Die Form der Eheschließung
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Die Form der Eheschließung
Vorwort Die vorliegende Arbeit ist an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn im Wintersemester 2012/ 2013 als Dissertation angenommen worden. Sie wurde mit dem Promotionspreis der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät sowie mit dem Jubiläumspreis der Deutsch-Nordischen Juristenvereinigung e.V. ausgezeichnet. Für die Veröffentlichung wurde das Manuskript der Arbeit nur unwesentlich verändert. Maßgeblicher Zeitpunkt für das schwedische, aber auch das deutsche Recht war Mai 2012. Gesetzesänderungen, höchstrichterliche Rechtsprechung und auch neuere Zahlen, soweit erhältlich, wurden jedoch ebenso wie die Neuauflagen der verwendeten Kommentare und Monographien auf den Stand Anfang September 2013 gebracht. Vereinzelt wurden auch weitere Veröffentlichungen berücksichtigt, soweit diese Thematiken berührten, die zum Zeitpunkt der Abgabe der Dissertation wissenschaftlich noch im Umbruch waren, und die Auswirkungen auf den Stand der wissenschaftlichen Diskussion haben. Ich möchte mich an dieser Stelle ganz herzlich bei meiner Doktormutter Prof. Dr. Nina Dethloff, LL.M., für die Begleitung der Arbeit und vor allem für die Ermöglichung von wissenschaftlichen Publikationen und der Teilnahme an Konferenzen im Rahmen der Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin sowie für die Unterstützung bei der Organisation des Forschungsaufenthaltes bedanken. Auch Prof. Dr. Robert Battes, meinem Zweitgutachter, gilt mein herzlicher Dank nicht zuletzt für die zügige Erstellung des Votums. Dabei weiß ich wohl, dass die Länge der Arbeit für beide Gutachter eine erhebliche zeitliche Belastung darstellte. Am Institut möchte ich mich insbesondere bei PD Dr. Kathrin KrollLudwigs bedanken, die mich immer wieder ermuntert und mir beigebracht hat, auf meine eigenen Stärken zu vertrauen. Schließlich möchte ich meinen Dank auch für den Druckkostenzuschuss aussprechen, der mir im Rahmen des von Prof. Dr. Nina Dethloff, LL.M., geleiteten und durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft geförderten Forschungsprojekts »Die europäische Ehe – Ein optionales Instrument im Europäischen Familienrecht« gewährt wurde. Die intensive Auseinandersetzung mit dem schwedischen Recht war nur 20 Vorwort aufgrund der Förderung durch den DAAD und das Maria von Linden-Programm der Universität Bonn möglich. In diesem Zusammenhang möchte ich mich bei meinen schwedischen Kollegen für die schöne, wenngleich auch arbeitsintensive Zeit in Uppsala bedanken. Dies gilt insbesondere Prof. Dr. Maarit JänteräJareborg, die mit ihrer Einladung den Aufenthalt als Gastforscherin erst ermöglicht hat, und Dr. Caroline Sörgjerd, die immer ein offenes Ohr für meine Fragen hatte und mir mit Rat und Tat zur Seite stand. Tack s jätte mycket! Mein ganz besonderer Dank gilt schließlich meiner Familie und meinen Freunden, allen voran meinen Eltern und meiner Patentante, dich mich auf meinem Weg begleitet haben und – obwohl sie nicht Juristen sind – sich weder von der Thematik noch vom Umfang abschrecken ließen und beim Korrekturlesen geholfen haben. Bonn, im September 2013 Alexandra Maschwitz Abkürzungsverzeichnis a. A. a. a. O. a.E. a. F. AAS abl. ABl. andere/r Ansicht am angegebenen Ort am Ende alte Fassung Acta Apostolicae Sedis ablehnend Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften/Amtsblatt der Europäischen Union Abs. Absatz AcP Archiv für die civilistische Praxis AEMR Allgemeine Erklärung der Menschenrechte vom 10. 12. 1948 AEUV Vertrag über die Arbeitsweise der Union AfKKR Archiv für das katholische Kirchenrecht AG Amtsgericht AGG Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz ÄktB Äktenskapsbalken (1987:230) – schwed. Ehegesetz Am. J. Comp. L. American Journal of Comparative Law Anm. Anmerkung Art. Artikel Aufl. Auflage Az. Aktenzeichen B.C. Int’l & Comp. L. Rev. Boston College International and Comparative Law Review BAMF Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bay. AGLPartG Gesetz zur Ausführung des Lebenspartnerschaftsgesetzes vom 7. 