Advanced-Truckload-Firm-Modell (ATLF-Modell) - Modell

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Advanced-Truckload-Firm-Modell (ATLF-Modell) - Modell
Advanced-Truckload-Firm-Modell (ATLF-Modell)
Modell der Zukunft?
Proseminararbeit
vorgelegt bei
Prof. Dr. Dirk Lohre
Fachbereich Wirtschaft 1
Studiengang Verkehrsbetriebswirtschaft und Logistik
Hochschule Heilbronn
von
Stefan Heinz
Hauptstr. 4
74081 Heilbronn
Matrikel-Nr.: 169992
sh@steeefan.de
2. Semester
im
Wintersemester 2008/09
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis...................................................................................................II
Abbildungsverzeichnis...................................................................................................III
1 Einleitung ...................................................................................................................... 1
2 Geschäftsmodell ........................................................................................................... 2
2.1 Eckdaten................................................................................................................. 2
2.2 Kosten..................................................................................................................... 4
2.3 Probleme & Herausforderungen.......................................................................... 5
3 Markt in den USA ........................................................................................................ 7
3.1 Entstehung der ATLF............................................................................................ 7
3.2 Der US-Markt heute.............................................................................................. 8
4 Markt in Europa ......................................................................................................... 10
4.1 Aktuelle Situation............................................................................................... 10
4.2 Vergleich mit dem US-Markt ............................................................................ 11
5 Fazit ............................................................................................................................. 12
Literaturverzeichnis....................................................................................................... IV
I
Abkürzungsverzeichnis
ATL – Advanced Truckload
ATLF – Advanced Truckload Firms
FTL – Full Truckload
LTL – Less Than Truckload
MCA – Motor Carrier Act
II
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Typische Kostenstruktur im US-Ladungsverkehrsmarkt................... 4
Abbildung 2: US-Logistikmarkt: Umsatz der Top-50-Anbieter (insg. $24,7 Mrd.
Umsatz) im Jahr 2003 ..................................................................................................... 8
Abbildung 3: Top-10-Ranking (gekürzt) d. Logistikunternehmen in den USA
(nach Umsatz) .................................................................................................................. 9
Abbildung 4: Europa und USA – Verteilung der gesamten Logistikkosten auf
verschiedene logistische Aktivitäten........................................................................... 11
III
1 Einleitung
In der Logistikbranche entfernt sich seit etwa 15 Jahren „das Interesse der Experten [...] von den elementaren, operativen Logistikfunktionen der Lagerung, des
Umschlags und [...] des Transports.“1 Stattdessen rückt unter anderem das Potential von Mehrwertdiensten immer stärker in den Vordergrund. Hierbei sind vor
allem die Bereiche Lagerhaus, Produktion, After Sales, E-Logistics, also Internetkommunikation sowie Identifizierungs- und (Selbst-) Steuerungstechniken, und
Supply Chain Management zu nennen.2
Allerdings darf dabei nicht vergessen werden, dass der Gütertransport „das bei
weitem größte und erfolgskritischste Feld der Logistik“3 war, ist und bleiben wird.
Hierbei spielt die wichtigste Rolle der Lkw-Ladungstransport. Jedoch stellt gerade
dieser Markt wegen seiner sehr stark bedarfsorientierten Leistungserstellung eine
große Herausforderung an die dort agierenden Firmen. Um für diese schwierigen
Marktbedingungen ideale Lösungen zu finden, orientiert man sich am besten an
den großen Anbietern in den USA. Diese haben es „im Verlauf der letzten Jahre
verstanden, mit intelligenten Konzepten zur Organisation von Ladungsverkehren
erstaunliche Effizienz- und Auslastungsverbesserungen zu erzielen und damit
Quantensprünge im Umsatzwachstum zu erreichen.“4 Wie schon beim industrialisierten Paket- und Expressfrachtmarkt könnte sich auch hierbei wieder einmal
ein Modell aus den USA, diesmal das sog. Advanced-Tuckload-Firm-Modell
(ATLF-Modell), dort auch Full Truckload (FTL) genannt, als wegweisend für die
Logistikmärkte in Deutschland und Europa erweisen.5
Unter Advanced Truckload Firms (ATLF) versteht man große Speditionen, die
sich durch ein vielschichtiges Produktportfolio unter Einsatz modernster Technologien von den sog. Low-Cost-Truckingmodellen, wie sie in Deutschland und
Europa den Markt beherrschen, erfolgreich absetzen konnten, und so Jahr für
Jahr ein enormes Umsatzwachstum realisieren.6
1
Klaus / Müller (2006), S. 45.
