. Dazu
zählen die OPEC-Staaten, Süd-OstAsien, vor allem aber China und Indien,
deren Volkswirtschaften auch derzeit
wachsen. Die USA stehen dagegen vor
enormen hausgemachten Problemen.
Wir rechnen dort – aufgrund der getroffenen wirtschaftspolitischen Maßnahmen – mit einer Belebung im Jahresverlauf 2010. Allerdings befürchten wir in
den USA ein Strohfeuer: Die strukturellen Probleme des Landes – geringe
Spartätigkeit, hoher Konsum und damit einhergehend eine enorme Aus-
landsverschuldung – sind nach wie vor
ungelöst.
WiKu: Im Ausland hört man oft,
Deutschland könne es sich leisten,
jetzt ein noch größeres Konjunkturpaket zu schnüren.
Carstensen: Ja, man sagt Deutschland habe
– eben durch die Konsolidierung – viel
Luft. Aber man kann Deutschland nicht
dafür bestrafen, sich konsolidiert zu haben. Zudem sind die deutschen Konjunkturprogramme, wenn man die automatischen Stabilisatoren mitberücksichtigt, bereits sehr gut.
WiKu: Sie lehnen also weitere Konjunkturprogramme ab und hoffen auf Multiplikatoreffekte?
Carstensen: Mit der Hoffnung auf Multiplikatoreffekte bin ich vorsichtig. Und
mit Blick auf ein drittes Konjunkturpaket
sollte man zunächst abwarten. Wir wissen einfach nicht, wie lange es dauern
wird, bis die Investitionsprogramme
durch die Kommunen umgesetzt sind
und welche zusätzlichen Effekte letztlich
erzielt werden. Viele Kommunen sparen.
Das bedeutet, dass die Wirkungen der
Konjunkturpakete durch Kürzungen,
die an anderer Stelle vorgenommen
werden, teilweise konterkariert werden könnten.
WiKu: Die CSU will festschreiben, dass
nach dem Ende der Krise ein Drittel des
wirtschaftlichen Wachstums für Steuersenkungen Verwendung finden sollte.
Gedacht ist vor allem an die sogenannte
„Kalte Progression“. Ist das sinnvoll?
Carstensen: Absolut. Die „Kalte Progression“ ist ein Unding. Sie bedeutet ja, dass
jemand mehr Steuern zahlt, obwohl seine reale Leistungsfähigkeit nicht gestiegen ist, sondern nur sein nominaler
Lohn. Allerdings bin ich sehr dafür, dann
auch zu sagen, an welcher Stelle die
Staatsausgaben weniger stark steigen
sollen.
WiKu: Die Abwrackprämie beglückt eine
große Zahl privater Haushalte und
kurzfristig auch die Konjunktur – und
mittelfristig?
Carstensen: Sicherlich, kurzfristig hilft sie
der Konjunktur. Man muss aber relativieren: Trotz Abwrackprämie ist weiteres Geld erforderlich, um den Wagen
komplett zu finanzieren. Also fehlt das
Geld oftmals an anderer Stelle. Zudem
werden jetzt viele Autokäufe vorgezogen,
die mittelfristig fehlen werden. Auch
sind die Folgen für den Gebrauchtwagenmarkt zu bedenken und die sich auftürmenden Schrotthalden, die jetzt in
der Krise nicht abgebaut werden können und zum Preisverfall führen. Staatliche Eingriffe ziehen eine ganze Reihe
negativer Folgen nach sich.
WiKu: Deutet das derzeitige rückläufige
Wirtschaftswachstum – Deutschland
bildet mit Japan das Schlusslicht – auf
immer noch vorhandene strukturelle
Probleme hin?
Carstensen: Vor dem letzten Aufschwung
haben wir eine Reihe von Problemen angepackt. Stichwort: Agenda 2010, die Reformen am Arbeitsmarkt. Geholfen hat
der deutschen Wirtschaft aber auch die
Lohnzurückhaltung. Wir waren damals
alle sehr positiv gestimmt. Jetzt geht es
in die andere Richtung. Das liegt aber
nicht so sehr an ungenügenden strukturellen Reformen, sondern am Nachfrageausfall – aus Gründen, die im Inland niemand zu verantworten hat. Ich bin daher auf längere Sicht zuversichtlich und
glaube, dass Deutschland sehr wettbewerbsfähig bleiben und seine Marktanteile ausbauen kann, wenn am Konsolidierungskurs festgehalten wird. Nur, die
weltwirtschaftliche Krise wird eben länger dauern – und dagegen kann man mit
Investitionsgütern nun mal nicht anwachsen.
WiKu: Wurde die Deregulierung der Banken seinerzeit zu weit gefasst? Ich denke
an die Auslagerung von Risiken an speziell gegründete Gesellschaften, die ihren Sitz noch dazu im Ausland haben?
Gehören nicht sämtliche Risiken in
die Bankbilanzen und damit offengelegt?
Carstensen: Natürlich. Nach Basel II sind –
wenn es umgesetzt wird – Auslagerungen in Zweckgesellschaften nicht mehr
möglich. Zudem besagt das Abschlusskommunique der G 20, dass es am Finanzmarkt künftig keine Akteure geben
darf, die nicht der Kontrolle unterliegen.
Alle Banken und Finanzinstitute müssen
sich kontrollieren lassen und alle müssen bestimmte Standards erfüllen. Das
ist sehr wichtig, denn sonst werden wir
immer das Problem der RegulierungsArbitrage haben, das heisst die Banken
werden sich der Regulierung in dem
Maße entziehen, wie dies möglich ist.
WirtschaftsKurier
– Bundesweite Verbreitung –
Pflichtblatt der Börse München
Zwei präsidiale Kandidaten
Herausgeber:
WIKU Verlagsgesellschaft mbH
Redaktion:
Parkring 4, 85748 Garching bei München
Zentrale: (0 89) 63 89 81-0
Telefax: (0 89) 63 89 81-20
(redaktion@wirtschaftskurier.de)
Chefredakteurin:
Elwine Happ-Frank (verantwortl.)
(elwine.happ-frank@wirtschaftskurier.de)
Redakteure:
Ulrich Kirstein CvD
(ulrich.kirstein@wirtschaftskurier.de)
Constanze Meindl
(constanze.meindl@wirtschaftskurier.de)
Philipp Tröbinger
(philipp.troebinger@wirtschaftskurier.de)
Mitarbeiter der Redaktion:
Dieter Heumann (Wirtschaftspolitik)
Paul Kellenbenz (Köln/Bonn)
Nadja Ruranski (Sonderthemen)
Hannsjörg Lawrenz (Ruhrgebiet und Westfalen)
Oskar H. Metzger (Finanzen/Anlage)
Ulrich Pfaffenberger (Corporate Publishing)
Gerhard Weisse (Berlin)
Klaus G. Wertel (Baden-Württemberg)
Verlags- und Anzeigenleitung:
Anne-Marie Kwak (verantwortl.)
Mediaberatung:
Alexander Michl
(alexander.michl@wirtschaftskurier.de)
Telefon: (0 89) 63 89 81-77
Alexandra Nohe
(alexandra.nohe@wirtschaftskurier.de)
Telefon: (0 89) 63 89 81-54
Sitz des Verlages:
Curt-Frenzel-Str. 2, 86167 Augsburg
Geschäftsführer: Dipl.-Kfm. Andres Santiago
Ein Unternehmen der
Mediengruppe Pressedruck, Augsburg
www.mediengruppe-pd.com
Vertrieb: VU Verlagsunion KG, Walluf
Telefon: (06123) 620-0
Namentlich gekennzeichnete Gastbeiträge stellen nicht
unbedingt die Meinung der Redaktion dar. Für unverlangt
eingesandte Manuskripte und Rezensionsexemplare besteht
kein Anspruch auf Rücksendung. Die mit (x) oder p. r.
gekennzeichneten Artikel erscheinen im Auftrag
der betreffenden Firmen.
Anzeigen gemäß Preisliste Nr. 27
Bundespräsidentenwahl | Die Bewerber um das höchste Amt befassen sich mit den Ursachen und möglichen Folgen der Wirtschaftskrise
S
elten zuvor dürfte die Wahl des neuen
Bundespräsidenten mit solcher Spannung erwartet werden wie in diesem
Mai, denn schließlich gab es kaum eine
„richtige“ Wahl, weil die Mehrheitsverhältnisse der Bundesversammlung, die den
Bundespräsidenten für fünf Jahre wählt,
meist recht eindeutig waren. Bisher wurden allerdings alle Bundespräsidenten, die
eine zweite Amtszeit anpeilten, auch wieder gewählt, wie Richard von Weizsäcker,
Heinrich Lübke und Theodor Heuss. Jetzt
aber hat sich mit Gesine Schwan eine –
schon geübte – Herausforderin gegen den
amtierenden Bundespräsidenten Horst
Köhler gestellt und hat – zumindest theoretisch – die Chance, auch tatsächlich in
das Berliner Schloss Bellevue einzuziehen.
Die Wahl des Bundespräsidenten spielt
zwar parteipolitisch keine wesentliche Rolle, gilt das Amt doch als überparteilich,
aber es kann vom neuen Amtsträger doch
eine gewisse „Sogwirkung“ für die Regierungsbildung ausgehen. So folgte auf den
Amtsantritt des SPD-Mannes (und ehemaligen CDU-Mitgliedes) Gustav Heinemann
1969 – noch unter der (ersten) Großen Koalition – schon im gleichen Jahr die erste
SPD/FDP-Regierung unter Willy Brandt
und Walter Scheel. Im Übrigen war Gustav
Heinemann damals nicht mit absoluter
Mehrheit ins Amt gewählt worden.
Im Wahljahr 2009 unterstützen CDU,
CSU und FDP Horst Köhler, die SPD Gesine Schwan, die Grünen stehen eher auf der
Seite von Schwan und die Linke hat mit
dem Schauspieler Peter Sodann eine eigenwillige Form der Bundespräsidentschaftsbewerbung eingeschlagen. Bei der
Wahl 2004 erhielt Gesine Schwan, die auch
damals gegen Horst Köhler, respektable
589 Stimmen, Köhler selbst 604. Derzeit
verfügen CDU/CSU und FDP über 606
Stimmen der Bundesversammlung, die absolute Mehrheit liegt aber bei 613.
Auch wenn der Bundespräsident keine
direkte politische Macht ausübt, so kann
von ihm doch eine bestimmte Wirkung
ausgehen, die aus einer Mischung von Persönlichkeit und Amt bestimmt wird. Nicht
zuletzt durch die von Roman Herzog eingeführte „Berliner Rede“ erreicht ein Bundespräsident breite Schichten der Bevölkerung. Gerade Köhler übte öfter Zurückhaltung beim Unterschreiben von zu
schlampig verfassten Gesetzesvorlagen der
Großen Koalition, was ihm von den Parteisoldaten teilweise harsche Kritik einbrachte.
Wie schätzen nun der amtierende Bundespräsident und die umtriebige Kandidatin die derzeitige wirtschaftliche Situation
ein und welche wirtschaftspolitischen Einstellungen vertreten sie? Während Gesine
Schwan durch ihre jüngsten Bemerkungen
auf die möglichen Folgen der Krise in weiten Teilen der Parteien auf Ablehnung, bei
einigen wenigen wie Christian Wulff aber
auch auf Verständnis, stieß, machte Köhler
vor allem in seiner letzten „Berliner Rede“
vom 23. März 2009 seinem Unmut über
die Verhältnisse und deren Verursacher
Luft. Hier sprach Köhler etwa davon, dass
auch „angesehene deutsche Bankinstitute
beim Umgang mit Risiko zunehmend
Durchblick und Weitsicht verloren“ hätten.
Köhler vermisste bei den Handelnden Anstand und Verantwortung. „Bis heute warten wir auf eine angemessene Selbstkritik
der Verantwortlichen. Von einer angemessenen Selbstbeteiligung für den angerichteten Schaden ganz zu schweigen“, so
Köhler wörtlich.
Bei der Eröffnung der Hannover Messe
mahnte Köhler eine weltweite Zusammenarbeit als „unentbehrliche, unverzichtbare
Voraussetzung für die Überwindung der
Krise“ an. Wieder auch sprach Köhler von
einem „ökologischen Umbau der Weltwirtschaft“, für die es vor allem Innovation und
Qualität bedürfe, beides Markenzeichen
für Deutschland. Notwendig sei in diesen
Zeiten der Krise und des Paradigmenwandels eine verstärkte Zusammenarbeit von
Wirtschaft und Wissenschaft. Bei allem Anspruch, die Wirtschaft solle sich weiterentwickeln und sich mit den Zukunftsthemen
Effizienz und regenerative Energien befassen, legte Köhler ein eindeutiges Bekenntnis zur sozialen Marktwirtschaft ab, die als
ein Modell für die Welt verstanden wissen
will.
Gesine Schwan forschte in ihren „Überlegungen zur gegenwärtigen Krise“ nach
den Ursachen der Krise, die sie tiefer als
nur auf die Finanzmärkte und die Wirtschaft bezogen sehen will. Es handle sich
im Kern vielmehr um eine „Kulturkrise“,
weil (nicht nur) in Deutschland über viele
Jahre hinweg eine „Kultur der entfesselten
Konkurrenz und der daraus folgenden Verantwortungslosigkeit“ geherrscht habe.
„Marktradikalität, Deregulierung und Entstaatlichung, das wissen wir heute, sind
nur andere Worte für eine unverantwortliche Laissez-faire-Politik. Deren Folgen bekommen wir nun eindringlich vorgeführt“,
so Schwan. Die Kandidatin merkte an, dass
die Krise nur dann wirklich bekämpft werden könne, wenn Klarheit über die tieferen
Ursachen herschte und nicht ausschließlich das Fehlverhalten einzelner Akteure
betrachtet würde. Letzen Endes forderte
Schwan, nicht mehr auf eine „Ethik der
Leistung“ – auch in der Bildung – zu setzen, sondern auf das Solidaritätsprinzip.
Im Prinzip können die „Wähler“ der
Bundesversammlung, die ja vor allem ihrem Parteibuch und weniger Herz
und/oder Verstand gehorchen sollen, zwischen einem optimistischen Kritiker der
gegenwärtigen Situation mit vor allem
technischen Lösungen und einer hoffnungsvollen Kritikerin mit weitestgehend
kulturellen und gesellschaftlichen Lösungen wählen. Eines ist tröstlich: Egal ob
Kandidatin oder Amtsinhaber – Deutschland verfügt über zwei würdige Verteter für
das künftige Staatsoberhaupt.
uk
Erscheinungsweise: 11x pro Jahr. In jedem
Quartal liegt dem WirtschaftsKurier ein
„WK-Journal“ bei. Bezugszeit jährlich.
Bezugspreis 19 Euro (inkl. MwSt.
und Inlands-Zustellgebühr).
Bankverbindung:
Dresdner Bank AG Augsburg (BLZ 720 800 01)
Konto-Nr. 0110040300
Druck: Frankfurter Societäts-Druckerei GmbH
Frankenallee 71–81
60327 Frankfurt am Main
Diese Ausgabe beinhaltet eine Beilage
des Zielgruppen-Medien Verlags und
der Nürnberger Versicherungsgruppe.
Abo-Service (von 9.00 bis 16.00 Uhr):
Telefon: (0180) 36 84 39 16 20
(9 ct. pro Minute aus dem dt. Festnetz)
leserservice@wirtschaftskurier.de
Nicht weit von der Spree mit schönem Ausblick darauf (daher der Name) liegt Schloss Bellevue, der Amtssitz des Bundespräsidenten. Drei Kandidaten würden gerne einziehen beziehungsweise bleiben: Dr. Horst Köhler, Prof. Dr. Gesine Schwan – und Peter Sodann.
Foto: Wikipedia/S. Czuratis
AKTUELLES THEMA
MAI 2009
WirtschaftsKurier
3
Aufstieg zur wirtschaftlichen Großmacht
60 Jahre Bundesrepublik Deutschland | Bewahrung der sozialen Marktwirtschaft und Verankerung in den westlichen Strukturen
VON DIETER W. HEUMANN
D
ie Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“ Die Väter des Grundgesetzes
der Bundesrepublik Deutschland, allen
voran Carlo Schmid, wussten aus eigener
Erfahrung, warum sie diesen Satz, nach
den Jahren der NS-Diktatur mit Terror und
Verfolgung Andersdenkender und nach
dem – von den Deutschen ausgelösten –
Zweiten Weltkrieg, an den Anfang der neuen Verfassung für die Bundesrepublik
Deutschland geschrieben haben. Das
Grundgesetz trat vor nunmehr 60 Jahren –
am 23. Mai 1949 – in Kraft. Dem Parlamentarischen Rat oblag auf deutscher Seite die
Ausarbeitung des Grundgesetzes. Sein Präsident Konrad Adenauer trat ans Mikrofon
und verkündete: „Für uns Deutsche ist es
der erste frohe Tag seit dem Jahr 1933.“
Über die Grundzüge der neuen Verfassung war sich der Parlamentarische Rat
schnell einig: Vor allem sollten Strukturmerkmale der Weimarer Verfassung vermieden werden, die den Untergang der
ersten deutschen Demokratie mit verursacht beziehungsweise begünstigt hatten.
So wurden die Rechte des Staatsoberhaupts deutlich beschnitten und seine Befugnisse auf die Rolle eines „Staatsnotars“
reduziert. Ferner sollte es nicht direkt vom
Volk gewählt werden, sondern durch eine
Bundesversammlung. Allein der Bundestag sollte den Willen des Volkes repräsentieren.
Gestärkt gegenüber Weimar wurden die
Rechte der Regierung. Zwar sollte der
Kanzler vom Bundespräsidenten vorgeschlagen, aber vom Parlament gewählt
werden. Damit bestimmten die Abgeordneten den Kanzler und die Regierung ging
aus dem Parlament hervor. Hinsichtlich
der Rolle und des Gewichts der Länder in
Angelegenheiten der Bundespolitik einigte
man sich schließlich auf einen Bundesrat
als zweite Kammer. Diesem wurde vor allem in Sachen Steuererhebung und Steuerverteilung ein Mitspracherecht an der Gesetzgebung des Bundes eingeräumt.
Mit dem Grundgesetz hatte der Parlamentarische Rat eine wichtige Voraussetzung für die politische Stabilität des neuen
Staates geschaffen. Allerdings blieben zunächst gewisse alliierte Vorbehaltsrechte.
So bestimmten die West-Mächte nicht nur
über die Souveränität, über die Außen- sowie Außenhandelspolitik und garantierten
die Sicherheit – sie übten auch eine generelle Kontrolle über die Politik der neuen
Republik aus. Bis 1955 wurden die meisten
der Vorbehalte abgebaut.
Welche Stadt sollte die
neue Hauptstadt werden?
Nicht nur die Verfassung sollte zum Ausdruck bringen, dass in der Bundesrepublik
Deutschland nur ein Provisorium zu sehen
sei, sondern auch die Wahl der Bundeshauptstadt. Berlin kam angesichts der politischen Lage nicht infrage, zur Wahl stan-
den Frankfurt am Main und Bonn. Die
kleine, idyllische rheinische Universitätsstadt schien den Gründungsvätern als
Bundeshauptstadt besser geeignet als die
wesentlich größere Mainmetropole, wo
1848 die Nationalversammlung tagte und
die Verfassung des deutschen Reichs aus
der Taufe gehoben wurde. Der Mann, der
Bonn mit knapper Mehrheit durchgesetzt
hatte, war der Politiker Konrad Adenauer.
Die neue deutsche Hauptstadt müsse „unter Rebenhügeln liegen, nicht zwischen
Kartoffeläckern“, so der Rheinländer. Aber
Adenauers Art war es nie, all seine Gedanken auszusprechen und so mutmaßte Golo
Mann, je näher die neue Hauptstadt an
Frankreich und je weiter sie im Westen lag,
desto lieber sei es Adenauer wohl gewesen. Adenauer, der im Dritten Reich seines
Amtes als Kölner Oberbürgermeister enthoben war, die Gefängnisse der Nazis
kannte und den Hohn seiner Mitbürger zu
spüren bekam, sollte die deutsche Nachkriegsgeschichte jedoch noch viel schärfer
prägen. In einer Rede in Luxemburg 1947
bekannte er: „Während der Jahre des Nationalsozialismus verhielt sich das deutsche Volk so, dass ich es verachtete. Aber
seit 1945 habe ich wieder gelernt, mein
Volk zu achten.“ Der 73-jährige Christ-
demokrat wurde am 15. September 1949
zum ersten Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland gewählt, mit nur
einer Stimme Mehrheit, die er sich selbst
gab, wie er später bestätigte.
Adenauer bestimmte insgesamt über
fast vier Legislaturperioden – von 1949 bis
1963 – die Richtlinien deutscher Politik. Er
unterstützte die soziale Marktwirtschaft
Konrad Adenauer, Bundeskanzler von
1949 bis 1963.
Foto: Bundesarchiv
Helmut Schmidt, Bundeskanzler von
1974 bis 1982.
Foto: Wikipedia
Franz Josef Strauß, Verteidigungsminister (1956 – 1962). Foto: Getty Images
seines Wirtschaftsministers Ludwig Erhard.
Außenpolitisch setzte er sich vor allem für
die Verständigung der beiden Erzfeinde
Deutschland und Frankreich ein, die er als
Kern einer politischen Einigung Europas
sah. Darüber hinaus strebte die Bundesrepublik unter ihm eine enge Zusammenarbeit mit den USA und die Eingliederung
der Bundesrepublik in das westliche Bündnissystem an. Deshalb beließ Adenauer
die „Stalin-Note“ von 1952 unbeantwortet.
Darin bot der sowjetische Staatschef eine
Wiederververeinigung Deutschlands an –
unter der Bedingung der Neutralität des
Landes. „Ohne das Vertrauen, das Adenauer der Bundesrepublik in der westlichen
Welt erwarb, ohne die Entspanntheit der
Atmosphäre, zu der er wesentlich beitrug,
hätte der deutsche Export nie die beispiellosen Höhen erreichen können, die er seit
1950 erreichte“, ist Golo Mann überzeugt.
Entscheidend für die Erfolge deutscher
Außenwirtschaftspolitik und für die Integration der Bundesrepublik in die Weltwirtschaft waren aber auch die Einführung
der sozialen Marktwirtschaft und die Bedingungen, die der erste Wirtschaftsminister Ludwig Erhard mit seiner konsequenten Liberalisierung des Binnen- und Außenhandels im Rahmen der Wirtschaftord-
nung geschaffen hatte, die auf privatwirtschaftliche und unternehmerische Freiheit
setzte. Allerdings kam auch dem Staat eine
zentrale Rolle zu: Er hatte die Funktionsfähigkeit der Wirtschaftsordnung zu sichern.
So sollten individuelles Profitstreben, gesellschaftspolitisches Verantwortungsbewusstsein sowie soziale Gerechtigkeit zur
Deckung gebracht werden. Gerade heute,
in der schärfsten Finanzkrise seit 1929,
wäre die Frage wichtig: Hat auch der Staat
den ihm zukommenden Part gespielt und
rechtzeitig für die notwendigen Rahmenbedingungen gesorgt, um überzogene Profitgier zu unterbinden?
1963 löste der populäre Erhard den mittlerweile 85-jährigen Adenauer ab. Ablauf
und Hintergrund der „Spiegel“-Affäre, in
deren Mittelpunkt der damalige Verteidigungsminister Franz Josef Strauß stand,
führten zu einem innenpolitischen Erdbeben. Das gab den Anlass zum Rücktritt.
So groß die Verdienste Erhards in der Wirtschaftspolitik waren, so wenig Fortune hatte er als Kanzler. Ihm gelang es nicht, die
deutsche Außenpolitik den veränderten internationalen Rahmenbedingungen – erste Entspannungsbemühungen der Supermächte – anzupassen. Probleme gab es zudem bei Kohle und Stahl. Die erste Rezession mit Absatzproblemen und steigender
Arbeitslosigkeit zog auf. Als Erhard das
Haushaltsdefizit 1967 durch Steuererhöhungen schließen wollte, traten die FDPMinister aus der Regierung aus. Ende November 1966 trat Erhard zurück.
Unter dem Christdemokraten Kurt Georg Kiesinger kam es zur Großen Koalition
mit den Sozialdemokraten. Willy Brandt
von der SPD wurde Außenminister. Der
Historiker Arnulf Baring bezeichnet die
erste Große Koalition als „die wahrscheinlich tüchtigste Regierung, die wir je hatten.
Erste Erfolge der
sozialen Marktwirtschaft
Erst nach langen „Geburtswehen“ zeitigte
die neue Wirtschaftsordnung erste Erfolge, die sich in der Versorgung und im Einkommen der Menschen widerspiegelten.
Sie brachte die soziale Integration der Bevölkerung voran und sorgte für die Stabilisierung des politischen Systems. Zum Erfolg und der zunehmenden Akzeptanz der
sozialen Marktwirtschaft trug wesentlich
bei, dass neben den Unternehmen auch
die Gewerkschaften ihren Platz in der neuen Wirtschaftsordnung fanden.
D
Fortsetzung auf Seite 4
ie Deutsche Vermögensberatung ist die
weltweite Nr.1 der eigenständigen Finanzvertriebe und der Spezialist in Sachen
Riester-Rente. 4 Millionen Bundesbürger haben
bereits einen persönlichen Vermögensberater der
Deutschen Vermögensberatung!
Über einer Millionen Bürgern haben wir bereits
eine Riester-Rente vermittelt.
Nutzen auch Sie unsere erfolgreiche Beratung und
sichern Sie sich die staatliche Förderung.
Riester-Sparer sehen mehr vom Geld
www.dvag.com
AKTUELLES THEMA/MEINUNG
4 WirtschaftsKurier
Fortsetzung von Seite 3
Sie war eine echte Reformkoalition, die viele notwendige Verfassungsänderungen auf
den Weg brachte und, bis auf die Wahlrechtsreform, nahezu alle verwirklichte.“
Ziemlich rasch gelang auch die Überwindung der Rezession mithilfe einer aktiven
Konjunkturpolitik.
„Weniger positiv“ sieht Baring die zweite
Phase bundesdeutscher Geschichte von
1969 bis 1989. Nach den Bundestagswahlen im September 1969 koalierten SPD und
FDP. Die Annäherung wurde möglich, da
sich die FDP von einer bürgerlich-mittelständischen Partei auf ein linksliberales
reformerisch ausgerichtetes Profil hinbewegte. Die SPD wandelte sich – seit ihrem
Godesberger Programm 1959 –, wenn auch
zögerlich, von einer reinen Arbeiterpartei
zur Volkspartei. Willy Brandt, SPD-Parteivorsitzender und früherer Regierender
Bürgermeister Berlins, bestimmte jetzt die
Richtlinien der Politik und wollte „mehr
Demokratie wagen“. Die kritische junge
Generation sollte mehr Mitverantwortung
übernehmen und die politischen Partizipationsmöglichkeiten der Wähler verbessert werden. Mehr Chancengleichheit war
das Motto für die Bildung. Und in der
Rechtspolitik knüpfte die neue Regierung
an die Vorhaben der Großen Koalition an.
Die SPD/FDP-Koalition profitierte zunächst vom wirtschaftlichen Aufschwung.
Allerdings erwies sich die Hoffnung auf
volle Kassen zur Finanzierung der zahlreichen Reformen als Trugschluss. Bereits ein
Jahr nach Antritt der Regierung Brandt trat
Finanzminister Alex Möller angesichts großer Deckungslücken im Haushalt zurück.
Nur 14 Monate später folgte Superminister
Karl Schiller. Die Ansprüche seiner Kabinettskollegen schienen unzähmbar. Die
Rentenreform führte 1972 zu einer Leistungsexpansion und die Gewerkschaften
setzten – auch im öffentlichen Dienst – erhebliche Lohnforderungen durch. Ein umfassender Ansatz zur Modernisierung der
Gesellschaft misslang mangels finanzieller
Masse.
Erfolgreicher war dagegen die Außenpolitik. Nach Marie-Luise Recker, Professorin für Neuere Deutsche Geschichte, lockerten der Bau der Berliner Mauer und
die Kubakrise die Fronten im Ost-WestKonflikt. Dies eröffnete Chancen für die
deutsche Außenpolitik, das Verhältnis zu
den Nachbarn im Osten zu entkrampfen
und die durch den Zweiten Weltkrieg gezogenen Grenzen anzuerkennen sowie die
deutsch-deutschen Beziehungen neu zu
gestalten. Allerdings standen die geplanten Verhandlungen unter dem Vorbehalt
der Vier-Mächte-Verantwortung, was der
Gegenseite missfiel.
Als Scharnier für den außenpolitischen
Neuansatz erwies sich nach Recker das
Berlin-Abkommen. Konkret ging es darum,
die Zuordnung Westberlins zum Bund festzuschreiben, den Zugang von der Bundesrepublik nach Westberlin zu sichern und
Regelungen für den Zutritt der Westberliner nach Ostberlin und in die übrige DDR
zu finden. 1971 kam es schließlich zu einer
Einigung. Allerdings wurde Westberlin
nicht Bestandteil der Bundesrepublik. An-
MAI 2009
Nach heißen Diskussionen im Bundesrat
und Bundestag wurden die Verträge
schließlich mit einer Mehrheit von SPD
und FDP ratifiziert. Vorausgegangen war
im Bundestag der Versuch der Union, die
Regierung über ein konstruktives Misstrauensvotum zu stürzen – vergeblich. Der im
November 1972 stattfindende Wahlkampf
anstaltet und 1979 das Europäische Währungssystem aus der Taufe gehoben, dadurch stärkten Frankreich und Deutschland ihre Vorreiterrolle in Europa.
Zur harten Konfrontation kam es mit der
Terrorgruppe RAF, die sich aus der APO
entwickelt hatte und mit brutalster Gewalt
ihre gesellschaftspolitischen Ziele zu erreichen suchte. Nach dem Selbstmord führender RAF-Häftlinge 1977 flaute die Bedrohung durch den Terrorismus ab.
Zu Besorgnis führte in Westeuropa die
Stationierung weit reichender russischer
SS-20-Raketen. Schmidt trat für eine Nachrüstung der Nato ein. Nach dem NatoDoppelbeschluss, der schon für heftige
Kritik gesorgt hatte, befürchtete die Öffentlichkeit bis tief in die SPD hinein ein
Wettrüsten. Die Entfremdung zwischen
Schmidt und großen Teilen der Partei
terrolle sowie beim Stellenwert der Familie,
in neuen Lebensstilen, Verhaltensweisen
und Wertorientierungen. Die gesellschaftlichen Veränderungen der 70er- und 80erJahre führten zu neuen sozialen Bewegungen. Umwelt- und Friedensbewegungen
hatten starken Zulauf, besonders aber die
Atomkraftgegner. Der ökologische und pazifistische Protest formierte sich zunehmend parteilich. Den Grünen gelang der
Aufstieg ins bundespolitische Establishment. Mittlerweile peilen sie Platz drei in
der Parteienhierarchie an.
Besondere Beachtung fand die zunehmende Globalisierung, was sich auch in
kräftigeren Exportsteigerungen niederschlug. Das bundesdeutsche Wachstum
stieg in den Jahren 1982 bis 1990 von 1,1 %
auf 4,5 %. Indes verharrte die Arbeitslosigkeit hartnäckig auf über 2 Mio. In der Au-
nur als Teil eines europäischen Umbruchs
möglich, der die Vorherrschaft der Sowjetunion in Mittel- und Osteuropa beendete
und zu Demokratie, Freiheit und marktwirtschaftlicher Grundordnung in ganz
Europa führte. Die Anpassung der politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse an westliche Gegebenheiten dauerte indes wesentlich länger als
ursprünglich angenommen und ist auch
heute noch nicht erfolgreich abgeschlossen. Noch ist die Produktivität im Osten
niedriger als im Westen. Die Arbeitsmöglichkeiten sind begrenzt und die Arbeitslosigkeit ist entsprechend hoch.
Die Lasten der Wiedervereinigung haben
die Bundesrepublik vor allem finanziell
deutlich mehr gefordert als ursprünglich
angenommen, dem stand allerdings – gerade in den ersten Jahren – ein großer
Willy Brandt, Bundeskanzler von 1969
bis 1974. Foto: Sahm Doherty/Getty Images
Helmut Kohl, Bundeskanzler von 1982
bis 1998.
Foto: Bundesarchiv
Gerhard Schröder, Bundeskanzler von
1998 bis 2005.
Foto: Nigel Trebin/ddp
Angela Merkel, seit 2005 Bundeskanzlerin.
Foto: Wikipedia
stand im Zeichen der Ost-Verträge und
führte zu kräftigen Stimmengewinnen für
die Koalitionsparteien. Dennoch schied
Brandt Anfang Mai 1974 aus dem Amt,
nachdem einer seiner engsten Mitarbeiter
als Ost-Spion enttarnt worden war.
Der Sozialdemokrat Helmut Schmidt
übernahm die Führung der Koalition mit
der FDP. Die Amtsperiode Schmidt war von
Krisen geprägt. Zwar war die Bundesrepublik mittlerweile von herausragender
Bedeutung im Welthandel, bekam aber
nun die weltwirtschaftlichen Stürme heftig
zu spüren und geriet in eine tiefe Rezession. Die Verfügbarkeit verlässlicher Energiequellen wurde in den beiden Nahostkriegen und 1978/79 infrage gestellt. Der
Ölpreis explodierte. Die Belastungen der
USA durch den Vietnamkrieg führten zu
hohen amerikanischen Zahlungsbilanzdefiziten. Die Folge war der Zusammenbruch der auf dem Goldstandard fußenden Weltwährungsordnung. Im März 1973
lösten die Bundesrepublik und fünf weitere europäische Länder ihre Währungen
von der Dollar-Leitwährung. Die zweite Ölkrise belastete die Wirtschaft schwer und
wurde mit staatlichen Sonderprogrammen
bekämpft. Der Sozialpolitik wurden nach
wohlfahrtsstaatlicher Expansion deutliche
Zügel angelegt.
Auch Schmidt kooperierte eng mit den
Franzosen. In Absprache mit dem französischen Staatspräsidenten Giscard d’Estaing
wurden der erste Weltwirtschaftgipfel ver-
wuchs. Dadurch wurden Verlässlichkeit
und Regierungsfähigkeit vom Koalitionspartner bezweifelt. Unter dem Vorwand,
die Wirtschafts- und Finanzpolitik nicht
länger mittragen zu können, verließ die
FDP das Regierungsbündnis. Am 1. Oktober 1982 kam es zum Misstrauensvotum
gegen Schmidt.
Der CDU-Vorsitzende Helmut Kohl wurde neuer Kanzler einer CDU/CSU/FDPKoalition. Längst vorbei waren die Jahre
starken Wirtschaftswachstums, großer Einkommenszuwächse und Vollbeschäftigung. In der Bundesrepublik hatte sich
hartnäckige Arbeitslosigkeit ausgebreitet.
Grund war der Strukturwandel, der bereits
in den frühen 60er-Jahren mit dem Niedergang traditioneller Industrien wie Kohle, Eisen Stahl und Textil eingesetzt hatte.
Rationalisierung und Automation gewannen an Bedeutung. Der Dienstleistungssektor expandierte, doch der Sockel der Arbeitslosigkeit wuchs ständig.
Nach Recker versuchten sowohl Schmidt
als auch Kohl unverhältnismäßige Kürzungen der Sozialleistungen abzubremsen, um
die politische und gesellschaftliche Stabilität des Landes zu stärken. Finanziell
bedeutete dies eine Hypothek auf die Zukunft. Die Gewichtsverlagerung auf den
Dienstleistungssektor in den 70er- und
80er-Jahren veränderte die Gesellschaftsstruktur nachhaltig. Nach Recker zeigte
sich dies im Verhältnis von Arbeit und Freizeit, in der Neudefinition der Geschlech-
ßen- und Deutschland-Politik hielt sich die
Regierung an die getroffenen Abmachungen ihrer Vorgänger, stimmte aber 1983 der
Stationierung neuer Waffensysteme zu,
was das Verhältnis zum Bündnispartner
USA deutlich verbesserte. Daneben setzte
Kohl auf Fortschritte in der europäischen
Integration. Höhepunkt in der Kohl-Ära
war aber zweifellos die Wiedervereinigung.
Trotz des Anscheins politischer und gesellschaftlicher Stabilität, die nach Recker der
vorherrschende Eindruck aus westlicher
Sicht war, brach die DDR im Herbst 1989
binnen weniger Wochen zusammen.
Nachholbedarf in Ostdeutschland gegenüber. Für Baring war mit der Wende auch
ein politischer Linksrutsch in Deutschland
verbunden. Für ihn brach die Phase drei
an, geprägt von hoher Staatsverschuldung,
den Problemen einer Parallelgesellschaft
als Ergebnis fehlgeschlagener Migrationspolitik und der Entwicklung zum „Land der
Alten“.
Die erste gesamtdeutsche Wahl im
Dezember 1990 trug Kohl, als „Kanzler
der Einheit“, einen glanzvollen Sieg ein.
Dennoch verblasste sein Stern im Verlauf der Legislaturperiode zusehends. Die
Kosten der Einheit, die weitgehend den
Sozialkassen aufgebürdet wurden, erzeugten Argwohn. Reformvorschläge zugunsten
des Standorts Deutschlands wirkten wenig
überzeugend und trafen auf heftigste Kritik von Gewerkschaften und Opposition.
16 Jahre Kanzlerschaft schienen genug und
entwanden der Union in der Bundestagswahl 1998 die Macht.
Mit Gerhard Schröder als neuem SPDKanzler und Außenminister Joschka Fischer von den Grünen kam es zum Generationswechsel. Die 68er-Protestbewegung
war in der Bundesregierung angekommen.
Zunächst zog die neue europäische Währung alle Aufmerksamkeit auf sich. Der
Euro löste am 1. Januar 1999 – nach langen
Vorbereitungen in der Ära Kohl – schließlich die von den Deutschen heiß geliebte
D-Mark auch als Bargeldzahlungsmittel ab.
Bevor die Regierung Schröder dann drin-
dererseits konnte die DDR die völkerrechtliche Anerkennung durch die Bundesrepublik nicht durchsetzen, doch bestätigte
ihr Bonn Staatscharakter und staatsrechtliche Souveränität. Zudem eröffnete der
Grundlagenvertrag den Weg zur völkerrechtlichen Anerkennung der DDR durch
die westlichen Staaten. Im September wurden die DDR und die Bundesrepublik Mitglied der Vereinigten Nationen.
Misstrauensvotum scheitert
Der Westen wird von der
Entwicklung überrascht
Auch der Westen war auf diese plötzliche
Entwicklung nicht vorbereitet. Immer lauter wurden die Forderungen nach einer
Vereinigung, für die sich die Bundesregierung schließlich einsetzte. Das Ergebnis
der ersten freien Wahlen in der DDR bestätigte die Forderung nach Vereinigung.
Der neue Ministerpräsident Lothar de
Maizière von der der CDU nahestehenden
„Allianz für Deutschland“ nahm sofort mit
Bonn Verhandlungen, insbesondere über
eine Wirtschafts- und Währungsunion, auf.
Besonders tangiert waren die vier Siegermächte. Am 3. Oktober 1990 feierten Hunderttausende die deutsche Einheit zwischen Reichstag und Brandenburger Tor in
Berlin.
Die Vereinigung Deutschlands wurde
gend benötigte Reformen angepackte, kam
es zunächst zu kräftigem Streit um die
Richtung in der Sozial- und Finanzpolitik.
Der unter anderem nachfragepolitisch
ausgerichtete, zu Währungsdirigismus neigende Finanzminister Oskar Lafontaine
verließ im März 1999 das Kabinett.
Blick auf die nächsten Wahlen
Eine Steuerreform reduzierte sodann die
Last der Bürger. Das Rentensystem wurde
neu strukturiert. Reformen – insbesondere
grüner Handschrift – gab es unter anderem
in der Asyl- und Zuwanderungs- sowie der
Energie- und Umweltpolitik. Schwieriger
gestaltete sich die Außenpolitik. Erstmals
wurden wieder deutsche Soldaten – im
Rahmen der Nato – zu Kriegseinsätzen geschickt, zunächst ins Kosovo und später
ins ferne Afghanistan. Die Einsätze sind bis
heute umstritten. Nur ein Nein zur Teilnahme am Irakkrieg rettete die rot-grüne
Regierung für weitere vier Jahre.
Für heftige Unruhen in der SPD, aber
auch in Teilen der Bevölkerung sorgten die
Arbeitsmarktreformen und Einschnitte ins
soziale Netz im Rahmen der „Agenda
2010“. Die SPD erlitt in den Landtagswahlen heftige Verluste. Schröder verlor in der
SPD dramatisch an Rückhalt. Sein politischer Spielraum engte sich erheblich ein.
Die nächste Bundestagswahl ging – auch
durch eine erstarkte Linke, die viele traditionelle linke SPD-Wähler für sich begeistern konnte – verloren und Schröder von
Bord.
Angela Merkel formierte die zweite Große Koalition in der Geschichte der Bundesrepublik. Ihre Politik griff die „Agenda
2010“ auf und führte sie zunächst fort und
ergänzte sie um Reformen in der Familien-, Gesundheitspolitik sowie der inneren
Sicherheit. Bis zur Finanz- und Wirtschaftskrise gelang es, die Neuverschuldung deutlich zurückzuführen. Zunächst
schien es, als könne die Regierung Merkel
an die Erfolge der ersten Großen Koalition
unter Kiesinger anschließen. Doch nach
der Halbzeit der Legislaturperiode lähmten
vermehrte Blicke auf die nächste Bundestagswahl den Arbeitseifer und sorgten zunehmend für Koalitionszwist. Auf internationaler Ebene punktete die Kanzlerin dagegen durch brillantes Auftreten und bei
der Bevölkerung eher durch die Ablehnung
eines stärkeren Kampfeinsatzes in Afghanistan.
In den 60 Jahren hat sich die Bundesrepublik stark verändert. Sie ist zur wirtschaftlichen Großmacht in der Welt aufgestiegen und gilt als einer der großen
Profiteure der Globalisierung. Dazu beigetragen hat, dass sich alle Bundesregierungen seit 1990, egal welcher Couleur, bemüht haben, Antworten auf die
Globalisierung zu finden. Nach der Wiedervereinigung ist auch der politische
Einfluss gewachsen – bleibt aber weit
hinter der weltweiten wirtschaftlichen
Geltung zurück. Zwar hat sich das Wohlstandswachstum im Laufe der Zeit verlangsamt, doch die Belastungen durch
die Vereinigung wirken nach. Bewahrt
wurde in den 60 Jahren im Prinzip die
soziale Marktwirtschaft und die Bundesrepublik blieb dem Westen und seinen
Organisationen eng verbunden.
Der Konsument ist der Schlüssel
Wege aus der Weltwirtschaftskrise | Mit Beihilfen und Gutschriften müsste die Kauflaune angekurbelt werden
VON ECKART LANGEN V. D. GOLTZ*
D
ie Weltwirtschaft steckt in der
größten Krise der Nachkriegsgeschichte. Alle Konjunkturprogramme von Regierungen und Notenbanken
greifen bislang zu kurz. Sie versprechen
keinen Durchbruch bei der Lösung unserer
drängenden Wirtschafts- und Finanzprobleme. Man muss sich die Weltwirtschaft
wie ein Unternehmen vorstellen, das hoffnungslos überschuldet ist: Ein solches Unternehmen hat nur drei Möglichkeiten zu
überleben: schnell und stark zu wachsen,
die Preise zu erhöhen oder Konkurs anzumelden und alle Angestellten zu entlassen.
Auf die Weltwirtschaft übertragen bedeutet
dies: Wachstum schaffen, inflationieren
oder bankrottgehen.
Was führt aus der heutigen Weltwirtschaftskrise? Keiner will die eigentlichen
Ursachen der heutigen Finanzkrise wahrhaben. Auch wenn man die Banken rettet,
die Schwierigkeiten bleiben. Solange die
Kunden der Banken, die Verbraucher und
Firmen, selbst in finanziellen Schwierigkeiten stecken, kann das Kreditgeschäft
nicht wiederbelebt werden. Wie die Geschichte zeigt, leihen die Banken erst dann
Geld, wenn es den Konsumenten und den
Firmen wieder besser geht.
Der Dreh- und Angelpunkt aller Ansätze
zur Belebung der Weltkonjunktur ist und
bleibt zuallererst der Konsument, auch
wenn das bislang nur wenige begriffen haben. In den USA hat der Konsum einen
Anteil von 70 % am Bruttosozialprodukt, in
Europa sind es ca. 60 %. Leider sind die
Konsumenten vor allem in den USA, aber
auch in weiten Teilen Europas (zum Beispiel Großbritannien oder Spanien) ebenfalls hoch verschuldet. In der Vergangenheit konnten durch massive Zinssenkun-
gen immer wieder neue Börsen- oder Immobilienhaussen angefacht werden, welche die Konsumbereitschaft der Verbraucher positiv beeinflussten. Doch auch dieser Effekt fällt im jetzigen Abschwung aus.
In einer Situation, die für die meisten Menschen von Ängsten um den Arbeitsplatz
und hoher Unsicherheit über die wirtschaftliche Zukunft geprägt ist, muss zunächst die Zahlungsfähigkeit wiederhergestellt werden. Konjunkturprogramme und
Investitionen sind zwar sehr wichtig, aber
die Initialzündung kann nur vom Konsumenten kommen.
Schließlich investiert kein Unternehmer,
wenn sein Absatz stockt und seine Fabrik
nicht ausgelastet ist. Erst wenn alle Hilfsmaßnahmen wieder einmal gescheitert
sind – wie bis heute in Japan –, wird man
erkennen, dass zuerst der Konsument wiederbelebt werden muss. Die USA haben
das bereits 2008 mit Steuergutschriften von
1 000 US-Dollar pro US-Bürger versucht.
Das Ergebnis war höchst unbefriedigend,
weil Entlastungen aus Steuersenkungen
und Steuerschecks aus Angst vor der augenblicklichen Krise zum Großteil gespart
werden. China zeigt als Erster, wie man
die Kauflaune der Konsumenten mit Beihilfen und Gutscheinen tatsächlich wiederherstellen kann. Peking verteilt aktuell
an 700 Mio. Bürger Konsumschecks für
Kühlschränke. Zudem gibt die Regierung
seit Jahresanfang Konsumcoupons für Arme aus.
Was wir in Zukunft brauchen, so provokant das klingen mag, sind weit größere
Steuergutschriften oder besser direkte
Konsumgutscheine von vielleicht 10 000
Euro oder mehr pro Konsumenten. Darüber hinaus muss die Regierung massiv in
Ausbildung, Umschulungsmaßnahmen für
Arbeitslose sowie in Forschung und Ent-
wicklung investieren. In der jetzigen Situation müssen die Notenbanken vorübergehend die Finanzierung dieser Ausgaben
übernehmen. Der Staat kann die Finanzie-
Eckart Langen v. d. Goltz ist Geschäftsführer der PSM Vermögensverwaltung
GmbH. Die Gesellschaft hat sich dadurch einen Namen gemacht, dass
ihre Fonds im Börsencrash gut abschnitten.
Foto: PSM
rung nicht bewältigen, da sonst steigende
Zinsen die Konjunktur sofort wieder abwürgen würden. Die Notenbanken in den
USA und England kaufen bereits Staatsanleihen zur Finanzierung der Staatsdefizite.
Die EZB sollte sich ein Beispiel nehmen.
Selbstverständlich bringt die zum langfristigen Abbau der Weltverschuldung und
zur kurzfristigen Belebung der Weltkonjunktur benötigte drastische Liquiditäts-
ausweitung auf lange Sicht Inflation mit
sich. Unverständlich bleibt jedoch, warum
wir uns zum jetzigen Zeitpunkt mit Händen und Füßen gegen das Unvermeidbare
wehren. Es ist falsch, einen gewissen Grad
an Inflation in unserer heutigen Situation
pauschal zu verdammen. Vielfach wird
schlichtweg vergessen, dass ein wenig Inflation der effektivste Anreiz ist, um sich
eher heute als morgen ein neues Haus, ein
neues Auto, neue Möbel und Kleidung zu
kaufen.
Ein wenig Inflation hat die Konjunktur
immer wieder neu belebt. Selbst die fortwährende inflationäre Entwertung des USDollars seit 1920 um etwa 98 % und der
D-Mark seit 1950 um etwa 85 % haben
den beispiellosen Wohlstandsgewinn nach
dem Zweiten Weltkrieg nicht behindert.
In der augenblicklichen Deflation ist eher
das Gegenteil der Fall. Unser Wohlstand
scheint akut bedroht, wenn man die Debatten um Sparmaßnahmen, Zwangsurlaub und Lohnkürzungen verfolgt.
Wir sollten also lieber etwas mehr Inflation in Kauf nehmen als den Bankrott unserer Weltwirtschaft mit allen verheerenden politischen und gesellschaftlichen
Folgen, die wir schon einmal während der
30er-Jahre erlebt haben. Welchen Sinn
macht es, gut ausgebildete Arbeitskräfte
wie in den 30er-Jahren auf die Straße zu
schicken und Massenarbeitslosigkeit von
15 % und mehr zu riskieren. Eigentlich gibt
es keinen Grund, eine Wirtschaftskrise hinzunehmen. Schließlich haben wir genügend Ersparnisse, Ressourcen, Fachkräfte
und reichlich industrielle Kapazitäten, um
unseren Wohlstand zu erhalten, ja sogar
noch wesentlich auszubauen. Wir haben
quasi alle Zutaten, um zu kochen, aber
trauen uns nicht, die Herdplatte anzudrehen.
Bis so ein Lösungsansatz jedoch Realität
wird, werden wir zwei bis drei Jahre eher
deflationäre Tendenzen erleben. Den Preis,
den wir schließlich für die Rettung des
überschuldeten Finanzsystems zahlen
müssen, ist eines Tages die schrittweise Inflationierung mit der Notenpresse. Höhere
Steuern zum Abbau unserer Schulden hingegen wären für die Weltwirtschaft nicht
nur zum jetzigen Zeitpunkt tödlich.
Die meisten Politiker und Notenbanken
handeln erst dann mit der nötigen Konsequenz, wenn das Haus nicht nur brennt,
sondern bereits in Schutt und Asche liegt.
Durch dieses zögerliche Handeln wird die
Arbeitslosigkeit in den nächsten zwölf Monaten gewaltig steigen und es werden noch
mehr Hiobsbotschaften über uns herein-
brechen, bevor die Verantwortlichen zu
einer echten Lösung der Weltwirtschaftsprobleme gezwungen werden.
Wir benötigen dringend staatliche Impulse mit der nötigen Schlagkraft. Diese
müssen unsere Konsumenten wieder dazu
bringen, Geld auszugeben, um so den
weltweiten Wachstumsmotor neu zu starten. Eine kurzfristige Erhöhung der Staatsdefizite ist hierfür ebenso unvermeidbar
wie die Akzeptanz mittelfristig höherer
Inflationsraten. Eine solche Radikalkur ist
unvermeidbar, wenn wir uns nicht mit lähmender Weltverschuldung und sinkendem
Wohlstand abfinden wollen.
*Eckart Langen v. d. Goltz ist Geschäftsführer
der PSM Vermögensverwaltung GmbH
KAUFKRAFTVERLUST DER D-MARK
100
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
1950
1955
1960
1965 1970 1975
1980 1985 1990
1995 2000
Die Inflationsverluste von 1950 bis 2000
Grafik: WirtschaftsKurier 2009
INDUSTRIE & MÄRKTE
MAI 2009
WirtschaftsKurier
5
Trendsetter
Optimal durchleuchtet
Kampfansage
Leuchttapete
Lange galt Diversifizierung als Schimpfwort,
doch heute profitiert Bosch von seiner globalen
Aufstellung in vielen Branchen.
Seite 6
Das modernste Klinikum Europas in Hamburg
setzt auf innovative Ultraschall-Technologien
von GE Healthcare.
Seite 7
Auch wenn 2009 ein schwieriges Jahr für den
Energieversorger aus dem Norden wird, ist
EWE gut darauf vorbereitet.
Seite 8
Hauchdünne organische Schichten (OLED) revolutionieren den Lichtmarkt und benötigen dabei
weniger Strom.
Seite 10
In Hannover war die Zukunft das Thema
Hannover Messe | Enormes Wachstumspotenzial auf den asiatischen Märkten
große Wachstumsmöglichkeiten für den
deutschen Maschinenbau gesehen. Der
VDMA verweist in dem Zusammenhang
unktionierende Finanzmärkte sind
auf eine von ihm in Auftrag gegebene Studie Grundlage für eine florierende
die, nach der sich in diesen Bereichen kurzWirtschaft, da waren sich auf der
fristig Chancen eröffnen. Gern blicken die
Hannover Messe Mitte April sowohl VertreMaschinenbauer auch in eine jüngere Progter der Wirtschaft als auch Politiker einig
nos-Studie, die für Technologien zum Kliund auch Banker stimmten zu. Allerdings
ma- und Umweltschutz ebenfalls sehr gute
vermochte niemand zu sagen, wann es
Chancen sieht. Trotz der Hoffnungen rechdenn wieder aufwärts gehen würde – mit
net der Maschinenbau in diesem Jahr mit
der Weltwirtschaft und der deutschen Wirteinem Abbau von 25 000 Arbeitsplätzen in
schaft. Da blickte man lieber zu den Wisder Branche und einer weiteren Zunahme
senschaftlern hinüber, die in der Woche der
der Kurzarbeit. Andererseits suchen die
Messe in Berlin ihr Frühjahrsgutachten vorMaschinenbauer immer noch nach 8 000
legten. Sie erwarten einen tiefen WachsMitarbeitern, darunter 4 000 Ingenieuren.
tumseinbruch in 2009, im Laufe des komAuch die andere deutsche Elefantenmenden Jahres einen leichten, vorübergebranche, die Elektroindustrie, zeigte in
henden Aufschwung und rechnen erst 2011
Hannover verhaltenen Optimismus. Hier
mit einer deutlicheren Belebung, die 2013
hofft man im zweiten oder dritten Quartal,
die Konjunktur endlich wieder auf das Nidie Talsohle zu erreichen. Derzeit kämpft
veau von 2008 bringen soll. Zudem prasselsie mit einem herben Auftragsrückgang in
te eine Studie der Unternehmensberatung
Höhe von 37 %. Aber der Branchenverband
Boston Consulting Group (BCG) auf MesseZVEI verweist auf die vergleichsweise breite
aussteller und -Besucher hernieder, woAufstellung der Elektroindustrie. „Als Quernach der deutschen Industrie durch die
schnittsbranche sei sie überall dabei“ und
Wirtschaftskrise weit schwierigere Folgen
werde „bei einem Wiedererstarken der Inals bisher angenommen ins Haus stehen
dustrieproduktion gleich
sollen. Selbst für den Fall
mit von der Partie sein”,
einer Erholung der Welt„Wir rechnen ab
gibt sich ZVEI-Präsident
wirtschaft – mit einer
Jahresmitte mit
Friedhelm Loh zuversichtRückkehr zu positivem
lich. Durch Kurzarbeit
Wachstum in der zweiten
einem Ende der
man ein hohes NiJahreshälfte – prognostibisherigen Talfahrt.“ habe
veau an Flexibilität erziert BCG den wichtigsten
Hannes Hesse,
reicht. 62 % der Unternehdeutschen
Industrien
in der ElektroinduAuto, Metall, MaschinenHauptgeschäftsfüh- men
strie arbeiten nach Verbau und Chemie dauerrer des VDMA
bandsangaben
derzeit
hafte Auftragsrückgänge
kurz. 62 % würden aber
von rund 10 %. Danach
auch eine Streichung von Arbeitsplätzen
käme es bis 2015 zu einem Verlust von
planen. Aber 85 % der Betriebe sind auf der
740 000 Arbeitsplätzen.
Suche nach geeigneten Ingenieuren. Stolz
Das passte wenig ins Stimmungsbild auf
verweist Loh auch auf die hohe Eigenkapider Industriemesse in Hannover. Zwar war
talquote in den eigenen Reihen, die derzeit
es keinesfalls euphorisch, aber ein wenig
im Schnitt bei 35 % liege. Man habe die gute
Zuversicht war schon zu spüren. Sowohl
Konjunktur der vorangegangenen Jahre geAussteller als auch Kunden konzentrierten
nutzt um die Eigenkapitalbasis kräftig zu
sich auf die Zeit nach der Krise. Für den
stärken. Sorge macht sich Loh allerdings
Verband Deutscher Maschinen- und Anlaum die Liquidität ihrer Abnehmer. Eine flägenbau (VDMA) soll sie schon bald beginchendeckende Kreditklemme vermag der
Verbandsobere noch nicht zu erkennen.
Die Nachfrage nach billigen Unternehmenskrediten aus den Konjunkturprogrammen verläuft indes allgemein schleppend. Bislang liegen der Förderbank KfW
erst etwa 800 Anträge im Umfang von 2,4
Mrd. Euro vor, das sind gerade 6 % des gesamten Fördervolumens. Wirtschaftsverbände und die KfW beschuldigen die Hausbanken, sie würden verbilligte Firmenkredite aus den Konjunkturprogrammen nur
widerwillig weiterleiten. Zur Eröffnung der
Hannover Messe sagte Bundespräsident
Horst Köhler: „Mittelständler berichten mir,
dass zum Beispiel Kreditanträge gar nicht
bei der KfW ankommen.“ Und KfW-Chef
Ulrich Schröder stichelte: „Weder wir noch
der Staat können die Banken zum Saufen
tragen.“ Die Deutsche Bank wehrt sich, offiziell seien die Geschäftsbanken erst am
6. März über die Details zum ausgeweiteten
Kreditprogramm informiert worden, sodass
es einfach etwas Zeit brauche, bis die Anträge geprüft und zur KfW weitergeleitet werden könnten.
Die Energiewirtschaft beklagte in Hannover, es sei schwieriger geworden. Fremdkapital für Investitionen zu erhalten. Höhere Finanzierungskosten müssten akzeptiert
werden, so Hildegard Möller, Vorsitzende
der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbands der Deutschen Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). Einige Unternehmen
müssten bereits ihre Planungen überprüfen. Derweil hält der Boom im Kraftwerksneubau an. Derzeit sind 64 Kraftwerke in
Impressionen von der Hannover Mesder Planung. Sie sollen bis 2018 fertig gese: vom Dienstleistungsroboter bis zur
stellt sein. Das Investitionsvolumen der
Schiffsschraube.
Fotos: Hannover Messe
Energiewirtschaft beläuft sich gegenwärtig
auf 50 Mrd. Euro und sorgt für volle Aufnen. Hannes Hesse, Hauptgeschäftsführer
tragsbücher. Damit ist die Energiewirtdes VDMA: „Wir rechnen ab Jahresmitte mit
schaft eine wichtige Stütze sowohl für den
dem Ende der bisherigen Talfahrt.“ Die
Maschinen- und Anlagenbau als auch für
aber war bisher heftig: Die deutschen Madie Elektronik- und Elektrotechnikbranche.
schinenbauer beklagten für die ersten bei„Wir können der Anlasser für den Konden Monate in 2009 einen Produktionseinjunkturmotor sein“, verkündet optimistisch
bruch von 23 % im Vergleich zum entspreeine Studie im Auftrag des Bundesverbanchenden Vorjahreszeitraum. Schneller als
des Erneuerbare Energien (BEE), die auf der
in früheren Konjunktureinbrüchen sei diesHannover Messe vorgestellt wurde. Vor almal der Auftragsrückgang in der Produktilem deutsche Unternehmen würden von
on angekommen. Doch Hesse weiß, dass
der weltweit wachsenden Stromerzeugung
viele Kunden aus dem Bereich der Zuliefeaus erneuerbaren Energien profitieren.
rer für Komponenten und Teile kräftigen
Nach BEE-Geschäftsführer Björn Klusmann
Lagerabbau betrieben haben. Der Verband
wird sich das Marktvolumen für Kraftwerke
rechnet für den gesamten Maschinenbau
für die regenerative Energieerzeugung von
spätestens ab Mai mit niedrigeren Minusraknapp 60 Mrd. Euro im Jahre 2005 auf etwa
ten. Hoffnungsvoll richtet sich der Blick der
275 Mrd. Euro in 2020 vervierfachen. Im
deutschen Vorzeigebranche, deren ExportPhotovoltaikbereich soll sich nach Ralf Bianteil im Durchschnitt bei 75 % liegt, zuschoff, Geschäftsführer des Bundesverdem nach Asien. Hier werden vor allem in
bands Windenergie (BWE), der Umsatz
den Bereichen Infrastruktur, Energieerzeuweltweit bis 2020 gar verachtfachen.
gung, Energieeffizienz und Umwelttechnik
VON DIETER W. HEUMANN
F
Gemessen an solchen Auftritten, äußerte
sich der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) in Hannover sehr zurückhaltend. Nach BDI-Präsident Hans-Peter Keitel, spricht derzeit nichts für eine rasche Er-
holung – weder in Deutschland noch anderswo. Allerdings sprach sich Keitel strikt
gegen ein drittes Konjunkturprogramm aus.
Nur Steuersenkungen sind nach dem BDIChef eine ordnungspolitisch saubere Lö-
sung. Politiker gäben nicht das eigene Geld
sondern das der Steuer- zahler aus. Zudem
sei Wahlkampf und das erleichtere die Lage
nicht. „Rettet Deutschland vor den Rettern“, so Keitel, der für die Bundeskanzlerin
und ihre Berater eigens ein eigenes Papier
entworfen hat, wo die Politik nachlesen
kann, wie sie die Wirtschaft entlasten kann,
ohne die öffentlichen Haushalte weiter zu
belasten.
INDUSTRIE & MÄRKTE
6 WirtschaftsKurier
MAI 2009
Die großen Trends im Visier
Autokäufe übersteigen
die Produktion
Bosch | Mit Vielseitigkeit und Innovationen der Krise trotzen
Zu den Zukunftsthemen von Bosch gehören – neben vielen anderen – auch Großgetriebe für die Windkraft. Im Bild testet
Bosch Rexroth auf Prüfständen alle Windkraftgetriebe nach strengsten Qualitätskriterien.
Foto: Bosch
VON ULRICH KIRSTEIN
E
s fiel Franz Fehrenbach, Vorsitzender
der Geschäftsführung der Robert
Bosch GmbH, sichtlich nicht leicht,
auf der Pressekonferenz in Stuttgart prognostizieren zu müssen, dass er für das laufende Jahr einen – den ersten – Verlust für
sein weit verzweigtes Unternehmen erwartet. Der soll irgendwo zwischen 0 % und 3 %
vom Umsatz liegen, vorausgesetzt, die Entwicklung der ersten drei Monate – ein Umsatzeinbruch von 25 % – gehe nicht ungebremst weiter. Aber, so Fehrenbach, ein Unternehmen wie Bosch verkrafte auch Verlustjahre, denn die auf die Trends der Zukunft ausgerichtete Strategie mit den
Standbeinen Kraftfahrzeug- und Industrietechnik sowie Gebrauchsgüter und Gebäudetechnik stimme und brauche auch nicht
neu justiert zu werden. Eindringlich prangerte Fehrenbach mit Blick auf die derzeitige Krise die „zerstörerische Kraft“ an, die in
einem „kurzfristigen Denken und Handeln
liegt, das auf maximalen Ertrag getrimmt
ist“. Dazu könnte die Bosch-Gruppe – 92 %
der Kapitalanteile liegen bei der gemeinnützigen Robert Bosch Stiftung – geradezu
als idealtypischer Gegenentwurf gelten:
Bosch braucht sich nicht um die Interessen
von „shareholder value“ zu kümmern und
kann langfristig denken, auch wenn angesichts der Krise auch kurzfristig gehandelt
werden muss.
Zu den Ankern von Bosch zählen zum
einen die breite internationale Präsenz –
auch wenn die gegenwärtige Krise kaum
ein Land auslässt –, die Ausrichtung auf
ganz unterschiedliche Branchen – auch
wenn die Automotive-Sparte noch immer
etwa 59 % vom Umsatz ausmacht –, die
hohe Innovationskraft – Bosch zählt zu den
Unternehmen mit den weltweit meisten
Patenten, 3850 im Jahr 2008 – und die technologische und ökonomische Ausrichtung
des gesamten Unternehmens nach dem
Leitmotiv „Technik fürs Leben“.
Gerade in der Umwelt- und Ressourcenschonung durch technische Maßnahmen
sieht Bosch große Potenziale für die Zukunft. „Für Bosch ebenso wie für andere
Industrieunternehmen besteht kein Anlass,
die akute Wirtschaftskrise etwa gegen den
Klimaschutz auszuspielen“, so Fehrenbach.
Es gebe eine Zeit nach der Krise, und die sei
bestimmt durch eine Abnahme der Öl- und
Gasvorräte. Die „Energie der Zukunft“ spiele eine wichtige Rolle für Bosch und insofern werde am F&E-Etat nicht gespart.
Auch nicht an den Köpfen dahinter – Bosch
beschäftigt in der F&E-Abteilung insgesamt
32 600 Mitarbeiter, davon 18 000 in
Deutschland – und überhaupt legte Fehrenbach ein Bekenntnis ab, die Stammbelegschaft wo und wie immer möglich zu
halten. Sowohl Akademiker (davon 500 in
Deutschland) als auch Lehrlinge (1 400)
würden neu eingestellt.
Bosch will sich mehr und mehr darauf
konzentrieren, technologische Antworten
auf ökologische Fragen zu geben. Bereits
2008 zielten 45 % der Forschungsausgaben
auf Umwelt- und Ressourcenschonung ab.
Das ist aber kein Selbstzweck, denn ein
Drittel des Umsatzes erwirtschaftet Bosch
inzwischen in diesem Bereich. Im Prinzip
sucht Bosch, egal ob bei Mobilität oder
Energie, zum einen die vorhandenen Techniken noch effizienter zu gestalten und darüber hinaus völlig neue Technologien zu
finden. Oder, nach Fehrenbach: „Unser Ziel
ist es, einen gleitenden Übergang in die Zukunft zu erreichen – von fossilen zu regenerativen Energien, von der schrittweisen Effizienzsteigerung zu völlig neuen Konzepten.“ So forscht und entwickelt Bosch intensiv an der Elektromobilität, geht aber
davon aus, dass im Jahr 2015 gerade einmal
500 000 Neuwagen weltweit auf den Markt
kommen werden. Trotzdem sucht ein Joint
Venture von Bosch und Samsung SDI, die
SB LiMotive, nach einer neuen, effizienten
und im Auto einsetzbaren Batterietechnik
auf Basis von Lithium-Ionen-Akkus. Außerdem hat Bosch von der Hybrid- bis zur
Brennstoffzellentechnik sämtliche Arbeiten
zur Elektrifizierung im Fahrzeug gebündelt.
Hier sind derzeit 400 Ingenieure tätig, zum
Jahresende sollen es 600 sein. Im Gegenzug
arbeitet Bosch aber auch daran, Benzinund vor allem Dieselmotoren noch effizienter, verbrauchs- und damit CO2-ärmer zu
gestalten. So spart das neue Start-StoppSystem von Bosch im Stadtverkehr bis zu
8 % Sprit ein. In einem Joint Venture mit
Mahle können mittels Turboaufladung verkleinerte Motoren mit gleicher Leistung sogar 25 % bei Benzinern und 30 % bei Diesel
einsparen.
Auch in der regenerativen Energietechnik
ist Bosch nicht erst seit der Übernahme des
Erfurter Solarunternehmens ErSol tätig.
Von Elektrowärmepumpen über Solarkollektoren bis hin zu Wind- und Meeresenergiesystemen reicht hier das Leistungsspektrum. Der Umsatz in diesem Bereich überschritt einschließlich ErSol 2008 erstmals die
Milliardengrenze und soll im schwierigen
Jahr 2009 auf 1,2 Mrd. Euro steigen.
2008 schlug die Wirtschafts- und Finanzkrise bei Bosch bereits durch: Die Umsätze
gingen moderat um 2,6 % auf 45,1 Mrd.
Euro zurück, wobei allein die USA mit einem Rückgang von 15 % auf 6,9 Mrd. Euro
zu Buche schlugen, während Europa ein
Minus von 1,9 % auf 30,3 Mrd. Euro aufwies.
Nach Bereichen schlug die Krise sich vordringlich beim Umsatz der Kraftfahrzeugtechnik nieder, die um 6,9 % auf 26,5 Mrd.
Euro zurückging, während die Industrietechnik noch ein Plus von 13 % auf 6 Mrd.
Euro und die Gebrauchsgüter/Gebäudetechnik ein Plus von 1,4 % auf 11,7 Mrd.
Euro aufwiesen.
Deutlicher zeigte sich die Krise beim Ergebnis, das vor Steuern von 3,8 Mrd. Euro
auf 942 Mio. Euro einbrach. Damit lag die
Umsatzrendite bei 2,1 %, während Bosch
7 % bis 8 % anpeilt. Ursache war hier zum
Teil ein negatives Finanzergebnis von
570 Mio. Euro – im Vorjahr wies es noch
ein Plus von 630 Mio. Euro auf –, bedingt
vor allem auch durch Abschreibungen im
eigenen Wertpapierbestand aufgrund des
Kapitalmarktumfeldes, wie Finanzgeschäftsführer Gerhard Kümmel ausführte.
Priorität im schwierigen Jahr 2009 hat
nach Fehrenbach in erster Linie die Aufrechterhaltung der Liquidität des Unternehmens – immerhin lag die Liquidität im
März 2009 unvermindert bei etwa 8 Mrd.
Euro. Insofern gelte es, strukturelle Probleme, und die seien bei einem Unternehmen
in der Größenordnung von Bosch immer
latent in einigen Bereichen und oder Ländern vorhanden, zu bekämpfen. Es nütze
aber nichts, hektisch zu reagieren, vielmehr
müsse mit Augenmaß auch die Chancen
der Zeit nach der Krise gewahrt werden.
„Die akute Krise trifft uns, aber auch sie
stellt unsere wesentliche Ausrichtung nicht
in Frage“, so Fehrenbach.
Mahle | Erholung schon im zweiten Halbjahr erwartet
D
Die politisch wie in Kreisen der Wirter Autozulieferer Mahle GmbH
schaft umstrittene Auto-„Abwrackprämie“
setzt auf eine Erholung der weltlobte Junker ausdrücklich als „richtige
weiten
Automobil-Produktion
Maßnahme“. Die durch diese Prämie ausschon im zweiten Halbjahr 2009. „Zurzeit
gelöste Stimulans der Nachfrage könne die
werden weniger Autos produziert als ver„Rückkehr zu einer Balance von Verkauf
kauft, um die hohen Lagerbestände abzuund Produktion“ deutlich beschleunigen –
bauen“, begründete der Vorsitzende der
was insbesondere auch den Zulieferern
Geschäftsführung des Herstellers von Kolhelfe. Junker wies auch darauf hin, „dass
ben, Zylindersystemen, Luft- und Flüssigder Anteil des deutschen Pkw-Absatzes am
keitsfiltern sowie kompletter Motoren,
Weltmarkt nur etwa 5 % ausmacht“.
Heinz K. Junker, bei der Vorlage des Mahle-Geschäftsberichts 2008 in Stuttgart seiAuf Einkaufstour
ne Zuversicht. Allerdings: Auch bei einem
Anziehen der Nachfrage im Sommer werFreimütig sprach Junker über die im Vorde für das Gesamtjahr 2009 ein Umsatzjahr in erheblichem Umfang getätigten
rückgang „im zweistelligen Prozentbereich
„Kapazitätserweiterungen, die aus heutinicht vermeidbar sein“, so der Mahleger Sicht nicht notwendig gewesen wäChef. Im ersten Halbjahr müsse zudem
ren“. Daraus könnten weder dem Mahlemit einem „negativen Konzernergebnis“
Management noch den Abnehmern der
gerechnet werden. 2008 konnte das weltMahle-Komponenten Vorwürfe gemacht
weit an 115 Produktionsstandorten sowie
werden. Bis in den Sommer 2008 hinein
in acht Forschungs- und Entwicklungshabe es in weiten Teilen der Automobilzentren derzeit rund 46 000 Mitarbeiter
wirtschaft Rekordumsätze gegeben. Den
beschäftigende Stiftungs-Unternehmen
massiven Einbruch der Nachfrage habe
den Umsatz mit knapp über 5 Mrd. Euro
„niemand voraussehen können“.
fast stabil halten – was vor allem dank umDie 2008 getätigten Zukäufe von Unterfangreicher Zukäufe gelang. Das Ergebnis
nehmen sowie Neugründungen von Entvor Zinsen und Steuern sank aber 2008 um
wicklungs- und Produktionsstätten hält
54 % auf 160 Mio. Euro.
der Mahle-Chef auch im Lichte der jüngsSchon im März konnte Mahle in Teilbeten Krisen-Erfahrungen für „richtige und
reichen eine leichte Erholung der seit
wichtige Schritte der Zukunftssicherung
Herbst 2008 „weggebrochenen“ Nachfrage
unseres Unternehmens“. Die Veränderunregistrieren, berichtete Junker. Vor diesem
gen von Nachfragestrukturen, KundenHintergrund erwarte er, „dass das zweite
wünschen und auch den technologischen
Quartal schon besser wird als das erste“.
Wandel müsse ein Unternehmen wie
Beim Ergebnis könne der „Break-even“ im
Mahle „aktiv mitgestalten“, um dauerhaft
zweiten Halbjahr 2009 erreicht werden.
bestehen zu können. Im Vergleich zu 2007
Trotz dieser Erholungstenhat Mahle die „Invesdenzen müsse der Mahletitionen in Sachanla„Über Alzenau
Konzern aber die eingeleitegen“ um 34 % auf
hinaus denken wir 415 Mio. Euro gesteite Anpassung der Produktionsstrukturen an das gesun- in Deutschland nicht gert.
2008 erwarb Mahle
kene Nachfrageniveau fortüber weitere
unter anderem die
setzen.
Kernpunkte des „Restruk- Schließungen nach.“ Mehrheit an dem türkischen Motorteileturierungs- und KonsolidieMahle-Chef
Hersteller Mopisan,
rungsprogramms“ sind der
Heinz K. Junker,
übernahm den deutflexible Einsatz von Kurzarschen Öl- und Kühlbeit und ähnlichen Instrumittelpumpen-Produzenten Entec und
menten in anderen Staaten, der Abbau
den niederländischen Filter-Hersteller
von rund 5 000 Arbeitsplätzen sowie die
Amafilter Group Holding BV. Gemeinsam
Schließung einzelner Werke. Seit Jahresmit Hirschvogel hat Mahle ein Werk zur
beginn hat Mahle bereits rund 3 000 StelHerstellung von Motor-Komponenten in
len abgebaut und eine ganze Reihe von
Brasilien gegründet.
Produktionsstätten stillgelegt. Betroffen
Gemeinsam mit der Robert Bosch
waren vor allem Standorte in Nord- und
GmbH hat Mahle 2008 das GemeinSüdamerika sowie in Asien. In Deutschschaftsunternehmen „Bosch Mahle Turbo
land arbeiten derzeit rund 7 000 der etwa
Systems“ mit Hauptsitz in Stuttgart ge9 000 Mitarbeiter kurz. Als einzigen deutgründet. Aufgabe dieses Joint Ventures ist
schen Standort will Mahle ein Kolbendie Entwicklung und Herstellung von TurWerk im bayerischen Alzenau mit 424 Beboladern. Von 2011 an soll das Unternehschäftigten im Sommer 2009 stilllegen.
men in einer bereits im Bau befindlichen
„Über Alzenau hinaus denken wir in
Produktionsstätte in Kärnten jährlich bis
Deutschland nicht über weitere Schliezu 1,5 Mio. Turbolader fertigen. Mahleßungen nach“, so Junker. Für den Fall,
Chef Junker begründete diese Neugründass die erhoffte Erholung der Nachfrage
dung mit der „Schlüsselfunktion“, die die
im zweiten Halbjahr ausbleiben sollte,
Abgasturbolader-Technologie für die weikonnte der Mahle-Chef aber „die Notwentere Verbrauchs- und Emissions-Optimiedigkeit weiterer Kosteneinsparungen nicht
rung von Verbrennungsmotoren habe. kw
ausschließen“.
Keine Abstriche bei F&E
„Getrunken wird immer“
Knorr Bremse | Zwei Standbeine stabiliseren das Unternehmen auch in Krisenzeiten
Krones | Die Rekordserie ist fürs Erste beendet
D
ie Münchner Knorr Bremse AG
freut sich in diesen Zeiten besonders über ihre Zwei-StandbeineStrategie, bewegt sich doch das Geschäftsfeld Schiene, es trägt 42 % zum Konzernumsatz bei, in – relativ – krisensicheren
Gefilden. Insofern geht Knorr-Chef Dr. Raimund Klinkner hier auch für das laufende
Jahr von einem eher stabilen Marktumfeld
aus, sind hier doch öffentliche Investitionen federführend. Gerade im Bereich von
Hochleistungsschnellzügen, für die Knorr
Bremse innovative Bremssysteme entwickelt, sieht Klinkner sogar noch ein großes
Wachstumspotenzial voraus. Gerade Japan
(Shinkansen) und vor allem China (CRH –
China Railways High Speed) werden hier in
den nächsten Jahren gewaltig investieren.
Weniger positiv gestaltet sich derzeit der
Absatz bei den Bremssystemen für Nutzfahrzeuge, vor allem in den USA brach der
bereits auf niedrigem Niveau befindliche
Absatz von 2007 noch einmal deutlich ein.
Bereits im vierten Quartal spürte Knorr
den Rückgang im Lkw-Geschäft, doch dem
Unternehmen kommt zugute, dass bereits
im Oktober 2008 ein Sparprogramm gestartet worden war. Klinkner rechnet damit, dass bei den Lkw weltweit ein Rückgang zwischen 40 % und 60 % zu verzeichnen sein wird und erwartet demnach einen
deutlichen Umsatzrückgang für 2009, den er
aber nicht näher zu quantifizieren vermag.
Wert legt Klinkner auf die Feststellung,
dass Knorr Bremse den Innovationskurs
strikt beibehalte, schließlich resultieren die
weltweiten Erfolge vordringlich aus der Innovationskraft des Unternehmens. Im abgelaufenen Geschäftsjahr investierte Knorr
Bremse insgesamt 171,3 (158,7) Mio. Euro
in die Forschung und damit immerhin
5,1% des Umsatzes. So kann nur Knorr
Bremse – wie den Journalisten eindrucksvoll am Bremsstand vorgeführt – die
neueste (fünfte) Generation des Shinkansen-Schnellzugs aus Höchstgeschwindigkeit (320 Stundenkilometern) und bei star-
Bremsenglühen: Die Scheibenbremse
von Knorr Bremse bringt als Einzige
den japanischen Hochleistungszug
Shinkansen aus voller Fahrt zum Stillstand.
Foto: Knorr Bremse
kem Gefälle abbremsen. Die Leistungsanforderung an die Bremse kommt dabei der
Energie von 15 Sportwagen gleich, die
gleichzeitig aus 250 Stundenkilometern
zum Stillstand gebremst werden und die
Scheibenbremse aus dem Hause Knorr erhitzt sich auf bis zu 750 Grad! Anders aus-
gedrückt könnte ein Einfamilienhaus zehn
Tage lang aus der Energie einer Vollbremsung mit Strom versorgt werden. Für ein
modular aufgebautes und dezentral angeordnetes Bremssteuerungssystem für UBahnen (EP2002) hat Knorr Bremse im
April den Innovationspreis der britischen
Queen, den renommierten Queen’s Award
for Enterprise in der Kategorie Innovation
erhalten. Entwickelt und produziert wird
dieses Bremssystem im englischen Melksham, eingesetzt wird es in U-Bahnzügen in
London, Bangkok und Manila, aber auch
China setzt in seinen Metro-Zügen nahezu
ausschließlich auf die Knorr-Technologie.
Im abgelaufenen Geschäftsjahr 2008
konnte Knorr Bremse einen Umsatz von
3,38 Mrd. Euro (plus 4,1%) und einen Jahresüberschuss von 191,9 (197,8) Mio. Euro
verzeichnen. In diesem verringerten Jahresüberschuss sind bereits Aufwendungen
für Restrukturierungsmaßnahmen in Höhe
von 26,6 Mio. Euro enthalten. Aus dem Bilanzgewinn in Höhe von 211,8 (120,4) Mio.
Euro sollen 101,4 Mio. Euro in Form von
Dividenden an die Aktionäre ausgeschüttet
werden. Investiert hat Knorr Bremse, zum
Beispiel in ein neues, im Juni eröffnetes
Werk für Schienenfahrzeugsysteme im
spanischen Getafe, 134,2 Mio. Euro im abgelaufenen Geschäftsjahr und blieb damit
deutlich über den Abschreibungen von
115 Mio. Euro.
2008 hat Knorr Bremse die Zahl der Mitarbeiter weltweit noch einmal um rund
1000 erhöht, ein Viertel davon über Akquisitionen und ein weiteres Viertel in Asien.
Insgesamt gab sich Klinkner zuversichtlich für sein Unternehmen, schließlich gehöre es ja zur Kernkompetenz von Knorr
Bremse, kritische Situationen zu beherrschen!
uk
D
er Vorstandsvorsitzende und Mehrheitsaktionär der in Neutraubling
ansässigen Krones AG, Volker Kronseder, musste bis ins Jahr 1994 zurückdenken, um sich an einen zumindest operativen Verlust seines Unternehmens zu erinnern. Jetzt musste der Spezialist für Abfüllanlagen und Verpackungstechnik nach
einem Umsatzeinbruch von 19 % im ersten
Quartal 2009 einen Verlust vor Steuern in
Höhe von 4 Mio. Euro verbuchen. Trotzdem
gehen Kronseder und Finanzvorstand
Hans-Jürgen Thaus davon aus, 2009 insgesamt möglichst keinen (so hohen) Verlust
einzufahren, auch wenn sie einen solchen
einkalkulieren müssen. Denn das Jahr 2009
könnte durchaus einen Umsatzrückgang
von bis zu 25 % bieten.
Der Grund für ihren Optimismus liegt unter anderem darin, dass Krones bereits im
vierten Quartal 2008 –, als die Krise noch gar
nicht in Neutraubling angekommen war,
vorausschauend ein Kostensenkungsprogramm aufgelegt hatte. Unter dem Titel
„Conversion“ (Umdenken und Umbauen)
löste es das seit 1999 angelaufene Erfolgsprogramm Impulse ab. Zu den Maßnahmen
zählen der Abbau der etwa 800 Leiharbeiter
und befristet Beschäftigten, die Wiederhereinnahme von Aufträgen an Unterlieferanten durch Insourcing, der Abbau von Mehrarbeitsstunden, eine weitere Flexibilisierung
der Arbeitszeit und umfangreiche Kurzarbeit – ab Juli werden wohl nahezu alle der
6 000 Beschäftigten kurzarbeiten. Diese hohen Fixkosten waren die Hauptursache für
den Verlust im ersten Quartal. Mit diesen
Maßnahmen will Krones aber auf jeden Fall
den Personalbestand halten, auch um das
Unternehmen nach der Krise wieder schnell
auf Wachstumskurs bringen zu können. Geplante Investitionen wird Krones, soweit
möglich, zurückfahren. Beibehalten will
Kronseder jedoch den traditionell hohen
Forschungsaufwand, der wieder bei etwa
5 % vom Umsatz liegen soll.
Neben diesen Sparmaßnahmen schöpft
sich ein Gutteil der positiven Zukunftserwartung der Krones-Lenker vor allem auch
aus der Tatsache, dass der Maschinenbauer
in einem eigentlich krisensicheren Geschäft
unterwegs ist, denn, so Kronseder, „getrunken wird immer“. Allein die Tatsache, dass
die Weltbevölkerung jährlich um 80 Mio.
Menschen zunimmt und gleichzeitig der relative Wohlstand und damit der Bedarf an
abgepackten Getränken und flüssiger Nahrung steigen, bietet quasi eine „natürliche“
Steigerung der Nachfrage nach Abfüll- und
Verpackungsmaschinen. Da sich viele Kunden gerade auch in der Verpackung am
Point of Sale von der Konkurrenz unterscheiden wollten, wachse die Anzahl an
neuen Behältern und Verpackungsformen
geradezu explosionsartig, so Thaus.