07. 2009 (Bayern) bay. AVPStG Verordnung zur Ausführung des Personenstandsgesetzes, zuletzt geändert durch Verordnung v. 28. 11. 2012 (Bayern) Bd. Band belg. belgisch BGB Bürgerliches Gesetzbuch BGBl. Bundesgesetzblatt 22 BGH BGHZ BMFSFJ BMJ BpB BrB BRD BR-Drs. Brüssel IIa – VO bspw. bT BT-Drs. BT-PlPr. BVerfG BVerfGE BW BYU L. Rev. bzgl. bzw. ca. CC CEDAW Ch. CIC 1917 CIC 1983 CIEC d. h. D.R. dän. DBK DDR ders. dies. Dir Dir. Diss. djb Abkürzungsverzeichnis Bundesgerichtshof Entscheidungssammlung des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Bundesministerium für Justiz Bundeszentrale für politische Bildung Brottsbalken (1962:700) – schwed. Strafgesetzbuch Bundesrepublik Deutschland Drucksache des Bundesrates Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 beispielsweise babylonischer Talmud Drucksache des Bundestages Plenarprotokoll des Bundestages Bundesverfassungsgericht Entscheidungssammlung des Bundesverfassungsgerichts Burgerlijk Wetboek – niederl. Bürgerliches Gesetzbuch Brigham Young University Law Review bezüglich beziehungsweise circa Code Civil, Cûdigo Civil, Codice civile Konvention zur Abschaffung aller Formen der Diskriminierung von Frauen vom 18. 12. 1979 Chapter Codex Iuris Canonici von 1917 Codex Iuris Canonici von 1983 Internationale Kommission für das Zivilstandswesen das heißt Decisions and Reports (Europäische Menschenrechtskommission) dänisch Deutsche Bischofskonferenz Deutsche Demokratische Republik derselbe dieselbe/dieselben Kommitt¦direktiver (Leitlinien für staatliche Untersuchungen bzw. Ausschüsse) Director Dissertation Deutscher Juristinnenbund Abkürzungsverzeichnis DÖV Dr. Ds DS DStR ebd. EG EGBGB EGMR EGRC EheG Einl. EJCL EKD EKMR EMRK endg. Ents. EssGspr. etc. EU EU-Unterhalts-VO EuGH EuGRZ EuR Eur. Hum. Rts. Rev. Eur. J. Migration & L. ev. EWR f. FA FamG Brčko FamG FbiH FamG RS FamGB FamRZ FAZ FF ff. 23 Die öffentliche Verwaltung Drucksache Departementsskrivelser (Berichte und Promemoria der Regierungskanzlei) Denzinger-Schönmetzer, Enchiridion Symbolorum, definitionum et declarationum de rebus fidei et morum Deutsches Steuerrecht ebenda Europäische Gemeinschaften Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte Charta der Grundrechte der Europäischen Union Ehegesetz Einleitung Electronic Journal of Comparative Law Evangelische Kirche in Deutschland Europäische Menschenrechtskommission Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten endgültig Entscheidung Essener Gespräche zum Thema Staat und Kirche et cetera Europäische Union Verordnung (EG) Nr. 4/2009 des Rates vom 18. Dezember 2008 über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften Europäische Grundrechte-Zeitschrift Europarecht European Human Rights Law Review European Journal of Migration and Law evangelisch Europäischer Wirtschaftsraum folgende Fachausschuss Familiengesetz des Bezirks Brčko Familiengesetz der Föderation Bosnien und Herzegowina Familiengesetz der Republika Srpska Familiengesetzbuch Zeitschrift für das gesamte Familienrecht; mit Betreuungsrecht, Erbrecht, Verfahrensrecht, öffentlichem Recht Frankfurter Allgemeine Zeitung Forum Familienrecht folgende 24 finn. Fn. franz. FS FT FuR FVGB Ga. J. Int’l & Comp. L. GB GBl. GG ggf. ggü. GK GMBl. grds. GRUR h.L. h. M. HD HdbKathKR HdbStKirchR HGR Hrsg. Hs. HZ i. d. F. i. d. R. i. V. m. IÄL ILF inkl. insbes. insges. Int’l & Comp. L. Q. IPRax Is.L.R. ital. J.L. & Fam. Stud. JBl. Jhdt. JR Abkürzungsverzeichnis finnisch Fußnote französisch Festschrift Förvaltningsrättslig Tidskrift Familie und Recht Familien- und Vormundschaftsgesetzbuch (Polen) Georgia Journal of