Vgl. Klaus / Müller (2006), S. 45.
3
Klaus / Müller (2006), S. 45.
4
Klaus / Müller (2006), S. 45.
5
Vgl. Klaus / Müller (2006), S. 45-46.
6
Vgl. Lane (1987), S. 11.
2
1
2 Geschäftsmodell
2.1 Eckdaten
Das ATLF-Modell unterscheidet sich von den Low-Cost-Modellen der Transportbranche signifikant durch die folgenden sieben Punkte:
1. Geographisch weit verteilte Kundenbasis mit hohem Ladungsaufkommen,
2. eine Vielzahl von Kunden- und Operationsbasen,
3. computergestützte und zentralisierte Verwaltung von Kundenkontakten
und Disposition,
4. durch professionelles Fuhrparkmanagement verwaltetes standardisiertes
Fahrzeugequipment,
5. moderne Kommunikations-, Lokalisierungs- und Auftragsabwicklungstechnologien für „Tracking and Tracing“ von Aufträgen, Fahrzeugen und
Fahrern,
6. ein intelligentes Angebot von logistischen Zusatzleistungen zum Ladungstransport, sowie
7. eine Verknüpfung mit Kontraktlogistik-, Flottenvermietungs- und Frachtabrechnungsservices.7
Diese sieben Punkte sind das wesentliche Merkmal eines ATL-Systems.
Durch die geographisch weit verteilte Kundenbasis, die sich über das komplette
Einzugsgebiet des ATL-Dienstleisters mit vielen Quellen und Senken erstreckt,
erzielt das Truckingunternehmen ein auf die gesamte Fläche verteiltes Ladungsaufkommen.8 Dies ist ein Vorteil gegenüber des ansonsten gängigen Ladungsverkehrs, der durch seine strikte Punkt-zu-Punkt-Ausrichtung starken geographischen und zeitlichen Schwankungen ausgesetzt ist. Ein ATL-System hingegen ist
7
8
Vgl. Klaus / Müller (2006), S. 51.
Vgl. Klaus / Müller (2006), S. 51.
2
wegen der großen Streuung seiner Kunden in der Lage, die Fahrzeugauslastung
zu optimieren.9
Durch die Vielzahl von Kunden- und Operationsbasen, die über das ganze Land
verteilt sind, ist die Infrastruktur des Unternehmens an die weitläufige Auftragsstruktur angepasst. Vor allem bei den Operationsbasen, die als Fahrzeug- und
Fahrerstützpunkte fungieren, unterscheidet sich dieses Geschäftsmodell von den
traditionellen Modellen, bei denen die komplette Flotte von einem Standort aus
verwaltet und kontrolliert wird. Beim ATL-Modell hingegen wird der Fuhrpark
von vielen verschiedenen, über das ganze Land verteilten Stationen aus gemanagt, zwischen denen sich die Fahrzeuge frei bewegen können.10
Sollte die Akquisition einer Rückladung einmal nicht möglich sein, muss das
Fahrzeug nicht zu seiner Heimatbasis zurückkehren, sondern kann den nächstgelegenen Stützpunkt ansteuern.11 „Fahrer und Fahrzeuge werden entkoppelt, und
durch Nutzung der Netzknoten als ‚Relaisstationen’ wird das System mit Lenkzeitrestriktionen vergleichsweise besser fertig.“12
Die Tatsache, dass der Kontakt mit den Kunden und die Disposition computergestützt und, im Gegensatz zum Fuhrparkmanagement, zentralisiert stattfinden,
bietet Großkunden des Truckingunternehmens mit verschiedenen Verladeorten
den Vorteil, alles aus einer Hand genießen zu können und gegebenenfalls immer
den gleichen Ansprechpartner für seine Belange zu haben.13
Untersuchungen zufolge besteht bei den großen ATLF besteht der professionell
verwaltete Fuhrpark aus mehr als 8.000 Lkw.14 Hier kommt nur standardisiertes
Equipment, d.h. einheitliche Fahrzeuge und Auflieger, zum Einsatz, die allesamt
hohen Standards genügen. Durch Wartungsverträge mit Subunternehmern wird
sichergestellt, dass diese Standards eingehalten werden.15
9
Vgl. Klaus / Müller (2006), S. 51.