Thaus sieht die Zukunft von Krones in
weiteren Innovationen bei den Maschinen
und verbundenen Leistungen, einer verstärkten Integration von Prozess-, Anlagenund Verpackungs- sowie Materialflusstechnik und der steuernden Software. Die in
diesem Jahr wieder durchgeführte internationale Messe drinktec will Krones dazu
nutzen, um die Kunden in diesen schwierigen Zeiten von den eigenen Produkten zu
überzeugen.
Die Krise habe Krones erreicht, so Thaus,
überraschend schnell und heftig, aber Krones sei kein Unternehmen in der Krise, betonte der Finanzfachmann. Untermauert
haben dies die Zahlen des abgelaufenen Geschäftsjahres: Hier konnte der Umsatz noch
einmal um 10,5 % auf 2,38 Mrd. Euro gesteigert werden, während das Vorsteuerer-
Blicken mit Optimismus in die Zukunft,
auch wenn für 2009 ein Verlust nicht
ausgeschlossen wird: Vorstandsvorsitzender Volker Kronseder (links) und
Finanzvorstand Hans-Jürgen Thaus
(rechts).
Foto: Kronseder
gebnis um 2 % auf 156,1 Mio. Euro kletterte
und der Jahresüberschuss um 4,6 % auf
106,5 Mio. Euro. Erste Anzeichen der Krise
machten sich im Auftragsbestand bemerkbar, der zum Jahresende 2008 um 6 % abgenommen hatte. Die Aktionäre von Krones
müssen im Angesicht der Krise und trotz
des vergangenen Rekordjahres mit einer auf
0,60 (0,70) Euro reduzierten Dividende leben. „Wir sind der Meinung, wenn die Mitarbeiter mitsparen, sollte auch der eigentliche Eigentümer des Unternehmens – die
Aktionäre – zurückhaltend sein und das Unternehmen bewusst mit einem Zeichen für
die Krise stärken“, so Kronseder.
uk
INDUSTRIE & MÄRKTE
MAI 2009
WirtschaftsKurier
7
Hightech optimal finanziert
Wachstum mit System
GE Healthcare | Das modernste Klinikum Europas steht in Hamburg-Eppendorf
Paul Hartmann | Kombination von Produkten und Dienstleistungen hilft gegen Preisdruck
W
ir sind stolz darauf, mit der hochmodernen sonographischen Ausstattung auch künftig die medizinische Versorgung unserer Patienten stets
auf aktuellem Niveau sicherstellen zu können“, so Prof. Dr. Jörg F. Debatin, ärztlicher
Direktor und Vorstandsvorsitzender des
Universitätsklinikums in Hamburg-Eppendorf (UKE).
Das ist das UKE auch schuldig, steht es
doch in dem Ruf, seinen Patienten fortschrittlichste Technologie und Spitzenmedizin zu bieten. Die Eppendorfer Uniklinik ist eine der bekanntesten Kliniken
in der Bundesrepublik. Im Februar 2009
hat das UKE mit seinem „Neuen Klinikum“
sogar das modernste Klinikum Europas in
Betrieb genommen. Es zählt 730 Betten
und findet internationale Aufmerksamkeit
durch seine prozessorientierte Bauweise.
Hier wurden die Innere Medizin, Chirurgie
mit OPs, Neurologie, Gynäkologie und Geburtshilfe sowie die zentrale Notaufnahme
und die Stroke Unit zusammengefasst.
Insgesamt betreut das UKE jährlich mehr
als 163 000 Patienten und beschäftigt 5 800
Mitarbeiter – darunter 1 085 Ärzte und
Naturwissenschaftler. In der Forschung
wurden Schwerpunkte in den Bereichen
Neurowissenschaften, Onkologie und Versorgungsforschung gebildet. Weitere umfassende Forschungsgebiete sind unter anderem die Herz-Kreislauf-Forschung, angeborene Stoffwechselerkrankungen und
die Transplantation/Stammzelltherapie.
Im Zuge des Neubaus entschied sich die
Klinikleitung auch zur Erneuerung aller Ultraschallgeräte. Als exklusiven Partner hat
sich das Klinikum nach einer Ausschreibung, an der mehrere Hersteller medizinischer Spitzentechnologien teilnahmen,
für das Angebot der Ultraschalltechnologie
mit innovativer Nutzungsvereinbarung
von GE Healthcare entschlossen.
Nach Dr. Christoph Herborn, Vorstandsbeauftragter für Prozessmanagement des
UKE, ging es darum, ein innovatives Modernisierungskonzept ohne Kostenrisiko
zu erarbeiten. Dabei habe man sich, so
Debatin, für eine Technologiepartnerschaft
mit GE Healthcare entschieden, die dem
Klinikum sowohl medizinische als auch
wirtschaftliche Vorteile verschafft. Mit der
webbasierten Lösung Centricity RIS/PACS
(integrierte Radiologie-Informations- und
Bildarchivierungssysteme) von GE Healthcare können radiologische und klinische
Arbeitsabläufe optimiert und Patienteninformationen in kürzester Zeit zur Verfügung gestellt werden. Es schafft die
Voraussetzungen für den Austausch von
Bildern von jedem Arbeitsplatz im Klinikum. Nach Peter Gocke, Leiter der Informationstechnologie, sei es endlich gelungen, eine reibungslose Bildverteilung im
gesamten UKE sicherzustellen. Den Ausschlag, so Debatin, habe aber die Kombination mit einem überzeugenden Finanzierungsmodell gegeben.
geliefert, die Arbeitsabläufe im Akuteinsatz
sowie auf den Stationen, im OP und im
Kreißsaal optimieren. Dabei standen für
das UKE innovative Technologien im Fordergrund. Die ausgewählten Systeme erlauben ein Optimum an derzeit möglicher
Detaildarstellung und bieten – dank Integration neuester Entwicklungen – diagnostische Möglichkeiten über die bisherigen
Grenzen hinaus: So gestattet der brandneue Logiq E9 die ortskorrekte Einblendung von Bilddaten eines Computeroder Magnetresonanztomographen in eine
Flatrate für zehn Jahre
In Form einer Flatrate werden über zunächst zehn Jahre zahlreiche Leistungen
zur Verfügung stehen. So sollen während
der Kooperation die Geräte durch Nachfolger ersetzt und durch Updates auf dem
aktuellen technischen Stand gehalten werden. Ferner sieht das Werterhaltungskonzept Einweisungs- und Schulungsmaßnahmen sowie abgestimmte Wartungsleistungen und den Service vor. Nach Dr. Rolf
Lucas, Präsident und CEO der GE Healthcare Deutschland, habe die umfassende
und langfristige Partnerschaft mit dem
UKE ermöglicht, ein „Sonographiekonzept
aus einem Guss“ zu entwickeln, das „auch
auf lange Sicht Vorbildcharakter“ haben
werde. Es sei gelungen, eine Reihe medizinischer und wirtschaftlicher Vorteile für
das UKE zu vereinen: verbesserte Diagnosemöglichkeiten, optimale Verfügbarkeit,
und Funktionalität, Effizienzsteigerung,
besonders aber auch Planbarkeit sowie
die Reduktion administrativer Kosten. Herborn erhofft sich Kosteneinsparungen von
bis zu 50 %.
In einem ersten Schritt wird GE Healthcare alle neuen Sonographiesysteme sowie
die NewPoint-Software zur Befunderhebung, Archivierung und Anbindung an das
Datennetz des UKE liefern. Neben Standgeräten für die Feindiagnostik und Primärsonographie werden tragbare Ultraschallsysteme mit identischer Nutzeroberfläche
Nirgends ist die fortschrittlichste Technik wohl wichtiger als im Dienst am Patienten im OP – GE Healthcare und Hartmann tun dafür ihr Bestes.
Foto: Hartmann
laufende Ultraschalluntersuchung. Damit
können die spezifischen Stärken jedes
bildgebenden Verfahrens im Sinne einer
besseren Erkennbarkeit von Gewebeveränderungen kombiniert werden – eine Symbiose, die künftig zu einer verbesserten
Diagnostik beitragen wird.
Wichtig ist für das UKE zudem, dass mit
dem integrierten Datenmanagement- und
Befundungssystem ViewPoint die neuen
Geräte in die bereits bestehenden IT-Systeme integriert werden können. Zudem ist
der untersuchende Arzt in der Lage, direkt
an seinem Arbeitsplatz Rohdaten nachzuverarbeiten und den Befund zu erstellen.
Befunde und Bilddaten stehen dann den
behandelnden Ärzten zur Verfügung.
heu
7ASAUCHIMMER3IEVORHABEN
www.salzgitter -ag.de
D
ie Verluste ihrer Tochterfirma Consumer Medical Care (CMC) sowie
Restrukturierungsaufwendungen
haben das ansonsten positive Bild des Heidenheimer Pflegekonzerns Hartmann nur
leicht getrübt. Sondereffekte in Höhe von
16,3 Mio. Euro ließen das Konzernergebnis
zwar um 28 % auf 25,7 Mio. Euro absacken.
Doch stieg der Umsatz im vergangenen
Jahr um 7,5 % auf 1,38 Mrd. Euro. In den
medizinischen Kernsegmenten Wund-, Inkontinenz- und OP-Management legte er
sogar um 8,2 % überproportional zu. Ihr
Anteil am Gesamtumsatz beträgt jetzt
knapp 83 %. Dabei ist Hartmann nicht nur
im Ausland gewachsen, vor allem in Osteuropa. Auch in Deutschland selbst hat
das Unternehmen ein solides Umsatzplus
vorgelegt, trotz staatlicher Eingriffe in das
Gesundheitssystem und eines verschärften Ausschreibungsgeschäfts für die ambulante Versorgung. Allerdings belasteten
außerhalb Europas ungünstige Währungseffekte das Geschäft.
Profitiert hat der Konzern von seiner
vor einigen Jahren beschlossenen Strategie, vorrangig Systemlösungen statt einzelne Produkte anzubieten. Damit konnte er
sich speziell der Konkurrenz aus Fernost
und des damit verbundenen Preisdrucks
erwehren. Hartmann zählt zu den Ersten,
die auf die Kombination von Produkten
und Dienstleistungen für Kliniken und
Arztpraxen, Altenheimen und häuslicher
Pflege setzen. Darunter sind nicht nur Vorschläge zu verstehen, wie der Verwaltungsaufwand zu senken und Logistikprozesse zu vereinfachen sind. Auch nehmen
kundenindividuelle Systemangebote den
Häusern zunehmend die Arbeit ab, etwa
Operationssets, die alle für den jeweiligen
Eingriff erforderlichen Instrumente und
Materialien enthalten. Bei den Sortimenten wird sogar zwischen ambulanter und
stationärer Behandlung unterschieden.
Diesen Geschäftszweig will Hartmann
konsequent weiter ausbauen, zumal die
Kliniken in immer mehr Ländern auf Einwegprodukte umstellen.
Damit stehen nicht mehr Diskussionen
darüber im Vordergrund, ob eine Kompresse oder Wundabdeckung nicht billiger zu haben sei, erläuterte Vorstandschef
Dr. Rinaldo Riguzzi auf der Bilanzpressekonferenz das bahnbrechende Konzept.
Allein durch derartige Prozesslösungen ließen sich heute noch vernünftige Resultate
erzielen.
Erneut als verlässlicher Umsatzträger
hat sich auch das Geschäftssegment Inkontinenzmanagement erwiesen. Dabei
zahlt sich eine enge Kooperation mit den
Krankenhäusern aus. Der demographische
Wandel bescherte der Gruppe ein Umsatzplus von 6 % auf 514 Mio. Euro. Dagegen
hat sich der vergangenes Jahr gestartete
Rundum-Service für ältere Menschen,
Vivello, noch nicht im erhofften Umfang
etabliert. Mit einem Umsatz von rund
1 Mio. Euro bleibt er hinter den anfangs
gehegten Erwartungen zurück. Allerdings
gebe es für qualitativ hochwertige Dienstleistungen, die privat bezahlt werden, ein
echtes Bedürfnis, erklärte der Vorstandschef. Die Gruppe werde den Ansatz schon
deshalb weiterverfolgen, weil „der Trend
grundsätzlich stimmt“.
Für das laufende Geschäftsjahr strebt die
Hartmann-Gruppe ebenfalls ein profitables Wachstum an, wenn auch auf moderaterem Niveau. Für den Abbau der Verluste
soll nicht zuletzt der Verkauf der defizitä-
ren CMC sorgen. Den Hersteller von Wattestäbchen, Wattepads und Damenhygieneprodukten sieht Riguzzi im KonsumgüterUmfeld besser aufgehoben als in der auf
Medizin und professionelle Pflege ausgerichteten Hartmann-Gruppe. Eine Stärkung der Ertragskraft erwartet er zudem
von der strategischen Neuausrichtung
der Tochtergesellschaft Karl Otto Braun.
Ihr Auftrag ist es, weltweit die Nummer
eins als Hersteller elastischer Binden zu
bleiben. Auch das Restrukturierungsprogramm Hartmann 2011 zielt auf die Stabilisierung der Marktposition ab. Es ist weniger als bloßes Kostensenkungsprogramm
gedacht. Vielmehr geht es dabei um konkrete Maßnahmen zur mittelfristigen Steigerung der Profitabilität. Ziel ist es, die
Umsätze schneller wachsen zu lassen als
die Kosten.
Dazu tragen nicht zuletzt Zukäufe bei,
wie die zum Jahreswechsel erfolgte Akquisition der Bode Chemie KG, eines Spezialisten für Desinfektion und Hautschutz.
Dessen Produktpalette würde das eigene
Angebotsportfolio sinnvoll ergänzen, unterstrich Riguzzi. Sorgfältig ausgewählte
Akquisitionen sollten in Zukunft das anorganische Wachstum in den Kernsegmenten noch schneller als bisher vorantreiben.
Positive Effekte gingen auch von den sinkenden Rohstoffpreisen aus.
Einziger Unsicherheitsfaktor bleiben
angesichts der Finanz- und Wirtschaftskrise die unkalkulierbaren Währungsentwicklungen, insbesondere in den osteuropäischen Ländern, in Großbritannien
und Australien. Sie haben bereits im vergangenen Jahr zu Verlusten in Millionenhöhe geführt. Kaum einzuschätzen sind
die Entwicklungen der staatlichen Gesundheitssysteme in den einzelnen Ländern. Dennoch sieht der Vorstandssprecher das Unternehmen dank einer nach
wie vor hohen Eigenkapitalquote auf einem soliden Fundament für die weitere
Entwicklung. Davon profitieren auch die
Anteilseigner: Das Traditionsunternehmen hat vorgeschlagen, die Dividende von
3,50 Euro auf 3,60 Euro pro Aktie anzuheben, um seiner Strategie der Dividendenkontinuität treu zu bleiben.
skud
INDUSTRIE & MÄRKTE
8 WirtschaftsKurier
Den US-Solarmarkt
im Fokus
Schwerpunkt
Energie
Intersolar | Internationaler Branchentreff
O
bwohl die Intersolar 2009 erst am
27. Mai ihre Tore in der Neuen Messe München öffnet, ist die internationale Fachmesse jetzt schon ein Erfolg.
Die weltweit größte Fachmesse für Solartechnik brach bereits im Januar 2009 den
Flächenrekord des Vorjahres: Während auf
der Intersolar 2008 die Aussteller in sieben
Hallen eine Fläche von 76 000 Quadratmetern belegten, sind in diesem Jahr in
neun Hallen 100 000 Quadratmeter Ausstellungsfläche (plus 31 %) verplant. Auf
der Leitmesse für die Bereiche Photovoltaik und Solarthermie sind mehr Hersteller, Zulieferer, Handels- und Dienstleistungsunternehmen vertreten als in den
Jahren zuvor. Rund 1 300 Aussteller präsentieren ihre Produkte und Dienstleistungen und mehr als 60 000 Fachbesucher aus
140 Ländern werden erwartet. „Mit der
jetzt erreichten Größe spiegelt die Intersolar die internationale Bedeutung der Branche wider, die auch im kommenden Jahr
maßgeblich wachsen wird“, meint Markus
Elsässer, Geschäftsführer der Solar Promotion GmbH, einer der beiden Messeveranstalter. Zu den Trägern der Intersolar 2009
zählen neben dem Bundesverband Solarwirtschaft e. V. als Exklusivpartner die
Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie
e. V., die European Photovoltaic Industry
Association, die European Solar Thermal
Industry Federation sowie die International Solar Energy Society.
Nach erfolgreichen Jahren in Freiburg
findet nun die Intersolar zum zweiten Mal
in München statt (27.–29. Mai 2009). Die
Fachmesse hat sich seit ihrer Gründung
zum internationalen Branchentreff der
Solarindustrie etabliert, der sich als Plattform für Innovationen und Trends bei Herstellern, Zulieferern, Großhändlern und
Dienstleistern gefestigt hat. Als Top-Event
und globale Drehscheibe der Solarbranche
reflektiert die Intersolar die dynamische
Entwicklung in den Segmenten Photovoltaik und Solarthermie. Aufgrund ihrer weltweiten Präsenz und Bedeutung gilt die Intersolar als Gradmesser für die Innovationskraft und -fähigkeit der Solarindustrie.
Die Intersolar 2009 strukturiert sich in
die Bereiche Photovoltaik, Solarthermie
und Solares Bauen und erlaubt dadurch
eine klare Orientierung für die Aussteller
und Besucher. Zum ersten Mal können
Aussteller in einer gesonderten Halle ihre
Produkte und Dienstleistungen aus den
Bereichen Photovoltaik-Produktion und
D
-Technologie vorstellen. Dieses neue Segment wird in Kooperation mit der PV
Group, einer Initiative des internationalen
Halbleiterverbands Semi, präsentiert. Darüber hinaus wird auch in diesem Jahr ein
umfassendes Konferenz- und Rahmenprogramm – beispielsweise das „PV Industry
Forum“, die „European Solar Thermal
Energy Conference“ oder die Konferenz
„Solar Gigawatts for North America“ – mit
internationalen Experten die Fachmesse
begleiten beziehungsweise schon im Vorfeld stattfinden.
Neuheitenbörse stellt
Innovationen vor
Mit dem „U.S. Market Pavilion“ und der
„Solar Gigawatts for North America“ blickt
die Fachmesse unter anderem auf den USamerikanischen Photovoltaikmarkt, ein
wachsender Solarenergiemarkt mit enormen Entwicklungspotenzialen. Der transatlantische thematische Brückenschlag ist
auch vor dem Hintergrund der im Juli
stattfindenden „Intersolar North America“
in San Francisco interessant. Einen aktuellen Überblick über die Produkte und
Trends der Solarindustrie kann sich der Besucher auf der Neuheitenbörse verschaffen: Hier präsentieren die Aussteller der
Fachmesse in kurzen Vorträgen ihre Innovationen. Darüber hinaus bringt die Intersolar Arbeitgeber und Arbeitsuchende auf
dem Job- und Karriere-Forum zusammen.
Mit zahlreichen Stellenangeboten und
Beratungsmöglichkeiten durch erfahrene
Berufsberater bietet das Forum eine attraktive Plattform.
Zum zweiten Mal vergeben die Veranstalter der Intersolar 2009, die Solar Promotion GmbH und die Freiburg Wirtschaft
Touristik und Messe GmbH & Co. KG in
Zusammenarbeit mit dem Bundesverband
Solarwirtschaft, den Intersolar Award. Prämiert werden innovationsstarke Unternehmen, die wegweisende Produkte und
Dienstleistungen in den Kategorien „Photovoltaik“ und „Solarthermie“ entwickelt
haben. „Mit dem Intersolar Award möchten wir neue Entwicklungen in Forschung
und Technik innerhalb der Solarbranche
fördern und die Innovationskraft der Unternehmen würdigen. Wir setzen damit ein
Zeichen für die Zukunftsorientierung der
Branche und unterstützen die Firmen, die
die weitere Entwicklung der Solartechnik
am entscheidendsten prägen werden“, erklärte Elsässer.
pht
MAI 2009
Extrem ungewöhnliches Jahr
EWE | 2008 war geprägt von hoher Ölpreis-Volatilität
D
as Jahr 2008 war für den Oldenburger Energieversorger EWE „extrem
ungewöhnlich in jeder Form“, so
EWE-Chef Werner Brinker. Er verwies auf
der Jahresbilanz-Pressekonferenz des Konzerns – Ende April in Oldenburg – vor allem
auf die Ölpreisentwicklung. Preisvolatilitäten von 140 bis 50 US-Dollar wie im Berichtsjahr habe er nie zuvor erlebt. Entsprechend volatil seien deshalb auch die Stromhandelspreise im Jahr 2008 gewesen. Zwar
sei das Gesamtjahr von der Finanz- und
Wirtschaftskrise wenig betroffen, doch im
vierten Quartal begann die Wirtschaftskrise
aufgrund rückläufiger Produktionen in den
Branchen Automobil, Holz und Papier zu
wirken. „Gemessen an diesen Rahmenbedingungen können wir mit dem Jahresergebnis 2008 zufrieden sein“, so Brinker.
Auch für das laufende Jahr gab er sich vorsichtig optimistisch: „2009 wird sicher
ebenfalls kein leichtes Jahr, aber ich sehe
EWE sehr gut vorbereitet auf die kommenden Herausforderungen“, sagt Brinker.
Deutliche Zunahme bei
den Investitionen
Der Gesamtumsatz des Konzerns legte
2008 um 14 % auf 5,3 Mrd. Euro zu. Im Geschäftsbereich Energie nahmen die Erlöse
um über 15 % auf 4 Mrd. Euro zu. Darunter
erhöhte sich der Erdgasabsatz um 8 %, während gleichzeitig der Stromabsatz um 7 %
schrumpfte. Zulegen konnte auch der Umsatz im Geschäftsbereich Netz um 7 % auf
1,6 Mrd. Euro. Der Geschäftsbereich I + K
(Informationstechnik und Telekommunikation) steigerte den Umsatz um 9 % auf
601 Mio. Euro. Allerdings hielt die Gewinnentwicklung nicht mit den steigenden Umsätzen mit: Der Jahresüberschuss brach im
Vergleich zum Vorjahr um rund 31 % auf
207,5 Mio. Euro ein. Als wesentliche Gründe
hierfür nannte Brinker steigende Zinsaufwendungen und den Wegfall eines einmaligen Steuereffekts in 2007. Zudem habe der
Konzern seine Investitionen deutlich um
357 Mio. Euro auf fast 924 Mio. Euro erhöht.
Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT)
verringerte sich um 4,5 % auf 423 Mio. Euro.
Der Oldenburger Konzern ist nach E.ON,
RWE, EnBW sowie Vattenfall fünftgrößter
Regionalversorger in Deutschland und ist
darüber hinaus in Polen und der Türkei tätig. Die EWE betreut 770 000 Erdgaskunden
und rund eine halbe Mio. Stromkunden.
Zudem erreicht EWE in der Telekommunikation etwa 671 500 Kunden. Der Konzern
beschäftigte Ende 2008 5 347 Mitarbeiter.
Der Zuwachs um fast 14 % sei auf Verände-
Sorgte auf der Hannover Messe für Aufmerksamkeit: das gemeinsam mit Karmann entwickelte Elektroauto E3.
rungen sowohl im Konsolidierungskreis als
auch auf Personalaufstockungen in den
Konzerngesellschaften zurückzuführen, so
Brinker.
Im laufenden Jahr sollen Umsatz und Ertrag wieder steigen. Nach Brinker hat der
Gasabsatz im besonders wichtigen ersten
Quartal bereits wieder zugelegt. Beim
Stromabsatz gab es – aufgrund der konjunkturellen Situation – Absatzrückgänge.
Andererseits verwies Brinker auf das wachsende Auslandsgeschäft in Polen und der
Türkei, wovon er sich teilweise ausgleichende Effekte für das Gesamtgeschäft verspricht. Einen Gewinnrückgang erwartet
der EWE-Chef im Bereich Telekommunikation aufgrund des „preisaggressiven Wettbewerbs“. Mit einem eigenen Bündelangebot unter dem Namen „Trio“ will EWE
außerdem Kunden für das Paket Strom,
Erdgas und Telekommunikation aus einer
Hand gewinnen.
Für den Oldenburger Versorger wird 2009
aber auch ein Jahr wichtiger strategischer
Entscheidungen. So will er im benachbar-
nover Messe wurde das Elektroauto vorgeten Bremen die Mehrheit am dortigen
stellt, das in Kooperation mit Karmann proKommunalversorger SWB erwerben. Aber
duziert werden soll. Der Name des Autos
noch ist nicht sicher, ob die holländische
sei Programm, äußerte
Essent ihre Anteile letztsich Brinker zu diesem Zulich abgeben wird. Ande„2009 wird kein
sammenschluss aus Fahrrerseits gibt es Schwierigkeiten mit der Beteiligung
leichtes Jahr, aber zeugentwickler und Ener„Der E3
am ostdeutschen Gasich sehe EWE sehr gieunternehmen:
verkörpert unsere Vision
großhändler Verbundnetz
gut vorbereitet auf einer nachhaltigen EnerGas (VNG) aus Leipzig.
gieversorgung durch EnerFerner hat das Kartellamt
die kommenden
gieeffizienz, Energieeinnoch Bedenken gegenüber einem Einstieg des Herausforderungen.“ sparung und erneuerbare
Energien“, so Brinker. Der
strategischen Partners
EWE-Chef
Viertürer soll dabei die DyEnBW mit 26 % bei den
Dr. Werner Brinker namik einer SportlimousiOldenburgern. Die Entne mit einem großzügigen
scheidung wird im Juni
und variablen Innenraum verbinden.
2009 erwartet. Unwägbarkeiten gibt es
Zu den weiteren Aktivitäten des Verbeim Offshore-Testfeld „Alpha Ventus“.
sorgers zählen zudem der Bau des ForEWE hofft jedoch, dass – günstige Wetterschungszentrums „Next Energy“ an der
bedingungen vorausgesetzt – die geplanUniversität Oldenburg, das „Zentrum Zuten zwölf Windräder bis zum frühen Herbst
kunft“, die Brennstoffzellen-Erprobung
installiert sind.
„Callux“ und das Zukunftsprojekt „eTelloEWE hat ferner eine Reihe von Technogence“ in Cuxhaven.
heu
logieprojekten angeschoben: Auf der Han-
Konzentration bringt Gewinn
Energietechnik der Zukunft
MCE | 2009 wird eine weitere Ergebnisverbesserung erwartet
ABB | Die Herausforderungen werden auch nach der Krise bleiben
ie in Linz ansässige MCE hat sich
im vergangenen Jahr neu strukturiert und damit ganz auf die
Wachstumstrends Energie und Prozessindustrie fokussiert. Dazu trennte sich das
Unternehmen von der Sparte der Gebäudetechnik, ein Schritt, der schon im Geschäftsjahr 2008 (Umsätze plus 17,6 %,
operatives Ergebnis plus 41,3 %) Früchte
trug. Für die Zukunft sieht der Vorstandsvorsitzende Ludger Kramer in diesem Jahr
für die MCE Gruppe trotz des schwierigen
allgemeinen Umfelds gute Chancen. Kramer begründete dies mit dem hohen Auftragsbestand zu Jahresbeginn 2009, dem
breiten Produktportfolio und dem starken
Engagement in trotz der Krise weiterhin
attraktiven Marktsegmenten wie Energietechnik oder Biotechnologie. Mehr als die
Hälfte des MCE-Umsatzes wird im Energiebereich oder in energienahen Dienstleistungen erzielt und bildet damit eine
solide Stütze für das Unternehmen. Doch
auch in den spezialisierten Bereichen wie
Biotechnologie, Pharma oder Feinchemie
engagiert sich MCE weiterhin stark. Und
im Bereich Industrieservices ist MCE nur
in geringem Maße bei fertigungsnahen
Kunden aktiv und geht so auch hier von
einer stabilen Weiterentwicklung aus. Alles
in allem rechnet MCE mit einem Ausbau
des bisherigen Geschäftsvolumens und einer weiteren Ergebnisverbesserung – und
das im Krisenjahr 2009!
Die Neustrukturierung trug zu einem
rundum erfolgreichen Geschäftsjahr 2008
bei: Der Auftragseingang kletterte von
846,3 Mio. Euro auf 994,8 Mio. Euro, der
Umsatz von 782,1 Mio. Euro auf 919,5
Mio. Euro. Das operative Ergebnis (EBIT)
wuchs um rund 41 % auf 45 Mio. Euro.
Diese weit überproportionale Ergebnissteigerung führte MCE im Wesentlichen
auf das konsequente Projekt- und Risikomanagement und die Konzentration auf
das Kerngeschäft zurück. Die Umsatzrendite (ROS) erreichte nun 4,9 (4,1) %.
Mit einer nochmals um 51 % auf 186,7
Mio. Euro gesteigerten Nettoliquidität
kann MCE der Krise mit relativer Gelassenheit begegnen.
MCE ist nun in die sechs Unternehmensbereiche Energieerzeugung und -verteilung, Biotechnologie, Pharma und Feinchemie, Anlagentechnik und Stahlbau,
Maschinen- und Apparatebau, Industrieservice sowie Personalservices, Engineering und Consulting gegliedert. Allein in
der Energieerzeugung und -verteilung
erwirtschaftete MCE einen Umsatz von
Haben ihr Unternehmen schon vor der Krise sicher aufgestellt: Vorstandsvorsitzender Ludger Kramer (r.) und Finanzvorstand Josef Mayböck (l.).
Foto: MCE
302,4 Mio. Euro (plus 27,2 %) und damit
32,9 % vom Gesamtumsatz. Hier will MCE
in das Segment Pipelinebau weiter investieren, außerdem wurden neue Büroflächen in Wels, Bochum, Berlin und Wien
geschaffen. Anfang Januar 2008 nahm
MCE Berlin als operative Einheit für die Errichtung von Anlagen in der Energieerzeugung und -verteilung ihre Arbeit auf.
Bei Biotechnologie, Pharma und Feinchemie erzielte MCE einen Umsatz von
53,3 Mio. Euro (plus 8,8 %). In den Sektor
mit Sitz in Salzburg sollen umfangreiche
Investitionen für Anlagen zur Herstellung
von Biopharmazeutika und Diagnostika
fließen.
Die Anlagentechnik und der Stahlbau
generierten einen Umsatz von 155,8 Mio.
Euro (plus 16,4 %). Hier sorgten laufende
Projekte, insbesondere in der Wasserkraft,
im Brückenbau und im Spezialanlagenbau,
für eine solide Auslastung, Obwohl hier mit
konjunkturellen Einbrüchen zu rechnen
ist, geht MCE auch in diesem Bereich von
einer Zunahme des Geschäftsvolumens
und der Ertragslage aus. Nicht zuletzt dürften auch die Konjunkturprogramme der
Regierungen Früchte zeigen.
Im Maschinen- und Apparatebau nahm
der Umsatz um 4,2 % auf 54,2 Mio. Euro zu.
Der Fertigungsstandort Linz ist hier bis zur
Jahresmitte bereits sehr gut ausgelastet.
Einen starken Zuwachs verzeichnete im
vergangenen Geschäftsjahr der Bereich Industrieservice, der mit einem Wachstum
von 21,5 % auf 265,7 Mio. Euro nun mit
28,9 % am Gruppenumsatz das zweite große Standbein von MCE darstellt. Auch hier
geht MCE von einer moderaten Entwicklung im Instandhaltungs- und Stillstandsgeschäft aus.
Die seit 2004 rechtlich selbstständige
MCE Maschinen und Apparatebau basiert
– unter anderem – auf der im Jahr 1989
begonnenen Neustrukturierung der verstaatlichten österreichischen Industrie
und umfasst Teile von Voest-Alpine und
der österreichischen ABB, außerdem wurde unter anderem die Stangl AG erworben.
Seit 2001 im Besitz von Andlinger & Company erwarb die Deutsche Beteiligungs AG
die Mehrheit im April 2007 und im Oktober 2008 die noch ausstehenden 25 % Anteile.
uk
D
ie ABB AG (Deutschland) sieht sich
„gut gerüstet für die Zeit nach der
Krise“, erklärte Peter Smits, Vorstandsvorsitzender der größten Landesgesellschaft des weltweit tätigen schwedischschweizerischen Elektrotechnik- und Maschinenbau-Konzerns ABB bei der Erläuterung der Bilanz 2008. „Die Wirtschaftskrise
wird vorübergehen“, so Smits, „die Notwendigkeiten eines technologischen Umbaus, insbesondere im Bereich der Energietechnik, bleiben.“
Gerade in „Schlüsselbereichen der künftigen Energietechnik“ sieht ABB-Deutschland-Chef Smits sein Unternehmen „gut
aufgestellt“. Als Beispiele nannte er die
Entwicklung und Produktion von Systemen und Komponenten der Windenergie,
der Photovoltaik und der – noch im Versuchsstadium befindlichen – „intelligenten Stromnetze“, bei denen es im Kern darum geht, durch eine gezielte Steuerung
von stromverbrauchenden Geräten den
Energiebedarf an Schwankungen der Energieerzeugung – etwa der Windkraft – anzupassen.
Engpässe bei
Leitungskapazitäten
Im Bereich Windenergie sieht sich ABB als
„einer der führenden Anbieter“ der gesamten Kette von Komponenten und Systemen: von Generatoren, Transformatoren
und Schaltanlagen bis hin zur Nah- und
Fernverteilung des Stroms – etwa über
Gleichstrom-Hochspannungsleitungen.
Derzeit installiert ABB eine derartige Leitung vom ersten großen deutschen Offshore-Windpark „Borkum 2“ durch 134 Kilometer Nordsee bis aufs Festland. Dieses
Referenzprojekt für die Übertragung einer
Kapazität von bis zu 400 Megawatt hat ein
Auftragsvolumen von rund 300 Mio. Euro
und ist „der größte Inlandsauftrag in der
Geschichte der deutschen ABB“, so Smits.
Gerade in der Verbindung der „verbrauchsfernen Erzeugung“ – insbesondere
der Windenergie an und vor den Küsten –
mit den industriellen Ballungsräumen
sieht der ABB-Deutschland-Chef „eine der
größten energietechnischen Herausforderungen der Gegenwart“. Die Engpässe im
Fernleitungsnetz müssten rasch überwunden werden – schon jetzt könne Wind-
Foto: EWE
strom nicht immer im möglichen Umfang
Jahresbilanz 2008 hinterlassen: Der Orerzeugt werden, da die Leitungskapazitäderumfang sank im Vorjahr um 3,5 % auf
ten nicht ausreichten. Für den – politisch
3,444 Mrd. Euro.
erwünschten – stärkeren grenzüberschreiDie – nach jahrelangem Personalabbau –
tenden Stromtransport fehlten ebenfalls
2007 geschaffte „Beschäftigungswende“
Leitungen und Kuppelstellen, so der Bel(ABB-Arbeitsdirektor Hendrik Weiler)
gier Smits.
konnte auch im Vorjahr fortgesetzt werAuch im Bereich der Photovoltaik sei
den: Die Zahl der Vollzeitstellen wuchs
ABB inzwischen „einer der Marktführer“,
2008 um 3,6 % auf 11 030 Stellen. Die gebetonte der Vorstandsvorsitzende. Die
genwärtigen Auftrags- und ProduktionsBandbreite der ABB-Angebote in dieser
rückgänge versucht ABB durch den Abbau
Branche reiche von Robotern zum Einsatz
von Leiharbeit, die Nicht-Verlängerung bebei der Herstellung von Solarzellen bis hin
fristeter Verträge und durch Kurzarbeit zu
zu Steuerungen, die schwenkbare Photoüberbrücken. Dank des überwiegend in
voltaik-Panels automatisch stets in Richweniger von konjunkturellen Schwankuntung Sonne ausrichten und nachführen.
gen betroffenen, langfristig geplanten ProFür die Erprobung der Möglichkeiten
duktbereichen angesiedelten Portfolios der
„intelligenter Stromnetze“ hat ABB – geABB mussten im ersten Quartal 2009 allermeinsam mit IBM, EnBW, SAP und der
dings nur rund 900 Mitarbeiter kurzarbeiUniversität Karlsruhe – im Frühjahr ein
ten. In Teilbereichen – insbesondere bei
bis ins Jahr 2012 reichendes Pilotprojekt
Forschung und Entwicklung – waren Ende
„Smart Grids“ begonnen: Gemeinsam mit
März sogar noch rund 100 nicht besetzte
rund 800 Verbrauchern mit sehr unterStellen ausgeschrieben.
schiedlichen Energiebedarfsprofilen soll
Für das Gesamtjahr 2009 wollten weder
versucht werden, durch eine gezielte
der Vorstandsvorsitzende Smits noch ArSteuerung von stromverbrauchenden Gebeitsdirektor Weiler eine Prognose abgerätegruppen den Stromverbrauch an – teilben: Insbesondere im Bereich elektrotechweise simulierte – Schwankungen in der
nischer Komponenten müsse auch ABB
Erzeugung anzupassen. ABB-Chef Smits
„auf Sicht fahren“, so Smits. In anderen Besieht in diesem Einsatz der Fernwirktechreichen, etwa im großtechnischen Energienik „ein enormes Potenzianlagenbau, habe das
al eines wirtschaftlicheren
Unternehmen noch ein
„Die Wirtschaftskri- „solides Auftragspolster“.
Einsatzes von Energieerzeugung und -verbrauch“.
se wird vorüberge- Für die „sicher kommenTrotz der auch bei den
Zeit nach der Krise“
hen, die Notwendig- de
Auftragseingängen bereits
sieht der ABB-Deutschseit Spätsommer 2008 keiten eines techno- land-Chef sein Unternehspürbaren Auswirkungen
aber schon jetzt gut
logischen Umbaus, men
der weltweiten Wirtgerüstet: „Die guten Erschaftskrise konnte die insbesondere im Be- folge bis zum Ausbruch
ABB AG im Vorjahr nochreich der Energie- der Krise belegen, dass
mals neue Rekordwerte
wir die richtigen Antwortechnik, bleiben.“
bei Umsatz und Ergebnis
ten auf die ja bleibenden
erwirtschaften: Der UmABB Deutschland- Herausforderungen eines
satz der Deutschlandtechnologischen Umbaus
Chef Peter Smits
haben.“
Tochter des ABB-KonDer weltweite Umsatz
zerns wuchs um 15,2 %
der ABB Group mit Hauptsitz Zürich war
auf 3,686 Mrd. Euro, das Ergebnis vor
2008 um 19,6 % auf 34,9 Mrd. US-Dollar,
Steuern und Abschreibungen (EBIT) um
der Auftragseingang um 11,5 % auf 38,3
21,1 % auf 373 Mio. Euro. Bei den AufMrd. US-Dollar gewachsen. Das Betriebstragseingängen hat der sich seit dem
ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT)
vierten Quartal 2008 verschärfende und
des ABB-Konzerns betrug 4,6 Mrd. USauch im ersten Quartal 2009 andauernde
Dollar – 13,1 % mehr als 2007.
kw
Abschwung aber bereits Spuren in der
INDUSTRIE & MÄRKTE
MAI 2009
WirtschaftsKurier
9
Das Energie- und Lebenselexier
Wasser | Deutsche Technologien sind weltweit führend bei der Aufbereitung und der Energiegewinnung
Schwerpunkt
VON ULRICH KIRSTEIN
Energie
W
asser ist ein unersetzliches Lebensmittel für Mensch, Tier und
Pflanze, und Wasser ist ein wichtiger und vor allem regenerativer und CO2freier Energieträger. Um ein größeres Bewusstsein zum Thema zu schaffen, hat die
UN nicht nur 2003 als Jahr des Wassers und
2005 bis 2015 als Dekade des Wassers ausgerufen, jetzt soll auch noch jährlich der 22.
März als Weltwassertag begangen werden.
Doch nicht nur kleinere und große Kraftwerke an Flüssen, auch neuartige Projekte
wie Gezeiten- und Wellenkraftwerke sind in
der Erprobungsphase oder liefern bereits
Strom. Auch die Problematik der Wasserreinigung und Aufbereitung des knappen Gutes Wasser bietet für innovative Unternehmen einen weiten Spielraum und große
Marktchancen. Immerhin finanziert Deutschland rund 350 Mio. Euro in Hilfsprojekte zur
Wasserreinhaltung in 28 Ländern. Nicht zuletzt steht auch das in vielen Großstädten
teilweise marode Leitungssystem auf dem
Prüfstand, weil hier Milliarden im wahrsten
Sinne in den Sand gesetzt werden.
So legte der Verband kommunaler Unternehmen (VkU) in einem Positionspapier
zur Bundestagswahl 2009 fest, dass die hohe
Wasserqualität am besten durch kommunale Betriebe gesichert werden könne. Um
die Qualität dieses wichtigsten Nahrungsmittels zu sichern, müssen das Vorsorgeund das Verursacherprinzip umgesetzt werden, so der VkU.
Derzeit liegt der Anteil der Wasserkraft in
Deutschland an der Primärenergie bei 3,4 %
oder 20,7 Terrawattstunden, das ausschöpfbare Maximalpotenzial liegt bei etwa 27 Terrawattstunden. Allerdings sind Neubauten
auf diesem Gebiet kaum noch möglich, weil
die Genehmigungen kaum noch erteilt werden. Allerdings könnten – vor allem im Süden Deutschlands – durch Modernisierung
und Reaktivierung vorhandener Anlagen
noch Leistungssteigerungen erzielt werden.
Der meiste Strom – über 90 % – stammt aus
354 mittleren bis größeren Anlagen, der Rest
aus rund 7 300 Kleinwasseranlagen. Nur
12 % der Anlagen sind im Besitz von Energieversorgungsunternehmen, aber diese erzeugen über 90 % des gesamten Stroms aus
M
solcher kosten- und personalintensiver
Schritt eh kaum möglich. Die bisher größte
Anlage steht aber nicht in Afrika oder Asien,
sondern in Männdorf am Zürichsee in der
Schweiz.
Auch die Aquaworx Deutschland GmbH
aus München hat sich ausreichend Trinkwasser für die Weltbevölkerung auf die Fahnen geschrieben. Ihre Filter funktionieren
aus einer Kombination aus UV-Strahlung
und Ultraschall und können von der Trinkwasserdesinfektion bis zur Abwasserreinigung und Filtration von Prozesswasser eingesetzt werden.
Der Markt der Wasseraufbereitung wird
auf etwa 30 Mrd. Euro bis zum Jahr 2010 geschätzt, der Markt für die Modernisierung
und den Ausbau der Wasserver- und Abwasserentsorgung auf 200 Mrd. US-Dollar
jährlich.
SERIE ENERGIE
Das wohl bekannteste deutsche Wasserkraftwerk am Walchensee, betrieben von der E.ON Wasserkraft.
Wasserkraft. Weltweit stammen 16 % des erzeugten Stroms aus der Wasserkraft.
Deutschlands größter Wasserkraftbetreiber,
die E.ON Wasserkraft, verfügt über 130 eigene und betriebsgeführte Wasserkraftwerke
an Donau, Inn, Isar, Main, Lech, Eder, Diemel, Fulda, Werra, Weser und Leine. Allein
10 Terrawattstunden erzeugen die Laufwasser-, Speicher- und Pumpspeicherkraftwerke. Neben E.ON ist auch die RWE-Tochter
LEW aus Augsburg aktiv in der Wasserkraft
unterwegs und die RWE Power AG verfügt
mit dem Pumpspeicherkraftwerk Herdeck
an der Ruhr über eine Leistung von 153 Megawatt zur Abeckung von Spitzenlasten.
Vattenfall verfügt über Kraftwerkskapazitäten von 2,9 Terrawattstunden, vor allem
durch die beiden Pumpspeicher-Großkraftwerke in Goldisthal und Markersbach.
Gut aufgestellt in allen Bereichen der
Energiegewinnung aus Wasserkraft ist der
Bereich Voith Hydro des Heidenheimer
Technologiekonzerns, ein Joint Venture mit
der Siemens AG. Inzwischen stammen
mehr als 40 000 Generatoren und Turbinen
weltweit von Voith Hydro und erzeugen damit ein Drittel des Stroms aus Wasserkraft.
So erhielt Voith Hydro erst im März 2009
Aufträge über Wasserkraftwerke in China
und den USA im Gesamtwert von 170 Mio.
Euro. Etwa 3 500 Mitarbeiter arbeiten in diesem Konzernbereich, damit zählt Voith zu
den weltweit führenden Anbietern in der
Wasserkraft. Im schottischen Inverness sitzt
mit Wavegen ein Kompetenzzentrum für
Wellenkraftwerke, das auf der rauen Whiskey-Insel Islay bereits ein eigenes Kraftwerk
mit 250 Kilowatt betreibt. Auch am Prinzip
von oszillierenden Wassersäulen forscht
Voith weiterhin sowie an der BreakwaterTechnologie und betreibt eine Pilotanlage in
Mutriku an der spanischen Atlantikküste.
Eifrig geforscht wird auch an Gezeitenkraftwerken, die aber nicht die Stauhöhe des
Foto: E.ON
Wassers – wozu riesige Dämme notwendig
wären –, sondern die kinetische Energie aus
der Meeresströmung ausnutzen. Ein erstes
Projekt mit einer Nennleistung von 600 Megawatt ist bereits jetzt in der Entwicklungsphase.
Der Schwarzwälder Mittelständler Wasserwerk Volk AG aus Gutach verzeichnet
eine hohe Auslastung bis 2010. Spezialisiert
ist Volk auf kleinere und mittlere Anlagen
mit fünf verschiedenen Turbinentypen. Das
Unternehmen weist auf das ideale Verhältnis von Lebensdauer einer Anlage und der
erzeugten Energie bei der Wasserkraft hin:
Während dieser „Erntefaktor“ bei Photovoltaik bei 1,3 liegt und bei Wind bei 19, kann
die Wasserkraft mit 124 aufwarten.
Ein wichtiges Thema ist die Aufbereitung
von Wasser, denn weltweit sterben viele
Menschen, insbesondere Kinder, am „Genuss“ von verseuchtem Wasser. Dies kann
chemisch geschehen, wie im Beitrag der
SüdChemie auf dieser Seite, oder etwa
durch intelligente Filter. Führend in dieser
Technologie ist der Siemens-Konzern unterwegs, der beispielsweise in Australien die
dazu notwendigen Membranen erstellt. Mit
einfach bedienbaren und tragbaren Boxen,
offiziell „Skyhydranten“ genannt, können
auch Erdbebenopfer schnell und problemlos sauberes Wasser erhalten. So einfach die
Wirkung – so schwierig der Weg: Es brauchte über 800 Patente und zehn Jahre Entwicklung, bis der Skyhydrant funktionierte.
Die am Starnberger See gelegene Inge
AG ist auf die Trinkwasseraufbereitung
durch Ultrafiltration spezialisiert. Dabei
sind die Poren der Membrane so winzig,
dass sie gerade noch Wassermoleküle, aber
keinen Schmutz und auch keine Bakterien
oder Viren mehr hindurchlassen. Eine
Nachbehandlung auch bei stark verschmutztem Wasser ist nicht möglich, gerade in vielen Entwicklungsländern ist ein
Auf unseren Schwerpunktseiten Energie
Schwerpunkt
werden wir uns in
den nächsten Ausga- Energie
ben mit den Themen
CO2-freie Kohlekraftwerke und Geothermie beschäftigen:
JUNI-Ausgabe: Neue Trends im Kohlekraftwerksbau, die Renaissance des
Energieträgers Kohle in einem zukunftsträchtigen Energiemix und die
Akzeptanzprobleme der CCS-Technologie in der Bevölkerung sind einige
der Themen.
JULI-Ausgabe: Die Geothermie segelt
oft im Windschatten des öffentlichen
Interesses, doch diese reichlich vorhandene Energiequelle aus dem Erdboden kann über Wärmepumpen zum
Heizen und Kühlen von Gebäuden
und mit Kraftwerken zur Stromerzeugung genutzt werden.
160 Jahre Erfahrung
Chemie schafft Wasserqualität
Hamburg Wasser | Der älteste kommunale Wasserversorger auf dem Kontinent
Süd-Chemie | Effiziente Abwasserreinigung
it Hamburg Wasser entstand 2006
in Hamburg das größte deutsche
Trinkwasserversorgungs- und Abwasserbeseitigungsunternehmen in kommunaler Hand. Die im Konzern zusammengeschlossenen Firmen Hamburger
Wasserwerke GmbH (HWW) und Hamburger Stadtentwässerung AöR (HSE) haben
rund 160 Jahre Erfahrung im Umgang mit
der Ressource Wasser. Sie sind die ältesten
kommunalen Wasserver- und Abwasserbeseitigungsunternehmen auf dem europäischen Kontinent. In 2007 investierte der
Konzern 144 Mio. Euro, die Umsatzerlöse
beliefen sich auf rund 455 Mio. Euro. Hamburg Wasser beschäftigt etwa 2 400 Mitarbeiter, hat drei Tochtergesellschaften: Consulaqua Hamburg GmbH, Service und
Technik GmbH, ServCount Abrechnungsgesellschaft mbH und ist an zwei Unternehmen beteiligt.
Die Wasserversorgung für die Hansestadt Hamburg und die mitversorgten Umlandgemeinden erfolgt seit 1964 ausschließlich aus Grundwasser. Genutzt wird
ein ausgedehntes, komplexes System sowohl oberflächennaher als auch tieferer
Grundwasserleiter. Der Naturraum Hamburg und sein Umland sind durch verschiedene Eiszeiten geformt worden. Das
Landschaftsbild ist geprägt durch die tief
liegenden Marschflächen im breiten Urstromtal der Elbe und die angrenzenden
Geestgebiete. Die Grundwasser führenden
Schichten im Hamburger Raum bestehen
vorwiegend aus Sand und Kies. Für die
Grundwassergewinnung sind die eiszeitlichen Ablagerungen und die darunter lagernden älteren Schichten der oberen und
unteren Braunkohlensande von Bedeutung.
Die Grundwasserförderung der HWW
folgt dem Grundsatz, nur Förderbrunnen
für die Trinkwassergewinnung zu nutzen,
deren Wasser qualitativ unbedenklich ist.
Brunnen, die diesen Ansprüchen nicht genügen, werden außer Betrieb genommen.
Dieser hohe Qualitätsstandard im Interesse aller Verbraucher setzt einen langfristigen und umfassenden Schutz des Grundwassers voraus. Besonders wichtig ist der
Schutz der Ressource in den Wassergewinnungsgebieten, die keine ausreichenden
natürlichen Deckschichten aufweisen. Für
Hamburgs Wasserversorgung sind sieben
Wasserschutzgebiete ausgewiesen. Weitere
werden folgen. Darüber hinaus hat Hamburg Wasser sich durch die Bildung der Kooperation mit Landwirtschaft und Gartenbau in Wasserschutzgebieten entschlossen,
auf die Grundwasserbelastung aus landwirtschaftlicher Flächennutzung Einfluss
zu nehmen und den Grundwasserschutzgedanken bei den Betrieben zu verankern.
Das von Hamburg Wasser aus rund
450 Brunnen geförderte Grundwasser ist
bereits in seinem Ausgangszustand frei von
Schadstoffen. Die aus dem Boden aufgenommenen Inhaltsstoffe, insbesondere
Eisen, Mangan, Kalk, Kohlensäure und in
geringen Mengen Schwefelwasserstoff, bedingen, dass das Grundwasser aufbereitet
werden muss. So wirkt Kohlensäure aggressiv auf das Rohrnetz und führt zu Korrosion. Eisen und Mangan setzen sich an
den Rohrleitungen ab. Schwefelwasserstoff
hingegen ist wegen seines Geruchs und
Geschmacks unerwünscht. Der den natürlichen Reinigungsvorgängen nachgebildete Aufbereitungsprozess in den Wasserwerken beinhaltet zunächst eine Belüftungsstufe, in der das Wasser mit Sauerstoff an-
Das Wasserwerk Baursberg in Hamburg-Blankenese feiert als ältestes Wasserwerk in Hamburg in diesem Jahr sein 150-jähriges Bestehen. Foto: Hamburg Wasser
gereichert wird. Dadurch verflüchtigen
sich Kohlensäure und Schwefelwasserstoff.
Im Wasser gelöstes Eisen und Mangan werden oxidiert und flocken aus. Die festen
Flocken werden in großen Sandfiltern entfernt. Die Rückstände in den Filtern werden regelmäßig durch Spülung ausgetrieben.
Je nach Jahreszeit müssen täglich zwischen 250 000 und 400 000 Kubikmeter von
den 17 Wasserwerken durch das rund 5 500
Kilometer lange Rohrnetz zu den 2 Mio.
Verbrauchern transportiert werden. Um
Wasserverluste durch Rohrbrüche zu minimieren und um die Sicherheit des Versorgungssystems zu gewährleisten, werden
jährlich etwa 35 Mio. Euro in das Netz investiert. Nur rund 4 % des Hamburger
Trinkwassers gehen auf dem Weg zum
Kunden im Netz verloren – ein Spitzenwert. Zum Vergleich: In Großbritannien
sind es 22 %, in Italien sogar 28 %.
Abhängig von der Höhenlage muss im
Rohrnetz ein entsprechender Versorgungsdruck durch elektrisch betriebene Kreiselpumpen aufgebaut sein. Die Höhenlagen
in der Hansestadt liegen in einem Bereich
von teilweise unter Normalnull (NN) in
den Elbniederungen – bis zu 110 Metern in
den Harburger Bergen. Wegen dieser großen Höhenunterschiede ist das Versorgungsgebiet in unterschiedliche Druckzonen unterteilt. Abhängig von der geodätischen Höhe liegt der Versorgungsdruck
zwischen 2,0 und 6,5 bar. An den Übergängen der Druckzonen sind Pumpen zur
Druckerhöhung oder regelbare Armaturen
installiert. So ist es möglich, druckangepasst Trinkwasser von der einen in die andere Versorgungszone zu leiten.
Das Wasserlabor von Hamburg Wasser
gehört zu den größten und bestausgerüsteten in der Bundesrepublik und ist für die
Kontrollaufgaben amtlich zugelassen und
nimmt kontinuierlich an Ringversuchen
teil. Die Qualität wird an Grundwassermessstellen, Förderbrunnen, Verdüsung,
Filter und Reinwasserbehälter kontrolliert
und endet an rund 200 Messstellen am
Zapfhahn – verteilt im ganzen Stadtgebiet.
Jährlich werden rund 58 000 Proben mit
rund 640 000 Parametern analysiert. Das
Hamburger Trinkwasser entsprach und
entspricht jederzeit den gesetzlichen Anforderungen. Alle Werte des von Hamburg
Wasser gelieferten Wassers liegen weit unter den gesetzlich vorgeschriebenen Grenzen. Aufgrund der unterschiedlichen genutzten Grundwasserleiter weist das Hamburger Trinkwasser die Härtebereiche
weich bis hart auf.
as Prinzip aller Dinge ist Wasser“,
wusste schon Thales von Milet,
„aus Wasser ist alles, und ins Wasser kehrt alles zurück“. Zumindest im letzten Punkt hat sich der griechische Philosoph geirrt. Denn heute sorgen moderne
Kläranlagen dafür, dass belastende Stoffe
wie Phospate und Nitrate nicht zurück in
den natürlichen Wasserkreislauf geraten.
Dabei verbessern immer neue Verfahren
die Effizienz und Wirtschaftlichkeit der Anlagen.
Der Schlüssel zum Schutz der lebenswichtigen Ressource Wasser sind Produkte
und Verfahren aus der Chemieindustrie.
Zum Einsatz kommen sie sowohl in kommunalen Kläranlagen als auch in der industriellen Abwasserbehandlung. Einer der
führenden Anbieter ist die Süd-Chemie AG
mit Hauptsitz in München. Der Spezialchemiekonzern entwickelt, produziert und
vertreibt weltweit Additive, Adsorbentien
und Katalysatoren für diverse Industrieanwendungen.
D
Hinzu kommen weitere Vorteile, wie eine
gute Flockungswirkung und die Förderung
der Klärschlammentwässerung von Klärschlamm, die das Süd-Chemie Produkt sowohl mit Blick auf die Umwelt als auch unter wirtschaftlichen Aspekten besonders
attraktiv machen. Das spiegelt sich im
Markterfolg wider: Ein sehr großer Anteil
Mit der Kraft der Natur
Gerhard Kummer, Marktleiter Europa
des Süd-Chemie-Geschäftsbereichs
Abwasser- und Anlagentechnik, kann
maßgeschneiderte Lösungen anbieten, die von einem kompetenten Team
erarbeitet werden.
Foto: Süd-Chemie
Einer der wichtigsten Rohstoffe des Unternehmens ist das Tonmineral Bentonit. Ein
Naturprodukt, das die Süd-Chemie weltweit abbaut und anschließend veredelt –
etwa durch die saure Aktivierung: Dabei
wird der Bentonit mit einer mineralischen
Säure erhitzt und anschließend gefiltert,
gewaschen, getrocknet und vermahlen.
Die Endprodukte kommen dann als Adsorptionsmittel zum Einsatz – etwa bei der
Raffinierung von Speiseölen, in der Papierindustrie oder in Katalysatoren.
Die saure Aktivierung löst aus dem Naturbentonit Aluminium- und Eisenionen.
Beides sind wertvolle Rohstoffe, die in der
Wasserbehandlung als Fällungs- und Flockungsmittel benötigt werden. Auf dieser
Basis hat die Süd-Chemie das Koppelprodukt Südflock K2 entwickelt. Dabei handelt es sich um eine Aluminium-EisenChlorid-Lösung, die in Kläranlagen für
eine effektive Fällung der in Abwässern
enthaltenen Phosphate sorgt. Durch seinen Aluminiumanteil eignet sich das Produkt auch für die Bekämpfung von Fadenbakterien. Sie führen zu Schaumbildung
sowie Bläh- und Schwimmschlamm. Phänomene, die den Reinigungsprozess in
Kläranlagen erschweren und deren Betriebskosten erhöhen. Zudem verhindert
das in Südflock enthaltene Eisen die
Schwefelwasserstoffbildung im Faulturm,
so dass auf eine teure Entschwefelung der
Faul- und Biogase verzichtet werden kann.
der bayerischen Kläranlagen setzt Südflock
ein.
Entscheidend für diesen Erfolg sind die
Kompetenz und das Anlagen-Know-how
der Süd-Chemie. „Wir bieten ein Serviceteam aus Chemikern, Biologen, Klärwerksund Verfahrenstechnikern, das in Zusammenarbeit mit den Kunden maßgeschneiderte Lösungen entwickelt“, sagt Gerhard
Kummer, Marktleiter Europa des Süd-Chemie Geschäftsbereichs Abwasser- und Anlagentechnik. Auf Basis von Südflock sind
so bereits zahlreiche innovative Problemlösungen für die Wasserbehandlung entstanden. Was das bedeute, lässt sich am besten
an einem Beispiel aus der Praxis zeigen.
Sparpotenziale in Millionenhöhe
Angesichts neuer gesetzlicher Auflagen
plante das Klärwerk Landshut ursprünglich ein Ausbaukonzept zur Stickstoffelimination, veranschlagt war dafür ein
Kostenvolumen von rund 30 Mio. Euro.
Mithilfe der patentierten Süd-Chemie Lösungen zur Stickstoffelimination – den
SDN- und Terra-N-Verfahren – konnte die
Stadt jedoch auf die Baumaßnahmen verzichten, die Investitionskosten auf unter
1 Mio. Euro senken und den Stickstoffeintrag deutlich unter dem geforderten
Grenzwert halten.
Die Entwicklung geht weiter: Derzeit bereiten das Klärwerk und Süd-Chemie die
Anlage für das Deammonifikationsverfahren vor. Anders als bei der herkömmlichen
Nitrifikation und Denitrifikation wird dabei das Ammonium im Abwasser nicht zu
Nitrat, sondern nur teilweise zu Nitrit oxidiert. Ammonium und Nitrit werden dann
durch spezielle Mikoorganismen in Stickstoff umgewandelt. Die Vorteile: Das neue
Verfahren senkt den Bedarf an Betriebsstoffen sowie den Energieverbrauch für die
Klärschlammbelüftung und damit die Kosten für den Betreiber um weitere 30 %. Zudem setzen die chemischen Umwandlungsprozesse rund 90 % weniger CO2 frei.
„Die Deammonifikation ermöglicht also
eine besonders kostengünstige Abwasserreinigung und leistet zugleich einen Beitrag im Kampf gegen den Klimawandel“,
betont Dr. Christoph Riemer, Leiter der Geschäftsentwicklung im Süd-Chemie Geschäftsbereich Wasserbehandlung.
Viele Kläranlagen nutzen die in Faultürmen freigesetzten Biogase wie Methan
bereits zur Stromproduktion. Um die Methanausbeute und damit die Leistungsfähigkeit der Anlagen zu erhöhen, entwickelt
die Süd-Chemie aktuell ein so genanntes
Desintegrationsverfahren. Dabei wird der
biologische Schlamm durch ein elektrisches Feld geleitet. Die anliegende Wechselspannung bringt die Mikroorganismen
in Schwingungen, sodass große Mengen
einzelner Zellen geöffnet werden. Deren
Inhalt ist dann als zusätzliche Biomasse für
die Methangasentwicklung verfügbar.
Auch hier ist das Ergebnis ein Mehrfachgewinn für Umwelt und Betreiber: Klärwerke
entwickeln sich heute zu alternativen
Kraftwerken und werden vermehrt Strom
ins Netz einspeisen. Das macht die Abwasserreinigung noch attraktiver. Gleichzeitig
sinken die Betriebskosten, weil das Klärschlammvolumen abnimmt und seine
Masse deutlich reduziert wird. Die Markteinführung des Verfahrens ist bereits für
Mitte dieses Jahres geplant. Von den Vorteilen können sowohl kommunale Klärgasanwender als auch die zahlreichen privatwirtschaftlichen Biogas-Hersteller profitieren, die sich gegenwärtig ganz besonders
in Bayern etablieren. Damit beweist die
Süd-Chemie einmal mehr, dass sich Umweltschutz und Wirtschaftlichkeit hervorragend ergänzen können und so der Gesellschaft insgesamt dienen.
INDUSTRIE & MÄRKTE
10 WirtschaftsKurier
MAI 2009
Lichttapeten und Solarzellen von der Rolle
Organische Leuchtdioden (OLED) | Viel versprechende Zukunftstechnologie
VON RAINER BURKHARDT
W
enn er Vorträge über die neue
Lichttechnologie hält, lässt Professor Dr. Karl Leo gern ein
Fläschchen mit einem unscheinbaren rotbraunen Pulver herumgehen. Wer es sieht,
mag kaum glauben, dass winzige Mengen
davon genügen, um Licht zu erzeugen.
Umso größer ist der Aha-Effekt, wenn die
Zuhörer dann die ebenfalls mitgebrachte
kleine OLED-Kachel in der Hand halten
und mit Batteriehilfe anknipsen. „Wer das
erlebt hat, der ist begeistert“, hat Leo immer wieder beobachtet.
Der hochgewachsene 48-Jährige leitet
zwei eng miteinander kooperierende Zentren der deutschen OLED-Forschung: das
Institut für Angewandte Photophysik
(IAPP) der Technischen Universität Dresden und das Fraunhofer-Institut für Photonische Mikrosysteme (IPP). Von den herkömmlichen Leuchtdioden (Light Emitting
Diodes, kurz LEDs) unterscheiden sich
OLEDs erheblich: LEDs bestehen aus anorganischen Halbleiterkristallen und eignen
sich daher ideal als helle Punktlichtquellen, wie sie zum Beispiel in modernen Autoscheinwerfern strahlen. Dagegen handelt es sich bei OLEDs um Bauelemente
aus hauchdünnen organischen Schichten,
die beim Anlegen einer Spannung Licht
aussenden. Damit lassen sich zum Beispiel
in Zukunft große und flexible Leuchtflächen herstellen, die weit weniger Strom
benötigen und ein angenehmeres Licht
spenden als heutige Energiesparlampen.
Entdeckt wurden die ersten „leuchtenden Kunststoffe“ vor etwa 20 Jahren. Kom-
SERIE INNOVATION
Wie wäre es, wenn
unser Wohnzimmer
abends mit hellen, per
…wo Deutschland
spitze ist!
Fingerdruck dimmbaren Tapeten beleuchtet wäre? Wenn
wir fernsehen an Bildschirmen, die
dünner sind als eine Kreditkarte?
Wenn der Tacho an der Windschutzscheibe „klebt“? Die Entwicklung der
OLED-Technologie erlaubt faszinierende Anwendungen. Experten halten sie
für so viel versprechend wie die Mikroelektronik in den 60er Jahren.
In einer losen Serie stellt der WirtschaftsKurier Innovationen aus
Deutschland vor.
INNO
VATION
W
Eine Kachel mit OLED-Beschichtung, die damit zum Leuchten gebracht werden kann.
merziell genutzt wurden sie zuerst in der
Displaytechnik. Denn hier haben OLEDs
einen entscheidenden Vorteil: Sie brauchen keine Hintergrundbeleuchtung und
bieten aus jedem Blickwinkel ein gestochen scharfes Bild. So sind Handys, Kameras, MP3-Player und Autoradios mit OLEDDisplays ausgestattet.
Die weltweit führenden japanischen und
koreanischen Hersteller wie Sony oder
Samsung verfolgen ein weit ehrgeizigeres
Ziel: große Flachbildschirme, dünner als
eine Kreditkarte. Den ersten OLED-Fernseher der Welt hat Sony bereits 2008 in Japan,
den USA und Kanada auf den Markt gebracht; ganze drei Millimeter dünn ist der
Elf-Zoll-Monitor. Ein Gerät mit einer Bildschirmdiagonale von 27 Zoll (knapp
69 Zentimeter) soll in diesem Jahr in Serie
gehen. „Die OLED-Technologie hat das Potenzial, die heutigen LCD- und PlasmaFernseher abzulösen“, urteilt Paul Semenza, Vizepräsident der Marktforschungsfirma iSuppli. Allerdings muss dazu die Lebensdauer der organischen Leuchtdioden
deutlich erhöht werden: von 5 000 bis
10 000 Stunden – wie in den gängigen
OLED-Displays – auf 30 000 bis 50 000
Stunden, und zwar nicht nur im Labor,
sondern auch in kostengünstiger Serienfertigung.
Neben der Displaytechnik winkt ein
zweiter bereits greifbarer Milliardenmarkt:
neuartige Beleuchtungssysteme, die sich
auf fast jeder Oberfläche anbringen lassen
und ähnlich wie Tageslicht eine diffuse, angenehm empfundene Helligkeit bieten.
„Großflächige Leuchtpaneele oder -tapeten an Decken und Wänden, die schönes
weißes Licht geben, aber auch auf andere
Farbtemperaturen einstellbar sind, werden
schon in zehn Jahren Wohnungen und Büros erhellen“, erwartet Leo. Einschalten
und sogar dimmen lassen sie sich direkt
per Fingerdruck. Eine weitere Vision: Direkt auf dem Glas aufgebrachte OLEDStrukturen sollen Fenster möglich machen,
die tagsüber Sonnenlicht hineinlassen und
abends als Flächenlampe dienen.
Allerdings sind auch hier – wie im Displaybereich – noch einige technologische
Herausforderungen zu meistern, bis die
OLEDs für den Massenmarkt reif sind, insbesondere was Effizienz und Lebensdauer,
aber auch kostengünstige Massenproduktion angeht.
Bei der Optimierung der OLED-Technologie ist die Dresdner Novaled AG, die 2003
Foto: Fraunhofer IPMS
aus dem TU-Institut IAPP und dem Fraunhofer-IPMS hervorging, an vorderster
Front dabei. Neben der Displaytechnik hat
sich das junge Unternehmen, das über
mehr als 440 erteilte und angemeldete Patente verfügt, auf das Thema Beleuchtung
fokussiert. Trumpfkarte von Novaled ist die
so genannte PIN-Technologie. Dabei wird das
Material gezielt verunreinigt. Auf diese Weise
lässt sich die Leistungsfähigkeit organischer
Leuchtdioden stark verbessern.
Novaled hat damit
entscheidend zum Erfolg des europäischen
Fo r s c h u n g s p r o j e k t s
OLLA beigetragen, an
dem 24 Forschungseinrichtungen, Universitäten und Unternehmen mitwirkten –
darunter Philips, Osram Opto Semiconductors, Siemens und der Chemiekonzern
Merck. In nur drei Jahren gelang es, die
Lichtausbeute (Lumen pro Watt), Lebensdauer und Kachelfläche weißer OLEDs
mehr als zu verdoppeln. Mit rund 50 Lumen pro Watt und einer Lebensdauer von
INNO
10 000 Stunden können die 30 mal 30 Zentimeter großen Quadrate schon mit
Leuchtstoffröhren mithalten. Jetzt setzen
Philips, Osram und Siemens zusammen
mit Novaled und dem IPMS zum nächsten
Sprung an: Ziel des Projekts OLED100.eu
ist es, den Wirkungsgrad zu verdoppeln,
die Lebensdauer auf 100 000 Stunden, also
das Zehnfache, zu steigern – und Leuchtflächen zum Quadratmeterpreis von 100 Euro
zu realisieren.
Die OLED-Technologie verspricht nämlich enorme Kostenvorteile. Denn im Prinzip ist die Herstellung recht simpel: „Hat
man einmal die organischen Substanzen
als Schichtstruktur auf ein Trägermaterial
aufgebracht, dann sind, überspitzt gesagt,
die OLED-Lampe oder das Display auch
schon fast fertig“, skizziert Novaled-Technikvorstand Jan Blochwitz-Nimoth das
Verfahren. In der Praxis heißt das freilich,
anspruchsvolle Hightech-Prozesse produktionstauglich zu machen, sprich: auf verlässliche Qualität und höchste Effizienz zu
trimmen. Daran arbeiten die Wissenschaftler des „Center for Organic Materials and
Electronic Devices Dresden“ (COMEDD)
am IPP. Im Visier: preisgünstige OLEDs von
der Rolle. Gemeinsam mit Kollegen vom
Fraunhofer-Institut für Elektronenstrahlund Plasmatechnik (FEP), ebenfalls in
Dresden, entwickeln sie dafür die Beschichtungstechnologie – im Rahmen des
Projekts Rollex, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert wird.
Die Vakuumanlage dafür liefert die Von
Ardenne Anlagentechnik GmbH. Auch sie
sitzt in der sächsischen
Landeshauptstadt, die
sich mit ihrem Umland
inzwischen zur weltgrößten Technologiekonzentration
ihrer
Art, „Organic Electronic Saxony“ (OES), entwickelt hat. Rund
750 Menschen arbeiten
hier in 15 Firmen und
acht Forschungseinrichtungen daran, die
OLED-Technologie zu verbessern und in
die Anwendung zu bringen. „1995 waren es
gerade mal fünf Wissenschaftler“, erinnert
sich Leo an die bescheidenen Anfänge.
Neben der Novaled AG, die heute 90 Mitarbeiter beschäftigt und mit ihren dreistelligen Wachstumsraten beim Umsatz zu
Europas Senkrechtstartern gehört, sind
weitere Gründerunternehmen entstanden.
VATION
…wo Deutschland
spitze ist!
Zum Beispiel die Heliatek GmbH, die mit
dem Rolle-zu-Rolle-Verfahren extrem kostengünstige, großflächige Kunststoff-Solarzellen herstellen will – ein Vorhaben, dass
so namhafte Investoren wie BASF Venture
Capital und Robert Bosch angelockt hat.
Derweil geht der Innovationswettlauf unvermindert weiter. Zu den Produktideen,
die in deutschen Entwicklungslabors reifen, gehören zum Beispiel OLED-Minidisplays, die Dokumente fälschungssicherer machen sollen, oder halbtransparente OLED-Anzeigen auf der Windschutzscheibe; damit könnten Autofahrer gleichzeitig den Verkehr und den
Tacho im Blick behalten. Noch ungeahnte Möglichkeiten birgt die Verbindung
von organischen Leuchtdioden mit herkömmlicher Mikroelektronik. So kann
sich Leo intelligente Etiketten vorstellen
– „etwa eine Milchpackung, die rot aufleuchtet, wenn der Inhalt nicht mehr genießbar ist“.
OLED IM WEB
Weitere Informationen zum Thema
(zum Teil in Englisch) finden Sie unter
folgenden Internet-Adressen:
Allgemein:
www.bmbf.de unter „Forschung“
–> „Neue Technologien“
–> „Optische Technologien“
Grundlagenentwicklung
(auch für Produktion):
www.ipms.fraunhofer.de
Organische Displays:
www.oled-info.com und
www.oled-display.net
OLEDs für Beleuchtung:
www.olla-projekt.org
Sicher ist: Das Potenzial der OLED-Technologie ist noch lange nicht ausgeschöpft.
„Wir stehen erst am Anfang, wie die Mikroelektronik in den 60er Jahren“, sagt Karl
Leo. „Da hat auch noch niemand an den
iPod gedacht.“ Kein Wunder, dass Staat
und Industrie jetzt in die Offensive gehen:
100 Mio. Euro stellt das Bundesforschungsministerium in den nächsten Jahren für die
OLED-Forschung und -Entwicklung bereit.
500 Mio. Euro wollen die an der OLED-Initiative beteiligten Unternehmen – darunter BASF, Merck, Osram und Philips – dafür
investieren und eine leistungsfähige Fertigung von OLED-Produkten in Deutschland
aufbauen.
Think glocal
Management der Zukunft
Amerikaner waschen weniger
EADS | Die Verteidigungssparte wächst weiter
Erfolgreiche Strategien | 1. Bayreuther Ökonomiekongress
WashTec | Saubere Bilanz trotz Krise
enn eines krisensicher zu sein
scheint, dann die Erwartung,
dass eine neue Krise nicht lange
auf sich warten lässt. Das zunehmende Bedürfnis der Staaten nach Absicherung ist
das, was die Auftragsbücher der EADS
Sparte Defence & Security seit Jahren füllt.
Keine andere Division des deutsch-französischen Luft- und Raumfahrtspezialisten
kann mit derart erfreulichen Zahlen und
Zukunftsaussichten auftrumpfen wie die
Verteidigungsspezialisten. Kein Wunder
also, dass Spartenchef Dr. Stefan Zoller und
seine für die Finanzen verantwortliche Kollegin Dr. Gerlinde Honold beim Financial
Round Table in Unterschleißheim bei
München wiederholt betonten: wir wollen
und werden weiter wachsen.
Die Division Verteidigung und Sicherheit
ist in die vier Geschäftsbereiche Military
Air Systems, Defence and Communications Systems, MBDA – EADS hält 37,5 % der
Anteile am Weltmarktführer für Lenkwaffen – und Defence Electronics gegliedert.
Sie alle haben zu dem Rekordergebnis des
Jahres 2008 beigetragen: Beachtliche
408 Mio. Euro – ein Plus von 7,2 % – stehen
unterm Strich beim operativen Ergebnis.
Geht es nach dem Willen Zollers, so soll
der Wachstumskurs der letzten Jahre auch
2009 beibehalten werden, denn er beabsichtige nicht, am Plan etwas zu ändern
und sei sogar „durchaus optimistisch, dass
wir es noch besser machen können“.
Ebenfalls erfreulich stimmte Zoller, dass
das Hin und Her um die dritte Tranche der
insgesamt 620 Eurofighter umfassenden
Lieferung an Deutschland, Italien, Großbritannien und Spanien wohl doch noch
ein gutes Ende finde. Man würde sich wohl
in den nächsten Tagen auf eine Lieferung
von 112 der ursprünglich 236 vorgesehenen Kampfflugzeuge einigen.
Grundsätzlich muss sich der CEO aber
keine Sorgen um die Auslastung seiner
Produktionslinie machen. Von Vorteil für
die Abwehrsparte ist, dass es sich hier um
ein nicht besonders volatiles Geschäft handelt, das erst mit zwei bis drei Jahren Verzögerung auf eine Krise reagiert. Außerdem erwartet Zoller nicht, dass es bei den
Verteidigungsbudgets der Staaten in den
nächsten Jahren zu Kürzungen kommen
werde. Für die USA rechnet er – trotz der
weniger Kriegs-affinen neuen Administration – mit einem Anstieg des Verteidigungsetats beziehungsweise höchstens mit
einer Verschiebung der Prioritäten. Besonderes Potenzial sieht der Spartenchef aber
im aufstrebenden Indien. EADS hat hier
schon seine größte Eurofighter-Kampagne
gestartet.
Auch im Bereich Sicherheit muss bei einem Rüstungskonzern nicht mit einer
Flaute gerechnet werden. Denn dann komme es vermehrt zu Migrationen, das mache ein zusätzliches Absichern von Staatsgrenzen nötig und führe zu ansteigenden
Budgets. Verstärkt engagiert sich der Luftund Raumfahrtkonzern hier im Mittleren
Osten, schielt aber auch mit einem Auge in
Richtung Wachstumsmarkt Asien.
Glauben an den Export verloren
Für die Zukunft wünscht sich Zoller eine
mehr globale Ausrichtung seiner Division:
„Wir sind noch zu sehr eine europäische
Firma“ und das könne nicht genug sein.
Man müsse globaler denken. Bisher habe
man sich zu sehr auf den Exportmarkt
konzentriert, aber, so betont Zoller: „Ich
glaube nicht mehr an den Export.“ Die
Kunden würden zunehmend gerne die Verteidigungsprodukte im eigenen Land herstellen, weshalb man von der „single source supply“ wegkommen müsse.
Nach den Zahlen der Defence & Security
Sparte steht einer internationalen Expansion, zumindest aus monetärer Sicht, nichts
entgegen. CFO Dr. Gerlinde Honold kann
auf ein gut gefülltes Auftragsbuch in Höhe
von etwas mehr als 17 Mrd. Euro als stabile Grundlage für die nächsten Jahre bauen.
Vor diesem Hintergrund gäbe es auch keine Veranlassung, den Fahrplan nicht weiterzuverfolgen und man werde deshalb
nicht aufhören, weiter zu investieren und
neue Leute einzustellen, schließlich wolle
EADS weiter wachsen, so Honold. Der Anstieg des operativen Ergebnisses um 18 %
auf 408 Mio. Euro zeigt, dass Defence & Security die lukrativste Sparte des Konzerns
ist. Immerhin entspricht dies fast 15 % des
Gesamtkonzernergebnisses von 2,8 Mrd.
Euro. Hierbei handele es sich nicht um einen einmaligen Effekt, es zeigen vielmehr
die zahlreichen Umstrukturierungsmaßnahmen ihre Wirkung.
cm
D
Das Audimax der Universität Bayreuth.
D
ie gegenwärtigen Ereignisse in der
Weltwirtschaft haben zur Folge,
dass die in Wissenschaft und Praxis
entwickelten Managementmethoden und
Vorgehensweisen auf den Prüfstand gestellt werden, um sie gezielt weiterzuentwickeln und zu optimieren. Nach dem
Motto „Ein Blick ins Buch – und zwei ins
Leben!“ (Johann Wolfgang von Goethe) will
die Rechts- und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät der Universität Bayreuth diesen Anlass nutzen, um mit dem 1. Ökonomie und Alumnikongress eine Plattform
für Wissenschaft und Praxis zu bieten, diese Entwicklungen zu unterstützen.
Der Kongress steht unter dem Leitgedanken „Managementmethoden der Zukunft – Erfolgreiche Strategien in stürmischen Zeiten” und findet am 19./20. Juni
2009 in den Räumlichkeiten der Universität Bayreuth statt. Er wendet sich an Führungskräfte von Unternehmen, öffentliche
Institutionen, Vertreterinnen und Vertreter
Foto: Universität Bayreuth
aus Politik, Wissenschaft und Medien
ebenso wie an aktuelle und ehemalige Studenten der Universität Bayreuth und an
die interessierte Öffentlichkeit.
Ziel ist es, den Teilnehmern des Kongresses einen spannenden und möglichst praxisnahen Einblick in aktuelle betriebswirtschaftliche Problemstellungen und deren
Lösungsoptionen zu ermöglichen. Unter
der Schirmherrschaft von Bundeswirtschaftsminister Dr. Karl-Theodor Freiherr
von und zu Guttenberg diskutieren auf
dem Kongress nationale und internationale Top-Referenten. Vor- und Querdenker
der deutschen Wirtschaft kommen zu
Wort. Sie behandeln die wichtigsten Zukunftstrends im Management und zeigen
außerdem innovative Strategien und Konzepte auf. Damit erhalten die Teilnehmer
nicht nur wertvolle Anregungen für ihren
Arbeitsalltag, sondern bekommen Einsicht in top-aktuelle Managementmethoden.
REFERENTEN
S. D. Albrecht, Fürst zu Castell-Castell
Dr. Burkhard Bamberger, CFO, Douglas Holding
Anselm Bilgri, ehemaliger Prior im Kloster Andechs
Michael Börnicke, Vorstand, Escada
Boris Grundl, Gründer und Geschäftsführer der Grundl Leadership Akademie
Wolfgang Grupp, Alleiniger Geschäftsführer und Inhaber der Trigema
Marc Heß, CFO, Deutsche Postbank
Andreas Hübner, Geschäftsführer, Lazard Asset Management GmbH
Prof. Dr. Rolf Kreibich, Leiter des Instituts für Zukunftsstudien und Technologiebewertung
Dr. Herbert Meyer, Präsident der Prüfstelle für Rechnungslegung
Hans Dieter Pötsch, CFO, Volkswagen
Dr. Bernd Rödl, Gründer und geschäftsführender Partner, Rödl & Partner
Prof. Dr. Burkhard Schwenker, CEO, Roland Berger Strategy Consultants
ie Wirtschaftskrise schlägt jetzt
deutlich auf den Arbeitsmarkt
durch. Obwohl viele Unternehmen
das Instrument der Kurzarbeit nutzen, ist
die Arbeitslosenzahl im März gestiegen.
Mit insgesamt 3,586 Mio. Arbeitslosen beträgt die Arbeitslosenquote nun 8,6 %. Mit
Einsetzen der Frühjahrsbelebung war in
den vergangenen Jahren im März die Arbeitslosigkeit immer gesunken. Erstmals
seit mehr als drei Jahren ist sie gestiegen.
Neben den Banken hat es die Automobilbranche besonders hart getroffen. Von General Motors bis zu BMW und Daimler –
fast alle Hersteller müssen wegen des
Nachfrageeinbruchs ihre Produktion drosseln, weil die Nachfrage auf der ganzen
Welt wegbricht. Die Folge: Auch bei den
Automobilzulieferern stehen die Bänder
still. Die Lage dieser Branche spitzt sich
dramatisch zu. Geiger Technologies aus
Garmisch-Partenkirchen beispielsweise ist
bankrott. Das Unternehmen produzierte
Kunststoffkomponenten für die Automobilindustrie. Die Industrie der Autozulieferer befindet sich auf Talfahrt. Europas größter Autowaschanlagen-Hersteller WashTec
dagegen präsentierte trotz Wirtschaftskrise
eine saubere Bilanz für 2008.
Das Augsburger Unternehmen steigerte
im vergangenen Jahr seinen Umsatz um
knapp 2 % auf 285 Mio. Euro. „Durch das
Chemie- und Servicegeschäft haben wir
ein Drittel des Umsatzes erwirtschaftet.