International and Comparative Law Giftermlsbalken Gesetzblatt der Deutschen Demokratischen Republik Grundgesetz gegebenenfalls gegenüber Große Kammer Gemeinsames Ministerialblatt grundsätzlich Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht; Zeitschrift der Deutschen Vereinigung für Gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht herrschende Lehre herrschende Meinung Högsta Domstolen – schwed. Oberster Gerichtshof Handbuch des katholischen Kirchenrechts Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa Herausgeber Halbsatz Historische Zeitschrift in der Fassung in der Regel in Verbindung mit Lag (1904:26 s. 1) om vissa internationella rättsförhllanden rörande äktenskap och förmynderskap International Family Law inklusive insbesondere insgesamt International and Comparative Law Quarterly Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts Israel Law Review italienisch Journal of Law and Family Studies Juristische Blätter (Österreich) Jahrhundert Juristische Rundschau Abkürzungsverzeichnis Juridisk Tidskrift JuS JZ K Kap. KG krit. KritV KuR LG lit. LPartG LU m. Anm. m. w. N. malt. MD MThZ MüKo n. Chr. N.Y.U. J. Int’l L. & Pol. NÄF Nds. AVO PStG NJ NJA NJA II NJOZ NJW NJW-RR norw. Nr. NRW NStZ NVwZ OLG öst. öst. VfGH PerstDVO BRB 25 Juridisk tidskrift vid Stockholms universitet Juristische Schulung Juristenzeitung Kammerentscheidung (des Bundesverfassungsgerichts) Kapitel Kammergericht kritisch Kritische Vierteljahresschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft Kirche und Recht Landgericht litauisch/litera Gesetz über die Eingetragene Lebenspartnerschaft Lagutskottets betänkande (Bericht des Gesetzesausschusses) mit Anmerkung mit weiteren Nachweisen maltesisch Materialdienst des konfessionskundlichen Instituts Bensheim Münchener Theologische Zeitschrift Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch nach Christi Geburt New York University Journal of International Law and Politics Kungl. Maj:ts förordning (1931:429) om vissa internationella rättsförhllanden rörande äktenskap, adoption och förmynderskap; given Stockholms slott den 31 december 1931 Niedersächsische Verordnung zur Ausführung des Personenstandsgesetzes vom 11. Dezember 2008 Nederlandse jurisprudentie / Uitspraken in burgerlijke en strafzaken verzameling van belangrijke rechterlijke beslissingen met register volgens kaartsysteem Nytt Juridiskt Arkiv, Abteilung I Nytt Juridiskt Arkiv, Abteilung II Neue Juristische Online Zeitschrift Neue Juristische Wochenschrift Neue Juristische Wochenschrift, Rechtsprechungs-Report norwegisch Nummer Nordrhein-Westfalen Neue Zeitschrift für Strafrecht Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Oberlandesgericht österreichisch österreichischer Verfassungsgerichtshof Verordnung zur Durchführung des Personenstandsgesetzes vom 4. 09. 1992, zuletzt geändert durch Art. 5 Satz 2 G zur 26 port. PrALR Prop. Prot. PStDV SL PStG PStGAVO BLN PStGAVO HES PStGDVO BW PStGDVO SH PStG-VwV PStV PStVO BRE PStVO NRW pT Ræ RabelsZ REDC REMID RF RGBl. RH RIW Rom III – VO Rn. Abkürzungsverzeichnis Regelung von Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Personenstandswesens und anderer Aufgabenbereiche vom 9. 10. 2003 (Brandenburg) portugiesisch Preußisches Allgemeines Landrecht Kungl. Maj:ts eller regeringens proposition (schwed. Gesetzesentwurf) Protokoll(e) Saarländische Verordnung zur Ausführung des Personenstandsgesetzes vom 8. 05. 2012 Personenstandsgesetz (soweit nicht anders angegeben i. d. F. von 2007; zuletzt geändert durch Art. 2 XIV Gesetz zur Strukturreform des Gebührenrechts des Bundes vom 7. 08. 2013) Verordnung zur Ausführung des Personenstandsgesetzes im Land Berlin vom 26. 03. 2013 Hessische Verordnung zur Ausführung des Personenstandsgesetzes vom 19. 12. 2008 Verordnung des Innenministeriums zur Durchführung des Personenstandsgesetzes vom 10. 06. 