Bitte lesen Sie den Artikel aus der Süddeutschen

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Süddeutsche Zeitung
BEILAGE
Donnerstag, 19. März 2015
Bayern, Deutschland, München Seite 25
Mehr als nur Rendite
Mit nachhaltigen Anlagen lässt sich auch Geld verdienen. Doch das Angebot ist unübersichtlich
Radfahrer in aller Welt sind mit den Gangschaltungen von Shimano bestens vertraut. Auch bei Anlegern genießt der japanische Hersteller einen guten Ruf. Immerhin
hat sich der Kurs seiner Aktie innerhalb
nur gut eines Jahres mehr als verdoppelt.
Darüber freuen sich auch die Investmentfondsmanager, die diese Aktie auf dem
Kurszettel haben. Alexander Funk etwa,
Mitglied der Geschäftsführung der Investmentboutique Ökoworld, sieht sich bestätigt. Seine Firma investiere vor allem in Unternehmen, die umweltfreundliche Produkte herstellten und sich in zukunftsträchtigen Branchen bewegten.
Wegen Pleiten im Bereich erneuerbarer
Energien ist das Image der gesamten
Anlageklasse schlecht.
FOTO: FLORIAN PELJAK
Nachhaltig investieren und gleichzeitig
attraktive Rendite-Chancen nutzen – funktioniert das also? Haben sich nicht genug
Anleger mit Solaraktien oder den Genussscheinen und Anleihen von Windkraftunternehmen die Finger verbrannt? Christian Klein, Professor für Unternehmensfinanzierung an der Universität Kassel, findet es ärgerlich, dass der von sozialen, ethischen und ökologischen Aspekten geprägten Kapitalanlage durch solche Erfahrungen ein negatives Image anhaftet. „Unsere
Forschung zeigt, dass nachhaltige Investmentfonds vom Rendite- und Risiko-Profil her ebenso gut abschneiden wie konventionelle Fonds“, sagt Klein.
An Auswahl mangelt es nicht. Nach Erhebungen des Sustainable Business Institute
(SBI) waren Ende 2014 insgesamt 393 nachhaltige Publikumsfonds in Deutschland,
Österreich und der Schweiz zum Vertrieb
zugelassen. Darüber hinaus winkt von der
Direktanlage in Aktien oder Anleihen bis
hin zu geschlossenen Fonds und grünem
Tagesgeld ein großes Spektrum an Investitionsmöglichkeiten. Besonders vermögende Anleger haben die Möglichkeit, sich mit
größeren Beträgen in Private Equity, also
vorbörslichem Beteiligungskapital, an
nachhaltig ausgerichteten Unternehmen
zu beteiligen.
„Insgesamt ist das Anlagespektrum heute deutlich breiter als noch vor zehn Jahren“, sagt Michael Schröder, Wissenschaftler am ZEW Mannheim und Professor an
der Frankfurt School of Finance & Management. Vor allem in den USA filterten heute
auch viele große Investoren ihre Anlagen
nach Nachhaltigkeitskriterien. Anleger haben sogar gute Chancen, damit eher auf
profitable Unternehmen zu stoßen. „Einige US-Studien legen den Schluss nahe,
dass sich etwa eine höhere Mitarbeiterzufriedenheit positiv auf den Unternehmensgewinn auswirkt“, sagt Schröder.
Für private Anleger gehören Publikumsfonds zu den bevorzugten Instrumenten einer nachhaltigen Kapitalanlage. Mittlerweile gibt es solche Fonds auch speziell für
Schwellenländer-Investments sowie als
Mischfonds, die auf einen Mix aus Aktien
und Anleihen setzen. Anleger können sich
zudem für bestimmte Themen wie etwa
Wasserfonds entscheiden oder für börsengehandelte Exchange Traded Funds (ETF),
die einen bestimmten Nachhaltigkeitsindex abbilden.