Das sind knapp 100 Mio. Euro“, sagte
Christian Bernert, Finanzvorstand von
WashTec. Europaweit beschäftigt die mittelständische Firma 600 Servicetechniker,
davon knapp 250 in Deutschland. „Die Anlagen müssen regelmäßig gewartet werden. Die Kunden wollen profitabel waschen und dafür ist ein guter Service notwendig“, so Bernert. Die Qualität habe sich
durch neue drehbare Düsen und die Fernüberwachung von Programmen verbessert. Allein am Standort Augsburg hat
WashTec 1 Mio. Euro investiert und seine
Angebote weiter ausgebaut. „2008 haben
wir den Chemiehersteller Auwa-Chemie
übernommen. Die Chemieumsätze stiegen
von 4,8 Mio. Euro auf 14,4 Mio. Euro“, freute sich Bernert. Das Betriebsergebnis
wuchs auf 29,4 Mio. Euro. 2008 sei die finanzielle Entwicklung trotz Finanzkrise
stabil gewesen. Allerdings sei das vierte
Quartal schlecht gelaufen. „Die Kunden
haben weniger Neuanlagen gekauft. Besonders auf dem nordamerikanischen
Markt ist die Nachfrage gesunken“, so der
Finanzvorstand, „wir liegen im ersten
Quartal 2009 unter dem Umsatz des Vorjahres. Das Investitionsverhalten ist zurückhaltend“. Auch für das Gesamtjahr
2009 wird ein Absatzrückgang im Maschinengeschäft erwartet. Bernert dazu: „Wir
haben bereits Kostensenkungs- und Effizienzmaßnahmen forciert, um unsere Kostenstrukturen den Umsatzschwankungen
anzupassen.“
Wachstumschancen
im Osteuropageschäft
Im laufenden Jahr seien an dem Standort
keine nennenswerten Investitionen geplant. Dafür gebe es länderspezifische
Strategien zur optimalen Marktausschöpfung. „In China haben wir 2008 eine Tochtergesellschaft gegründet. Dort kaufen wir
Teile und Komponenten ein“, betonte Bernert. Daneben verzeichne das Unternehmen eine positive Entwicklung in Osteuropa. „Dort werden die Autos häufig noch
mit der Hand gewaschen. Die automatische Wäsche ist bisher nicht so verbreitet.
Wegen des steigenden Wirtschaftsaufkommens wird die Fahrzeugdichte zunehmen
und damit auch die Nachfrage nach automatischer Fahrzeugwäsche“, meinte er.
Um trotz Wirtschaftskrise zu wachsen und
weiterhin Marktführer zu bleiben, setzt
WashTec neben der Erschließung neuer
Märkte auch auf innovative Produkte und
eine verbesserte Marktausschöpfung. Ob
die Rechnung aufgeht, wird sich noch zeigen. Denn der Autoindustrie könnte eine
ähnliche Krise drohen, wie sie die Banken
in aller Welt bereits durchgemacht haben.
Die Angst vor Übernahmen macht die
Runde. Aus ansonsten abwegigen Überlegungen – beispielsweise entwicklen Daimler und BMW gemeinsam Motoren – könnte in Krisenzeiten schnell tatsächlich eine
Fusion werden. Das mag so manchem Beobachter abstrus erscheinen. In einem
Punkt sind sich die Experten aber einig:
Die Finanzkrise ist in der Realwirtschaft
angekommen und zwar zuerst in Deutschlands Vorzeigeindustrie.
nr
CONSULTER
MAI 2009
WirtschaftsKurier
Eine Frage der Qualität
Kraft von innen
Consulter | Wachstum trotz oder wegen der Krise
Inhouse Consulting | Ein fester Bestandteil im deutschen Beratungsmarkt
VON ULRICH KIRSTEIN
I
In Krisenzeiten sind Consulter genauso
gefragt wie in Boomzeiten. „Nur wenn
keiner weiß, wie es weitergehen wird,
dann sieht es schlecht aus für die Branche”,
so äußerte sich einmal Roland Berger über
seine Zunft. Problem nur, dass gegenwärtig
eine Krise herrscht und niemand recht
weiß, wie die Zukunft aussieht! Trotzdem
rechnet die Consulting-Szene mit einem
Wachstum von 3 % in diesem Jahr – was
nach 10,7 % im Vorjahr schon „einem Einbruch nahekommt”, so der Bundesverband
Deutscher Unternehmensberater, BDU.
18,2 Mrd. Euro setzten die im BDU organisierten Berater 2008 um. Dabei ist die
Beraterbranche sehr heterogen gestaffelt,
neben international agierenden Gesellschaften sind die knapp 86 000 Unternehmensberater in insgesamt 13 600 Beratungsunternehmen tätig – viele also in Einoder Zweimann-Büros. Nach der jüngsten
Liste des Marktforschungsunternehmens
Lünendonk GmbH aus Kaufbeuren über
die Top-25 der Managementberatungsunternehmen in Deutschland (Stand 2007,
nach Umsatzgröße) führt hier McKinsey
vor Roland Berger, Boston Consulting, Deloitte Consulting, Booz Allen Hamilton,
Capgemini, Storia Mummert, Bearing
Point, Oliver Wyman und Bain & Comp.,
um die ersten zehn zu nennen. Unter die
ersten 25 gehören aber auch A.T. Kearney,
Droege Int. oder Dornier Consulting. Während diese Großen ganz überwiegend die
Strategieberatung als wichtiges Themenfeld behandeln, sind viele gerade der mittelständischen Beratungen – laut Lünendonk sind hier Droege, Zeb/Rolfes Schierenbeck Ass. aus Münster und Simon, Kucher & Partners aus Bonn an erster Stelle
zu nennen – oftmals auf weitere Spezialgebiete fokussiert.
An erster Stelle dieser Spezialthemen
dürfte die IT-Beratung (von der Nürnberger Datev bis zu IDS Scheer) liegen, aber
auch die Personalberatung (wie Kienbaum,
Pape oder von Rundstedt) und die Sanierungs- und Insolvenzberatung, Finanzierungsberatung und in jüngster Zeit die
Energieberatung spielen eine immer wichtigere Rolle. Im Schatten der Siemens- und
anderer Skandale werden Fragestellungen
rund um den Themenkomplex Compliance überdies immer wichtiger.
Doch in Zeiten der Krise werden auch
immer wieder die Leistungen der Berater
insgesamt hinterfragt. So haben einige
Dax-Konzerne ihre Inhouse-ConsultingAbteilungen in die Initiative „dichter dran“
eingebracht. Denn die Beratung von innen
Ein guter Berater sollte das Selbstverständliche in Frage stellen.
Foto: Fotolia
erlebte 2008 als ein sehr erfolgreiches Jahr
und rechnet auch 2009 mit weiterem
Wachstum. Die Unternehmen wollen diese
Inhouse-Beratungen als Alternative und
wichtige Ergänzung zu außen stehenden
Consultern sehen. Kenntnisse der internen
Strukturen, eine höhere Akzeptanz bei der
Umsetzung von Vorschlägen und nicht zuletzt ein hohes Potenzial an künftigen Führungskräften in anderen Abteilungen gelten als typische Vorteile. Viele beratene Unternehmen, die nicht über die Möglichkeiten verfügen, eigene Consulting-Abteilungen zu gründen, denken darüber nach, ob
die Leistungen der Consulter nicht auch
erfolgsabhängig honoriert werden könnten. Verständlicherweise setzen dem die
Berater eine „Bezahlung nach Aufwand“
entgegen, weil nur so die Qualität der Beratung gewährleistet werden könne.
Viele der größeren Beratungsunternehmen betreiben eine intensive Erforschung
von Branchen und Märkten, wobei sie die
Ergebnisse dieser Studien – zum Teil gegen
Entgelt – publik machen. So veröffentlicht
zum Beispiel die größte Beratung, McKinsey, im „McKinsey Quarterly“ Neuigkeiten
über Entwicklungen im Management –
weltweit. Sonderhefte zu Themen wie China oder den Klimawandel werden darüber
hinaus angeboten. Ein eigenes McKinsey
Global Institute (MGI) erarbeitet als interne, eigene Wirtschaftsforschungseinrichtung mit Sitz in Washington D.C. Studien
zu Wachstumsfaktoren in den Volkswirtschaften der Welt. Die Erkenntnisse sollen
dabei aus einer Verbindung von Wirtschaftswissenschaft mit Unternehmensmanagement sprudeln. Das MGI arbeitet
eng mit einer Vielzahl von Wissenschaftlern – darunter eine ganze Reihe von Nobelpreisträgern – zusammen, außerdem
werden McKinsey-Berater aus der ganzen
Welt als Fellows für sechs bis zwölf Monate
zu einzelnen Projekten hinzugezogen.
Doch zurück zu den unerfreulichen Tatsachen der gegenwärtigen Finanz- und
Wirtschaftskrise: Angesichts dieser Lage
sehen die BDU-Mitglieder einen hohen
Beratungsbedarf vor allem bei allen Projekten rund um die Kostenreduzierung, das
Risikomanagement und die Differenzierung beziehungsweise Anpassung von Geschäftsmodellen an die gegenwärtige Situation. Im Endeffekt geht es nicht um die
einzig richtige Beratung von innen oder
außen, es geht um die Qualität der Beratung und ihre Gewährleistung!
VON DR. ALEXANDER MOSCHO*
I
nterne Unternehmensberatungen haben sich seit 2001 etabliert und werden
immer häufiger auch als Alternative oder
Ergänzung zu externen Beratern eingesetzt.
Bei strategischen, operativen und administrativen Fragen nutzen große deutsche Unternehmen eigens hierfür geschaffene interne Einheiten: das Inhouse Consulting.
Mittlerweile beschäftigen zwei Drittel aller DAX-30-Unternehmen eigene Berater,
und auch weltweit setzen sich die Inhouse
Consulting-Einheiten weiter durch. Organisiert als selbstständige Konzernunternehmen und Tochtergesellschaften oder in
Form von Konzern-Serviceabteilungen,
werden diese Einheiten als Alternativen
oder auch als Ergänzung zu externen Beratungsteams eingesetzt. In den vergangenen
Jahren zeigte Inhouse Consulting ein deutlich stärkeres Wachstum als die externen
Beratungsgesellschaften – eine ähnliche
Entwicklung wird für die kommenden Jahre
prognostiziert. Nach einer Studie von Bayer
Business Services und der European Business School (ebs) zum deutschen Inhouse
Consulting-Markt gibt es derzeit in
Deutschland bis zu 150 Inhouse Consulting-Einheiten in denen circa 2 000 bis 2 600
Berater arbeiten. 2007 betrug der Umsatz
der Inhouse-Berater 450 bis 650 Mio. Euro.
Die unternehmensinterne Position der
Inhouse Consulting-Einheiten bringt die
Vorteile umfangreicher Kenntnis und Vertrautheit der konzerninternen Strukturen
sowie eine hohe Vernetzung innerhalb des
Unternehmens und Akzeptanz bei den Mitarbeitern mit sich. Projekte können somit
schneller und besser umgesetzt werden. Die
hohen Unternehmenskenntnisse führen bei
der Problemanalyse, der Erarbeitung von
Lösungsansätzen und der nachfolgenden
Durchführung ohne Zeit- und Kommunikationsverluste zu unternehmensorientierten und
effizienten Ansätzen.
Im Vergleich zu externen Beratern bemängeln die Auftraggeber zuweilen eine gewisse „Betriebsblindheit“ der internen
Units. Dieser setzen einige Beratungseinheiten bereits Rotationsmodelle entgegen,
welche internen Beratern die Möglichkeit
eines „Sichtwechsels" geben. Gleichzeitig
schätzen die Auftraggeber jedoch die Qualität der erbrachten Leistungen als vergleichbar ein. Weitere Verbesserungen ließen sich
nach Meinungen der Auftraggeber mit
mehr Industrieerfahrungen erzielen, etwa
durch das Erbringen von Beratungsleistungen für externe Firmen oder durch eine größere Seniorität der Berater.
Ursprünglich wurde Inhouse Consulting
gegründet, um interne Strategien zu entwickeln, Kosten zu reduzieren und eine
schnelle und umsetzungsstarke Eingreiftruppe zu bilden. Interne Berater erhalten laut der
Umfrage bei strategischen und kurzfristigen
Projekten nun häufig den Vorzug, externe Berater werden eher bei sensiblen Spezialthemen wie Restrukturierungen oder bei ressourcenintensiven Projekten beauftragt.
Um einen Einblick in das neue Beratungsfeld im deutschen Markt zu ermögli-
Dr. Alexander Moscho ist Leiter der
Bayer Business Consulting. Foto: Bayer
chen, haben sich die Inhouse ConsultingEinheiten führender deutscher Unternehmen zur Initiative „dichter dran“ zusammengeschlossen. Die Initiative verfolgt zum
einen das Ziel einer stärkeren Profilierung
der Inhouse Consulting-Einheiten als qualitative hochwertige Beratung. Ein weiteres
Ziel ist die Steigerung der Akzeptanz und
Wahrnehmung der Inhouse ConsultingEinheiten im eigenen Unternehmen und
am Markt, sowie die Gewährung von Einblicken in die Arbeit der Inhouse Consulting-Einheit. Darüber hinaus ist die Steigerung der Attraktivität bei potenziellen Bewerbern und die Positionierung als attraktiver Arbeitgeber ein wichtiger Punkt in der
Zielsetzung der Initiative. Innerhalb der
Mitglieder soll die Initiative für den Austausch interner Informationen und Erfahrungen dienen. Mitglieder der Initiative
sind: Bayer Business Consulting, BSH Bosch
und Siemens Hausgeräte, Commerz Business Consulting, Managementberatung
Deutsche Bahn, Deutsche Bank Inhouse
Consulting, MCG Management Consulting
Group (E.ON) und RWE Consulting.
Inhouse Consulting-Einheiten haben sich
zum Sprungbrett für den ManagementNachwuchs durchgesetzt. Aufgrund der Zugehörigkeit zum Konzern und der damit
verbundenen hohen Sichtbarkeit der Arbeit
des internen Beraters beim Top-Management gilt in vielen deutschen Unternehmen
Inhouse Consulting als Talentschmiede. Besonders für Young Professionals und Hochschulabsolventen bieten sie einen Einstieg
in spätere Führungspositionen. Die Berater, die nach ein paar Jahren im Inhouse
Consulting Managementpositionen übernehmen, kennen das Unternehmen und
sein Kerngeschäft. Nach der Studie zu Inhouse Consulting wechseln 66 Prozent der
Berater nach drei bis vier Jahren in verantwortungsvolle Positionen des Konzerns. In
den nächsten Jahren wird es für die Inhouse
Consulting-Abteilungen auf allen Ebenen
einen hohen Rekrutierungsbedarf geben.
Persönliche Bereitschaft zur Integration
in das Unternehmen, vielfältige und internationale Aufgaben, Wahrnehmung bei Entscheidungsträgern und direktes Partizipieren an den Erfolgen, mit diesen Charakteristika profiliert sich Inhouse Consulting im
Personalmarkt gegenüber den externen Beratungsgesellschaften. Darüber hinaus bietet Inhouse Consulting die gesamte Bandbreite der Personalentwicklungsmöglichkeiten eines Konzerns. Dies kann auch ein
Grund dafür sein, das der Frauen-Anteil im
Inhouse Consulting höher ist als bei externen Beratungsgesellschaften.
Nach einer Untersuchung der Initiative
„dichter dran“ wiesen Inhouse-Beratungen
im Jahr 2008 im Durchschnitt einen Frauenanteil von bis zu 40 % auf. Damit ist die
Quote weiblicher Mitarbeiter bei diesen Unternehmensberatungen deutlich höher als
bei externen: Eine Umfrage des Bundesverbands deutscher Unternehmensberater
(BDU) ergab einen Frauenanteil von 18 %.
Als Grund für den hohen Anteil weiblicher
Berater gilt das Gleichgewicht zwischen beruflicher Herausforderung und persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten sowie flexible Arbeitszeitmodelle.
Ausführliche Informationen zur Initiative „dichter dran“ und Studie bietet die
Webseite www.inhouse-consulting.de.
*Dr. Alexander Moscho ist Leiter
der Bayer Business Consulting
Consulter – gefragt wie nie?
Coach, Hofnarr und Analyst
Wunderlich & Partner | Spezialisten für individuelle Probleme
Interview | Prof. Dr. Lutz Becker von der Merkur International FH Karlsruhe
I
n Krisen sind Unternehmensberatungen besonders gefragt, vor allem, wenn
sie neben der reinen Beratung auch Lösungsalternativen anbieten können. Der
WirtschaftsKurier befragte Dr. Marc Henning Diekmann von der auf Finanzierungsberatung spezialisierten Wunderlich &
Partner GmbH. Die Fragen stellte Ulrich
Kirstein.
WirtschaftsKurier: Herr Dr. Diekmann,
Ihr Unternehmen hat sich auf die Finanzierungsberatung für den Mittelstand spezialisiert. Mit welchen Problemen kommen Unternehmen derzeit
auf Sie zu? Sind die Fragen komplexer
geworden?
Dr. Marc Henning Diekman: Auf den ersten Blick sind die Fragen komplexer geworden. Auf den zweiten Blick – und
wenn man die Fragestellung auf das Wesentliche konzentriert – sind jedoch die
alten Herausforderungen auch die neuen, wobei sich ein Schwerpunkt im Bereich der Finanzierung von Umlaufvermögen herauskristallisiert hat. Wichtig
bei Finanzierungsangelegenheiten ist
zum einen die momentan bestehende
Verunsicherung in Bezug auf die Finanzierung von Wachstumsprojekten und
zum anderen die angeblich nicht existierende Kreditklemme.
WiKu: Setzen Sie bestimmte Branchenschwerpunkte? Welche Größenordnungen haben Unternehmen, die von Ihnen
beraten werden?
Diekman: Die Wunderlich & Partner
GmbH konzentriert sich auf mittelständische Unternehmen des gehobenen
Mittelstandes, das heißt typischerweise
Umsatzgrößenordnung zwischen 50 Mio.
Euro und 500 Mio. Euro, die in der Regel
auch die internen Strukturen bereits besitzen, wie ein größeres Unternehmen
diese für Controlling- und Finanzierungszwecke braucht.
WiKu: Sie beraten jedoch nicht nur, Sie
haben auch einen eigenen Fonds, den
PartnerFonds aufgelegt.Welchen Unternehmen stellen Sie damit Kapital für
welche Zwecke zur Verfügung?
Diekman: Aus dem PartnerFonds „Kapital
für den Mittelstand“ heraus stellen wir
solchen Unternehmen, sofern sie ein Rating von besser als BB und geeignete Projekte haben, Kapital zur Verfügung.
WiKu: Wie genau funktioniert das Finanzierungskonzept?
Diekman: Der PartnerFonds „Kapital für
den Mittelstand“ ist dem Grunde nach
ein Wachstumsfinanzierer. Er stellt Eigenkapital für einzelne Wachstumsprojekte zur Verfügung, die in der Regel in
eigenen Projektgesellschaften zusammengefasst werden. So sind zum Beispiel die Entwicklung eines neuen Produktes oder die Markterschließung neu-
Dr. Marc Henning Diekmann von Wunderlich & Partner.
Foto: W&P
er Märkte im Ausland und der Aufbau
einer neuen Produktionsstätte Schwerpunkte des Fonds. Ergänzend dazu hat
sich ein weiterer Schwerpunkt entwikkelt, das ist die Finanzierung von Umlaufvermögen im Bereich Roh-, Hilfsund Betriebsstoffe und im Bereich Fertigerzeugnisse. Hier können in Projektgesellschaften ausgelagerte Läger nicht
nur die Bilanz verkürzen, sondern erhebliche zusätzliche Finanzierungsspielräume schaffen. Diese Größenordnung, mit dem sich der PartnerFonds
beschäftigt, liegen an Finanzierungsvolumina zwischen 1 Mio. Euro und 60
Mio Euro.
WiKu: Welche Vorteile bringt diese Art der
Finanzierung den Unternehmen?
Diekman: Zum einen erweitert die PartnerFonds Finanzierung, da sie in den
Projektgesellschaften Eigenkapitalcha-
rakter hat, den grundsätzlichen Finanzierungsspielraum der Unternehmen.
Zudem können weitere positive Bilanz
und GuV-Effekte generiert werden, da
zum Beispiel die Kosten für selbst geschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter
bei Entwicklungsleistungen durch die
Projektgesellschaft getragen werden, um
so nicht die GuV des Kernunternehmens
zu belasten. Bei der Finanzierung von
Umlaufvermögen befinden sich die jeweiligen Produkte auch im Eigentum
und in der Bilanz der Projektgesellschaft,
wobei die Verfügbarkeit über die Projektgesellschaft ebenfalls gesichert ist. Neben den verbesserten Finanzierungsspielräumen entsteht auch häufig genug eine teilweise deutlich spürbare
Ratingverbesserung, ein Thema, das
hinsichtlich anderer Finanzierungsmöglichkeiten immer wieder eine Rolle
spielt.
WiKu: Spüren Sie derzeit eine verstärkte
Nachfrage von Unternehmen? Müssen
Sie mehr Anfragen ablehnen, weil die
Unternehmen nicht qualifiziert genug
sind?
Diekman: Die Nachfrage von Unternehmen ist seit Herbst letzten Jahres
sprunghaft angestiegen. Aber auch die
Mittel des PartnerFonds sind natürlich
nicht unbegrenzt, sodass wir derzeit in
der Situation sind, nicht alle möglicherweise geeigneten Projekte finanzieren zu
können, aber es steht weiterhin Kapital
für Investitionen zur Verfügung. Natürlich gibt es immer eine gewisse Anzahl
von Unternehmen, die für die Finanzierung aus dem Fonds nicht geeignet sind,
da sie die Einstiegskriterien nicht erreichen können. Die Quote dieser Unternehmen ist aber in etwa konstant geblieben.
WiKu: Sind Berater, die neben der reinen
Beratungsleistung auch die Implementierung – und/oder Finanzierung leisten
können, die eigentlichen Gewinner der
Krise?
Diekman: Krisensituationen bevorzugen
grundsätzlich diejenigen, die schnell,
flexibel und sachgerecht reagieren können. Unterstellt man alle drei Punkte als
Herausforderung, so ist ein Anbieter wie
Wunderlich & Partner sicherlich einer
derjenigen, den die Krise nicht benachteiligt.
P
rof. Dr. Lutz Becker, Professor für Unternehmensführung und internationales Management an der Merkur
Internationale FH Karlsruhe, hat sich als
Autor zahlreicher Buch- und Zeitschriftenveröffentlichungen zu Technologie- und
Managementfragen einen Namen gemacht. WiKu-Mitarbeiter Dr. Hans-Dieter
Radecke klärt im Interview, was ein Berater
eigentlich macht.
WirtschaftsKurier: Was macht ein Berater?
Prof. Dr. Lutz Becker: Berater ist zum Glück
kein geschützter Begriff. Ich wäre geneigt, mit E. Zajec zu sagen, dass man
Beratung mit Pornografie vergleichen
kann. Sie entzieht sich zwar jeder Defintion, aber wenn man es sieht, weiß man
genau, was es ist. Die Beraterbranche ist
recht schillernd, die Spannbreite geht
vom Spitzenberater bis weit in die Scharlatanerie hinein. Die Grauzone fängt im
Esoterischen an und hört bei Strukturvertrieben auf. Im Kernbereich würde
ich auf jeden Fall Berater auf der einen
Seite und Experten oder Spezialisten auf
der anderen Seite unterscheiden.
WiKu: Was unterscheidet das, was Sie
Experten nennen, vom Berater?
Becker: Der berühmte Soziologe James
March hat einmal in einem Interview gesagt, man solle einen Berater feuern,
wenn er dem Manager eine Antwort auf
die Frage gibt, was er, der Manager denn
tun soll. Das Problem liegt für March
darin, dass der Berater den Kontext und
die Situation, in der der Manager steckt,
nicht gut genug kenne, um für eine konkrete Situation konkrete Ratschläge geben zu können. Spezialisten handeln
hingegen oft nach der Devise: „Ich sage,
was ich weiß, damit ich höre, dass ich
meinen Preis wert bin.“ Da hört man Ansichten, aber es fehlen oft die Einsichten.
Wenn man hingegen einen Rat geben
will, muss man das ganze Bild im kleinsten Detail erfassen können.
WiKu: Nennen Sie doch einmal Beispiele
für die von Ihnen erwähnten Experten.
Becker: Auf der Expertenseite haben wir
das, was man gerne die verlängerte
Werkbank nennt. Ich habe schon vor
Jahren vom atmenden Unternehmen gesprochen. Sie kaufen sich in Hochlastzeiten Spezialisten und Professionals
ein, die man in Zeiten niedriger Auslas-
tung schnell und ohne Abfindung wieder
abbauen kann. Das ist nicht mehr und
nicht weniger als hoch qualifizierte Leiharbeit. Dann haben wir die Know-how
Träger. Mit diesen wird komplexes Spezialistenwissen oder auch Exotenwissen
eingekauft. Beispiele für diese Experten
sind IT-Spezialisten, Methodenberater,
Projektberater, PR-Berater, aber auch
Steuerberater. Eine besondere Facette
sind die „dirty lines“ ihrer Auftraggeber.
Diese spielen ihre Rolle als Alibi-Funktion, um Entscheidungen Objektivität zu
geben. Meist arbeiten die „dirty lines“ für
Manager, die für ihre Entscheidungen
keine Verantwortung tragen können und
wollen. Sie sind oft die, die eine Politik
der verbrannten Erde umsetzen müssen.
WiKu: Was macht dann der Berater?
Becker: Die, die ich Experten oder Spezialisten nenne, sind in meinem Verständnis
eher Verrichter, die Unternehmenspolitik mithilfe ihres mehr oder weniger ausgeprägten Expertenwissens umsetzen.
Oder nach Max Horkheimer: „Das Spezalistentum ist ein Trick, um das Denken
zu verhindern.“ Aufgabe des Beraters ist
es nicht, mit Wissen zu prahlen, sondern
den Unternehmer aus sich heraus dazu
zu bewegen, neue Unternehmenspolitiken zu entwickeln, Innovations- und
Wettbewerbsfähigkeit zu vermitteln. Natürlich setzt er dazu auch Expertenwissen und wissenschaftliche Methoden
ein, die sind aber nur Mittel zum Zweck.
Viele so genannte Berater wollen ihre
Konzepte auch gleich umsetzen. Klar,
das erhöht die Auftragschancen, sollte
dem Auftraggeber aber verdächtig vorkommen. Der Unternehmer ist für die
Umsetzung verantwortlich. Er kann sich
dabei Experten bedienen. Aber ein Berater sollte niemals umsetzen, sonst ist es
Teil im Getriebe und kann seiner Beobachterrolle nicht gerecht werden.
WiKu: Können Sie Beispiele nennen?
Becker: Jeder der einmal Spitzenmanager
war, weiß, dass es da oben verdammt
kalt und einsam sein kann. Die Notwendigkeit, oft einsame Entscheidungen zu
treffen, zehrt an jedem, der sich einen
letzten Rest Selbstreflexion bewahrt hat.
Lassen Sie es mich etwas pathetisch formulieren: Das Spiel des Unternehmers
und des Beraters gleicht dem Spiel von
Faust und Mephisto. Der Berater ist der
11
„Alter Ego“ des Unternehmers, der ihn
an seine Grenzen zwingt, um neue Horizonte zu entdecken. Er ist Coach, Hofnarr und Analyst zugleich.
WiKu: Was soll ein guter Berater können?
Becker: Ein guter Berater sollte sechs Dinge beherrschen: Strukturiertes Vorgehen
sollte selbstverständlich sein. Die Welt
dreht sich, er braucht also brandaktuelles methodisches und wissenschaftliches Know-how. Jeder Berater ist unterm
Strich nur so gut, wie sein Netzwerk an
Experten, ohne die es im Zweifel nicht
geht. Er braucht psychologisches Wissen,
Empathie und die Fähigkeit, Kommunikation zu analysieren. Er sollte Erfahrungen in einer Linienfunktion haben. Er
braucht, und das ist ganz wichtig, Fähigkeiten und Methoden zu antizipieren, in
Szenarien zu denken.
WiKu: Worauf sollte ein Manager achten?
Becker: Es wäre eine Illusion zu glauben,
der Berater müsse immer „gute“ oder
„umsetzbare“ Ratschläge liefern. Jemand, der dem Klienten nach dem Maul
redet, ist genauso wenig Berater, wie der,
der direkt alles besser weiß, kein guter
Berater sein kann. Berater, die ihre Konzepte „Cut & Paste“ in ganzen Industrien
verbreiten, sollten mit Vorsicht genossen
werden. Wo ist denn der Wettbewerbsvorteil, wenn alle Unternehmen das
Gleiche machen? Und genau da setzt ein
guter Berater an. Er setzt nicht auf Standardlösungen, sondern unterstützt seinen Kunden dabei, individuelle Wettbewerbsvorteile zu entwickeln.
WiKu: Welches Fazit würden Sie ziehen?
Becker: Ein guter Berater sieht das, was
man „Big Picture“ nennt, er hat nicht
den blinden Fleck des Experten. Er soll
Dinge in Frage stellen, die auch seit Jahren selbstverständlich erscheinen. Er soll
seinem Kunden den Spiegel vorhalten,
dessen Denken in Frage stellen. Er soll
Innovationen säen und die Finger auf
noch nicht aufgeplatzte Wunden legen.
Er soll Führungsprobleme, Organisationspathologien und verdeckte Konflikte
aufdecken. Er soll Talent haben, das über
den Alltags- und Expertenverstand hinaus geht. Er soll Lebenserfahrung und
Reflexionsfähigkeit einbringen. Er soll
Beobachterposition einnehmen, statt
blind den Rules und Tools seiner Branche zu folgen.
CONSULTER
12 WirtschaftsKurier
MAI 2009
Professor meets Unternehmer
Die Marke des
Unternehmens stärken
BayTech | Wissenschaftliches Know-how für die Praxis
BBDO Consulting | Budgetierung in volatilen Zeiten
D
as Geschäftsfeld BayTech der Bayern Innovativ GmbH wurde im
Januar 2000 gegründet. Im Aufgabenfeld des Technologie- und Wissenstransfers der Bayern Innovativ verbindet
BayTech das wissenschaftliche Knowhow-Angebot aus Hochschulen mit dem
Know-how-Bedarf der Unternehmen. In
der Praxis haben sich vier Vorgehensweisen
bewährt: Die BayTech Akademie ermöglicht
berufsbegleitende Weiterbildungen, BayTech
Consulting bietet Beratung und Coaching
von Unternehmen, BayTech Engineering
führt Laboruntersuchungen und Materialprüfungen durch und BayTech Events
bietet Dienstleistungen und Job-Messen.
In der BayTech Akademie geben renommierte Wissenschaftler ihre Erfahrungen
aus der Praxis und neuestes Wissen aus
Lehre und Forschung weiter. Ein besonderer Vorteil ergibt sich dadurch, dass die Referenten meist durch beratende Tätigkeiten über die aktuellen Anforderungen an
Unternehmen sehr gut informiert sind und
einen großen Erfahrungsschatz einbringen
können. BayTech initiiert und koordiniert
Seminare, Arbeitskreise, Lehrgänge und
MBA Studiengänge, die Referenten aus der
Wissenschaft können sich auf ihre Lehrtätigkeit konzentrieren. Die Teilnehmer sind
vor allem Fach- und Führungskräfte aus Industrie und Mittelstand. Spürbar ist derzeit
ein starker Trend zu Inhouse-Trainings, die
individuell für die jeweiligen Unternehmensanforderungen konzipiert werden.
Hochschulprofessoren
für die Unternehmensberatung
Ein weiterer Ansatz zum Wissenstransfer
liegt in der Beratung von Unternehmen.
BayTech Consulting bringt erfahrene Experten, in der Regel Professoren von Hochschulen, mit Unternehmen zusammen, die
externe Unterstützung bei der Bearbeitung
von Ideen, Themen oder Projekten suchen.
Die administrative Abwicklung erfolgt über
BayTech, die Partner aus der Wissenschaft
bringen ihre Expertise ein. Die drei wesentlichen Vorteile einer Beratung durch BayTech Consulting sind:
Siegfried M. Hartmann ist Leiter des
Geschäftsfeldes BayTech der Bayern
Innovativ GmbH.
Foto: BayTech
VON JAN PHILIPP DÖRNER*
U
WEITERE INFOS
Wenn man nach der Krise gut vorbereitet an den Start geht, kann man seine Wettbewerber leicht hinter sich lassen.
Foto: Fotolia
Flexible und interdisziplinäre Teams
werden je nach Projektanforderung aus
dem BayTech Experten-Pool zusammengestellt. Bei umfangreichen Projekten können größere „Know-how-Teams“
vorteilhaft zusammenarbeiten, bei
punktuellen Beratungen kann explizit
auf das Fachwissen eines Experten für
das benötigte Thema zurückgegriffen
werden.
Weitere Experten des BayTech Netzwerkes sind für neue Ansatzpunkte jederzeit
hinzuziehbar. Für technische Herausforderungen kann auf die Labore der BayTech Partner zurückgegriffen werden.
Die BayTech Berater sind durch ihren
wissenschaftlichen Hintergrund stark
themeninteressiert. Individuelle Lösungsansätze stehen im Vordergrund,
„Patentlösungen“ werden nicht favorisiert.
Im BayTech Netzwerk sind Experten für
die unterschiedlichsten Anforderungen aktiv. Die Themen reichen von Strategieentwicklung, Prozess- und Vertriebsmanagement, der Optimierung der Unternehmenseffizienz über technische Themenstellungen wie beispielsweise Werkstoffmessungen und -prüfungen bis hin zur
Entwicklung neuer technischer Produktions- und Prüfverfahren.
Aktuell werden verstärkt Projekte aus
den Branchen Holz, Maschinenbau und
der Informations- und Kommunikationstechnologie angefragt. Siegfried M. Hartmann, Leiter des Geschäftsfeldes BayTech,
erwartet künftig zudem verstärkt Beratungsanforderungen zum Thema Energie:
„Aus einem effizienten Energieeinsatz ergeben sich maßgebliche wirtschaftliche
Vorteile“, so Hartmann. „Wie aktuelle Studien belegen, kann auch die Unabhängigkeit von den Kosten fossiler Rohstoffe ein
erheblicher Wirtschaftlichkeitsfaktor sein.“
Vor dem Hintergrund der aktuellen Krise
ist ein neuer Trend bei den Beratungsaufträgen für BayTech spürbar. Unternehmen
investieren derzeit vor allem in die unternehmenseigene Produktivität und Effizienz. Dies ist eine deutliche Verlagerung
des Beratungsschwerpunktes gegenüber
dem vergangenen Jahr, in dem die Themen
im Bereich Strategie und Vertrieb angesiedelt waren.
Der Rückgang der Auftragsbestände und
Umsätze führt in den betroffenen Unternehmen offensichtlich zu einem Umdenken – die aktuelle Situation wird positiv genutzt, Ressourcen werden zur Steigerung
der internen Wertschöpfung eingesetzt.
Neue Projekte befassen sich zum Beispiel damit, solche Innovationen in den
Informationen zu BayTech erhalten Sie
unter Tel.: 0911-20671350 oder unter
www.baytech.de.
Nächste Aktivitäten: Start des Lehrgangs Prozessmanagement und Prozesscontrolling am 15. Mai 2009; das
BayTech Institut für Holztechnik
Rosenheim, Partner im BayTech Netzwerk, präsentiert sich auf der Holzmesse Ligna ab 18. Mai 2009 in Hannover.
Produktionsprozessen zu erzielen, die
während der zurückliegenden Hochkonjunktur und der ständig hohen Auslastung
des Maschinenparks nicht ohne große Produktionseinbußen durchführbar waren.
Dazu gehört, Prozesse und Abläufe optimal auszurichten.
Durch die interne Optimierung sichern sich Unternehmen nicht nur ein
Höchstmaß an Effizienz und Kosteneinsparung in der derzeitigen Wirtschaftslage, sondern bereiten sich auch jetzt
schon auf die Zeit nach der Finanz- und
Wirtschaftskrise vor. „Es gleicht einem
Start bei einem Mittelstreckenlauf“, erläutert Hartmann, „wer nach der Krise
gut vorbereitet ist und sofort mit einem
Höchstmaß an Effizienz und Leistungsfähigkeit an den Start geht, sichert sich
nicht nur die beste Startposition, sondern wird seine Mitbewerber schnell
hinter sich lassen.“
nternehmen stehen gerade in diesen schwierigen Zeiten vor einer
maßgeblichen Herausforderung:
im Spannungsfeld zwischen Kostenoptimierung und Stabilisierung der Wettbewerbsfähigkeit Marketingbudgets effizient zu planen. Die zentrale Fragestellung
hierbei lautet: Wie reagiert man auf ein
angespanntes Marktumfeld ohne unverhältnismäßig große Effektivitätsverluste im
Marketing?
Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass
die Antworten nicht immer gleich ausfallen. Im Jahr 2008 senkten vier der acht
größten werbetreibenden Unternehmen in
Deutschland ihre Kommunikationsbudgets um bis zu 19 %. Die vier anderen Unternehmen erhöhten ihre Budgets kräftig
in einem Bereich von 16 % bis 27 %. In einer langfristigen Betrachtung offenbart
sich jedoch ein deutlich einheitlicheres
Bild. So korreliert das Gesamtvolumen der
Werbeausgaben in Deutschland eindeutig
mit der Veränderung des Bruttoinlandproduktes, also der konjunkturellen Entwicklung. Damit zeigt sich: Langfristig folgen
Marketing-Budgets dem Konjunkturverlauf. Dieser Volatilität der Mittelverfügbarkeit im Marketing gilt es mit einer möglichst flexiblen Planungsmethodik für
Maßnahmen und Budgets zu begegnen.
Eine wichtige Funktion dieser Methodik
muss es sein, kurzfristige Reaktionsmöglichkeiten auf der Ausgabenseite zu bieten,
aber dabei die langfristigen Marketing-Ziele nicht außer Acht zu lassen. Die meisten
verwendeten Planungsmethoden erfüllen
diesen Anspruch allerdings nicht: Häufig
wird die Budgetierung durch das Unternehmens-Controlling anhand einer einfachen Umsatz-Relation vorgenommen oder
andere Ansätze mit einer ex-post Perspektive angewandt.
Zielgerichtete Aktivitäten für
jedes Handlungsfeld
Vor diesem Hintergrund wurde die sogenannte BudgetScale-Logik entwickelt, die
als flexible Planungsmethode genau andersherum – und damit um einiges effizienter – arbeitet: vom zukünftigen Bedarf
hin zum Budget. Sie nimmt strategische
Marketing- und Kommunikationsaufgaben als Ausgangspunkt für die Budgetplanung und grenzt in einem ersten Schritt
die wesentlichen, strategischen Handlungsfelder ein. Diese Eingrenzung erfolgt
entlang der Dimensionen des Kundenbeziehungspfades (Markenimage, Markenrelevanz, Kauf, Loyalität) innerhalb von definierten Zielgruppen oder bestimmten
Regionen, in denen das Unternehmen tätig werden möchte. Ein Handlungsfeld
könnte beispielsweise die Verbesserung
des Markenimages eines Unternehmens
im Segment der jungen Zielgruppe sein.
In einem nächsten Schritt werden für
jedes Handlungsfeld unterschiedliche
Marketing-Aktivitäten festgelegt werden,
die auf die Zielsetzung des Handlungsfelds
einzahlen. Für unser Beispiel könnte dies
eine Image-Kampagne über die diversen
Kommunikationskanäle wie TV und Print,
Plakat-Werbung oder ähnliche Maßnahmen aus dem bunten Kommunikationsmix sein.
In einem dritten Schritt werden die einzelnen Aktivitäten mit Budgeteinschätzungen unterlegt und nach ihrer Effektivität
bewertet. Jeder Aktivität werden dabei eine
minimale sowie eine optimale Budgethöhe
zugeordnet, innerhalb deren Grenzen die
finanziellen Mittel effizient eingesetzt werden können. Anhand der Bewertung von
Wirkung und Umsetzbarkeit jeder Maßnahme wird ein Ranking erstellt, das die
Aktivitäten priorisiert und das Fundament
für eine flexible Zuteilung des Gesamtbudgets legt.
Die strukturierte Herangehensweise der
flexiblen Marketingbudgetierung bietet die
Möglichkeit, in einem vierten Schritt die
Höhe des gesamten Mittelbedarfs des Unternehmens zu variieren. Dafür besteht bei
einer Budgetreduktion zunächst die Möglichkeit das minimale Budget geringer
priorisierter Maßnahmen anzusetzen. Sollte danach immer noch zu viel Budget benötigt werden, können einzelne Aktivitäten
oder sogar ganze Handlungsfelder gestrichen werden. Die Budgetierungslogik
funktioniert natürlich auch in die andere
Richtung: Bei einer Erhöhung des Marketing-Gesamtbudgets in ökonomischen
Boom-Zeiten können alle Aktivitäten mit
optimalem Budget realisiert werden oder
zusätzliche Aufgabenblöcke bearbeitet
werden. Entgegen einer unkoordinierten
Ausweitung von Marketing-Maßnahmen
bietet die Methodik in dieser Situation den
großen Vorteil, strategische Marketingziele
systematisch weiter zu verfolgen- und unterstützt einen konsistenten Markenauftritt.
Flexibilität bringt
eindeutige Vorteile
Unter dem Strich bietet eine flexible Budgetierungslogik bedeutende Vorteile.
Durch die Festlegung einer Budgetspanne
je Aktivität werden sowohl subkritische Investitionen (zu geringe Ausgaben im Vergleich zum Wettbewerb) wie auch „Overspending“ (zu hohe Ausgaben im Vergleich
zum Wettbewerb) vermieden. Gleichzeitig
können die zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel flexibel eingeteilt werden
ohne dabei wesentliche Marketingziele aus
den Augen zu verlieren. Gerade in der jetzigen Finanz- und Wirtschaftskrise ist dieser
Aspekt wichtiger denn je.
*Jan Philipp Dörner ist Consultant bei
der BBDO Consulting GmbH
Corporate Compliance als Wettbewerbsvorteil
Rödl & Partner | Unternehmenswerte in der Krise sichern
ter Manager beklagen die stetige Verschärfung der rechtlichen Rahmenbedingungen
und die damit einhergehende Bürokratin der aktuellen Wirtschaftspresse ist
sierung, deren Bewältigung zunehmend
immer wieder von Corporate Complimehr Zeit und Kapital bindet, die an andeance oder schlicht von „Compliance“
rer Stelle der Unternehmensentwicklung
die Rede. Hierbei wird Compliance als
verloren geht. Trotz anders lautender Zuneuere Form der Unternehmensführung
sagen der Politik hat sich hieran bis heute
beschrieben. Im Regelwerk für gute Unnichts geändert. Diskriminierungsschutz,
ternehmensführung, dem Corporate GoAnleger- und Kapitalvernance Kodex, findet
Verbrausich nunmehr auch
„Die Implementierung marktschutz,
cher- und WettbewerbsCompliance als Beeiner Corporate
schutz, Arbeitnehmerstandteil einer guten
und
sachgerechten Compliance-Organisa- und Datenschutz sind
nur einige Stichworte,
Unter nehmensfühtion ist damit ein
hinter denen sich der
rung wieder. Zwar gilt
der Corporate Goverwichtiger Baustein zur beschriebene Aktionismus des Gesetzgebers
nance Kodex unmittelordnungsgemäßen
verbirgt. Der Gesetzgebar nur für kapitalber schafft durch das
marktorientierte UnCorporate
beständige Fort- und
ternehmen, jedoch entGovernance.“
Weiterentwickeln von
faltet dieser eine mitRechtsnormen neue Ritelbare Ausstrahlungssiken für die Unternehmen sowie für ihre
wirkung für sonstige Unternehmen. Bei
Leitungs- und Aufsichtsorgane. Für die geAuslegungsfragen, zum Beispiel wie eine
schäftsführenden Organe deutscher Kapigute Unternehmensführung aussehen
talgesellschaften lässt sich bereits aus ihund welche Bestandteile sie haben muss,
rer allgemeinen Sorgfaltspflicht ableiten,
wird unabhängig von der Unternehmensdass diese alles zu unternehmen haben,
größe und der Kapitalmarktorientierung
um rechtliche Risiken von der Gesellschaft
vermehrt auf den Corporate Governance
abzuwenden. Die gesetzlichen NeuregeKodex zurückgegriffen.
lungen führen im Ergebnis jedoch zu
Aktionismus der nationalen
deutlichen Haftungsverschärfungen für
und internationalen Gesetzgeber
Unternehmenslenker und die Aufsichtsorgane von Unternehmen.
In diesem Zusammenhang bedeutet ComBeachtlich ist, dass diese Haftungsverpliance zunächst das Einhalten von Vorschärfungen insbesondere aus dem angloschriften in Form von externen und interamerikanischen Rechtskreis im Hinblick
nen Regeln und damit im Grunde nichts
auf die dortigen spektakulären UnternehNeues. Allerdings hat in den letzten Jahren
menszusammenbrüche stammen und
der Aktionismus der nationalen, supranaschließlich auch in Deutschland ihren
tionalen und internationalen Gesetzgeber
Niederschlag gefunden haben. Die Zielzu einem Übermaß an externen Regeln
setzung ist hierbei, Unternehmenslenker
geführt, die die Unternehmen mehr und
und etwaige Aufsichtsorgane der Untermehr erdrücken. Fast zwei Drittel befragVON DR. JOSÉ A. CAMPOS NAVE*
I
nehmen zu verpflichten, Risikoprävention und Risikoüberwachungsstrukturen im
Unternehmen einzuführen. Sofern dies
nicht fach- und pflichtgerecht erfolgt, wird
eine persönliche Haftung der Unternehmenslenker und der etwaigen Haftungsorgane des Unternehmens begründet. Eine
Haftungsprivilegierung erfolgt daher nur
bei pflichtgerechter Umsetzung der entsprechenden Vorkehrungsmaßnahmen.
Vermehrt erkennen jedoch auch mittelständische Unternehmen, dass zunehmend im Rahmen von Rating-Bewertungen und der Vereinbarung der Kapitalzinsen mit der Hausbank das Vorhandensein
von Risikofrüherkennungs- und Risikomanagementsystemen eine entscheidende
Rolle bei der jeweiligen Rating-Qualifizierung und bei der Zinshöhe spielt.
Corporate Compliance kann
Wettbewerbskraft steigern
Corporate Compliance ist nicht nur unter
dem Gesichtspunkt Haftungsvermeidung,
sondern vielmehr auch im Hinblick der
Verbesserung des eigenen Ratings, der
Verringerung der Kapitalzinsen sowie der
Steigerung der eigenen Wettbewerbsfähigkeit zu betrachten. Corporate Compliance kann einen sinnvollen und nachhaltigen Beitrag dazu liefern, die Wettbewerbskraft des Unternehmens im Markt
zu erhalten und zu steigern. Hierzu reicht
es insbesondere auch für mittelständische
Ein Übermaß an Gesetzen und Vorschriften verschlingt Kapital und Zeit:
Corporate Compliance kann hier eine große Hilfe sein.
Foto: Fotolia
Unternehmen nicht aus, einzelne Corporate Compliance-Maßnahmen umzusetzen, um somit lediglich die akuten Probleme zu beseitigen. Die Einsparungen des
mittelständischen Unternehmers auf dieser Ebene stellen bei näherer Betrachtung
wohl eher ein Risiko für eine rechtssichere unternehmerische Zukunft dar. Der unternehmerische Weitblick ist auch bei dieser Betrachtungsweise eine besondere
Form der „Liquidität“ des Unternehmens.
Statt vereinzelte Risikominimierungsmaßnahmen zu ergreifen, ist es vielmehr
ratsam, eine funktionierende Corporate
Compliance-Organisation im Unternehmen aufzubauen. Die Aussage „alter Wein
in neuen Schläuchen“ wäre daher verfehlt, da es nicht nur um die Aufdeckung
von unternehmerischen Risiken geht,
sondern vielmehr um die Implementierung von Maßnahmen, die den Unternehmenswert erhalten und auch steigern. Die
von der modernen Gesetzgebung geforderte professionelle Corporate Compliance-Organisation beruht auf dem Gedanken eines funktionierenden Risikomanagements im Unternehmen. Einbezogen
werden hierbei zunächst nicht nur bestandsgefährdende Risiken, die eine Haftung der Gesellschaft auslösen können.
Ihre Identifizierung und Kommunikation
gegenüber den verantwortlichen Unternehmensleitern schärft bei diesen das Bewusstsein für die rechtlichen Rahmenbedingungen ihrer Entscheidungen und
Strategien, ohne ihnen den unverzichtbaren unternehmerischen Handlungsspielraum zu nehmen. Die Implementierung
einer Corporate Compliance-Organisation ist damit ein wichtiger Baustein
zur ordnungsgemäßen Corporate Governance.
Bei professioneller Gestaltung, Durchführung und Fortentwicklung kann die
Dr. José A. Campos Nave sieht in Corporate Compliance mehr als nur „alten
Wein in neuen Schläuchen“. Foto: Rödl
Corporate Compliance-Organisation als
offensives Mittel zur Positionierung des
Unternehmens bei Banken, Kunden und
Lieferanten eingesetzt werden und zum
guten Ruf des Unternehmens beitragen,
der sich auf Marken und Produkte und
damit langfristig auch auf den Unternehmenswert überträgt. Zielsetzung der
Unternehmenslenker und der Aufsichtsorgane sollte es sein, eine unternehmensbezogene leistungsfähige Corporate Compliance-Organisation zu entwickeln und im
Unternehmen zu implementieren. Sicherlich eine Investition mit Weitblick, die sich
jedoch erfahrungsgemäß auch für
den mittelständischen Unternehmer auszahlt.
*Dr. José A. Campos Nave ist Rechtsanwalt
und Partner von Rödl & Partner Eschborn
FINANZEN & BÖRSE
MAI 2009
WirtschaftsKurier
13
Viele Altlasten
Überschuss trotz Turbulenzen
Einmarsch in Bayern
Umbauarbeiten
DZ Bank und WGZ Bank schaffen den Zusammenschluss zum Spitzeninsitut nicht – diesmal
ist die Krise schuld.
Seite 14
Die Generali Deutschland Gruppe kann durch
ein überdurchschnittliches Wachstum ihre
Marktposition ausbauen.
Seite 15
Nach dem Scheitern der „Südbank“ will die LBBW
in den Freistaat expandieren und reduziert
auch das Auslandsgeschäft.
Seite 16
Die KfW befindet sich in einer Phase der Erneuerung. Interview mit dem Vorstandsvorsitzenden
Dr. Ulrich Schröder.
Seite 17
Der Staat wird größter Investor
MEHR TEMPO
Banken | Finanzkrise verändert M&A-Trends
VON CONSTANZE MEINDL
F
rüher – bevor die Wirtschaftskrise
den gesamten Finanzsektor auf den
Kopf stellte – investierten mehr oder
weniger solvente Firmen in ein fremdes Unternehmen, um einen Wettbewerber vom
Markt zu drängen oder, im Zuge einer Wasserfallstrategie, die Fühler ins Ausland zu
strecken. Heute, so scheint es, wird das Geld
– sofern noch vorhanden – nicht mehr mit
der Intention „Wachstum“ ausgegeben. Vielmehr ist der Staat zu einem Zwangsinvestor
geworden, der, besonders im Bankensektor, versucht, strauchelnde nationale Institute vor dem Ertrinken zu retten.
Die Studie „Financial Services – Back to
the domestic future“ der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers
AG (PwC) ermittelte, dass rund 70 % des
M&A-Transaktionsvolumens im europäischen Bankensektor des vergangenen Jahres auf den Staat entfiel. Das Ausmaß der
(Teil-)Verstaatlichungen der Finanzinstitutionen wird deutlich, wenn man die
20 größten Deals des Jahres 2008 betrachtet: Hier traten zwölfmal Regierungen als
Käufer auf und investierten rund 104 Mrd.
Euro zur Rettung nationaler Institute (siehe
Tabelle). „Die Finanzkrise hat die dominierenden M&A-Trends der zurückliegenden
Jahre auf den Kopf gestellt. Bei Fusionen
und Übernahmen in der Bankenbranche
steht nicht mehr die Erschließung neuer
Märkte und Geschäftsfelder im Vordergrund, sondern die Konsolidierung auf nationaler Ebene“, kommentierte Jens Rönnberg, Partner bei PwC im Bereich Transaction Services, die Entwicklung. Bisher waren
bei Fusionen und Beteiligungen grenzüber-
DIE GRÖßTEN DEALS 2008
Objekt
1. Royal Bank of Scotland
2. Fortis Bank Nederland
3. HBOS
4. ING Groep
5. Dresdner Bank
6. Fortis Holding
7. HBOS
8. Bayerische Landesbank
9. Dexia Group
10. Lloyds TSB Group
11. Citibank Privatkunden
12. Roskilde Bank
13. Fortis Bank Belgium
14. Angel Trains
15. KBC Groep
16. Aegon
17. Deutsche Postbank
...
Bieter
Wert (Mrd. Euro)
Britisches Finanzministerium
25,5
Niederländisches Parlament
16,8
Britisches Finanzministerium
10,9
Niederländisches Parlament
10,0
Commerzbank
9,8
BNP Paribas
9,0
Lloyds TSB Group
7,7
Freistaat Bayern
7,0
Regierungen v. Belgien u. Frankreich
6,0
Britisches Finanzministerium
5,8
Crédit Mutuel
5,2
Dänische Nationalbank
5,0
Belgische Bundesregierung
4,7
Konsortium unter Führung von
Babcock & Brown
4,5
Belgische Bundesregierung
3,5
Niederländisches Parlament
3,0
Deutsche Bank
2,8
Quelle: PWC
Britische Banken sind besonders stark von der Finanzkrise betroffen.
schreitende Transaktionen eher die Regel.
2008 allerdings wurde erstmals seit mehreren Jahren international weniger investiert
als national: Waren es global 2007 noch
132 Mrd. Euro, schrumpfte dieser Betrag
im vergangenen Jahr auf nur noch 41 Mrd.
Euro. Inländische M&As zeigen hier genau
das umgekehrte Bild: Waren es 2007 nur
76 Mrd. Euro, stiegen die Ausgaben 2008
sprunghaft auf 137 Mrd. Euro an.
Für das laufende Jahr gehen von PwC
befragte Branchenexperten davon aus,
dass das M&A-Transaktionsvolumen weiter fallen wird, denn die staatlichen Beteili-
gungen an der Bankenbranche seien für
weitere Fusionen und Zukäufe eher hinderlich. Außerdem prognostizieren sie
dem Bankensektor für die kommenden
zwei Jahre mehr Bewegung als der Assekuranz, wobei Banken wohl häufig als Verkäufer auftreten werden: „Bei vielen Banken wird der Staat als Anteilseigner darauf
drängen, dass Verkaufserlöse zur Stärkung
von Eigenkapital und Liquiditätsreserven
eingesetzt werden. Gleichzeitig sehen sich
die Vorstände mit der ungewohnten Aufgabe konfrontiert, Übernahmen nicht nur
gegenüber privaten Anteilseignern, son-
dern auch Ministern und Steuerzahlern
rechtfertigen zu müssen“, erklärte Rönnberg das Dilemma der M&A-Abteilungen
in den nächsten Jahren. Potenzielle Käufer
werden nach Expertenmeinung in nächster Zeit vermehrt Private-Equity-Investoren und Staatsfonds sein. Diese werden
auf der einen Seite vom gestiegenen Verkaufsdruck aus Liquiditätsmangel und auf
der anderen Seite von den drastisch gefallenen Marktbewertungen in der Finanzbranche profitieren.
Starkes Wachstum prognostiziert die
Studie auch dem Handel mit den soge-
Foto: Fotolia
nannten Non Performing Loans. Der Markt
für faule Kredite wird in den kommenden
Monaten deutlich wachsen, was nicht nur
mit der Rezession zusammenhängt. Denn
die europäischen Banken müssen in diesem Jahr Kredite mit einem geschätzten
Volumen von 450 Mrd. Euro refinanzieren,
2010 sind es vermutlich nochmals 325
Mrd. Euro. Da ist der Verkauf von Non Performing Loans nicht nur eine ansprechende Alternative, um in der Bilanz aufzuräumen, sondern auch um interne Arbeitsbelastungen im Umgang mit den faulen
Krediten zu verringern.
Versicherer müssen heute nicht nur
verstärkt mit der Konkurrenz aus
dem Ausland kämpfen, die vermehrt in
den Markt drängt, auch die deutlich
verbesserten Vergleichsmöglichkeiten
durch das Internet machen die Kundenbindung nicht einfacher. In dieser
Situation gibt es nur eine Strategie,
die einen Wettbewerbsvorteil sichern
kann: kürzere Entwicklungszeiten für
Produkte.
Derzeit dauert die Time-to-MarketPhase häufig noch etwa 15 Wochen.
Mit modernen IT-Systemen sind acht
bis neun Wochen möglich, stellt die
Unternehmensberatung PPI AG fest.
Derzeit ist jede zweite Versicherung
dabei, ihre IT und Prozesse so zu
überarbeiten, dass sich die Phase von
der Idee bis zur Produktneuheit verkürzt.
Zwar sind Versicherer heute schon
durchaus in der Lage, mit Produktmanagementsystemen neue Angebote schnell zu entwickeln oder auch
ihre vorhandenen Versicherungslösungen in kürzeren Zyklen an neue Anforderungen des Gesetzgebers anzupassen. Diesen zeitlichen Vorteil können
die Versicherer allerdings häufig nicht
in vollem Umfang nutzen. Heterogene
Systemlandschaften und veraltete
Tools verursachen häufig unnötige
Doppelarbeiten.
Eine Lösung zur Prozessoptimierung
könnte das Software Dynamic Product
Interface (DPI) von PPI sein. Die Software interpretiert die im Produktmanagementsystem hinterlegten Informationen – wie zum Beispiel Daten,
die für die Tarifentwicklung relevant
sind, und stellt sie für die SAP-CRMPlattform bereit.
cm
Was bringt die Zukunft?
Allianz | Sektor Leben bleibt Wachstumsmarkt
P
den, meldete die Allianz in ihrem kürzlich
Mit einer Erhöhung der Beitragseinnahrognose ja oder nein? Die Diskussion
erschienenen Geschäftsbericht 2008. Da
men – wenn auch zulasten der Versicheüber Nutzen und Schaden von Zufür 2009 mit weniger Naturkatastrophen
rungsprämie – darf auch bei der privaten
kunftsaussagen wird derzeit lebhaft
und Großschäden als in den vergangenen
Krankenversicherung der Allianz gerechgeführt. Während die einen sie nicht mehr
zwei Jahren gerechnet wird, geht das Unnet werden. Positive Impulse sollen vor
hören möchten, um nicht noch mehr Öl
ternehmen von einem steigenden versiallem vom neuen Bündnis KKH-Allianz
ins lodernde Feuer zu gießen, halten sie
cherungstechnischen Ergebnis und einer
ausgehen. Hier verspricht man sich einen
andere für richtig und wichtig.
verbesserten Combined Ratio aus – jedoch
vermehrten Absatz der privaten ZusatzDie Allianz Deutschland AG wagt denwerden sowohl operatives Ergebnis als
pakete durch Vergünstigungen für Mitnoch einen – wenn auch vorsichtigen –
auch Jahresüberschuss niedriger ausfallen
glieder der zugehörigen gesetzlichen VerBlick auf die Geschäftsentwicklung der
als im abgelaufenen Geschäftsjahr.
sicherung. Auch wenn sich die GesundJahre 2009 und 2010. Zwar können auch die
Optimistischer stimmt den Versicherer
heitsreform zunehmend negativ auf das
Volkswirte des Versicherungskonzerns Daufür das laufende Jahr der Sektor Leben. Die
private Geschäft auswirkt, so rechnet der
er und Ausmaß der Krise nicht vorausAllianz glaubt hier nicht nur an ein modeVersicherer doch für 2010 mit einer
sagen. Doch dass Themen wie Sicherheit,
rates Wachstum der Beitragseinnahmen,
ansteigenden Nachfrage nach KrankenFinanzkraft eines Unternehmens und nachsondern auch – sollten sich keine zusätzvollversicherungen. Operatives Ergebnis
haltige Geschäftsführung bei den krisenlichen negativen Belastungen durch die
und Jahresüberschuss 2009 werden aber
gebeutelten Finanzkunden jedoch zunehEntwicklung auf den Kapitalmärkten ergeunter den höheren Abschlusskosten aufmend an Wichtigkeit gewinnen, davon kann
grund der Zunahme des Neugeein kapitalstarkes Unternehmen
schäfts und steigender Aufwendunwie die Allianz Deutschland AG
gen für Versicherungsfälle infolge
zukünftig profitieren.
ansteigender Kosten im GesundInsgesamt erwartet das Unterheitswesen leiden. Für das komnehmen daher einen leichten Anmende Jahr verspricht man sich
stieg der Beitragseinnahmen für
jedoch eine Verbesserung.
2009 und 2010, aber einen Rückgang des operativen Ergebnisses
Neue Vertriebsstrukturen
und des Jahresüberschusses.
Neue Produkte und ProdukterDer Vertrieb all dieser Allianz-Proweiterungen sollen aber helfen,
dukte soll weiterhin verstärkt über
die leichte Talfahrt schnellstmögdie Ausschließlichkeitsorganisation
lich hinter sich zu lassen. Hier
stattfinden. Dabei sollen die im
wird verstärkt auf spartenüberRahmen der Vertriebsreform neu
greifende Angebote wie die Eneingeschlagenen Wege weiterverkelPolice und den Schutzbrief55folgt werden: Beispiele hierfür sind
Plus gesetzt. Aber auch die jündie Spezialisierung von Agenturen
geren Zielgruppen sollen mehr in
im Firmengeschäft und die Errichden Fokus genommen werden, Krankenversicherte der KKH-Allianz profitieren von tung von Vertriebszentren, in denen
was durch Produkte mit Assisten- vergünstigten privaten Zusatzpaketen.
Foto: Allianz mehrere Allianz-Vertreter mit einem
ce-Anteil erreicht werden soll.
gemeinsamen Agentur-Innendienst
ben – an ein höheres operatives Ergebnis
Bei einer genaueren Zukunftsbetrachzusammenarbeiten, wodurch eine admiund einen steigenden Jahresüberschuss.
tung der einzelnen Versicherungssparten
nistrative Entlastung der Mitarbeiter zuStützen lassen sich diese Annahmen mit
wird wohl die Schaden- und Unfallvergunsten der Beratungszeit erreicht werdem fortgesetzten Trend zur kapitalgedecksicherung zu den weniger lukrativen Geden soll.
ten Altersvorsorge, da nun die Mehrheit der
schäftsbereichen des kommenden Jahres
Nach dem Verkauf der Dresdner Bank an
Versicherten erkannt hat, dass sich von der
zählen. Verantwortlich hierfür sind zum eidie Commerzbank wird innerhalb der Algesetzlichen Rente allein der Lebensabend
nen sinkende Beitragseinnahmen aus dem
lianz Deutschland AG ein neues Ressort
nicht finanzieren lässt.
größten Versicherungszweig dieser Sparte:
für das Bankgeschäft eingerichtet, in das
den Kraftfahrtversicherungen. Hier wirken
die traditionsreiche Oldenburgische LanNeue Produkte für
sich die Absatzkrise auf dem Automobildesbank (OLB) integriert wird. Die OLB
die Altersvorsorge
markt und der unverändert starke Preisstellt den Kunden der Allianz Bank die
wettbewerb zwischen den Versicherungstechnischen Voraussetzungen – wie etwa
Durch neue Produkte wie Invest Alpha-Baanbietern negativ aus. Auch die erwartete
Bankautomaten – zur Verfügung und soll
lance, eine fondsgebundene Vorsorge mit
Steigerung der Beitragseinnahme des Inden Versicherer künftig bei der Bereitsteleinem neuen Garantiekonzept und gesiternetversicherers Allianz 24 wird den Nelung von Bankprodukten unterstützen. Zucherter Mindestrente, sollen vor allem die
gativtrend wohl nicht kompensieren könsätzlich sollen – vermutlich ab Mitte des
verunsicherten Anleger angesprochen wernen. Zum anderen sorgt die anhaltende
kommenden Jahres – an den Schaltern der
den. Bei der steuerbegünstigten AltersvorSanierung des Flottengeschäfts für leichte
Commerzbank ebenfalls Versicherungssorge im Rahmen der Basis-Rente können
Beitragsrückgänge im Bereich Schaden
produkte aus dem Hause des blauen Adlers
künftig die Beiträge im Todesfall auch für
und Unfall für 2009. Jedoch kann – bei
vertrieben werden. Dieser Kooperationsnicht versorgungsberechtigte Personen
einer Stabilisierung der Märkte – für 2010
vertrag wurde über 15 Jahre abgeschlosüber die BeitragsrückgewährPolice abgesimit einem Beitragsanstieg gerechnet wersen.
cm
chert werden.
Jeder Mensch hat etwas,
das ihn antreibt.
Wir machen den Weg frei.
was-uns-antreibt.de
D i e Vo l k s b a n k e n R a i f f e i s e n b a n k e n a r b e i t e n i m F i n a n z Ve r b u n d m i t D Z B A N K , W G Z B A N K , B a u s p a r k a s s e S c h w ä b i s c h H a l l , D G H Y P D e u t s c h e
G e n o s s e n s c h a f t s - H y p o t h e k e n b a n k , e a s y C r e d i t , M ü n c h e n e r H y p o t h e k e n b a n k , R + V Ve r s i c h e r u n g , U n i o n I n v e s t m e n t , V R L E A S I N G , W L B A N K .
FINANZEN & BÖRSE
14 WirtschaftsKurier
MAI 2009
Keine Fusion, wenn die Basis nicht folgt
DZ Bank und WGZ Bank | Die genossenschaftlichen Zentralbanken finden einfach nicht zueinander
VON DIETER W. HEUMANN
S
chritt für Schritt kommt man sich näher, doch für eine Fusion will es einfach nicht reichen. Auch der vierte
Anlauf der beiden genossenschaftlichen
Zentralbanken, der Frankfurter DZ Bank
und der Düsseldorfer WGZ Bank, führte
nicht zur bereits sicher geglaubten Fusion
beider Institute. Der Hochzeitstermin der
beiden Spitzeninstitute war bereits für den
9. April anberaumt worden, da kamen den
Akteuren erneut Zweifel und am 1. April
lud man die Hochzeitsgäste kurzerhand
wieder aus. Was wie ein Aprilscherz aussah, war ernste Realität. Genossen belieben nicht zu scherzen, schon gar nicht bei
dem Dauerthema Fusion. Schließlich geht
es um die akribisch verfolgte Bündelung
der Kräfte im genossenschaftlichen Bankensektor. Und im Fall einer Fusion der
beiden Zentralbanken hoffte man auf Synergieeffekte in Höhe von knapp 150 Mio.
Euro jährlich und darauf, die drittgrößte
Bank Deutschlands – mit einer Bilanzsumme von über 520 Mrd. Euro – präsentieren
zu können. Doch Anfang April hieß es in
Frankfurt am Main und im rheinländischen Düsseldorf kurz und bündig: „Die
DZ Bank und die WGZ Bank sind übereingekommen, ihre Fusionsgespräche derzeit
nicht weiter zu verfolgen.“ Der Zusatz,
dass man „die gute bisherige Zusammenarbeit“ noch mehr ausbauen werde, kann
nicht darüber hinwegtrösten, dass sich in
der Sache nichts tut und die beiden Spitzeninstitute wie bisher getrennt weitermarschieren werden.
Auch die Genossen
fordern eine Bad Bank
Verantwortlich für das abermalige Scheitern der Fusion sei die unverändert
schwierige Situation an den internationalen Finanzmärkten, so die offizielle Begründung, die in heutiger Zeit durchaus
plausibel klingt. Auch die Landesbanken
machen für die Untätigkeit in Sachen Fusionen die Zustände an den Kapitalmärkten verantwortlich. Doch weit hergeholt ist
die Begründung im Fall der beiden genos-
senschaftlichen Zentralbanken nicht:
Der Fusionsabsage waren Nachforderungen der WGZ Bank vorausgegangen. Sie hatte ihre Zustimmung zur
Fusion davon abhängig gemacht, dass
Altlasten beider Institute von den jeweiligen Alteigentümern getragen werden müssten. Begründet wurde die
Forderung damit, dass sich viele Wertpapiere derzeit kaum bewerten lassen.
Auch die Gutachten der Wirtschaftsprüfer konnten die Ungewissheiten
nicht ausräumen. Die Angst der etwa
220 westfälischen Volksbanken und
Raiffeisenbanken vor latenten Risiken
bei der DZ Bank trat bereits bei früheren Fusionsgesprächen zutage. Wie tief
das Misstrauen sitzt, zeigt, dass diesmal – hinter vorgehaltener Hand – gar
eine Sanierung der DZ Bank via Fusion
geargwöhnt wurde. Deshalb forderten
die nordrhein-westfälischen Genossen
eine besondere Abschirmung der Risiken – quasi in einer genossenschaftlichen Bad Bank –, um nach der Fusion
nicht von zusätzlichen Risiken überrascht werden zu können. Der Vorstand
der WGZ folgte den Bedenken seiner Eigentümer und forderte die Auslagerung
und separate Bewirtschaftung von risikobehafteten Papieren beider Banken,
um die neue Bank frei von Altlasten starten lassen zu können. Die DZ Bank verwies hingegen darauf, dass alle erkennbaren Risiken in den Ergebnissen der Bewertungsgutachten der – jeweils von der
anderen Seite bestimmten – Wirtschaftsprüfer adäquat abgebildet worden seien.
Doch die WGZ bezweifelt, dass alle Risiken der DZ Bank in die Wertgutachten
eingeflossen seien, eben weil latente Risiken nicht abbildbar seien. Für Unmut auf
der Seite der WGZ Bank sorgte auch, dass
die DZ Bank einen Teil der geplanten Kapitalerhöhung in Höhe von insgesamt gut
1 Mrd. Euro erst nach der Fusion realisieren wollte. Damit wären auch die WGZEigentümer in der Pflicht gewesen, sich zu
beteiligen. Für die DZ Bank war eine komplette Neubewertung und eine Verschiebung der Fusion auf unbestimmte Zeit
Fusionstermin aber nicht haltbar, heißt
es Reuters zufolge in dem Schreiben. Die
WGZ Bank ließ mitteilen, die von der
Initiative angesprochenen Kritikpunkte bei
den weiteren Fusionsverhandlungen zu
berücksichtigen. Der Interessengemeinschaft kleiner und mittlerer Genossenschaftsbanken gehören 500 der insgesamt
1 200 Genossenschaftsbanken an. Etwa ein
Fünftel der Interessengemeinschaftler sind
Miteigentümer der WGZ Bank und ihrer
Bank eng verbunden. Zu einem besonders
unfreundlichen Akt gegenüber der DZ
Bank kam es Ende Februar des Jahres:
WGZ-Chef Werner Böhnke stimmte als
einziger der Aufsichtsräte der DZ Bank gegen eine Kapitalerhöhung der Bank durch
die eigene Kraft des genossenschaftlichen
Verbundes. Böhnke hatte sich dem Vernehmen nach dafür eingesetzt, den Rettungsfonds SoFFin anzuzapfen, statt die DZBank-Eigentümer zur Kasse zu bitten. Die
WGZ Bank ist größter Einzelaktionär bei
den Frankfurtern. DZ-Bank-Chef Wolfgang
Kirsch ist zu Recht stolz darauf, bis heute
den staatlichen Rettungsfonds nicht in Anspruch nehmen zu müssen.
Zerschlagenes Porzellan
Hochzeit von DZ Bank und WGZ Bank: die Braut, die sich nicht traut.
aber nicht akzeptabel, wie es heißt. Die Fusion platzte ein weiteres Mal.
Das Scheitern der Fusion kam nicht aus
heiterem Himmel, wenn auch diesmal von
deren Zustandekommen ausgegangen wurde: Die Interessengemeinschaft kleiner
und mittlerer Genossenschaftsbanken, die
schon mehrfach durch Artikulation der
Interessen der kleineren Volksbanken und
Raiffeisenbanken für Ärger innerhalb des
2009 soll noch besser werden
Nürnberger | Die Versicherungsgruppe wächst über dem Markt
D
ie Nürnberger Versicherungsgruppe ist – wie die meisten Marktteilnehmer – unsicher über die weitere
Entwicklung in diesem Jahr. Sollte die Wirtschaft weiterhin in einer Rezession verharren, werde sich das auch negativ auf die
Nachfrage im Versicherungsgeschäft auswirken. Sofern sich aber die Folgen der Finanzkrise im Laufe des Jahres abschwächen werden und sich das Kapitalergebnis
wieder normalisieren kann, rechnen die
Franken – bei durchschnittlichen Schadenverläufen – mit einem höheren Konzernergebnis als 2008. Außerdem verspricht
sich die Nürnberger durch ihre gute Positionierung bei Finanzprodukten mit Garantien in diesem Bereich eine Absatzsteigerung. Zudem soll im Sektor Leben die
Marktmacht weiter ausgebaut werden,
besonders im Hinblick auf staatlich geförderte Produkte. Neue, ertragreiche Teilsparten wollen die Schaden- und Unfallversicherer mit den Produkten Nürnberger
KlimaSchutz, UnfallSchutz und UmweltSchutz fokussieren. Für Gewerbebetriebe
und mittelständische Unternehmen wurden ebenfalls neue Produkte aufgelegt.
Dividende erneut angehoben
2008 konnten die Nürnberger ihre Marktposition weiter ausbauen. In allen Segmenten des Versicherungsgeschäfts überstiegen die Beitragsraten den Branchenschnitt, weshalb die Franken, trotz Finanzkrise, ein vergleichsweise gutes Konzernergebnis liefern konnten – wenn auch
hinter den für 2008 gesteckten Konzernergebniszielen. Der Jahresüberschuss der
börsennotierten Dachgesellschaft (Nürnberger Beteiligungs-Aktiengesellschaft)
wuchs erneut, sodass auf der Hauptversammlung Ende April eine Ausschüttung
an die Aktionäre in Höhe von 2,10 Euro
beschlossen wurde. „Dies soll ein Dankeschön für alle unsere Aktionäre sein, die
uns seit vielen Jahren die Treue halten“, erklärte Vorstandsvorsitzender Dr. Werner
Rupp die wiederholt erhöhte Dividende.
Das operative Geschäft in den vier Segmenten Lebens-, Kranken-, Schaden-/Un-
fallversicherung und Bankdienstleistungen
verlief insgesamt positiv. Die gebuchten
Beitragseinnahmen wuchsen um 3,6 %
(Wachstum im Marktdurchschnitt: 1 %) auf
rund 3,2 Mrd. Euro bei einem Gesamtumsatz von rund 4,5 Mrd. Euro (plus 1,9 %).
Das Konzernergebnis nach Steuern belief
sich auf 32,3 (68,2) Mrd. Euro.
Am erfreulichsten war bei den Franken
die Entwicklung im Sektor Leben. Hier
konnten Neugeschäft und Beitragseinnahmen gesteigert werden. Bei der Krankenversicherung konnte eine enorme Steigerung der Versichertenzahlen erreicht werden: Ein Plus von 10,8 % bedeutet, dass
nun über 228 000 Versicherte der Nürnberger vertrauen. Die Beitragseinnahmen
wuchsen ebenfalls über Marktniveau um
3,6 %. Beitragssteigerungen konnten im
Sektor Schaden und Unfall erreicht werden. Da auch 2008 aufgrund kleinerer und
mittlerer Unwetterschäden in der Jahresmitte und mehrerer Großschäden gegen Ende
des Jahres vermehrt reguliert wurde, lag die
Schaden-Kosten-Quote bei 96,7 %.
cm
Lohn konservativer Strategien
WestImmo | Ausstieg aus dem Privatgeschäft
D
ie konservative Strategie der Westdeutschen Immobilienbank AG
(WestImmo) macht sich in der Krise bezahlt. 2008 konnte die Bank, die sich
auf die Finanzierung vor allem gewerblicher Bauvorhaben spezialisiert hat, ihr
bisher bestes Ergebnis einfahren. Vor Steuern erzielte sie 121,2 Mio. Euro – 15 % mehr
als im Vorjahr. Dies war vor allem auf den
hohen Zinsüberschuss von 179 Mio. Euro
(knapp 15 % über dem Vorjahr) zurückzuführen. Der Konzernjahresüberschuss stieg
um 5 % auf 96,7 Mio. Euro.
Abstand von Zukunftsprognosen
Die Krise machte sich vor allem beim Neugeschäft bemerkbar. Dies kam nach einem
normal verlaufenen dritten Quartal im
vierten Quartal 2008 fast völlig zum Stillstand. Im laufenden Jahr rechnet die Bank
weiterhin mit einem schwachen Neugeschäft, dafür aber mit einem hohen Bedarf
an Anschlussfinanzierungen. Der Vorstandsvorsitzende Peter Knopp lehnte es
ab, Zukunftsprognosen abzugeben. Er
gehe davon aus, dass in der Immobilien-
branche im zweiten Halbjahr 2009 und
2010 „noch einiges zu bewältigen sei“.
Das gute Ergebnis der WestImmo im Jahr
2008 führte Knopp darauf zurück, dass sich
die WestImmo auf ihre Kernkompetenzen
konzentriert habe: ein konservatives Risikomanagement, strikte Begrenzung der
Kosten etwa im EDV-Bereich und eine Fokussierung auf den gewerblichen Bereich.
Außerdem verstärke das Institut seine Aktivitäten als Mittler großer Immobilientransaktionen.
Die WestImmo, eine eigenständige Tochter der West-LB, hat sich Anfang des Jahres
aus dem Geschäft mit Privatkunden komplett zurückgezogen. Für die Übernahme
dieses Sektors fand sich bisher kein Interessent. Die WestImmo versucht nun, die
entsprechenden Kredite im Wert von 4,3
Mrd. Euro zu Bündeln zu schnüren und an
regionale Sparkassen zu verkaufen. In drei
Jahren sollen so alle Privatkundengeschäfte abgewickelt sein. 45 Mitarbeiter waren
in der Niederlassung in Münster in diesem
Segment beschäftigt. Für sie wurden Lösungen gefunden, ohne Kündigungen aus-
sprechen zu müssen. Die Gesamtzahl der
Mitarbeiter wird 2009 bei 484 liegen.
Die WestImmo setzt auf eine konsequente regionale Diversifizierung. In Großbritannien und Spanien hatte sie schon vor
der Krise vorausschauend ihr Engagement
vermindert. Heute bilden neben Deutschland (31 % des Portfolios) Amerika (19 %)
und Asien (15 %) wichtige Märkte.
Zur Refinanzierung ihrer Geschäfte gab
die WestImmo in den ersten drei Monaten
des laufenden Jahres Pfandbriefe in Höhe
von rund 800 Mio. Euro aus. Knopp zeigte
sich zufrieden, dass es gelungen war, diese
Papiere zu platzieren, obwohl das Geschäft
mit Pfandbriefen zwischenzeitlich vollkommen zusammengebrochen war.
Der WestImmo-Chef geht davon aus,
dass sich die Bank in Zukunft weniger Mitbewerbern zu stellen habe. Zudem gingen
die Mitbewerber weniger aggressiv vor.
Aufgrund der gestiegenen Risiken werde
nicht mehr mit sehr hohen Beleihungen
geworben. Die WestImmo selbst hat ihre
Risikovorsorge ausgebaut und die Kernkapitalquote auf 8,4 (6,1) % erhöht.
cs
Foto: Fotolia
Sektors sorgte, bemängelte in einem
Schreiben an die Vorstände sämtlicher Genossenschaftsbanken Defizite im bisherigen Fusionsprozess und forderte mehr
Einfluss in der Führung des angestrebten
neuen Instituts. Sie befürchtet, dass nach
einer Fusion die Einflussnahme der Ortsbanken auf das neue Spitzeninstitut weiter
eingeschränkt werde. Daher sei der Fusionsprozess fortzusetzen, der angestrebte
Zweifellos ist durch die erneute Absage der
Fusion viel Porzellan zerschlagen worden
und kaum damit zu rechnen, dass bald ein
erneuter Versuch unternommen wird, die
beiden Zentralbanken zu einem Spitzeninstitut zusammenzuführen. Dabei hatte
man nach dem Ausscheiden von Ulrich
Brixner, dessen Verhältnis zu Böhnke nicht
ohne Spannungen war, auf einen Durchbruch mit dem neuen Vorstandsvorsitzenden der DZ Bank Kirsch gesetzt und in der
Tat entwickelte sich lange Zeit ein Vertrauensverhältnis zwischen beiden. Zu Beginn
der vorläufig letzten Fusionsrunde Mitte
2008 räumte sogar Christopher Pleister als
Aufsichtsratsvorsitzender bei der DZ Bank
und Chef des Bundesverbands Deutscher
Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR)
das Feld, weil er als Hindernis für einen
erneuten Fusionsanlauf gesehen wurde.
Doch weder Veränderungen im personellen Bereich noch hohe Kosten für teure
Gutachten und Prüfungen sowie die Bin-
dung personeller Kräfte für die Fusion haben den Weg zu einem gemeinsamen Spitzeninstitut freigemacht. Auch hätte der
Druck zum Zusammengehen beider Institute aufgrund der Finanzkrise und noch
weitgehend ausstehender Folgen der Rezession eigentlich nicht größer sein können als jetzt. Die DZ Bank schrieb 2008
rund 1 Mrd. Euro Verlust. Zudem verringerte sich die Neubewertungsreserve zulasten des Eigenkapitals um 1,1 Mrd. Euro.
In der Neubewertungsreserve werden Korrekturen bei Wertpapierpositionen erfolgsneutral vorgenommen. Aber auch die fünfmal kleinere WGZ Bank wurde 2008 tief in
die roten Zahlen gedrückt: Unter dem
Strich ergab sich ein Verlust in Höhe von
195 Mio. Euro. Hauptbelastungsfaktoren
waren Wertberichtigungen auf europäische
Staatsanleihen im Portfolio sowie eine gestiegene Risikovorsorge im Kreditgeschäft
der Bank. Die Neubewertungsreserve reduzierte sich 2008 um 53 Mio. Euro. Im Gegensatz zur DZ Bank sehen die Düsseldorfer allerdings keinen Kapitalbedarf – auch
nicht bei anhaltender Krise. Die Reserven
der Bank betragen immerhin 1. Mrd. Euro.
Für den genossenschaftlichen Bankensektor ist das Scheitern kostspielig, aber
keine existenzielle Bedrohung. Sicherlich
wird die Verschmelzung der Institute weiterverfolgt werden; die Unterlassung gegenseitiger Vorwürfe deutet darauf hin. Für
den BVR bleibt ein gemeinsames Spitzeninstitut ohnehin eines der strategischen
Ziele des genossenschaftlichen Finanzverbundes. Die nordrhein-westfälischen
Volksbanken und Raiffeisenbanken reagieren ähnlich wie viele Sparkassen gegenüber ihren in schwere See geratenen Landesbanken. Während die einen das Schiff
erst gar nicht besteigen, setzen Letztere
alle Hebel in Bewegung, um es zu verlassen. Gelingt langfristig eine Sanierung und
eine geschäftliche Neuausrichtung der DZ
Bank, dürften die Weichen neu gestellt und
die nordrhein-westfälischen Genossen
sachlicher Argumente gegen eine Fusion
beraubt sein. Die Alternative wäre ein Vorstandschef der WGZ, dem es gelingt, die
Basis vom größeren Vorteil eines gemeinsamen Spitzeninstituts zu überzeugen.
KURZGEFASST.
Einfachheit als Erfolgsfaktor
Ein Hagel kann für einen Landwirt den
Ausfall einer kompletten Ernte und damit enorme wirtschaftliche Verluste bedeuten. Bereits seit 125 Jahren verlassen sich Bauern daher auf die Hagelversicherung der Versicherungskammer Bayern (VKB). Zum Jubiläum kam
Gerd Sonnleitner, Präsident des Bayerischen und Deutschen Bauernverbands, und hob die Bedeutung der
Versicherung für Landwirte hervor: „Für
den landwirtschaftlichen Betrieb gibt
es für die Hagelversicherung als Instrument zur Einkommenssicherung von
Elementarschäden nach wie vor keine
Alternative.“ Heute schützt die VKB
85 % der bayerischen Betriebe mit
einer Hagelversicherung.
Badenia | Stärkung des Vertriebs durch DVAG
Über ein exzellentes Gesamturteil im
Karriere-Rating der Assekurata kann
sich die Deutsche Vermögensberatung
AG (DVAG) freuen. Nicht nur im Gesamtergebnis, auch in allen vier Teilbereichen des Ratings konnte die Bestnote erzielt werden. Neben einer beruflichen Familiengemeinschaft, in der das
Miteinander, der Austausch von Erfahrungen und das Voneinanderlernen
einen hohen Stellenwert einnehmen,
betonte Vorstandsmitglied Dr. h. c. Udo
Corts auch die Verdienstmöglichkeiten.