Vgl. Klaus / Müller (2006), S. 51.
11
Vgl. Bretzke (2008), S.236.
12
Bretzke (2008), S. 236.
13
Vgl. Klaus / Müller (2006), S. 51.
14
Vgl. Kubenz (2008), S. 241.
15
Vgl. Klaus / Müller (2006), S. 51.
10
3
Durch die Ausrüstung der Zugmaschinen mit modernsten Technologien wie GPSLokalisierung, -verfolgung und Fahrerkommunikation ist sichergestellt, dass die
Fuhrparkverwaltung immer über die aktuelle Position sowie den Ladezustand der
Lkws informiert ist.16
Vor allem für große Verlader interessant ist das Angebot an logistischen Zusatzleistungen, dass von den ATL-Firmen angeboten wird. Hierzu gehören sowohl
relativ einfache Dienstleistungen wie Tracking und Tracing, also die LiveVerfolgung des Trucks bzw. der Ladung, als auch komplexe Beratungstätigkeiten
im Bereich der Logistikoptimierung.17
Zu guter letzt wird das Leitungsportfolio sowohl im engeren als auch im weiteren
Zusammenhang mit dem eigentlichen Warentransport durch die Verknüpfung
mit Kontraktlogistik-, Flottenvermietungs- und Frachtabrechnungsservices stark
ausgedehnt, was die ATLF für potentielle Kunden noch interessanter macht.18
2.2 Kosten
Abbildung 1: Typische Kostenstruktur im US-Ladungsverkehrsmarkt
Sonstiges: 9,0%
Sonst. Verbrauchsstoffe: 1,1%
Steuern/Lizenzen: 2,6%
Versicherung: 3,2%
Hilfs-/Betriebsstoffe: 3,3%
Abschreibung: 4,9%
Lohn-, Gehalts-,
Lohnnebenkosten: 53,9%
Kauf, Miete: 22,9%
Quelle: Klaus / Müller (2006), S. 52.; eigene Darstellung
16
Vgl. Klaus / Müller (2006), S. 51.
Vgl. Klaus / Müller (2006), S. 51.
18
Vgl. Klaus / Müller (2006), S. 51.
17
4
Durch das Zusammenwirken der im vorigen Abschnitt vorgestellten Merkmale
ergeben sich die signifikanten Vorteile des ATL-Modells19: Durchweg höhere und
zeitlich gleichmäßigere Auslastung des Fuhrparks auf Woche und Jahr gesehen,
wie es auch sehr wirtschaftliche Low-Cost-Trucker schaffen.20
Regelmäßig werden im Schnitt bis zu 190.000km an Jahreskilometerleistung pro
Fahrzeug erreicht, wobei der Anteil von Leerkilometern nur zehn bis elf Prozent
beträgt. Dadurch drücken die ATL-Unternehmen ihre Kosten auf 0,70EUR/km,
womit sie wesentlich kostengünstiger arbeiten als die kleinbetrieblich organisierten Low-Cost-Unternehmen.21
Wie aus Abbildung 1 hervorgeht, bestehen die Kosten pro Kilometer zu ca. 75%
aus Fahrerlöhnen und Fahrzeugkosten. Hier kommt den ATLF wieder ihr professionelles Fuhrparkmanagement zu Gute, durch das sie enorme Effizienzpotenziale realisieren, die sich in den o. g. Parametern zu Jahreskilometerleistung und
Auslastung ablesen lassen.22 Viele Aufträge können die ATL-Unternehmen somit
wesentlich günstiger und effizienter abwickeln als ihre Mitbewerber, was sie für
potentielle Auftraggeber wesentlich attraktiver macht.23 Im Gegensatz zu den
traditionellen Truckload-Unternehmen bieten ATLF außerdem größere Kapazitätssicherheit und mehr Servicequalität.24
2.3 Probleme & Herausforderungen
Natürlich haben die großen ATLF auch mit Problemen und Herausforderungen zu
kämpfen. In den USA ist eines davon die Fahrerknappheit, die sich immer weiter
zuspitzt: Von 2000 bis 2005 hat sich die Zahl der selbstfahrenden Unternehmer
um ca. 35% von 170.000 auf 110.000 verringert.25 „Die Fluktuationsraten unter
den angestellten Fahrern in den großen Flotten liegen bei – für Deutschland unvorstellbaren – 130 Prozent. Das bedeutet, dass die mittlere Verweilzeit eines
Fahrers im Unternehmen bei nur neun Monaten liegt.“26
19
Vgl. Klaus (2006), o. S.