Allerdings gibt es keine allgemeingültige Definition dafür, wann ein Fonds sich
als nachhaltig bezeichnen darf. Letztlich
muss jeder Anleger anhand der Fondsprospekte selbst prüfen, ob das jeweilige Produkt die eigenen Vorstellungen von Nachhaltigkeit erfüllt. Sollen nur bestimmte
Branchen wie die Waffenindustrie ausgeschlossen werden? Oder sollen Sektoren
wie die erneuerbaren Energien einen Investmentschwerpunkt bilden? Genau hinsehen, lohnt sich. „Theoretisch wäre es
denkbar, dass ein Fonds sich selbst als
nachhaltig bezeichnet, weil er von allen
Streubombenproduzenten denjenigen mit
dem geringsten CO2-Ausstoß in das Portfolio aufnimmt“, sagt Wissenschaftler Klein.
Laut Eurosif, dem europäischen Dachverband für nachhaltige Geldanlagen, basiert bei fast 41 Prozent der verwalteten
Vermögen der Investmentansatz auf Ausschlusskriterien. So ist das auch bei Ökoworld. „Atomkraftwerke etwa, die bei anderen Anbietern auch schon mal als grüne
Energie angesehen werden, bleiben bei
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uns ebenso konsequent außen vor wie Ölgesellschaften oder Minenwerte, weil sie
für Raubbau an der Natur stehen“, sagt
Funk. Unter die positiven Auswahlkriterien wiederum fallen Unternehmen, die
dem fairen Umgang mit Menschen, der Vermeidung von Diskriminierung sowie der
Beachtung von Umweltschutzgesetzen
und Menschenrechten gerecht werden.
Bei der Suche nach profitablen Unternehmen geht es längst nicht mehr nur um
erneuerbare Energien. Bio-Lebensmittel
etwa stehen für ein hochpreisiges Marktsegment mit oft ansehnlichen Gewinnmargen. In Nordamerika profitieren die privaten Schienennetzbetreiber von der boomenden US-Konjunktur und nicht zuletzt
sind da die Hersteller von Brillen, Hörhilfen und künstlichen Hüftgelenken, die in
einer älter werdenden Gesellschaft auf
Nachfrage stoßen. „Wir bewegen uns in
Wachstumssegmenten, in denen wir als aktive Fondsmanager weltweit interessante
Unternehmen finden“, sagt Funk.
Je vermögender, desto weniger
sind Anleger an nachhaltigen
Investments interessiert
Dennoch gibt es gerade auch bei wohlhabenden Anlegern noch Vorbehalte. Laut einer Studie des Lehrstuhls für Finanzierung an der Universität Regensburg sinkt
mit steigendem Vermögen die Bereitschaft, in nachhaltige Anlagen zu investieren. „Ein Grund dafür könnte sein, dass
größere Vermögen besonders auf Diversifikation achten und diese mit nachhaltigen
Anlagen nicht immer zu gewährleisten ist“,
sagt Professor Gregor Dorfleitner, der Leiter der Studie. Möglicherweise werden diese Investments nicht so chancenreich eingeschätzt wie andere Anlageformen. „Die
Bereitschaft auf Rendite zu verzichten,
nimmt mit zunehmendem Vermögen ab“,
erläutert Dorfleitner. Ungeachtet dessen
sei das Interesse an nachhaltigen Anlagen
bei Vermögenden durchaus vorhanden.
Auch der Wissenschaftler rät dazu, genau
auf die Inhalte der Produkte zu achten.
„Insbesondere bei geschlossenen Fonds
für Beteiligungen etwa an Windkraftwerken ist zudem genau zu prüfen, ob Renditechancen und Risiko seriös kalkuliert sind.“
Wer an einer nachhaltigen Anlage interessiert ist, muss seinen Bankberater vielleicht auch erst auf diese Präferenz aufmerksam machen. „Das derzeit noch moderate Interesse an nachhaltigen Anlagen
hat auch einiges mit Lücken in der Beratung zu tun“, sagt Experte Klein von der
Universität Kassel. norbert hofmann
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