Die DVAG investiert viel in ihre Mitarbeiter: Jedes Jahr gibt sie mehr als
40 Mio. Euro für Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen aus.
Die Volkswohl Bund Versicherungen
konnten das abgelaufene Geschäftsjahr mit einem Wachstum weit über
dem Branchendurchschnitt abschließen. Die Beitragseinnahmen stiegen
um 10 % auf erstmals mehr als 1 Mrd.
Euro. Der Neuzugang in der Lebensversicherung erhöhte sich auf rund 4 Mrd.
Euro (plus 4 %), wobei hier besonders
die staatlich geförderten Produkte zum
Erfolg beitrugen. Auch bei den Dortmundern gingen die Kapitalanlagenerträge infolge der Finanzmarktkrise
zurück. Die Nettoneuverzinsung liegt
mit 3,6 % auf Branchenniveau. Der Saldo aus Bewertungsreserven der Kapitalanlagen und der stillen Lasten ist mit
122 Mio. Euro deutlich positiv. Insgesamt betragen die Sicherheitsmittel
557 Mio. Euro oder 11,5 % der Versichertenguthaben. Für das Jahr 2009
rechnen die Volkswohl Bund Versicherungen weiterhin mit einem Wachstum
über dem Branchendurchschnitt.
D
ie Deutsche Bausparkasse Badenia
AG kann auf ein erfolgreiches abgelaufenes Geschäftsjahr blicken, in
dem sie deutlich über dem Markt gewachsen ist. Profitiert hat das Karlsruher Unternehmen vor allem von den günstigen Rahmenbedingungen für Bausparer und der
Erweiterung beziehungsweise Verbesserung der Produktpalette. Die Überleitung
der Badenia Stammorganisation in die
Deutsche Vermögensberatung – die Ende
2008 erfolgreich abgeschlossen wurde –
hat das Unternehmen zusätzlich gestärkt.
Zu einer ansprechenderen Produktpalette der Badenia haben vornehmlich zwei
Maßnahmen beigetragen: Zum einen haben Bausparer nun die Möglichkeit, im Fall
eines Darlehensverzichts einen deutlich
attraktiveren Zuschlag auf die Grundverzinsung zu erhalten. Das sogenannte ZinsPlus wurde modifiziert und der Zuschlag
von 100 % auf 300 % angehoben. Zum anderen bietet die Badenia nun Riester-zertifizierte Produkte für die Eigenheimrente
an. In beiden Fällen wurde darauf geachtet, der bisherigen Produktpolitik treu zu
bleiben: „Neben der Güte unserer Produkte ist Kontinuität und Einfachheit ein wichtiger Faktor für den Erfolg unserer Produktpolitik“, sagte Dr. Jochen Petin, Vorstandsvorsitzender der Badenia.
Im abgelaufenen Geschäftsjahr verzeichnete die Bausparkasse sowohl beim Bauspar- als auch beim Finanzierungsneugeschäft eine deutliche Belebung. Das beantragte Bauspargeschäft legte auf etwa
3,6 Mrd. Euro (plus 28,9 %) zu und es wurde eine Summe von fast 2,5 Mrd. Euro
(plus 1,2 %) ausbezahlt. Der größte Teil des
Zuwachses geht auf den stärksten und
wichtigsten Vertriebspartner, die Deutsche
Vermögensberatung, zurück. Ihr Anteil
stieg beim eingelösten Geschäft um 71,9 %.
Das Finanzierungsneugeschäft stieg ebenfalls deutlich um 40,3 % auf fast 1 Mrd.
Euro. Wachstumsträger waren hier die
Vorausdarlehen.
Die gute Neugeschäftsentwicklung der
Badenia im Jahr 2008 hat sich auch im ersten Quartal 2009 fortgesetzt. Das beantragte Neugeschäft legte um 12,7 % und das
eingelöste um 23,4 % zu.
cm
Erfolgskurs wird fortgesetzt
Augsburger Aktienbank | Bilanzsumme deutlich gestiegen
D
ie Augsburger Aktienbank (AAB)
konnte trotz Finanzkrise das abgelaufene Geschäftsjahr deutlich
positiv abschließen. Das Ergebnis aus
der normalen Geschäftstätigkeit betrug
1,5 Mio. Euro. Dies ergab einen Jahresüberschuss von rund 860 000 Euro. Die geringeren Zuwächse gegenüber dem Vorjahr der
Augsburger sind auf sinkende Erträge aus
dem Wertpapiergeschäft und eine deutliche Zurückhaltung der Anleger infolge
der Finanzkrise zurückzuführen.
Das Kerngeschäft ist jedoch weiterhin
äußerst risikoarm und besteht in erster Linie aus der Abwicklung von Wertpapiertransaktionen sowie dem Einlagen- und
Kreditgeschäft für Privatkunden. Die starke
Nachfrage nach Tagesgeld- und Festgeldprodukten konnte die Kundenzahl deutlich auf 185 000 erhöhen. Die Bilanzsumme stieg auf 1,44 Mrd. Euro (plus 36 %).
Die Einführung der Abgeltungsteuer hat
zu zwei Sondereffekten geführt: Fondsgebundene Vermögensverwaltungen wurden
vermehrt in Dachfonds umgeschichtet.
Gleichzeitig tätigten viele Kunden der
Augsburger Aktienbank bereits geplante
Das renovierte BeratungsCenter der
Augsburger Aktienbank.
Foto: AAB
Wertpapiertransaktionen noch im alten
Jahr.
In diesem Umfeld wurde den Kunden
auch die Möglichkeit zur Eröffnung eines
Zusatzdepots gegeben, das die Trennung
der Wertpapierbestände ermöglicht. Dies
wird von Neu-, aber auch Bestandskunden
intensiv genutzt. Das Online-Portal wird
ebenfalls zunehmend besucht: Die Zahl
der Nutzer stieg im Jahresverlauf um 61 %.
Zur Steigerung des Kundennutzens wurde die Schalterhalle neu gestaltet. Kunden
werden nun in einer freundlicheren Atmosphäre empfangen und den Mitarbeitern stehen mehr Büroflächen zur Verfügung. cm
FINANZEN & BÖRSE
MAI 2009
WirtschaftsKurier
15
Marktposition ausgebaut
Umschwung mit neuen Tarifen
Generali Deutschland | Dank hoher Finanzkraft bleibt die Dividende unverändert
DKV | Spürbare Belebung des Wachstums
enge strategische Partnerschaft mit der
Deutschen Vermögensberatung (DVAG) sowie der CosmosDirekt als Marktführer unie Generali Deutschland Gruppe
ter den deutschen Erstversicherern. Hinzu
baut ihre Position als Nummer zwei
kommen die Spezialanbieter wie etwa der
im deutschen ErstversicherungsRechtsschutzversicherer Advocard, die
geschäft zügig aus. Hierzu tragen, wie der
Bausparkasse Badenia und die KrankenVorstandsvorsitzende Dietmar Meister auf
versicherung Central.
der Bilanzpressekonferenz in Köln betonDoch so vielfältig der Vertriebswegemix
te, alle drei Geschäftsfelder mit überder Generali Deutschland Gruppe auch ist,
durchschnittlichem Wachstum bei. So
eine Schiene bricht ihr im Herbst komsteigerte die Lebensversicherung ihre Beimenden Jahres weg: die Kooperation mit
tragseinnahme um 3,3 % auf 9,4 Mrd. Euro,
der Commerzbank. Dann nämlich läuft
die Branche insgesamt brachte es ledigder auf zehn Jahre abgeschlossene Vertrag
lich auf ein Plus von 0,8 %. Die Schaden-/
mit diesem Kooperationspartner aus und
Unfallversicherung erhöhte ihre Prämiender wechselt zur Allianz. Zwar kommen
einnahme um 0,8 % (Branche: 0,2 %) und
über diese Schiene lediglich 3 %
die Krankenversicherung exbis 4 % des Neugeschäfts des
pandierte gar um 5,9 % (BranKonzerns. Doch ist zu vermuten,
che: 2,9 %). Unter dem Strich
dass die Führungsetage sich über
steigerte die zu 93 % der italieeinen Ersatz intensiv Gedanken
nischen Generali, Trient, gehömacht. Da die Deutsche Bank
rende Generali Deutschland
ebenfalls mit der DVAG, dem
Gruppe mit ihren Marken Gestrategischen Partner der Aanerali in München, AachenchenMünchener, kooperiert, liegt
Münchener in Aachen, Cosmos in Saarbrücken und Cenes nahe, auch mit dieser zu spretral in Köln ihre Prämieneinchen. Verständlicherweise wollte
nahme um 3,4 % (Branche:
sich Meister hierzu nicht äußern.
1,0 %) auf gut 14,2 Mrd. Euro
In deren Kooperation mit der Zuund vergrößerte ihren Abstand
rich-Gruppe scheint er kein Hinzur drittplatzierten Ergo-Grupdernis zu sehen, denn der möglipe.
che Partner brauchte keineswegs
Doch so zufrieden sich Meisexklusiv mit der Generali Deutschter mit dem Verlauf des operaland Gruppe zusammenzutiven Geschäfts und den hinarbeiten. Meister räumt ein,
zugewonnenen Marktanteilen Seit Jahresbeginn steht das neue Konzern-Geschäftsmodell dass man sich im Sparkassenauch gibt, die Turbulenzen an der Generali Gruppe Deuschland.
Genossenschaftsbereich
Foto: Generali und
den Finanzmärkten haben das
umsehe.
chen und steuern das SachversicherungsDer Chef der deutschen Generali GrupGesamtergebnis der Gruppe mit ihren Kapigeschäft von dort aus, während ihr Lebenspe ist zuversichtlich, auch im laufenden
talanlagen von insgesamt rund 85 Mrd. Euro
versicherungsgeschäft von Hamburg aus
Geschäftsjahr besser abzuschneiden als
verhagelt. Zwar stiegen die laufenden Erbetrieben wird. Auch der Generali-Standdie Branche, zumindest in der Lebens- soträge hieraus noch um 120 Mio. Euro auf
ort Frankfurt bleibt erhalten, nämlich als
wie in der Krankenversicherung. In der
3,5 Mrd. Euro, doch sank als Folge außerorSteuerungseinheit für die betriebliche AlSachversicherung sei man mit einem brandentlich hoher Abschreibungen und Verlustersvorsorge. Meister: „Damit steht seit
chendurchschnittlichen Wachstum zufrieten von rund 2,8 Mrd. Euro das gesamte
Jahresbeginn das von der Generali
den. Da der Konzernabschluss nun mal
aus der Kapitalanlage erzielte Ergebnis von
Deutschland Gruppe angestrebte Konzernmaßgeblich vom Kapitalanlageergebnis
3,7 Mrd. Euro im Jahr zuvor auf 858 Mio.
geschäftsmodell.“ Dieses basiert auf einem
abhänge, sei angesichts des Umfelds eine
Euro im Berichtsjahr. Dabei hatte die
aus drei Säulen bestehenden Vertriebswebelastbare Prognose nicht möglich. Doch
Gruppe ihren Aktienanteil von rund 10 %
gemodell, dem Multikanalvertrieb der Ge„gehen wir davon aus, dass wir 2009 ein
zu Beginn des Berichtsjahres auf nur noch
nerali Versicherungen, dem exklusiven Verdeutlich positiveres Ergebnis als 2008 er5 % halbiert, wovon ein knappes Drittel abtrieb der AachenMünchener über deren
zielen.“
gesichert worden ist. Auf das KonzernerVON PAUL KELLENBENZ
D
gebnis schlug das Kapitalanlageergebnis
mit einem Minus von 481 Mio. Euro durch.
Dennoch, so Meister, sei es gelungen, noch
einen Konzernüberschuss von 4 (417) Mio.
Euro auszuweisen. Dank ihrer hohen
Finanzkraft sei die Generali Deutschland
jedoch in der Lage, eine unveränderte Dividende von 2,90 Euro auszuschütten –
vorbehaltlich der Zustimmung der Hauptversammlung am 19. Mai 2009.
Im Berichtsjahr hatte die Generali
Deutschland Gruppe, die ihren Sitz in Aachen hat, ihre Töchter Generali in München und Volksfürsorge in Hamburg fusioniert. Diese firmieren seit Jahresbeginn als
Generali Versicherungen mit Sitz in Mün-
DKV-Vorstandsvorsitzender
Dibbern.
Günter
Foto: DKV
D
ie Prämieneinnahme der Ergo
Krankenversicherer ist im abgelaufenen Geschäftsjahr insgesamt lediglich um 0,9 % auf 4,44 Mrd. Euro gestiegen. Dabei legte zwar die Victoria um 2,8 %
auf 700 Mio. Euro zu und damit nahezu in
Übereinstimmung mit dem Branchenwachstum von 2,9 %. Doch die Deutsche
Krankenversicherung (DKV) kam nur auf
ein Plus von 0,6 % auf 3,75 Mrd. Euro. Vorstandschef Günter Dibbern räumte auf der
Bilanzpressekonferenz in Köln ein, dass
dies nicht zufrieden stellend sei. Zwar sei
bei der DKV als altem Krankenversicherer
naturgemäß der natürliche Abgang hoch,
doch habe man vertrieblich derzeit nicht
die Kraft, dies zu kompensieren. Deshalb
seien im Konzern viele Maßnamen ergriffen worden, die Vertriebsleistung zu stärken. Die Zahl der Vollversicherten ist insgesamt um 14 700 oder 1,6 % auf 933 000
gesunken. Mit neuen Tarifen in der Vollversicherung habe man aber punkten
können. Das seitherige Neugeschäft und
insbesondere das Jahresendgeschäft waren
demnach so gut wie seit fünf Jahren nicht
mehr: „Allein im Dezember lag unsere Vertriebsleistung um mehr als 50 % über dem
Vorjahreswert.“
In der Zusatzversicherung, die allerdings
die Vollversicherung bei Weitem nicht ersetzen kann, ist die Versichertenzahl um
1,6 % auf 3,49 Mio. gestiegen. Nicht zufrieden ist Dibbern mit dem Geschäft aus der
Die künstlerisch gestaltete Eingangshalle der DKVHauptverwaltung in Köln.
Fotos: Stefan Schilling
Kooperation mit den gesetzlichen Kassen.
Neben einigen großen Betriebskrankenkassen zählen dazu 13 der insgesamt
16 AOKs. Das hierüber vermittelte Geschäft
ist demnach um die Hälfte gesunken. Die
Ursache sieht er in der durch die Gesundheitsreform den Kassen erlaubten Einführung von Wahltarifen, die diese zunächst
mal zur Überprüfung ihrer strategischen
Positionierung und damit zum Abwarten
veranlasst hätten. Vor diesem Hintergrund
habe man mit den AOKs ein partnerschaftliches Tarifkonzept entwickelt, das aus leistungsbegrenzten AOK-Wahltarifen als Basis und darauf aufbauenden DKV-Zusatztarifen bestehe.
Keine stillen Lasten
bei den Aktien
Die Versicherungsleistungen sind um 4,0%
auf 3,17 Mrd. Euro gestiegen. Dieser Anstieg dürfte Dibbern zufolge geringer sein
als im Branchendurchschnitt, was er mit
einem neuen technischen Leistungssystem
sowie mit einem effizienten Leistungsmanagement begründet. Allerdings gebe der
Gesamttrend Anlass zur Sorge, insbesondere der Anstieg um 7 % im ambulanten
sowie um 6 % im zahnärztlichen Bereich.
Die Steigerung in der Pflegeversicherung
um 8,9 % ist bedingt durch die gestiegene
Zahl an Pflegebedürftigen, „aber vielleicht
auch schon leicht durch höhere Auszahlungen im Rahmen des Pflegereformgeset-
Rückansicht der DKVHauptverwaltung.
zes“. Die Verwaltungskosten beider Krankenversicherer sind zusammen und, wie
Dibbern vermutet, entgegen dem Markttrend gesunken, um 6,1 % auf knapp
123 Mio. Euro.
Die Kapitalanlage stieg um 4,4 % auf
25,4 Mrd. Euro, die Alterungsrückstellungen um 7,2 % auf 23,26 Mrd. Euro. Das
aus der Kapitalanlage erzielte Ergebnis
hat sich knapp halbiert auf 600 Mio. Euro,
bei sehr strenger Auslegung der Bilanzrichtlinien und Verzicht auf Nutzung des
§ 341 b HGB für den Aktienbestand mit
der Konsequenz, dass es keine stillen
Lasten bei den Aktien gebe, weder im
Direktbestand noch in den Fonds. Den
bilanziellen aktuellen Aktienanteil veranschlagt Dibbern auf 6,4 %, wovon
rund ein Drittel abgesichert sei. Lasse
man Renten- und Cashbestände in Aktienfonds außer Acht, sei die tatsächliche
Quote deutlich niedriger.
Die Nettoverzinsung von 2,4 % liegt zwar
unter dem Rechnungszins von 3,5 %. Doch
komme es hier auf den aktuariellen Unternehmenszins an, und dieser liegt Dibbern
zufolge komfortabel über den Mindestanforderungen der Aufsicht. Der Jahresüberschuss sank auf 20,9 (97,2) Mio. Euro.
Für das laufende Jahr erwartet Dibbern
eine spürbare Belebung des Wachstums.
Bei der Kapitalanlage ist Dibbern „vorsichtig optimistisch“ und geht von einer Normalisierung der Ergebnisse aus.
kb
Erfolg durch Multikanalvertrieb
Zurich Deutschland | Weichen bleiben auf „profitables Wachstum” gestellt
D
ie Zurich Gruppe Deutschland hat
ihre Prämieneinnahme im Geschäftsjahr 2008 um rund 4 % auf
6,4 Mrd. Euro gesteigert. Die Assekuranz
insgesamt kam nur auf ein Beitragsplus von
etwa 1 %. Wie der Vorstandsvorsitzende
Eduard Thometzek in der Bilanzpressekonferenz in Bonn ausführte, resultiert dieses
überdurchschnittliche Wachstum „sowohl
aus erfolgreichen Wachstumsinitiativen und
Kooperationen als auch aus der Akquisition
der Baden-Badener Versicherung rückwirkend zum 01. Januar 2008.“ Die Zurich Gruppe
Deutschland mit Sitz in Bonn gehört zur
weltweit agierenden Zurich Financial Services Group. Das gewichtigste Standbein
der deutschen Gruppe ist die Lebensversicherung mit einem Beitragsanstieg um
4,9 % (Branche: 0,8 %) auf 3,9 Mrd. Euro.
Das Neugeschäft in der Lebensversicherung
legte sogar um 2,7 % auf 469 Mio. Euro zu.
Auch in der Schaden-/Unfallversicherung
setzte sich die Zurich mit einem Prämienwachstum von 2,5 % auf 2,5 Mrd. Euro von
der Branche (0,2 %) ab. Ohne die Industrieversicherung gerechnet, ist die Prämienein-
mittlere Unternehmen. Die Schaden-/Kostenquote der lokalen Industrierisiken in
Deutschland – sie zeigt an, wie viel von jedem Prämien-Euro für Schadenregulierung
und Kosten ausgegeben werden – hat sich
Thometzek zufolge von 75 % (2007) auf 80 %
im Berichtsjahr erhöht. Doch mit 20 Cent
je Beitragseuro versicherungstechnischem
Gewinn ist dies ein äußerst lukrativer Geschäftsbereich. Einschließlich Industrieversicherung hat sich diese auch Combined
Ratio genannte Relation in der Schaden/Unfallversicherung trotz zahlreicher Unwetterschäden in der ersten Jahreshälfte um
2,3 %-Punkte auf 90,7 % verbessert und liegt
damit deutlich günstiger als in der Branche,
die im Durchschnitt auf 95 % kommt, und
dies, so Thometzek, bei gleichzeitig deutlich verbessertem Kundenservice. Als besonders erfolgreich bezeichnete Finanzchef
Arnulf Loy dabei die Kfz-Versicherung, in
der die Bonner mit dem ADAC kooperieren. Über diese Schiene sind bei knapp
700 000 Verträgen 372 000 Fahrzeuge versichert. Beim zur Gruppe gehörenden Direktversicherer Deutsche Allgemeine (DA) sind
Besonders erfolgreich lief bei der Zurich Gruppe Deutschland der Bereich KfzVersicherungen. Hier kooperiert sie mit dem ADAC.
Foto: Zurich Gruppe Dt.
nahme sogar um 4,5 % auf 2,1 Mrd. Euro
gestiegen.
Auf das Industriegeschäft entfallen
385 Mio. Euro. Da hier, so Thometzek, „nur
dauerhaft lukratives Geschäft gezeichnet
wurde und es keine Preisnachlässe gab“, ist
in diesem Geschäftsfeld die Prämieneinnahme um 6,9 % gesunken. Das Schwergewicht in der Industrieversicherung bilden
vor allem Haftpflicht, Flottengeschäft, Sachversicherung, technische Versicherungszweige sowie Transport. Kreditausfall oder
Sicherungsgeschäfte werden hier nicht angeboten, auch keine Kreditversicherung.
Letztere gibt es jedoch für kleinere oder auch
weitere 810 000 Autos versichert. Insgesamt
steuert die Kfz-Versicherung mit rund
2,5 Mio. versicherten Autos knapp 1 Mrd.
Euro zur Prämieneinnahme bei. Mit einer
Combined Ratio von 96 % verbleibt ein nennenswerter versicherungstechnischer Gewinn. Die Branche dagegen kommt mit einer Rate von etwa 105 % unter dem Strich
nur dann noch auf schwarze Zahlen, wenn
sie den technischen Verlust mit Erträgen aus
der Kapitalanlage überkompensieren kann.
Auch mit dem Ergebnis aus der Kapitalanlage ist Thometzek zufrieden. Hier habe
man sicherheitsorientiert und mit „hoher
Disziplin“ agiert. Vom gesamten Anlagebe-
stand in Höhe von mehr als 31 Mrd. Euro
entfallen runde 28 Mrd. Euro auf die Lebensversicherung. Daran gemessen seien
die Abschreibungen von 120 Mio. Euro
ziemlich moderat ausgefallen, so Finanzchef Loy. Die Aktienquote liege bei unter
2 %. Zwar habe man die Möglichkeit aufgeschobener Abschreibungen in Höhe von
400 Mio. Euro genutzt, saldiert mit den stillen Reserven würde dies jedoch ausgeglichen. Thometzek begründete diese stillen
Lasten damit, dass sich die Spreads bei Anleihen ausgeweitet hatten. Infolge dieser
steigenden Sicherheitsaufschläge beispielsweise bei Unternehmensanleihen sind
deren Kurse entsprechend gesunken und
damit stille Lasten entstanden. Die aus der
Kapitalanlage erwirtschaftete Nettoverzinsung ist von 4,4 % im Jahr zuvor auf 3,9 %
gesunken, allerdings habe man, wie Thometzek betonte, im Berichtsjahr nur in geringem Ausmaß Kursgewinne realisiert,
während diese 2007 einen halben Prozentpunkt zur Nettorendite beigesteuert hätten.
Das Ergebnis vor Steuern bezifferte
Thometzek mit 459 Mio. Euro, dies entspricht einem Plus von 24 %. Dieser Business Operation Profit ist eine von der Zurich
genutzte fiktive Rechnung, bei der die Rückwirkungen starker Schwankungen an den
Finanzmärkten geglättet werden. Diese einbezogen fällt Loy zufolge das Ergebnis um
runde 100 Mio. Euro niedriger aus.
Das profitable Wachstum begründet
Thometzek vor allem auch mit dem Multikanalvertrieb. So steuert in der Lebensversicherung die Deutsche Bank 56 % zum
Neugeschäft bei, über die Maklerschiene
kommen 18 % und über Bonnfinanz 17 %.
Beim eigenen Ausschließlichkeitsvertrieb
sind es lediglich 17 %. In der Schaden-/Unfallversicherung liegt deren Anteil bei 28 %,
während die Makler ein Viertel beisteuern.
Die DA Direkt bringt 20 % und der ADAC
bereits 11 %. Hier bleiben Bonnfinanz sowie
die Bankenschiene mit jeweils 2 % weit zurück.
Zwar lässt, so Thometzek, „das aktuelle
Marktumfeld keine zuverlässige Prognose
für 2009 zu“, doch blieben die Weichen der
Zurich Deutschland „in allen Vertriebswegen auf profitables Wachstum gestellt“. Immerhin nannte er für die Schaden-/Unfallversicherung ein Beitragswachstum von
3%, auch wird ein unveränderter Ertrag angepeilt. Hinsichtlich einer Fortsetzung der
Ende 2012 auslaufenden Kooperation mit
der Deutschen Bank habe er keine Zweifel.
Diese Zusammenarbeit bestehe weltweit
bereits seit 20 Jahren. Was schließlich eine
etwaige Akquisition anbetreffe, so halte
man stets die Augen offen.
kb
Nehmen Sie Ihr
Glück in die
eigenen Wände.
www.muenchenerhyp.de
Die Krone der Baufinanzierung
X Top-Zins
X Flexible
Rückzahlung
X Zins-Sicherheit
bis zu 30 Jahren
FINANZEN & BÖRSE
16 WirtschaftsKurier
MAI 2009
Gründe haben sich gewandelt
Die Schwaben erobern Bayern
BU-Versicherung | Entscheidungshilfe von Ratingagenturen
LBBW | Gewinn im ersten Quartal
VON DR. OLAF HOTTINGER*
VON KLAUS G. WERTEL
D
N
ach dem – zumindest vorläufigen –
Scheitern einer Fusion von Landesbank
Baden-Württemberg
(LBBW) und BayernLB zu einer neuen
„Südbank“ will die LBBW nun in Bayern
einmarschieren. Anlässlich der BilanzPressekonferenz der LBBW kündigte der
Vorstandsvorsitzende der größten deutschen Landesbank, Dr. Siegfried Jaschinski, die Eröffnung von „vier weiteren Filialen in den größten bayerischen Städten“
an. Zuversichtlich äußerte sich Jaschinski
über die Chancen der LBBW, „die Herausforderungen der gegenwärtigen Krise zu
meistern“. Nach einem Verlust von
2,1 Mrd. Euro im Jahre 2008 soll die LBBW
im ersten Quartal 2009 wieder einen Gewinn von rund 200 Mio. Euro erwirtschaftet haben. Ende April haben auch alle Träger der LBBW – mit Ausnahme der Sparkassen von Rheinland-Pfalz – einer Kapitalerhöhung um 5 Mrd. Euro zugestimmt,
mit der die Eigenkapitalquote der LBBW
von 6 % auf 8 % bis 9 % erreicht werden soll.
Das geplante Vordringen auf den bayerischen Markt begründete Jaschinski mit
dem Ziel, den bereits „energisch eingeleiteten Abbau des Kreditersatzgeschäfts“
durch einen weiteren Ausbau des realen
Kundengeschäfts auszugleichen. Bislang
war die LBBW in Bayern ausschließlich im
Bezirk Schwaben in den drei Städten Augsburg, Memmingen und Kempten mit vergleichsweise kleinen Geschäftsstellen vertreten. Jetzt sollen große Filialen in München und Nürnberg und „zwei weiteren
Städten“ hinzukommen.
Weitere Standorte im Visier
Über ihre beiden Tochterbanken Rheinland-Pfalz-Bank und SachsenBank will die
LBBW auch Teile Hessens, NordrheinWestfalens und Mitteldeutschlands (Thüringen, Sachsen-Anhalt) ins Visier nehmen.
Bislang hatten die beiden ehemaligen Landesbanken der neuen Eignerin vor allem
erhebliche Verluste aus Kreditersatzgeschäften beschert. Jetzt sollen die von einem LBBW-Vorstandsmitglied als „Damen
ohne Unterleib“ bezeichneten Institute zu
„richtigen Banken“ entwickelt werden –
mit einer ähnlichen Zielrichtung, wie sie
die LBBW in Bayern verfolgt: verlässliche
Hausbank für mittelständische Unternehmen und Finanzpartner für solvente Privatkundschaft zu werden.
In ihrem Stammland Baden-Württemberg garantiert in der gegenwärtigen Krise
das – gelegentlich belächelte – Festhalten
der LBBW an realen, wenn auch nicht immer die höchsten Margen bringenden
Kundengeschäften das Überleben der Landesbank: Vor allem über ihre Tochter BWBank betreut die LBBW deutlich mehr als
1 Mio. Privat- und Unternehmenskunden.
Dieses Anlage- und Kreditgeschäft hat der
LBBW auch im Vorjahr ordentlich Geld in
die Kasse gebracht: 2008 wuchs das Zinsergebnis um 9,6 % auf 2,4 Mrd. Euro.
Seinen Optimismus, innerhalb und außerhalb Baden-Württembergs zusätzliche
Kundschaft für die LBBW gewinnen zu
können, begründete Jaschinski auch mit
dem „Wegbrechen von Strukturen“ in der
Bankbranche: So zögen sich vor allem aus-
Die LBBW will sich keinesfalls aus dem Ausland zurückziehen – im Gegenteil: Demnächst ist die Eröffnung eines weiteren
„German Center” in Moskau geplant.
Foto: LBBW
ländische Institute, die sich in den letzten
Jahren stark um den deutschen Markt bemüht hätten, „reihenweise ganz zurück“.
Im Gegensatz zur WestLB und zur BayernLB sieht die LBBW keine Veranlassung,
ihre Engagements im Ausland zu reduzieren. Im Gegenteil: Das gegenwärtig weltweit 26 Standorte zählende Netzwerk von
Repräsentanzen, Niederlassungen und
„German Center“ soll weiter wachsen:
Demnächst ist die Eröffnung eines – von
der LBBW getragenen – „German Center”
in Moskau geplant. Erst im Dezember hatte die LBBW eine derartige Serviceeinrichtung für Unternehmenskunden in Indien
eröffnet. Gerade für die exportorientierten
Unternehmenskunden der LBBW sei eine
„weltweite Begleitung Teil des Geschäftsmodells der Bank“, so Jaschinski. Dazu
zähle auch eine innerhalb der LBBW eingesetzte „Gruppe von Spezialisten für das
Auslandsgeschäft“, die sowohl Kunden der
LBBW und ihrer Töchter als auch die Kunden der Sparkassen im internationalen Geschäft betreuen.
Drastisch reduzieren will der LBBW-Vorstand das Volumen des „Kreditersatzgeschäfts“, wie die nichtkundenbezogenen
Kapitalmarkt-Engagements der Banken
neuerdings umschrieben werden. Den
Buchwert der von der LBBW Ende 2008 gehaltenen Papiere verschiedenster Risikostufen bezifferte Siegfried Jaschinski auf
93 Mrd. Euro. Innerhalb von drei Jahren –
also bis Ende 2011 – soll der Umfang dieser
Geschäfte halbiert und auch in den Folgejahren weiter abgeschmolzen werden.
Erstmals nannte der LBBW-Chef auch
eine Gesamtsumme der seit Beginn der Finanzkrise durch Abwertungen von Kreditersatzgeschäften bei der LBBW entstandenen Buchverluste: 4 Mrd. Euro habe die
LBBW bislang an Belastungen verarbeitet.
Jaschinski äußerte die Hoffnung, dass rund
zwei Drittel dieser Buchverluste in den
kommenden Jahren wieder durch entsprechende Wertsteigerungen ausgeglichen
werden können: „Stand heute rechnen wir
damit, dass etwa ein Drittel der Buchverluste tatsächlich ausfällt.“ 2008 haben diese
Buchverluste mit knapp 2,1 Mrd. Euro die
LBBW-Bilanz kräftig verhagelt. Erstmals in
ihrer Geschichte musste die Bank einen
Jahresfehlbetrag von ebenfalls rund
2,1 Mrd. Euro ausweisen.
2009 wieder schwarze Zahlen?
Für 2009 oder gar 2010 vermieden Jaschinski und seine Vorstandskollegen jede konkrete Prognose. Das operative Kundengeschäft laufe gut. Es seien – krisenbedingt –
aber deutlich steigende Belastungen durch
Kreditausfälle zu erwarten. Für das erste
Quartal 2009 zeichne sich eine „schwarze
Null“ im Ergebnis ab, so LBBW-Chef Jaschinski. Aus terminlich nach der BilanzPressekonferenz stattfindenden GremienSitzungen der Bank war zu erfahren, dass
die ersten drei Monate des Jahres 2009 sogar wieder einen Gewinn von rund 200
Mio. Euro gebracht haben sollen.
Noch nicht endgültig gelöst ist die Frage
einer Kapitalerhöhung. Der Grund: Die
rheinland-pfälzischen Sparkassen, mit
4,9 % an der LBBW beteiligt, weigern sich,
ihren 246 Mio. Euro betragenden Anteil an
der – von allen anderen Trägern akzeptierten – Frischgeldzufuhr in Höhe von insgesamt 5 Mrd. Euro beizusteuern. Das eigentliche Problem dabei sind nicht die fehlenden 246 Mio. Euro: Die könnten zur Not
auch die anderen Träger der LBBW – Land
Baden-Württemberg (35,6 %), baden-württembergische Sparkassen (35,6 %), Stadt
Stuttgart (18,9 %) und L-Bank (4,9 %) – aufbringen. Nein: Land und baden-württembergisches Sparkassenlager wollen unbedingt eine Neubewertung der LBBW in der
gegenwärtigen Krisensituation vermeiden
– eine solche Überprüfung wäre freilich bei
einer Änderung des Anteilseigner-Kreises
rechtlich unausweichlich.
Derzeit laufen sowohl auf der Ebene der
Landesregierungen in Stuttgart und Mainz
als auch zwischen den beiden SparkassenVerbänden Sondierungsgespräche. Dabei
verfolgen die Baden-Württemberger das
Ziel, die Rheinland-Pfälzer von ihrem angedrohten Ausstieg aus der LBBW abzuhalten – und eine Lösung für die Bereitstel-
lung der Kapitalerhöhung ohne Neubewertung zu finden.
Auch die baden-württembergischen Sparkassen hatten ihren knapp 1,8 Mrd. Euro betragenden Anteil an der 5-Mrd.-Euro-Spritze nicht ohne Bedingungen akzeptiert: Im
Gegenzug zur Zustimmung der badenwürttembergischen Sparkassen zur LBBWKapitalerhöhung hat sich das Land BadenWürttemberg verpflichtet, die Verantwortung für eine Auslagerung von derzeit nicht
handelbaren oder stark unter Wertverlust
leidenden Papieren der LBBW im derzeitigen Buchwert von 12,7 Mrd. Euro zu übernehmen. Offen ist allerdings noch die
Form dieser Auslagerung: Die Landesregierung prüft derzeit zwei Alternativen:
eine direkte Abschirmung dieses RisikoPortfolios durch das Land Baden-Württemberg – oder eine Einbringung in entsprechende „Bad-Bank“-Lösungen auf
Bundesebene. Auch mit der EU-Kommission will die Landesregierung die Zulässigkeit der verschiedenen Varianten einer „Risiko-Immunisierung“ zu Gunsten der
LBBW sondieren.
ie meisten Menschen in Deutschland unterschätzen das Risiko,
nicht mehr arbeiten zu können.
Meistens denken sie: Mir wird das nicht
passieren. Aber auch wenn die Wahrscheinlichkeit bei körperlich anstrengenden Arbeiten höher ist als bei Schreibtischarbeit: Jeder kann berufsunfähig werden.
Die Zahlen der Empfänger von Berufsunfähigkeits-Renten zeigen dies: Jeder Fünfte
des letzten Rentenjahrgangs des Jahres
2008 erhielt nach Angaben der deutschen
Rentenversicherung eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Im Lauf der Jahre haben sich die Gründe
für eine Berufsunfähigkeit (BU) verändert:
Waren Anfang der 90er Jahre meist Rücken- und Skelett-Störungen der Grund,
sind in den letzten Jahren vermehrt psychische Störungen, aber auch Erkrankungen
des Skeletts, der Muskeln und des Bindegewebes die Ursache, dass die Menschen
nicht mehr arbeiten können. Ohne Berufsunfähigkeitsversicherung steht man im
Fall der Fälle ganz schnell vor dem finanziellen Aus.
Es gibt zwar auch eine staatliche Unterstützung bei Berufsunfähigkeit, aber die
Jüngeren haben das Nachsehen: Ab dem
Geburtsjahrgang 1961 kann sich in diesem
Punkt niemand mehr auf gesetzliche Hilfe
verlassen. Denn wer zwischen drei und
sechs Stunden täglich eine Tätigkeit auf
dem Arbeitsmarkt ausüben kann, bekommt nur eine schmale staatliche Leistung von derzeit durchschnittlich 750 Euro
im Monat. Arbeitnehmer, die täglich noch
mehr als sechs Stunden arbeiten können,
bekommen gar nichts. Dabei spielen weder der erlernte Beruf, noch die Ausbildung oder die letzte Tätigkeit eine Rolle.
Deshalb gehört der Schutz gegen Berufsunfähigkeit zu den grundlegenden Versicherungen.
Mit dem Verlust der Arbeitskraft geht oft
ein sozialer und finanzieller Abstieg einher. Vor allem Alleinerziehende und Arbeit-
*Dr. Olaf Hottinger ist Leiter
Risikomanagement bei Allianz Leben
Großes Marktpotenzial
Vertragsverlängerung
in der Diskussion
Vor dem Hintergrund der hohen Verluste
der LBBW und der deshalb notwendig gewordenen Kapitalerhöhung ist die zum
Jahreswechsel 2009/10 fällige Verlängerung
des Vertrags des LBBW-Vorstandsvorsitzenden Jaschinski nicht unumstritten: Verwaltungsrat und Trägerversammlung der
LBBW haben auf Sondersitzungen Ende April
allerdings ein klares Signal für eine Vertragsverlängerung gegeben. Ministerpräsident
Oettinger wurde in seiner Eigenschaft als
Vorsitzender der Trägerversammlung beauftragt, „mit dem Vorstandsvorsitzenden
Dr. Jaschinski Möglichkeiten und Inhalte
einer Vertragsverlängerung zu besprechen.“
Aus Teilnehmerkreisen war zu erfahren,
dass Jaschinski nur eine Verlängerung um
drei Jahre und nicht – wie bislang üblich –
um fünf Jahre angeboten werden soll. Dies
sei als Kompromiss mit den Kritikern des
LBBW-Chefs vereinbart worden.
nehmer ohne entsprechende Berufsunfähigkeitsabsicherung trifft eine Erwerbsunfähigkeit hart. Nach Angaben des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hatten nur rund 24 % aller bundesdeutschen Haushalte eine private Absicherung gegen Berufsunfähigkeit.
Generell gilt der Grundsatz: Je jünger,
desto einfacher und günstiger ist der Abschluss einer BU-Versicherung. Der Versicherer kalkuliert zunächst aus verschiedenen Faktoren das Risiko, berufsunfähig
zu werden. Wichtig ist dabei neben dem
Alter der ausgeübte Beruf, der Gesundheitszustand und eventuell riskante Hobbys, wie Drachenfliegen oder Motorradrennenfahren.
Aber Vorsicht bei der Wahl des Versicherers: Nicht jede Police ist gleich. Unterschiede gibt es vor allem in den Versicherungsbedingungen, im Service und bei
den Hilfsleistungen im Schadenfall. Helfen
können hier Ratingagenturen. Sie stellen
Qualitätskriterien auf und messen die
Qualität der Leistung. Durch die Reform
des Versicherungsvertragsgesetzes 2008
sind diese Anforderungen weiter gestiegen.
Die Ratingagentur Franke&Bornberg
prüft beispielsweise die Versicherungsbedingungen. Sie wertet ausschließlich das,
was in ihnen verankert ist und worauf sich
der Kunde rechtsverbindlich verlassen
kann. Das unabhängige Analysehaus Morgen&Morgen prüft die Bedingungen ebenfalls. Sie bestimmen das Ratingergebnis
aber nur zur Hälfte. Daneben analysiert
Morgen&Morgen im Teilrating Solidität die
Finanz- und Reservestärke des Versicherers. Das Teilrating Kompetenz beurteilt,
wie viel Erfahrung ein Versicherer mit der
Risikoabsicherung einer Berufsunfähigkeit
hat. Beide Ratingagenturen haben Allianz
Leben zum Jahresbeginn unabhängig voneinander bei den BU Plus-Produkten erneut Bestnoten gegeben.
Dialog Leben | Neue EU-Versicherung im Herbst
D
ie Dialog Lebensversicherungs-AG,
Augsburg, erwartet, dass 2009 kein
einfaches Jahr wird. Doch nach einem schleppenden Beginn habe sich das
Neugeschäft in den Monaten März und
April 2009 „erfreulich entwickelt“, sagte
Vorstand Rüdiger R. Burchardi auf der Bilanzpressekonferenz der Gesellschaft,
ohne präzise Prognosen geben zu wollen.
Grundsätzlich hält die Dialog ihre
Marktchancen für sehr gut. Der Bedarf an
biometrischen Produkten sei ungebrochen
groß. Gegenüber aktienbasierten Anlageformen hätten sie in der aktuellen Situation den Vorteil der höheren Akzeptanz.
Deshalb steige das Interesse für Risikoleben-Produkte mit ihrer festen Zusage. Ein
großes Potenzial bestehe auch bei der Berufsunfähigkeitsversicherung, da in Deutschland und Österreich 80 % der Erwerbs-
tätigen noch nicht dagegen abgesichert
sind. Im Herbst will die Dialog überdies ihr
Portfolio mit einer selbstständigen Erwerbsunfähigkeitsversicherung (EU) erweitern, die eine preislich attraktive Alternative zur BU-Versicherung sei. Mit dieser
Strategie will die Dialog bis 2011 die
400 000er-Marke bei den Versicherungsverträgen knacken.
Im Jahr 2008 hat die Dialog erstmals
300 000 Verträge überschritten. Insgesamt
bezeichnet die Gesellschaft das Geschäftsjahr „als wiederum sehr erfolgreich“. Die
Bruttobeitragseinnahmen stiegen um
8,3 % auf 188,3 Mio. Euro – und damit weit
über dem Marktdurchschnitt. Die Finanzsituation der Tochtergesellschaft der Generali-Gruppe wurde sowohl von Fitch als
auch von Moody’s mit „stark“ beziehungsweise „ausgezeichnet“ bewertet.
hp
Bilanz ohne Überraschungen
Der Kaupthing-Faktor
Oberbank | Konservatives Geschäftsmodell bewährt sich
Sparkassenverband Bayern | Rehabilitation des Drei-Säulen-Modells
W
ir machen unser Geschäft wie
vor 140 Jahren“, sagte Dr. Franz
Gasselsberger, Generaldirektor
der Oberbank AG, Linz, bei der Vorstellung
der Jahresergebnisse in München. In jüngster Vergangenheit galten Cost-Income-Ratio und Return-on-Equity als die wichtigsten Kennzahlen im Finanzsektor. „Heute
ist die zentrale Frage, wie gut eine Bank
mit Kundeneinlagen ausgestattet ist.“ Die
Oberbank habe schon immer das traditionelle Geschäftsmodell einer Bank verfolgt,
die ihre Kundeneinlagen als Kredite wieder
vergibt.
Ihre konservative Ausrichtung hat sich
in der Finanzkrise bewährt. Die Oberbank
hat im abgelaufenen Jahr ein weiteres Mal
die Ergebnisse der Vorjahre getoppt. Deshalb ist dem Institut, das neben den Heimatmärkten Oberösterreich, Niederösterreich, Salzburg und Wien in Bayern eine
starke Präsenz hat, nicht bange vor 2009.
Zweites Element der konservativen Aufstellung ist die Regionalität. Die Expansion
erfolge sehr behutsam, ein besonderer Fokus liege dabei auf Bayern. Die Region, die
nach Aussagen von Gasselsberger „ein wesentliches Standbein des Gesamterfolges“
der Bank ist, hat das Potenzial, einer der
Hauptergebnisbringer zu werden. In Bayern ist das Institut nach zwei Neueröffnungen in 2008 mittlerweile mit 17 Filialen vertreten, Ziel seien etwa 20 Filialen. Für Neueröffnungen seien grundsätzlich alle bayerischen Stätdte mit 20 000 bis 50 000 Einwohnern interessant. Doch entscheidend
sei nicht der Standort, sondern eine pas-
Dr. Franz Gasselsberger, Generaldirektor der Oberbank.
Foto: Oberbank
sende Führungskraft. Grundsätzlich agiert
das Institut nur mit Bankpersonal aus der
jeweiligen Region.
Zugute kommt den Österreichern jetzt
auch, dass sie relativ spät und behutsam
nach Osteuropa expandiert haben. Insgesamt unterhält die Oberbank 23 Geschäftsstellen in Ungarn und Tschechien. Kürzlich
erfolgte der Markteintritt als Vollbank in
die Slowakei, „die logische Abrundung unseres Einzugsgebiets“, so Gasselsberger.
Mit dieser Aufstellung hat die Oberbank,
die sich auf den Mittelstand und das gehobene Privatkundengeschäft fokussiert,
eine „überraschungsfreie“ Bilanz vorgelegt.
Bei den Kundeneinlagen konnte die Bank
in 2008 einen Zuwachs von 13,3 % auf
10 Mrd. Euro verzeichnen, während das Kre-
ditvolumen um 8,8 % auf 9,5 Mrd. Euro zunahm. Das sei der größte Anstieg in der
Geschichte der Bank, sagte Gasselsberger,
und wischte damit jede Diskussion über
eine Kreditklemme vom Tisch. Dieser
Trend habe sich auch im ersten Quartal
2009 fortgesetzt.
Das Betriebsergebnis erhöhte sich im vergangenen Jahr um 13,2 % auf 206,4 Mio. Euro,
der Jahresüberschuss stieg um 0,9 % auf
114 Mio. Euro. Auch bei den FinanzmarktKennzahlen schnitt die Bank gut ab. Die
Cost-Income-Ratio lag bei 52 %, während
der Durchschnitt in Österreich 65 % betrug, der Return-on-Equity erreichte bei
der Oberbank stattliche 12,83 %, während
die 30 größten österreichischen Banken im
Schnitt nur auf 5,67 % kamen. Insgesamt
wurden 100 neue Mitarbeiter eingestellt,
die die um 38 000 neue auf 327 000 gestiegene Zahl der Kunden betreut.
In Zukunft will das Institut das Private
Banking verstärken. Die Mindestanlagesumme beträgt 250 000 Euro. Dabei profitiert die Bank von dem großen Bedürfnis
der Anleger nach Sicherheit. Insgesamt
werde 2009 ein äußerst schwieriges Wirtschaftsjahr für viele Kunden der Oberbank.
„Wenn unsere Kunden Gegenwind spüren,
dann spüren wir das auch“, sagte Gasselsberger. Doch auch vor dem Hintergrund
einer schwierigen wirtschaftlichen Lage
will die Oberbank ihre Expansion mit der
Eröffnung weiterer Filialen fortsetzen und
sei deshalb weiterhin auf der Suche nach
qualifizierten Mitarbeitern und geeigneten
Standorten.
hp
D
ass sich die Sparkassen in der Finanzkrise als Stabilitätsfaktor erwiesen haben, gilt mittlerweile als
Gemeinplatz. Der Sparkassenverband Bayern hat das nun auch durch die vorgelegten Zahlen untermauert: Die bayerischen
Sparkassen haben im vergangenen Jahr gut
abgeschnitten. Ein dicker Wermutstropfen
war allerdings die Belastung aus den Abschreibungen auf den BayernLB-Anteil in
Höhe von 518 Mio. Euro.
Das angelaufene Jahr dürfte nicht weniger einfach werden. Ein Indiz für eine insgesamt schwache wirtschaftliche Entwicklung ist, dass Unternehmen bereits zugesagte Kreditlinien nicht in vollem Umfang
abrufen. Dr. Siegfried Naser, Geschäftsführender Präsident des Sparkassenverbands
Bayern, wollte deshalb keine genaue Prognose für 2009 geben. Allerdings seien die
bayerischen Sparkassen zuversichtlich,
„eine stabile und zufrieden stellende Geschäftsentwicklung“ zu erreichen.
Heftig kritisierte Naser das Verhalten von
Privatbanken, die aufgrund von staatlicher
Unterstützung lukrative Angebote machen
können. „Die Politik wäre gut beraten, die
sicherlich notwendige und im Kern sinnvolle Stützungspolitik durch Auflagen so
zu gestalten, dass Wettbewerbsverzerrungen vermieden werden“, sagte Naser.
Der Jahresüberschuss der 75 bayerischen Sparkassen ging im vergangenen
Jahr stark zurück und sank auf
175 (272) Mio. Euro, doch das Betriebsergebnis vor Bewertung lag bei 1,34 (1,42)
Mrd. Euro. Der Berichtigungsbedarf setzte
sich aus mehreren Komponenten mit völlig unterschiedlicher Entwicklung zusammen. Der größte Brocken waren mit
518 Mio. Euro die Belastungen aus dem
BayernLB-Debakel, die noch weit höher
ausgefallen wären, wenn sie nicht durch
die Hebung von stillen Reserven verringert
worden wären. Das Bewertungsergebnis aus
dem Wertpapiergeschäft verschlechterte
sich auf minus 343 (minus 183) Mio. Euro.
Dagegen zeigte sich bei der Risikovorsorge
im Kreditgeschäft eine weitere Entspannung auf 140 (218) Mio. Euro. „Das war die
niedrigste Kreditrisikovorsorge seit 15 Jahren“, sagte Naser. Nach seinen Aussagen
wird sich die Wirtschaftskrise hier erst in
ein, zwei Jahren negativ auswirken.
Gelder von Auslandsbanken
gehen zu Inlandsinstituten
Das Kreditneugeschäft erhöhte sich im abgelaufenen Jahr um 19,3% auf 9,6 Mrd.
Euro. Selbst im vierten Quartal 2008, in
dem sich bundesweit eine Abschwächung
der Kreditnachfrage zeigte, sei der steigende Trend zu Neukrediten bei den bayerischen Sparkassen stabil geblieben, so Naser auf der Bilanzpressekonferenz. Die
Kundeneinlagen nahmen ebenfalls zu. Sie
erhöhten sich um 3,9% auf 128,3 Mrd.
Euro. Dabei hätten die Sparkassen davon
profitiert, dass viele Privatkunden nach der
Kaupthing-Pleite Gelder von Auslandsbanken abgezogen und bei heimischen Instituten angelegt hätten, erläuterte Naser.
Der Sparkassenpräsident betonte, dass
die Gegenüberstellung von Kundenkredi-
ten (96 Mrd. Euro) und Kundeneinlagen
(128 Mrd. Euro) deutlich mache, dass das
Geschäft der Sparkassen nicht durch internationale Liquiditätsengpässe beeinträchtigt werde. Hier liege das Erfolgsgeheimnis
des Geschäftsmodells Sparkasse: „Gelder
aus der Region werden zu Krediten für die
Region“, sagte Naser.
Genüsslich, aber auch mit einer Portion
Bitternis zitierte Naser aus einer IWF-Studie von 2003, die das Drei-Säulen-Modell
in Frage stellte. Heute sei vieles anders.
„Wir fragen uns heute, wie es in Deutschland und insbesondere bei der Finanzierung des Mittelstandes aussehen würde,
hätte man auf all die Empfehlungen vermeintlicher Experten gehört, die die Sparkassen privatisieren und manchmal auch
vertikalisieren wollten“, sagte Naser.
Der Sparkassenpräsident geht nicht davon aus, dass aus den Schwierigkeiten der
BayernLB weitere Belastungen auf die Mitgliedsinstitute zukommen. Nach wie vor
hält Naser „eine Verdichtung“ der Landesbanken-Szene für notwendig. Allerdings
kämen solche Überlegungen zu spät. Derzeit sei unklar, wohin die Reise gehe. Die
bayerischen Sparkassen sind grundsätzlich
weiterhin zu einer Zusammenarbeit mit
der BayernLB bereit, allerdings „zu fairen
Preisen“, stellte Naser klar. Sollte die Bayern LB eines Tages privatisiert werden,
dann müssten die Bayerische Landesbodenkreditanstalt, die für die Ausreichung
staatlicher Wohnraum-Fördermittel zuständig ist, sowie die LBS Bayern im Einflussbereich der Sparkassen bleiben. hp
FINANZEN & BÖRSE
MAI 2009
WirtschaftsKurier
17
Prozess der Erneuerung
Interview | Dr. Ulrich Schröder,Vorstandsvorsitzender der KfW Bankengruppe
D
es noch zu früh, denn das erste Programm ist erst seit knapp drei Monaten
in Kraft, das zweite ist gerade angelaufen. Ich bin aber davon überzeugt, dass
beide Programme so konzipiert sind,
dass sie den Bedürfnissen des Mittelstands entsprechen. Das erste Programm ist, wie gesagt, sehr stark auf den
klassischen Mittelstand – also auf kleine
und mittlere Unternehmen – ausgerichtet. Es enthält sehr hohe Haftungsfreistellungen, um den durchleitenden
Hausbanken die Kreditvergabe zu erWirtschaftsKurier: Herr Dr. Schröder, eine
leichtern. So nehmen wir der Hausbank
der wichtigsten Kundengruppen der zu
bis zu 90 % der Risiken ab. Wenn eine
100 % dem Bund und den Ländern
Bank einem Mittelständler dennoch keigehörenden KfW Bankengruppe sind
ne Finanzierung anbietet, dann muss sie
die mittelständischen Unternehmen.
schon sehr gute Gründe haben.
Wie sehen diese Betriebe ihre ZuWiKu: Worauf zielt das zweite Konjunkkunft?
turprogramm?
Dr. Ulrich Schröder: Das KfW-ifo-MittelSchröder: Mit dem zweiten Programm biestandsbarometer zeigt, dass die mitteltet die Bundesregierung auch größeren
ständischen Unternehmen ihre Zukunft
Unternehmen mit einem Jahresgrupderzeit skeptisch einschätzen. Der wichpenumsatz ab 500 Mio. Euro – eine Umtigste Grund dafür ist die massiv eingesatzbegrenzung nach oben gibt es nicht
brochene Auftragslage. Besonders be– Kredithilfen bis zu 300 Mio. Euro je
troffen sind exportorientierte UnternehKunde an. Wie bereits eingangs gesagt
men. Das hat auch negative Auswirkunist für diese Unternehmen – aus den dargen auf deren Zulieferer, also Unternehgelegten Gründen – eher die Gefahr eimen, die eher binnenwirtschaftlich ausner Kreditklemme gegeben.
gerichtet sind, denken Sie zum Beispiel
WiKu: Gibt es Einschränkungen?
an die Zulieferer der Automobilindustrie.
Schröder: Ja, für Unternehmen mit KapiWiKu: Haben Sie Hoffnung, dass die heftalmarktzugang – die also eine eigene
tige konjunkturelle Talfahrt noch bis
Anleihe begeben können – gilt das Prozum Sommer gestoppt werden kann?
gramm nicht. Zudem ist es nur für strukSchröder: Ich beurteile die gesamtwirtturell gesunde Unternehmen gedacht
schaftliche Entwicklung eher etwas
und nicht für Firmen, die bereits vor
skeptischer. Erstmals nach dem Krieg
Ausbruch der Finanzkrise in Schwierigtreffen eine Finanz- und eine Konjunkkeiten waren.
turkrise aufeinander und verstärken sich
WiKu: Wie rege wird das erste Programm
gegenseitig. Daher bieten die verfügin Anspruch genommen? Gibt es bereits
baren Prognoseinstrumente, die ja ErErfahrungen?
fahrungen aus früheren Krisen extrapoSchröder: Uns liegen Anträge für das erste
lieren, keine ausreichende Grundlage,
Programm in Höhe von ca. 1,2 Mrd. Euro
um zuverlässige Vorhersagen für die Zuvor. Wir verzeichnen keine stürmische
kunft treffen zu können.
Nachfrage, aber wir sind damit durchWiKu: Glauben Sie, dass die Finanzkrise
aus zufrieden. Man muss bedenken,
noch weitere Überraschungen bereitdass neu konzipierte Programme einige
hält?
Zeit benötigen, bis sie in der Praxis der
Schröder: Ich bin noch nicht davon überHausbanken – über die sie laufen müszeugt, dass die Bankenkrise bereits übersen – ankommen und in die Kundenbewunden ist und somit den Unternehratung einfließen. Wir rechnen stets mit
men schon wieder in ausreichendem
einer Verzögerung von acht bis zwölf
Maße Kredite zur Verfügung gestellt werWochen, bevor ein Programm voll anden können. Auch bin ich hinsichtlich
läuft. Ich kann mir aber vorstellen, dass
der Konjunkturentwicklung skeptisch:
das erste Programm auch deshalb noch
Der Schlüssel für einen nachhaltigen
nicht so stark in Anspruch genommen
konjunkturellen Aufschwung liegt vor
wird, weil – entsprechend meiner These
allem im gegenseitigen Vertrauen der
– kleine und mittlere Unternehmen
Banken. Nur wenn dieses wiederhergenoch relativ gut mit Mitteln versorgt sind
stellt ist, werden sie sich in gewohntem
und keinen größeren Bedarf haben.
Umfang untereinander refinanzieren
WiKu: Das müsste – Ihrer These zufolge –
können und die Unternehmen – auch
beim zweiten Programm aber anders
die mittelständischen – wieder vermehrt
laufen.
mit Krediten versorgen.
Schröder: Ja, ich gehe davon aus, dass die
WiKu: Haben wir denn eine Kreditklemme
Nachfrage nach dem zweiten Programm,
in der Bundesrepublik oder ist die Kredas die größeren Unternehmen anditversorgung des Mittelstands ausreispricht, deutlich stärker sein wird.
chend?
WiKu: Welches Volumen haben die mittelSchröder: Die Situation stellt sich differenständischen Unternehmen aus den Proziert dar. Unsere aktuelle Umfrage zeigt,
grammen konkret zu erwarten?
dass es im Mittelstand insgesamt keine
Schröder: Das erste Programm umfasst
Anzeichen für eine Kreditklemme gibt.
insgesamt Hilfen in Höhe von 15 Mrd.
Allerdings gibt eine Reihe von MittelEuro, das zweite beläuft sich auf ein Voständlern eine Verschlechterung bei den
lumen von 25 Mrd. Euro. Das maximale
Konditionen an und beklagt, dass sich
Volumen für einen Einzelkredit beträgt
auch die Anforderungen der Banken an
für das erste Programm 50 Mio. Euro pro
die Besicherung verschärft haben.
Unternehmen, das zweite sieht maximal
WiKu: Welche Rolle spielt in diesem
300 Mio. Euro pro Unternehmen vor. Wir
Zusammenhang das Konjunkturprohaben also beachtliche Kreditvolumina
gramm der Bundesregierung?
zur Verfügung. Im vergangenen Jahr haSchröder: Das Konjunkturprogramm I der
ben wir Mittelstandskredite in Höhe von
Bundesregierung richtet sich in erster
12,7 Mrd. Euro ausgereicht. Jetzt stellen
Linie an Unternehmen mit einem Jahwir – allerdings für zwei Jahre – über
resumsatz von bis zu 500 Mio. Euro. Es
15 Mrd. und 25 Mrd. Euro zur Verfügung.
wird bislang noch eher zurückhaltend in
Damit sind wir gerüstet, um in der Krise
Anspruch genommen – von den kleinen
auch möglichen FinanzierungsengpäsUnternehmen kaum, von den größeren
sen in der deutschen Wirtschaft nachMittelständlern hingegen in größerem
haltig entgegenzuwirken.
Umfang. Auch unsere eigenen FörderWiKu: Sie müssen sich in den nächsten
programme belegen, dass die kleineren
Jahren 40 Mrd. Euro mehr an den KapiMittelständler insgesamt ausreichend
talmärkten besorgen, als ursprünglich
mit Fremdkapital versorgt sind.
eingeplant war. Wie soll das bei den
WiKu: Welche Gründe gibt es dafür?
derzeitigen Kapitalmarktverhältnissen
Schröder: Die vergleichsweise gute Mittelgelingen?
versorgung der kleineren Unternehmen
Schröder: Auch für die KfW sind die Kaberuht nach unserer Erkenntnis vor alpitalmarktbedingungen schwieriger gelem darauf, dass diese sehr stabile regioworden. Von der Subprime-Krise waren
nale Hausbankverbindungen, insbesonwir in unseren Refinandere zu Sparkassen und
zierungsaktivitäten noch
Genossenschaftsbanken,
„Ich in noch nicht
nicht betroffen. Seit der
aufgebaut haben. Diese
Pleite von Lehman BroBanken verfügen in
davon überzeugt,
thers und der damit
ihrem Einlagengeschäft
dass die
zusammenhängenden
über einen sehr starken
Zufluss von kurzfristigen Bankenkrise bereits drastischen Verschlechterung der Lage der BanAnlagegeldern und sind
überwunden ist.“
ken steht die Refinanziesomit in der Lage, ihre
rung allerdings vor neulokale Klientel mit ausen Herausforderungen. Die KfW spürt
reichenden Mitteln zu versorgen. Dort,
jetzt zudem starke Konkurrenz von Staawo es um größere Kreditvolumina geht,
ten sowie von Kreditinstituten, die in
also jenseits einer Grenze von 20 Mio.
wachsendem Maße selbst mit staatsbis 30 Mio. Euro, und längerfristige Figarantierten Anleihen an den Markt trenanzierungen benötigt werden, gibt es
ten. Diese schwierigeren MarktbedinEngpässe in der Kreditversorgung, denn
gungen schlagen sich vor allem auch in
da sind Banken gefragt, die sich über
steigenden Kosten nieder. Die KfW muss
den Kapitalmarkt refinanzieren müssen
den Investoren jetzt mehr bezahlen als
– und der ist für Finanzierungen ohne
vor der Krise. Damit liegen wir aber
Staatsgarantie nahezu verschlossen.
immer noch relativ günstiger als die
WiKu: Die KfW hat eine Schlüsselrolle bei
Geschäftsbanken. Wir haben uns vorder Vergabe der Mittel aus den beiden
genommen, auch in diesem Jahr ein
Konjunkturprogrammen. Wie bewerten
Refinanzierungsvolumen von mehr als
Sie deren Wirkung?
75 Mrd. Euro aufzunehmen, um unserer
Schröder: Um die Wirkung der KonjunkAufgabe gerecht werden zu können.
turprogramme seriös zu beurteilen, ist
ie bundeseigene Förderbank KfW
baut derzeit ihr Haus um. Trotz
Lehman-, der IKB- und der IslandKrise steht das Institut dank der Staatshaftung gut da und kann seinen Förderauftrag
voll erfüllen. Über das Konjunkturpaket I
und II sowie die Zinsentwicklung bei Förderkrediten sprach WiKu-Mitarbeiter Dieter W. Heumann mit Dr. Ulrich Schröder,
Vorstandsvorsitzender der KfW Bankengruppe, Frankfurt.
Die Programme der KfW Mittelstandsbank fördern Investitionen kleiner und mittlerer Unternehmen und unterstützen Existenzgründer.
Foto: KfW/Thomas Klewar
Die KfW IPEX-Bank agiert als Finanzierungspartner für internationale Projektund Exportfinanzierungen.
Foto: KfW/Thomas Klewar
Förderleistungen zählt. Deshalb gab es
beim Fördervolumen insgesamt den von
Ihnen angesprochenen Rückgang. Betrachten wir allein die Finanzierungen,
dann haben wir also auch 2008 wieder
ein Spitzenniveau erreicht.
WiKu: Wie stellt sich die Eigenkapitalsituation der KfW heute dar?
Schröder: Die KfW unterliegt zwar nicht
dem KWG und den Bestimmungen der
BaFin, aber wir lassen uns freiwillig am
Grundsatz I des KWG messen und erreichen eine Eigenkapitalquote, die weit
jenseits der 10 % liegt – und damit deutlich über den normierten 8 %.
WiKu: Sie wollen jetzt keine Mittelstandskredite mehr an das westliche Ausland
vergeben. Sind das erste Konsequenzen
aus der Schieflage der Bank in der Vergangenheit?
Schröder: Dieses Thema haben wir mit
unseren Eigentümern strategisch noch
nicht abschließend diskutiert. In Island
hatten wir einer der dortigen drei führenden Banken im vergangenen Sommer ja ein Globaldarlehen gewährt, mit
dem die mittelständische Wirtschaft des
Landes gefördert werden sollte. Das
führte zu Verlusten. Wir haben die Vergabe von Mittelstandskrediten an Westeuropa zunächst eingefroren und führen das Geschäft mit Osteuropa mit aller
Vorsicht fort. Mit unseren Eigentümern
werden wir im Jahresverlauf darüber diskutieren, ob wir uns dauerhaft aus der
Mittelstandsfinanzierung in Westeuropa
zurückziehen oder ob Deutschland – als
größte Industrie- und Exportnation
Europas – hier weiterhin eine Aufgabe
hat, die aber nur dann wahrgenommen
werden kann, wenn der deutsche Mittelstand ausreichend mit Finanzierungsmitteln versorgt ist.
WiKu: Nicht zu übersehen ist für den Besucher, dass die äußere Fassade der KfW
derzeit ein ganz neues Outfit erhält.
Und wie sieht es im Innern aus ? Welche
Konsequenzen haben Sie aus den Pannen der Vergangenheit bereits gezogen?
Schröder: Auch innerhalb der KfW befinden wir uns in einem großen Prozess der
Erneuerung. Wir sind dabei, die neue
KfW zu schaffen. Im Vorstand wurde
eine deutlich strukturierte Ressortverteilung vorgenommen. Ein Vorstandsposten ist bereits zum 1. April 2009 mit
Herrn Dr. Nawrath, Staatssekretär im
Bundesfinanzministerium, neu besetzt
worden. Er wird das inländische Fördergeschäft verantworten. Die Neubesetzung der weiteren Vorstandsposition
wird voraussichtlich in Kürze erfolgen.
WiKu: Welche Umstrukturierungen gibt es
ferner?
Schröder: Wir haben unser Risikomanagement einer Analyse unterzogen und sind
KfW-Chef Ulrich Schröder: „Um die
Wirkung der Konjunkturprogramme
seriös zu beurteilen, ist es noch zu
früh.“
dabei, Verbesserungen umzusetzen. Zudem haben wir die Strukturen und Prozesse der Bank so ausgerichtet, dass sie
den neuen Aufgaben und Herausforderungen gerecht werden. Ferner ist das
inländische Fördergeschäft neu aufgestellt worden – stärker service- und kundenorientiert und versehen mit einem
eigenen Vertriebsbereich. Schließlich haben wir die Produkte der KfW zu drei
Kundeneinheiten – Mittelstand, öffentliche sowie private Kunden – zusammengefasst.
WiKu: Ist damit die Neustrukturierung des
Hauses abgeschlossen?
Schröder: Nein, das sind lediglich die Maßnahmen, die bereits angegangen oder
abgeschlossen sind. Es gibt noch eine
Reihe von Projekten, mit denen unsere
Organisation weiter verbessert werden
sollen. Insofern ist der Prozess noch
nicht abgeschlossen, aber auf einem
guten Weg.
WiKu: Sollte die „Bad Bank“ doch noch
kommen, könnte sie dann bei der KfW
angesiedelt werden?
Schröder: Auch das glaube ich nicht. Sollte
es dazu kommen, rechne ich eher mit
institutsnahen Lösungen. Es wird wohl
kaum bankenübergreifende Lösungen
geben. Die Schwierigkeit liegt doch darin, dass die Banken sehr unterschiedliche Portfolios in eine „Bad Bank“ einbringen, die alle getrennt behandelt werden müssten, sonst zögen Banken mit
schlechteren Portfolios Vorteile aus den
besseren Portfolios anderer Banken. Die
bisherigen Überlegungen gehen auch in
die Richtung institutsspezifischer Lösungen und damit würde eine Rolle für die
KfW entfallen.
In Baden-Württemberg ist Arbeit immer
auch mit Liebe verbunden.
Mit freundlicher Unterstützung der
Die KfW Entwicklungsbank unterstützt Bildungsprojekte in Entwicklungsländern. Im Bild ein Klassenraum in Palästina.
Foto: KfW/photothek.net
WiKu: Also müssen sich die Mittelständler
bei den Fördergeldern auf deutlich höhere Zinsen einstellen?
Schröder: Unabhängig von der Rolle der
KfW müssen alle mittelständischen Unternehmen davon ausgehen, dass bei
Prolongationen oder Neukreditvergaben
höhere Margen zu zahlen sind, allerdings auf der Basis eines insgesamt niedrigen Zinsniveaus. Im Vergleich zu den
Geschäftsbanken bietet die KfW dennoch auch in Zukunft die relativ günstigeren Mittel an, sodass es für die Unternehmen hochattraktiv bleibt, Finanzierungsmittel der KfW einzusetzen.
WiKu: Die Konjunkturprogramme sind
ein echtes Glück für die KfW. In der Vergangenheit war es aber nicht immer
aufseiten der Bank: Die Fast-Pleite der
ehemaligen Beteiligung IKB, die fatale
Überweisung an Lehman Brothers und
schließlich das Island-Engagement haben die KfW Milliarden gekostet.
Schröder: Wir haben im Jahresabschluss
2008 nochmals erhebliche Vorsorge für
Risikoaufwendungen getroffen – sowohl
im Wertpapiergeschäft als auch für die
IKB. Ich gehe aber davon aus, dass das
Thema IKB mit dem Jahresabschluss
2008 für uns erledigt ist und uns auch
die Fälle Lehman und Island nicht weiter
belasten werden.
WiKu: Sind sämtliche Risiken der KfW
Bankengruppe im Ergebnis 2008 enthalten?
Schröder: Wir haben alle Risiken erfasst,
die wir heute erkennen können. Aber die
Märkte befinden sich immer noch in
einer außerordentlich schwierigen Verfassung. Daher gibt es auch für den
Jahresabschluss 2009 zwei große Unbekannte: Erstens: Kommt es bei Wertpapieren zu weiteren Marktverlusten?
Zweitens: Wird es bei einer länger anhaltenden Krise zu größeren Bonitätsproblemen bei Kunden kommen?
WiKu: Aber Sie wollen für 2009 dennoch
schwarze Zahlen vorlegen?
Schröder: Wir gehen davon aus, dass wir
mit Blick auf die Vorsorge eine gute
Grundlage geschaffen haben und daher
das Jahr 2009 mit einer deutlich schwarzen Zahl abschließen werden. Wir rechnen in diesem Jahr wieder mit einem
Gewinn.
WiKu: Heftig gelitten hat das Eigenkapital
der KfW. Hat sich das auf die Fördertätigkeit ausgewirkt? Immerhin ging
2008 das Gesamtfördervolumen auf
70,6 Mrd. Euro zurück. Im Jahr zuvor
waren es noch 85,5 Mrd. Euro.
Schröder: Das vergangene Jahr war – auch
für uns überraschend – ein gutes Jahr
hinsichtlich der Finanzierung mittelständischer Unternehmen: Das Finanzierungsvolumen lag nur leicht unter
dem Niveau des bisherigen Spitzenjahres 2007. Einen heftigen Einbruch
verzeichneten wir allerdings im Bereich
der Verbriefungen, den die KfW zu den
Die Leidenschaft, mit der man in Baden-Württemberg seiner Arbeit nachgeht, hat
schon viele Firmen entstehen und wachsen lassen. Diese Begeisterung unterstützt
die L-Bank mit gezielten Förderprogrammen für Unternehmer, Gründer und Übernehmer. Haben Sie auch eine große „Liebe“ und gute Ideen? Sprechen Sie mit uns!
Informationen unter www.l-bank.de
FINANZEN & BÖRSE
18 WirtschaftsKurier
MAI 2009
Keine Sorge um Kreditklemme
Schirm für den Mittelstand
L-Bank | Besondere Unterstützung für langfristige Finanzierungen
LfA Förderbank Bayern | Besondere Hilfen bei kurzfristigen Liquiditätsengpässen
VON CHRISTIAN BRAND*
S
pätestens seit Ende 2008 spüren wir
alle, dass sich die Konjunktur abkühlt.
Da wir zuvor eine Phase der Hochkonjunktur hatten und 2007 ein wirtschaftlich sehr erfolgreiches Jahr war, merken wir
diesen Einbruch jetzt umso deutlicher. Daher gilt aber auch: Wenn wir die gegenwärtige wirtschaftliche Entwicklung beurteilen,
sollten wir nicht die unmittelbar vorgehende Phase der Hochkonjunktur als Richtschnur heranziehen. Wenn man dagegen
die Zahlen der Wirtschaft aus den vorhergehenden Jahren zum Vergleich nimmt,
hilft dies, das Krisenszenario deutlich zu
relativieren.
Wie sieht also aktuell die Situation für die
mittelständischen Unternehmen aus? Es ist
verständlich, dass die Unternehmen als Folge der Finanzkrise eine Kreditklemme befürchtet haben. Doch diese Sorge war und
ist unberechtigt. Allerdings sind die mittelständischen Betriebe vorerst zurückhaltend
mit Investitionen, insbesondere bei Erweiterungsinvestitionen wird abgewartet. Entsprechend weniger Kreditanfragen gehen
bei den Banken und auch bei den Förderinstituten ein. Gerade für Mittelständler mit
guter Bonität ist das Angebot zurzeit jedoch
günstig, denn das absolute Zinsniveau ist
stark gesunken. Schwieriger sieht die Situation bei der Finanzierung hoher Volumina
der Industrie aus. Die Hausbanken wägen
hier sorgfältiger ab, welche Risiken sie übernehmen können. Denn für sie müssen Risiko und Marge im richtigen Verhältnis stehen. Genau an dieser Stelle sind die Förderbanken jetzt besonders gefragt: Wenn sie
Liquidität zu einem risikoadäquaten Preis
anbieten und die Risikoentlastung in den
Programmen ausbauen, erleichtern die Förderinstitute die Arbeit der Hausbanken. Die
L-Bank hat zum Beispiel im März 2009 in
Kooperation mit der Bürgschaftsbank bei
ihrem Liquiditätshilfeprogramm eine Komponente zur Risikoentlastung eingeführt.
Damit trägt sie dem steigenden Betriebsmittel- und Konsolidierungsbedarf der Unternehmen Rechnung.
Darüber hinaus fällt den Hausbanken
die langfristige Kreditvergabe schwer,
Einweihungsfeier des mittlerweile achten Bürogebäudes des STEP Stuttgarter
Engineering Parks. Die Tochtergesellschaft der L-Bank gilt als Musterbeispiel
eines erfolgreichen Technologieparks:
Mittlerweile sind hier 100 innovative Unternehmen angesiedelt. Weitere Bauabschnitte sind in der Planung. Foto: L-Bank
wenn sie nur wenige Kundeneinlagen mit
entsprechenden Laufzeiten haben. Die
langfristige Refinanzierung am Kapitalmarkt ist schwieriger und teurer geworden.
Daher setzen sich die Förderbanken stärker für die Sicherstellung langfristiger Refinanzierungen im Mittelstand ein und entsprechen einer verstärkten Nachfrage nach
Globaldarlehen und Förderdarlehen durch
die Hausbanken.
www.lfa.de
Impulse für die Unternehmen und die
Konjunktur gibt dabei nicht nur die Wirtschaftsförderung. Auch andere Förderschwerpunkte der Förderinstitute – wie
Wohnungsbau, Infrastruktur sowie Klimaund Umweltschutz – wirken sich mittelbar
auf die Situation der Unternehmen aus.
Wenn zum Beispiel eine Investition in die
Sanierung öffentlicher Gebäude angeregt
wird, bedeutet das neue Aufträge für die
Bauwirtschaft.
Die Förderinstitute stehen also weiterhin
dem Mittelstand und den Geschäftsbanken
als verlässliche Partner zur Seite. Damit helfen sie, Stabilität zu schaffen. Allerdings ist
diese Aufgabe für die regional orientierten
Förderinstitute zum Teil auch mit Klumpenrisiken verbunden. Sie ergeben sich aus der
Struktur des regionalen Mittelstands. Ein
Beispiel aus Baden-Württemberg: In den
letzten Jahren haben die Automobilindustrie und die Exportstärke der baden-württembergischen Unternehmen entscheidend
zur Entwicklung des Standorts beigetragen.
Aber zurzeit bergen sowohl die Schwierigkeiten der Branche als auch die Einbrüche
bei den Exporten Risiken. Hier ist ein aktives Portfoliomanagement gefragt, damit
sich diese Klumpenrisiken nicht zu stark auf
die Banken auswirken.
Aber die Förderinstitute stehen nicht nur
für Stabilität, sondern auch für Kontinuität.
Innerhalb ihrer jeweiligen Aufgabengebiete regen sie Entwicklungen an und begleiten sie. Dazu zählt auch, dass die Förderbanken in der aktuellen Krise andere Themen nicht aus den Augen verlieren. Der
demografische Wandel, die Globalisierung
der Märkte oder der Klimawandel erfordern jetzt Maßnahmen, damit die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen auch in Zukunft stimmen. Auch das sind Faktoren, die die Entwicklung der gegenwärtigen Konjunktur
beeinflussen. Zusammenfassend gilt für
die Arbeit der Förderbanken: Konjunkturstabilisierung und Nachhaltigkeit zählen
zu ihren wichtigsten Zielen – und zwar
nicht nur in Krisenzeiten.
*Christian Brand ist Vorsitzender
des Vorstandes der L-Bank.
Darlehen, Risikübernahme und Beratung: Das sind die drei Hauptsäulen der Mittelstandsförderung der LfA Bayern.
VON PHILIPP TRÖBINGER
D
ie Förderbank hat aus dem Katastrophenjahr der Finanzmärkte keine Schäden davongetragen. Die
LfA ist und bleibt damit eine solide Bank
mit hoher Risikotragfähigkeit“, sagte Michael Schneider, Vorstandsvorsitzender
der Landesförderanstalt (LfA). Auch der
bayerische Wirtschaftsminister und LfAVerwaltungsratsvorsitzende Martin Zeil
betonte die gute Risikotragfähigkeit der
Förderbank, die Unternehmen in diesen
Zeiten stützen soll, um die Krise erfolgreich zu meistern.
Die Kreditzusagen der LfA konnten im
vergangenen Jahr um 30 % auf 2,5 Mrd. Euro
gesteigert werden – das höchste Zusagevolumen in der Bankgeschichte. Die
Ursachen für diese positiven Entwicklungen lagen in den starken Zuwächsen im
Bereich der Konsortial- und Globaldarlehen sowie in einem hohen Niveau im
Kernfördergeschäft. Bayerns Förderbank
hat Programmkredite bis zu 1,15 Mrd. Euro
mit attraktiven Zinssätzen an kleine und
mittlere Unternehmen vergeben. So haben
etwa 4 800 Betriebe 1,8 Mrd. Euro in die Erweiterung und Modernisierung der Unternehmen investiert. Mit diesen Fördermitteln wurden 65 000 Arbeitsplätze gesichert
sowie 6 000 neue Arbeitsplätze geschaffen.
„Im Durchschnitt haben wir pro Unternehmen 240 000 Euro bereitgestellt. Diese
Zahl belegt die klare Ausrichtung unserer
Förderpolitik auf den klassischen Mittelstand“, sagte Schneider anlässlich der Bilanzpressekonferenz. Dabei erklärte der
Vorstandsvorsitzende die wesentlichen
drei Hauptsäulen der LfA-Mittelstandsförderung: Darlehen, Risikoübernahmen und
Beratung. Der Leitgedanke der Förderangebote ist es, die betriebsgrößenspezifischen Nachteile im Vergleich zu Großun-
ternehmen zu kompensieren und dadurch
eine Chancengleichheit im Bereich der Finanzierung zu schaffen.
Wachsende Nachfrage
nach Risikoübernahmen
Angesichts der weiter angespannten Lage
an den Finanzmärkten steht die Mittelstandsfinanzierung im laufenden Jahr vor
außerordentlichen Herausforderungen.
Aufgrund der Prognosen für 2009 befürchten viele Mittelständler Liquiditäts- und
Konsolidierungsprobleme, Umsatzeinbrüche sowie Bonitätsverschlechterungen.
Hierbei erweckt der zu Jahresbeginn aufgespannte bayerische Mittelstandsschirm
große Erwartungen zur Überwindung der
Wirtschaftskrise. Dieses Programm hilft
Unternehmen, kurzfristige Liquiditätsschwierigkeiten zu lösen und trotz unsicherer Rahmenbedingungen Kredite in
Anspruch nehmen zu können. Die LfA Förderbank Bayern kann den Unternehmen
über den Mittelstandsschirm bis Ende
2010 bis zu 600 Mio. Euro an neuen Bürgschaften bereitstellen. Die aktuellen Zahlen der Anträge im Jahr 2009 bestätigen
eine wachsende Nachfrage nach Risikoübernahmen durch die LfA – die Kreditnachfrage für Investitionsfinanzierungen
ist allerdings rückläufig.
Die Rückbürgschaften des Bundes sowie
des Freistaats Bayern entlasten das Eigenrisiko und führen unter anderem zur deutlichen Optimierung der LfA-Förderinstrumente – beispielsweise die Steigerung der
Bürgschaftsobergrenze und des Bürgschaftssatzes, die Erweiterung von Betriebsmittelbürgschaften, die Erhöhung
der Haftungsfreistellungen oder Rettungsbürgschaften. Die meisten Programmkredite
der LfA Förderbank sind in den zinsgünstigen KfW-Unternehmerkredit eingebunden. Die gebündelte Bundes- und
F.: LfA
Landesförderung ermöglicht dem bayerischen Mittelstand eine Förderung aus einem Guss.
Neben der engen Zusammenarbeit mit
der KfW beabsichtigt die bayerische Förderbank eine Kooperation mit dem EIF
(European Investment Fund). Dabei soll
ein gemeinsamer Fonds entwickelt werden, der die Verbesserung der Mittelausstattung bayerischer Venture-CapitalFonds zum Ziel hat. Ein Gesamtvolumen
von bis zu 50 Mio. Euro soll erhöhte Anreize für Frühphasenfinanzierungen schaffen
und hierbei die Voraussetzungen für Unternehmensgründungen optimieren.
Gewinn auf „Normalniveau“
Trotz der Auswirkungen der Finanzkrise
steht die LfA Förderbank mit einer Eigenkapitalausstattung von über 900 Mio. Euro
und einer Kernkapitalquote von 15,9 % solide da. Die Bilanzsumme erhöhte sich im
vergangenen Jahr um 15 % auf 18,9 Mrd.
Euro. Zwar reduzierte sich der Gewinn von
64 Mio. Euro im Vorjahr auf 31 Mio. Euro.
LfA-Chef Schneider zeigte sich dennoch
damit zufrieden, da die Gewinnsumme
aus dem Jahre 2007 ein 25-jähriger Rekordwert war. Die Ertragszahlen lagen durchschnittlich betrachtet im Bereich „früherer
Normaljahre“, so Schneider. Der Konjunktureinbruch hat aber dazu geführt, dass
die Risikovorsorge von 14 Mio. Euro auf
40 Mio. Euro fast verdreifacht werden
musste. Die Gründe hierfür waren erhöhte
Wertberichtigungen und Rückstellungen
aus dem Fördergeschäft aufgrund der
schwierigen Wirtschaftslage. Trotzdem gab
sich der bayerische Wirtschaftsminister auf
der Bilanzpressekonferenz zuversichtlich:
„Nicht zuletzt dank der LfA als tragende
Säule der bayerischen Mittelstandsförderung wird Bayern auch den kommenden Aufschwung anführen.“
Hightech-Förderung im Fokus
Venture Capital | Erster bayerisch-europäischer Dachfonds
A
Gründung | Wachstum | Innovation | Umweltschutz | Stabilisierung
Damit machbar wird, was denkbar ist.