Vgl. Klaus (2006), o. S.
21
Vgl. Klaus (2006), o. S.
22
Klaus / Müller (2006), S. 52.
23
Vgl. o. V. (1990b), o. S.
24
Vgl. Klaus (2006), o. S.
25
Vgl. Klaus (2006), o. S.
26
Klaus (2006), o. S.
20
5
Die Fahrerknappheit wird als ein so ernstes Problem betrachtet, dass man sich
sogar mit der Erweiterung der Frachtkapazität zurückhält. Denn allein die Aufstockung des Fahrerstamms ist so aufwendig, dass eine Erweiterung der Truckingkapazitäten ausgeschlossen ist, obwohl diese eigentlich benötigt wird.27
Um diesem schwerwiegenden Problem entgegen zu wirken, haben die großen
Unternehmen die Gehälter der Fahrer erhöht, was kurzfristig dazu geführt hat,
dass sich wieder mehr Fahrer gefunden haben. Damit sich jedoch langfristig eine
Besserung einstellt, müssen die Fahrergehälter um ca. 50% angehoben werden.28
Nichts desto trotz werden auch Fahrer entlassen, z.B. wenn ihre Leerlaufzeiten
über 10% betragen oder wenn sie mit ihren Trucks unwirtschaftlich fahren,
sprich zu viel Diesel auf 100km verbrauchen. In Zeiten stetig steigender Rohstoffpreise müssen sich die Fahrer schon bei ihrer Rekrutierung schriftlich dazu
verpflichten, spritsparend zu fahren. Dazu gehört auch, dass der Lkw nicht zu oft
und zu lange im Leerlauf gelassen wird, was ebenfalls, auf die Masse aller Lkw
umgerechnet, mit einem enormen Betrag zu Buche schlägt.29
Den Truckingunternehmen ist es jedoch gelungen, die steigenden Dieselkosten
mit in ihre Abrechnungsvereinbarungen einzubeziehen. Somit werden diese Kosten letztendlich von den Kunden übernommen.30 Außerdem kommt beim Rohstoffkauf den ATLF ihre Größe zu Gute. Denn bei der Größenordnung, in der sich
die Dieseleinkäufe bewegen, schließen sie Hedging-Kontrakte, börsengehandelte
Termingeschäfte über eine bestimmte Menge mit einem im Vorfeld festgelegten
Preis zu einem fixen Termin, mit ihren Lieferanten ab und erreichen so eine gewisse Preisstabilität und Planbarkeit.31
Für die amerikanischen Truckingunternehmen steigen jedoch nicht nur die Rohstoffpreise, sondern auch die Versicherungsprämien, was immer noch mit dem
11. September 2001 und den danach allerorts verschärften Sicherheitsmaßnahmen korreliert.32
27
Vgl. Wlazlowski (2004), o. S.
Vgl. Wlazlowski (2004), o. S.
29
Vgl. Leone (2008). , o. S.
30
Vgl. Klaus (2006), o. S.
31
Klaus (2006), o. S.
32
Vgl. Klaus (2006), o. S.
28
6
3 Markt in den USA
3.1 Entstehung der ATLF
Bedingt durch den Aufbau des Interstate-Highway-Systems und die gestiegene
Leistungsfähig- und Zuverlässigkeit moderner Lkw ist seit den 1950er Jahren der
Lkw-Ladungstransport schnell zum wichtigsten Träger der amerikanischen Logistikwirtschaft geworden.33
Bevor 1980 der zweite Motor Carrier Act (MCA) erlassen wurde, war der amerikanische Transportmarkt durch ein staatliches Reglementierungssystem sehr
streng reguliert. Dazu gehörte eine genau und strikt kontrollierte Tarifstruktur für
Fracht sowie die Vergabe von Streckenkonzessionen, bei denen es nur dem Inhaber dieser erlaubt war, überhaupt Überlandverkehr zu betreiben.34
Mit der Deregulierung durch den MCA setzte augenblicklich ein extremer Preisverfall ein, durch den es zu beträchtlichen Ertragsproblemen und daraus resultierend zu Insolvenzen vieler kleinerer Unternehmen kam, die mit dem dann beginnenden Preiskampf nicht mithalten konnten. Das Logistik- und Transportgewerbe
weist heutzutage kaum noch Ähnlichkeiten mit dem auf, was damals, vor der
Unterzeichnung des MCA durch US-Präsident Jimmy Carter, unter diesem Begriff
verstanden wurde.35
Während die Truckload-Carrier und der Schienengüterverkehr von der Deregulierung des Transportmarktes profitierten, erreichten die sog. Less-Than-TruckloadCarrier (LTL-Carrier) weit weniger Umsatz, als sie noch vor Erlass des MCA hatten.36
Ebenfalls aufgrund der Deregulierung kam es in der amerikanischen Logistikbranche zu umfassenden Fusions-, Übernahme- und Diversifikationsaktivitäten.37
33
Vgl. Klaus / Müller (2006), S. 49.