Eine gute Idee, aber zu wenig Kapital – das ist häufig eine Hürde für
kleine und mittelständische Unternehmen. Deshalb fördern wir von der
LfA Förderbank Bayern Ideen, die Zukunft haben. Als Spezialkreditinstitut
des Freistaates Bayern haben wir in den letzten fünf Jahren dem Mittelstand über 50.000 Darlehen und Risikoübernahmen zugesagt. Sprechen
Sie mit uns, wenn Ihre Gedanken Gestalt annehmen. Rufen Sie uns an
unter der Nummer 01801/ 2124 24 (zum Ortstarif). Wir beraten Sie gerne.
uch die Venture-Capital-Szene ist
von der andauernden Finanzkrise in
Mitleidenschaft gezogen. Die privaten Angebote für die Frühfinanzierung von
jungen innovativen Unternehmen in Bayern seien nach wie vor nicht ausreichend,
bemängelte Bayerns Wirtschaftsminister
Martin Zeil. Diesen Entwicklungen will die
LfA Förderbank Bayern mit dem ersten
bayerisch-europäischen Venture Capital
Dachfonds von über 50 Mio. Euro entgegenwirken. Dafür arbeitet die LfA mit dem
Europäischen Investitionsfonds (EIF) zusammen, der zukünftig für das Management der Dachfondsfazilität verantwortlich ist. „Wir schaffen mit dem Dachfonds
wichtige Anreize, verstärkt Venture Capital
für junge technologie-orientierte Unternehmen in Bayern bereitzustellen“, so Zeil.
Dieser neue Förderbaustein soll die Dynamik im Bereich der Hightech-Gründungen
unterstützen und zudem die Wagniskapital-Landschaft stärken.
Sowohl die LfA Förderbank Bayern als
auch der Europäische Investmentfonds
stellen für den Dachfonds jeweils 25 Mio.
Euro bereit. Darüber hinaus besteht die
Möglichkeit, dass interessierte Drittinvestoren zu denselben Bedingungen beitreten
können. Die Investitionen zielen auf folgende zwei Sektoren des Venture-CapitalMarktes ab: Bei den Frühphasenfonds liegen die Hauptaktivitäten – häufig in Kooperation mit öffentlichen oder privaten
Forschungseinrichtungen – im Technologietransfer. Die Fonds für Anschlussfinanzierungen im Frühphasen- und Wachstumsphasen-Segment richten sich an Folgeinvestitionen. Die Investitionsperiode
des ersten bayerisch-europäischen Venture
Capital Dachfonds ist auf fünf Jahre angesetzt, für die Investitionsdauer sind zehn
Jahre vorgesehen.
Der neue Dachfonds soll ein diversifiziertes Portfolio von kommerziell tragfähigen Venture-Capital-Fonds mit einer in-
Für die Frühfinanzierung von Unternehmen stellen die LfA und der Europäische
Investmentfonds jeweis 25 Mio. Euro zur Verfügung.
Foto: Fotolia
dustrietypischen Renditeerwartung aufbauen und betreuen. Im Unterschied zum
normalen Fördergeschäft investiert die LfA
bei diesem Fonds nicht direkt in bayerische Technologieunternehmen, sondern
beteiligt sich an weiteren Fonds, die ebenfalls in – unter anderem auch bayerische –
Unternehmen investieren.
Der Vorstandsvorsitzende der LfA Förderbank Bayern, Michael Schneider, erklärte den für die LfA-Finanzierungen
notwendigen „Bayerneffekt“, der sich
aus nachfolgenden drei Faktoren ergibt:
Erstens investiert der Dachfonds in VCFonds, die in Bayern einen Sitz oder zumindest eine Niederlassung haben.
Zweitens müssen diese Fonds zumindest
in gleicher Höhe wie der Dachfonds in
junge bayerische Technologieunternehmen investieren. Drittens vergrößert die
dadurch gestärkte VC-Szene in Bayern zugleich die Basis an potentiellen Lead-Investoren für die VC-Tochter Bayern Kapital
der LfA.
Das vom bayerischen Wirtschaftsministerium angestoßene Projekt hat eine enorme Hebelwirkung des finanziellen Einsatzes. Schneider verdeutlichte diesbezüglich
den wirtschaftlichen Wirkungsgrad: „Die
von uns eingebrachten 25 Mio. Euro verdoppeln sich zunächst durch den gleich
hohen Beitrag des EIF und vervierfachen
sich im Ergebnis dadurch, dass die VCFonds, in die wir investieren, unseren gemeinsamen Beitrag zu Gunsten bayerischer Unternehmen noch einmal mindestens verdoppeln müssen.“ Überdies würden zusätzliche Beteiligungen privater Investoren am Dachfonds den Hebeleffekt
beträchtlich stärken.
pht
Wir fördern Ihr Unternehmen.
Die NRW.BANK fördert kleine und mittlere Unternehmen mit zinsgünstigen Krediten, Darlehen zum Ausgleich mangelnder Sicherheiten und zur Stärkung des Eigenkapitals sowie
mit Eigenkapital-Finanzierungen. Fragen Sie Ihre Hausbank – oder direkt uns:
Tel. 0211 91741-4800 (Rheinland) oder 0251 91741-4800 (Westfalen-Lippe).
www.nrwbank.de
AKTIENSPIEGEL
20 WirtschaftsKurier
DIE DAX-WERTE
DAX VOM 30.04. 4 769,45 | 31.03. 4 084,76
Unternehmen
letzte
30.04.
Dividende
Adidas
0,50
28,62
Allianz*
3,50
69,74
BASF*
1,95
28,57
Bayer*
140
37,61
Beiersdorf
0,90
31,16
BMW
0,30
26,25
Commerzbank
1,00
5,16
Daimler*
0,60
27,15
Deutsche Bank*
0,50
40,65
Deutsche Börse*
2,10
56,00
Deutsche Post
0,60
8,75
Deutsche Telekom*
0,78
9,14
E.ON*
1,50
25,64
Fresenius Medical Care 0,58
29,75
Fresenius VZ
0,71
39,04
Hannover Rück
2,30
24,57
Henkel VZ
0,53
20,53
K+S
2,40
45,55
Linde
1,80
60,33
Lufthansa NA
0,70
9,67
MAN
2,00
46,99
Merck
1,50
67,95
Metro
1,18
32,20
Münchener Rück*
5,50
104,63
RWE*
4,50
54,59
Salzgitter
1,40
53,94
SAP*
0,50
29,03
Siemens*
1,60
51,03
ThyssenKrupp
1,30
16,24
Volkswagen*
1,93
239,23
31.03.
27.02.
30.01.
30.12.
28.11.
31.10.
30.09.
25,06
63,26
22,79
36,00
33,79
21,79
4,02
19,08
30,30
45,38
8,11
9,35
20,91
29,26
34,56
24,00
20,48
34,93
51,18
8,17
32,80
66,56
24,85
91,80
52,81
42,08
26,68
43,01
13,17
231,30
23,01
53,63
21,96
38,08
32,99
19,75
2,79
18,01
20,78
36,38
7,64
9,57
20,41
32,49
40,00
28,71
18,66
35,53
50,98
8,70
32,08
59,46
23,02
96,96
49,97
49,43
25,52
40,33
14,20
188,00
27,13
66,10
22,72
41,61
38,40
18,61
3,56
22,00
20,70
39,50
9,78
9,47
25,24
35,01
41,59
22,50
20,19
37,15
52,25
9,50
34,12
66,27
28,40
103,70
60,87
57,08
27,85
43,98
15,94
249,45
27,14
75,00
27,73
41,55
42,00
19,68
6,64
26,70
27,83
50,80
11,91
10,75
28,44
33,31
41,59
22,50
22,59
39,97
59,85
11,19
38,72
65,51
28,57
111,00
63,70
55,00
25,25
52,68
18,96
250,00
24,46
65,21
25,10
40,68
43,50
20,12
7,22
24,66
27,98
56,22
11,29
10,89
27,53
34,28
43,61
18,03
22,20
35,26
57,43
10,34
35,65
65,89
24,10
106,96
66,08
54,34
26,84
47,07
15,96
280,33
27,53
58,02
26,07
43,16
41,10
27,29
8,43
26,81
29,44
61,99
8,65
11,58
29,66
35,26
50,00
19,66
22,51
30,68
65,11
10,94
38,73
69,58
25,08
102,90
64,79
51,16
27,61
46,46
15,01
499,50
27,70
96,28
33,75
51,80
44,81
28,00
10,40
35,40
49,54
63,87
14,78
10,77
35,58
36,67
51,19
25,71
25,85
48,64
75,48
13,80
47,30
75,40
35,53
106,21
67,50
70,76
37,67
65,75
21,03
278,01
Hoch
Tief
(52 Wochen)
46,94 21,22
134,38 45,15
48,56 17,85
57,77 32,69
55,03 28,70
38,07 16,00
24,02
2,22
53,20 17,20
79,20 15,38
108,45 29,50
22,54
6,60
12,03
8,52
45,96 17,77
38,73 25,51
58,09
31,10
37,23
13,59
31,55 17,50
97,35 26,79
97,90 46,51
187,60
7,73
104,90 26,37
93,91 53,00
52,15 16,74
127,77 76,17
84,89 46,33
143,88 37,80
40,32 20,75
79,80 33,05
46,68 11,71
1005,01 164,80
* Diese Dax-Werte gehören auch zum Euro Stoxx 50
Inflation, Deflation, Konfusion?
Preisauftrieb | Konjunkturabschwächung wirkt dämpfend
S
eit dem vergangenen Sommer sind
die Inflationsraten weltweit stark zurückgegangen, dennoch glauben viele Anleger, dass es sich dabei nur um ein
kurzes Intermezzo gehandelt hat und bald
wieder ein Anstieg der Preise zu erwarten
ist. Begründet wird dies zum einen mit der
signifikant zunehmenden Staatsverschuldung weltweit und zum anderen mit den
massiven geldpolitischen Impulsen von
Seiten der Notenbanken. Trotzdem – viele
Ökonomen sehen in den nächsten Monaten eher deflationäre Tendenzen voraus.
Was ist nun wahrscheinlicher: Inflation
oder Deflation?
Hauptursache des rapiden Rückgangs
der Inflation ist die Konjunkturabschwächung in Folge der Krise, wobei dahinter
vor allem auch der Einbruch bei vielen
Rohstoffpreisen stand. Gleichzeitig sind
der globale Lohnauftrieb und die Ausweitung der Gewinnmargen bei den Unternehmen empfindlich zurückgegangen. So
sank die Inflationsrate in den OECD-Ländern von 4,9 % im Juli 2008 auf nur 1,3 %
im Februar 2009 und damit auf den niedrigsten Stand seit Beginn der Zeitreihe
1970. Allerdings fiel dieser Rückgang von
Land zu Land durchaus heterogen aus, so
lag die Inflationsrate in China bei minus
1,2 % und in Russland bei plus 14 %. Auch
in den USA sank die Inflation auf unter
null, trotzdem könne nicht von einer Deflation gesprochen werden, so die Research-Abteilung der M. M. Warburg-Bank.
Dazu müsste sich der starke Preisverfall
nicht nur auf einzelne Güter beschränken,
sondern auf das gesamte Warenangebot
beziehen.
Stark gesunkene
Energiepreise
Allerdings, so Warburg, dominieren in den
nächsten Monaten eher deflationäre als inflationäre Risiken, gerade in den USA. Dafür sind zu einem erheblichen Teil die stark
gesunkenen Energiepreise verantwortlich.
Diese lagen im Juli 2008 um 29 % über dem
Vorjahresniveau, im März 2009 um 23 %
niedriger als vor einem Jahr. Unterstellt
man, dass die Energiepreise für den Rest
des Jahres stabil bleiben, würden die Preise
im Juli 2009 um 31 % unter dem Vorjahr
und damit die Gesamtinflationsrate im
DIE EURO STOXX 50-WERTE
Unternehmen
Aegon
Air Liquide
Alstom
Arcelor Mittal
Axa
Banco Bilbao
Banco Santander
BNP Paribas
Carrefour
Credit Agricole
Danone
Enel
ENI
Fortis
France Télécom
GdF Suez
Generali
Iberdrola
ING
Intesa Sanpaolo
L’Oréal
LVMH
Nokia
Philips
Repsol S.A.
Renault
Saint Gobain
Sanofi-Aventis
Schneider Electric
Société Generale
Telecom Italia
Telefonica de Espana
Total
Unicredito Italiano
Unilever
Vinci
Vivendi
letzte
Dividende
0,32
2,05
0,80
0,38
1,20
0,28
0,26
1,00
1,08
1,20
1,20
0,29
0,65
0,59
0,80
0,60
0,15
0,15
0,82
0,38
1,38
1,25
0,40
0,70
0,50
0,00
1,00
2,20
3,45
0,90
0,08
0,50
1,14
0,26
0,50
1,10
1,30
Sommer um 1,6 % unter dem Vorjahr liegen.
Doch in den USA nehmen nicht nur die
Preise für Energie ab, auch die für Industriegüter sind in den vergangenen Monaten kräftig unter Druck geraten. Sie gingen
zwar insgesamt nur um 2,5 % zurück, aufgrund ihrer stärkeren Gewichtung im Warenkorb ist ihr Anteil an der Inflations-/Deflationsrate aber umso höher. Insofern
würde die Gesamtinflationsrate schon allein deshalb um weitere 1,6 % zurückgehen, selbst wenn die Preise auf dem gegenwärtigen Niveau blieben.
Als „Anker“ gegen die Inflation wirken
die Preise für Nahrungsmittel und Dienstleistungen – immerhin haben letztere einen Anteil von 60 % am Warenkorb. Insofern entwickelt sich die US-Gesamtinflationsrate, wenn
sich die Preise bis zum Jahresende nicht
nennenswert ändern, von minus 0,4 % im
März über minus 2,7 % in den Sommermonaten auf plus 0,5 % zum Jahresende. Es
gibt also keine Deflation im engeren Sinne,
da nicht alle Komponenten des Warenkorbes eine signifikante, negative Preisveränderungsrate aufweisen. M. M.Warburg/uk
EURO STOXX 50 VOM 30.04. 2 375,34 | 31.03. 2 071,13
30.04.
31.03.
27.02.
30.01.
30.12.
28.11.
31.10.
30.09.
3,90
61,86
47,84
18,00
12,75
8,28
7,27
40,25
30,89
11,20
36,14
4,13
16,45
1,88
16,87
27,30
15,48
6,00
7,09
2,44
54,22
57,39
10,93
13,76
14,47
24,57
27,43
43,77
57,91
39,17
0,96
14,41
38,35
1,87
15,03
34,20
20,47
2,92
61,25
38,99
15,28
9,05
6,11
5,19
31,12
29,40
8,31
36,66
3,62
14,62
1,38
17,15
25,85
13,02
5,28
4,15
2,09
51,80
47,29
8,88
11,08
13,03
15,49
21,12
42,38
50,11
29,50
0,98
15,02
37,43
1,27
14,85
27,96
19,93
2,88
58,16
37,78
15,45
7,34
5,79
4,90
25,99
26,78
7,79
37,85
3,96
15,98
1,32
17,81
25,29
11,97
5,20
3,67
1,94
51,32
45,38
7,52
12,74
12,22
11,53
18,32
40,92
47,80
26,24
0,97
14,71
37,48
1,01
15,25
25,75
18,97
4,14
57,04
37,93
17,71
12,22
7,33
6,32
30,01
26,79
9,54
40,25
4,41
16,65
0,00
17,56
30,07
16,37
6,08
6,38
2,46
52,10
42,81
9,59
14,20
14,04
15,16
26,58
44,09
49,76
32,95
0,97
13,93
39,18
1,38
17,27
26,84
20,21
4,34
65,37
41,65
17,06
14,99
8,54
6,64
29,74
27,49
8,01
42,81
4,45
16,42
0,92
19,87
34,43
18,90
6,55
7,07
2,50
61,66
45,99
10,90
13,80
14,99
17,50
32,77
45,13
52,45
34,75
1,14
15,79
23,57
1,72
17,24
29,48
22,93
3,70
66,85
41,80
18,74
14,95
8,14
6,43
43,33
29,71
8,72
45,28
4,93
17,82
0,74
20,22
31,64
18,85
5,82
6,60
2,36
63,66
44,58
11,09
12,76
15,20
17,22
31,43
43,45
49,43
33,38
1,07
15,88
41,05
1,80
18,33
31,58
22,25
3,27
66,77
38,70
20,83
14,86
8,80
8,54
57,00
32,76
11,35
43,36
5,22
18,37
0,92
19,09
34,59
19,30
5,59
7,50
2,85
59,11
52,07
12,14
14,51
14,78
23,88
28,78
49,27
46,21
42,30
0,89
14,52
43,60
1,87
18,41
27,95
20,49
6,20
77,42
52,77
35,15
22,90
11,46
10,50
66,08
33,10
13,41
50,00
5,94
18,85
4,30
19,80
36,50
23,69
7,14
14,93
3,90
69,25
61,75
12,90
19,09
20,90
44,56
36,15
46,55
60,25
62,00
1,05
16,79
42,85
2,71
19,86
32,98
22,02
Hoch
Tief
(52 Wochen)
10,77
1,83
89,09
55,03
84,12
28,60
67,81
12,58
25,19
5,71
15,40
4,45
13,45
3,92
73,00
20,66
46,97
22,06
21,03
5,90
57,86
33,08
7,27
3,23
27,36
11,82
17,55
0,57
21,08
15,91
44,77
22,00
28,93
9,71
9,84
4,36
26,02
2,30
4,89
1,30
79,65
46,00
77,35
38,10
20,15
6,67
25,44
10,84
27,91
11,24
71,97
10,17
50,77
16,65
51,25
36,06
83,96
38,85
78,99
18,24
1,47
0,72
19,51
12,31
58,25
31,52
5,07
0,67
22,30
13,46
51,15
21,70
27,44
16,32
MAI 2009
DIE MDAX-WERTE
Unternehmen
Arcandor
Aurubis
Bauer
Bilfinger Berger
Celesio
Continental
Douglas Holding
Demag Cranes
Deutsche EuroShop
Deutsche Postbank
EADS
ElringKlinger
Fielmann
Fraport
Fuchs Petrolub
Gagfah
Gea Group
Gerresheimer
Gildemeister
Hamburger Hafen
Heidelberger Druckm.
HeidelbergCement
Hochtief
Hugo Boss VZ
Hypo Real Estate
IVG Immobilien
Klöckner & Co
Krones VZ
KUKA
Lanxess
Leoni
MLP
MTU Aero Engines
Pfleiderer
Praktiker Bau- u. H.
Premiere
ProSiebenSat1 VZ
Puma
Rational
Rheinmetall VZ
Rhön-Klinikum VZ
SGL Carbon
Stada Arzneimittel VNA
Südzucker
Symrise
Tognum
Tui
Vossloh
Wacker Chemie
Wincor Nixdorf
letzte
Dividende
0
1,45
1,00
2,00
0,48
0
1,10
1,10
1,05
0,12
0,15
1,95
1,15
0,12
0,20
0,40
0,40
0,40
1,00
0,95
1,30
1,40
1,38
0
0
0
0,70
0
0,50
0,20
0,28
0,93
0,30
0,10
0
0,02
2,75
1,00
1,30
0,35
0
0,52
0,40
0,50
0,70
0,25
3,00
1,80
2,78
MDAX VOM 30.04. 5 565,28 | 31.03. 4 426,37
30.04.
31.03.
27.02.
30.01.
30.12.
28.11.
31.10
30.09.
1,80
21,45
28,60
35,98
16,79
19,59
31,17
16,00
21,45
16,20
11,09
10,97
46,30
30,55
36,82
4,74
9,96
18,25
7,44
27,29
5,48
31,90
37,09
15,20
1,40
6,54
9,97
26,31
10,30
16,34
11,21
10,60
25,50
4,25
5,50
1,85
2,20
162,25
77,07
32,04
15,92
22,08
14,21
14,67
10,36
9,26
8,34
78,01
78,38
38,00
1,67
19,11
22,02
28,47
13,88
12,56
29,79
13,10
21,70
11,95
8,84
7,50
45,99
24,23
27,30
3,70
8,03
13,79
5,84
18,60
3,64
24,67
28,51
11,00
1,24
4,54
7,43
23,98
10,21
12,83
6,84
7,90
17,64
2,66
3,96
2,07
1,20
114,27
62,03
25,61
14,00
17,95
12,32
14,51
8,91
6,56
4,02
79,89
62,53
34,11
1,36
19,85
22,91
27,63
16,40
11,75
27,91
15,50
20,80
8,79
11,65
7,63
46,55
24,70
25,50
2,39
8,55
16,65
4,63
17,98
3,27
21,00
22,00
9,70
1,04
4,04
9,07
28,57
9,82
11,81
7,13
6,53
20,51
3,32
4,18
1,90
1,41
119,52
66,50
26,02
14,89
17,66
13,37
13,66
7,29
8,01
4,46
74,81
49,75
33,45
3,09
28,00
29,45
37,32
19,40
28,88
32,20
18,80
24,30
9,42
11,60
6,96
50,25
30,91
34,00
4,02
12,15
19,50
7,85
23,50
6,05
31,70
35,74
14,40
3,05
5,72
12,29
31,07
12,67
13,73
12,99
9,80
19,58
6,60
7,80
3,72
2,40
140,30
84,40
22,90
17,07
23,90
20,50
10,87
9,98
9,00
8,05
79,49
74,71
33,71
3,09
28,00
29,45
37,32
19,40
28,88
32,20
18,80
24,30
15,50
11,60
6,95
46,59
30,91
34,00
4,02
12,15
19,50
7,85
23,50
6,05
31,70
35,74
14,40
3,05
5,72
12,29
31,07
12,67
13,73
19,99
9,80
19,58
6,60
7,80
3,72
2,40
140,30
74,71
22,90
17,07
23,90
20,50
10,87
9,98
9,00
8,05
79,49
74,41
33,71
1,82
27,06
20,28
32,14
19,99
37,29
32,79
16,52
19,91
16,05
12,44
7,09
44,00
27,19
29,30
2,33
12,15
27,10
5,94
23,41
4,45
37,37
30,45
11,09
2,77
3,70
9,66
31,82
10,07
13,03
10,98
9,74
15,96
5,93
6,98
4,57
1,67
134,01
81,18
18,34
14,90
20,44
21,26
9,93
9,27
8,60
8,77
72,50
79,34
28,96
1,85
25,29
27,96
35,69
23,18
32,36
29,32
15,09
20,17
15,91
12,92
6,42
44,00
25,32
27,50
4,37
11,83
26,64
7,44
26,80
7,40
58,25
24,23
12,40
5,18
5,19
11,43
34,76
13,69
11,94
9,79
9,69
15,26
6,87
6,21
1,83
2,34
131,43
111,58
24,08
16,77
15,27
23,88
8,80
9,63
8,62
9,54
59,90
85,67
33,92
2,33
29,84
35,50
36,66
30,71
58,30
32,24
27,83
23,04
26,66
12,00
13,50
49,60
42,00
39,19
8,95
13,66
32,21
11,85
42,00
11,07
74,57
33,47
17,03
4,15
6,79
16,07
34,94
17,24
19,36
21,35
13,00
19,39
8,56
6,49
9,45
4,76
191,71
145,89
37,94
20,60
27,28
28,28
10,30
12,00
13,83
11,66
73,04
100,35
41,49
DIE SDAX-WERTE
Unternehmen
Aareal Bank
Air Berlin
Alstria Office Reit
Arques Ind.
BayWa
Bertrandt
Biotest
C.A.T OIL
Centrotec Sust.
Cewe Color
Colonia Real Estate
comdirekt bank
Constantin Medien
CTS Eventim
Curanum
Dt. Beteiligungs AG
Delticom
Deutsche Wohnen
Deutz
DIC Asset
Dürr
Dyckerhoff VZ
Elexis
Escada
Gerry Weber
Gesco
GfK
Grammer
GrenkeLeasing
Highlight Comm.
Homag Group
H&R Wasag
INDUS Holding
Jungheinrich VZ
Koenig & Bauer
KWS Saat
Loewe
Medion
MPC Capital
MVV Energie
Patrizia Immo
Sixt
SKW Stahl-Metal.
Springer Axel
TAG Immobilien
Takkt
VBH
Vivacon
VTG
Wacker Neuson
letzte
Dividende
0,50
0,52
0,51
0,40
0,80
0,36
0
1,00
0,25
0,41
0
0,61
0,10
0,40
3,00
0
0
0,30
0,70
2,00
0,48
0
0,75
2,42
0,46
1,00
0,60
0,17
0,30
0,40
1,20
0,55
0,60
1,70
0,50
0,15
0
0,80
0
0,80
0,50
4,40
0,10
0,80
0,19
0,50
0,30
0,19
Hoch
Tief
(52 Wochen)
12,53
1,15
38,69
18,07
71,81
17,00
65,65
23,39
38,25
13,54
82,96
10,11
35,35
26,67
39,05
11,60
28,60
17,26
64,35
6,81
17,40
8,19
26,65
5,55
53,85
39,00
47,94
21,55
69,10
22,15
12,15
1,88
26,95
7,20
37,71
13,02
23,64
4,25
59,19
16,15
18,25
2,80
113,61
19,50
77,44
19,78
40,65
8,46
24,31
0,62
28,13
3,20
41,50
5,57
60,25
22,00
26,18
8,70
33,43
10,28
36,15
6,07
14,44
5,19
31,46
12,87
14,05
2,40
16,97
2,68
10,10
1,07
10,67
0,88
256,90 101,47
144,69
56,01
54,31
16,09
23,57
13,86
50,34
13,70
48,78
10,00
15,90
7,05
16,23
7,01
19,80
6,35
18,84
3,25
99,49
45,41
169,64
45,15
54,17
26,90
SDAX VOM 30.04. 2 685,18 | 31.03. 2 374,46
30.04.
31.03.
27.02.
30.01
30.12.
28.11.
31.10.
30.09.
7,06
4,01
4,70
1,88
19,00
14,80
31,13
2,70
8,35
19,22
3,10
6,01
2,43
22,00
3,00
10,00
47,20
13,79
3,18
6,03
14,33
41,25
8,58
2,58
16,19
35,06
17,76
5,00
23,50
4,35
7,45
9,58
40,75
9,04
8,06
95,03
8,40
5,83
6,03
31,55
2,10
11,81
7,85
55,00
2,02
7,51
3,20
1,46
7,25
6,90
6,15
3,06
3,75
1,24
17,23
13,45
27,40
2,07
7,60
15,68
2,95
5,50
2,48
21,90
2,80
9,36
41,00
11,40
2,30
3,57
9,80
38,01
7,20
1,90
15,40
32,50
17,80
3,29
21,00
4,25
6,50
7,88
8,71
8,05
7,00
95,99
7,80
5,82
4,71
31,83
1,38
10,16
8,22
51,36
1,71
6,50
3,07
3,07
5,99
5,41
3,89
3,51
4,65
1,10
14,87
13,91
34,06
2,07
8,54
12,81
3,14
4,89
2,34
21,47
3,00
9,64
40,00
8,53
1,91
2,93
8,30
39,47
7,09
2,95
17,82
34,60
17,00
2,75
21,50
3,99
6,00
7,99
8,90
7,38
8,59
104,68
7,05
5,46
4,90
31,20
1,57
8,60
8,00
53,27
1,35
6,73
2,84
2,08
5,39
5,27
5,75
3,74
5,08
1,79
22,10
17,90
39,10
1,99
9,30
13,13
2,84
6,14
2,55
27,60
3,49
12,40
40,71
11,41
1,69
4,44
9,99
46,99
6,51
3,16
18,00
35,59
16,00
6,33
21,03
4,13
9,01
8,95
10,68
8,75
8,68
98,28
7,00
5,89
6,20
32,65
1,57
9,61
9,13
55,50
1,58
7,60
3,50
2,46
6,06
5,56
5,75
4,73
4,95
2,52
25,80
17,39
45,77
2,03
10,60
14,05
2,86
6,18
2,50
27,60
3,84
12,26
39,00
9,49
2,38
6,22
12,25
39,92
7,69
3,35
20,60
41,70
22,02
6,90
17,82
5,00
10,19
10,90
13,40
9,05
9,90
111,10
8,61
6,30
8,90
32,21
1,63
11,60
10,98
51,39
1,99
8,00
3,68
3,90
7,50
6,19
5,67
3,32
4,00
2,37
24,56
15,50
42,40
2,06
9,60
14,90
1,80
4,87
1,60
27,60
3,30
11,53
38,50
4,55
2,06
4,20
10,50
37,38
8,50
4,32
17,20
32,76
17,09
6,62
20,00
3,74
8,53
11,43
10,90
8,84
9,74
101,50
9,50
5,69
5,31
30,98
0,95
9,40
10,41
45,08
1,75
7,55
3,50
2,60
7,49
4,95
6,30
3,58
5,04
2,88
24,75
13,69
48,00
2,32
7,06
15,45
2,06
5,73
1,63
19,57
3,50
10,50
39,00
7,18
2,43
6,77
11,98
33,60
8,17
3,95
14,60
36,30
15,55
8,35
21,60
5,02
9,00
11,94
13,70
10,51
8,53
97,65
9,39
7,41
7,45
30,97
1,63
12,06
9,21
45,54
2,04
7,72
3,61
4,90
9,09
5,12
8,08
3,17
8,75
5,70
20,03
20,38
42,30
3,27
11,30
16,23
3,88
5,22
2,47
27,60
2,72
13,15
40,00
8,87
3,97
9,90
19,50
36,04
13,30
8,23
15,85
41,80
21,61
12,22
21,61
6,90
13,43
16,63
16,75
12,29
12,13
92,82
9,55
7,94
13,00
33,20
2,14
15,20
14,90
63,50
3,60
9,84
3,88
6,73
13,70
6,67
Hoch
Tief
(52 Wochen)
25,79
2,95
18,38
2,41
13,13
2,50
10,05
0,91
44,68
13,87
28,60
12,20
64,00
24,55
10,64
1,60
15,69
6,05
26,56
10,35
13,89
1,26
9,68
4,10
2,95
1,42
31,00
17,00
5,13
2,02
17,82
3,72
48,50
35,15
23,51
3,72
7,60
1,55
22,98
2,55
33,89
7,14
48,50
28,12
20,68
6,02
16,45
1,65
24,30
12,49
59,45
30,30
31,27
13,00
18,18
2,45
28,20
17,40
7,35
3,00
24,79
5,75
19,02
7,55
25,29
7,80
24,55
6,58
21,60
6,06
176,00
69,10
14,00
5,80
15,19
4,54
44,99
3,70
35,74
23,15
4,36
0,87
35,68
7,89
29,18
6,88
79,50
42,00
6,40
1,12
12,95
5,00
6,30
2,58
12,10
1,23
17,15
5,16
12,98
4,01
BAYERN
MAI 2009
WirtschaftsKurier
21
Sauberer Fahrspaß
Heimattreue Global Player
Energische Konkurrenz
Fliegender Standortvorteil
In der Autoindustrie wird die gesamte Wertschöpfungskette auf Effizienz und
Umweltverträglichkeit abgeklopft.
Seite 23
Auch den Finanzplatz Bayern hat die Krise
erschüttert – doch die Institute bauen
ihre Position weiter aus.
Seite 25
Im weiß-blauen Bundesland agieren mehr Stromanbieter als in manchem europäischen Staat –
der Wettbewerb scheint gesichert.
Seite 27
Nicht nur vom Flughafen Franz-Josef-Strauß
gehen Flieger in alle Welt – auch Nürnberg
und Memmingen ziehen nach.
Seite 28
Bayern investiert mit aller Kraft
Ministerpräsident Horst Seehofer | Gesamtvision für die Soziale Marktwirtschaft der Zukunft
VON HORST SEEHOFER*
W
irtschaft und Politik stehen weltweit vor der größten Herausforderung der Nachkriegszeit. Wir
sind konfrontiert mit der ersten wirklich
globalen Krise der Wirtschaftsgeschichte.
Jeder Kontinent, jede Region der Erde ist
betroffen. Viele Menschen sind in Sorge
um ihren Arbeitsplatz und um die Zukunft.
Dem Konjunkturabschwung kann sich
auch ein starkes Land wie Bayern nicht
entziehen. Zuerst traf es die exportstarke
bayerische Automobilwirtschaft, dann den
Maschinenbau. Mittlerweile hat die Krise
nahezu alle wichtigen Branchen erfasst.
Auch in Bayern müssen wir in diesem Jahr
mit dem stärksten Rückgang der Wirtschaftsleistung seit 60 Jahren rechnen.
richtige Antwort, damit dauerhafte Belastungen für die öffentlichen Haushalte oder
die Währung vermieden werden können.
Auch die Bayerische Staatsregierung hat
frühzeitig die Weichen zur Bekämpfung
der Krise gestellt. Um eine Kreditklemme
zu verhindern, haben wir beispielsweise
der LfA-Förderbank über unseren Mittelstandsschirm 200 Mio. Euro für Rückbürgschaften zur Verfügung gestellt und die
Konditionen beim Mittelstandskreditprogramm verbessert. Darüber hinaus haben
wir in Bayern ein großes Beschleunigungsprogramm für öffentliche Investitionen
gestartet. Dadurch werden staatliche Investitionen in Bildung, Infrastruktur und
Klimaschutz in Höhe von 1,7 Mrd. Euro
vorgezogen. Auch das Konjunkturpaket II
des Bundes wird helfen, den Abschwung
zu dämpfen: 1,96 Mrd. Euro für neue
Marktwirtschaft besteht die Hauptaufgabe
des Staates darin, die wirtschaftlichen
Rahmenbedingungen zu setzen. Und natürlich gehört es auch zu seinen Aufgaben,
in einer Wirtschaftskrise konjunkturpolitisch stützend zu wirken. Dabei dürfen wir
unsere ordnungspolitischen Grundsätze
nicht aus den Augen verlieren. Der Steuerzahler kann nicht für unternehmerische
Fehlentscheidungen eintreten. Aber Be-
trieben, die langfristig wettbewerbsfähig
sind und die ein tragfähiges Geschäftsmodell haben, wollen wir eine Brücke bauen
für das Überleben und den Erhalt der Arbeitsplätze.
Ich habe elf renommierte Persönlichkeiten aus Wissenschaft und Wirtschaft beauftragt, konkrete Vorschläge auszuarbeiten, um einerseits für die Politik Handlungsempfehlungen zur Überwindung der
aktuellen Krise zu erarbeiten sowie andererseits eine Gesamtvision für die Soziale
Marktwirtschaft der Zukunft zu schaffen.
Ich bin sicher: Die Zeit ist reif für ein neues und breites Bündnis für die Soziale
Marktwirtschaft. Wir müssen diese große
Chance jetzt nutzen. Denn es kann keinen
Zweifel geben, dass unsere Soziale Marktwirtschaft mit ihrem einzigartigen Zusammenspiel von sozialer Verantwortung und
wirtschaftlicher Wettbewerbsfähigkeit das
Erfolgsmodell der Zukunft ist. Auf dieser
Basis sorgen wir nicht nur dafür, dass die
bayerische Wirtschaft die Folgen der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise meistern kann, sondern gestärkt aus der Krise
hervorgeht!
*Horst Seehofer ist bayerischer Ministerpräsident und Parteivorsitzender der CSU
Unternehmen: Mittelstand
Exportenzial
„Die Bayerische Staatsregierung hat frühzeitig
die Weichen zur Bekämpfung der Krise gestellt”,
so der bayerische
Ministerpräsident
Horst Seehofer. Foto: CSU
Liquiditätssorgen der Unternehmen vergrößern sich, und die Zahl der Insolvenzen
steigt. Eine Trendwende ist nicht in Sicht.
Der Arbeitsmarkt zeigt sich noch vergleichsweise stabil. Viele Unternehmen
nutzen Instrumente wie Kurzarbeit oder
flexible Arbeitszeitkonten, um Entlassungen zu vermeiden und den Bestand an
Fachkräften zu sichern. Gewerkschaften
und Betriebsräte reagieren flexibel und besonnen und tragen so zur Stabilisierung
bei. Trotz positiver Faktoren wie niedriger
Eurokurs, gesunkene Energiepreise und
Konjunkturpakete dürfte jedoch auch in
Bayern die Arbeitslosigkeit ansteigen.
Das Positive: Staat, Wirtschaft und Gewerkschaften, Verbraucher und Verbände
stemmen sich gemeinsam energisch gegen die Krise. Gemeinsamkeit und nicht
Spaltung ist das Gebot der Stunde. Die
Politik hat bisher schnell und richtig
gehandelt. In praktisch allen wichtigen Industrieländern sind Konjunkturpakete geschnürt worden. Noch nie gab es international in der Konjunkturpolitik ein so
rasches und koordiniertes Handeln. Die
USA haben mit nahezu 800 Mrd. US-Dollar das größte Hilfsprogramm ihrer Geschichte verabschiedet, und Europa hat
ebenso zügig entschieden. Allein in
Deutschland sind zwei Konjunkturpakete
mit einem historisch einmaligen Umfang
von mehr als 80 Mrd. Euro für Investitionen und privaten Konsum in Gang gesetzt
worden. Diese müssen nun greifen. Dazu
kommen über den Banken- und Mittelstandsschirm hohe Milliardenbeträge an
Bürgschaften. Deutschland geht bis an die
Grenzen seiner finanziellen Leistungsfähigkeit, um die Konjunktur zu stützen und
Arbeitsplätze zu halten. Deshalb ist es
wichtig und richtig, dass mit diesem antizyklischen Maßnahmenpaket gleichzeitig ein
Abbauplan für die neuen Schulden verabredet ist. Die Verankerung eines Stabilitätspaktes für neue Kredite im Grundgesetz ist die
Investitionen in Kindergärten, Schulen,
Hochschulen, Forschung und die Modernisierung kommunaler und staatlicher Gebäude werden jetzt in den Wirtschaftskreislauf gepumpt. Kurzum: Bayern investiert mit aller Kraft gegen den Wirtschaftsabschwung.
Dabei geht es nicht nur darum, die gegenwärtige Krise zu meistern. Es geht vielmehr um die Zukunftsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Bayern insgesamt. Wir
wollen alles dafür tun, dass wir gestärkt
aus der Krise in den nächsten Aufschwung
gehen. Wir werden deshalb auf Landesebene in den nächsten Jahren weiter in die
Zukunftsthemen Bildung, Wissenschaft
und Technologie investieren. Wir müssen
die Innovationsfähigkeit der Betriebe fördern und die Modernisierung in allen Bereichen vorantreiben. Dazu gehört auch
die flächendeckende Versorgung mit
schnellem Internet, die wir mit unserem
Breitbandförderprogramm bis Ende 2011
sicherstellen. Gerade auch in der Schulund Bildungspolitik setzen wir in dieser
Legislaturperiode neue Akzente. Mit mehr
Lehrern, kleineren Klassen und neuen
Schulmodellen stärken wir die Zukunftschancen unserer Kinder. Auch in der Krise
wird Bayern beim Thema Bildung nicht
sparen.
Die richtige Antwort auf die weltweite
Finanz- und Wirtschaftskrise heißt für
mich auch, dass wir eine Renaissance der
Sozialen Marktwirtschaft in Deutschland
brauchen. Ohne Soziale Marktwirtschaft
hätten wir weder ein Wirtschaftswunder
erlebt, noch wären wir Exportweltmeister.
In der Sozialen Marktwirtschaft geht es
nicht nur um Marktwert, sondern auch
um Menschenwürde. Die gegenwärtige
Krise ist auch eine Krise ökonomischer
Theorien. Zu viele haben vergessen, dass
Markt und Wettbewerb allein nicht ausreichen, um nachhaltig Stabilität und Wohlstand für alle zu schaffen. In der Sozialen
das; ‹mittelständ.›: Fähigkeit des deutschen Mittelstands,
sein internationales Marktpotenzial zu nutzen; erfolgreich
durch einen weltweit vernetzten und erfahrenen Partner.
Die Deutsche Bank für den Mittelstand.
Die Sprache des Mittelstands sprechen wir seit 139 Jahren in Deutschland – und nahezu ebenso lang weltweit. So wurde bereits 1872 die
erste Auslandsfiliale in Schanghai gegründet. Bei der Erschließung von
globalen Märkten unterstützen wir den Mittelstand in 74 Ländern mit 1600
Standorten.
Wir verschaffen mittelständischen Unternehmen Zugang zu den vielfältigen
Möglichkeiten des weltweiten Handelsmarkts. Unser Leistungsspektrum
umfasst zum Beispiel internationale Zahlungsverkehrsdienstleistungen,
Liquiditätssteuerung, Außenhandelsfinanzierung und aktives Risikomanagement. Dabei stehen wir Ihnen vor Ort beratend zur Seite. So ermöglichen
wir langfristigen Erfolg auf globalen Märkten.
Darauf vertraut der Mittelstand – vom Freiberufler über das Familienunternehmen bis zur Aktiengesellschaft.
www.mittelstand.db.com
BAYERN
22 WirtschaftsKurier
MAI 2009
Eine vielseitige Unternehmenslandschaft
Wirtschaft in Bayern | Von global aufgestellten Dax-Konzernen bis zu weltweit agierenden Mittelständlern
VON ULRICH KIRSTEIN
B
ayern verfügt über eine sehr vielseitige und breit aufgestellte Unternehmenslandschaft quer durch die
Branchen und vom großen Dax-Konzern
bis zum innovativen Mittelständler. Daneben spielt auch das Handwerk eine nicht
zu unterschätzende Rolle – bei einem Umsatzvolumen 2008 von mehr als 92 Mrd.
Euro. Die Industrialisierung, die im
19. Jahrhundert mit zum Teil noch heute
aktiven Weltunternehmen wie MAN oder
Krauss Maffei begann, verstärkte sich erst
nach dem Zweiten Weltkrieg, als zum Beispiel Siemens aus Berlin den Sitz nach
München verlegte und damit der Elektronik den Weg ebnete. Auch wenn über die
Jahre hinweg einzelne Branchen immer
wieder kriselten – man denke nur an die
Textilindustrie oder jüngst die Halbleiter –
so zählte Bayern insgesamt immer zu den
Krisengewinnern, eine Tradition, die sich
gerne auch in der gegenwärtigen Finanzund Wirtschaftskrise bewahrheiten soll.
Neben dem Zentrum und Sitz vieler
Dax-Unternehmen, der Landeshauptstadt
München, zählen Städte wie Nürnberg/Erlangen/Fürth, Augsburg und Regensburg
zu den wirtschaftlichen Powerregionen.
Heute verfügt Bayern über sieben DaxKonzerne und liegt damit hinter Nordrhein-Westfalen (neun) gemeinsam mit
Hessen auf Platz zwei, obwohl München
erst jüngst mit dem unaufhaltsamen Abstieg der HypoRealEstate einen Dax-Wert
verloren hat. Die Dax-Konzerne spiegeln
auch die breite Palette der in und aus Bayern tätigen Branchen wider: Allianz und
Münchener Rück beweisen, dass München
der wichtigste Finanz- und Versicherungsplatz noch vor Frankfurt ist und ganz Bayern über eine Fülle an bedeutenden
Insituten des Finanz- und Versicherungswesens verfügt, wie zum Beispiel der
Nürnberger Versicherungsgruppe oder der
Huk Coburg, der HypoVereinsbank oder
der gewichtigen Sparkasse München, der
Münchener Hyp oder Münchener Bank.
Siemens, MAN und Linde zeigen, dass Bayern sich längst zu einem der Industrieländer
schlechthin aufgeschwungen hat, hier ließen sich etwa noch die MDax-Werte Krones, Kuka oder Pfleiderer sowie die SDaxFirmen Wacker Neuson und Rational anführen – ganz zu schweigen von den vielen
familiengeführten Maschinenbau- oder
Elektronikunternehmen wie Greiffenberger, Kathrein oder Linn Therm. BMW steht
für das breite Angebot an Unternehmen,
die sich der Mobilität verschrieben haben:
Audi und Eurocopter, MTU Aero Engines
oder Astrium und daneben Zulieferer wie
Leoni und Brose, Grammer und Webasto,
KnorrBremse oder die Schaeffler-Gruppe,
die Weigl Group oder Dräxlmayer und
W.E.T. Automotive Systems. Daneben haben internationale Größen wie die französische Faurecia oder die amerikanische
Johnson wichtige Standorte in Bayern.
Auch wenn sich diese Unternehmen derzeit heftig gegen die Krise stemmen müssen, arbeiten sie doch auch fieberhaft an
dem Auto und der Mobilität der Zukunft.
So verfügt KnorrBremse über ein starkes
Standbein im noch relativ verschonten
Schienenbereich, Audi und BMW forschen
an Antrieben jenseits von Benzin und Diesel und viele Zulieferer sorgen dafür, dass
Autos der Zukunft leichter und sicherer
werden. Laut Invest-in-Bavaria, dem Ansprechpartner für Investoren, zählt die Autoindustrie in Bayern rund 1 000 Unternehmen, stellt etwa 16 % aller Arbeitsplätze
und leistet etwa 25 % des gesamten bayerischen Industrieumsatzes – vor der Krise!
Bayern wird geprägt von international aufgestellten Unternehmen. Die Region
zählte in der Vergangenheit immer zu den Krisengewinnern.
Foto: Krauss Maffei
Die Herzogenauracher Adidas AG steht
für den „Lifestyle made in Bavaria“. Neben
dem Branchenriesen mit den drei Streifen
zählen hier Puma und Escada, Bogner und
Aigner dazu oder die in der Nähe Augsburgs sitzende Schöffel GmbH. Auch die
weltweite „Marke“ FC Bayern München
steht nicht nur für sportlichen sondern
auch für wirtschaftlichen Erfolg.
Dass Bayern auch ein attraktiver Chemiestandort ist, zeigen zwar keine DaxWerte, aber mit einem Anteil an der chemischen Produktion von kanpp 14 % ist
das Land der drittgrößte Chemiestandort in Deutschland. An erster
Stelle stehen hier Unternehmen wie
Wacker Chemie (MDax) oder SüdChemie. Doch auch Chemieriesen
wie Evonik, BASF und Clariant sind
mit Forschungseinrichtungen oder Produktionsstandorten im Freistaat vertreten.
Außerdem gibt es noch weit über 100 mittelständische Chemieunternehmen. Zu
den größten Standorten zählt das Bayerische Chemiedreieck zwischen Inn und
Salzach mit Burghausen, Mühldorf und
Traunstein im Zentrum. Hier arbeiten allein 17 000 Beschäftigte in der Chemie.
Auch bei den Dienstleistungen hat Bayern deutlich aufgeholt, nicht nur im Banken- und Versicherungssektor. Der Marktforschungsriese GfK hat genauso in Nürnberg seine Heimat wie der Datev e.V., der
sich längst vom Dienstleister für Rechtsanwälte und Steuerberater zum hochkomplexen IT-Konzern entwickelt hat. Gerne
übersehen als international aufgestellter
Dienstleistungskonzern wird auch der Tüv
Süd, der in den Geschäftsbereichen Industrie, Mobilität und Mensch tätig ist. Auch
viele Unternehmensberatungen haben ihren Hauptsitz in Bayern, so etwa Roland
Berger, Oliver Wyman, Celerant Consulting
oder CSC, andere, wie die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG oder Bearing
Point, Ernst & Young und Accenture haben
große Dependancen in München und bieten damit für den qualifizierten Nachwuchs eine breite Basis.
Ein wesentliches Kriterium für das Funktionieren einer Volkswirtschaft ist die ausreichende Verfügbarkeit der benötigten
Energie zu bezahlbaren Preisen. Hier sind
im Freistaat die großen Energiekonzerne
E.ON Bayern und die RWE-Tochter LEW
Lechwerke aktiv. Außerdem zählen die
Stadtwerke München zu den größten kommunalen Versorgern. Die Gasbeschaffungsplattform Bayerngas ist inzwischen
auch direkt in der Öl- und Gasförderung
tätig, um die angeschlossenen Stadtwerke
mit ausreichend Gas versorgen zu können.
In die Gasversorgung ist inzwischen auch
der mittelständische Mineralölhändler
Montana eingetreten, und die N-Ergie versorgt das Umland von Nürnberg mit Energie.
Wichtig für den wirtschaftlichen Erfolg
Bayerns ist die hervorragende verkehrstechnische Lage zwischen Nord und Süd,
Ost und West im Herzen von Europa. Autobahnen, Schifffahrtswege wie der RheinMain-Donau-Kanal und die internationalen Flughäfen in München und Nürnberg
bieten eine hervorragende Anbindung. Immerhin weist die Logistikbranche in Bayern mehr als 400 000 Beschäftigte auf!
Eine bedeutende Rolle als eine Art Leitbranche spielt die bayerische Bauindustrie.
Bauunernehmen wie Max Aicher, Alpine
Bau, Max Bögl, die Bauer AG oder Stratebau haben sich meist auf spezielle Tätigkeitsfelder fokussiert. 2008 konnte der Umsatz im Bauhauptgewerbe um 6,7 % auf
16,5 Mrd. Euro erhöht werden, während
gleichzeitig die Zahl der Beschäftigten
leicht um 0,9 % auf 127 525 zurückging.
Weit reichende Reformen
Interview | Heinrich Traublinger, HWK-Präsident
W
ie ist die Lage im Handwerk in
der derzeitigen Situation? Der
WirtschaftsKurier sprach mit Heinrich Traublinger, Präsident der Handwerkskammer für München und Oberbayern.
RECHNEN SIE MIT UNS!
DENN IHRE LEISTUNG UND UNSERE ENERGIE
ERZEUGEN WECHSELSEITIGE WIRKUNG.
Anders ausgedrückt: Als Energieversorger stehen wir zu
unserer Region. Hier schaffen und erhalten wir Arbeitsplätze,
hier investieren wir. 2008 betrug das Auftragsvolumen
an die heimische Wirtschaft über 53 Millionen Euro.
www.lew.de
WirtschaftsKurier: Herr Traublinger, noch
schlägt die Krise nicht auf das konsumnahe Handwerk durch. Trotzdem sinken die Umsätze. Wie könnte das Handwerk weiter unterstützt werden?
Heinrich Traublinger: Wir fordern die Erhöhung des Steuerbonusses für Handwerkerleistungen auf 4 000 Euro, wie er
für haushaltsnahe Dienstleistungen gewährt wird. Das hätte mehr legale Arbeit
zur Folge und würde dem Staat obendrein mehr Steuereinnahmen bescheren. Eine weitere Forderung von uns, die
allerdings erst 2011 umgesetzt werden
könnte, ist die Einführung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes für arbeitsintensive Dienstleistungen im Handwerk.
So könnten bestehende Wettbewerbsnachteile in Deutschland aufgehoben
und die Rahmenbedingungen verbessert
werden. Zudem würde eine Mehrwertsteuerreduzierung auf arbeitsintensive
Dienstleistungen diese für den Kunden
billiger machen und damit zu mehr Aufträgen für die Handwerksbetriebe führen, was wiederum mit Sicherheit die
Schwarzarbeit eindämmen würde. Eine
weitere Forderung, die das Handwerk erhebt, ist die Umstellung von der sogenannten Soll- auf die Ist-Besteuerung
bei der Umsatzsteuer. Dies brächte Entlastung und wäre schnell umsetzbar. Die
Betriebe müssen nämlich bereits bei
Rechnungsstellung Umsatzsteuer zahlen, obwohl sie vom Kunden noch gar
kein Geld erhalten haben. Da diese Sonderregelung zum Jahresende 2009 ausläuft, fordert das Handwerk, gerade auch
vor dem Hintergrund der aktuellen Krise, dass die Grenze bundeseinheitlich
auf 1 Mio. Euro angehoben wird (Heute:
alte Bundesländer: ab 250 000 Euro Jahresumsatz, neue: ab 500 000 Euro).
WiKu: Wie sehen Sie die Chancen für eine
„Abwrackprämie auf Heizkessel”?
Traublinger: Dieser Vorschlag von Sanitärund Klimatechnik-Handwerk würde
meiner Meinung nach sehr viel Sinn machen. Die Binnenkonjunktur würde angeschoben und darauf sind wir in der
jetzigen Wirtschaftssituation besonders
angewiesen. Die Energiekosten für den
Verbraucher würden gesenkt und außerdem der Schadstoffausstoß deutlich verringert, was wiederum unserer Umwelt
zugutekäme. Allein mir fehlt der Glaube,
dass die Umsetzung noch vor der Bundestagswahl passieren könnte.
WiKu: Können die Konjunkturprogramme den prognostizierten Rückgang
beim Wirtschaftsbau auffangen?
Traublinger: Wir setzen große Hoffnungen
auf hohe kommunale Investitionen in
die Infrastruktur, wie sie im Konjunkturpaket II vorgesehen sind. Dies ist auch
HWK-Präsident Traublinger.
Foto: HWK
dringend erforderlich, da die gewerbliche Bautätigkeit 2009 deutlich zurückgehen wird. Nach Angaben des Ifo-Instituts wird die Industrie ihre Investitionen
spürbar zurückfahren und vorrangig in
Ersatz und nicht in Erweiterungen fließen lassen. Deshalb ist es umso wichtiger, den privaten Wohnungsbau anzukurbeln. Die Wiedereinführung der Eigenheimzulage würde die Zahl der Baugenehmigungen erhöhen und damit der
angeschlagenen Bauwirtschaft auf die
Beine helfen. Ich halte es für einen
schwer wiegenden Fehler, dass die Familienförderung bei der Bildung von
Wohneigentum abgeschafft wurde.
WiKu: Die HWK hilft den Handwerkern
auch ganz direkt durch ihre Berater.
Wurden diese Leistungen in letzter Zeit
häufiger nachgefragt, auch bei eventuellen Problemen bei der Kreditvergabe?
Traublinger: Unsere Betriebsberater berichten, dass die Zahl der Handwerker,
die sich an sie wenden, in letzter Zeit
steigt. Das Vertrauen der Handwerksunternehmer in ihre Banken scheint abzunehmen. Daher suchen sie vermehrt Rat
bei unseren Beratern, um sich abzusichern. Es ist festzustellen, dass die Banken bei Kreditausreichungen beziehungsweise bei der Verlängerung von
Kreditverträgen zögerlicher werden. Wir
müssen leider auch feststellen, dass der
Bürokratismus bei der Beantragung eines Kredits wächst. Wir bemühen uns
deshalb, gemeinsam mit in Not geratenen Handwerkern, Finanzierungs- beziehungsweise Sanierungskonzepte zu
erstellen, um bei den Banken größtmögliche Finanzierungschancen zu erhalten.
WiKu: Zum Abschluss: Wo wollen Sie als
Präsident der HWK in den nächsten
Jahren Schwerpunkte setzen?
Traublinger: Ich stelle mich im Juni der Vollversammlung zur Wiederwahl. Ich stehe
dafür, mich weiter dafür einzusetzen, die
Interessenvertretung für den handwerklichen Mittelstand – das Rückgrat unserer
Wirtschaft – auf dem bewährt hohen Niveau zu halten. Die Kompetenz der
Handwerksorganisationen muss bei der
Politik in allen zentralen politischen Fragen Gehör finden. Außerdem war und
ist es mir ein besonderes Anliegen, die
Handwerkskammer weiterzuentwickeln.
BAYERN
MAI 2009
Bayerisches
A
utos aus Bayern tragen den Namen
des Freistaats in die ganze Welt –
fast jeder vierte Pkw, der ein deutsches Werk verlässt, kommt von hier. Egal
auf welchem Kontinent – meist aber Asien
oder Amerika –, bayerische PS-Boliden
sind ein Statussymbol. Sie gelten als Synonym für Wohlstand und Fahrspaß und für
viele ist der „Bi Em Dablju“ in der Garage
die Erfüllung eines Lebenstraums. Im Premiumbereich sind die bayerischen Autobauer spitze. Ob ein A8 aus Ingolstadt oder
die 7er-Reihe aus München, Limousinen
aus Bayern gehören zu den hochwertigsten und innovativsten weltweit. Auch
wenn alle Unternehmen rund ums Fahrzeug stark von der Absatzkrise betroffen
sind, so versuchen die bayerischen Autobauer den Gegenwind als Chance für die
Entwicklung innovativer und klimafreundlicher Kraftfahrzeuge zu nutzen, um nach
(hoffentlich) baldigem Nachfrageanstieg
den Anforderungen der neuen Generation
von umweltbewussten Autobesitzern gerecht zu werden.
Schon heute geht es nicht mehr nur um
formschönes Design und „kräftig PS unter
der Haube“, alternative Antriebstechniken,
wie Gas- oder Hybridmotoren, sind zunehmend gefragt. Doch auch eine Reihe von
Zulieferfirmen sorgt für Innovationen auf
dem Automobilmarkt. Von ihnen erforschte neue Materialien machen Autos in Zukunft immer leichter und unterstützen die
Autobauer bei der Umsetzung der wachsenden grünen Orientierung.
Effizienz und Emissionsreduktion
haben höchste Priorität
Der ständige Drang zur Erforschung neuer
Materialen und Antriebstechniken ist mit
ein Grund, warum – trotz der äußerst
schwierigen Lage auf dem Automobilmarkt
– Audi auch 2008 wieder Rekordergebnisse
einfahren konnte. Im vergangenen Jahr
verließen 4,1 % mehr Autos das Ingolstädter Werk und bescherten so den 13. Auslieferungsrekord in Folge, was 2008 zum erfolgreichsten Jahr der Unternehmensgeschichte machte. Deshalb kann und will
Audi trotz Krise in der Automobilbranche
weiter in die Zukunft investieren: „Wir werden auch 2009 kräftig in neue Produkte,
zukunftsfähige Technologien und Wachstumsmärkte investieren“, versprach AudiFinanzchef Axel Strotbeck auf der Jahrespressekonferenz des Autobauers. Effizienz
und geringe Emissionen seien und bleiben
für Audi ein Thema höchster Priorität, was
zur Fortführung der Effizienzstrategie ohne
Abstriche führe, prognostizierte Vorstandsvorsitzender Rupert Stadler. Die Dieseltechnologie bleibe ein wichtiger Eckpfeiler
dieser Strategie und so soll noch 2009 der
sauberste Diesel der Welt vorgestellt werden. Mit dem sogenannten TDI clean diesel sollen die Stickoxidemissionen um bis
zu 90 % reduziert werden und so bereits
heute die anvisierten Grenzwerte der Euro6-Norm, die 2014 in Kraft tritt, erreicht
werden – derzeit schafft die Norm kein anderes Dieselfahrzeug.
Nicht einmal 80 Kilometer trennen Bayerns erfolgreichste Autobauer voneinander. Von Ingolstadt erreicht man in gut
einer Autostunde das Gelände der BMWZentrale in München, vis-à-vis des Olympiaparks, auf dessen Gelände 1972 die
Olympischen Sommerspiele ausgetragen
wurden. Die Bayerischen Motoren Werke
wollen ebenfalls verstärkt die Umweltverträglichkeit ihrer Autos verbessern – bei
möglichst steigendem Fahrkomfort. So
konnte die BMW Group den Verbrauch der
europäischen Flotte über die letzten beiden Modellgenerationen um 25 % senken.
Dieses Paket aufeinander abgestimmter
Technologien soll nicht nur die CO2-Emissionen reduzieren, sondern auch den
Fahrspaß noch weiter erhöhen. Die
Münchner setzen mit ihrem mehrfach
preisgekrönten Innovationspaket BMW Efficient Dynamics auf neue Technologien
zur Weiterentwicklung des Fahrzeugangebots. Der BMW 120i zeigt, was mit Efficient Dynamics heute schon – im Vergleich
zum Vorgängermodell – erreicht werden
kann: ein Liter weniger Verbrauch und
eine Sekunde Verbesserung bei der Beschleunigung von 0 auf 100 Stundenkilometer. Erreicht wird die CO2-Reduktion
durch Zusammenwirken mehrerer Technologien, wie beispielsweise der StartStop-Funktion, die den Motor beim Auskuppeln automatisch abschaltet, und der
Schaltpunktanzeige, die in der 1er-Reihe
dem Fahrer Empfehlungen zum richtigen
Schaltzeitpunkt gibt, was zur weiteren
Kraftstoffersparnis führt.
Doch was sind die innovativsten Ideen,
wenn sich niemand um Herstellung und
Lieferung der Einzelkomponenten kümmert? Zahlreiche Mittelständler und Familienunternehmen forschen an neuen,
leichteren oder verbrauchsärmeren Materialien und sorgen so dafür, dass ein Stück
Bayern in vielen Autos dieser Welt steckt.
Um von BMW zu einem der weltweit berühmtesten Hersteller von Bremsen zu
kommen, lohnt es sich kaum, ins Auto zu
steigen. Man folgt einfach dem Zaun des
insgesamt 500 000 Quadratmeter großen
Stammwerks in München Richtung Norden und stößt nach nicht einmal einem
Kilometer linker Hand auf die KnorrBremse. Die geografische Nähe ist keineswegs Zufall: 1920 kaufte der Bremsenhersteller die BMW, um nach dem Ersten
Weltkrieg an zusätzlichen Grund zu kommen. Nur zwei Jahre später wurde die
nicht zum Kerngeschäft passende Motorensparte wieder abgestoßen. Aber auch
ohne die jetzt sehr erwachsene Tochter
wurde aus dem Konzern ein in jedem Kontinent vertretenes Unternehmen mit 14 000
Mitarbeitern. Knorr-Bremse ist nicht nur
der weltweit führende Hersteller von
Bremssystemen für Schienen- und Nutzfahrzeuge, auch Türsysteme und Klimaanlagen für Schienenfahrzeuge und Drehschwingungsdämpfer für Verbrennungsmotoren gehören zur Produktpalette.
Verirrt man sich noch ein bisschen tiefer
Richtung Münchner Innenstadt, trifft man
einen Partner der Knorr-Bremse, der ebenfalls auf der ganzen Welt für seine Produkte bekannt ist: MAN Nutzfahrzeuge, das
größte Unternehmen der MAN Gruppe,
gehört zu den innovativsten seiner Branche. Gemeinsam mit dem Münchner
Bremsenbauer hat MAN Nutzfahrzeuge
einen vom ADAC mit dem „Gelben Engel“
ausgezeichneten elektronischen Abbiegeassistenten entwickelt, der Unfälle an
Kreuzungen vermeiden soll. Dieses Assistenzsystem für Lkws soll die Fahrer gerade
im oftmals hektischen Stadtverkehr beim
unfallanfälligen Rechtsabbiegen unterstützen. Der Assistent warnt den Fahrer zunächst mit einem optischen Signal, wenn
sich Fußgänger oder Radfahrer im schlecht
einsehbaren Bereich neben der Fahrer-
Nürnberg bis zum Motor aus München
1
5
2
6
kabine aufhalten. Der Abstand der Personen wird über Ultraschallsensoren an die
im Fahrzeug befindliche Elektronik weitergegeben. Kommen sie zu nahe, wird der
Fahrer zusätzlich akustisch gewarnt, um
oftmals tödlich ausgehende Unfälle zu vermeiden.
Fast 300 Kilometer und einen Ausflug
quer durch den Freistaat Richtung Norden
trennen die bayerische Landeshauptstadt
von einem der führenden Hersteller von
technischen Bauteilen in Fahrzeugtüren.
Nur wenige Türen schließen ohne Technik
der Brose Fahrzeugteile GmbH aus Coburg. Die Firma mit Sitz im Norden Bayerns entwickelt und produziert Verstellsysteme für Fahrzeugtüren und -sitze an
52 Standorten in 21 Ländern mit rund
14 300 Mitarbeitern. In der über 75-jährigen Firmengeschichte konnten die Coburger die Entwicklung von Fahrzeugtüren
maßgeblich mitprägen und durch immer
leichtere Komponenten das Gewicht ihrer
Produkte – und damit den Kohlendioxidausstoß bei den Fahrzeugen – reduzieren.
Wie an vielen Automobilzulieferern ist
auch an Brose die Krise nicht spurlos
vorübergegangen. Zwar konnte der Wachstumskurs im abgelaufenen Geschäftsjahr
fortgesetzt werden, dies lässt sich aber vor
allem auf die Übernahme der Motorensparte der Continental AG zurückführen.
Auch wenn die ersten drei Quartale 2008
im Traditionsgeschäft sehr gut liefen, brachen die Kundenaufträge am Ende um
weltweit 40 % ein, was global zu Stellenabbau führte. Dennoch blickt die Führungsriege relativ optimistisch in die Zukunft und will unbedingt am Forschungsgedanken festhalten: „Wir wollen das innovativste Unternehmen sein hinsichtlich
unserer Produkte, unserer Fertigung und
Organisation“, so Michael Stoschek, Enkel
des Firmengründers Max Brose und Unternehmer des Jahres 2005.
Fahrzeugausstattung
für die Premiumliga
3
7
4
8
1) Mittelkonsole für die BMW 7erReihe aus dem Hause Grammer.
2) Eine der größten Innovationen in
der Geschichte der Nutzfahrzeuge:
die Knorr-Scheibenbremse. 3) Bei
der Entwicklung und Fertigung anwendungsspezifischer Spezialkabel für unterschiedliche Branchen verfügt Leoni über jahrzehntelange Erfahrung. 4) MAN Nutzfahrzeuge ist in der ganzen Welt für
seine Trucks bekannt.
5) Von München aus finden die
Premiumkarossen von BMW in der
ganzen Welt ein Zuhause. 6) Die
Firma Brose setzt mit einem neuen
Schließkonzept für Seitentüren
Maßstäbe bei Bauteilgröße, Gewicht und Komfort. 7) Klemmkörperfreilauf mit hoher Leistungsdichte der Firma Schaeffler. 8) Der
Audi A8 aus Ingolstadt ist der Premiumvertreter seiner Marke und
fühlt sich überall „daheim“.
Premiumfahrzeuge brauchen auch eine
Premiumausstattung. Von Coburg geht’s in
in Richtung Süden, nach Amberg. Etwa auf
der halben Strecke nach München hat die
Grammer AG ihren Sitz. Sie ist spezialisiert
auf die Entwicklung und Herstellung von
Komponenten und Systemen rund um die
Fahrzeuginnenausstattung. Hierzu zählen
neben Kopfstützen, Armlehnen und Mittelkonsolen integrierte Kindersitze, wie
man sie in modernen Autos aus dem Premiumsegment findet. Aber auch Passagiersitze für Offroadfahrzeuge wie Traktoren oder Baumaschinen sowie für Lkws
und Bahnen gehören zur Produktpalette.
Auch die Amberger haben ein schweres
zweites Halbjahr 2008 hinter sich. Zwar
konnte erstmals in der Firmengeschichte
ein Umsatz von mehr als 1 Mrd. Euro eingefahren werden, dennoch musste auch
hier die Mitarbeiterzahl – wegen der rückläufigen Auftragszahlen aus dem Automobilsektor – angepasst werden. Bisher
wurden zwar primär Mitarbeiter an den
Auslandsstandorten entlassen, aber in
Amberg wird Kurzarbeit nicht mehr lange
die einzige Krisenkonsequenz sein: Der
Vorstand hat bereits angekündigt, dass 227
Beschäftigte der Standorte Region Amberg
ihren Arbeitsplatz verlieren werden. Doch
auch wenn der Automotive-Sektor dem
Konzern erhebliche Umsatzeinbußen bescherte, erweist sich das Segment Seating
Systems als Wachstumsmotor mit Poten-
Business Campus | Nachfrage ist ungebrochen
G
Eigenkapital
schafft Freiraum
Der künstliche See lädt in der Mittagspause zum Verweilen ein.
zept ohne Verzögerungen um“, so der
Campus-Geschäftsführer.
So wurde bereits im Februar 2009 der
Grundstein für ein weiteres Atriumhaus
in Garching-Hochbrück gelegt. Rund
13 000 Quadratmeter bietet dieser nächste Komplex. In den unteren Etagen ermöglichen Raumtiefen bis 37 Meter
Großraumbüros, Callcenter, Rechenzentren oder Ausstellungszonen, während darüber an natürlich belichteten und belüfteten Galerien vom Kompaktbüro bis hin
zum Software-Labor vielfältige Zuschnitte
machbar sind.
zial. Hier konnte die Grammer AG, so Vorstandsvorsitzender Dr. Rolf-Dieter Kempis,
durch hochwertige und innovative Produkte die führende Position des Unternehmens im Bereich Nutzfahrzeugsitze weiter
ausbauen. Sitze aus Amberg sorgen aber
nicht nur in der heimischen Landwirtschaft für Komfort. Sie sind auch dort zu
finden, wo es besonders heiß ist: in Dubai.
Dort sollen künftig betuchte Scheichs, aber
auch Gäste aus aller Welt bequem in der
komfortabelsten Metro der Erde reisen
können. Die Sitzgelegenheiten für die 395
Waggons der neuen Metro liefert das Amberger Unternehmen. Lederbezogen mit
Klapptisch und Laptophalter ausgestattet,
sollen sie das Gefühl bayerischer Gemütlichkeit ins Scheichtum tragen.
Tradition seit 500 Jahren
Nur eine knappe Autostunde westlich von
Amberg bekommt das Wort Kabelsalat eine
neue Bedeutung. Bei der Leoni-Gruppe in
Nürnberg werden Draht, Kabel und Bordnetzsysteme in erster Linie für die Automobilindustrie entwickelt und vertrieben.
Das heute weltweit tätige Unternehmen –
Leoni ist mit 46 000 Mitarbeitern in 35 Ländern aktiv – entstand aus einer kleinen
Drahtwerkstatt Ende des 16. Jahrhunderts.
Der Franzose Anthoni Fournier begann in
Nürnberg mit einer Handvoll Mitarbeitern
mit der Herstellung feinster Gold- und Silberfäden für kostbare Stickereien – die sogenannten Leonischen Waren. Heute sind
die Franken Weltmarktführer beim Angebot von Fahrzeugleitungen und immerhin
Europas Nummer 1 bei den Bordnetzsystemen. Die Stärken im Kabelgeschäft bestehen darin, neben standardisierten auch
kundenspezifische Spezialkabel und konfektionierte Systeme herzustellen. Auch
wenn Leoni seit dem 1. Januar 2009 rund
4 000 Arbeitsplätze im Konzern abbauen
muss, so rechnet der Kabelprofi dennoch
mit einer schrittweisen Erholung auf der
Nachfrageseite. So konnte bereits im Februar ein Großauftrag über die Lieferung
von Motorkabelsätzen für den amerikanischen Motorenproduzenten Cummins
unterzeichnet werden. Leoni wird für die
Dauer von fünf Jahren eine Reihe von Dieselmotoren mit Kabelsätzen ausstatten.
Knapp eine halbe Autostunde in nördliche Richtung hat der wohl derzeit bekannteste Automobilzulieferer seinen Stammsitz: die Schaeffler Gruppe. Kaum einen
deutschen Zulieferer hat die Krise so gebeutelt wie den Konzern aus Herzogenaurach. Die Schaeffler Gruppe mit ihren Marken INA, LuK und FAG gehört mit weltweit
66 000 Mitarbeitern und 35 Werken zu den
größten Zulieferern. Unter der Marke INA
produziert sie Präzisionselemente für Motoren, Getriebe und Antriebsstränge, die
Traditionsmarke FAG fertigt Standard- und
Präzisionslager. Die Schaeffler Gruppe ist
Engineeringpartner und Zulieferer für nahezu alle Automobilhersteller und will für
ihre Kunden ständig innovativ bleiben.
Deshalb überrascht es nicht, dass die
Schaeffler Gruppe unter den Top 5 der erfinderischsten Unternehmen ist. Die Gruppe hat im Jahr 2008 über 1 250 Patente
beim Deutschen Patent- und Markenamt
angemeldet und verfügt über mittlerweile
rund 14 700 Patente. Umgerechnet bedeutet die Zahl der Neuanmeldungen, dass
pro Arbeitstag fünf Patente das Haus
Schaeffler verlassen und somit auch die
Automobilbranche in Deutschland zu einer der innovativsten weltweit macht.
Wachstum, Innovation, Unternehmensnachfolge, Turn-around
Nachhaltiges Standortkonzept
arching-Hochbrück entwickelt sich
zügig zu einem zentralen Schnittpunkt in der wachstumsstärksten
deutschen Region: Nachdem sich bereits
mehr als 40 Adressen flexible Mietflächen an diesem Zukunftsstandort (Endausbau: 230 000 Quadratmeter) gesichert
haben, hält die Nachfrage an. Michael
Blaschek, Geschäftsführer der Business
Campus Management GmbH, addiert für
2008 ein Neuvermietungsvolumen von
18 000 Quadratmetern auf. Zuletzt habe
sich das Vermietungsgeschäft mit den Abschlüssen Bosch-Rexroth AG (2 500 Quadratmeter), NTN Wälzlager Europa GmbH
(300 Quadratmeter) sowie mit der Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e. V. (1 200 Quadratmeter) gegen den allgemeinen Trend sogar
beschleunigt.
„Das erste Büro-Ensemble an unserer
Wasserlandschaft ist jetzt zu mehr als 90 %
vermietet.“ Zugleich halte das Interesse am
zweiten Bauabschnitt an. „Im ersten Trakt
dieses Typs sicherten sich einige Firmen
schon während der Bauphase Mieteinheiten nach Maß. Das Interesse ist nach wie
vor erfreulich“, sagt Blaschek. Weitere Verträge für das multifunktionale Atriumhaus
(12 500 Quadratmeter) seien unterschriftsreif. „Wir setzen unser nachhaltiges Kon-
23
Fahrgefühl
Automobilbranche | Vom Kabel aus
VON CONSTANZE MEINDL
WirtschaftsKurier
Foto: Business Campus
Parallel laufen derzeit noch die Genehmigungsverfahren für das integrierte und
etwa 16 000 Quadratmeter große Nahversorgungszentrum. Es vereint eine
Einkaufspassage von der Apotheke bis
zum Supermarkt, vielfältige Dienstleistungen für Beschäftigte und Besucher des
Campus-Geländes sowie attraktive Büroflächen unter einem Dach. Der Baustart
auf dem Campus-Quartier direkt an der –
bis dahin fertiggestellten – Fußgängerunterführung zum U-Bahnhof GarchingHochbrück ist für das zweite Quartal 2009
eingetaktet.
Die BayBG stärkt Jahr für Jahr die Eigenkapitalbasis
von nahezu 100 Unternehmen
Eigenkapital. Beratung. Netzwerk.
Für den Mittelstand.
Telefon: 089 2198-2545 · info@baybg.de · www.baybg.de
Bruderstraße 7 · 80538 München
BAYERN
24 WirtschaftsKurier
MAI 2009
Weniger Gewicht = weniger Verbrauch
Webasto| Interview mit Vorstandsmitglied Dr. Holger Engelmann über Polycarbonat als neuer Werkstoff für die Autoindustrie
D
ie Automobilwirtschaft und hier
insbesondere die Zulieferindustrie
werden hart getroffen von der gegenwärtigen Finanz- und Wirtschaftskrise
– da hilft vielen die staatliche Abwrackprämie auch nicht weiter. Der auf Dachsysteme (Cabrio-Verdecke und Schiebedächer)
und Standheizungen spezialisierte Zulieferer Webasto AG aus Stockdorf bei München setzt gerade in der jetzigen Situation
auf Forschung und Innovationen. Hier
spielen neue Materialien und der Leichtbau eine entscheidende Rolle. Der WirtschaftsKurier sprach mit Dr. Holger Engelmann, Mitglied des Vorstands von Webasto
und President der Division Convertible,
Roof & Body.
WirtschaftsKurier: Welchen Stellenwert
hat es für den Autozulieferer Webasto,
auch in Zeiten der Krise an Innovationen zu arbeiten?
Dr. Holger Engelmann: Grundsätzlich geht
es für uns natürlich darum, unser Unternehmen sicher durch die Krise zu steuern. Das heißt, wir fahren einen harten
Sparkurs in allen Bereichen des Unternehmens. Die Sicherung der Liquidität
hat Priorität. Drucksituationen wie diese
fördern allerdings auch, dass wir Prozesse weiter optimieren, Standardisierungen vorantreiben und so effizient wie
möglich arbeiten. Gleichzeitig darf man
aber die Zukunft nicht aus dem Blick
verlieren. Deshalb ist es wichtig, dass wir
mit innovativen Entwicklungen die Zukunft von Webasto sichern.
WiKu: Leichtbau im Automobilbereich ist
ja so ein Innovationsthema. Welchen
Beitrag leistet Webasto mit seinen Produkten dazu?
Engelmann: Webasto bietet unterschiedliche Technologien und Werkstoffe zum
Thema Leichtbau an. Einmal verarbeiten
wir beispielsweise Paper Honeycomb für
Beschattungssysteme für Schiebedächer.
Dieser Werkstoff besteht aus Polyurethan, Pappe in Wabenstruktur und einer
Glasfaserverstärkung. Die Gewichtsersparnis liegt bei 30 % bis 40 % im Vergleich zum sonst gebräuchlichen Ma-
Im Kunststoff-Kompetenzzentrum in Schierling bei Regensburg findet die Produktion von Panoramadächern (zum Beispiel
für den Smart) aus Polycarbonat statt – die Forschungs- und Entwicklungsabteilung sitzt in der Zentrale in Stockdorf.
terial aus Polyurethan. Noch mehr Gewichtsreduktion erreichen wir mit dem
Werkstoff Polycarbonat. Das geringere
Gewicht von Dachsystemen aus Polycarbonat, besonders bei großen Dachsystemen, senkt den Kraftstoffverbrauch
der Fahrzeuge. Damit wird weniger Kohlendioxid emittiert – ohne jedoch auf
Sicherheit und Komfort verzichten zu
müssen. Rückenwind bekommt das
Thema Leichtbau durch den zunehmenden Druck aus Politik und Gesellschaft,
dass Fahrzeuge nur noch eine bestimm-
te Menge an CO2 emittieren dürfen. Aus
diesem Grund wird der Einsatz von Polycarbonat mittelfristig stark zunehmen.
WiKu: Welche besonderen Eigenschaften
zeichnen Polycarbonat für den Einsatz
im Dachbereich aus?
Engelmann: Polycarbonat ist sehr leicht.
Aufgrund der spezifischen Dichte wiegen Komponenten aus Polycarbonat
rund 50 % weniger als die entsprechenden Teile aus Glas. Damit sind in Fahrzeugen erhebliche Gewichtsreduktionen
durch die Substituierung von Glas durch
'X+'+ +EgdÒA^cZ
EVhhioj>]gZb
7Zig^ZW#
B^iCzGC7:G<:GEgdÒA^cZh^X]ZgcH^Z>]gZ7Zig^ZWhg^h^`Zc
jcYY^Z>bbdW^a^Zc>]gZhJciZgcZ]bZchÓZm^WZajcY^cY^k^"
YjZaaVW#:^coZacZ7VjhiZ^cZ!Y^Z\ZcVjVj[>]gZ7gVcX]ZVW"
\Zhi^bbih^cY!bVX]Zc>]gZcKZgh^X]Zgjc\hhX]jioeVhhZcY#
JcYYVhWZ`dbbZcH^ZVaaZhVjhZ^cZg=VcY#Ojh~ioa^X]
egdÒi^ZgZcH^ZkdclZgikdaaZcHZgk^XZaZ^hijc\Zc!Y^Z>]gZ
@dhiZcb^c^b^ZgZc#
Gj[ZcH^ZZ^c[VX]Vc#L^gWZgViZcH^Z\Zgc#
CzGC7:G<:G6aa\ZbZ^cZKZgh^X]Zgjc\h"6<
DhiZcYhigV›Z&%%!.%(()C“gcWZg\
IZaZ[dc%.&&*(&"'.**!;Vm*(&"-&'.**dYZg
IZaZ[dc%.&&*(&"'(-'!;Vm*(&"-&'(-'
lll#cjZgcWZg\Zg#YZ
Polycarbonat zu realisieren. Zudem
punktet es durch seine hohe Schlagfestigkeit und eine entsprechende Lackbeschichtung sorgt für Kratzfestigkeit,
Witterungs- und Strahlungsbeständigkeit. Die Lichtdurchlässigkeit von Polycarbonat beträgt rund 90 %, wobei es
UV-Strahlung vollständig adsorbiert. Auf
diese Weise lässt sich trotz hoher Transparenz ein angenehmes Innenraumklima realisieren. Nicht nur die Autofahrer,
auch Fahrzeugdesigner haben Freude an
dem Hightech-Kunststoff. Aufgrund sei-
ner exzellenten Formbarkeit erlaubt er
große gestalterische Freiheiten. Die
Möglichkeiten reichen von in die Heckscheibe integrierten Antennen bis hin zu
geschwungenen Scheiben – fast alles ist
mit Polycarbonat realisierbar.
WiKu: Seit wann engagiert sich Webasto
im Bereich Polycarbonat?
Engelmann: Wir haben im Jahr 2002 begonnen, das Thema Leichtbau und Polycarbonat zu forcieren – zunächst ohne
konkreten Serienauftrag. Wir waren von
dem Werkstoff und seinem Zukunftspotenzial überzeugt. 2004 haben wir das
erste Versuchsfahrzeug gebaut. Ein Jahr
später gewannen wir den Auftrag für das
Smart-Dach, das wir seit 2007 produzieren. Dank der speziell entwickelten Fertigungstechnologie gelang es erstmals,
eine Polycarbonatscheibe von über einem Quadratmeter Größe in einer hochwertigen Qualität herzustellen. Bis heute
haben wir 200 000 Panoramadächer aus
Polycarbonat für den Smart gefertigt.
Für unsere Kunststoffkompetenz sind
wir 2008 mit dem renommierten PACE
Award, dem sogenannten KunststoffOscar, ausgezeichnet worden.
WiKu: Wo findet die Entwicklung und Produktion statt?
Engelmann: Die Produktion läuft in unserem Kunststoffkompetenzzentrum in
Schierling bei Regensburg. Die Entwicklung und das Testing finden in unserer
Zentrale in Stockdorf statt.
WiKu: Wird Webasto weiter in diese Zukunftstechnologie investieren?
Engelmann: Hier kann ich ein ganz klares
Ja geben. Wir sind überzeugt von Polycarbonat. Als innovativer Zulieferer sehen wir es als Verpflichtung und Motivation zugleich an, zukunftsfähige Lösungen zu entwickeln und umzusetzen. Das
ist uns mit Polycarbonat gelungen. Inzwischen haben wir vier weitere Serienaufträge gewonnen. Einer läuft noch in
diesem Jahr an, die anderen drei starten
im kommenden Jahr. Daher werden wir
im Herbst eine zweite Produktionslinie
in Schierling in Betrieb nehmen.
WiKu: Für welche Fahrzeuge eignet sich
Dr. Holger Engelmann verantwortet
seit August 2008 als Mitglied des Vorstands die Division Convertible, Roof &
Body, also das Segment Dach, der Webasto AG.
Fotos: Webasto
der Einsatz von Polycarbonat? Und für
welche Teile?
Engelmann: Fast alle Hersteller von Pkw
verarbeiten heute bereits Polycarbonatteile in ihren Fahrzeugen. Derzeit beobachten wir aber auch, dass sich selbst
Nutzfahrzeughersteller für Polycarbonat
interessieren. Das liegt daran, dass die
Fahrerkabine immer mehr zur Designfläche wird und hier Polycarbonat vielfältige Möglichkeiten bietet.
WiKu: Welche Lösungen wird es in Zukunft von Webasto aus Polycarbonat geben?
Engelmann: Das Potenzial von Polycarbonat ist noch längst nicht ausgeschöpft.
Denkbar sind feste Seitenscheiben,
Heckscheiben und Verkleidungsteile in
Glasoptik. Zudem kann man über die
Integration anderer Funktionen in Polycarbonat nachdenken. Hier sind beispielsweise Heizdrähte oder auch Solarzellen möglich. Mit diesen Themen beschäftigen wir uns schon heute.
BAYERN
MAI 2009
25
Heimattreue Global Player
„Heimliche Finanzhauptstadt“
Assekuranz | Versicherungstrends aus Bayern
Banken | Clusterstrategien stärken bayerische Finanzwirtschaft
VON CONSTANZE MEINDL
A
WirtschaftsKurier
uch wenn die Finanzkrise in Bayern zum Abbau von Arbeitsplätzen
führt: Das ändert nichts daran,
dass der Freistaat Versicherungsplatz
Nummer eins und Bankenplatz Nummer
zwei ist. Über 3 000 Unternehmen dieser
Branche sind ins bayerische Handelsregister eingetragen und bieten rund 182 000
Menschen einen Arbeitsplatz. Besonders
sticht hier die Landeshauptstadt hervor.
Laut Arbeitgeberverband der Versicherungen in Deutschland ist München mit fast
31 000 Beschäftigten im Versicherungssektor deutlich auf dem ersten Platz vor Köln
(26 710) und Hamburg auf Platz drei (22 140).
Viele weltweit agierende Versicherer, die
in der bayerischen Landeshauptstadt ihre
Zentrale haben, stehen hinter diesen Zahlen. Allen voran Deutschlands größter Versicherer: die Allianz Gruppe. Vis-a-vis des
Englischen Gartens werden von München
aus die Aktivitäten des Konzerns koordiniert. Er ist einer der größten Finanzdienstleister weltweit und in mehr als 70 Ländern vertreten. Um diese Marktpositionen
weiter ausbauen zu können, passt sich der
Münchner Versicherer ständig den verändernden Kundenbedürfnissen durch neue
Produkte an. So hat die Allianz beispielsweise Herrchen und Frauchen als potenzielle Assekuranzkunden entdeckt. Bei der
Tierkrankenversicherung können Waldi
schon ab 27 Euro und Minky ab 15 Euro im
Monat gegen mögliche Operationen und
sonstige tierärztliche Aufwendungen versichert werden.
Aber auch bei der Krankenversicherung
der „Futterdosenöffner“ geht die Allianz
neue Wege. Die Fusion der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH) mit der
Betriebskrankenkasse der Allianz ist mittlerweile in trockenen Tüchern und beschert der KKH-Allianz mit rund 2 Mio.
Versicherten Platz zehn unter den gesetzlichen Kassen. Durch eine starke Kooperation mit der privaten Krankenversicherung
der Allianz soll künftig die Verhandlungsposition nicht nur gegenüber Ärzten und
Krankenhäusern, sondern auch Pharmaunternehmen deutlich gestärkt werden.
Auch ein anderer Global Player aus der
Versicherungsbranche, die Münchener
Rück, hat sich kürzlich vergrößert – allerdings in Übersee. Der Kauf des Spezialversicherers HSB Group – bislang im Besitz
des angeschlagenen US-Versicherers AIG –
konnte nun zum Abschluss gebracht werden. Für einen Kaufpreis von 555 Mio. Euro
(739 Mio. US-Dollar) – von der Münchener
Rück in bar und aus eigenen Mitteln bezahlt – baut der Versicherer seine Position
auf dem US-Markt weiter aus. „Das ist Teil
unserer Strategie, um auf dem wichtigsten
Versicherungsmarkt der Welt, den USA,
profitabel zu wachsen“, erklärte Peter Röder, Vorstandsmitglied des Münchner
Rückversicherers. HSB ist einer der weltweit führenden Anbieter von Versicherungen gegen den Ausfall von Maschinen.
Der Marktführer in Bayern
Aber man muss seine Fühler nicht immer
in die ganze Welt strecken, um ein erfolgreicher Versicherer zu sein. Mit rund 6 Mio.
Kunden ist die Versicherungskammer Bayern (VKB) Marktführer im Freistaat und
der Pfalz. Rund 80 % aller Wohngebäudeversicherungen in den beiden Regionen
wurden bei der VKB abgeschlossen. Die
Münchner machen aber nicht nur mit ihrem breit gefächerten Versicherungsangebot von sich reden. Besonders engagieren
sie sich beim Thema Klimaschutz. So werden seit 2006 eine Reihe von Symposien
abgehalten, auf denen Experten mögliche
Lösungswege aufzeichnen. Aus diesen Diskussionen ist die KlimaKasko Versicherung
hervorgegangen, ein Absicherungspaket
für Wohngebäude, das neben den herkömmlichen Schäden auch solche in Folge
von Elementarschäden – wie Starkregen
oder Schneedruck – berücksichtigt.
Auch das soziale Engagement kommt im
Hause Versicherungskammer Bayern nicht
zu kurz. Die Sternstunden e.V. – eine Benefizaktion des Bayerischen Rundfunks, die
sich weltweit für Not leidende Kinder und
Jugendliche einsetzt – oder die Vergabe des
Bayerischen Verkehrssicherheitspreises
sind nur zwei Beispiele aus dem langen
Katalog von unterstützten sozialen und
kulturellen Projekten.
Auch wenn München Versicherungsplatz Nummer eins in Deutschland ist, so
lohnt sich doch ein Blick über die historischen Stadtmauern Richtung Franken.
Hier bietet die Nürnberger Versicherungsgruppe als Partner mittelständischer Betriebe und berufsständischer Versorgungseinrichtungen Produkte zur Sach- und Personenversicherung. Bereits zum siebten
Mal in Folge wurde die Krankenversicherung der Nürnberger von der AssekurataRatingagentur mit A+ (sehr gut) bewertet,
was dem bisherigen Wachstumskurs einen
zusätzlichen Schub geben dürfte. Im abgelaufenen Geschäftjahr konnten 22 000
Neukunden geworben werden, wobei für
2009 „wegen der Änderungen in der gesetzlichen Krankenversicherung und der
Einführung des Gesundheitsfonds ein
noch stärkeres Wachstum“ erwartet wird,
wie Alexander Brams, Vorstandsmitglied
der Nürnberger Krankenversicherung, prognostiziert. Die Nürnberger versucht ständig neue Trends auf den Märkten aufzuspüren. So hat sie eine Vorreiterrolle bei
der fondsgebundenen Lebensversicherung. Auch ist sie führend bei der computergestützten Beratung und verfolgt hiermit einen Kurs, den viele Experten als einen Erfolgsfaktor für die Zukunft ansehen.
VON PHILIPP TRÖBINGER
D
er Freistaat Bayern zählt zu den
wirtschaftlich stärksten Regionen
Europas. Der bayerische Wirtschaftsstandort erzielt sowohl im nationalen als auch im europäischen Vergleich
Spitzenwerte in vielen Wirtschaftszweigen.
Im Segment der Finanzdienstleistungen
nimmt Bayern innerhalb der Bundesrepublik eine herausragende Stellung ein: Der
Freistaat ist Versicherungsplatz Nummer
eins, Bankenplatz Nummer zwei und Börsenplatz Nummer drei in Deutschland. Gemessen an der Anzahl der Kreditinstitute ist
Bayern der größte deutsche Bankenplatz.
Auch in den Bereichen Asset-Management, Private Equity sowie Venture Capital
spielt Bayern ebenso in der ersten Liga.
Dabei nimmt in vielerlei Hinsicht die
wirtschaftsstarke Metropole München eine
tragende und zentrale Rolle ein. Mit der
bundesweit höchsten Dichte an Privatbanken gilt die Landeshauptstadt zudem als
bedeutender Standort für Private Equity,
Venture Capital, Leasing-Gesellschaften,
Versicherungen und Family-Offices. Namhafte Kreditinstitute wie die HypoVereinsbank, die Stadtsparkasse München, die
Privatbankiers Reuschel & Co. sowie Merck
Der „Walking Man” vor der Zentrale der Münchener Rück.
Foto: Münchener Rück
Finck & Co, die Baader Bank, die LfA Förderbank oder auch die österreichische
Oberbank AG sind mit dem Münchner
Standort eng verbunden – zum Teil aber
auch in ganz Bayern präsent. Auch die großen deutschen Kreditinstitute wie die
Commerzbank, die Deutsche Bank und die
Dresdner Bank haben bedeutende Niederlassungen in München. Manche Bankenexperten betiteln die Isarmetropole als
„heimliche Finanzhauptstadt“. Bezüglich
der Marktkapitalisierung ist München der
bedeutendste Standort für deutsche Börsen, denn hier gibt es mit Abstand die meisten Blue Chips sowie Mid- und Small-Caps.
Auch in Augsburg hat das Finanzwesen
eine lange Historie. Die traditionelle Fürst
Fugger Privatbank – das Handelshaus Fugger wurde 1486 erstmals als „Bank“ bezeichnet – hat neben dem Hauptsitz in der
Augsburger Maximilianstraße auch Filialen in München, Nürnberg und Stuttgart.
Eine weitere Privatbank mit historischem
Hintergrund in der „Fuggerstadt“ ist das
1914 gegründete Bankhaus Hafner. Auch
die Augsburger Aktienbank prägt den Finanzsektor der Lechmetropole. Sie ist eine
der ältesten Direktbanken Deutschlands
und zählt zu den größten bayerischen
Wertpapierbanken.
Um den Erfolgskurs des bayerischen Finanzplatzes weiterhin fortzuführen, setzt
der Freistaat auf Vernetzungs- und Clusterstrategien im Finanzdienstleistungssektor.
Als Clusterplattform vernetzt das Bayerische Finanz Zentrum (BFZ) Versicherungsunternehmen, Kreditinstitute, die Börse,
Asset-Management-Spezialisten und Private-Equity-Häuser mit wissenschaftlichen
Einrichtungen. Ziel dieser Vernetzungsinitiative ist es, anwendungsorientierte Spitzenforschung bayerischer Hochschulen
mit den Erfordernissen im Finanzdienstleistungsbereich respektive von Wirtschaftsunternehmen zu koordinieren. Zu den Kuratoriumsmitgliedern des BFZ zählen renommierte Unternehmen und Organisationen wie etwa die Börse München, der
Bayerische Bankenverband, der Genossenschaftsverband Bayern, die Nürnberger
Versicherungsgruppe, die BayernLB, die
HypoVereinsbank, die Münchener Hypo-
thekenbank oder der Sparkassenverband
Bayern.
Neben den Cluster-Aktivitäten des Bayerischen Finanz Zentrums existiert noch
eine weitere Initiative, die sich auf den
Münchner Raum beschränkt: die Finanzplatz München Initiative (FPMI). Hierbei
handelt es sich um den Zusammenschluss
von wichtigen Unternehmen, Verbänden,
Institutionen, wissenschaftlichen und
staatlichen Einrichtungen, die den Standort München im internationalen Finanzplatzwettbewerb stärken und fördern. Die
vom Bayerischen Wirtschaftsministerium
gegründete FPMI vertritt die Interessen des
Finanzstandortes gegenüber der Politik,
bündelt gemeinsame Aktivitäten wie zum
Beispiel das Standortmarketing, fördert
Bildungs- sowie Forschungseinrichtungen
und vernetzt die Praxis der Finanzwirtschaft mit der Wissenschaft. Da es viele gemeinsame Schnittpunkte mit den Interessen und Aktivitäten des BFZ gibt, findet
eine enge Zusammenarbeit statt. Jährlich
veranstaltet das BFZ gemeinsam mit der
Finanzplatz München Initiative den Bayerischen Finanzgipfel.
Doch in Zeiten der Finanzkrise herrscht
auch in der bayerischen Finanzbranche
Katerstimmung. Die negativen Meldungen
häuften sich in letzter Zeit: schwere Verluste für die BayernLB sowie turbulente Zeiten bei der Hypo Real Estate. Die schlechten Nachrichten haben zwar den bayerischen Finanzplatz erschüttert, aber dennoch bietet die gute wirtschaftliche Ausgangsbasis enorme Entwicklungsperspektiven. Zu den positiven Faktoren gehören
der auch in Bayern erfolgreiche Sparkassensektor, angeführt vom Sparkassenverband Bayern, mit der sehr erfolgreichen
Sparkasse München sowie der vom Bausparboom profitierenden LBS Bayern.
Auch die bayerischen Genossenschaftsbanken haben sich als Stabilitätsfaktor in
der Finanzkrise erwiesen, selbst von der
auf dem schwierigen Terrain der Immobilienfinanzierung agierenden Münchener
Hypothekenbank kommen nur gute Nachrichten. Insofern hat die Marke „Bayern“
alle Chancen, sich im Finanzsektor national sowie international zu behaupten.
BAYERN
26 WirtschaftsKurier
MAI 2009
Mit der Hausbank sicher auf Kurs
Innovationen aus Bayern
Deutsche Bank | Mittelständler nutzen Förderprogramme noch nicht optimal
BayBG | Kapital für den Mittelstand
me erste Wahl – insbesondere bei Exporten
in Länder mit hohem politischem und
ökonomischem Risiko. Mittelständische
Unternehmen können dabei auf eine große Zahl etablierter Angebote zur Außenwirtschaftsförderung von Bund und Land
zurückgreifen.
Bundesgarantien erleichtern den Zugang zu Exportmärkten und übernehmen
die Absicherung von Zahlungsausfällen
aus politischen oder wirtschaftlichen
Gründen. So werden im Rahmen des
KfW/ERP-Exportfinanzierungsprogramms
der KfW Ipex-Bank Kredite zur Finanzierung von Investitionsgüterexporten in Entwicklungsländer vergeben. Der Freistaat
Bayern unterstützt zudem seine Unternehmen durch Finanzierungshilfen bei außenwirtschaftlichen Aktivitäten.
VON DR. ROBIN BARTELS*
G
erade in der Rezession gilt es,
unternehmerische Risiken genau
zu analysieren und Exporte zu sichern – Unternehmen in Bayern können
dabei auch auf öffentliche Fördermittel zurückgreifen.
Weltweit befindet sich die Wirtschaft in
schwerem Fahrwasser. Für das laufende
Jahr 2009 rechnen alle Industrienationen
mit einer Rezession und auch das Wachstum in den aufstrebenden wirtschaftlichen
Schwellenländern geht deutlich zurück.
Für die traditionell exportorientierte deutsche Wirtschaft kommt der Finanzierung
und Absicherung von Exporten eine große
strategische Rolle zu. Dies gilt insbesondere auch für den exportstarken bayerischen
Mittelstand. Mit Blick auf die Schwere der
derzeitigen Krise ist es für die mittelständischen Unternehmen entscheidend, sich
in einem ersten Schritt einen möglichst
umfassenden und ausreichend in die Tiefe
gehenden Überblick über die unternehmerischen Risiken zu verschaffen. Darauf aufbauend können Auslandsprojekte dann
angemessen finanziert und abgesichert
werden.
Staatlicher Flankenschutz
ist heute gefragt
Die Risikoanalyse muss
ausgebaut werden
Gerade in der derzeitigen Krisensituation spielt die Hausbank auch eine
wichtige Rolle bei der Risikoanalyse,
so Dr. Robin Bartels von der Deutschen Bank.
Foto: Deutsche Bank
Zu den Risiken, die Unternehmen durchleuchten sollten, gehören zunehmend
auch Länder-, Währungs- und Rohstoffrisiken. Neben der Finanzabteilung sind
daher auch Abteilungen wie Einkauf, Logistik und Vertrieb Teil dieser Risikoanalyse. Zentrale Fragestellungen können sein:
Wie viele Kunden hat ein Unternehmen
zum Beispiel in Osteuropa und besteht die
Gefahr, dass ein Kunde zahlungsunfähig
wird? Wie hoch ist das Währungsrisiko
beim Verkauf einer Maschine, die jetzt produziert, aber erst in ein oder zwei Jahren
geliefert und vom Kunden bezahlt wird?
Wie steht es mit der Lieferfähigkeit meiner
Lieferanten in diesen Ländern?
Gerade in der aktuell schwierigen Marktlage kommt der Hausbank bei der Risikoanalyse eine große Bedeutung zu, denn
diese ist mit dem Unternehmen nicht nur
über die aktuelle Geschäftsentwicklung im
Gespräch, sondern auch über strategische
Aspekte, bei denen die Hausbank Krisenindikator ist.
Um Unternehmen zu unterstützen, hat
die Bundesregierung mit dem Konjunkturpaket II erweiterte Absicherungsmöglichkeiten für Exporteure beschlossen. Mittlerweile werden rund 90 % des Welthandels
durch Kredite, Versicherungen und Garantien unterstützt. Die Einbindung von Kreditressourcen wie zum Beispiel öffentliche
Fördermittel muss dabei aber zum Geschäft passen.
Auch hier spielt die Hausbank eine wichtige Rolle, zeigt sie dem Unternehmen
doch als Lotse inmitten der vorhandenen
Programme den richtigen Weg. Eine Umfrage der Deutschen Bank hat gezeigt, dass
nur ein Drittel der mittelständischen Unternehmen öffentliche Fördermittel nutzt.
Bei längerfristigen Projekten sind öffentlich gedeckte Kredite und Förderprogram-
A
Staatlich flankierte Sicherheit ist gefragter
denn je. Das zeigt sich etwa bei der klassischen Bestellerfinanzierung. Hierbei stellt
ein Kreditinstitut dem bestellenden Unternehmen oder dessen lokaler Hausbank
einen Kredit unter einer Hermes-Deckung
zur Verfügung. So werden langfristig zu
nutzende und über längere Zeiträume zu
bezahlende Investitionsgüter finanziert,
deren Wert im höheren Millionenrahmen
liegen kann. Dieser Bestellerkredit ist notwendig, weil die Banken in den Zielländern, wie etwa in Osteuropa, aufgrund der
verschlechterten Wirtschaftslage zunehmend Probleme mit der Refinanzierung
haben.
Auch beim sogenannten Exporteur- oder
Lieferantenkredit kann das wirtschaftliche
und politische Kreditrisiko über den Bund
via Hermes abgesichert werden. Ein solcher Kredit verlängert das Zahlungsziel bei
einer Lieferung ins Ausland von üblichen
90 Tagen mitunter auf mehrere Jahre. Der
Exporteur kann im Zuge einer Quasi-Forfaitierung seine Forderung an eine Bank
abtreten, um sich vorzeitig Liquidität zu
verschaffen.
S
elten wurde wohl das traditionelle
Pressegespräch der Bayerischen Beteiligungsgesellschaft BayBG mit größerer Spannung erwartet, denn wer wüsste
die Lage des bayerischen Mittelstands besser zu beurteilen als das auf die Eigenkapitalversorgung von kleineren und mittleren
Unternehmen spezialisierte Institut mit
Sitz in München?
So viel vorab: Die BayBG investierte im
abgelaufenen Geschäftsjahr 2007/08 (30. 9.)
mit 51 (35,6) Mio. Euro so viel wie nie zuvor
in Unternehmen. Auf der anderen Seite
waren die Erträge aus Beteiligungen mit
34,4 Mio. Euro deutlich niedriger als im Vorjahr (45,6 Mio. Euro) und Vorvorjahr (43,6
Mio. Euro). Das wollte BayBG-Sprecher
Dr. Sonnfried Weber aber nicht überbewertet wissen, denn diese Ergebnisverringerung war ausschließlich den fehlenden Exiterlösen geschuldet – und es zählt nicht zum
Geschäftsmodell der BayBG, auf diese Erlöse angewiesen zu sein. Vielmehr sieht sich
die BayBG als nachhaltiger Investor in zukunftsfähige bayerische Firmen. Immerhin,
die 536 Partnerunternehmen, bei denen die
BayBG engagiert ist, setzen pro Jahr etwa
7,3 Mrd. Euro um und beschäftigen 43 000
Mitarbeiter – die überwiegende Mehrheit
davon direkt in Bayern. Der gesamte Beteiligungsbestand der BayBG stieg um fast 7 %
auf 297 Mio. Euro, bei einem Volumen ab
20 000 Euro (bei Start-ups) und bis zu 5 Mio.
Euro in der Wachstumsfinanzierung.
Für 2009 ist sich Weber sicher, auf eine
ähnlich hohe Auszahlungssumme wie im
vergangenen Jahr zu kommen, denn bisher
wurden bereits 25 Mio. Euro an 54 Unternehmen ausbezahlt. Damit stieg der Beteiligungsbestand auf über 300 Mio. Euro. Die
Risikovorsorge hat die BayBG angesichts
der obwaltenden Finanzkrise von 6,8 Mio.
Euro auf 11,2 Mio. Euro erhöht, wobei hier
eine Einzelfallüberprüfung – die BayBG
bilanziert nach HGB – stattfand, wie Geschäftsführer Günther Henrich ausdrücklich betonte. Überhaupt sieht sich die
BayBG relativ unabhängig von der Finanzkrise, da sich das Unternehmen, zu deren
Gesellschaftern einige Geschäftsbanken,
die LfA Förderbank Bayern, die BayernLB,
der Sparkassenverband und die DZ Bank
gehören, nicht über den freien Kapitalmarkt finanziert. Vielmehr basiert das Konzept auf der breiten Eigenkapitalausstattung
– derzeit 147 Mio. Euro – und Mitteln aus
dem ERP Beteiligungsprogramm und der
LfA. Die BayBG unternimmt die Überprüfung der um Beteiligungen nachfragenden
Unternehmen (due diligence) selbst und
ist nicht auf Rating-Agenturen angewiesen.
Gründe für die erhöhten Auszahlungen
erkannte Weber insbesondere im Rückzug
der Anbieter von Standard-Mezzanine-Produkten – so sei der Markt für Genussscheine fast völlig zum Erliegen gekommen –
als direkter Folge der Finanzkrise. Aber
auch die tendenziell immer mehr sich
verschärfenden Vergabekriterien bei den
Fremdkapitalgebern führt dazu, dass sich
die Unternehmen nach Alternativen
umschauten und dabei auch mehr
auf Beteiligungskapital setzten. So
hätten gerade Familienunterneh-
men die Vorteile von Beteiligungskapital als
Eigenkapital als einen Baustein zu einer differenzierten und ausgewogenen Finanzierung erkannt.
Im Trend liege außerdem, dass die
BayBG als einer von mehreren Finanzierungspartnern auftrete und dabei mit CoInvestments eng mit Banken und anderen
Kapitalgebern zusammenarbeite.
Stolz verwies Weber überdies auf die Tatsache, dass die BayBG 2008 gewachsen sei,
während der Beteiligungsmarkt insgesamt
deutlich geschrumpft sei. Mit Krediten finanzierte Übernahmen funktionierten derzeit kaum noch, weil die Banken kein Kapital mehr zur Verfügung stellten.
Die BayBG investiert als klassische Universalbeteiligungsgesellschaft in allen Unternehmensphasen. Der größte Bereich
stellt dabei die Wachstumsfinanzierung dar,
gegliedert in die Regionen Oberbayern,
Franken und Niederbayern/Schwaben/
Oberpfalz. Hier liegt der Beteilgungsbestand bei jeweils etwa 73 Mio. Euro beziehungsweise 62 Mio. Euro in Franken. Daneben investiert die BayBG in die Spezialbereiche Gesellschafterwechsel/Unternehmensnachfolge sowie in Turn-around und
Venture Capital/Innovation. Der Bereich
Turn-around – mit 20,3 Mio. Euro Beteiligungsvolumen – gilt als eine Art eigene Kriseninterventionsabteilung. Hier ist über die
reine Finanzierung hinaus auch ein hoher
Beratungs- und Betreuungseinsatz erforderlich.
uk
Die Drei von der BayBG
(v. li. n. re.): die Geschäftsführer Günther Henrich
und Peter Pauli sowie
Dr. Sonnfried Weber,
Sprecher der
Geschäftsführung.
Foto: BayBG
*Dr. Robin Bartels ist Mitglied der Geschäftsleitung Region Süd der Deutschen Bank
und zuständig für das Firmenkundengeschäft
in München und Bayern
Chancen für den Mittelstand
Aus Ideen werden Unternehmen
Börse München | Erfolgsgeschichte M:access
Fraunhofer Venture | Seit zehn Jahren erfolgreiche Gründerarbeit
uf einen Index zu kommen ist
für ein börsennotiertes Unternehmen – im Gegensatz zu Büchern –
etwas durchaus Positives: Denn wer auf
einem der meist von Börsen herausgegebenen Indizes geführt wird, erfährt eine erhöhte Aufmerksamkeit und gerät dadurch
verstärkt in den Fokus von privaten wie
institutionellen Anlegern. Das Problem:
Wer etwa in den Dax oder seine kleineren
Geschwister (MDax, SDax oder TecDax)
der Frankfurter Börse aufgenommen werden will, muss nicht nur in Sachen Börsenkapitalisierung und Börsenumsatz führend
sein, dem obliegt auch eine ganze Reihe an
teuren und zeitaufwendigen Folgepflichten – für kleinere und mittlere Unternehmen ein Ding der Unmöglichkeit. Schon
im Juli 2005 realisierte die Börse München
mit M:access einen Gegenentwurf, der mit
einem Regelwerk von gerade einmal 15 Paragrafen auskommt. „Dabei sind die Zulassungsvoraussetzungen und -folgepflichten ganz auf die Befürfnisse von Small und
Mid Caps zugeschnitten“, so Andreas
Schmidt, Geschäftsführer der Börse München und zuständig für M:access.
M:access ist segmentübergreifend und
spricht sowohl Börsenunternehmen des
Freiverkehrs als auch des regulierten
Markts an. Verlangt werden allerdings
höhere Anforderungen bei der Unternehmenskommunikation, um „eine umfassende und gleichberechtigte Information der
Anleger zu gewährleisten“, wie es in Para-
graf 1 heißt. So muss der Emittent beispielsweise eine Website unterhalten, auf
der im Tätigkeitsbereich eingetretene Tatsachen unverzüglich veröffentlicht werden, wenn sie auf die Vermögens- und Finanzlage oder auf den Geschäftsverlauf
Einfluss nehmen könnten. Nicht verlangt
werden aber beispielsweise Adhoc-Meldungen in deutscher und englischer Sprache sowie testierte Quartals- und Halbjahresabschlüsse. Hier reicht ein jährlicher,
auf der Website veröffentlichter Emittentenbericht in deutscher Sprache. Bilanziert
werden muss ausschließlich nach HGB, ein
Konzernabschluss nach IFRS ist nicht erforderlich. Auch Insiderverzeichnisse müssen nicht geführt werden. Allerdings muss
– oder darf – das Unternehmen einmal
jährlich an einer von der Börse München
durchgeführten Analystenkonferenz teilnehmen. Die Geschäftsführung der Börse
München entscheidet, wer in den M:access
aufgenommen wird, die Basis bildet ein
vom Unternehmen gemeinsam mit einem
Emissionsexperten vorgelegter Antrag.
M:access ist auch für noch nicht an der
Börse gelistete Unternehmen interessant,
selbst wenn ein Börsengang (IPO) derzeit
bei vielen Firmen nicht auf der Tagesordnung stehen mag: Aufgrund fehlenden
Eigenkapitals und der restriktiveren Vergabepraktiken der Banken angesichts der
Finanzkrise und wegen der Vorgaben aus
Basel II sollten über kurz oder lang gerade auch kleinere Unternehmen über
einen Börsengang intensiver nachdenken.
Derzeit sind 25 Unternehmen in M:access gelistet, die von der Immobilienfirma
Ariston Real Estate bis zur VIB Vermögen
reichen. Zu den größeren und bekannteren
Unternehmen zählen etwa die Solarfirmen
Phönix Solar aus Sulzemoos bei München,
die S.A.G. Solarstrom aus Freiburg, Solar
Millennium aus Erlangen und Sunline
aus Fürth. Mit dem IT-Dienstleister Artec
Technologies aus Diepholz, dem Werkzeug- und Kunststofftechnik-Spezialisten
emQtec aus Friedberg bei Augsburg, der
GoingPublic Media und dem Baustoffhersteller Steico AG aus Feldkirchen sind die
unterschiedlichsten Branchen vertreten.
Mit den MiFa Mitteldeutschen Fahrradwerken ist auch der einzige börsennotierte
deutsche Fahrradhersteller in M:access. Zu
den Umsatzriesen dürften gerade auch die
Solarfirmen zählen, verbuchte doch die
auch im TecDax gelistete Phönix Solar AG
im Geschäftsjahr 2008 einen Umsatz von
über 400 Mio. Euro.
Mit M:access will die Börse München gerade auch den viel gepriesenen – aber selten tatsächlich geförderten – Mittelstand
unterstützen, Mut zu Investitionen verleihen und damit eine unternehmerische Zukunft ermöglichen. Gerade in der gegenwärtigen Krise wird sich die Stabilität des
Segments erweisen, außerdem gilt es, Unternehmen vorzubereiten, in besseren Zeiten sich wieder aufs zwischenzeitlich glatt
gewordene Börsenparkett zu wagen. uk
Sprachrohr für das Handwerk
in München und Oberbayern
Mehr unter www.hwk-muenchen.de
Handwerkskammer für München und Oberbayern
Max-Joseph-Straße 4 · 80333 München
Telefon 089 5119 –0 · Fax 089 5119 –295
I
m März feierte die Fraunhofer-Gesellschaft ihr 60-jähriges Bestehen mit
einem großen Festakt in München.
Die Institute – 57 Fraunhofer-Institute an
40 Standorten in Deutschland – entwickeln
Technologien zum Nutzen der Gemeinschaft, sie sind heute ein anerkannter Partner und wichtiger Impulsgeber für die Industrie.
In diesen Tagen feiert auch eine Tochter
der Fraunhofer-Gesellschaft Jubiläum: Vor
zehn Jahren wurde Fraunhofer Venture
gegründet mit dem Auftrag, Unternehmensgründungen aus der Fraunhofer-Gesellschaft heraus zu ermöglichen und zu
begleiten.
„Damals wurde klar, dass Wissenschaftler Unterstützung brauchen, ideell, personell und finanziell, um aus einer Idee ein
Unternehmen werden zu lassen“, so Thomas Doppelberger, der Leiter von Fraunhofer Venture. Forscher, die zuvor an
einem Institut der Fraunhofer-Gesellschaft
gearbeit hatten, sollten die Möglichkeit
bekommen, ihre Entwicklungen am Markt
zu platzieren. Indem das Wissen in eine
eigenständige Firma ausgegründet wird,
ein sogenanntes Spin-off, kommt das
Know-how der Wissenschaftler mit der Erfahrung der Fraunhofer-Venture-Mitarbeiter zusammen. So wird aus einer Erfindung
im Idealfall eine dauerhaft tragfähige Unternehmensgründung.
Schnell wurde aus der neuen Abteilung
ein respektabler, wichtiger Partner für viele
Fraunhofer-Jubiläums-Truck auf der Hannover Messe.
Unternehmensgründungen, über 150 Firmen wurden in ihrer Entstehungsphase
begleitet, an über 70 ist Fraunhofer Venture
bis heute beteiligt. Die Firmen arbeiten in
vielen unterschiedlichen technischen Bereichen: Life Science, Energie und Umwelt,
Fertigung und Verfahren, Information und
Kommunikation, Mikroelektronik, Transport und Logistik sowie Werkstoff und
Photonik.
Am Anfang steht dabei immer die eine
Frage, die alle kommenden Herausforderungen zusammenfasst: Trägt die Idee?
„Denn Die Idee ist die Grundlage. Wenn
diese Bestand hat, dann geht die Arbeit
erst richtig los“, so Doppelberger. Dann
wird anhand eines Routenplans gearbeitet, der sich an den Begriffen Technologietransfer, Gründung und Finanzierung orientiert.
In der Phase Technologietransfer wird
die Markttauglichkeit geprüft, ob die Technologie reif dafür ist, in den Markt zu gehen. Zudem werden mit dem sogenannten Technologiematching bereits vorhandene Lizenzen begutachtet und Alleinstellungsmerkmale herausgearbeitet. Als
nächster Schritt wird der eigentliche Gründungsprozess eingeleitet. Die Geschäftsidee wird erneut analysiert und ein Businessplan erstellt.
Anschließend geht es um die tatsächliche Finanzierung. „Jetzt erst arbeiten wir
heraus, ob sich die Fraunhofer-Gesellschaft
an der Unternehmensvision beteiligen
wird und welche zusätzlichen Finanzierungsstrategien infrage kommen“, so Doppelberger. Naheliegend, dass die Finanzierungsfrage einen wichtigen Stellenwert
einnimmt, daher ist dieser Abschnitt in der
Entstehung des neuen Unternehmens oft
sehr zeit- und arbeitsintensiv; unter anderem werden potenzielle Partner, wie etwa
Risikokapitalgeber, angesprochen.
Foto: Fraunhofer
Eine Beobachtung macht Doppelberger
aber immer wieder: dass nicht nur der
Businessplan zählt, sondern auch der Auftritt des Gründerteams entscheidend für
eine Finanzierungszusage ist. Nach erfolgreichem Finanzierungsabschluss kann
dann das Abenteuer Selbstständigkeit beginnen. Und Fraunhofer Venture hat wieder eine Unternehmensgründung auf ihrem Weg begleitet.
Auch nach der Gründung bleibt der Kontakt eng und partnerschaftlich. Das war
auch bei der Gründung der Bio-Gate AG so.
Das Medizintechnik-Unternehmen mit
Sitz in Nürnberg ist darauf spezialisiert,
Materialien und Oberflächen in allen Bereichen des Alltags durch Silber mit einem
lang anhaltenden, medizinisch wirksamen
Schutz gegen Bakterien, Pilze und andere
Krankheitserreger auszustatten. Bis heute
ist die Fraunhofer-Gesellschaft an der BioGate beteiligt.
Keine Angst vor der Krise
Die Finanzkrise sieht Doppelberger als
Herausforderung für die Unternehmen, die
aber die bisherige Strategie von Fraunhofer
Venture nicht infrage stellt: „Unsere Aufgabe bleibt die gleiche: wissenschaftliche
Neuerungen, die das Leben der Menschen
verbessern, in ein Unternehmenskonzept
einzubringen ist auch in Krisenzeiten ein
tragfähiges Konzept“, so der Venture-Chef.
Die Umsätze der Spin-offs steigen von Jahr
zu Jahr, und das ist auch für die Forschung
gut: Über Beteiligungen oder Lizenzgebühren (wenn das Spin-off die Lizenz zur Auswertung einer Fraunhofer-Erfindung hat)
fließen Gelder zurück an die FraunhoferGesellschaft. Die mit den Geldern wiederum neue Forschungsarbeit ermöglichen kann. Nicht zu vergessen: die geschaffenen Arbeitsplätze und die Innovationsleistungen der neuen Firmen.
BAYERN
MAI 2009
VON STEFAN KOBURGER*
E
ndlich einmal gute Nachrichten! Die
Preise für Erdgas sinken in diesen Tagen deutlich. Generell werden die
Preise der Versorger in ganz Deutschland
günstiger. Dass die fallenden Einkaufspreise
auf dem Weltmarkt so schnell und konsequent für die Endkunden umgesetzt werden, hat vor allem einen Grund: Seit Oktober
2007 hat sich die Liberalisierung auf dem
Erdgasmarkt in Deutschland durchgesetzt.
Die ehemaligen Monopolisten haben erstmals auch Konkurrenz im Privatkundengeschäft. Als deutschlandweit erster mittelständischer Mineralölhändler wagte sich das
Münchner Familienunternehmen Montana
Anfang 2008 in diesen spannenden, aber
auch schwierigen Erdgasmarkt. Für die ehemaligen Monopolisten eine ungewohnte Situation: Erstmals müssen sie sich einem
harten Wettbewerb stellen. Für die Kunden
hingegen ein unschätzbarer Vorteil: Gaspreise werden günstiger und transparenter. Der
Wechsel zu einem günstigeren Anbieter ist
jederzeit einfach und bequem möglich. Sogar Verbraucher mit Bindung an Langzeitverträge können mit einem sogenannten
Sonderkündigungsrecht bei jeder Preisänderung des bestehenden Anbieters (Erhöhung aber auch Senkung) zu einem günstigeren Anbieter wechseln. Montana konnte
bereits im ersten Jahr am Erdgasmarkt allein
im Verbreitungsgebiet Südbayern rund
Stefan Koburger, Geschäftsführer bei
Montana.
Foto: Montana
20 000 Kunden gewinnen.
Die Gründe für einen Wechsel sind vielfältig. Natürlich ist es vor allem der Preis.
Sämtliche Anbieter erwerben das Gas auf
Basis der Weltmarktpreise. Sie sind dabei
allen Schwankungen ausgeliefert, ein
Spielraum ist kaum vorhanden. Der Gaspreis ist an den Ölpreis gekoppelt. Dieser
kannte in den letzten Jahren nur den Weg
nach oben, sank aber Ende vergangenen
Jahres wieder deutlich. Alle Versorger können nun die Preise senken. Aber nicht immer auf das gleiche Niveau. Weiterhin gibt
es große Unterschiede – beispielsweise
zwischen den Tarifen der Alt-Monopolisten und deren neuer privater Wettbewerber. Das zeigt, wie wichtig neben dem Einkaufspreis für Gas ein weiterer Faktor ist:
Die individuelle Kostenstruktur – und die
jeweilige Effizienz des Unternehmens. Wer
seit Jahren im harten Wettbewerb des
Energiemarktes bestanden hat, ist es gewohnt, wirtschaftlich zu denken und seine
Strukturen schlank zu halten. Beim Handel
mit Heizöl und weiteren Brennstoffen,
muss jeder Cent zweimal umgedreht werden. So wie jetzt auch beim Gas. Wer seine
Kosten nicht im Griff hat, hat am Markt
keine Chance. Für Monopolisten hingegen
war Wettbewerb bis 2007 ein Fremdwort –
und damit in vielen Fällen auch „effiziente,
marktgerechte Kosten- und Verwaltungsstrukturen“. Das Gleiche gilt für die Kundenbindung: Wer seit Jahrzehnten um jeden Auftrag kämpfen muss, weiß, wie
wichtig zufriedene Kunden sind.
Die Preisgestaltung der privaten Anbieter
hängt nach wie vor von den jeweiligen
Netzentgelten ab, die eine entscheidende
Kalkulationsgröße darstellen. Also jene Gebühren, die private Energieversorger an die
Netzbetreiber zahlen müssen, um deren
vorhandene Infrastruktur zur Gasversorgung zu nutzen. Viele Experten sind eigentlich von sinkenden Netzentgelten ausgegangen und damit von noch günstigeren
Endkundenpreisen. Denn die Netzentgelte
müssen von der Bundesnetzagentur genehmigt werden. Die Bundesbehörde hatte
in den vergangenen Jahren immer wieder
darauf hingewiesen, dass die Gebühren
noch viel zu hoch sind. Dennoch erlaubte
sie im Verlauf des letzten Jahres teils deutliche Erhöhungen dieser Entgelte.
In München etwa betrug das Netzentgelt
für ein durchschnittliches Einfamilienhaus
mit 25 000 Kilowattstunden Jahresverbrauch noch im April vergangenen Jahres
188,86 Euro. Nicht einmal ein Jahr später,
am 1. Januar 2009, lag das Netzentgelt nach
zwei Erhöhungsrunden bereits bei 231,74
Euro. Das ist eine Steigerung um 22,75 %.
Noch eklatanter ist das zweite Beispiel: In
der oberbayerischen Gemeinde Bad Tölz lag
das Netzentgelt für unseren Beispielhaushalt bis zum 31. Dezember 2008 noch bei
254,04 Euro. Am 1. Januar 2009 stieg es auf
439,50 Euro – eine Erhöhung um 73%.
Dieser Anstieg der Netzentgelte ist kaum
nachzuvollziehen und muss letztendlich
vom Kunden getragen werden, da sie in den
Erdgaspreis eingerechnet werden.
Vor allem das Angebot von wettbewerbsfähigen Preisen und einem Top-Service
sind für den Kunden wichtig. Montana
setzt auf eine ganzheitliche Betreuung und
Beratung der Verbraucher, ist Ansprechpartner in allen Belangen von Energie und
Wärme. Brennstoffe sind heute nicht mehr
nur ein Produkt, sie sind Teil einer umfassenden Dienstleistung. Denn man muss
davon ausgehen, dass die Kosten für Energie – Öl, Gas, Pellets und Strom – trotz des
aktuellen Tiefs auf lange Sicht steigen werden. Umso wichtiger ist es, den Verbraucher zu beraten, wie er mit dem wertvollen
Rohstoff effizient umgeht. Etwa durch das
richtige Heizen mit modernen Heizanlagen in einem gut gedämmten Haus. Hat er
eine Frage zu diesen Themen, muss ihn
sein Energieversorger schnell und kompetent beraten. Dies stellt einen echten
Mehrwert dar und ist zu einem wichtigen
Faktor für den Erfolg eines Energieunternehmens geworden.
Zum Service gehört auch, den Umstieg
vom teuren zum günstigen Anbieter so einfach wie möglich zu machen. Denn vielfach
wechseln Kunden nur deshalb nicht den
Gaslieferanten, weil sie einen aufwendigen
Anmeldeprozess scheuen oder Änderungen
am Gaszähler befürchten. Dabei ist das gar
nicht nötig. Auch die neuen Versorger nutzen die vorhandene Infrastruktur, speisen
die nötige Menge an Gas in das Netz ein.
Dafür zahlen sie die Netzentgelte. Ein Anruf
mit den aktuellen Verbrauchsdaten und
Zählernummer beim Wunschanbieter ist
deshalb alles, was für einen Wechsel nötig
ist. Daraufhin übernimmt der neue Versorger alle Kündigungs- und Wechselformalitäten – und bald wärmt günstigeres Gas die
eigenen vier Wände.
*Stefan Koburger ist Geschäftsführer
bei der Montana Gruppe
Konjunkturpaket für München
Stadtwerke München | Investitionen verdreifacht
I
n der derzeitigen schwierigen Lage verhalten sich die Stadtwerke München
(SWM) antizyklisch und verdreifachen
ihr bisheriges Investitionsvolumen. In den
nächsten drei Jahren werden 3 Mrd. Euro –
1 Mrd. pro Jahr von 2009 bis 2011 – im Rahmen eines umfangreichen Investitionsprogramms für eine nachhaltige Entwicklung
Münchens ausgegeben. „Wir wollen
Wachstum für morgen erzeugen“, so Dr.
Kurt Mühlhäuser, Vorsitzender der SWM
Geschäftsführung. Dieses „Konjunkturpaket“ stärke den Wirtschaftsstandort München und verbessere die Lebensqualität
der Bürger. Die SWM setzen auf wichtige
Zukunftsthemen wie den Ausbau der regenerativen Energieerzeugung, die Förderung klimafreundlicher Fernwärmerversorgung, die flächendeckende Ausdehnung des Glasfasernetzes, eine unabhängige Erdgasgewinnung und die Modernisierung der Verkehrsinfrastruktur.
Um die Finanzierung des Programms zu
ermöglichen, wurde der Finanzvertrag zwischen den Stadtwerken München und der
bayerischen Landeshauptstadt modifiziert
und die Eigenkapitalausstattung des kom-
munalen Dienstleisters erhöht. In der Neuregelung der Finanzbeziehungen mit der
Stadt München wird die Eigenkapitalverzinsung auf jährlich 100 Mio. Euro festgesetzt. Die Stärkung der Eigenkapitalbasis
erfolgt durch die Umwandlung von Rückstellungen in Rücklagen: Dieser bilanztechnische Vorgang gestattet eine rein
buchhalterische Verbesserung der Ertragsergebnisse des SWM-Jahresabschlusses
von 2008. Dieser Sondereffekt optimiert
die Jahresbilanz des Konzerns (Ergebnis
vor Gewinnabführung 1,065 Mrd. Euro) im
letzten Jahr. Notwendig wird auch eine verstärkte Kreditaufnahme – bisher hatte das
kommunale Versorgungsunternehmen kaum
Fremdkapital in Anspruch genommen.
Alles in allem ist das „SWM-Konjunkturpaket“ ein ambitioniertes Unterfangen.
Mit den zukunftsorientierten und umweltfreundlichen Projekten in den Bereichen
Geothermie, Windparks, Wasserkraft oder
Photovoltaik haben die SWM klare Ziele
vor Augen: Alle Münchner Haushalte sollen in Zukunft mit in eigenen Anlagen erzeugtem Strom aus regenerativen Energien
versorgt werden.
pht
27
Mehr Stromerzeuger als in Frankreich
Der Gasmarkt Bayern
wird aufgefrischt
Montana | Scharfer Wettbewerb für günstigere Preise
WirtschaftsKurier
Energieland Bayern | Der Wettbewerb ist in vollem Gang
O
hne ausreichend vorhandene und
bezahlbare Energie ist eine kontinuierliche Entwicklung eines Landes nicht möglich. Bayern bietet eine Vielzahl von Energieversorgern und leistungsfähigen Stadtwerken auf, die auch in einem gesunden Konkurrenzverhältnis miteinander dafür sorgen, dass die Preise für
die Kunden aus Industrie und Haushalten
bezahlbar bleiben.
Nach dem VBEW, dem Verband der
bayerischen Energie- und Wasserwirtschaft, investierten die bayerischen
Stromversorger 2008 über 300 Mio. Euro in
die Erzeugung, und knapp 450 Mio. Euro
in die Netze. Mit 250 Stromlieferanten gibt
es in Bayern mehr Anbieter als etwa in Polen (168), Frankreich (160) oder Spanien
(51)! Insgesamt vertritt der erst im
Juni 2008 zusammengeschlossene Verband VBEW 310 Energieunternehmen in
Bayern mit einem Gesamtumsatz von
15 Mrd. Euro. Rund 30 400 Beschäftigte
finden in diesem – relativ krisensicheren
Sektor – ihre Arbeit.
Die beiden wichtigsten Säulen der
Stromerzeugung in Bayern sind die Kernenergie(etwa 66 %) und die Wasserkraft
(über 15 %), damit liegt Bayern in Sachen
Minimierung des CO2-Ausstoßes weit vorne. Derzeit liegt der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung bei
rund 20 %, wobei hier die Wasserkraft an
erster Stelle liegt, gefolgt von Biomasse,
Solar- und Windenergie.
Erzeugt wird der Strom möglichst verbrauchernah in 15 größeren Kraftwerken
mit einer Leistung von jeweils über
100 Megawatt, darunter vier Kernkraftwerke (Isar eins und zwei sowie Grafenrheinfeld und Gundremmingen). Über mehr als
288 000 Leitungskilometer fließt der Strom
von den Erzeugern zu den Verbrauchern.
Neben den großen Energiekonzernen
wie E.ON Bayern und der RWE Tochter
LEW Lechwerke sind auch eine Reihe kleinerer Anbieter wie die N-Ergie aus Nürnberg
aktiv.
Auf die Gasbeschaffung für Stadtwerke
war lange Zeit die Bayerngas aus München
spezialisiert. Inzwischen ist Bayerngas
auch direkt in der Öl- und Gasförderung in
Norwegen aktiv, um die angeschlossenen
rativen Energieunternehmen gäbe. Laut
Positionspapier der Bayerischen Staatsregierung vom Juni 2008 stehen in Bayern
derzeit zwei Drittel der installierten Wasserkraft-Leistung in Deutschland, die
Hälfte der Photovoltaik-Leistung, gut ein
Drittel der Solarthermie-Leistung, ein
Drittel der Wärmepumpen-Leistung und
mehr als zwei Drittel der Tiefengeothermie-Leistung.
Allein in der Solarbranche sind mit der
Phönix Solar AG aus Sulzemoos bei München und der Sunline AG aus Fürth zwei
Vorreiter der Branche aktiv. Daneben sind
aber noch beispielsweise Carpevigo aus
Holzkirchen oder die SolarTec aus Aschheim bei München.
Biomasse und Geothermie
werden stark ausgebaut
Die bayerische Energiebranche spielt auch als Ausbilder in Zukunftsberufen eine wichtige Rolle, wie hier E.ON Bayern in Regensburg.
Foto: E.ON Bayern
Stadtwerke – neben München zum Beispiel noch Augsburg und Neu-Ulm/Ulm –
mit ausreichend Gas versorgen zu können.
Zum ernsthaften Konkurrenten auf dem
bayerischen Gasmarkt avancierte das mittelständische Familienunternehmen – ursprünglich ein reiner Mineralölhändler –
Montana.
München soll bald ganz
regenerativ versorgt werden
Die Erdgas Schwaben GmbH versorgt aktuell 159 Städte und Gemeinden in (bayerisch) Schwaben mit Betriebsstellen in
Augsburg, Donauwörth, Günzburg, Kaufbeuren, Kempten und Nördlingen. Erdgas
Schwaben setzt auf Bio-Erdgas, Bio-Wärme und Bio-Strom aus der Region und investiert jährlich etwa 10 Mio. Euro in regenerative Energien, die bis 2020 etwa 30%
vom Erdgasabsatz ausmachen sollen. Erdgas Südbayern beliefert 247 Städte und
Gemeinden in Ober- und Niederbayern
mit Erdgas und Wärme und bietet den Betrieb und die Instandhaltung für wassertechnische Anlagen und Leitungen.
Die Thüga-Gruppe mit Sitz in München
hält bundesweit Beteiligungen – meistens
als Minderheitsgesellschafter – an rund
110 Unternehmen, darunter 90 Energieversorgern von der Energieversorgung Sylt
bis zu den Stadtwerken Lindenberg im Allgäu. Auch an den bayerischen Unternehmen Erdgas Südbayern, Erdgas Schwaben
und N-Ergie ist die Thüga beteiligt.
Die wirtschaftliche Power Münchens
spiegelt sich auch in der Kraft der Stadtwerke Münchens (SWM) wider – und umgekehrt sorgen die SWM dafür, dass die
Landeshauptstadt prosperieren kann. Die
SWM können rund 140 000 Haushalte mit
Strom aus den regenerativen Energiequellen versorgen. Bis 2020 soll dies verfünffacht werden.
Bayern wäre eben nicht Bayern, wenn
es hier nicht eine ganze Reihe von regene-
Im für Bayern wichtigen Bereich Biomasse
– der Anteil von derzeit rund 5 % am Primärenergieverbrauch soll auf 8 % gesteigert werden – ist beispielsweise Schmack
Biogas AG aus Schwandorf aktiv, spezialisiert auf die Errichtung von Biogasanlagen.
Auch die Geothermie soll in Bayerns
Energielandschaft der Zukunft eine wichtigere Rolle spielen, so will die Bayerische
Staatsregierung gerade hier und bei der
Biomasse deutliche Akzente setzen. Engagiert in diesem Bereich sind Unternehmen
wie Rehau oder die Bauer AG, die sukzessive daran arbeitet, einen dritten, auf
Energietechnik fokussierten Geschäftsbereich neben dem Tief- und dem Maschinenbau aufzubauen. Die E.ON Bayern
Wärme GmbH nimmt mit ersten Bohrungen in Poing bei München ein größeres
Geothermie-Projekt in Angriff mit einem
Gesamtinvestitionsvolumen von etwa
30 Mio. Euro.
Nicht zu unterschätzen ist auch, dass
auch zahlreiche Maschinenbauunternehmen – wie zum Beispiel die MAN-Tochter
Renk mit Windkraftgetrieben – oder der
Weltkonzern Siemens sehr aktiv im Bereich der regenerativen Energien sind. Insofern ist und bleibt Bayern auch in der
Energieversorgung ein Land, das Tradition
– etwa die Wasserkraft – und Fortschritt
kongenial verbindet.
uk
Sparkassen-Finanzgruppe
Die, die immer für einen da sind,
kann man nicht kaufen.
Zum Beispiel Familie, Freunde
oder die Sparkasse.
Durch ihre kommunale Bindung sind Sparkassen die Institute aller Bürgerinnen und Bürger. Sie orientieren sich an den
Interessen der Gemeinschaft. Daher dürfen sie auch nicht von anderen Banken übernommen werden, die nur die Rendite
ihrer Aktionäre steigern wollen. Die kommunale Trägerschaft ist die Grundlage dafür, dass sich die Sparkassen überall in
Deutschland für die wirtschaftliche Entwicklung vor Ort engagieren können.
Dem Wohlstand ihrer Region und den dort lebenden Menschen verpflichtet: die Sparkassen. Gut für Sie – und gut für die
Region.
guten Bankberater?“
buch heute noch sicher?“
„Wo bekomme ich eine
?“
faire Beratung?“
„Mit welcher Anlagestrategie erziele ich die beste Rendite?“
„Wird sich der Finanzsektor wieder erholen?“
Anworten zur Finanzkrise.
und unter meinem
am sichersten?“
ragen – wieder eine gute Rente?“
Stellen Sie uns jetzt Ihre F
line unter
in Ihrer Sparkasse oder on „Welche Anlageform ist für mich am besten?“
deFinanzkrise umgehen?“
schlan
ichd.
die
deutkann
www.gutfuer„Wie
ch mit meiner Altersvorsorge um?“
en guten Bankberater?“
auch in 20 Jahren noch was wert?“
„Wird sich der Finanzsektor wieder erholen?“
BAYERN
28 WirtschaftsKurier
MAI 2009
Vom Freistaat in die ganze Welt
Luftfahrt | Wie sich Bayerns Flughäfen für die Zukunft wappnen
VON CONSTANZE MEINDL
B
ei der Wahl eines Europa- oder
Deutschland-Standorts legen Unternehmen aus der ganzen Welt zunehmend Wert auf eine günstige Anbindung ins Land der Zentrale. Hier kann
Bayern mit gleich zwei internationalen
Flughäfen eindeutig punkten. So ist beispielsweise die tägliche Flugverbindung
von München nach Delhi mit ein Grund,
warum sich in München und Umland
einige indische Firmen angesiedelt haben.
Aber auch das Freizeitvergnügen kommt
an den bayerischen Flughäfen nicht zu
kurz: Der Sommerflugplan des Flughafens
Nürnberg bietet seinen Passagieren mittlerweile Non-Stop-Flugziele quer durch
Europa. Und Ryanair hat Bayerns kleinsten, den Allgäu Airport, für sich entdeckt.
Aber der Freistaat kann auch mit einem
Sonderflughafen aufwarten: In Oberpfaffenhofen wickelt einerseits das Deutsche
Luft- und Raumfahrtzentrum (DLR) seine
Forschungsflüge ab, andererseits wollen
die Verantwortlichen Geschäftsreisenden
besonderen Komfort bieten.
Seit seiner Inbetriebnahme 1992 kennt
der Münchner Flughafen Franz Josef
Strauß im Erdinger Moos – etwa eine halbe
Autostunde vom Stadtzentrum entfernt –
nur eine Richtung: steil nach oben. Dies
gilt nicht nur für die auf den zwei Bahnen startenden Flugzeuge, auch Passagierzahlen – die Zahl der gewerblichen Fluggäste hat sich seit der Eröffnung fast
verdreifacht –, Flugbewegungen, mehr als
doppelt so viele wie 1992, und transportierte Luftfrachttonnen, mit rund 250 000
Tonnen eine Verfünffachung, wachsen Jahr
für Jahr kontinuierlich an. Die Passagierdelle der zweiten Hälfte des vergangenen
Jahres – in erster Linie zurückzuführen auf
die Wirtschaftskrise und sinkende Nachfrage im innerdeutschen Verkehr bei Geschäftsreisenden – scheint auch im ersten
Quartal 2009 noch nicht überwunden:
Rund 7 Mio. Passagiere bedeuten einen
Rückgang im Fluggastaufkommen von fast
10 % im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.
Schlimmer trifft es nur noch den Frachtverkehr: Mit knapp 51 000 Tonnen geflogener Luftfracht wurden knapp 23 % weniger Güter umgeschlagen.
Investitionen in eine
grüne Flughafenzukunft
Sicherheitsbereichen. So können an öffentlichen Zapfsäulen auf dem Flughafengelände nun Erdgasfahrzeuge ein umweltfreundliches Gemisch aus Biomethan und
Erdgas tanken. Bei der feierlichen Eröffnung betonte der Vorsitzende der Geschäftsführung des Flughafens München,
Dr. Michael Kerkloh, die Bedeutsamkeit für
die nachhaltige Entwicklung des Airports:
„Die vier neuen für jedermann zugänglichen Ökozapfsäulen sind ein Meilenstein
im Rahmen unseres Gesamtprojekts zum
Umwelt- und Klimaschutz.“
Die Rolle, die Bioenergie am Münchner
Flughafen spielt, wird auch an einem weiteren Pilotprojekt im Erdinger Moos deutlich. Die Mitarbeiterkantine im Frachtterminal wird nun im Sommer mit einer
energiesparenden Solarklimaanlage temperiert. Dank modernster Technik kann
die Sonneneinstrahlung – die das Mittagessen in der Kantine durchaus zu einem
schweißnassen Vergnügen machen kann –
nun ein angenehmes Klima erzeugen.
Eine flüssige Salzlösung, Lithiumchlorid,
trocknet im Innern der Klimaanlage die
angesaugte feucht-warme Außenluft. Dieses fortschrittliche Projekt spart jedes Jahr
rund 25 Tonnen des schädlichen Kohlendioxids, das bei einer herkömmlichen Klimaanlage entstehen würde.
Bayern kann jedoch nicht nur mit einem
der umweltfreundlichsten Flughäfen der
Republik aufwarten. Vom Airport Nürnberg kann man auch von dem beliebtesten
deutschen Flughafen 60 Non-Stop-Flugziele anfliegen. Die Franken wurden 2008
wiederholt mit dem renommierten Business Traveller Award ausgezeichnet und
konnten auch den ersten Platz bei einem
vom Deutschen Institut für Service-Qualität im Auftrag des Nachrichtensenders
n-tv durchgeführten Test erzielen. Flughafengeschäftsführer Karl-Heinz Krüger führt
die Auszeichnungen auf „unsere kurzen
Wege, die gute Orientierung und den überdurchschnittlichen Service“ zurück. Der
vorbildliche Dienst am Kunden ist wohl
mit ein Grund, warum der Airport das abgelaufene Geschäftjahr mit einem leichten
Passagierplus abschließen konnte. Zu verdanken ist dies aber primär dem Winterdrehkreuz der Air Berlin, der größten Linienfluggesellschaft vor der Lufthansa am
Flughafen Nürnberg.
Trotz des stetigen Wachstums – 2008
nutzten rund 4,2 Mio. Passagiere den Flug-
hafen, der auch bei den Franken ein zentrales Thema darstellt – sind die Nürnberger bemüht, das Gelände, soweit das möglich ist, der Umgebung anzupassen. So
wurde mit dem Projekt „Bucher Landgraben“ – das derzeit größte Renaturierungsprojekt im Nürnberger Norden – ein Stück
Grün in Flughafennähe geschaffen, das als
Rückzugsraum für Tiere und Pflanzen, aber
auch als Naherholungsgebiet für gestresste
Nürnberger dienen soll. Die Ausgleichsmaßnahme ist Teil der strategischen Zukunftsentwicklung des Airports.
Auflösen des Bruchs zwischen
Tradition und Hightech
Das Kernstück der Bauarbeiten beinhaltete die Renaturierung einer 1 200 Meter
langen Fließstrecke. Die Kosten belaufen
sich auf etwa 3,3 Mio. Euro, die Krüger aber
sinnvoll angelegt sieht: „Städtebaulichgestalterisches Ziel dieser Maßnahme war
es, den harten Bruch zwischen traditioneller Landwirtschaft und dem HightechStandort Flughafen aufzulösen und dem
Flughafen ein landschaftsarchitektonisch
ansprechendes Vorfeld zu schaffen.“ Dass
diese und auch weitere Maßnahmen – wie
die gasbetriebene Energiezentrale, die den
Flughafen mit Wärme versorgt und der
Umwelt jedes Jahr rund 160 000 Kilogramm Kohlendioxid einspart – zum Klimaschutz beitragen, belegt die jüngste
Messung der Luftqualität rund um den Airport: Diese ergab, dass die Flughafenluft
meist besser ist als die im Stadtgebiet.
Aber Nürnberg ist nicht nur ein attraktiver Abflughafen, auch lohnt es sich wohl,
nur mal kurz auf dem Rollfeld vorbeizuschauen. Dies könnte der Grund sein,
warum in den vergangenen Wochen gleich
zwei besondere Gäste auf einen Kurzbesuch vorbeigeschaut haben: Die elfjährige
Löwin Safo aus Teneriffa legte einen Zwischenstopp im Frankenland ein, bevor sie
weiter in ihr neues Zuhause im Karlsruher
Zoo gebracht werden konnte. Etwas exklusiver, dafür nicht ganz so spektakulär war
der Besuch von „Albert Ballin“. Der Kreuzflieger der Hapag-Lloyd, der Sitzplätze für
lediglich 60 ausgewählte Passagiere bietet,
verkörpert eine etwas andere, exklusivere
Art zu reisen.
Der kleine Bruder von München und
Nürnberg ist der Allgäu Airport in Memmingen. 2004 wurde hier der zivile Flugbetrieb aufgenommen, nachdem der ursprüngliche Militärflughafen Memmingerberg 1936 erstmals in Betrieb ging. Heute
übertrifft der kleinste bayerische Flughafen
die Erwartungen regelmäßig. Im vergangenen Geschäftsjahr – dem ersten vollständigen – flogen 60 000 Passagiere mehr ab
Memmingen als erwartet. Hier zeigt sich,
dass der Airport über die schwäbischen
Grenzen hinaus bei den Passagieren beliebt ist. Baden-Württemberger und Oberbayern zählen genauso zu den Fluggästen
wie die Nachbarn aus Österreich und
Teilen der Schweiz. „Im Raum Reutte, im
Lechtal und im Tannheimer Tal sind wir
der Heimatflughafen“, freut sich Geschäftsführer Ralf Schmid. Hier profitiert
der Allgäuer Flughafen von seinen raschen
Abfertigungszeiten, den niedrigeren Parkgebühren, der schnellen Erreichbarkeit
über die A7 und die A96 und von den
attraktiven Flugzielen. Neben innerdeutschen Zielen werden beliebte Urlaubsziele
wie Mallorca oder die kanarischen Inseln
ebenso angeflogen.
Auch große Reiseveranstalter haben die
Attraktivität Memmingens erkannt und
planen eine regelrechte „Sommeroffensive“. Neben beispielsweise Thomas Cook
und Neckermann hat die Rewe Touristikgruppe umfangreiche Kontingente auf den
TUIfly-Maschinen gebucht und will auch
eigene Flugzeuge einsetzen.
Mit Seppelhut und Lederhose
Nicht nur der größte Partner TUIfly, auch
Ryanair hat seit Ende April auf den Allgäuer Airport gesetzt. Mit grauem Seppelhut und Lederhose gekleidet, verkündete
Ryanair-Chef Michael O’Leary mit einer
Kuhglocke bewaffnet, dass neben Großbritannien und Irland auch Italien und das
spanische Festland künftig auf Memmingens Flugliste zu finden seien.
Neben den Passagierflughäfen bietet
Bayern aber auch den Sonderflughafen
Oberpfaffenhofen, der primär der Entwicklung, Erprobung, Produktion und Wartung
von Regional-, Geschäftsreise- und Militärflugzeugen sowie Hubschraubern dient.
Hier werden jedoch auch Flugzeugteile für
Airbus Industries montiert. Dieser Sonderflughafen steht in der Umgebung rund
um Starnberg jedoch in der Kritik. Der
Airport möchte zunehmend für den Geschäftsflugreiseverkehr Anflugstelle sein,
da die Betreiber nur so eine Chance sehen,
Doch auch die momentanen Rückgänge
können den Wachstumskurs des Airports
nicht bremsen: Es wird weiter kräftig in die
Zukunft investiert. Hierzu zählt nicht nur
das – bei den an den Flughafen angrenzenden Gemeinden nicht unumstrittene –
Projekt einer dritten Start- und Landebahn. Die Münchner setzen zunehmend
auf umweltschonende Technologien bei
der Verfolgung ihrer Wachstumsziele –
nicht nur vor, sondern auch hinter den
den Fortbestand des Flughafens zu sichern. Die Bewohner der umliegenden Gemeinden befürchten aber, dass es hierdurch
zu einer erheblichen Zunahme von Lärmbelastung – insbesondere weil auch Flugverkehr an Sonn- und Feiertagen geplant
ist – und Umweltverschmutzung kommt.
Regenbogen über
Oberpfaffenhofen
Oberpfaffenhofen dient aber auch der Forschung: Das Deutsche Luft- und Raumfahrtzentrum (DLR) verfügt hier über fünf
Flugzeuge. So waren es Forscher des DLR
aus Oberpfaffenhofen, die jüngst herausfanden, dass Kondensstreifen, die von
einem Flugzeug ausgehen, nicht gleich
Kondensstreifen sind. Nach neuesten Erkenntnissen entstehen diese nicht nur aus
den Abgasen der Getriebe, sondern – unter
bestimmten Bedingungen – auch über den
Tragflächen. Ursache für die zweite Art der
Kondensstreifen ist der rasante Druckabfall über den Tragflächen von Flugzeugen.
Hierdurch sinkt die Temperatur der Luft
so rasant, dass sich, bei genügend feuchter
Luft winzige Eispartikel bilden. Diese
wachsen zunächst gleichförmig weiter und
genau hierin sehen die Wissenschaftler die
Erklärung für die regenbogenfarbigen Kondensstreifen: Gleich hinter dem Flugzeug
seien die Partikel noch sehr klein und reflektieren vor allem blaues Licht, während
die größeren, also die, die weiter vom Flugzeug entfernt sind, eher langwelliges Licht
reflektieren. Dies ergibt die Regenbogenfarben von Blau über Grün hin zu Gelb
und Rot. Welche Auswirkungen diese neue
Klasse von Kondensstreifen auf den Klimawandel hat, ist noch unklar, da sie bis dato
nicht in Klimamodellen berücksichtigt
wurden.
Ein immer wichtigeres Drehkreuz in Europa:
der Flughafen München. Foto: Flughafen München
Die Saat ist aufgegangen
ITK-Branche | Systematischer Ausbau der Attraktivität des Standorts
VON DR. HANS-DIETER RADECKE
A
n Hymnen auf den Standort Bayern, wenn es um die Bedeutung für
die Informations- und Telekommunikationstechnologie (ITK) geht, fehlt es
nicht. Das hört sich etwa bei Martin Zeil
(FDP), Bayerischer Staatsminister für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie sowie stellvertretender Ministerpräsident im Kabinett Seehofer, so an: „Als einer der bedeutendsten IT-Standorte der
Welt bietet Bayern beste Voraussetzungen
für die Entwicklung neuer Technologien
und Produkte.“
Was sich etwas vollmundig ausnimmt,
deckt sich doch weitgehend mit der Realität. Die bayerische Wirtschaftspolitik hat
in den letzten Jahren systematisch am Ausbau der Attraktivität des IT-Standorts Bayern gearbeitet. Und die Saat ist aufgegangen: Große internationale Unternehmen
der Branche haben sich hier angesiedelt,
während zugleich durch kluge Förderungspolitik auch die Gründung zahlreicher regionaler mittelständischer Betriebe und
kleiner Start-ups beflügelt wurde.
Die Gründe für die Attraktivität des ITKStandorts Bayern sind vielfältig. Teilweise
sind sie allgemeiner Natur (hohes Bildungs- und Wohlstandsniveau, großer
Freizeitwert, hervorragende Infrastruktur
und eine starke Wirtschaftskraft sowie
zahlreiche Forschungsstätten), teilweise
aber auch besonders für die ITK-Branche
interessant, etwa die enge Verflechtung mit
Unternehmen, die Abnehmer der ITK-Produkte sind: Betriebe der Branchen Elektrotechnik, Maschinenbau und Fahrzeugund Luftfahrttechnik zum Beispiel.
Entscheidenden Anteil an der Attraktivität des Standorts Bayern hat die hervorragende Verkehrsinfrastruktur mit dem Flughafen München als Dreh- und Angelpunkt.
Es kommt nicht von ungefähr, dass inter-
nationale Spitzenunternehmen der ITKBranche ihre Deutschland-Niederlassungen in Flughafennähe angelegt haben.
Dazu gehört insbesondere der SoftwareRiese Microsoft, der den Hauptsitz seiner
drittgrößten Auslandstochter in Unterschleißheim im Münchener Norden lokalisiert hat. Microsoft Deutschland ist für
Marketing und Vertrieb der Produkte des
Konzerns in Deutschland zuständig und
kooperiert dazu mit rund 30 000 lokalen
Partnerunternehmen. Zahlreiche mittelständische IT-Betriebe im bayerischen
Umland profitieren hiervon kräftig.
ster, aber auch Mechatronik-Unternehmen
aus den Bereichen Virtual Reality und 3DCAD-Entwicklung.
Zweifellos ist die Landeshauptstadt das
Zentrum der bayerischen IT-Szene. Gemäß
Komponenten sowie Endeinrichtungen
und Distribution.
Die 27 386 (Stand 2007) in München und
dem oberbayerischen Umland gemeldeten
ITK-Betriebe erwirtschafteten mit knapp
Eine weit verzweigte
Forschungslandschaft
Nicht weit davon entfernt, in Hallbergmoos (in unmittelbarer Nachbarschaft des
Flughafens), liegt der Deutschlandsitz des
weltweit größten Anbieters von Lösungen
zur Netzwerktechnologie, Cisco Systems.
Neben der Verkehrsinfrastruktur lockt
auch die im Deutschland-Vergleich einzigartige Dichte von Forschungs- und Lehreinrichtungen ITK-Unternehmen nach
Bayern. Mit großen Universitäten in München, Erlangen/Nürnberg, Augsburg, Passau und Regensburg, einer ganzen Kette
von Forschungseinrichtungen mit internationalem Spitzenrang wie Instituten der
Max-Planck- und Fraunhofer-Gesellschaften sowie Forschungs- und Entwicklungszentren großer und mittlerer Unternehmen verfügt Bayern über ein einzigartiges
Reservoir an Spitzen-Know-how, das die
ITK-Technologie stützt. Insbesondere das
„Clusterprinzip“, also die Konzentration
von Forschungs- und Technologie-Zentren
in bestimmten Regionen, hat sich auch im
ITK-Bereich bewährt.
Herausragendes Beispiel hierfür ist das
Garchinger Technologie- und Gründerzentrum im Münchener Norden. Hier finden
sich Software-Entwickler und -Dienstlei-
Zu einem der forschungsintensivsten Unternehmen zählt die Osram Opto Semiconductors mit ihren Produktions- und Forschungszentrum in Regensburg – 2007
wurden sie mit dem Deutschen Zukunftspreis belohnt.
Foto: Osram
der letzten IHK-Studie aus dem Jahr 2007
hat München seine Spitzenposition in der
Informations- und Kommunikationswirtschaft in den vergangenen Jahren sogar
noch ausgebaut. Die Analyse bietet eine
Bestandsaufnahme der ITK-Wirtschaft und
ihrer Teilbranchen wie Software/IT-Services, Medien, Werbung, Journalismus, Kabel- und Netzwerkbetreiber, Bauteile/
385 000 fest angestellten und freien Mitarbeitern einen Umsatz von 74 Mrd. Euro
und investierten 7 Mrd. Euro. Zu dieser
starken Leistung hat nach Erkenntnissen
der Studie vor allem die Medienwirtschaft
beigetragen. Mit einem Umsatzplus von
knapp 22 % auf 21 Mrd. Euro im Zeitraum
zwischen 2004 und 2007 erwiesen sich die
Medien (bei 62 000 Festangestellten allein
in München) als Spitzenreiter innerhalb
der ITK-Branche.
Die IHK-Studie macht dem Standort
auch große Hoffnungen für die Zukunft:
„Die gesamte Informations- und Kommunikationswirtschaft stellt der Region ein
gutes Zeugnis aus. Insgesamt sind 95 % der
Unternehmen mit dem Standort München
sehr zufrieden oder zufrieden. Folglich
denken auch rund 90 % nicht an einen
Umzug und fast ebenso viele würden sich
wieder für diese Region entscheiden.“ Die
Unternehmen schätzten demnach vor allem die Lebensqualität der Bayernmetropole mit ihrem Kultur- und Freizeitangebot. Überzeugt ist die Branche zudem vom
Angebot an Gewerbe- und Büroflächen,
von den Verkehrsverbindungen sowie der
Nähe zu Lieferanten und Kunden. Sehr positiv bewerteten die Unternehmen auch
den Wissensaustausch mit den Forschungszentren. Etwas kritischer fallen die
Urteile der Betriebe über die Höhe der kommunalen Abgaben und der Gewerbesteuer
sowie das Personalkostenniveau aus.
Zweitstärkste ITK-Region in Bayern ist
der Großraum Nürnberg mit seinen insgesamt rund 3,5 Mio. Einwohnern. Rund
7 000 ITK-Unternehmen mit 100 000 Beschäftigten sind hier beheimatet. Technologieschwerpunkte sind breitbandige
Kommunikationssysteme und optische
Übertragungstechnik, Softwarelösungen
für Unternehmen, insbesondere Open
Source- und Automatisierungslösungen
sowie Technologie für Mobilfunk, Satellitennavigation und Medien.
In Nürnberg befindet sich die größte
Niederlassung von T-Mobile, Konkurrent
O2 betreibt hier sein Kundenmanagement
und ein Technikcenter. TK-Firmen mit
Weltgeltung wie NXP Semiconductors,
Ericsson, Teleca, Comneon und Qualcomm unterhalten wichtige Forschungszentren.
In Nürnberg ist zudem mit dem zentralen europäischen Entwicklungszentrum
von Novell (SUSE Linux) der führende
Know-how-Träger des Open-Source-Betriebssystems zu Hause. Zahlreiche Softwarehäuser sind ebenfalls vor Ort, allen
voran die Datev e.V.
Überraschenderweise ist Regensburg,
die Hauptstadt der Oberpfalz, der drittstärkste IT-Standort in Bayern. In den rund
1 000 Unternehmen des Wirtschaftsraums
sind insgesamt rund 20000 Mitarbeiter beschäftigt. Damit stellt die IT-Branche jeden
neunten Arbeitsplatz in Regensburg. Mit
Telekom, Siemens, Infineon, Toshiba und
OSRAM Opto Semiconductors sind hier
Konzerne mit Weltruf tätig.
Mit dem „IT-Speicher“ verfügt die Region über das größte IT-Gründerzentrum in
Bayern. Gründerfirmen werden hier durch
Marketingmaßnahmen, Öffentlichkeitsarbeit, Beratung und Integration in ein Netzwerk unterstützt. 40 Firmen haben derzeit
ihren Sitz im IT-Speicher.
Auch in vielen weiteren Regionen Bayerns gibt es inzwischen Gründerzentren
und haben wichtige IT-Unternehmen ihren Sitz. Besonders erwähnenswert ist
hierbei Fujitsu Technology Solutions in
Augsburg. Der Weltkonzern will auch nach
dem Ausstieg von Siemens seine Hightech-Fertigungsstätte in der schwäbischen
Hauptstadt beibehalten – eine Auszeichnung nicht nur für den IT-Standort Bayern, sondern für den Standort Deutschland
allgemein.
Bayern ist für nationale und internationale IT-Unternehmen auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ein attraktiver
Standort – dafür spricht neben vielem anderen das hohe Ansehen Bayerns im Bereich Bildung und Forschung, die Etablierung vieler wichtiger Industrien rund um
Technologie und vor allem die geografische Lage.
BAYERN
MAI 2009
Großes Interesse
Immobilienmarkt Bayern |
VON PHILIPP TRÖBINGER
I
n den turbulenten Zeiten an den Finanzmärkten hat die Immobilie als sichere Wertanlage an Bedeutung gewonnen. In jüngster Zeit zeigt sich ein Anstieg
der Investitionen in vermietete Eigentumswohnungen und Häuser. Diese neuen Entwicklungen wurden bei der jährlichen
Pressekonferenz der Sparkassen-Finanzgruppe zum bayerischen Wohnimmobilienmarkt vorgestellt. Der Geschäftsführer
der Sparkassen-Immobilien-VermittlungsGmbH (Sparkassen-Immo), Oliver Gerstner, erläuterte die Trends, die aus dem
Marktbericht der Sparkassengruppe hervorgehen: „Wir stellen gerade in den letzten drei Monaten eine deutliche Belebung
der Nachfrage von Kapitalanlegern fest.
Kapitalanleger haben die Vorzüge von
Wohnimmobilien neu entdeckt.“
Grundsätzlich erfolgen der Kauf und
Verkauf von Wohnimmobilien nahezu unabhängig von der konjunkturellen Wirtschaftsentwicklung. Vielmehr entscheiden
individuelle Lebensabschnitte wie etwa
Heirat, Scheidung oder Tod über die Verschiebungen oder Aktivitäten auf dem Immobilienmarkt. Davon abgesehen sind die
aktuellen Finanzierungsvoraussetzungen
Die Immobilie als sichere Wertanlage
ist in Krisenzeiten attraktiv. Foto: Fotolia
brauchte Wohnungen verkauft worden –
dies sei wiederum für die durchschnittliche Preissenkung verantwortlich.
Nach dem Rekordjahr 2007 konzentrierte sich der Rückgang der Immobilienumsätze in Bayern um 11,3 % auf 29 Mrd. Euro
allerdings auf den Großraum München. In
der bayerischen Hauptstadt sind große
Transaktionen mit Gewerbe- und Wohnimmobilien deutlich geringer ausgefallen
als im Vorjahr. Der Münchner Immobilienmarkt wird weiterhin vom Zuzug und von
unter dem Bedarf liegenden Neubauaktivitäten geprägt sein. Die Experten der Sparkassengruppe rechnen hier mit sukzessiv
anwachsenden Verkaufs- und Mietpreisen.
Die regionale Entwicklung der Immobilienumsätze im Jahr 2008 im Einzelnen:
Stadt und Landkreis München (minus
21 %), Oberbayern (minus 16 %), Niederbayern (minus 14 %), Oberpfalz (minus
14 %), Oberfranken (minus 7,5 %), Mittelfranken (minus 3 %), Schwaben (minus
1 %), Unterfranken (plus 7 %).
Dabei zeichnet sich im Marktbericht ein
weiterer Trend ab: Während der Wohnungsneubau seit Jahren schwächelt – ja
sogar einen historischen Tiefpunkt erreicht
hat –, erfahren Gebrauchtimmobilien eine
stabile Nachfrage. So kamen beispielsweise
neun von zehn Immobilien, die im Auftrag
der Sparkassen-Immo von den bayerischen Sparkassen und vom LBS-Außendienst vermittelt wurden, aus dem Bestand
gebrauchter Eigentumswohnungen, Reihenhäuser, Doppelhaushälften oder Einfamilienhäuser. Den lebhaften Gebrauchtimmobilienmarkt erklärt sich Gerstner
durch das günstigere Preissegment und die
Lage im Vergleich zu den Neubauten. Viele
Menschen bevorzugen Immobilien in gewachsenen Wohngebieten gegenüber Neubaugebieten in Randlagen. Dr. Franz Wirnhier, Sprecher der Geschäftsleitung der LBS
Bayerische Landesbausparkasse, begründet den Niedergang des Neubausektors
vor allem mit dem Wegfall der Eigenheimzulage. Nach einer aktuellen Erwerberanalyse werden durchschnittliche Haushalte,
die die Intention eines Immobilienerwerbs
verfolgen, nach der Abschaffung der Zulage um zusätzliche 450 Euro im Monat belastet. „Die Wohneigentumschancen der
Schwellenhaushalte haben sich also verschlechtert“, erklärte Wirnhier.
WirtschaftsKurier
an „Beton-Gold“
Gewachsene Wohngebiete werden bevorzugt
Der Wohnimmobiliensektor als Konjunkturlokomotive?
Foto: Fotolia
als positiver Impuls anzusehen, die sogenannten Schwellenhaushalten den Immobilienerwerb ermöglicht.
Für 2009 erwartet der Vizepräsident des
bayerischen Sparkassenverbands vor dem
Hintergrund der Rezession ein niedrigeres
Neugeschäft bei den wohnwirtschaftlichen KfW-Programmen in Bayern. Die
historisch niedrigen Zinsen gelte es aber
auch 2009 zu nutzen, so Faltermeier.
Gerstner bewertet die Aussichten auf dem
bayerischen Immobilienmarkt für 2009
als sehr positiv. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist der Entscheidungsprozess
für eine Immobilie etwas länger, aber
dennoch hat sich die Nachfrage auch
während der Finanzkrise im Vergleich
zum Vorjahr als konstant erwiesen. Im
Jahr 2009 werden stabile Umsätze erwartet, denn trotz der gesamtwirtschaftlichen
Prognosen wird sich eine hohe Anzahl an
Interessenten auf dem Immobilienmarkt
bewegen. Der Schwerpunkt wird voraussichtlich im Bereich der gebrauchten Einund Zweifamilienhäuser sowie der großflächigen Wohnungen liegen. Das Neubauangebot wird sich auf Spezialangebote beschränken, so der Sparkassen-ImmoGeschäftsführer. In noch einem Punkt
sind sich die Experten der Sparkassengruppe einig: Die Immobilie als sichere
Wertanlage hat besonders in unsicheren
Zeiten an Attraktivität gewonnen, denn
Sachwerte sind wieder in.
Mehr Neubauten wären nötig
Der Münchner Immobilienmarkt: Steigende Verkaufs- und Mietpreise werden erwartet.
Foto: Fotolia
für Immobilienkäufe äußerst günstig. Die
Zinsen lägen derzeit auf einem historisch
niedrigen Niveau, bekräftigte Rudolf Faltermeier, Vizepräsident des Sparkassenverbands Bayern. Auch Faltermeier bestätigte
das gegenwärtig große Interesse der Sparkassenkunden am sogenannten BetonGold. Den Marktanteil im Wohnbaukreditgeschäft mit Privatkunden konnten die
bayerischen Sparkassen von 29,1 % auf
30,4 % leicht steigern. Ein allerdings deutlicher Anstieg im Vergleich zum Vorjahr
wurde im Bereich der Weiterleitung von
Fördermitteln der KfW Förderbank erzielt:
ein Plus von 10 % auf 858 Mio. Euro.
Trotz der Wirtschaftskrise haben sich die
bayerischen Immobilienpreise im Landesdurchschnitt stabil entwickelt. Nach dem
Marktbericht der Sparkassengruppe sind
die Preise für bereits bestehende Häuser
im Vergleich zum Vorjahr um 1,7 % gestiegen und im Segment der neu gebauten
Häuser gab es eine Preiserhöhung um
1,5 %. Diese kosteten durchschnittlich
276 500 Euro, gebrauchte Häuser sind im
bayernweiten Schnitt für 183 500 Euro an
den Käufer gegangen. Im Bereich der Eigentumswohnungen ist die Preisdifferenz
deutlich größer: Während neue Wohnungen durchschnittlich 230 000 Euro kosteten, beliefen sich die Kosten für gebrauchte Wohneinheiten auf 92 500 Euro. Die Verteuerung der Neubauwohnungen um 14 %
ist auf gestiegene Baukosten und auf den
Trend zu größeren Einheiten zurückzuführen. Im letzten Quartal 2008 seien allerdings mehr kleinere, günstige sowie ge-
Menschen bewegen
www.red.de
Dr. Franz Wirnhier, Sprecher der Geschäftsleitung der LBS Bayerische
Landesbausparkasse.
Foto: LBS
Um den prognostizierten Bedarf an neuen
Wohneinheiten in Bayern zu decken,
müssten nach den Einschätzungen der
LBS bis 2025 jährlich etwa 55 000 Wohnungen gebaut werden. Dies würde eine Verdoppelung des aktuellen Fertigstellungsniveaus bedeuten. Vor allem in den wirtschaftlich starken Ballungsräumen seien
mehr Neubauten erforderlich, um die zukünftigen Angebotsknappheiten zu bewältigen. Neben Hamburg und Baden-Württemberg hat das Bundesland Bayern mit
1,7 % den niedrigsten Wohnungsleerstand.
In diesem Zusammenhang plädierte LBSChef Wirnhier für Steuererleichterungen
im Wohnungsbau und für gezielte staatliche Förderung im Bereich der energieeinsparenden Sanierungsmaßnahmen im
Neu- wie im Altbau. Die Verbindung der
Wohnungsbauförderung mit ökologischen
Zielen würde nicht nur dem Klimaschutz
dienen, sondern auch in Zeiten der Wirtschaftskrise die Konjunktur beleben. „Ein
Euro aus staatlichen Mitteln, der dem
Wohnungsbau zugutekommt, setzt acht
Euro im Wirtschaftskreislauf frei“, erklärte
Wirnhier. Dementsprechend wurde das
Konjunkturpaket I der Bundesregierung
begrüßt: Dieses zielt auf die Förderung
energetischer Sanierungsmaßnahmen ab
und wird ab 2009 von 580 Mio. Euro auf
fast 1,5 Mrd. Euro erhöht. Der Wohnimmobiliensektor könnte sich durch politische Maßnahmen zur Konjunkturlokomotive entwickeln. Die Rahmenbedingungen seien derzeit gut, so Wirnhier. Im
Baugewerbe sowie in der Immobilienwirtschaft sind über 2,5 Mio. Erwerbstätige
beschäftigt, die insgesamt 16 % des bundesdeutschen Bruttoinlandsprodukts erwirtschaften. In diesem Wirtschaftszweig
sieht der LBS-Chef ein enormes Potenzial,
das die aktuelle Konjunktur durchaus stärken könnte.