Vgl. Klaus / Müller (2006), S. 49.
35
Vgl. Rakowski / Southern (1991), o. S.
36
Vgl. o. V. (1990a), o. S.
37
Klaus / Müller (2006), S. 49.
34
7
3.2 Der US-Markt heute
Wie aus Abbildung 2 hervorgeht, prägen wenige große Anbieter einen Großteil
der Teilsegmente des amerikanischen Logistikmarktes. Durch weitere Übernahmen, wie z.B. Danzas/AEI und Exel/Tibbet durch DHL/Deutsche Post oder Bax
Global durch Schenker, sind mittlerweile nur noch wenige große Akteure auf
dem Markt vorhanden.38
Abbildung 2: US-Logistikmarkt: Umsatz der Top-50-Anbieter (insg. $24,7 Mrd. Umsatz) im Jahr
2003
Quelle: Klaus / Müller (2006), S. 49.; eigene Darstellung
Auf den ersten Plätzen des Top-10-Rankings der sowohl umsatzstärksten als
auch ertragsreichsten Logistikunternehmen findet man heutzutage Unternehmen,
die vielfältig aufgestellt sind. Wie man in Abbildung 3 erkennt, führen das Ranking die Anbieter weltweiter Paket- und Expressfrachtdienste, also UPS und FedEx,
an.
Diese
Anbieter
weisen
mittlerweile
flächendeckende
Straßen-
Stückgutnetzwerke auf und expandieren ebenfalls im Bereich der Kontraktlogistik- und Forwarding-Aktivitäten.39
38
39
Vgl. Klaus / Müller (2006), S. 49.
Vgl. Klaus / Müller (2006), S. 50.
8
Erst ab Rang 5 findet man die im ATL-Bereich marktführenden Unternehmen wie
Ryder, Penske, Schneider National und Swift Transportation. Nicht mehr in den
Top 10, aber dennoch von Bedeutung, sind Unternehmen wie Hunt, Landstar,
Werner, Unigroup, Pacer und Sirva, von denen sich die drei zuletzt genannten
auf Möbel-, Container- und High-Tech-Produkte-Transport spezialisiert haben.
Alle diese Unternehmen konnten in den vergangen Jahren überdurchschnittliche
Umsatzwachstumsraten, Renditen und Zuwächse erzielen.40
Abbildung 3: Top-10-Ranking (gekürzt) d. Logistikunternehmen in den USA (nach Umsatz)
Unternehmen
Rang
Umsatz
Ertrag
2004
(Mio. $)
(Mio. $)
Teilsegmente
Mitarbeiter
Logistikmarkt
Paket/Land-Luft;
UPS Inc.
1
36.582
3.333
384.000
auch: Kontraktlogistik, int. Sped.
Expresspaket/Land-Luft
FedEx Corp.
2
29.363
1.449
250.000
auch: Kontraktlogistik, int. Sped.
…
Teilladungen, Truck-Leasing,
Ryder System
5
5.150
216
26.300
Kontraktlogistik
…
Truck-Leasing,
Penske Truck Leasing Co.
7
3.700
k.A.
21.000
Kontraktlogistik
…
Teilladungen;
Schneider National
Swift Transportation Co.
9
3.200
k.A.
21.900
Kontraktlogistik
10
2.826
103
23.000
Teilladungen
Quelle: Klaus / Müller (2006), S. 49.; eigene Darstellung
Mit einem kumulierten Umsatz von ca. $26 Milliarden decken diese zehn führenden
Truckload-Unternehmen
ca.