Die Einbeziehung der Immobilie in die
staatlich geförderte Altersvorsorge durch
das Eigenheimrentengesetz sei eine entscheidende Weichenstellung gewesen, so
Wirnhier. Durch die Einführung der Riester-Förderung für Wohneigentum bringt
der Staat die Bereitschaft sowie die Wertschätzung zum Ausdruck, Investitionen in
Immobilien zu fördern. Nach Berechnungen können mit dem Wohn-Riester-Darlehen staatliche Zulagen, Steuervorteile sowie Zinsersparnisse bis zu 50 000 Euro in
Anspruch genommen werden. Wirnhier
bemängelte diesbezüglich, dass diese Vorteile bisher unzureichend kommuniziert
wurden. Der „Wohn-Riester“ wird vom
LBS-Chef als Durchbruch zur „Rente mit
38“ gewertet, da in diesem Alter die meisten Ersterwerber im Schnitt ihre Wohneinheiten beziehen und somit schon ihre Altersvorsorge sichern. In der Gesamtheit ist
die Förderung in Form des Wohn-Riesters
29
Verbindungen zu schaffen – das ist unsere Profession. Als eine der führenden europäischen Luftverkehrsdrehscheiben führen wir am Flughafen München Menschen über
Ländergrenzen und Kontinente hinweg zueinander. Mit freundlichen und kompetenten
Mitarbeitern, einem umfangreichen Serviceangebot und einem ebenso schönen wie
funktionalen Flughafen machen wir Jahr für Jahr mehr Mobilität möglich. 2008 nutzten
weit über 34 Millionen Reisende unser breites Flugangebot – mehr als jemals zuvor.
Im gleichen Jahr wurden wir zum vierten Mal in Folge bei der weltweit größten Passagierbefragung zum besten Airport Europas gewählt. Schön, dass die Menschen bei uns
genauso gut ankommen wie wir bei ihnen. Wir werden auch künftig für bewegende
Momente am Flughafen München sorgen.
www.munich-airport.de
BAYERN
30 WirtschaftsKurier
MAI 2009
Mit Herz, Verstand und Leidenschaft
Patrizia KinderHaus-Stiftung | Nachhaltige Hilfe für Kinder und Jugendliche in aller Welt
VON ULRICH KIRSTEIN
D
ie Stadt Augsburg ist vor allem
durch eines berühmt bis heute:
eine Stiftung. Die Fuggerei im
Osten der Stadt wurde bereits 1521 von Jakob Fugger dem Reichen gegründet. Auch
heute noch dürfen hier verarmte (katholische) Augsburger für wenig Geld – genauer
0,88 Euro Jahresmiete – wohnen, sind als
Gegenleistung allerdings drei tägliche Gebete an den Gründer schuldig. Den wird es
STIFTERLAND
Bayern ist ein erfolgreiches, wohlhabendes Land. Das war nicht immer so
und das ist vielleicht mit ein Grund
dafür, dass heute mit einer Vielzahl an
privaten und staatlichen Stiftungen
auch jene bedacht werden, die nicht
auf der Sonnenseite des Lebens stehen. Hier könnte eine Fülle an wichtigen privaten und unternehmerischen
Stiftungen aus den Bereichen Sport,
Kunst und Kultur sowie Soziales vorgestellt werden – fast 3 000 davon gibt
es in Bayern. Laut Bundesverband
Deutscher Stiftungen kamen allein
2008 noch einmal 162 neue hinzu. Wir
haben uns dazu entschieden, eine
vielleicht etwas unbekanntere, die Patrizia KinderHausstiftung, herauszugreifen und näher vorzustellen. Selbstverständlich gibt es daneben – um nur
wenige zu nennen – wichtige Unternehmens- und Unternehmerstiftungen, wie die:
Allianz Kulturstiftung
BMW Stiftung Herbert Quandt
Felix Burda Stiftung
Hauck & Auffhäuser Kulturstiftung
Hypo-Kulturstiftung
Josef Schörghuber-Stiftung
Liga-Bank-Stiftung
Merck Finck Stiftung
MTU Studienstiftung
Sparkassenstiftung München
Stahlgruber Stiftung
freuen, sollen ihm diese Gebete doch den
brenzligen Aufenthalt im Fegefeuer verkürzen. In Erinnerung an ihren großen und
frühen Stifter feierte die Stadt Augsburg
gemeinsam mit dem Bundesverband
Deutscher Stiftungen den 550sten Geburtstag von Jakob Fugger dem Reichen
mit einem Festprogramm samt Ausstellung „Stifterland Bayern“.
Heute sind die Gründe für eine Stiftung
vielleicht profaner, aber nicht weniger altruistisch und vor allem in der Wirkung –
und auf die kommt es ja an – nicht weniger
segensreich. So beschloss Wolfgang Egger,
über seine Patrizia Immobilien AG schon
in jungen Jahren aus eigener Kraft zu relativem Wohlstand gekommen, die Mittel für
seine diversen privaten Spendenaktionen
zu bündeln und in konkrete, selbst ausgesuchte Projekte zu stecken. Die Idee zur
Patrizia KinderHaus-Stiftung war geboren.
Egger wollte vor allem Menschen helfen,
die sich selbst nicht helfen können und auf
denen doch die Hoffnungen der Zukunft
liegen: Kindern und Jugendlichen. Den finanziellen Grundstock der Stiftung bilden
ein ansehnliches Patrizierpalais in Augsburg sowie ein nicht unerhebliches - aber
ungenanntes - Barvermögen.
Egger hatte sich bei seinen privaten
Spendenaktionen immer daran gestört,
dass er über den Eingang seiner Mittel nur
durch einen Spendenbescheid informiert
wurde, darüber hinaus jedoch selten genauere Auskunft über die Verwendung des
Geldes erhielt. So wird bei seiner Stiftung
sehr viel Wert auf die kontinuierliche Information über den Fortschritt der einzelnen
Projekte gelegt, bekräftigt Astrid Schüler,
Mitglied des Stiftungsteams und verantwortlich für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Patrizia KinderHaus-Stiftung. Damit jeder gespendete Euro auch
wirklich dem jeweiligen Projekt zugute
kommt, erhält die Stiftung Unterstützung
durch Ehrenamtliche und Sponsoren, die
beispielsweise die Kosten für Drucksachen
übernehmen. Und: „Das Stiftungsteam ist
mit Herz, Verstand und Leidenschaft tätig“, brachte es kürzlich ein Teilnehmer bei
einem internationalen Workshop, in des-
Dr. Alfred Biolek kocht „Bio Bohnensuppe“ im Patrizia KinderHaus in Ruanda und
gibt gute Ratschläge für die Köche der Zukunft.
Foto: Patrizia
sen Mittelpunkt die Stiftung stand, auf den
Punkt.
Als erstes Projekt für seine 1999 gegründete Patrizia KinderHaus-Stiftung wählte
Egger eine kleine Ansiedlung in Ostafrika
aus, genauer Peramiho in Tansania. Er hatte diese von den Benediktinern und Benediktinerinnen aus St. Ottilien und Tutzing
bereits seit über 100 Jahren betriebene
Missionsstation mit angegliederter Schule,
Lehrwerkstätten und Krankenhaus schon
früher finanziell unterstützt und wollte
sich nun selbst ein Bild machen, welche
Hilfeleistungen hier aktuell von Nöten wären. Gemeinsam mit dem Stiftungsvorstand Mario Liebermann fuhr Egger zwei
Autotagesreisen von Dar es Salaam aus in
den Süden und stellte in Gesprächen mit
den in Peramiho tätigen Benediktinern
fest, dass das St. Joseph’s Hospital dringend
eine eigene Kinderisolierstation benötigt,
damit nicht immer wieder gefährliche
Krankheiten, wie zum Beispiel Hirnhautentzündung oder schon einfache grippale
Infekte, die in diesem Klima und angesichts der Konstitution der Kinder potenziell lebensbedrohlich sein können, innerhalb des voll belegten Hospitals weitergegeben werden. In dem daraufhin neu errichteten Nebengebäude bietet nun die
von der Patrizia KinderHaus-Stiftung mit
geplante und komplett finanzierte Kinderisolierstation auf einer Gesamtfläche von
800 Quadratmetern Platz für mindestens
64 Krankenbetten.
Damit wurden mit dem ersten Projekt
die wesentlichen Grundprinzipien der Stiftung deutlich: Die Projekte werden persönlich und kontinuierlich betreut und es wird
direkt vor Ort überprüft, ob die Mittel auch
tatsächlich dem vereinbarten Zweck zugute kommen. Die Stiftung plant, finanziert
und errichtet einen Bau, der den Namen
Patrizia KinderHaus trägt. Das Betreiben
der Einrichtung erfolgt durch einen ausgewiesenen, kompetenten Partner, wie im
Fall von Peramiho die Missionsbenediktiner aus St. Ottilien und Tutzing. Der Part-
ner muss vertraglich garantieren, dass der
von der Stiftung bereitgestellte Bau mindestens 25 Jahre ausschließlich dem vereinbarten Zweck dient. Des Weiteren fallen
bei der Stiftung keine Verwaltungskosten
an, jede Spende erreicht zu 100 % ihren
Zweck, und die Spender erhalten regelmäßige Berichte über die Arbeit der Stiftung.
Aufgrund des auch nach Projektabschluss kontinuierlichen Austauschs mit
den Partnern erfuhr die KinderHaus-Stiftung zum Beispiel davon, dass die von den
Benediktinern mit eigenen Mitteln vor Ort
gekauften Betten in der Isolierstation in
Peramiho den Belastungen von Mutter
und Kind nicht stand gehalten hatten. In
Absprache mit den Verantwortlichen in Peramiho kaufte die Stiftung daraufhin stabile Krankenhausbetten in Deutschland und
schickte sie nach Tansania. Die Pflege der
kleinen Patienten in der Kinderisolierstation ist dank dieser neuen Betten nun langfristig sicher gestellt.
Doch die Patrizia KinderHaus-Stiftung
wollte sich nicht nur auf die „Dritte Welt“
konzentrieren, sondern auch Not in der
Heimat lindern. So entstand gemeinsam
mit dem Partner „Der bunte Kreis“ aus
Augsburg, der sich der Nachsorge von
schwerst- oder chronisch kranken Kindern
verschrieben hat, die Idee, ein eigenes
Haus für die Betreuung dieser Kinder und
ihrer Familien zu errichten. Denn gerade
die Zeit nach dem eigentlichen Klinikaufenthalt der Kinder stellt Eltern und Geschwister vor große Herausforderungen.
Ein weiterer Partner wurde in der Münchener Kinderklinik Dritter Orden gefunden,
die aus der eigenen Geschichte heraus –
die Schwestern des Dritten Ordens gingen
ursprünglich in die Häuser und betreuten
die Kranken daheim – diesem Projekt sehr
offen gegenüberstand. So errichtete die
Stiftung in Zusammenarbeit mit dem Dritten Orden ein speziell für den Zweck der
sozialmedizinischen Nachsorge konzipiertes Haus für insgesamt etwa 600.000 Euro.
Initiiert und zum überwiegenden Teil finanziert wurde diese für München bislang
einzigartige Einrichtung von der Patrizia
KinderHaus-Stiftung. Der Dritte Orden, der
auch einen Teil der Baukosten übernommen hatte, sorgt nun mit eigenen Mitteln
für den Unterhalt und den Betrieb des Patrizia KinderHauses. Schon während des
stationären Krankenhausaufenthaltes stehen in diesem Haus Psychologen, Sozialpädagogen und speziell geschultes Pflegepersonal schwer kranken Kindern und ihren Eltern mit Rat und Tat zur Seite. Ziel ist
es aber, dass die Kinder trotz ihrer Krankheit so schnell wie möglich in ihre vertraute Umgebung, nach Hause, zurück und
dort dauerhaft leben können.
Inzwischen kann die Patrizia KinderHaus-Stiftung im Jahr ihres zehnjährigen
Bestehens neben den Projekten in Tansania und München noch auf ein weiteres
Nachsorgezentrum am Katholischen Kinderkrankenhaus Wilhelmstift in Hamburg
Rahlstedt zurückblicken. In Ruanda wurde
ein Schüler-Wohnheim mit angeschlossener Mensa gebaut, das gemeinsam mit den
Grünhelmen des durch die Cap Anamur
bekannt gewordenen Dr. Rupert Neudeck
initiiert wurde. Hier in Ruanda, in einer
von den Grauen des Bürgerkriegs tief getroffenen Region, entstand das Nelson
Mandela Educational Center für den Unterricht von maximal 120 Schülern. Den
Unterricht erteilt etwa ein Berufsschullehrer aus Aachen, später sollen dies aber Einheimische übernehmen, denn die Hilfe zur
Selbsthilfe ist ein weiteres wichtiges Merkmal für die Ziele der Stiftung. Da die meisten Schüler große Entfernungen bei kaum
vorhandener Infrastruktur zurücklegen
müssen, war als Ergänzung zum Ausbildungszentrum der Grünhelme ein Wohnheim, das heutige Patrizia KinderHaus,
dringend geboten. Als zweites Projekt in
Zusammenarbeit mit Neudeck entsteht
derzeit in Buyamba in Ugunda eine neue
Schule, die das bisherige Provisorium ersetzen wird. Hier sollen rund 700 Kindern
im Alter von fünf bis 14 Jahren bis Ende
2009 ein angemessenes Gebäude erhalten,
samt kleiner Küche zur Verpflegung über
Mittag. Weitere Projekte im In- wie Ausland sind in der Prüfungsphase. Dass der
Stiftung einmal nötige Hilfsprojekte ausgehen könnten, ist kaum zu befürchten.
In Zukunftsthemen aktiv
Süd-Chemie | 2010 soll es schon wieder aufwärts gehen
D
ass auch „urbayerische“ Unternehmen mit einem Firmensitz mitten
in der Münchner City – direkt am
Lenbachplatz und damit lange Zeit nur einen Steinwurf von der Börse München
entfernt – und einer über hundertjährigen
Geschichte inzwischen ihr Geld ganz überwiegend im Ausland verdienen, dafür ist
die Süd-Chemie ein typisches Beispiel.
Längst schon definiert sich die Süd-Chemie als international aufgestellter „Umwelttechnologiekonzern“, und das nicht zu
Unrecht. Das Spezialchemieunternehmen
ist heute in der Entwicklung, Herstellung
und Vermarktung von Katalysatoren und
von Adsorbentien und Additiven tätig, die
zum Beispiel zur Reinigung von verschmutztem Wasser weltweit eingesetzt
werden können. Damit zählt Süd-Chemie
zwar nicht zu den ganz Großen der Branche aber mit einem Umsatz jenseits der
Milliardengrenze auch nicht zu den Kleinen. Das an der Börse notierte Unternehmen ist seit 2007 mehrheitlich – der Einstieg begann bereits im Jahr 2005 – im Besitz eines Private Equity Unternehmens –
One Equity Partners – eine Tatsache, die
den Vorstandsvorsitzenden Dr. Günter von
Au aber nicht weiter anficht. Im Gegenteil,
so der Süd-Chemie-Lenker, damit habe er
einen verlässlichen und voll vom Geschäftsmodell überzeugten, langfristig engagierten Investor, also das genaue Gegenteil einer Heuschrecke.
Auch die Süd-Chemie traf die derzeitige
Krise, doch obwohl die meisten Unternehmenslenker „auf Sicht“ fahren und sich vor
Voraussagen scheuen, gab von Au eine relativ präzise Perspektive ab: Im laufenden
Geschäftsjahr erwartet er einen Umsatz
zwischen 1,150 und 1,2 Mrd. Euro – nach
1,191 Mrd. Euro 2008 – und ein EBIT zwischen 95 Mio. und 100 Mio. Euro – nach
117 Mio. Euro im abgelaufenen, sehr guten
Geschäftsjahr 2008. 2010 will Süd-Chemie
bei Umsatz und Ergebnis wieder deutlich
über den Zahlen von 2008 liegen, also nur
2009 einen tatsächlichen Rückgang und
schon gar keinen Verlust verbuchen. „Wir
wollen zu den Gewinnern der Krise gehören“, stellte von Au fest, obwohl er „großen
Respekt vor dieser Krise“ habe, wie er zugab.
Der Vorstandsvorsitzende machte den
Optimismus an seinen Geschäftsbereichen
fest: Bei den Adsorbentien und Additiven
ist die Süd-Chemie zum Beispiel Marktführer für bentonitbasierte Bleicherde, die
zur Reinigung von Speiseölen gebraucht
wird – und hier ist kein Rückgang infolge
der Krise zu erwarten. Bei den Gießereiprodukten und Spezialharzen zählt zum
Beispiel die Windkraft mit weltweiten an-
Die Süd-Chemie will ihren hohen F&EEinsatz beibehalten – schließlich will
das Unternehmen zu den Krisengewinnern zählen.
Fotos: Süd-Chemie
haltenden – wenn auch etwas zurückgefahrenen – Wachstumsraten zu den Abnehmern. Gemeinsam mit BMW wurde überdies im Werk in Moosburg ein umweltfreundliches Bindersystem (Inotec) für
Gießereikerne entwickelt. In Indien hat
Süd-Chemie außerdem ein Hightech-Unternehmen für Keramikfilter erworben. Im
Geschäftsfeld Schutzverpackungen erwartet Süd-Chemie eine weiterhin stabile Geschäftsentwicklung und im industriellen
Wassermanagement und der kommunalen
Wasserbehandlung sind ebenfalls keine
Abstriche zu erwarten. Trotzdem trifft die
Krise auch Bereiche der Süd-Chemie, daran ließ von Au keinen Zweifel: von Papieradditiven über Gießereiprodukte für die
Automobilindustrie bis hin zu Trockenmitteln für die Logistik muss Süd-Chemie mit
Einschränkungen im Bereich der Adsorbentien rechnen und auch in der Katalysatoren-Technologie ist das Unternehmen
zwar in ausgesuchten Wachstumsbranchen wie der Petrochemie tätig, aber muss
auch hier mit vereinzelten Rückgängen
rechnen. Insofern ist die Süd-Chemie mit
Erfolg dabei, sich ein weiteres, inzwischen
bereits rentables, Standbein in der zukunftsfähigen Energie- und Umwelttechnik zu schaffen. Beispiele sind hier die
Brennstoffzellen-Technologie, die von Au
gerade im stationären Bereich für bereits
wettbewerbsfähig einschätzt, und bei Batteriematerialien für Hochleistungsbatterien auf Lithiumbasis. Ihren Einsatz finden
diese Batterien in Hybrid- und Elektromotoren für die Automobilindustrie.
Als kurzfristige Maßnahmen zur Bewältigung der Krise fährt auch die Süd-Chemie
ein Kostensenkungsprogramm, das neben
den typischen Einsparungen im Verwaltungsbereich vom Abbau von Leiharbeitskräften bis zur Kurzarbeit reicht. Überdies
wurde das Investitionsbudget um 40 % gekappt. Trotzdem liegen die Investitionsausgaben zur Sicherung des mittelfristigen
Wachstums auch 2009 noch deutlich über
den Abschreibungen, betonte von Au. Immerhin wies das Unternehmen 2008 mit
124,4 Mio. Euro eine Investitionsquote von
10,4 % und eine F&E-Quote von 4,5 % auf!
Den weiteren Ausbau vollzieht Süd-Chemie in China, Indien, Japan, Katar und den
USA, aber auch in Deutschland werden
zum Beispiel die Forschungslabore für die
Katalysatoren erweitert und die Produktion von Dieselabgaskatalysatoren ausgebaut. Ziel ist es, die anspruchsvollen Vorgaben der Euro-6-Richtlinie ab 2012 – die
momentan noch kein Dieselmotor erfüllt –
zu erreichen. Schon 2008 tätigte Süd-Chemie fast 80 % des Umsatzes im Ausland,
während über 25 % der Mitarbeiter in
Deutschland beschäftigt sind. Zurück geht
das Unternehmen im Übrigen auf das Jahr
1857 und – unter anderen – den Münchner Chemiker Justus von Liebig.
uk
Schlau, wer
schon da ist!
%JF.JFUFSJN#
VTJOFTT$BNQV
T
%JFTF.JFUFSIBUUFOHVUF(SàOEFTJDIGàSEFO#VTJOFTT$BNQVT[V
FOUTDIFJEFO"UUSBLUJWF.JFUFOOJFESJHFSF(FXFSCFTUFVFSTUBVGSFJF
"OGBISUWJFMF1BSLQMÊU[FFSTULMBTTJHFS4FSWJDFEJSFLUF6#BIO
BOCJOEVOHHSP•[àHJHF1BSLVOE4FFBOMBHFVOEEFNOÊDITUBVDI
NJU/BIWFSTPSHVOHT[FOUSVN
%JF(FXFSCFJNNPCJMJFNJUEFO7PS[àHFOWPO.àODIFOVOEEFS
8JSUTDIBGUMJDILFJUWPO(BSDIJOH
1SPWJTJPOTGSFJF7FSNJFUVOHFOEJSFLUWPN&JHFOUàNFS
5FMFGPO
&.BJMJOGP!CVTJOFTTDBNQVTOFU
XXXCVTJOFTTDBNQVTOFU
BAYERN
MAI 2009
WirtschaftsKurier
31
Wandern in der Wildnis
Bayerischer Wald | Perfekt markierte Routen führen zu unvergesslichen Momenten an den schönsten Geotopen Bayerns und im ersten Nationalpark Deutschlands
NADJA RURANSKI
W
enn in der Dämmerung zarte Nebelschwaden aufziehen und die
mächtigen Bergrücken des Arbers oder des Falkensteins über den endlos
scheinenden Wäldern aufragen, wird das
Wandern zum Genuss und Abenteuer. Naturinteressierte können im Bayerischen
Wald noch auf freier Wildbahn Hirschen,
Hasen und Luchsen begegnen und eine
einzigartige Flora und Fauna entdecken.
Das merkt gerade, wer zu Fuß unterwegs
ist. Auf dem „Grünen Dach Europas“, wie
die größte zusammenhängende Waldlandschaft Mitteleuropas auch genannt wird,
ziehen sich zahlreiche Wanderwege von
der Donau quer durch den Bayerischen
Wald bis hinein ins Böhmische. Wanderer
folgen hier den Spuren der ersten Siedler,
die entlang der Flusstäler ins fruchtbare
böhmische Becken hinaufzogen, und von
Straubing aus leitet der Baierweg die Spaziergänger über Domazlice nach Furth im
Wald. Dort sehen Besucher bei einem Abstecher in der Erlebniswelt Flederwisch die
größte Dampfmaschine Bayerns und eine
historische Druckerei. Besonders bleibende Eindrücke sammeln Wanderer aber in
der urwüchsigen Natur. Sie beobachten
Füchse auf Beutezug, seltene Vögel oder
Rothirsche, die in den Wäldern grasen. Auf
den Wanderrouten wechseln sich Natur
und Kultur sowie idyllisch gelegene Örtchen ab. Vom Kloster Niederalteich bis ins
böhmische Dobra Voda folgen Urlauber
auf dem Gunthersteig den Spuren des
Mönchs St. Gunther, der als Volksheiliger
verehrt wird. Die Paradestrecke des Bayerischen Waldes aber ist der Goldsteig, der
sich auf zwei Routen einmal entlang der
bayerisch-böhmischen Grenze und einmal
über die Höhen des Donaukamms schlängelt – in beiden Fällen mit traumhaften
Ausblicken.
Unterwegs im Dreiländereck
Bayern-Österreich-Tschechien
Der Goldsteig erhielt vom Deutschen Wanderverband das Zertifikat „Qualitätsweg
Wanderbares Deutschland“. Mit 660 km ist
er der längste und vielseitigste Fernwanderweg Deutschlands, der ein Prädikat besitzt. Die Strecke zeichnet sich durch ein
anspruchsvolles Wanderleitsystem, Naturattraktionen und eine hervorragende Infrastruktur aus. Immer mit im Gepäck: eindrucksvolle Fernsichten und stimmungsvolle Sonnenuntergänge. Die Route bietet
viele Sehenswürdigkeiten: So können Wanderer auf der Nordroute zwischen Kaitersberg und Großem Arber an einem Tag über
acht Tausender marschieren oder die
Steinwelten bei Hauzenberg besuchen.
Das Herzstück auf dieser Nordroute stellt
das Kerngebiet des Nationalparks Bayerischer Wald dar. Zusammen mit dem an-
grenzenden Nationalpark Sumava in
Tschechien bildet er mit über 900 Quadratkilometern das größte Waldschutzgebiet in
Mitteleuropa. Diesen zu Fuß zu durchqueren ist eine einzigartige Erfahrung:
Spaziergänger sehen Farne, geheimnisvolle Hochmoore, von Felsblöcken gesäumte
Gebirgsbäche und Falken, die in schwindelerregenden Höhen ihre Kreise ziehen.
Die Nordroute ist insgesamt wilder und
anspruchsvoller als die Südroute. Doch
gibt es auf beiden Routen organisierte Touren, die sich auch um den Gepäcktransport kümmern. So lässt es sich unbeschwert wandern mit dem Wissen, dass in
der nächsten Unterkunft das vorausgereiste Gepäck schon wartet. Beide Routen treffen sich nach abwechslungsreichem Verlauf am Ende in Passau, ein wahrlich
würdiges Ziel für alle fleißigen Wanderer.
Die Sonnenseite ist auch
für Sportmuffel geeignet
Die Südroute wählt dabei den Weg entlang
der Sonnenseite des Bayerischen Waldes,
die zur Donau hin abfällt. Auf den nach
Norden hinaufsteigenden Hängen stellt
sich der Frühling besonders bald ein. Narzissen und Maiglöckchen beflügeln die
Spaziergänger und lassen selbst Sportmuffel die Wege mit Leichtigkeit bewältigen.
Auf der Rusel, dem Hausberg Deggendorfs,
blicken die Wanderer dann in den Lallinger
Winkel, eine der sonnigsten Gegenden des
Bayerischen Waldes. Die Region liegt klimatisch so günstig, dass die Urlauber hier
eine der schönsten Landschaften Deutschlands erleben, in der die Vegetation üppiger und fruchtbarer gedeiht als anderswo.
Das letzte Teilstück führt durch das wildromantische Ilztal, eine der naturbelassensten Flusslandschaften Deutschlands.
Eingebettet in diese urwüchsige Landschaft finden sich im Bayerischen Wald
zahlreiche Sport- und Wellnesshotels. Viele
von ihnen sind mit der bayerischen Marke
WellVital klassifiziert. Die Vielfalt der Hotelangebote ist genauso groß wie die der
Wanderwege. Dabei müssen Urlauber
noch nicht einmal allzu tief in die Tasche
greifen. Die Wellnesshotels bieten häufig
Pauschalangebote, Wochenarrangements
oder auch Schnupperangebote an. Ein
weiteres Schmankerl für Wanderer ist der
Picknickservice. Er stärkt die Wanderer mit
Leckerbissen aus einem Oberpfälzer Brotzeitkorb oder einem Rundum-Service in
Büfett-Form. Über 60 wanderfreundliche
Ge(h)nuss-Gastgeber in der Region bringen regionale Spezialitäten auf den Tisch
oder in den Picknickkorb. Zum Nachtisch
sollten sich Ausflügler auf keinen Fall einen
Krapfen mit Aprikosenmarmeladenfüllung
entgehen lassen. Wanderer genießen kulinarische Genüsse mitten im Grünen. Gestärkt für die nächste Etappe machen sie
sich danach auf, um weitere Wege sowie
Pflanzen- und Tierarten des Bayerischen
Waldes zu erkunden. Die Braunbären sollen dort zwar seit vielen Jahrhunderten
nicht mehr in ihrem angestammten Lebensraum vorkommen, aber wer weiß –
vielleicht hat der ein oder andere Ausflügler Glück und bekommt ein lebendes
Exemplar zu Gesicht, spätestens im Tierfreigelände des Nationalparks. Nach einem
erlebnisreichen Tag schlemmen Wanderer
in einer der Unterkünfte Schweinebraten
mit Kraut und Knödeln, legen die Beine
hoch und binden sich bei einem hochprozentigen Bärwurz auf jeden Fall gegenseitig gern mal einen Bären auf.
Grenzenlos radeln
Mit dem Fahrrad entlang saftig grüner Wiesen radeln und den weiten Blick auf die
Berge genießen. Urlauber können sich im
Bayerischen Wald beim Radwandern erholen. Sowohl sportliche Fahrer als auch
Familien, die mit Kindern unterwegs sind,
finden hier geeignete Strecken. Der Bayerische Wald bietet abwechslungsreiche
Routen und eine erstklassige Infrastruktur.
Beispielhaft für erlebnisreiches Radeln ist
der Radweg von Regensburg nach Falkenstein. Der Radwanderweg führt durch die
Natur des Falkensteiner Vorwaldes. Dort
erleben Ausflügler die reizvolle Bach- und
Hügellandschaft mit ihren Granitblöcken
und dem Steinmeer des Naturparks Oberer
Bayerischer Wald bis nach Falkenstein. Der
Radwanderweg zwischen Wald, Wiesen
und Felswänden zählt zu den schönsten
Radwanderwegen, der viele Ausflugsgäste
anlockt. Für besonders gewagte Radfahrer
ist der Bikepark Geißkopf in Bischofsmais
ein Muss. Der Bike-Parcours liefert einen
Einblick in die Welt der Biker, die im DualSlalom oder auf der Downhill-Strecke zeigen, was sie können. Ein Fahrrad-Eldorado
der anderen Art gibt es auf dem Nationalpark-Radweg. Dieser verläuft grenzüberschreitend durch die Nationalparkregionen Bayerischer Wald und Böhmerwald.
Auf Forstwegen erleben Radfahrer eine
der schönsten Landschaften Deutschlands.
Urwüchsige Wälder und großflächige
Hochebenen aus Wiesen und Steppenlandschaften prägen den Streckenverlauf.
Ob nun Radfahren oder Wandern – der
Bayerische Wald hat für jeden Urlauber
und zu jeder Jahreszeit das passende Programm.
INFO
Weitere Informationen:
Tourismusverband Ostbayern e. V.,
Luitpoldstr. 20, 93047 Regensburg
Kostenlose Hotline: (0800) 12 12 111
Fax: (0941) 5 85 39 39
info@bayerischer-wald.de
www.bayerischer-wald.de
Bayern – nicht umsonst Reiseland Nummer eins
Interview | Sybille Wiedenmann, Geschäftsführerin der Bayern Tourismus Marketing GmbH
B
ayern ist zwar in Sachen Tourismus
besonders stark, dieser Erfolg ist aber
kein Zufall, sondern basiert auf strategisch geplanten Konzepten. Ein Interview
mit Sybille Wiedenmann, Geschäftsführerin
der Bayern Tourismus Marketing GmbH.
WirtschaftsKurier: Was zeichnet Urlaub in
Bayern aus?
Sybille Wiedenmann: Bayern bietet eine
Angebotsvielfalt, die in Deutschland einmalig ist: liebliche Mittelgebirgszüge und
beeindruckende Alpengipfel, dazwischen
idyllische Fluss- und Seenlandschaften
sowie authentische Dörfer und quirlige
Großstädte. Hier erleben Urlauber gewachsene Traditionen ebenso hautnah
wie moderne Kunst und coolen Lifestyle.
Alles in allem sind es aber auch das besondere bayerische Lebensgefühl mit seiner ureigenen profilierten Tradition und
Kultur sowie die Herzlichkeit der Menschen, die Bayern so einzigartig machen.
WiKu: Wie fördert die Bayern Tourismus
Marketing die Attraktivität des Reiselands Bayern?
Wiedenmann: Basis unseres Tourismuskonzepts sind die Urlaubswünsche der
Gäste. Um eine transparente Übersicht im
breit gefächerten Angebot zu bieten, haben wir verschiedene Produktlinien und
Markenkonzepte aufgelegt und reagieren
flexibel auf Reisetrends. Bestes Beispiel ist
die zunehmende Beliebtheit der Kunstund Kulturreisen. Mit der Marke Sightsleeping®, unter deren Dach sich knapp
30 Schloss-, Burg- und Design-Hotels finden, nehmen wir sogar eine Vorreiterrolle
ein. Die Produktlinien und Markenkonzepte bieten vor allem durch ihr eigenes
Profil eine bequeme Orientierungshilfe.
WiKu: Wie schafft es Bayern, sich als Reiseland Nummer eins in Deutschland und
auch gegenüber ausländischen Zielen so
stark zu behaupten?
Wiedenmann: Zunächst profitiert das Urlaubsland Bayern von einem sehr hohen
Bekanntheitsgrad und einer großen Sympathiewirkung. Durch laufende Qualitätsverbesserungen und Innovationen baut
Bayern auch in Zukunft seine Stellung als
Sybille Wiedenmann.
führendes Urlaubsland in Deutschland
aus. Mit klar definierten Zielgruppen setzt
das Reiseland Bayern nicht nur Trends im
deutschen Tourismus-Marketing, sondern
reagiert auch frühzeitig auf die starken
Veränderungen im Reiseverhalten.
WiKu: Wie funktioniert die by.TM?
Wiedenmann: Um in der weltweit sehr dynamischen Tourismuswirtschaft für Bayern professionell und marktorientiert
agieren zu können, wurde auf Initiative
des Bayerischen Staatsministeriums für
Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und
Technologie im Jahr 1999 die Bayern Tourismus Marketing GmbH gegründet. Die
25 Gesellschafter der by.TM bilden die gesamte bayerische Tourismus- und Freizeitwirtschaft ab. Die by.TM bietet als strategischer Impulsgeber allen bayerischen
Partnern Orientierung und sichert durch
zielgruppenspezifische Markenkonzepte
und Auslandsaktionen eine breite Plattform für die Leistungsträger. Am 1. Januar
2000 nahm sie das operative Geschäft auf.
WiKu: Welchen Einfluss hat die Wirtschaftskrise auf den Bayern-Urlaub?
Wiedenmann: Die Wirtschaftskrise eröffnet
Bayern auch neue Chancen. Wir müssen
uns sicher besonders im Geschäftsreisebereich mit Einschnitten abfinden, aber
deutsche Urlauber buchen eindeutig
mehr Nahziele. Um deren Wahl auf Bay-
ern zu lenken, ist eine noch schärfere Profilierung nötig. Wir werden uns weiterhin
auf das Wesentliche konzentrieren, die
einzigartigen, unverwechselbaren Merkmale der bayerischen Urlaubsangebote
hervorkehren und ein faires Preis-Leistungs-Verhältnis bieten. Im Bereich der
internationalen Aktivitäten fokussieren
wir uns auf die Kernmärkte. Die europäischen Nachbarländer gewinnen aktuell an
Bedeutung für uns. Aber auch 2009 werden wir trotz der zu erwartenden Besucherrückgänge auch am wichtigen USMarkt festhalten.
WiKu: Wie hoch ist der Anteil deutscher
bzw. ausländischer Gäste in Bayern?
Wiedenmann: Mit insgesamt 26,7 Mio. (plus
1,1 %) Ankünften und 76,9 Mio. (plus
0,9 %) Übernachtungen im Jahr 2008 ist
der Tourismus eine Leitökonomie in Bayern, auch wenn die weltwirtschaftlichen
Rahmenbedingungen gegen Jahresende
beginnen, ihre Auswirkungen zu zeigen.
2007 hatte Bayern im Vergleich zum Vorjahr eine Steigerung an Übernachtungen
bei den ausländischen Gästen von 6,2 %
und bei den deutschen Urlaubern von
1,4 %. Dieser positive Trend setzte sich
2008 in nicht ganz so großem Umfang
fort. Von Januar bis Dezember 2008 wurde
ein Anstieg der Auslandsübernachtungen
von 0,2 % verzeichnet. Bei den inländischen Gästen gab es eine Steigerung
von 1,0 %. Betrachtet man den Zeitraum
2000 bis 2008, so konnten wir bei den internationalen Übernachtungen von 13 %
auf 17 % zulegen – gemessen am GesamtÜbernachtungsaufkommen in Bayern.
WiKu: Wie fühlen Sie sich nach Ihren ersten
100 Tagen im Amt?
Wiedenmann: Wir sind für die großen
Herausforderungen in 2009 gut aufgestellt. Das Vertrauen der Gesellschafter,
das ich in der gemeinsamen erfolgreichen
Aufbauarbeit der letzten Jahre gewinnen
konnte, hat sich in meinem neuen Amt als
Geschäftsführerin der Bayern Tourismus
Marketing GmbH fortgesetzt. Außerdem
habe ich ja ein kompetentes und hoch
motiviertes Team an meiner Seite, mit
dem ich gemeinsam nach vorn schreite,
um Bayern weiter national wie international als Deutschlands Reiseland Nummer eins zu positionieren.
WiKu: Welche Neuheiten gibt es im Produktbereich?
Wiedenmann: Mit dem jüngsten Angebot,
dem Wanderevent „24 Stunden von Bayern“, setzen wir neue zukunftsgerichtete
Akzente. Die Tag- und Nacht-Wanderung,
die logischerweise an einem der längsten
Tage des Jahres, dem 20. Juni stattfindet,
erfordert von den Teilnehmern Ausdauer
und einen starken Willen. Das haben wir
im Vorjahr bei einem Testlauf sogar intern
erprobt. Auch den bayerischen Winter
konnten wir mit unserer Kampagne
„Schneebayern“ ganz neu aufladen und
neue Gäste gewinnen.
WiKu: Welche aktuellen Trends halten Sie
im Tourismus für maßgeblich?
Wiedenmann: Die angestiegene Bedeutung
von Gesundheitsreisen belegt, dass in
wirtschaftlich angespannten Zeiten die
Gesundheit mehr denn je zählt. Prävention, Medical Wellness, Kur und Wohlfühlurlaub erfahren ein zunehmendes Interesse. Die Zahl der gesundheitsorientierten Urlaubsreisen wird sich bis zum Jahr
2020 fast verdoppeln, ermittelte das Institut für Freizeitwirtschaft, München. Eine
Chance, die das Urlaubsland Bayern für
weiteres Wachstum nutzen wird. Zumal
wir mit der Urlaubsmarke WellVital für
den riesigen Markt rund um Gesundheit
und Wellness bestens gerüstet sind. Für
den Bayerischen Heilbäder-Verband haben wir die Kampagne „Rein ins gesunde
Leben“ entwickelt und werden so dem
Zukunftsthema „Prävention“ gerecht.
WiKu: Bei welchen Angeboten geraten Sie
selbst ins Schwärmen?
Wiedenmann: „Lust auf Natur“ – die habe
ich nämlich immer. Gerade nach einer
stressigen Bürowoche finde ich in der
Kombination aus Naturerlebnis, Kulinarik und Events alles, um abzuschalten
und mit allen Sinnen zu genießen und
aktiv etwas für mich zu tun.
Event-Tagungen im Bodensee
Lernerfolge | Zielvermittlung | Action
Unsere Konzeption für
Ihren Tagungserfolg!
Wakeboa
rd-Event
n
ersone
zu 30 P
für bis
ounge
2 Lake-L
ounge
2 Media-L
120 m
0m
oder 12
DigestifBrennm Event beim
eister Ro
bert Gi
erer
Lounge
Alpen- ner-Event)
in
(Grilld
Das Beste
· Ein Tagungsdomizil mit einem sehr kompakten Tagungsangebot: technisch hervorragend ausgestattet und
professionell betreut
· Umfassende Unterstützung bei der Gestaltung und
Organisation von seminarergänzenden Maßnahmen
Outdoor & Events
Grilldinner-Event auf unserer Alpen-Lounge
Wakeboard-Event auf dem Bodensee
· Hervorragend für Veranstaltungen und Incentives
Teambuilding-Event „Bodensee Olympiade“
· Zusammenarbeit mit Outdoorprofis garantiert eine hohe
Alm-Event bei Oberstaufen
Qualität bei Trainings außerhalb des Hotels. Auszug:
Segway-Erlebnis Ausfahrten
„Die Besten Tagungshotels in Deutschland“
Digestif-Dinner-Event mit Verkostung
40 jahre tradition!
Seepromenade 3 · D-88131 Lindau / Insel
Tel. 08382 9130 · Fax 08382 4004
E-Mail: info@hotel-helvetia.com
www.hotel-helvetia.com
BAYERN
32 WirtschaftsKurier
MAI 2009
Weiß-blaue Wellness-Geschichten
Weltstars beim
Jazz an der Donau
Allgäu Airport:
Zehn neue Ziele
Das neue Programm von Jazz an der Donau steht. Es wird Auftritte von Weltstars,
Geheimtipps und Überraschungsgästen
geben. Zu den bejubelten Glanzlichtern
des diesjährigen Festivals gehören: die
Latin-Legende Carlos Santana mit seiner
Band (19. Juli), L. A.-Session-Größe Lee
Ritenour (18. Juli), Startrompeter Till Brönner (18. Juli) und Klaus Doldingers Passport mit „Special Guest“ Sasha (17. Juli).
Dabei wird der legendäre Woodstock-Veteran Santana sein einziges Konzert in Süddeutschland geben. Aber auch die Pioniere
des Acid-Jazz, The Brand New Heavies
(17. Juli), die japanische Death-Jazz-Band
Soil & Pimp Sessions (18. Juli) und das
Richard Galliano Quartet ernteten bei
fachkundigen Gästen lautstarken Zuspruch. Organisator Ralph Huber: „In diesem Jahr haben wir, denke ich, eine perfekte Mischung. Die Resonanz auf die Vorstellung der Künstler war genau so, wie ich sie
mir erhofft habe: schlichtweg euphorisch.“
Mit zehn neuen Reisezielen startet der
Allgäu Airport Memmingen in die Sommersaison. Der neue Flugplan wurde um
Ziele in England, Irland, Spanien, Italien,
Kroatien und Israel erweitert. Den Auftakt
machte am 1. April die neue Verbindung
der Fluggesellschaft TUIfly nach Israel.
Jeden Mittwoch startet eine Boeing 737 mit
148 Sitzplätzen ins Heilige Land. Schon seit
23. Mai geht es bis Ende September einmal
wöchentlich nach Rijeka.
Drei neue Ziele gibt es nun auch für Passagiere des Allgäu Airport an der spanischen Mittelmeerküste. So stehen jetzt
Girona und Reus – beide bei Barcelona gelegen – ebenso auf dem Plan wie die Stadt
Alicante an der Costa Blanca.
Neu auf dem Flugplan des Allgäu Airports steht außerdem das Ziel Lourdes:
Das Bayerische Pilgerbüro plant erstmals
zwei Direktflüge mit Hamburg International von Memmingen aus in den französischen Wallfahrtsort.
Wohlfühlurlaub | Traumhafte Erholungs- und Beauty-Angebote
Oasen für Sportbegeisterte und Erholungssuchende (v. l. n. r.): „Der Alpenhof“, „Das Kranzbach“ und „Wohlfühlhotel Ortnerhof“.
VON STEFANIE MÜLLER
B
ayern hat die besten Voraussetzungen für einen gelungenen WellnessUrlaub. Wunderschöne Landschaften mit Wanderwegen, Skipisten, Naturparks, Schlössern, Burgen, Residenzen,
Künstlerhäusern und Seen und vieles
mehr gehören zu den Vorzügen des Freistaats. Und selbstredend natürlich auch
einige Wellness-Oasen, von denen aus es
sich zu diesen Plätzen aufbrechen lässt.
Lehnen Sie sich zurück und genießen Sie.
Ruhpolding im Chiemgau ist heute vor
allem wegen der alljährlich dort stattfindenden Biathlon-Weltmeisterschaften bekannt. Gleichwohl hat sich Ruhpolding als
einer der ersten Urlaubsorte zu Beginn
des Tourismusbooms ab den 1950erJahren einen festen Platz erobert und behauptet ihn bis heute. Unter den Pionieren der Gastgeber in Ruhpolding befanden sich bereits damals die Familien
Bichler und Stegmeier. Über die Jahre und
Generationen wuchs hier mit dem „Ortnerhof“ ein Hotel- und Gaststättenbetrieb
heran, der heute zu den komfortabelsten
in der Region zählt, mit einer traumhaften
Wellness- und Beautylandschaft: Vom
Panorama-Hallenbad mit Jet-Stream-Anlage und Massagedüsen aus kann man
den Blick auf den nahen, 1 670 Meter
hohen Rauschberg genießen. Das Saunadörfl mit Finnischer Sauna und Kräuterdampfbad verleiht neue Kraft, zum Entspannen laden der Ruhebereich und die
Vitalbar ein. Den Tag mit einer leichten
Wassergymnastik, mit Swing-Stick-Übungen in der Gruppe oder einem anderen
Fitness-Angebot zu beginnen, aktiviert
gleich am Morgen die Lebenskräfte. Mit
Beauty-, Bade- und Massageanwendungen, die keine Wünsche offenlassen, verwöhnt das hauseigene Vitalteam. Für
diejenigen, die lieber im Freien einen Abschlag wagen möchten, ist der direkt angrenzende 18-Loch-Meisterschafts-Golfplatz mit direktem Blick auf das sagenhafte Bergpanorama genau das richtige.
Und wenn es um kulinarische Genüsse
geht, steht der Euro-Toques-Chefkoch
Erwin Rennertseder mit seinem Team bereit – sogar Starkoch Johann Lafer machte
jüngst halt im „Ortnerhof“ und lobte das
kulinarische Angebot, dessen Highlight
das Fünf-Gänge-Genießer-Menü am
Abend ist. Die gut sortierte Weinkarte
offeriert Kennern und Weinliebhabern
darüber hinaus köstliche Tropfen aus aller
Herren Länder.
Zwischen Wendelstein
und Tegernsee
Am Fuße des Wendelsteins in Bayrischzell genießt man von jeher die Ruhe und
Beschaulichkeit der bayerischen Voralpen. Sei es beim Nordic Walking, Wandern, Bergsteigen, Mountainbiken oder
einfach beim Nichtstun. Nur eine Auto-
INFO
Die weiß-blauen Genießer-Oasen:
www.ortnerhof.de
www.der-alpenhof.com
www.daskranzbach.de
stunde vom Flughafen München entfernt
haben Paul und Beate Urchs in dem 1909
als Weinwirtschaft gegründeten „Alpenhof“ eine Oase mit 30 Gästezimmern, acht
einzigartigen Themensuiten sowie zahlreichen Terrassen und Balkonen mit
atemberaubendem Blick auf den Wendelstein geschaffen. Ein Anziehungspunkt ist
der große Spa-Bereich des Hotels: ein
Schwimmbecken mit Liegebereich, Fitness-Raum, Sauna und Dampfbad, Solarium und ein direkter Zugang zum
Garten, wo der Begriff Sonnenbaden eine
ganz eigene Dimension bekommt. Der
Spa-Charakter wird durch den Kosmetikbereich „Der Alpenhof Jungbrunnen“ vervollkommnet. Eine Oase der Ruhe und
Entspannung – die Verwöhn-Behandlungen werden hier für jeden Gast persönlich
und individuell zusammengestellt. Ein
weiterer Höhepunkt im „Alpenhof“ ist der
neu gestaltete Fitness-Bereich. Hier stehen dem Hotelgast die modernsten Trainingsgeräte zur Verfügung. Und die Kulinarik? Die ist auch hier ein Thema für
sich: Patron Paul Urchs schwingt in der
mit 16 Gault-Millau-Punkten und einem
Michelin-Stern ausgezeichneten „Alpenstube“ den Löffel höchstpersönlich. Herz,
was willst du mehr?
Das Elmau-Tal
Im Elmau-Tal erwacht die Natur – der
Frühling grüßt mit Knospen und Blüten,
mit Vogelgezwitscher und angenehmen
Temperaturen. Ankommen im Hotel
„Kranzbach“ bedeutet staunen, sich verwöhnen lassen und ausruhen. Enzianwiesen – so weit das Auge reicht. Und die wei-
ßen Berggipfel, die sich in den Pools des
Hotels spiegeln. Eine malerische Kulisse.
Eine besondere Stimmung herrscht in
diesem „eigensinnlichen“ Haus, das wunderbare Wellness-Ferien bietet. Es überrascht mit seiner Einrichtung und Atmosphäre und mit beeindruckenden Ausblicken aus großzügigen Zimmern hinaus
in die weite Natur. Klare Bergluft auf 1 030
Meter Seehöhe verheißt Entspannung
pur. In der lichtdurchfluteten Sauna- und
Badelandschaft und bei der großen Auswahl an Behandlungen im „Spa in der Natur“ kann man mal so richtig abschalten
und den Alltag vergessen. Danach vor
prasselndem Kaminfeuer den Ausblick
auf die Zugspitze und die Ruhe der Berge
genießen und Fünfe gerade sein lassen.
Gepflegte Kulinarik wird im Hotel „Kranzbach“ ebenfalls großgeschrieben: lange
schlafen und Genießer-Frühstücksbüfett
bis 11 Uhr. Beim vitalen Mittagsimbiss
mit Suppe und kleinem Salatbüfett ganz
bewusst genießen. Ofenfrische Kuchen
am Nachmittag laden zu einer kleinen
Sünde ein und die Fünf-Gänge-Wahlmenüs am Abend lassen auch die Herzen
von Feinschmeckern garantiert höherschlagen. Dazu gibt es feine Weine aus
dem umfangreichen Weinangebot und
den Abend kann man bei einem Digestif
oder einer Tasse Tee am knisternden Kaminfeuer entspannt ausklingen lassen.
Und? Sitzen Sie noch immer entspannt
da? Und finden, dass diese drei weißblauen Geschichten nach mehr schmecken? Dann probieren Sie es doch einfach
einmal aus und erkunden die WellnessOase Bayern auf Ihre eigene Weise.
N
Das größte Golf-Resort Europas
Das Golfodrom ist das Herzstück des Hartl
Golf Resort Bad Griesbach. Hier können
sich Anfänger mit einem persönlichen Pro
an ihrer Seite in aller Ruhe mit den Regeln
des grünen Sports vertraut machen. Bei
der Runde um das kreisförmige Golfodrom, das einen Durchmesser von fast 300
Metern hat, gibt es über 200 Rasenabschlagplätze und 89 überdachte Abschlagplätze. Von dort können sie ihre Bälle zum
Test auf die „Übungsgrüns“ in der Mitte
spielen. Ein paar Meter außerhalb der Halle stehen 21 beheizbare Abschlagboxen für
die Wintersaison bereit.
I
Badewassers. Das Umweltsymbol „Blaue
Flagge“, das für besonders sauberes Wasser
vergeben wird, lädt in allen Gewässern des
Inselnordens zum Schwimmen oder Planschen ein.
Die Orte an der schmalsten Stelle der
Insel, von der aus Besucher von der Ostsee
bis zum Achterwasser schauen können,
tragen nicht umsonst den Namen Bernsteinbäder. Die Orte Zempin, Koserow,
Loddin und Ückeritz reihen sich wie Perlen
an einer Schnur. Die vier werden so genannt, weil an dieser Stelle der Insel das
Gold des Meeres, der Bernstein, zu Hause
ist. Nach einem Rad- oder auch Surfausflug
ist es gar nicht so selten, einen der kostbaren Steine am Ostseestrand zu finden.
Beeindruckende Bäderarchitektur
Den mondänen Geist der Gründerzeit
spürt man noch bei den „3 Kaiserbädern“
Ahlbeck, Heringsdorf und Bansin: Glanzvolle Villen und eine beeindruckende Bäderarchitektur zeugen von der großen Vergangenheit. Wie einst im 19. Jahrhundert
Berühmtheiten und Aristokraten können
die Besucher auf der mit 8,5 Kilometern
längsten Strandpromenade Europas heute
von Ahlbeck bis Bansin flanieren – gesäumt vom endlos erscheinenden Meer
und der prunkvollen Architektur eines vergangenen Jahrhunderts.
Südlich der „3 Kaiserbäder“, abseits von
der Quirligkeit dieser Orte, erstreckt sich
das Achterland (Niederdeutsch für Hinter-
land). Hier werden blühende Wiesen und
stattliche Wälder immer wieder unterbrochen von kleinen Seen, Bächen und Söllen.
Oft scheint es, als wolle man hinter breiten
Schilfgürteln die Kleinode der Gemütlichkeit vor den Blicken Neugieriger schützen.
Aber dem ist nicht so – hier in den kleinen
Dörfern, wo viele Häuser noch mit Rohr
gedeckt sind, ist alles noch sehr natürlich,
Fischerboote liegen verträumt am Ufer, es
riecht nach frisch Geräuchertem, ein Genuss, dem man nicht widerstehen kann.
Woanders ragt imposant eine Bockwindmühle in den Himmel und plötzlich begegnet man einem Strauß oder Wisent, die
auf Usedom eher nicht zu vermuten sind.
Und hoch in den Lüften ziehen Seeadler
ihre Kreise.
Wer sich nach dem Segeln, Surfen oder
Schwimmen gern noch einmal auf den
Drahtesel schwingt, dem bieten die etwa
150 Kilometer langen Radwege der Insel
die Möglichkeit, Usedom vom Fahrrad aus
zu erobern. Ganze 40 Kilometer am Stück
führt der Küstenradwanderweg von Peenemünde im Inselnorden zu den südlich
gelegenen „3 Kaiserbädern“. Wer unterwegs schlapp macht, kann samt fahrbarem
Untersatz auf die Usedomer Bäderbahn
umsteigen. Gäste, die nicht auf eigene
Faust losfahren möchten, entdecken bei
geführten Radwanderungen noch den ein
oder anderen Geheimtipp. Und wer gut zu
Fuß ist, freut sich über 400 Kilometer lange
Wanderwege.
www.urlaub-fuer-unternehmer.de
uerr
Ihr Urlaubsportal für anspruchsvollen Urlaub.
+++ z. B. Golfen in Österreich: 4 Tage ab 960,– € +++
oder Wellness & Beauty an der Ostsee: 3 Tage ab 215,– € usw.
Bayerisches Golf & Thermenland | Hohe Anlagendichte im Freistaat
irgendwo sonst in Deutschland
ist – gemessen an den Einwohnerzahlen – die Golfplatzdichte höher
als in Ostbayern. In der Region gibt es über
40 Golfplätze.
n knapp zwei Stunden von München
zur Sonneninsel Usedom – raus aus
dem Alltag und ab auf die Insel – das ist
in der Saison 2009 mit noch mehr Flugangeboten möglich.
Von Mai bis Oktober bringt die Ostfriesische Lufttransport GmbH (OLT) Urlauber
aus fünf deutschen Städten samstags ins
Urlaubsparadies. Mit einer 50-sitzigen
Saab 2000 geht es vom 2. Mai bis 31. Oktober 2009 von Köln/Bonn, Dortmund,
Frankfurt am Main und Bremen nach Heringsdorf auf Usedom. Von München aus
startet eine 32-sitzige Saab 340b ab dem
30. Mai 2009. Neu im Programm 2009 ist
auch Zürich. Vom 30. Mai bis 31. Oktober
fliegt eine mit 26 Sitzplätzen ausgestattete
Saab 340b die Passagiere in nur 2,5 Stunden von der Schweiz an die Ostsee. Und
die Reise lohnt sich. Schließlich hat die Insel neben einem 42 Kilometer langen und
bis zu 70 Meter breiten Sandstrand auch
den meisten Sonnenschein Deutschlands
zu bieten. Das wussten auch schon Kaiser
Wilhelm II., Johann Strauß, Theodor Fontane oder Kurt Tucholsky zu schätzen,
wenn sie bereits im 19. Jahrhundert zur
mehrwöchigen Sommerfrische anreisten.
Natur pur, endlose Sandstrände sowie
jede Menge Sport und Kultur bieten die
Seebäder Karlshagen, Trassenheide und
Zinnowitz im Norden der Insel. Neben
einer seltenen Flora und Fauna mit Sümpfen, Mischwäldern und Salzwiesen lockt
auch die ausgezeichnete Qualität des
EXKLUSIV. INFORMATIV.
NUR EINEN KLICK ENTFERNT.
Golfen ohne Grenzen
Neue Flugziele 2009
Insel Usedom | Aus Bayern auf Deutschlands sonnige Insel
Service inklusive.
Naturnahes Golfen
in Niederbayern
Mit 37 Pros und der Golfakademie ist Bad
Griesbach das größte Golf-Resort Europas.
Doch Golfclubs heißen ihre Anhänger
überall im Bayerischen Golf & Thermenland willkommen: Alter Baumbestand
macht das Panorama des ThermenGolf
Club Bad Füssing-Kirchham besonders
reizvoll. Vor Straubing liegt die Anlage des
Golfclubs Gäuboden in Aiterhofen. Das
flache Gelände eignet sich für alle Spielstärken und ist von interessanten Wasserhindernissen geprägt. Der Golfclub Sagmühle liegt auf ebenem Gelände an der
Rott. Der Platz ist leicht zu begehen und
eine faire Herausforderung für alle Golfer.
Der Deggendorfer Golfclub liegt eingebettet in die reizvolle Landschaft des Bayerischen Waldes. Das Marc Aurel Spa & Golf
Resort in Bad Gögging wiederum kombiniert Wellness ideal mit Golf und verfügt
über einen hauseigenen 9-Loch-Platz mit
Driving Range. Nur einen Abschlag von der
Rottal Terme in Bad Birnbach entfernt liegt
der Golfpark Bella Vista, der 18-Loch-Platz,
die Driving Range und die 50 Abschlagplätze sorgen für Abwechslung. Eine Fairway-Beregnung sorgt an heißen Tagen für
Bayern ist ein echtes Paradies für
Golf-Begeisterte. Die Plätze bieten für
jeden Anspruch beste Möglichkeiten.
beste Qualität der Spielbahnen des Golfclubs Altötting Burghausen. Bekannt ist
der Platz in der Nähe von Marktl – dem
Geburtsort von Papst Benedikt XVI. – für
seine kurzen Wege. Die anspruchsvolle
18+6-Loch-Anlage des Donau Golf Clubs
Passau-Raßbach bietet der ganzen Familie
erlebnisreiche Golfstunden nahe der DreiFlüsse-Stadt Passau. Bereits seit 1974 wird
auf der 9-Loch-Anlage des Golf- und
Landclubs Bayerwald geputtet. Die Golfanlage Bad Abbach-Deutenhof bietet
ebenfalls für jedes Golfniveau optimale
Trainings- und Spielbedingungen.
Mit viel Liebe zum Detail –
und zur Natur
Naturschutz muss auch vor einem Golfplatz nicht haltmachen, im Golfclub am
Nationalpark Bayerischer Wald wurden
Schutzzonen für Flora und Fauna geschaffen, um die urwüchsige Landschaft des
ersten deutschen Nationalparks zu erhalten.
Weiter geht die Golfreise in das nahe
Österreich. Ein öffentlicher 6-Loch-Platz
zeichnet den Golfclub Innviertel Gut
Kaltenhausen aus. Mit vielen abwechslungsreichen Details punktet auch der
Golfclub Sonnberg-Kobernausserwald
mit seiner 18-Loch-Anlage. Golfkenntnisse sammeln und vertiefen – das können
Sportbegeisterte auf dem Inselgrün des
Celtic Golf Course Schärding. Der 6-LochJosko-Academy-Course bietet ideale Bedingungen zum Üben. Mitten in der
oberösterreichischen Kulturlandschaft
liegt schließlich der gepflegte 18-LochMeisterschaftsplatz des Golfclubs Maria
Theresia. Auf der Sonnenterrasse genießen die Besucher eine traumhafte Fernsicht vom Mühlviertel bis ins Alpenvorland.
INFO
Weitere Informationen:
Tourismusverband Ostbayern e. V.
Luitpoldstr. 20,
93047 Regensburg
Kostenlose Hotline: (0800) 12 12 111
Fax: (0941) 5 85 39 39
info@ostbayern-tourismus.de
www.bayerisches-golf-undthermenland.de
VERLAGSSONDERTHEMA
MAI 2009
Auf’s Dach gestiegen
Architekten und Städteplaner
entdecken neue Freiräume in
luftigen Höhen: Gebäudedächer bieten spektakuläre Anund Aussichten.
Seite 34
Selection ’09
Das Beste aus der Welt
des Corporate Publishing
Kundenzeitschriften zählen zu den wirkungsvollsten Kommunikationsinstrumenten um zu zeigen, was in einem Unternehmen steckt.
Mittlerweile gibt es im deutschsprachigen Raum über 15 000 dieser periodisch erscheinenden Corporate-Publishing-Medien – vom
journalistisch anspruchsvoll gestalteten Hochglanzmagazin bis zum schlichten Newsletter – mit denen die Herausgeber Know-how
transportieren und Vertrauen schaffen wollen. Der WirtschaftsKurier ist die erste deutsche Zeitung, die mit freundlicher Unterstützung
des Branchenverbandes „Forum Corporate Publishing“ regelmäßig eine Auswahl der besten Artikel aus deutschen Kundenzeitschriften
trifft und ihren Lesern zugänglich macht.
WirtschaftsKurier
33
Wie das Wetter wirkt
Neue Prognose-Aufgaben
für Wetterfrösche: Klimakatastrophen verändern das
Leben auf der Erde und die
Arbeit der Versicherer. Seite 36
Kundenmedien
punkten mit
neuen Ideen und
mehr Qualität
Kommunikation | Seit zehn Jahren ist das „Forum Corporate Publishing“
Plattform einer wachstumsfreudigen und zukunftsorientierten Branche.
Bester Beleg dafür: Beim „BCP Best of Corporate Publishing“,
Europas größtem einschlägigem Wettbewerb,
wurden 600 Publikationen eingereicht.
Ein Kongress im Vorfeld der diesjährigen
Preisverleihung macht Berlin am 24. Juni 2009 zum
Kompetenzzentrum für Unternehmenspublikationen.
S
eit zehn Jahren ist das „Forum Corporate Publishing“ Plattform einer
wachstumsfreudigen und zukunftsorientierten Branche. Bester Beleg dafür:
Bei „BCP Best of Corporate Publishing“,
Europas größtem einschlägigem Wettbewerb, wurden 600 Publikationen eingereicht. Ein Kongress im Vorfeld der diesjährigen Preisverleihung macht Berlin am
24. Juni 2009 zum Kompetenzzentrum für
Unternehmenspublikationen.
Die ungebrochene Bedeutung von Medien des Corporate Publishing (CP) spiegelt sich auch im siebten Jahr des BCP wider. „Gerade bei Inhouse-Medien stellen
wir nicht nur eine höhere Qualität, sondern
auch ein gesteigertes Interesse fest. In der
Kategorie Mitarbeitermedien wurden im
Vergleich zum Vorjahr 20 % mehr Titel eingereicht,“ freut sich Manfred Hasenbeck,
Vorstandsvorsitzender des Forum Corporate Publishing (FCP).
Auch in diesem Jahr hat die Jury des
Wettbewerbs ein steigendes Qualitätsniveau der Unternehmenspublikationen
konstatiert: „Insbesondere bei den elektronischen Medien wie E-Newsletter oder
E-Magazines ist die Qualität deutlich nach
oben gegangen,“ sagt Michael Höflich, Geschäftsführer des FCP.
Seit Jahren das „Gesicht“ des BCP-Award: TV-Journalistin Judith Rakers präsentiert auch 2009 in Berlin wieder ausgezeichnete Produkte aus dem Corporate Publishing.
Bundeswirtschaftsminister zu Guttenberg übernimmt die Schirmherrschaft über
den Award 2009. "Der BCP Best of Corporate Publishing ist seit 2005 eine große Erfolgsgeschichte und spiegelt das hohe Innovationspotential von professioneller Unternehmenskommunikation wider", sagte
zu Guttenberg.
Beim großen Finale am 24. Juni 2009
werden alle Sieger mit dem
BCP-Award ausgezeichnet.
Die Preisverleihung findet im
Rahmen des internationalen
Kongresses „Erfolgsformel Innovation – Zukunftsstrategien
im Corporate Publishing”
statt. Während des Festdinners wird Kurt Zimmermann,
Bestsellerautor und Medienkolumnist in der legendären
„Weltwoche“ aus Zürich die
Innovationskraft eins traditionellen Mediums beleuchten:
„Totgesagte leben länger: Die Zukunft der
Printmedien.“
Preise werden in insgesamt 30 Kategorien in Business-to-Business, Business-toConsumer sowie Mitarbeiterkommunikation und Sonderpublikationen vergeben. Gemeinsam mit dem BCP-Hauptsponsor
Steinbeis Papier GmbH & Co. verleiht die
Jury einen Preis in der Kategorie „Recyclingpapier“. Zusätzlich stiftet der Verlag
Deutscher Drucker den Sonderpreis in der
Kategorie „Druckinnovation“. Der Langenscheidt Übersetzungsservice vergibt den
Sonderpreis „Internationale Kommunikation“. Als Partner des BCP verleiht der Bundesverband deutscher Pressesprecher
(BdP) auch 2009 die Awards für Unternehmensberichte.
Der BCP-Kongress, die größte Fachtagung
zum Thema Corporate Publishing in
Europa, in dessen Rahmen die Preisträger
gekürt werden, findet in diesem Jahr erst-
mals in Berlin statt. Anlass ist das zehnjährige Bestehen des Forum Corporate Publishing FCP – dem Zusammenschluss der
führenden CP-Verlage und -Agenturen aus
Deutschland, Österreich und der Schweiz.
Aus der Gründungsversammlung mit
14 Dienstleistern im Jahr 1999 hat sich bis
heute Europas größter Corporate-PublishingVerband mit 100 Mitgliedern entwickelt.
Der Kongress gilt in der
Branche als erstklassige
Plattform für Wissenstransfer und Erfahrungsaustausch. Erfahrene Corporate
Publisher profitieren ebenso
wie Einsteiger in die Materie
von der breit gefächerten
Themenauswahl und dem
unmittelbaren Zugang zu
Praxiswissen. So wird Manfred Güllner, Geschäftsführer des Forsa Instituts, den
Kongress-Teilnehmern die
„Macht der Zahlen“ näher bringen. In seinem Vortrag wird der Soziologe auf die demografischen Veränderungen in Deutschland eingehen und die damit verbundenen
Auswirkungen auf den Corporate-Publishing-Markt erläutern. „Innovationen gestalten den Markt“ – diese These bekräftigt
Joe Pulizzi, Geschäftsführer von Junta42, in
seiner Präsentation „Content as the future
of Marketing“. Der Vorreiter des ContentMarketing und Buchautor aus New York
wurde gerade vom amerikanischen Verband
American Business Media zum „Custom
Media Innovator of the Year“ gewählt.
Liselotte Lyngsø, Geschäftführerin des
Innovations- und Zukunftsunternehmens
Future Navigator, aus Dänemark wird die
Kongress-Teilnehmer mit ihren ungewöhnlichen Zukunftsgedanken ins Staunen versetzen. Dabei spielen der Kunde von morgen, neue Produkte und Technologien sowie die eigene Einstellung eine besondere
Intensiver Austausch von Ideen, Erfahrungen und Wissen prägen den BCP-Kongress und sein Rahmenprogramm.
Fotos: Gerhard Blank
Rolle. Die Erfolgsformel der Innovation
wird Dr. Diane Robers über „Marketinginnovation und Innovationsmanagement“
strategisch erläutern. Bei PricewaterhouseCoopers leitet die Senior Managerin und
Prokuristin die Abteilung Marketing & Business Development der deutschen Beratungssparte (Advisory).
Das Verhältnis zwischen Print und Online sowie die damit verbundenen neuen
Erlösmodelle stehen im Mittelpunkt des
Vortrags von Colin Hughes, Managing Director im Vorstand der britischen Tageszeitung „The Guardian“, einer der größten
Qualitätszeitungen Europas. Mit 27 Mio.
Usern im Monat gehört das Traditionsblatt
heute zu den weltweit erfolgreichsten Zeitungen im Internet. Wie sich das WWW für
Medienmacher nutzen lässt, etwa durch
mobiles Social Networking, und welche
aufregenden Möglichkeiten sich daraus ergeben, erläutert Stefanie Hoffmann, Co-Geschäftsführerin von aki-aki. Ihr Portal
macht versteckte Netzwerke in Städten
sichtbar, zeigt, wo das Miteinander im Interner sich ins wirkliche Leben überträgt.
FCP-Präsident Manfred Hasenbeck zeigt
sich mit Blick auf das Kongressprogramm
nicht nur angesichts des bestehenden Innovationspotenzials zuversichtlich, dass
auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten
die Zeichen für anspruchsvolles Corporate
Publishing gut stehen: „Im Jubiläumsjahr
wollen wir die gesamte Bandbreite und die
Leistungsfähigkeit unserer Branche demonstrieren und einen Ausblick auf die
wichtigsten Trends und Entwicklungen
bieten – nach dem Motto, dass derjenige
die Zukunft am besten voraussagen kann,
der sie selbst gestaltet.“
ÜBER BCP 2009
ÜBER FCP
Der Best of Corporate Publishing
(BCP) ist mit konstant über 600
eingereichten Publikationen der
größte CP-Wettbewerb in Europa.
Seit 2003 zeichnet das Forum Corporate Publishing die besten Unternehmenspublikationen mit dem
BCP-Award aus. Ausgerichtet wird
der Wettbewerb vom FCP sowie
von den Medienpartnern acquisa,
Horizont, w&v und der Schweizer
Werbewoche. Anmeldeformulare
zum Kongress sowie das Programm gibt es im Internet unter
www.bcp-award.com.
Im Forum Corporate Publishing
(FCP) sind über 95 CP-Anbieter aus
Deutschland, Österreich und der
Schweiz zusammengeschlossen.
Sie bieten Dienstleistungen für alle
Bereiche der Unternehmenskommunikation, von klassischen Printprodukten bis hin zu neuen elektronischen Medien. Das Forum ist
Europas größte Vereinigung von
Corporate-Publishing-Dienstleistern
und feiert 2009 sein zehnjähriges
Verbandsjubiläum. Im Internet ist
der Verband unter www.forum-corporate-publishing.de zu finden.
Haben Sie gewusst, dass...
…EJF(FTBNUBVGMBHFEFSEFVUTDITQSBDIJHFO
,VOEFONBHB[JOFCFJSVOE3,1 Milliarden
&YFNQMBSFOMJFHU
…FTJO%FVUTDIMBOEeTUFSSFJDIVOEEFS4DIXFJ[
EFS[FJUSVOE15.000,VOEFONBHB[JOFHJCU
…EJF$PSQPSBUF1VCMJTIJOH6NTjU[FKjISMJDI
zweistelligTUFJHFO
Corporate Publishing
Kundenbindung in einer neuen Dimension.
…FUXB70 ProzentEFS$PSQPSBUF1VCMJTIJOH
1VCMJLBUJPOFOQFS1PTUWFSTFOEFUXFSEFO
… EFS6NTBU[EFS$PSQPSBUF1VCMJTIJOH#SBODIF
CFJCFSdrei Milliarden&VSPMJFHU
…SVOE97 Prozent BMMFS6OUFSOFINFONJU
NFISBMT.JUBSCFJUFSOJISF,VOEFONJU
FJOFN.BHB[JOBOTQSFDIFO
…EJF.JUHMJFEFSEFT'PSVN$PSQPSBUF1VCMJTIJOH
BMMFJOFFJOF+BISFTBVGMBHFWPOCFSeiner
Milliarde &YFNQMBSFOQSPEV[JFSFO
…NFISBMT25 ProzentEFT6NTBU[XBDITUVNT
EFS$PSQPSBUF1VCMJTIJOH#SBODIFBVGEJHJUBMF
.FEJFOFOUGJFM
Forum Corporate Publishing e.V. • Hohenzollernstr. 112 • 80796 München • Telefon: 089 / 34 07 79-77 • Telefax: 089 / 34 07 79-78 • E-Mail: info@forum-corporate-publishing.de
Selection ’09
34 WirtschaftsKurier
VERLAGSSONDERTHEMA MAI 2009
Auf ’s Dach gestiegen
Stadtentwicklung | Es geht hoch hinauf, aber der Weg lohnt sich. Neben einer spektakulären
Aussicht bietet so manches Gebäudedach Überraschungen der besonderen Art.
VON ANETTE KIEFER
S
chon Karlsson vom Dach wusste, wo
es sich am besten leben lässt, und im
Kassenknüller „Pretty Woman“ mietete sich Richard Gere trotz Höhenangst im
Hotel immer ins Penthouse ein – „einfach
weil es die beste Suite von allen ist“. Beide
hatten den richtigen Riecher: Dächer genießen auch in der Immobilienbranche inzwischen ein steigendes Ansehen.
Vorbei sind die Zeiten, in denen sich nur
Satellitenschüsseln, Rettungsleitern und
vielleicht mal ein Hubschrauberlandeplatz
auf dem Flachdach fand. Inzwischen kann
auf den Hausdächern der Welt gebadet,
gegessen und Marathon gelaufen werden;
Golfplätze, Sommerkinos, Riesenräder
und sogar der ein oder andere Verkehrsübungsparcours nutzen den Extraplatz,
der bisher von den Stadtplanern vernachlässigt wurde. Hausdächer sind „die unterentwickeltesten Grundstücke der ganzen Stadt“, sagt der New Yorker Architekt
Stephen Jacobs, dessen exklusive Wellnesslandschaft auf dem Dach des Hotel
Gansevoort in Manhattan bereits eine Reihe von Auszeichnungen gewonnen hat.
Trend zum Aufbau
Baubranche ist in der
Wirtschaftskrise gut gerüstet
Perspektiven | Die Welt steht Kopf – aber in der Krise liegen auch Chancen.
D
ie Schlagzeilen in den Medien, die
Gespräche über Firmenpleiten
unter Kollegen, der besorgte Blick
auf die Aktienmärkte. Der Wirtschaftskrise
kann sich momentan niemand entziehen.
Banken und Industrien wie die Automobilbranche und deren Zulieferer stehen
momentan am stärksten unter Druck. Im
Vergleich zu anderen Industriezweigen
hat sich die deutsche Bauwirtschaft bislang gut behauptet.
Spüren wird man die Krise aber auch
hier. Vor allem im Gewerbe- und Wirtschaftsbau. Werden Mitarbeiter zu Kurzarbeit verpflichtet, denkt niemand mehr
CP-STECKBRIEF
DAS KUNDENMAGAZIN VON SAINT-GOBAIN BUILDING DISTRIBUTION DEUTSCHLAND
AUSGABE 1 | MÄRZ 2009
an einen größeren Firmensitz. Auch beim
privaten Wohnungsneubau wird es Einbußen geben. Manch einer lässt jetzt Vorsicht walten und geht lieber kein Risiko
ein. Da muss das Traumhaus noch ein wenig warten. Zudem ist die Kreditfinanzierung schwieriger geworden. Schließlich
überlegen sich auch die Banken sehr genau, wem sie Geld leihen. Aber es gibt
auch andere Meinungen. Denn seit Aktien keine sichere Geldanlage mehr sind,
lockt die eigene Immobilie als langfristige
und solide Wertanlage. Günstige Zinsen
bei Baukrediten erleichtern den Schritt
zum eigenen Haus.
Unabhängig von Spekulationen und
Prognosen, wie sich die nächsten Monate
entwickeln, sind die Auftragsbücher in
vielen Bau- und Handwerksunternehmen
noch gut gefüllt. Erste Auswirkungen der
Krise wird man voraussichtlich ab Mitte
2009, vielleicht sogar erst 2010 spüren. Bei
den kleineren Betrieben mit vergleichsweise niedrigen Auftragsbeständen macht
sich die zurückhaltende Nachfrage sicher
schon früher bemerkbar. Insgesamt wird
die Branche mit einem leichten Rückgang
rechnen müssen. Dennoch gibt es gute
Gründe, zuversichtlich in die Zukunft zu
blicken und dem Krisenblues zu widerstehen.
Baubranche als Triebfeder
PORTRÄT:
EIN GIGANTISCHES PROJEKT
FOKUS
Erfolgreich durch die Krise
AKTUELL
Travertin feiert Comeback
PERSPEKTIVE
Das Bauhandwerk 2009
SERVICE
Energie sparen
Profi Report
Herausgeber:
Saint-Gobain Building Distribution
Deutschland GmbH
Produziert von:
Deutscher Supplement
Verlag GmbH, Nürnberg
Für die Politik ist klar: Die Baubranche ist
ein ganz entscheidender Pfeiler, um die
Krise zu überwinden. Sie sei für die gesamte Wirtschaft immens wichtig und
eine der wichtigsten Triebfedern, meint
nicht nur Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee. Deshalb hat die Bundesregierung zahlreiche Maßnahmen beschlossen, die dem Bau Auftrieb verleihen
werden.
Die Maßnahmenpakete beinhalten Investitionen im Milliardenbereich. Straßen
und Schienen werden ausgebaut, Schulen und Krankenhäuser saniert. Der Umbau zu seniorengerechten Wohnungen
wird unterstützt. Auch die erneute Förderung von energetischen Sanierungen, das
CO2-Gebäudesanierungsprogramm, führt
zu mehr Investitionen und damit zu Aufträgen beim Handwerk. Hier stehen von
2009 bis 2011 Mittel in Höhe von 3 Mrd.
Euro zur Verfügung.
Außerdem winken Steuererleichterungen
für Privathaushalte und den Mittelstand.
Kleineren Handwerksbetrieben kommt
beispielsweise zugute, dass Handwerkerrechnungen künftig in doppeltem Umfang steuerlich geltend gemacht werden
können. Das dürfte Eigentümern die Auftragserteilung für ein neues Bad, die Pflasterung der Terrasse oder andere Maßnahmen erleichtern.
Positiver Blick
in die Zukunft
Schaut man sich die einzelnen Segmente
der Handwerksbetriebe an, dann blicken
diese durchaus auch positiv in die Zukunft. So rechnen laut einer Umfrage die
Hersteller in den Segmenten Ausbau und
Installationen sogar mit einer Umsatzsteigerung. Zudem gibt es tatsächlich einen
Gewinner in der Krise: Der öffentliche
Bau wird dank der Maßnahmen aus dem
Konjunkturpaket vermutlich sogar wachsen.
Aber nicht nur wegen der politischen
Maßnahmen ist die Branche gut gerüstet für die Zukunft. Der Immobilienmarkt in Deutschland ist stabil. Die Fachkräfte sind exzellent ausgebildet. Und der
Traum vom Eigenheim übersteht auch
diese Krise. Die Kunst wird es sein, die
Wirtschaftskrise zu nutzen, um dem Betrieb den letzten Schliff zu geben. Damit
man bald wieder tatkräftig durchstarten
kann.
ERFOLGREICH DURCH DIE KRISE
Nutzen Sie die Zeit, um Ihrem Betrieb eine klare Richtung zu geben.
Welche Kunden wollen Sie bedienen? Private oder gewerbliche Personen? Lohnen sich Kooperationen
mit anderen Betrieben, um zum Beispiel größere Aufträge zu erhalten?
Welche Leistungen bieten Sie
konkret an? Wodurch unterscheiden Sie sich von Ihren Wettbewerbern? In welchen Regionen
versprechen Sie sich die meisten
Aufträge? Haben Sie diese Eckpunkte für sich definiert, können
Sie potenzielle Kunden gezielter
und besser ansprechen.
Pflegen Sie Kunden, bei denen Sie
schon Aufträge hatten. Oft winken
Folgeaufträge, und manchmal muss
man sich einfach mit einem persönlichen Anruf oder einem kurzen Brief
in Erinnerung rufen. Fragen Sie nach
besonderen Wünschen oder auch
nach Verbesserungen. Verteilen Sie
Visitenkarten. Persönliche Empfehlungen sind die beste Werbung für
Ihren Betrieb.
Nutzen Sie neue Vertriebswege, vor
allem das Internet. Gerade private
Auftraggeber schauen sich hier um
und gewinnen so einen ersten Eindruck von den Betrieben. Gut sind
Internetportale, bei denen
Aufträge online vergeben
werden, oder auch eine private Firmenhomepage, die Sie für kleines
Geld erstellen lassen können. Sorgen
Sie für gutes Bildmaterial und aussagekräftige Referenzen. Das schafft
Vertrauen und ist in Krisenzeiten das
Wichtigste.
Bei finanziellen Problemen oder drohenden Insolvenzen lohnt sich ein
Gespräch mit der örtlichen Schuldnerberatung, die es in fast jeder Gemeinde gibt. Die IHK bietet Kurse
zum Mahnwesen an, sollten Kunden
Rechnungen nicht rechtzeitig begleichen. So beugen Sie finanziellen
Engpässen vor.
Investieren Sie in die Weiterbildung.
Auch diese Krise geht vorbei, und
dann ist es hilfreich, wenn Sie gut
ausgebildete und motivierte Mitarbeiter an Bord haben. Denken Sie
außer an die fachliche Weiterbildung auch an den Umgang mit
Kunden. Ein gepflegtes Auftreten,
Pünktlichkeit und Sauberkeit sind
für viele Kunden genauso wichtig
wie eine exzellente Arbeit.
Setzen Sie auf Qualität. Gute Arbeit
wird auch in Zukunft immer gefragt
sein.
Das könnte sich in den kommenden Jahren allerdings ändern. Denn vieles spricht
dafür, dass der Trend zum Dachaufbau –
der nicht zu verwechseln ist mit dem fast
gleichnamigen Dachausbau – gerade erst
begonnen hat. „Der Wunsch, in der Stadt
zu wohnen, wird wieder größer, und zwar
sowohl bei jungen Leuten als auch bei
älteren Stadt-Heimkehrern, die einige
Jahrzehnte in den Vorstädten verbracht
haben“, sagt Christof Rose, Sprecher der
Architektenkammer Nordrhein-Westfalen.
Gleichzeitig wächst auch das individuelle Platzbedürfnis des einzelnen: etwa fünf
bis sieben Quadratmeter mehr pro Person
als noch vor 20 Jahren rechnen Makler
und Architekten inzwischen als Wohlfühlgröße für Wohnungen.
Damit die Städte trotzdem genug Platz
für alle Interessenten bieten, steigen die
Architekten nun den Bürogebäuden und
Wohnanlagen aufs Dach – „ zur Nachverdichtung des städtischen Raums“, wie es
der Fachjargon trefflich formuliert. Ein
großer Vorteil der neuen Baugrundstücke
obendrauf: vieles ist möglich, was unten
auf der Erde inzwischen gar nicht mehr
vorstellbar ist. Riesige Gärten mitten in
der Großstadt etwa, oder gläserne Fassaden, ohne dass der Nachbar einem auf
den Esstisch schauen kann, und das alles
auch noch zum Sparpreis: „Sie schaffen
sich ja auf dem Dach einen Raum, der zumindest vom Quadratmeterpreis betrachtet nichts kostet“, sagt die Architektin
Mechtild Friedrich-Schoenberger. Für ihren Bildband „Dachaufbauten“ hat sie
Aufstockungen in ganz Deutschland in
Augenschein genommen.
In Ländern mit notorischem Platzmangel hat man das Potenzial der Dächer
schon vor langem erkannt. In Tokio etwa
drehen seit mehr als 40 Jahren die Autos
einer Fahrschule auf einem großen Flachdach ihre Runden. ein Verkehrsübungsplatz auf Straßenlevel wäre angesichts der
Grundstückspreise nahezu unbezahlbar –
deshalb hievte die Kanamachi-Fahrschule
kurzerhand 35 blaue Mazdas auf einen Supermarkt und baute noch einige Ampeln,
Kreuzungen und sogar einen Bahnübergang dazu. Platzproblem gelöst, Nutzfläche verdoppelt.
Ein weiterer Vorteil der Dächer: Sie müssen nicht ganzjährig genutzt werden, um
Profit abzuwerfen. Das Kölner Museum
Ludwig bietet in den Sommermonaten ein
Open-air-Kino auf seiner Dachterrasse; danach werden die Vorführkameras und die
Bestuhlung einfach wieder winterfest eingepackt. Ähnliches gilt für die provisorischen Strandbars wie die auf dem Dortmunder Kaufhof-Flachdach, das den Rest
des Jahres als Parkdeck genutzt wird, und
in der „Windy City“ Chicago können die
Gäste des Stevens Hotel in den kurzen
Sommermonaten auf dem hoteleigenen
Dach-Golfplatz ihren Abschlag verbessern.
Eines der spektakulärsten deutschen
Projekte ist der Berliner Kunstbunker von
Christian Boros. Der Wuppertaler Werbedesigner und Kunstliebhaber kaufte vor
ein paar Jahren den ehemaligen Weltkriegs-Luftschutzbunker der Reichsbahn
und ließ ihn zur Ausstellungsfläche für seine Privatsammlung umbauen. Wo während der Kriegsjahre oft Zehntausende
Menschen Zuflucht vor den Bombenangriffen suchten, stehen jetzt die Arbeiten
von zeitgenössischen Künstlern wie Olafur
Eliasson und Anselm Reyle. Dann setzte
Boros dem Betonmonster die Krone auf:
Oben auf dem riesigen Flachdach des Kolosses thront seitdem sein 500-Quadratmeter-Luxuspenthouse. Optisch ähnelt es
dem berühmten Ausstellungspavillion,
den Ludwig mies van der Rohe 1929 für
die Weltausstellung in Barcelona entwarf.
Drinnen soll Boros sich und seiner Familie
angeblich Türdichtungen aus handgenähtem Kalbsleder und eine Regenwalddusche gegönnt haben.
Raffiniert genutzt
Selbst winzige Flächen lassen sich zu begehrten Objekten umbauen. Auf dem
Dach einer ehemaligen Molkerei in Wien
blieb ein Wassertank ungenutzt, weil er
mit nur 18 Quadratmeter Grundfläche zu
klein zum ausbauen schien. Doch die
Dachterrasse und die atemberaubende
Aussicht hatten es dem Eigentümer so angetan, dass er ein junges Architektenteam
anheuerte, welches das unmögliche
möglich machen sollte, und das gelang
tatsächlich: Möbel verschwinden in der
Wand, das Bett lässt sich tagsüber wegklappen und in einen angebauten
Verschlag hinausschieben. Entstanden ist
damit eins der begehrtesten Gästeappartements Wiens, das zum Leidwesen
vieler Interessenten allerdings nicht zu
vermieten ist.
CP-STECKBRIEF
Ausgabe 1/2009
Das Immobilienmagazin von Union Investment
Finanzkrise
Immobilienbranche
zieht Konsequenzen
Immobilienankauf
Juristische Prüfung
bis ins Detail
Gedrosseltes
Tempo
Die Finanz- und Wirtschaftskrise
hat das Wachstum auf den
Immobilienmärkten in Mittelund Osteuropa gebremst
Raum & Mehr
Das Immobilienmagazin
von Union Investment
Herausgeber:
Union Investment Real Estate AG
Produziert von:
Facts & Figures GmbH, Hamburg
Doch bislang bleiben in vielen Großstädten Zehntausende gut bebaubarer
Flachdächer ungenutzt. „In Wien wird gerade extrem aufgesattelt“, berichtet Axel
Linemayr von Pool Architektur, die das
Wassertank-Appartement entworfen haben. „Das Lebensgefühl hat sich geändert,
die Gesellschaft wird anspruchsvoller.
Mehr Leute als früher verdienen gut und
wollen sich für ihr Geld eine schöne und
außergewöhnliche Wohnung leisten.“
Ein praktischer Nebeneffekt: Dachaufbauten gehen oft Hand in Hand mit einer
Komplettsanierung des darunter liegenden Gebäudes. In Wien sind das zumeist
Gründerzeithäuser, in Ostdeutschland
auch schon mal Plattenbauten. Hier werden dann einige Etagen wieder abgetragen und stattdessen der neue oberste
Stock mit einer üppigen Dachterrasse ausgestattet. Die so entstehenden Penthäuser lassen sich meist teurer vermieten oder
verkaufen als zuvor. „Damit rechnet sich
die Instandsetzung besser, wenn die mieten die Investition schneller wieder einbringen“, erklärt Axel Linemayr.
Leicht muss es sein
Nur wenige Gründe können einen Dachaufbau erschweren oder verhindern. „Die
Architekten müssen die umliegenden
Häuser berücksichtigen, vor allem wenn
es da auch schon Aufbauten gibt“, sagt Ar-
RAUM & MEHR
kunstbunker: Berlin-Mitte,
www.sammlung-boros.de
Wiener Dächer:
www.christianefeuerstein.at
Hotel Gansevoort: New York,
www.hotelgansevoort.com
Bildband: Dachaufbauten.
Konstruktion und Design,
moderne Aufstockungen,
Mechtild Friedrich-Schoenberger,
DVA architekur, 2007
chitektin Friedrich-Schoenberger. Das
wichtigste Gebot: „Die Konstruktionen
müssen aus leichten Materialien gefertigt
werden, also aus Holz oder Stahl statt Beton.“ Denn wenn ein Aufbauprojekt scheitert, dann zumeist an der ungünstigen Statik des Hauptgebäudes. Schließlich wurden die Gebäude so konstruiert, dass sie
zwar ihr eigenes Gewicht tragen können,
aber nicht unbedingt noch die zusätzliche
Last eines Aufbaus. Wer deshalb ganz sicher sein will, von diesem Trend profitieren zu können, der plant die Dachlandschaft von vornherein mit ein. Das New
Yorker Luxushotel Gansevoort macht es
vor: als es 2004 im angesagten New Yorker
Meatpacking District eröffnet wurde, gehörten der Dachgarten mit Pool und der
atemberaubende Blick über New York bereits zum Konzept dazu.
„Sexy in the City“ lobte die Zeitung „The
Times” die Dachetage, und die „New York
Times” berichtete: „Im Gansevoort ist der
Dachbereich nicht für die Öffentlichkeit
zugänglich, sondern den Hotelgästen vorbehalten. Doch einige New Yorker sind so
erpicht darauf, in dem Luxusbad zu
schwimmen, dass sie sich extra ein Zimmer anmieten. Das bleibt dann unbenutzt, die Gäste checken nur ein, um den
Pool zu nutzen.“ Billig ist das Badevergnügen allerdings trotzdem nicht: Die günstigsten Zimmer im Gansevoort kosten
325 US-Dollar die Nacht. Wer es sich auf
dem Dach gut gehen lassen will, dem sind
eben nach oben keine Grenzen gesetzt –
im wahrsten Sinne des Wortes.
Selection ’09
VERLAGSSONDERTHEMA MAI 2009
WirtschaftsKurier
35
Tempo mit System
Globalisierung | Die Logistik ist einer der wachstumsstarken Sektoren des Landes. In turbulenten Zeiten sind gerade die deutschen Dienstleister gefragte Partner.
D
er internationale Seemannsklub
„Duckdalben“ ist eine Institution im
Hamburger Hafen. Während draußen die Laufkatzen auf den riesigen Ladebrücken die Containerfracht löschen, wird
bei den Seeleuten im „Raum der Stille“ Globalisierung greifbar: In friedlicher Eintracht
besinnen sich Männer in den Gebetsecken.
Alle denkbaren Konfessionen, getrennt nur
durch ein paar Grünpflanzen.
Beten, telefonieren, eine schnelle Partie
Tischtennis – dann geht es wieder elbabwärts. Das Leben der Seeleute hat sich extrem beschleunigt, parallel zum immer rasanteren Güterumschlag. Hamburg, als
achtgrößter Containerhafen der Welt, ist ein
Muster an Effizienz und Kaimauer-Produktivität. Am hochgradig automatisierten Terminal Altenwerder liegen Schiffe, deren Ladung locker 6 000 Lkws füllt – das entspricht
einem Straßenkonvoi von rund 100 Kilometern Länge.
300 000 Arbeitsstunden stecken in Altenwerder allein im Computerprogramm – das
Rechenzentrum steuert ein Technikballett
scher Staat einen eigenen Überseehafen besitzt und Rotterdam zu weit westlich gelegen ist, ergibt sich für die Hamburger ein
gewaltiger Lagevorteil.
Was Peters für sein Unternehmen postuliert, gilt branchenweit: Die Globalisierung
macht die Logistikprofis zu Gewinnern. Mit
dem wirtschaftlichen Erblühen vieler
Schwellenländer, dem WTO-Beitritt von
Staaten wie China und dem verstärkten
Auslagern von Teilen der Wertschöpfungskette wächst das Transportaufkommen beträchtlich. Der Welthandel expandierte seit
den 1990er Jahren bis heute fast doppelt so
stark wie das globale Bruttoinlandsprodukt.
„Nicht nur die Fertigung findet verteilt an
vielen Orten der Welt statt – auch völlig
neue Absatzmärkte werden durch ausgeklügelte Logistikketten für Anbieter erschlossen“, sagt Frank Straube, Logistikprofessor
an der TU Berlin.
Gerade die deutschen Dienstleister rund
um das Lagern, Konfektionieren und Liefern haben sich international eine Spitzenposition erarbeitet. Das belegt auch eine
Die ganze Welt in Kisten: Container bewegen die globalen Märkte.
vom Feinsten: Fahrerlose Wagen buckeln
die Container zur Brücke, im Lager wuseln
o-beinig die automatischen Stapelkrane wie
im Legoland. Eine riesige Schnittstelle zwischen See, Schiene und Straße. Ob drei
Traktoren, 34 800 Gläser Spargel oder 238
Kühlschränke – in einem Standardcontainer
findet fast alles Platz. Mehr als 7,3 Mio. von
ihnen hievt die Hamburger Hafen und Logistik Aktiengesellschaft (HHLA) jedes Jahr
über ihre Kaikante.
Klaus-Dieter Peters tut alles, um den Siegeszug der Stahlbox weiter zu beschleunigen: „Wir sind Treiber und Gewinner der
Globalisierung“, sagt der HHLA-Vorstandsvorsitzende selbstbewusst. Auch wenn die
weltweite Wirtschaftsflaute auf die Stimmung drückt: Vorstandschef Peters sieht die
HHLA mit ihren 5 000 Mitarbeitern weiterhin auf Erfolgskurs. „Trotz der zunehmenden Schwierigkeiten im wirtschaftlichen
Umfeld ist unser Umsatz 2008 noch zweistellig gewachsen.“
Das Geschäft der Hafenlogistiker ist eng
verknüpft mit der internationalen Arbeitsteilung – und die bleibt als Megatrend unbestritten. Zuletzt galt die Faustformel: 1 %
Weltwirtschaftswachstum generiert rund
3 % Containerwachstum. „Wir werden daher nachfrageorientiert die Umschlagkapazität im Hafen erweitern“, sagt Peters.
Mehr als 600 Mio. Euro wolle die HHLA in
den kommenden Jahren investieren, um
den umschlagstärksten Teil des Hafens –
den Burchardkai – in der Kapazität zu verdoppeln. Wohlgemerkt auf gleicher Fläche
und bei laufendem Betrieb, „es wird eine
OP am offenen Herzen“, kündigt Peters an.
Wie das gehen soll? „Nur durch technische
Verbesserungen und weitere Automatisierung“, so der Plan. Im Wettbewerb der Häfen positionieren sich die Hamburger als
zentrale Drehscheibe für die aufstrebenden
Volkswirtschaften in Asien einerseits, Zentral- und Osteuropa andererseits und den
gesamten Ostseeraum. Da kein osteuropäi-
Foto: Fotolia
Studie von Deutsche Bank Research. Der
deutsche Logistikmarkt ist mit einem Anteil
von gut 20 % der größte in der EU. „Mit Umsatzsteigerungen von im Durchschnitt 4,5 %
ist die Branche in den vergangenen sieben
Jahren schneller gewachsen als das verarbeitende Gewerbe“, sagt Studienautor Eric
Heymann. Die Logistikwirtschaft in
Deutschland gehört mit rund 190 Mrd. Euro
Umsatz und 2,7 Mio. Beschäftigten zu den
größten Wirtschaftszweigen. Nur Handel
und Automobilwirtschaft erwirtschaften
mehr.
Der hohe Industrialisierungsgrad und die
Exportstärke Deutschlands erweisen sich
neben der günstigen geografischen Lage als
CP-STECKBRIEF
results
Das Unternehmermagazin
der Deuschen Bank
Herausgeber:
Deutsche Bank AG, Frankfurt
Produziert von: Hoffmann und
Campe Verlag GmbH, Hamburg
wichtige Treiber: Schließlich werden die logistischen Dienstleistungen insbesondere
von der Industrie nachgefragt. Doch auch
der Boom des E-Commerce und Versandhandels hat die Nachfrage nach kleinteiligen Lieferungen kontinuierlich beflügelt.
Die Untersuchung von Deutsche Bank
Research bekräftigt den langfristigen Aufwärtstrend: Bis 2015 sei in der deutschen
Logistikbranche von jährlichen Umsatzsteigerungen von 5 % auszugehen. Freilich: Die
Turbulenzen der Finanzmärkte und die Rezession gehen nicht spurlos an der Branche
vorbei. Heymann erwartet unter diesen ungünstigen Vorzeichen für 2009 ein leichtes
Sinken der Logistikumsätze und einen erhöhten Kostendruck für die deutschen Logistiker.
In der Krise liegt auch eine Chance für
die Branche: Sie zwingt dazu, die Abwicklung und Steuerung der Warenströme weiter zu optimieren. Profitieren werden jene
Dienstleister, die heute schon exzellent aufgestellt sind und die begleitenden IT-Prozesse beherrschen – wie das Kemptener Familienunternehmen Dachser. „Natürlich:
Rückgänge spüren auch wir“, sagt Geschäftsführer Bernhard Simon. „Aber es gehört zur Managementkunst, flexibel reagieren zu können, ohne den langfristigen Pfad
zu verlassen.“ Der 48-jährige Simon steht
in dritter Generation an der Spitze eines
Unternehmens, das sein Großvater Thomas
Dachser 1930 – mitten in der tiefsten Wirtschaftskrise – gegründet hat. Ging es damals noch darum, Allgäuer Käse ins Rheinland zu transportieren, hat der Enkel inzwischen die ehrgeizige Vision ausgegeben,
Dachser zum „weltbesten Europa-Dienstleister“ zu machen. Der Lebensmittel-Logistik ist Dachser treu geblieben, doch mit
dem jüngsten Generationswechsel im Jahr
2005 verband die Firmenleitung auch eine
konsequente Internationalisierungsstrategie – und damit die Stärkung von Luft- und
Seefracht.
Herzstück des Unternehmens ist das engmaschig geknüpfte europäische Landverkehrsnetz: „Im Stückguttransport sind wir in
Deutschland die Nummer eins, in Europa
unter den ersten fünf“, sagt Simon. Für
Dachser ist Deutschland nach wie vor der
stärkste Markt – ein Pluspunkt in der Rezession: „Die Delle wird sich im Ausland stärker
bemerkbar machen“, glaubt Simon.
„Deutschland ist da noch ein stabilisierender Faktor.“
Simon beweist auch in schwierigen Zeiten Mut zu großen Schritten: In den kommenden fünf Jahren will das Familienunternehmen 1 Mrd. Euro investieren. Im
Blick sind auch ausgewählte Auslandsmärkte: In Polen, Tschechien, der Slowakei und
Ungarn ist Dachser schon stark präsent,
ebenso sind die Kemptener dabei, die aufstrebenden Märkte in Russland, Rumänien
und Bulgarien zu erschließen. Der Schlüssel
zum Erfolg sei es, im Hintergrund hochgradig standardisierte Prozesse laufen zu haben, aber dennoch beim Kunden auf lokale
Besonderheiten einzugehen und eine individuelle Atmosphäre zu schaffen. „Interkulturelle Fähigkeiten sind daher bei uns sehr
gefragt“, sagt Simon. Die dezentrale Führung und „die spezielle Dachser-Denke“
zählt Simon zu den Erfolgsbausteinen. Konkret: „Wir sehen uns als Pool für Unternehmerpersönlichkeiten der Branche, die sich
entfalten wollen. Sie bekommen von der Familie die investiven Mittel zur Verfügung gestellt“, verspricht Simon. Ein positives
Image als Arbeitgeber ist gerade in der Logistik wichtig – denn Fachkräfte sind begehrt.
Als Arbeitgeber stehen Logistiker jedoch
nicht weit oben auf der Beliebtheitsskala.
Unter den beliebtesten hundert Arbeitgebern für angehende Wirtschaftswissenschaftler landeten 2008 nur drei Logistiker
in der Top 100. Laut Universum Student
zogen: Er meidet bei Neuansiedlungen die
Survey schnitt die Flughafengesellschaft
chronischen Engpassstellen. „Es ist schwieFraport am besten ab mit Platz 47 vor DHL
rig, im Ruhrgebiet oder im Raum Rhein(53) und DB Schenker (78). „Unsere BranMain mit seinen unberechenbaren Staus
che ist ein Enabler für Industriearbeitsplätneue Logistikzentren aufzubauen“, so Size“, sagt Professor Peer Witten, Sprecher der
mon. Mit der neuen Europaplattform hat
Logistik-Initiative Hamburg. „Doch uns
sich Dachser daher für den saarländischen
mangelt es selber an Arbeitskräften.“ Für
Standort Überherrn entschieden. „In den
das Aufsichtsratsmitglied der Otto Group ist
strukturschwachen Gebieten stimmen die
dieser Engpass nur einer der potenziellen
Arbeitstugenden – und man bekommt auch
Bremsfaktoren. „Vor allem müssen die Poliunbürokratisch Genehmigungen für Bautiker erkennen, dass wir Logistiker die Güter
ten, was sonst häufig für unsere Branche
nicht beamen können – wir brauchen Vereine hohe Hürde darstellt.“ Simons Kredo:
kehrswege.“
„Gerade Kontraktlogistikzentren sind oft in
Der Ausbau der Infrastruktur wird zu eistrukturschwachen Gegenden besser aufnem vitalen Standortfaktor für die Boomgehoben als in Ballungsgebieten.“
branche, das bestätigt Eric HeyDie Kontraktlogistik gilt mit ihmann von Deutsche Bank Reren innovativen Mehrsearch: „Die Güterverkehrsleiswertdiensten als Königstung auf deutschen Straßen
disziplin.
steigt bis 2025 um 70 %.
Dabei steigt der
Doch die Investitionen in
Dienstleister tief ein in
Fernstraßen stagnieren“
die Wertschöpfungsketund folgert: „Ohne privates
te des Kunden – sei es
Kapital wird die wachsende
mit eigenen KapazitäInfrastrukturlücke wohl
ten oder mithilfe von
nicht zu schließen sein.“
Subunternehmern.
Auch bei anderen Ver„Es gibt einen klaren
kehrsträgern sieht er
Trend zu umfassenden
Engpässe: „Investitionen
Logistikdienstleistunin die Hafenterminals
gen aus einer Hand“,
und die Hinterland-Insagt Studienautor Heyfrastruktur sind ebenfalls
mann.
ein Muss“, so Heymann.
Längst geht es um
Diese Situation treibt
mehr als den reibungsden Transporteuren die
losen Transport von A
Zornesröte ins Gesicht –
nach B. Immer stärker
Ökosteuer, Mineralölsteuer und die zu Jahresübernehmen Systemanbeginn erhöhte Lkw-Maut
bieter auch Verantwortung
sind die Reizthemen. „Die
in ehemaligen Kernbereichen
Der Internethandel
Finanzpolitik verhindert die
beflügelt das
von Industrieunternehmen,
wirtschaftspolitisch notWachstum
sie konfektionieren,
wendigen Investitionen in
bei kleinteiligen
montieren
und
die Infrastruktur“, sagt
Frachten. Foto: Fotolia
veredeln. Manche
Dachser-Chef Simon. „Die
Dienstleister
Mehreinnahmen verversorgen gansickern im Staatsze Fabriken
säckel“, sagt der Unmit nötigen
ternehmer.
VorprodukEine Konsequenz
ten und
hat Simon schon geRo h s t o f -
fen, andere übernehmen das Kundenauftrags-Management oder räumen die Regale
ein. Im Extremfall vergeben die Hersteller
bereits mit Erfolg die gesamte Organisation
ihrer Wertschöpfungskette an externe Logistikdienstleister. „Während der Kampf um
die einfachen Transporte mit immer härteren Bandagen ausgetragen wird, bietet die
Kontraktlogistik noch großes, unausgeschöpftes Potenzial“, sagt Eric Heymann.
Die genau auf den Kunden zugeschnitte-
THESEN
Boom: Die Logistik wächst schneller
als die Industrie. Die Megatrends Globalisierung und Outsourcing bleiben
als Triebfedern auch künftig intakt.
Jobmotor: Mehr als 2,7 Mio. Menschen arbeiten schon jetzt in der Logistik – Tendenz steigend. Doch der
Fachkräftemangel erweist sich als
Bremsfaktor.
Engpass: Nach allen Prognosen
wächst die Verkehrslast drastisch. Nur
mit kräftigen Investitionen in die Infrastruktur kann Deutschland die Spitzenrolle in Europa bewahren.
nen, in der Regel hochkomplexen Lösungen haben nach Schätzungen des Fraunhofer-Instituts in Europa ein mögliches
Marktvolumen von 313 Mrd. Euro, doch
nur ein Viertel davon wird gegenwärtig realisiert.
Gianluca Crestani, Vorstand der Andreas
Schmid Logistik AG in Gersthofen, sieht vor
allem eine Chance, sich gegenüber Wettbewerbern zu profilieren: „Wenn sich Preis
und Qualität der Anbieter immer stärker annähern, bleibt nur Service als Differenzierungsmöglichkeit.“ Welcher Hersteller kann
das Ersatzteil noch bis 16 Uhr liefern? Crestani hat keinen Zweifel: „Über solche Fragen wird es künftig gehen. Und damit ist
die Logistik plötzlich das kaufentscheidende Thema.“
attraktiv…
Die mittelständischen
deutschen Anbieter sind gut positioniert
Interview | Prof. Frank Straube ist Geschäftsführender Direktor am Institut für Technologie
und Management und Leiter des Bereichs Logistik an der TU Berlin.
sen in einer Phase, da der
Sind die deutschen LogistikKostendruck steigt. Davon
dienstleister für die komprofitieren die Logistikanbiemenden unruhigen Zeiten
ter, wenngleich eine Konsoligut gewappnet?
dierung nicht ausbleiben
Wir haben die weltweit fühwird.
renden Unternehmen. Die
Sie haben vier Megatrends
Top Ten hat jedoch nicht
ausgemacht: Globalisierung,
mehr als 20 % Marktanteil,
Sicherheit, Umwelt und Inwas zeigt: Die Branche ist
novationen. Welcher der
mittelständisch geprägt.
Trends wird in der Rezession
Dank ihren Transportbesonders wichtig?
netzen und intelligentem
Der Trend zur Globalisierung
Management sind die Prof. Frank Straube
ist nach wie vor intakt und
deutschen Anbieter sehr
bestimmend. Ich hoffe, dass umweltgegut positioniert.
rechte Logistik nun nicht dem Streben
Wie hart wird die Wirtschaftskrise die Lonach Kostensenkung geopfert wird. Zugistikbranche treffen?
mal die „grüne Logistik“ auch Kosten
Genaue Prognosen hat zurzeit niemand.
sparen kann.
Trotz der sinkenden Transportvolumina
In Ihrer Studie attestieren Sie: Nur 15 %
ist mir allerdings nicht bange. Die Bebis 20 % der Unternehmen seien in Loreitschaft zum Outsourcing wird wach-
gistikdingen exzellent aufgestellt. Wo
gibt es Nachholbedarf?
Branchen wie die Holz- und Metallindustrie
entdecken gerade erst die Vorteile einer
kundenorientierten Logistik. Aber auch in
Branchen wie der Automobil- und Elektronikindustrie sind längst nicht alle Firmen logistisch gesehen fit. 10 % bis 20 %
der Unternehmen in Deutschland haben
die Logistik noch gar nicht entdeckt, 40 %
kennen nicht mal ihre Kosten auf dem Gebiet.
Der Automatisierungsgrad steigt, wie
wichtig ist da noch der Mitarbeiter?
Der Faktor Mensch wird in der Logistik
immer wichtiger. Schon heute melden
61 % der deutschen Logistikunternehmen, dass sie offene Stellen nur unzureichend besetzen können. Insgesamt
rechnen wir im Jahr 2009 mit 70 000 zusätzlichen Stellen in unserer Branche.
… für Ihre erfolgreiche Kommunikation!
Kundenzeitschriften | Geschäftsberichte | Mitarbeitermagazine | Hochschulpublikationen | Newsletter | E-Journals
Corporate Publishing
Monika Burzler | Tel: +49 (0)821 4405-423
monika.burzler@vmm-wirtschaftsverlag.de
www.vmm-wirtschaftsverlag.de/cp
Selection ’09
36 WirtschaftsKurier
VERLAGSSONDERTHEMA MAI 2009
Wettervorhersage
Vorsorge | Reißende Fluten, kaputte Häuser oder abgeknickte Bäume: Die Münchener Rück lernt aus der Katastrophe.Weitgehend unbeachtet von der Öffentlichkeit
unterhält sie einen Think Tank zu Georisiken, dem Klimawandel und den daraus resultierenden Einflüssen auf die Kapitalmärkte.
VON THOMAS SCHMITT
M
it dem Wetter beschäftigt sich Peter Höppe seit mehr als 30 Jahren.
Deshalb weiß er wie kaum ein anderer, wovon er spricht: „Der Klimawandel
kann nur noch gebremst, aber nicht mehr
gestoppt werden“, lautet einer der Merksätze des Professors der Meteorologie. Seit vier
Jahren verkündet er diese Weisheit im Auftrag der Münchener Rück. Dort steht der
Wissenschaftler als Aushängeschild für eine
kleine, aber enorm einflussreiche Expertengruppe der Georisiko-Forschung. Die Denkfabrik mit 30 Leuten hat im Wesentlichen
zwei Aufgaben: Katastrophen auswerten
und darin die Trends von morgen erkennen. Überlebenswichtig ist dies nicht nur
für alle Versicherer. Die Arbeit liefert auch
Impulse für Investoren und die Kapitalmärkte.
Wie viele Katastrophen es inzwischen
gibt, ist mehr als erstaunlich. Genauso wie
die Regelmäßigkeit, mit der sie auftreten.
Die Schäden erreichen oft Milliardenhöhe.
Schon deshalb müssen Investoren die Folgen für Unternehmen und Wirtschaft künftig viel genauer im Auge behalten.
Weltweit gibt es heute dreimal so viele
Überschwemmungen wie 1980; die Zahl der
Stürme verdoppelte sich, die Schäden haben sich seit 1980 mehr als verdreifacht.
Gleichzeitig schießen die Temperaturen
nach oben. Verlässliche Daten gibt es bereits
seit 1856. Doch die zehn wärmsten Jahre verzeichneten die Wetterkundler der Climate
Research Unit aus Großbritannien in den
vergangenen elf Jahren.
Für die meisten Klimaforscher ist inzwischen so gut wie sicher: Der menschliche
Einfluss hat das Risiko einer Hitzewelle wie
2003 mindestens verdoppelt. Nicht nur das:
Es gibt immer mehr tropische Stürme, sie
dauern länger und sind um die Hälfte stärker als früher. Das sind Trends, die weiter
anhalten. Aufgrund des Klimawandels haben sich die Oberflächentemperaturen der
Weltmeere im Mittel um 0,5 Grad erhöht.
Das klingt nach wenig, ist aber für manche
theoretisch sogar dann
hochschießen, wenn
sich an der Intensität
und Häufigkeit der Katastrophen gar nichts änderte.
Eine bedeutende Rolle
spielt überdies die Inflation:
Versicherungsmathematiker
haben das am Beispiel des
Münchener Hagels vom
12. Juli 1984 einmal ausgerechnet. Der durchschnittliche Kasko-Schaden betrug 1 700 Euro.
Rechnet man dies auf heute
hoch, so stiege der Durchschnittsschaden auf 4 200 Euro.
Das Beispiel zeigt: Klimaforscher
dürfen nicht bloß Katastrophen
zählen. Sie müssen bereichsübergreifend denken und alles rund um
ihr Thema sammeln. Wie immer sind
jene im Vorteil, die damit früh angefangen haben. Die Münchener Rück
begann bereits 1974, systematisch alle
Bereiche schon viel zu viel, weil mehr Wärmeenergie tropische Stürme befeuert. Je
wärmer das Wasser, desto mehr Kraft entfaltet ein Wirbelsturm. Erst wenn der Orkan
sich nicht weiter aufladen kann, etwa über
Land oder kaltem Wasser, wird er wieder
schwächer.
Mancher Zuhörer mag zwar schon gar
nicht mehr hinhören, wenn Peter Höppe
eine Katastrophe an die nächste reiht. Doch
all diese Extrem-Ereignisse akribisch zu erfassen ist wichtig. Ebenso wie die Analyse
der Ursachen, um hinterher die Gelder der
Versicherten und der Anleger in die beste
Verwendung zu lenken. Dabei darf allerdings nicht vergessen werden: Schuld ist
nicht nur das Wetter. Steigende Schäden
sind auch ein gesellschaftliches Phänomen.
Immer mehr Menschen besiedeln Flächen
und leben in Städten auf engem Raum zusammen. Weil der Lebensstandard steigt,
können Katastrophen mehr vernichten als
früher, ob Autos, Wohnungen oder Computer. Da die Menschen zudem mehr versichern, würden die Schadensmeldungen
Naturkatastrophen zu erfassen, als noch
niemand vom Klimawandel redete. Daher verfügt sie heute über die Daten von
allen großen Erdbeben, Stürmen, Überschwemmungen und Hitzewellen seit
1950. Pro Jahr registriert der Natcat-Service, so heißt die Schadendatenbank,
600 bis 850 Einzelereignisse; seit 1980
wurden mehr als 25 000 eingegeben.
Dass Höppes Leute bereits 1990
mehr und stärkere Hurrikane voraussagten und dies eingetroffen ist, vermerkt er gern am Rande. Es hilft ihm
jedoch nichts bei den Aufgaben, die
er nun zu bewältigen hat. Er muss
noch genauere Prognosen abgeben,
damit seine Kollegen bessere Geschäfte mit den Versicherungskunden machen und die Investoren
ihr Geld effizienter einsetzen können.
Das Geschäft der Versicherung
richtet der Manager nun allumfassend auf den Klimawandel
aus. Das geht im Kerngeschäft
los. Weil er die Risiken besser
und genauer beziffern kann als
früher, wissen die Entscheider
des Konzerns auf allen Ebenen, welche Geschäfte sie zu
welchem Preis machen sollten und welche lieber nicht.
Das ist gerade für eine Rückversicherung überlebenswichtig. Denn ihr Geschäft
ist es ja gerade, das letzte
Glied in der Versichererkette zu sein. Wenn keiner
mehr den Schaden bezahlt, dann springt oft die
Rückversicherung ein –
nur durch diese Streuung
der Risiken lassen sich
auch Schäden aus großen
Katastrophen decken. Für
eine Rückversicherung
ist daher entscheidend,
von vornherein vorsichtig zu rechnen. Wer den
Klimawandel
nicht
NATURKATASTROPHEN
Anzahl der Naturkatastrophen von 1984 bis 2004
1000
800
Geophysikalische Ereignisse: Erdbeben, Vulkanausbruch
Meteorologische Ereignisse: Tropische Stürme, Wintersturm, Unwetter,
Hagel, Tornade, lokale Stürme
Hydrologische Ereignisse: Sturzflut, Flussüberschwemmung,
Sturmflut, Massenbewegung (Erdrutsch)
Klimatologische Ereignisse: Hitze, Kältewelle, Waldbrand, Dürre
Zehnjahresmittel
600
400
200
0
1980
1984
1988
1992
1996
2000
2004
Grafik: Münchner Rück, Topics Geo 2007, WirtschaftsKurier 2009
CP-STECKBRIEF
Südseiten 4/08
Klima & Geld
Ein Think Tank
zur Risikoberechnung
MiFID
Umfrage: Profitieren
die Kunden?
Das Magazin der Börse München 4/08
Casino
Morale
Konzentrieren Sie
Ihre Lesezeit:
Das gesamte Wirtschaftssystem durchlebt
eine Akzeptanzkrise – sein Vertrauenskapital steht auf dem Spiel.
Südseiten
Das Magazin der Börse München
Herausgeber:
Bayerische Börse AG
Produziert von:
ABW Agentur für Kommunikation
GmbH, MünchenVerlag GmbH,
Nürnberg
Unverzichtbar für Entscheider mit Überblick!
Bitte in Blockbuchstaben ausfüllen
Fax: 089 / 63 89 81-0
Beratung
Präsentieren
mit Aha-Effekt
oder im Kuvert senden an:
WirtschaftsKurier, Parkring 4, 85748 Garching bei München
Ja! Wirtschafts-Wesentliches interessiert mich.
Bitte senden Sie mir kostenlos und unverbindlich die beiden nächstfolgenden
Ausgaben.
Das günstige Jahres-Abonnement von 19,– Euro inklusive Zustellgebühr
und Mehrwertsteuer (Inland) möchte ich wahrnehmen.
Ich zahle den Jahresbetrag nach Erhalt der Rechnung.
Damit nur der Frosch
klettert, aber nicht die
Risiken, beschäftigen sich
Klimaforscher im Auftrag
von Versicherungen mit der
Zukunft des Wetters auf
unserem Globus.
Firma
richtig in die Prämie einkalkuliert, wird in
einigen Jahren gewaltige Verluste schreiben.
Klimaforscher bringen aber mehr als
Zahlen. Sie erkennen eher als andere neue
Märkte. Je unumkehrbarer der Klimawandel
ist, desto lukrativer wird eine andere Energieversorgung, oder ein besserer Hochwasserschutz. Dabei denken die Klimaforscher
längst über ihr Kerngeschäft hinaus. Versicherungen müssen ja auch das Geld ihrer
Kunden sinnvoll und langfristig anlegen.
Also warum sollten sie nicht in eine Anlage
zur Meerwasserentsalzung, in Wasserpipelines oder Anlagen für erneuerbare Energien
investieren? Vieles davon bringt inzwischen
sogar zweistellige Renditen für Investoren –
wenn man sich auskennt. Für die Münchener Rück ist derlei doppelt sinnvoll: Sie wird
zum Schrittmacher für alternative Energien,
was gut für das Image ist. Sie verdient andererseits am Versicherungsschutz und ermöglicht dadurch manchmal sogar erst Investitionen in Zukunftsbereichen, etwa bei
der Suche nach geeigneten Standorten für
Geothermie-Kraftwerke.
Corporate Responsibility
Das Unternehmen selbst wird überdies klimaneutral. Das heißt ganz praktisch: Weil
zum Beispiel ihre Mitarbeiter nicht zugunsten des Umweltschutzes aufs Reisen verzichten können, kauft die Münchener Rück
Zertifikate, die den Kohlendioxid-Verbrauch
neutralisieren. Sie bezieht grünen Strom,
steigert die Energieeffizienz, investiert in
Forstprojekte oder installiert Solaranlagen
auf ihren Dächern. Zum Teil sind das Geschäfte, bei denen Investoren kräftig mitmischen. Je mehr Unternehmen dem Beispiel folgen, umso größer werden auch die
damit verbundenen Märkte, die Rendite wie
Wachstum versprechen.
Höppe weiß das, denn er ist einer, der das
große Ganze im Blick behält. Das gute Vorbild zählt, aber begehrter noch ist sein Rat,
auch in Berlin. So koordiniert die Münchener Rück zum Beispiel das Finanzforum Klimawandel im Rahmen der Hightech-Initiative der Bundesregierung. Hier werden Finanzdienstleister mit Informationen versorgt. Höppe weiß: Die Bundesregierung
will die Emissionen von Treibhausgasen bis
2020 um 40 % senken. Dabei möchte sie
den Anteil erneuerbarer Energien an der
Elektrizitätsversorgung auf 25 % bis 30 %
und an der Wärmeversorgung auf 14 % ausbauen. Das Geld der Menschen und Unternehmen soll in kohlenstoffarme oder -freie
Technologien fließen. Allerdings wird dies
nur gelingen, wenn die Finanzmärkte mitspielen. Wichtig ist da zum Beispiel, dass
der neue Emissionsrechte-Handel langfristig funktioniert und weiter ausgebaut wird.
„Die Finanzmärkte und Investoren benötigen eine Perspektive“, sagen die Risikoforscher gern. Sie wollen diese mit ihren Daten
und Erkenntnissen über das Wetter liefern.
Ein Erfolg ihrer Arbeit ist bereits sichtbar:
Immer häufiger nehmen Analysten, Ratingagenturen und spezialisierte Investorengruppen auch die Klima-Performance von
börsennotierten Unternehmen unter die
Lupe. Das geht dann in Ratings ein wie in
den Dow Jones Sustainability Index. Als Anbieter von Fonds für Privatanleger legen immer mehr Versicherungskonzerne und Finanzdienstleister Publikumsfonds auf, die
wiederum in nachhaltige Betriebe oder in
klimafreundliche Technologien investieren.
Schließlich agieren die Versicherer auch
selbst als Anleger am Kapitalmarkt und können mit ihren Investitionsentscheidungen
gewünschte Impulse setzen. Für all diese
Bereiche liefern Leute wie Höppe wichtige
Einschätzungen.
Die Beispiele zeigen: Der Wetterkundler
kämpft heute an vielen Fronten gegen den
Klimawandel. Er hat sich dabei in den letzten Jahren konsequent weiterentwickelt –
vom Wissenschaftler, der gern forscht, zum
Manager, der Ideen hat und in sein Unternehmen einbringt. Genauso wichtig bleibt
es aber auch, einige zentrale, positive Botschaften immer wieder unter die Leute zu
bringen. Drei der wichtigsten sind: „Klimaschutz rechnet sich“, „Der Klimawandel eröffnet eine Vielzahl von Chancen“ und „Wir
müssen uns anpassen und die Emission
von Treibhausgasen senken“.
DIE GROßEN KATASTROPHEN DER VERGANGENEN JAHRE
Name, Vorname
Straße, Hausnummer
Telefon
Postleitzahl, Wohnort
E-Mail
Datum
Unterschrift des neuen Abonnenten
Widerrufsgarantie: Sie können die Bestellung innerhalb von 10 Tagen nach Bestelldatum
(Poststempel) beim WirtschaftsKurier, Parkring 4, 85748 Garching bei München widerrufen.
Datum, Unterschrift
Hochwasser: Im August 2002 traten alle
kleinen Flüsse in und um Dresden aus
ihrem Bett und hinterließen gewaltige
Zerstörungen. Peter Höppe bilanziert:
16 Mrd. Euro Schaden. Versichert davon
waren 3,4 Mrd. Euro.
Hitze: Im Jahrhundertsommer 2003 stiegen die Temperaturen über 40 Grad. Im
Süden Portugals wurden am 1. August
47,3 Grad gemessen. Trockenheit und
Wassermangel bedingten einander,
Waldbrände häuften sich. 70 000 Hitzetote zählten die europäischen Behörden.
Höppe urteilt: „Das war die größte humanitäre Naturkatastrophe in Europa
seit Hunderten von Jahren.“
Wirbelstürme: Jedes Jahr jagen Hurrikane über den Golf von Mexiko und das
amerikanische Festland. Nun tauchen
sie auch dort auf, wo dies bisher unbekannt war. Im März 2004 fegte Katarina
über die brasilianische Küste. „Das war
der erste Hurrikan im Südatlantik“, stellt
Höppe fest.
Wetterrekorde: In Indien regnete es
2005 innerhalb von 24 Stunden so stark
wie nie zuvor: 5 Mrd. US-Dollar Schaden und 1 150 Tote. Überschwemmungen in den Alpen verursachten Schäden von 3 Mrd. US-Dollar. Der Hurrikan
Katrina raste über den Golf von Mexiko
und New Orleans. Folge: 1 300 Tote
und 140 Mrd. US-Dollar Schaden. „Das
war der größte versicherte Schaden aller Zeiten durch ein Einzelereignis“,
sagt Höppe. Im Oktober tauchte vor
Madeira der Wirbelsturm Vince auf. Bisher war die Gegend hurrikanfrei. „Nie
zuvor seit Beginn der Aufzeichnungen
gab es so viele Hurrikane und benannte
tropische Wirbelstürme in einer Saison“, bilanziert Höppe das Jahr 2005.
Und so ging es weiter: Eine Hitzewelle
in den Niederlanden forderte mehr als
1 000 Tote. Der Orkan Kyrill brachte
10 Mrd. Euro Schaden. Halb England
stand 2007 unter Wasser. Milliardenansprüche strömten auf die Versicherer
ein.
VERLAGSSONDERTHEMA
MAI 2009
Innovationen
Ob der 820 Vario oder die neue
Frontladergeneration – die Produktpalette von AGCO Fendt
entwickelt sich stets weiter. Mehr
zu den Neuheiten auf
Seite 38
Erfolgreich!
Gut gewappnet: Trotz Finanz- und Wirtschaftskrise sind
viele Unternehmen noch immer bestens aufgestellt. Die Firmeninhaber fühlen sich von der
aktuellen Entwicklung nicht bedroht, weil sie mit
innovativen Produktideen, loyalen Mitarbeitern,
serviceorientierter Kundennähe und strategischem Marketing
Firmen, die in der Krise
Stärke zeigen (Teil 2)
WirtschaftsKurier
optimal vorgesorgt haben. Dadurch fahren sie auch in wirtschaftlich turbulenten Zeiten überdurchschnittliche
Ergebnisse ein. Der WirtschaftsKurier stellt Ihnen im
zweiten Teil seiner Serie „Erfolgreich!“ den Traktorenhersteller Fendt aus Marktoberdorf im Allgäu vor, der
zur US-amerikanischen AGCO-Gruppe gehört.
37
Interview
Martin Richenhagen, AGCO
Chairman, President und Chief
Executive Officer verrät im
Interview das Geheimnis des
Firmenerfolgs.
Seite 39
Fendt erntet Rekordertrag
Umsatzwachstum | Viele Firmen melden sich wegen der weltweiten Wirtschaftskrise insolvent. Ganz anders dagegen der Traktorenhersteller Fendt
aus Marktoberdorf und seine Mutter, die US-Landtechnikgruppe AGCO. Das Unternehmen fährt Spitzengewinne ein.
VON NADJA RURANSKI
E
s gibt sie doch noch: Erfolgsgeschichten aus der Wirtschaft.
Inmitten der Krise meldet Martin Richenhagen, Chairman,
President und CEO der AGCO
Corporation, ein Rekordergebnis. Und das,
obwohl die Firma ausgerechnet in den
USA beheimatet ist, dem Mutterland der
Wirtschaftskrise. AGCO stellt vor allem
Traktoren, Mähdrescher, Sprüh- und Saatmaschinen sowie Heugeräte her. Der Konzern, der weltweit 15 000 Mitarbeiter beschäftigt, entstand 1990 nach dem Kauf
der Deutz Allis Corporation, einer USTochter der deutschen Klöckner-Humboldt-Deutz, heute Deutz AG. 1997 hat
AGCO die Firma Fendt aus Marktoberdorf
übernommen. Seither ist der Umsatz rasant gestiegen. Der aus Deutschland stammende Richenhagen leitet im Bundesstaat
Georgia den Landmaschinen-Hersteller.
Von einer Krise ist in dem Unternehmen
wenig zu spüren: 23 % mehr Umsatz fuhr
AGCO im vergangenen Jahr ein. Der Gewinn pro Aktie stieg um 60 % und liegt
erstmals in der Firmengeschichte bei
mehr als 4 US-Dollar. Der Konzern ist solide aufgestellt, nahezu schuldenfrei. Mit
Traktoren lässt sich auch weiterhin Geld
verdienen. „Die deutsche Marke wird in
diesem Jahr beim Umsatz erneut um 10 %
zulegen“, sagte Richenhagen, „unsere Auftragsbestände bei Fendt haben zum Jahresende 2008 ein Rekord-Level erreicht.“
Auf Konzernebene rechnet er dieses Jahr
nur noch mit einem Umsatz von etwa
7,8 Mrd. US-Dollar nach 8,4 Mrd. US-Dollar 2008. Dieser Rückgang hat aber nichts
mit der Krise zu tun, sondern ist auf Sonderfaktoren in Südamerika und auf Wechselkursänderungen zurückzuführen. Bereits 2010 werde es wieder aufwärtsgehen.
Mit seinem Optimismus steht Richenhagen derzeit ziemlich alleine da. Viele
Automobilhersteller trauen sich nicht einmal mehr, den Umsatz des nächsten Quar-
tals vorherzusagen. AGCO ist in den vergangenen 16 Jahren vor allem durch Zukäufe gewachsen. „Unsere Industrie hat
sich seit 1950 stark konsolidiert. Damals
gab es allein in Deutschland über 50 unabhängige Traktorproduzenten“, meinte
Richenhagen. Es gibt jedoch viele spezialisierte Nischenanbieter und regionale
Familienunternehmen mit einem Umsatz
von 50 Mio. Euro bis 200 Mio. Euro. „Die
interessieren uns“, so der Konzernchef.
Der 56-jährige gab zu, dass es spannend
werden könnte, das selbst gesteckte Ziel
von 7,8 Mrd. US-Dollar Umsatz, also
knapp 5,9 Mrd. Euro, zu erreichen. Allzu
große Hürden sieht er dabei aber nicht.
Im Gegensatz zu den Autos läuft das Geschäft mit den Traktoren und Erntemaschinen weiterhin gut.
Ungebremste Nachfrage
Das Jahr 2009 startete planmäßig, da die
Nachfrage nach Hightech-Landmaschinen
weiterhin hoch ist. Richenhagen zeigte
sich optimistisch, dass die Erfolgsgeschichte der Unternehmensgruppe auch
künftig rund läuft: „An den wesentlichen
Voraussetzungen für unsere Industrie hat
sich durch die Krise nichts geändert.“ Die
Weltbevölkerung wächst, während die
landwirtschaftlich nutzbare Fläche immer
weiter abnimmt. Jedes Jahr werden rund
80 Mio. Menschen geboren, die zusätzlich
ernährt werden müssen. Die Ernährungsgewohnheiten in den Schwellenländern
passen sich denen in den Industrieländern
immer mehr an. In zahlreichen Ländern
bewirtschaften die Bauern ihre Felder aber
bisher wenig effektiv. Die Folge: Produzenten von Hightech-Landmaschinen wickeln
hervorragende Geschäfte ab. „Die Weltbevölkerung wächst. Die landwirtschaftliche
Produktion muss in den nächsten 20 Jahren verdoppelt werden. Der Landwirtschaft gehört die Zukunft“, freute sich
Richenhagen. AGCO reagiert auf die weltweit steigende Nachfrage nach HightechLandmaschinen für Landwirte. Insgesamt
investiert der Konzern viel in Forschung
und Entwicklung und baut in den USA Kapazitäten auf. In Amerika und den Staaten
der ehemaligen Sowjetunion gibt es eine
vergleichbar große Ackerfläche. In den
USA werden jährlich rund 25 000 schwere
Traktoren und in den osteuropäischen
Staaten etwa 11 000 verkauft. „Da gibt es
noch viel Potenzial. In Russland liegen
40 Mio. Hektar brach. Das kann langfristig
nicht so weitergehen. Die Weizenpreise
werden wieder steigen“, erläuterte der
Konzernchef. Die Produktion von Biosprit
verschärft das Problem und zwingt ebenfalls dazu, die Böden nachhaltiger zu nutzen. Hoch entwickelte Technologie in der
Landtechnik wird sich daher weltweit immer mehr durchsetzen. In dieser Richtung
hat der Konzern mit seinen vier Kernmarken Fendt, Massey Ferguson, Challenger
und Valtra eine Fülle an Produkten zu bieten. Die weltweite Nummer drei der Branche – hinter dem US-Unternehmen John
Deere und der Fiat-Tochter Case New Holland – konzentriert sich als einzige Firma
ganz auf Landtechnik. Fendt ist die
Hightech-Marke und der Innovationsstandort im AGCO-Konzern. Gerade im
Bereich moderner Großtraktoren, die die
Kosten pro Hektar deutlich senken können, spielt Fendt mit den Baureihen 800
und 900 Vario eine führende Rolle. Ein besonderes Projekt der Fendt-Entwicklung
ist die Konzeptstudie Trisix Vario, einem
Großtraktor mit drei Achsen, 544 PS und
einem Leergewicht von 19 Tonnen. Damit
lässt sich fast jeder Boden beackern und
das mit bis zu 65 Stundenkilometern. Die
Produkte werden von mehr als 2 800 unabhängigen Händlern in mehr als 140 Ländern vertrieben.
Produktionskapazität
ausweiten
Neben den USA und Westeuropa haben
sich vor allem die EU-Beitrittsländer wie
Polen oder Ungarn zu lukrativen Absatzmärkten entwickelt, die von EU-Förder-
mitteln und nationalen Investitionszuschüssen für die Modernisierung der
Landwirtschaft profitieren. Die Traditionsmarke Fendt ist besonders stark in Westund Zentraleuropa mit dem Baltikum.
Auch Afrika könnte wegen des guten Klimas und der hervorragenden Böden bald
ein wichtiger Markt für AGCO sein. „Der
Bedarf an preiswerten, soliden Schleppern
ist hoch. Wir haben das Produkt, aber
noch nicht die Produktionsstrukturen. Wir
schließen deshalb den Bau eines Montagewerkes in Afrika nicht aus“, so Richenhagen. Das Problem ist die fehlende politische Stabilität. Den größten Markt für
Schlepper bietet allerdings Indien. Dort ist
AGCO mit Massey-Ferguson seit Jahrzehnten mit 23 % an einem Joint Venture betei-
ligt. „Das ist nicht ideal, weil wir eigentlich
immer Mehrheitsbeteiligungen anstreben,
aber sonst ist das auch ein Modell für Afrika und China.“
Vier der 15 Produktionsstandorte von
AGCO befinden sich in den USA und in
Mexiko, drei in Südamerika und acht in
Europa. Doch das Zugpferd des Konzerns
ist die Premium-Marke Fendt. Mit den
Traktoren und einem noch kleinen Anteil
an Mähdreschern und anderen Geräten hat
die deutsche Tochter im vergangenen Jahr
1,3 Mrd. Euro zum Gesamtumsatz von
rund 6,4 Mrd. Euro geliefert. Das Unternehmen hat 15 428 Traktoren verkauft. Das
sind gut 2 000 mehr als im Vorjahr. Die von
Fendt entwickelten stufenlosen Vario-Getriebe werden zum Teil von allen Konzern-
ABSATZENTWICKLUNG
Traktoren
16000
14000
12000
10000
8000
6000
4000
2000
0
1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008
Grafik: Fendt, 2009
marken übernommen. Damit kommen die
deutschen Traktorgetriebe auch in Traktoren von Marken wie Massey-Ferguson oder
Challenger auf der ganzen Welt zum Einsatz und der Exportanteil der deutschen
Landmaschinenindustrie wird weiter ausgebaut. Bereits jetzt werden zwei von drei
in Deutschland gebauten Traktoren exportiert. Dabei ist das deutsche Know-how ein
enormer Wettbewerbsvorteil. Das diesjährige Ziel: 17 000 Traktoren absetzen und die
Produktion bis 2012 auf 20 000 Traktoren
erhöhen.
Investitionsprojekte
auf den Weg bringen
Um das Wachstum zu sichern, erweitert
AGCO nun die deutschen Fendt-Werke in
Marktoberdorf und im bayerischen Asbach-Bäumenheim. Trotz Finanzkrise soll
dieses Projekt mit Nachdruck vorangetrieben werden. „Bei Fendt haben wir unser
bisher größtes Einzelinvestitionsprojekt
auf den Weg gebracht“, erläutert Richenhagen. Die Unternehmensgruppe investiert
rund 170 Mio. Euro in die beiden FendtWerke, um die Fertigung auszubauen und
noch leistungsstärker zu machen. Außerdem bringt die Werkserweiterung weitere
Arbeitsplätze mit sich. „Wir glauben an
den Standort Deutschland“, versicherte
der AGCO-Chef.
Bei Fendt ist die Zahl der Mitarbeiter im
vergangenen Jahr um rund 240 auf 3 321
gestiegen, bei AGCO wurden rund 1 000
neue Stellen geschaffen. Derzeit beschäftigt das Unternehmen 15 000 Mitarbeiter.
„Mit Ausnahme Brasiliens, wo wir die Zeitarbeiter reduzieren, planen wir keinen
Personalabbau“, erklärte Richenhagen. Er
lobte die Unterstützung, die das Unternehmen bei seinen Investitionsvorhaben
in Bayern und den beteiligten Gemeinden
erfahren hat. „Es ist für uns sinnvoll, in
dieser Region zu bleiben und zu investieren“, so Richenhagen, „denn die FendtMitarbeiter wissen, was die Landwirte
brauchen.“
Erfolgreich!
38 WirtschaftsKurier
VERLAGSSONDERTHEMA MAI 2009
Trends & Innovationen
Technologie aus dem Allgäu | Premiumhersteller bei Traktoren
funktionen ausgeführt werden. Der 200
Vario punktet durch Wirtschaftlichkeit
und Funktionalität, weil er eine optimierte Hydraulikbedienung besitzt, mit einer
optionalen Load-Sensing-Pumpe ausgestattet ist und bis zu sechs neu entwickelte doppelwirkende Steuergeräte hat.
Durch die besondere Konstruktion des
Vario-Getriebes ist es zudem gelungen, die
Antriebs-Komponenten weitestgehend in
das Hinterachsgehäuse zu integrieren. Der
200 Vario ist der erste Spezialtraktor mit einem ebenen Kabinenboden. Eine ideale
Beinstellung gewährleistet nicht nur der wegfallende Getriebetunnel, sondern auch das
zentrale Bedienkonzept
an der rechten Seite.
Durch das neigungsund höhenverstellbare
Lenkrad sowie den luftgefederten Komfortsitz
sitzt der Fahrer immer
in der richtigen Position und bleibt so auch
an langen Arbeitstagen fit. Für ein angenehmes Arbeitsklima sorgt das leistungsfähige Heizungs- und Belüftungssystem mit
integrierter Klimaanlage. An kalten Tagen
wird der Fahrer durch eine Warmwasserheizung gewärmt. Ein weiteres Plus: der
geringe Geräuschpegel durch die Abkoppelung der Kabine vom Rumpf des Schleppers, die gedämmte Kabine und eine wassergekühlter Motor mit hoher Laufruhe.
Ob nun der 200 Vario V/F/P oder die Baureihen vom 300 bis 900 Vario – Das Konzept der Fendt Traktoren überzeugt. Und
so bekommt das Unternehmen eine Auszeichnung nach der anderen.
Medaillenregen
für innovative Lösungen
M
it dem „200 Vario V/F/P“ eröffnet
Fendt ein neues Zeitalter im Bereich der Spezialtraktoren. Der
200 Vario vereint höchsten Fahrkomfort,
optimale Effizienz und ist zudem der erste
und einzige stufenlose Spezialtraktor mit
Vario-Getriebe am Markt. Durch die langjährige Erfahrung bei der Entwicklung und
Produktion von Getriebe und Elektronik
ist es den Ingenieuren der Fendt-Entwicklung gelungen, die Spezialtraktoren mit
moderner
Großtraktoren-Technologie
auszustatten. Um die Landwirte auch
künftig mit bester Qualität bedienen zu
können, fiel im Juni 2006 der Startschuss
zur Entwicklung des 200 Vario. Rund
60 hoch qualifizierte Ingenieure und Konstrukteure von Fendt haben über drei Jahre an dem Premiumprodukt für den
Wein-, Obst- und Hopfenanbau gearbeitet. Daneben bietet der 200 Vario auch bei
vielen außerlandwirtschaftlichen Einsätzen, wie kommunalen Arbeiten oder
Landschaftspflege, viele Vorteile. Dazu
zählen die hervorragende Wendigkeit, die
schmale Bauweise, die ergonomisch perfekt angebrachte Bedieneinheit sowie der
stufenlose Antrieb der Baureihe.
Hauptziel bei der Entwicklung war es,
den neuen 200 Vario mit dem stufenlosen
Vario-Getriebe auszurüsten, weil dieses
sich für den Wein-, Obst- und Hopfenanbau besonders gut eignet. Eine echte Herausforderung für die Ingenieure war es,
das stufenlose Getriebe auf kleinstem
Raum wartungsfreundlich unterzubringen. Das Getriebe wurde eigens dafür entwickelt und an die festgelegte Baugröße
angepasst. Die Leistungsfähigkeit des Getriebes zeigt sich auch deutlich bei der
Beschleunigung: Von 0 auf 40 Stundenkilometer in nur sieben Sekunden – das
spricht für sich. Die Maximalgeschwindigkeit wird bereits bei Kraftstoff sparenden 1 750 Umdrehungen pro Minute erreicht. Für eine noch wirtschaftlichere
Fahrweise sorgt das Traktor-Management-System (TMS). Das TMS über-
WEITERE ENTWICKLUNGEN
Technologie der Superlative:
Fendt setzt fortwährend neue Maßstäbe
in der Erntetechnik. Technische Meilensteine wie das PowerFlow-Schneidwerk
sind mittlerweile fester Bestandteil der
hochklassigen Mähdrescher. Mit dem
einzigartigen Konzept des „Rotormähdreschers 9460 R“ wurde eine neue Ära
der Erntetechnik eröffnet. Das Geheimnis
des Erfolges basiert auf dem großen Rotor, der die Dreschleistung und Strohqualität deutlich verbessert.
Neue Dimension
der Kraftübertragung:
Mit der Konzeptstudie „Trisix Vario“ präsentiert Fendt ein weiteres Hochleistungsfahrzeug. Das Konzept vereint die
Vorteile von Raupentraktoren mit denen
von Hochleistungs-Radtraktoren – ohne
dabei die jeweiligen Nachteile in Kauf
nehmen zu müssen. Drei Achsen bedeuten im Vergleich zu bisherigen Radkon-
zepten eine erhöhte Kraftübertragung
und eine deutlich bessere Traktion.
Gleichzeitig sind Fahrzeugaußenbreiten
möglich, die einen uneingeschränkten
Straßenverkehr erlauben.
Rapsöl-betriebener
Fendt-Traktor:
Im Hinblick auf eine geringere CO2-Belastung und die Endlichkeit fossiler Ressourcen gewinnen Rohstoffe, die in der
Landwirtschaft erzeugt werden, an Bedeutung. Fendt stellte diesem Trend entsprechend als erster Traktorenhersteller
ab Werk einen mit Rapsöl betriebenen
Traktor, den „820 Vario greentec“, her.
Das Konzept, das gemeinsam mit dem
Motorenhersteller Deutz entwickelt wurde, basiert auf einem ventilgesteuerten
Zwei-Tank-System. Dieses besteht aus
einem Rapsöltank mit 340 Litern Volumen und einem kleineren Dieseltank mit
rund 100 Litern Volumen.
nimmt die Steuerung von Motor und Getriebe. Der Fahrer gibt die Geschwindigkeit vor und das TMS passt die Motordrehzahl und die Getriebeeinstellung automatisch an, sodass der Traktor immer
im wirtschaftlichen Optimum betrieben
wird. Dies entlastet nicht nur den Fahrer,
sondern ermöglicht eine Kraftstoffeinsparung von bis zu 10 %. Außerdem
ist im 200 Vario ein wassergekühlter 3-Zylinder-Motor von
AGCO Sisu Power eingebaut.
Der Motor hat eine Maximalleistung von 70 bis 110 PS
und einen Hubraum von
3,3 Litern. Durch die kurze
Bauweise des 3-Zylinders ist
es gelungen, das neue Kühlpaket unterzubringen und
dennoch die kompakte
Bauart der Spezialschlepper beizubehalten. Die Kühlanlage verfügt über große
Ansaugflächen, was
für eine bestmögliche
Kühlerleistung sorgt.
Der Luftfilter mit Zyklonvorabscheider garantiert hohe Filterstandzeiten und einen
geringen Wartungsaufwand. Zudem ermöglicht er einen hohen Luftdurchsatz
trotz des geringen Bauraumes.
Mehr Komfort
durch moderne Technik
Schon vor der Konstruktionsphase standen die Ingenieure mit den Vertriebspartnern in engem Kontakt und sammelten
Vorschläge für das neue Fahrzeug. Bedeut-
sam für die Entwicklung war auch die Zusammenarbeit mit den Kunden, um genau den Traktor zu konstruieren, der dem
Markt gerecht wird. Aufgrund der unterschiedlichen Anforderungen bezüglich des
Geräteeinsatzes und den verschiedenen
Betriebsgrößen in Europa war die Entwicklung des Bedienkonzeptes
wichtig. Um sicherzustellen,
dass das neue Bedienkonzept allen Kundenwünschen entspricht, lud
Fendt Landwirte aus
den wichtigsten europäischen Märkten nach
Marktoberdorf ein. Das
Ergebnis: Eine zentrale
Bedieneinheit und die
Möglichkeit, zwischen
zwei Ausführungen des
Fahrhebels zu wählen.
Die Bedienung funktioniert mit einem Joystick,
der den Traktor beschleunigt
oder verlangsamt und mit dem
die Wendeschaltung, der Tempomat
und der Motordrehzahlspeicher betätigt
werden. Der Multifunktionshebel bietet
damit mehr Funktionalität als SynchronGetriebe mit bis zu vier Schalthebeln. Für
komplexere Arbeiten gibt es den 200 Vario
mit einem sogenannten Profi-Paket. Mit
dem Profi-Fahrhebel können über die
Funktionen des Joystick hinaus bis zu vier
doppelt wirkende Steuerventile sowie die
Heckkraftheber und Zapfwellenautomatik
bedient werden. Angebaute Arbeitsgeräte
können so beim Wenden ohne lästiges
Umgreifen ausgehoben oder diverse Stell-
Für den Innovationspreis 2009 im Rahmen der SIMA in Paris wurden mehr als
150 Innovationen eingereicht. Die Jury,
bestehend aus 15 Experten aus sechs Ländern, zeichnete 25 davon mit einer Medaille aus. Fendt erhielt bei der Verleihung
eine Silbermedaille für die Spezialtraktorenbaureihe 200 Vario. Prämiert wurde die
Baureihe für das stufenlose Vario-Getriebe, die Plattform-Kabine und das Bedienkonzept mit Joystick. Laut der Jury bietet
Fendt mit seinen Wein- und ObstbauTraktoren einen Fahr- und Arbeitskomfort
sowie Wirtschaftlichkeit und Sicherheit,
wie sie bisher nur in großen Traktoren
möglich waren. „Ich freue mich, dass sich
die Arbeit für meine Mitarbeiter gelohnt
hat. Der gesamte 200 Vario-Traktor ist
eine einzige Innovation, angefangen beim
Vario-Getriebe über den hervorragenden
Bedien- und Fahrkomfort bis hin zum
Motor“, sagte Dr.
Heribert Reiter, Vice
President und Geschäftsführer Entwicklung und Einkauf.
Die Messe AGRA
in Bulgarien gleich
zu Beginn dieses
Jahres war für Fendt
ebenfalls ein voller
Erfolg. Nur eine einzige Goldmedaille
wurde bei der Veranstaltung vergeben
und diese erhielt der Fendt-Großtraktor
„936 Vario“. Wieder waren es Bedienkomfort sowie Wirtschaftlichkeit durch innovative technische Lösungen, welche die
Jury überzeugten. Begeistert waren die
Experten auch vom Design. Die Vorteile
von Komfort und Innovationen zur Effizienzsteigerung und zur Erleichterung der
Arbeit gewinnen gerade in Osteuropa zunehmend an Bedeutung. Auch in Russland wurde der 936 Vario wegen seiner
vielen Vorteile mit einer Goldmedaille
ausgezeichnet. Der Großtraktor hatte mit
hohen Leistungswerten wie 360 PS oder
60 Stundenkilomtern Höchstgeschwindigkeit, Sparsamkeit im Kraftstoffverbrauch sowie dem Fahrsicherheitssystem
Fendt Stability Control die Jury überzeugt.
Die Besucher waren von den Innovationen begeistert, die es Ende des vergangenen Jahres auf der ersten internationalen
Fachmesse für Landtechnik Agrosalon in
Moskau sah. Für Fendt war der Auftritt
während der Messe ein weiterer Schritt in
eine erfolgreiche Zukunft.
Know-how durch Kurse
Fahrertraining | Mit neuem Konzept zum Vario Profi
D
ie Fendt Varios sind mit modernster Technologie ausgestattet. Bei
dem Fahrertraining „Fendt Expert“ lernen die Teilnehmer, diese Technologie optimal zu bedienen und damit
die Wirtschaftlichkeit des Varios voll zu
nutzen. Beim Fendt-Feldtag in Wadenbrunn im August 2008 stellte das
Team des Fahrertrainings das neue
Fahrerschulungskonzept vor. Die
ersten Trainings sind bereits mit
großem Erfolg und Zuspruch der
Teilnehmer durchgeführt worden.
Ziel des neuen Fahrertrainings
„Fendt Expert” ist es, eine individuelle und angepasste Schulung
anzubieten. Beim Training erfahren die Teilnehmer alle
Grundlagen der Vario-Technik.
In der ersten Ausbaustufe von
„Fendt Expert” gibt es drei
Basic-Kurse, aufgeteilt
nach den Baureihen
300, 400 bis 800 oder 900
Vario. In den Trainings werden
wichtige Details und Informationen zum Schlepper, zur Bedienung
von Variotronic beziehungsweise dem
Variocenter sowie dem Varioterminal mit
Automatikfunktionen vermittelt. Die Teilnehmer lernen alle Bedienelemente und
Armaturen kennen, die sich in der Kabine
befinden. Besonders wichtig ist die Erläuterung unterschiedlicher Fahrstrategien, sodass klar ist, für welche Einsätze
sich zum Beispiel der Tempomat oder das
Fahrpedal besser eignen. Mit „Fendt Expert” lernen die Teilnehmer mit niedrigstem Verbrauch bei gleichzeitig höherer
Leistung zu fahren.
Lohnunternehmer und Landwirte sowie Kommunen und Bauunternehmer
profitieren nicht nur im Feld und auf der
Straße durch den technisch idealen Einsatz des Varios, sondern auch in der Buchhaltung. Denn sie sparen konsequent
Geld ein. „Die Teilnehmer von „Fendt Expert” lernen die Hightech, die im Vario
steckt, optimal zu nutzen und das Beste
aus den Traktoren herauszuholen. Die
Bedienung ist absolut logisch und intuitiv, sodass es uns gelingt, den Teilnehmern an nur einem Tag die wichtigsten Funktionen nahezubringen“,
erklärte Roland Schmidt, Leiter der
Fendt-Verkaufsförderung, „damit
die Teilnehmer aber tatsächlich einen Lerneffekt erzielen und wir
auch in der Basic-Schulung manche Themen vertiefen können,
sollten sie schon erste Erfahrungen mit einem Vario
vorweisen können.“ Für
die Teilnahme an Vario
Basic werden deshalb
rund 100 Stunden Erfahrung
mit einem Vario vorausgesetzt. Durch die
Begrenzung der Teilnehmerzahl auf maximal 20 Personen ist die Qualität der Trainings auf hohem Niveau. Die Trainer können dadurch gezielter auf Fragen eingehen und spezielle Themen ausführlich erläutern. Die Kurse werden entweder direkt bei den Vertriebspartnern vor Ort
oder am Fendt-Stammwerk in Marktoberdorf durchgeführt. Die Anmeldung der
Teilnehmer erfolgt über die Vertriebspartner.
Für weitere Informationen klicken Sie:
www.fendt.com/de/fahrertraining.asp.
Erfolgreich!
VERLAGSSONDERTHEMA MAI 2009
WirtschaftsKurier
39
Erfolgsgeschichte Fendt
Chronologie | Vom Dieselross zur Vario-Baureihe
M
it viel Mut und handwerklichem
Geschick gingen Vater Johann
Georg und Sohn Hermann
Fendt 1929, mitten in der Weltwirtschaftskrise, ans Werk. Ihre Idee war ein Kleinschlepper für die Allgäuer Landwirtschaft.
Als die Familie Fendt begann, in einer
Schmiede Traktoren zu bauen, ahnte sie
noch wenig von den großen Veränderungen, die die Traktorentechnik in diesem
Jahrhundert durchlaufen sollte. Die Unternehmensrichtung stand von Anfang an
fest: Die Kunden durch neue technische
Lösungen, Wirtschaftlichkeit und Zuverlässigkeit zu überzeugen. 1930 war es so
weit: Der erste Fendt-Dieselkleinschlepper konnte an den Landwirt Peter Guggemoos bei Seeg im Allgäu ausgeliefert werden. Im gleichen Jahr ging der zweite
Fendt mit Dieselmotor, Anbaupflug und
fahrunabhängigem Mähwerk an den
Marktoberdorfer Landwirt und Brauereibesitzer Franz Sailer. Er nannte seinen
Schlepper „Dieselross“. Damit war eine
neue Marke geboren: das FendtDieselross. Durch den preiswerten Schlepper konnten es sich zum ersten
Mal auch klein- und mittelbäuerliche Betriebe
leisten, das Pferd zu ersetzen. 1935 wurde der
Grundstein für den ersten großen Wachstumsschub gelegt, und zwar
gemeinsam mit der
Bayerischen Warenvermittlung (heute BayWa)
als Fendt-Vertriebspartner für ganz Bayern. Nun
konnten die ersten großen Produktionshallen geplant, gebaut und in Betrieb genommen werden.
1937 wurde die Xaver Fendt
& Co. in das Handelsregister
in Kempten eingetragen. Das
Dieselross entwickelte sich
immer mehr zu einer zuverlässigen Arbeitsmaschine, die bei den
bayerischen Landwirten gut ankam.
Bereits 1938 produzierte Fendt mit
dem Dieselross „F 22“ einen Traktor,
der eine Reihe von Merkmalen der
Traktoren der 50er Jahre hatte: Zweizylinder-Motor, stehender Kühler
und ein 4-Gang-Getriebe. Das Unternehmen verzeichnete einen
rasanten Aufschwung mit einer Jahresproduktion von
rund 1 000 Fendt-Dieselrössern bis Ende der 30er Jahre. Kriegsbedingt folgte
dann allerdings ein dramatischer
Niedergang
von Produktion und
Nachfrage. Dennoch versuchte Fendt aus der Not
eine Tugend zu machen:
Wegen
der
DieselölKnappheit und des Verbots,
Dieselschlepper einzusetzen, entwickelte das Unternehmen 1942 einen Holzgas-
generator-Schlepper, der mit Brennholz
angetrieben wurde.
Schnelle Expansion
Nach dem Zweiten Weltkrieg wuchs das
Unternehmen unter der Leitung der Brüder Hermann, Xaver und Paul Fendt ungewöhnlich rasch. Die strategisch wohl
wichtigste Entscheidung trafen die Herren Fendt in den 50er Jahren mit dem Aufbau eigener Kapazitäten für die Entwicklung und Fertigung von Getrieben. Damit
arbeitete Fendt nicht nur kostenorientiert, sondern war zeitgemäß und anderen
Wettbewerbern in wichtigen Punkten
stets voraus. In dieser Zeit kam es durch
das angehende Wirtschaftswunder und
die steigende Nachfrage nach Traktoren
durch die Technisierung in der Landwirtschaft zu einer zweiten großen Wachstumsexplosion. Der Aufstieg des Unternehmens war letztlich aber nur deshalb
möglich, weil sich die drei Brüder zu herausragenden Unternehmerpersönlichkeiten entwickelt hatten: Dr. Hermann Fendt
war der Ideengeber für die Produktentwicklung. Xaver Fendt – ganz Praktiker –
war Mitinhaber und Verantwortlicher für
Produktion und Produktqualität, was
zum ausgezeichneten Ruf der Fendt-Trak-
1930
1932
1937
1943
1949
1950
Die Entwicklungen der Fendt-Landtechnik von 1930 bis in die Neuzeit.
toren beigesteuert hat. Paul Fendt war als
jüngster der drei Brüder für den Auf- und
Ausbau der Vertriebsorganisation im In- und
Ausland verantwortlich und integrierte die
Marke Fendt erfolgreich innerhalb des europäischen Vertriebs. Das Unternehmen
genießt seit jeher weit über Europa hinaus
höchstes Ansehen. Aktuelle Zahlen belegen, dass Fendt heute Imageführer in der
Landtechnik-Branche ist. Nach Angaben
der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft wurde der Traktorenhersteller 2008
von zahlreichen Landwirten als besonders
innovatives Unternehmen eingestuft. Genau das unterstreicht einmal mehr die
Firmenphilosophie, fortlaufend mit neuen Technologien den Kunden den größtmöglichen Nutzen zu bieten.
Führende Qualitätsmarke
1961 lief der 100 000ste Fendt vom
Band. Besonders erfolgreich entwickelten sich die Geräteträger. Dabei handelt es sich um ein Mechanisierungssystem von der Saat bis zur Ernte. Ein
völlig neues Marktsegment eröffneten die 1976 vorgestellten FavoritGroßtraktoren. Nur vier Jahre später
brachte Fendt dann die Farmer 300erReihe auf den Markt, die mit technischen Pionierleistungen wie 40 Stundenkilometer und gummigelagerter
Kabine maßgeblich zum Firmenerfolg
beigetragen hat. Nach dem Motto
„Wer besser sieht, kann besser arbei-
ten" baute Fendt 1984 einen FreisichtTraktor mit Unterflurmotor. Das Unternehmen entwickelte sich über die Jahre
stets weiter. 1985 wird der Traktorenhersteller erstmals Marktführer in Deutschland. Zahlreiche Pionierleistungen sowie
nationale und internationale Auszeichnungen begleiten den Weg der Firma und
Marke Fendt. Es folgen Fahrzeug-Baureihen mit 50 Stundenkilometern, hydropneumatischer Kabinen- und Vorderachsfederung sowie Turboshift in der Mittelklasse, was sowohl die Kunden als auch
die Fachwelt begeisterte. Die top agrarSchlepperumfrage 2008 bestätigte, dass
Fendt-Kunden mit ihrem Traktor zufrieden sind. Die Erhebung des Fachmagazins
umfasste 2 000 Schlepper im Praxisurteil.
Fendt schnitt in Bezug auf Qualität, Technologie und Markentreue am besten ab.
90 % der Kunden planen, der Marke treu
zu bleiben, unter anderem wegen der positiven Erfahrungen mit den Händlern
und mit Fendt. Bei der Bewertung von
Motor, Getriebe und Hydraulik sowie der
Kabine und der Wartung vergaben die
Landwirte in allen Kategorien überdurchschnittliche Noten für Fendt.
Neue
Traktorengeneration
1996 ist für Fendt ein Meilenstein in der
Entwicklung seiner Zugmaschinen: Der
erste Großtraktor der Welt mit dem stufenlosen Fendt-Vario-Getriebe kommt auf
den Markt. Ein Quantensprung in der Getriebetechnologie. Als führende Hightechund Qualitätsmarke wurde Fendt 1997 Teil
des weltweit drittgrößten Landmaschinenkonzerns AGCO, Georgia, USA. Dabei
ist Fendt die anerkannt erfolgreiche Premium-Marke im AGCO-Konzern mit Spitzenwerten bei Investitionen in den letzten acht Jahren. Über die sehr gute Marktposition in Deutschland ist es gelungen,
die Exportstückzahlen deutlich zu erhöhen. Gemeinsam mit AGCO konnte das
Produktangebot erstmals um die Erntetechnik erweitert werden. Laut Statistik
des deutschen Kraftfahrzeugbundesamtes
verzeichnete Fendt 2008 mit 5 365 Traktoren rund 10 % mehr Zulassungen als im
Vorjahr. Der „820 Vario“ machte dabei mit
17 % der verkauften Fendt-Traktoren den
größten Anteil aus und ist damit der
meistverkaufte Traktor in Deutschland.
Der kompakte Großtraktor, der im Bereich
der Mittelklassetraktoren eine gehobene
Serienausstattung bietet, überzeugt durch
seine Wendigkeit und Flexibilität im Einsatz. Um die Nachfrage nach den VarioTraktoren weiterhin decken zu können,
soll die Produktion deutlich ausgebaut
werden. Auch für 2009 hält Fendt wieder
neue Produkte bereit. Neben der kontinuierlichen Innovationskraft zählt die einzigartige Firmenkultur zu den Erfolgsgründen. Die Fendt-Mitarbeiter identifizieren
sich mit dem Unternehmen, sind motiviert und arbeiten leistungsorientiert.
„Wir haben eine gute Strategie und vor allem sehr gute Mitarbeiter!“
Interview | Martin Richenhagen, Chairman, President und CEO der AGCO Corporation
satz, das herausragendste Ergebnis im
Herr Richenhagen, seit fünf Jahren sind
Jahr 2008?
Sie Präsident der AGCO Corporation.
In dieser Zeit ging es steil bergauf mit
Das herausragendste Ergebnis, das wir im
dem Konzern. Wie ist das gelungen?
Jahr 2008 erzielen konnten, war das Ergebnis pro Aktie (EPS). Hier konnten wir
Gemeinsam mit dem AGCO Board haben
ein Plus von 60 % erzielen. Als AGCO
wir eine gute Strategie entwickelt. Das
gesamte Paket besteht aus 75 verschiegegründet wurde, haben sich die dadenen Projekten. Davon ist ein Drittel
maligen Verantwortlichen langfristig
bereits umgesetzt, ein Drittel ist derzeit
3 US-Dollar pro Aktie zum Ziel gesetzt.
in Arbeit und ein weiteres Drittel steht
In 2008 lag dieser Wert bei exakt 4 USuns noch bevor. Der wichtigste Grund
Dollar.
für den Erfolg unseres Unternehmens ist
Zu Ihrem Aufgabengebiet gehört unter
jedoch, dass wir weltweit erstklassige
anderem die Betreuung der Aktionäre
Mitarbeiter haben.
und Analysten. Wer sind die Aktionäre
bei AGCO und welchen Einfluss haben
Können Sie uns ein paar Beispiele dieser
sie auf das Geschehen im Konzern?
Projekte nennen?
Das größte Projekt in Deutschland ist
Der größte Anteil unserer Aktien ist im Be„Fendt ahead“, in dessen Mittelpunkt
sitz von institutionellen Investoren. Audie Kapazitätsausweitung an den Standßerdem gibt es auch weltweit Streubeorten Marktoberdorf und Bäumenheim
sitz. Unsere Aktionäre haben keinen
steht. Ein weiteres Projekt ist Globe. DaEinfluss auf das operative Geschäft, sind
bei geht es um die Vereinheitlichung von
aber mit der Entwicklung des Konzerns
Prozessen und eine efsehr zufrieden. Der aktufizientere Kommunikaelle Börsenkurs gefällt ihtion innerhalb des
„Beim Ergebnis pro nen natürlich nicht so
Konzerns. Eine weitere
sehr, er hat unter der FiAktie konnten wir
bedeutende Maßnahnanzkrise, wie bei vielen
2008 ein Plus von
me ist die Steigerung
anderen börsennotierten
des EntwicklungsbudUnternehmen, doch gelit60 % erzielen.“
gets mit vielen neuen
ten.
Projekten im TraktoViele Branchen stecken
ren- und Erntetechnikbereich. In den
aufgrund der Finanzkrise derzeit in
letzten Jahren haben wir dieses Budget
Schwierigkeiten. Wie sehen Sie die Zuverdoppelt.
kunftsperspektiven der Landwirtschaft
und des AGCO-Konzerns?
Auch im vergangenen Jahr hat AGCO wieder Rekordzahlen erzielt. Was war für
Zunächst möchte ich dazu sagen, dass in
Sie, neben dem erneuten Rekordumden Medien leider immer noch der
Grundsatz gilt: „bad news are good
news“. Ich bin der Meinung, dass dies
nicht der richtige Weg ist und die Medienwelt – vor allem in Krisenzeiten –
auch die durchaus vorhandenen positiven Nachrichten vermelden sollte. Die
fundamentalen Faktoren, die unser
Marktgeschehen bestimmen, bleiben
trotz der Krise stabil und haben weiterhin großen Einfluss. Die Weltbevölkerung wächst weiter und damit steigt
auch der Bedarf an Lebensmitteln und
Energie. Zudem wird die Fläche, die
landwirtschaftlich genutzt werden kann,
immer weniger. Das heißt, die vorhandene Fläche muss noch effizienter genutzt werden. Und dazu werden professionelle Maschinen mit modernster
Technologie benötigt. Unserer Branche
geht es weiterhin gut, ich kenne im Augenblick keinen anderen Industriezweig,
dem es vergleichsweise so gut geht wie
der Landwirtschaft. Natürlich gibt es
auch in der Landwirtschaft in einzelnen
Bereichen immer wieder Schwankungen, aber viele unserer Kunden sind solide aufgestellt.
In den nächsten Jahren investiert AGCO
172 Mio. Euro in die Fendt-Standorte
Marktoberdorf und Asbach-Bäumenheim. Dies ist die größte Einzelinvestition, die AGCO je getätigt hat. Was waren
die Gründe für den Zuschlag?
Der wichtigste Grund ist, dass sich die Mitarbeiter bei Fendt durch eine tolle Motivation, gute Fachkenntnisse sowie eine
hohe Produktivität auszeichnen. Ein
dass Fendt überall dort Wachstumsweiterer wichtiger Grund für diese Entchancen hat, wo professionelle Landscheidung war die solide politische Inwirtschaft betrieben wird.
frastruktur in Deutschland sowie die
vernünftige und gut funktionierende ZuVor Kurzem wurden Sie von der TU Dressammenarbeit mit dem Land Bayern,
den zum Professor ernannt.Wie es ist es
dem Landkreis Ostallgäu und der Stadt
zu dieser Auszeichnung gekommen?
Marktoberdorf. Die GenehmigungsproNach der Wende mussten die Universitäzesse gehen hier einfach etwas schneller
ten in der ehemaligen DDR von heute
voran.
auf morgen statt Planwirtschaft Marktwirtschaft lehren. Der BeWas erwarten Sie in Zudarf an Professoren und
kunft von Fendt?
Experten war daher sehr
Bei Fendt wird der
„Die wichtigsten
groß und so kam es, dass
Schwerpunkt weiterhin
Absatzmärkte
ich in den neuen Bunim Traktorenbereich
werden weiterhin desländern Gastvorleliegen. Doch unser Ziel
zum Thema
ist es, Fendt zu einem
die angestammten sungen
„Simply Management“
Full-Liner auszubauen.
Märkte sein.“
gehalten habe. Vor etwa
Wir sind dabei, die Ernvier Jahren hat dann die
tetechnikpalette weiter
TU Dresden ebenfalls bei mir angezu komplettieren. Derzeit wird ja von
fragt. Ja, und so hat sich das Ganze
und vor allem für Fendt ein Feldhäcksler
entwickelt. Ich freue mich natürlich
entwickelt. Auch bei der Entwicklung
sehr über diese Auszeichnung.
des Hybridmähdreschers ist Fendt aktiv
beteiligt.
Abschließend noch eine Frage:
Wo sehen Sie Wachstumschancen für
Welche Dinge müssen aufgrund der
Fendt?
derzeitigen Situation besonders beDie wichtigsten Absatzmärkte für Fendt
achtet werden?
werden weiterhin die angestammten
Wir sollten in diesem Jahr vorsichtig und
Märkte sein. Gute Chancen sehe ich in
kostenorientiert wirtschaften. Wir haOst- und Zentraleuropa sowie in den
ben uns Großes vorgenommen und
GUS-Staaten. Wachstumschancen sehe
müssen deshalb den Markt genau beich zudem in Nordamerika. Auch die
obachten.
dortigen Landwirte geraten durch die
steigenden Ölpreise immer weiter unter
Vielen Dank für das Gespräch.
Kostendruck. Daher steigt das Interesse
an intelligenten, Sprit sparenden Lösungen. Zusammenfassend ist zu sagen,
Quelle: Fendt Focus, April 2009
Aus dem Allgäu –
für die Felder der Welt
Fendt: Unternehmen mit
Tradition und Dynamik
Fendt bietet als führende High-Tech-Marke Traktoren und Erntemaschinen für die unternehmerisch ausgerichtete Landwirtschaft und weitere interessante Aufgabengebiete. Seit 1997 ist
Fendt eingegliedert in die AGCO Corporation, der weltweit drittgrößten Landtechnikgruppe mit
rund 15.000 Mitarbeitern. Als Spitzenmarke des Konzerns und Innovationsführer der gesamten Landtechnikbranche steht Fendt für modernste Technologie und Qualität. Der Erfolg der
Marke Fendt resultiert aus der hohen Loyalität und Leistungsbereitschaft aller Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter. Die Zukunft der Standorte Marktoberdorf und Asbach-Bäumenheim ist auf
Wachstum ausgerichtet.
Wer Fendt fährt, führt
"($0(NC)t'FOEU.BSLFUJOHt.BSLUPCFSEPSGt5FMFGBYtXXXGFOEUDPN