27%
des
gewerblichen
Lkw-Transport-
umsatzvolumens. Abzüglich der dort einberechneten Umsätze des Truck-Leasings
(Ryder, Penske) und der Kontraktlogistik dürfte der gemeinsame Umsatz dieser
zehn Unternehmen über 20 Milliarden Euro betragen.41
40
41
Vgl. Klaus / Müller (2006), S. 50.
Vgl. Klaus / Müller (2006), S. 50.
9
Schaut man sich lediglich den reinen Ladungsfernverkehr an, so sind mit jeweils
$2 Umsatzmilliarden Schneider, Swift und Hunt Marktführer vor Ryder und
Penske.42
In diesem Markt wurde ein Konzentrationsgrad erreicht, der in Europa seinesgleichen sucht und von den Ökonomen und Deregulierungsexperten der Transportwirtschaft so nie voraus gesehen wurde.43
4 Markt in Europa
4.1 Aktuelle Situation
Das Lkw-Transportgewerbe in Deutschland besteht hauptsächlich aus kleinen
und mittleren Unternehmen. Zwei Drittel aller Unternehmen haben nur fünf oder
weniger Angestellte, 54% aller Firmen verfügen nur über bis zu drei Lkws. Zählt
man die Unternehmen, die bis zu zehn Zugmaschinen einsetzen, kommt man auf
86%. Daraus ergibt sich, dass das hier vorliegende Produktionsmodell stark bedarfsorientiert ist. Außerdem sind viele der Betriebe als Subunternehmer für große Spediteure tätig.44
Natürlich findet man auch in Deutschland und Europa große, international agierende Ladungsverkehrsanbieter, die ebenfalls über mehrere Tausend Zugmaschinen verfügen, wie z.B. Betz und Ullrich. Allerdings hat keine dieser Firmen das
ATLF-Geschäftsmodell so strukturiert und professionell umgesetzt, wie die führenden amerikanischen Anbieter es demonstrieren.45
Der Grund dafür ist in der Vernetzung der europäischen Wirtschaft zu suchen,
die hinter der Amerikanischen zurück liegt. Dadurch ist die Zahl möglicher
ATLF-Kunden
und
damit
verbunden
die
Nachfrage
nach
Truckload-
Netzdienstleistungen wesentlich geringer. Schaut man allerdings auf die Trends,
so erkennt man, dass die europäische Entwicklung sich in Richtung der Amerikanischen bewegt.46
42
Vgl. Klaus / Müller (2006), S. 50.
Vgl. Klaus / Müller (2006), S. 50.
44
Vgl. Kubenz (2008), S. 241-242.
45
Vgl. Klaus / Müller (2006), S. 54-55.
46
Vgl. Klaus (2006), o. S.
43
10
Derzeit geben die großen Speditionsunternehmen ihre Ladungsverkehrsgeschäfte
bei vielen kleinen Subunternehmern in Auftrag, weil die Einsparungsmöglichkeiten von konstant ausgelasteten, vernetzen Ladungsverkehrsflotten nicht verstanden werden. Gleichzeitig werden die Transaktions- und Qualitätskosten von Tagescharter und eingekauften Subunternehmerleistungen unterschätzt.47
4.2 Vergleich mit dem US-Markt
Der amerikanische Logistikmarkt ist mit einem Umsatzwert von insgesamt etwa
800 Milliarden EUR um 15% größer als der europäische Markt mit ca. 730 Milliarden EUR Umsatz. Bei der Pro-Kopf-Leistung wird der Unterschied noch deutlicher: 2.740 EUR in den USA stehen hier 1.854 EUR in Europa gegenüber.48
Wie aus Abbildung 4 hervorgeht, verteilen sich die gesamten Logistikaufwendungen auf die unterschiedlichen Aktivitäten in den USA ähnlich wie in Europa.49
Abbildung 4: Europa und USA – Verteilung der gesamten Logistikkosten auf verschiedene logistische Aktivitäten
Quelle: Klaus / Müller (2006), S. 48.; eigene Darstellung
Wie zu sehen ist, nehmen Transportleistungen innerhalb des Logistikmarktes in
Deutschland und Europa, wie auch in den USA, den Hauptanteil ein. In Deutsch47
Vgl. Klaus (2006), o. S.
Vgl. Klaus (2006), o. S.
49
Vgl. Klaus / Müller (2006), S. 48.
48
11
land entfallen darauf 44%, in den USA sind es sogar 67%.50 Der Anteil der LkwTransporte an den nationalen Logistikaufwendungen ist in den USA mit 50%
wesentlich höher als in Deutschland und Europa, wo darauf lediglich 36,5% entfallen. Das liegt zum einen an den derzeit noch wesentlich geringeren Distanzen,
die zurückgelegt werden müssen, und an der geringen Vernetzung der volkswirtschaftlichen Wertketten zwischen den europäischen Ländern.51
5 Fazit
Bei den großen Logistik-Dienstleistern, die sich jahrelang nicht für eigene Transportnetzwerke interessierten, scheint ein Umdenken einzusetzen. Hier wächst,
deutlich am aggressiven Aufbau der Transportnetzwerke und -kompetenzen zu
erkennen, das Interesse an einer eigenen Netzinfrastruktur.52 Denn vor allem für
das ATLF-Geschäft, scheinen sich in Europa bemerkenswerte Wachstumspotenziale aus den bei Verladern erkennbaren Tendenzen zu hochgradig gebündelter
und zentralisierter Logistik zu ergeben.53
Für die europäische Logistikwirtschaft liegt vielleicht genau bei der gezielten,
dem europäischen Markt angepassten Übertragung des ATLF-Modells auf hiesige
Verhältnisse, eine der vermutlich seltenen echten Wachstums- und Rationalisierungsreserven.54
Denn genau hier liegt, wie schon aufgezeigt, die Chance, Nutzung von Kapazitäten, Flottenauslastungen und Produktivitäten von Ladungsverkehrsunternehmen
erheblich zu steigern. Verstärkt werden diese Chancen dadurch, dass die europäische Wirtschaft immer dichter zusammenwächst, wodurch die zu überbrückenden Distanzen größer werden, die zunehmende Überlastung der Verkehrsinfrastruktur, weswegen höhere Auslastungen so wichtig sind, und die Einsparung
von Energie und Rohstoffen und die damit zusammenhängende Verringerung
von Schadstoffemissionen.55
50
Vgl. Klaus (2006), o. S.
Vgl. Klaus / Müller (2006), S. 47.
52
Vgl. Klaus / Müller (2006), S. 55.
53
Vgl. Klaus (2008), S. 347.
54
Vgl. Klaus (2006), o. S.
55
Vgl. Klaus / Müller (2006), S. 55.
51
12
Für die Übernahme des ATLF-Geschäftsmodells haben die großen, etablierten
Logistik-Dienstleister wegen ihrer bereits vorhandenen Netzwerk-Infrastruktur,
ihres Personals und ihres Know-hows die besten Voraussetzungen. Aber auch
mittelständische Unternehmen könnten durch kooperative Netzwerke ihre Chance
sehen.56
Unabhängig davon, wer genau das Modell umsetzt, ist es jedoch auf alle Fälle
wünschenswert, dass die europäischen Anbieter die Zeichen der Zeit erkennen
und ihre Chancen nutzen, bevor die großen amerikanischen ATLF-Unternehmen
diesen lukrativen Markt auch in Europa übernehmen.57 Denn auch für die nächsten 40 – 50 Jahre zeichnet sich kein Wechsel in der Tatsache ab, dass der Straßengüterverkehr in Deutschland und Europa die vorherrschende Rolle unter den
Verkehrsträgern darstellt.58
56
Vgl. Klaus / Müller (2006), S. 55.
Vgl. Klaus (2006), o. S.
58
Vgl. Kubenz (2008), S. 242.
57
13
Literaturverzeichnis
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Klaus, P. (2006): Netzwerke als Chance begreifen, in: DVZ 121/2006
Klaus, P. (2008): Märkte und Marktentwicklungen der weltweiten
Logistikdienstleistungswirtschaft, in: Baumgarten (Hrsg.), Das Beste der
Logistik – Innovationen, Strategien, Umsetzungen, Berlin / Wien, S. 333 –
350
Klaus, P., Müller, S. (2006): Advanced-Truckload-Netzwerke in den USA: Ein
Erfolgsmodell auch für Europa?, in: Logistik Management 02/2006, S. 44
– 55
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Transportation Research Record No. 1154, Freight Transportation Issues
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Wlazlowski, T. (2004): Truckload Firms Can't Expand For Lack of Drivers,
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IV