2013 (Baden-Württemberg) Landesverordnung zur Durchführung des Personenstandsgesetzes vom 8. 12. 2008 (Schleswig-Holstein) Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Personenstandsgesetz Verordnung zur Ausführung des Personenstandsgesetzes Verordnung zur Ausführung des Personenstandsgesetzes vom 5. 12. 2008 (Bremen) Verordnung zur Durchführung des Personenstandsgesetzes vom 16. 12. 2008 (Nordrhein-Westfalen) palästinensischer Talmud Regeringsrättens rsbok Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht Revista EspaÇola de Derecho Canonico Religionswissenschaftlicher Medien- und Informationsdienst e.V. Regeringsformen (1974:152) Reichsgesetzblatt Rättsfall frn hovrätterna Recht der internationalen Wirtschaft Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 des Rates zur Begründung einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich des auf die Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anzuwendenden Rechts vom 20. Dezember 2010 Randnummer Abkürzungsverzeichnis RPPStVO RPF Rskr. Rspr. RStGB rum. RW s.a. SächsPStVO SCB schwed. SFS Skr SÖ sog. SOU span. SPT SST st. Rspr. StAZ StBBestVO M – V StGB str. SvJT ThQ ThürPStV TRE TSG TThZ türk. u. a. u. U. 27 Landesverordnung zur Durchführung des Personenstandsgesetzes vom 10. 12. 2008 (Rheinland-Pfalz) Riksdagsskrivelse Rechtsprechung Reichsstrafgesetzbuch rumänisch Rechtswissenschaft: Zeitschrift für rechtswissenschaftliche Forschung siehe auch Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums des Innern zur Ausführung personenstandsrechtlicher und familienrechtlicher Vorschriften vom 7. 01. 2009 Statistiska centralbyrn schwedisch Svensk författningssamling – schwed. Gesetzessammlung Regeringens skrivelse Sveriges överenskommelser med främmande makt – Staatsund völkerrechtliche Abkommen Schwedens so genannte Statens offentliga utredningar – schwed. staatliche Untersuchungen spanisch Svensk Pastoral Tidskrift Nämnden för statligt stöd till trossamfund (schwed. Amt für die staatliche Unterstützung von Glaubensgemeinschaften) ständige Rechtsprechung Zeitschrift für das Standesamtswesen, Familienrecht, Staatsangehörigkeitsrecht, Personenstandsrecht, internationales Privatrecht des In- und Auslands Verordnung über die Bestellung von Standesbeamten vom 9. 12. 2008 (Mecklenburg-Vorpommern) Strafgesetzbuch strittig Svensk Juristtidning Theologische Quartalschrift Thüringer Verordnung zur Ausführung des Personenstandsgesetzes vom 9. 12. 2008 Theologische Realenzyklopädie Gesetz über die Änderung der Vornamen und die Feststellung der Geschlechtszugehörigkeit in besonderen Fällen (Transsexuellengesetz – TSG) Trierer Theologische Zeitschrift türkisch und andere/unter anderem unter Umständen 28 UEK Abkürzungsverzeichnis Union Evangelischer Kirchen in der Evangelischen Kirche in Deutschland UN Vereinte Nationen Urt. Urteil USA Vereinigte Staaten von Amerika v. vom/von VAS Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls VELKD Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands vgl. vergleiche Vol. Volume Vorbem. Vorbemerkung VVDStRL Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer VwVfG Verwaltungsverfahrensgesetz WA Weimarer Ausgabe der Werke Martin Luthers wg. wegen Wm. & Mary J. Women & William & Mary Journal of Women and the Law L. WVK Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge vom 23. 05. 1969 z. B. zum Beispiel z. T. zum Teil Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und VölkerZaöRV recht ZAR Zeitschrift für Ausländerrecht und Ausländerpolitik ZEuP Zeitschrift für europäisches Privatrecht ZevKR Zeitschrift für evangelisches Kirchenrecht ZGB Zivilgesetzbuch ZgS Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft ZIS Zeitschrift für Internationale Strafrechtsdogmatik zit. zitiert ZRG (Germ. Abt.) Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte. Germanistische Abteilung ZRG (Kan. Abt.) Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte. Kanonistische Abteilung ZRP Zeitschrift für Rechtspolitik zsf. zusammenfassend ZThG Zeitschrift für Theologie und Gemeinde zust. zustimmend ZWST Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland zyp. zypriotisch Einleitung A. Einführung in die Problematik An der Eheschließung zeigt sich in besonderem Maße die Mehrdimensionalität, welche das Familienrecht in vielen Bereichen durchzieht1. Schon Thomas von Aquin unterstellte die Ehe gemäß ihrem vierfachen Zweck gleich vier verschiedenen Rechtskreisen: der lex naturalis, der lex civilis, dem regimen ecclesiasticum und dem ius divinum2. Eine ähnliche Unterteilung nahm auch Friedrich Karl von Savigny vor, nach welchem die Familie drei Gestalten hat: die natürliche, die sittliche und die rechtliche3. Es überlagern sich also verschiedene Rechtskreise. Auch heute noch wird das seit jeher in unterschiedlichen Formen anerkannte Zusammenleben von Mann und Frau wesentlich durch gesellschaftliche Vorstellungen, religiöse Sitten und Gebräuche, aber auch durch religiöses Recht geprägt. Daneben hat die Lebensgemeinschaft von Mann und Frau in Form der bürgerlichen Ehe ihren Niederschlag im positiven Recht erfahren. Die Mehrdimensionalität der Ehe zeigt sich in der Praxis insbesondere in der Duplizität der Ehebegründungsakte4 : Bei beinahe einem Drittel der 380 000 jährlich in Deutschland geschlossenen Ehen wird anschließend eine religiöse Trauung vollzogen5. In diesen Fällen kommt es also zu einer doppelten Eheschließung. Die Zuordnung der Ehe zu verschiedenen Rechtskreisen sagt jedoch nichts über die Form der Beteiligung dieser Rechtskreise an der Eheschließung aus; 1 Mörsdorf, in Conrad/Kipp (Hrsg.), Gegenwartsprobleme des Rechts I, 119, 121; vgl. auch Renck, NJW 1996, 907, 908, der jedoch kritisiert, dass diese Abgrenzung der unterschiedlichen Normbereiche vielfach missachtet wird. 2 Vgl. hierzu Schwab, Grundlagen und Gestalt der staatlichen Ehegesetzgebung, 37. Wenn man von der systematischen Klarheit absieht, war diese Unterteilung bereits in den Werken der frühen Kirchenväter angelegt, für Johannes Chrysostomos und Augustinus vgl. Witte, From Sacrament to Contract, 20 ff. 3 V. Savigny, System des heutigen Römischen Rechts I, 346 f. 4 Becker, FS Schwab, 269, 270. 5 Näher zu der Statistik staatlicher und religiöser Eheschließungen siehe Teil 1 D.I. 30 Einleitung fraglich ist vielmehr, ob und in welcher Weise diese teilhaben sollten bzw. müssen6. Im Wesentlichen gibt es drei Grundmodelle zur Regelung des Verhältnisses staatlicher und religiöser Ehe. Zum einen ist es möglich, staatliches und religiöses Recht als wesensverschieden und somit als vollständig unabhängig voneinander zu verstehen; zum anderen können sich staatliches und religiöses Recht in der Weise entsprechen, dass sich das Eine vollständig über das Andere identifiziert7. Dazwischen stehen vermittelnde Modelle, welche die Mehrdimensionalität der Ehe zum Anlass für eine gewisse Überschneidung von staatlichem und religiösem Recht in Bezug auf die Ehe nehmen. Im heutigen deutschen Recht herrscht grundsätzlich das erste Modell vor: Aufgrund der Zuordnung zu verschiedenen Rechtskreisen stehen staatliches und religiöses Recht bei der Ehe unverbunden nebeneinander. Wenn Hans Michael Heinig in diesem Zusammenhang davon spricht, dass das »deutsche Modell einer vermeintlich klaren Trennung und Abschichtung der bürgerlich-rechtlichen von der kirchenrechtlichen Sphäre in der Praxis durch die Vielzahl einzelner Fallgestaltungen immer wieder unterlaufen wird«8, so bezieht er sich allein auf die Parallelität kirchlicher und weltlicher Eheschließung, die, in Folge der mangelnden Konvergenz staatlichen und religiösen Rechts, in verschiedenen Situationen nicht gewahrt wird und nun – nach Wegfall des Voraustrauungsverbots – sicherlich auch häufiger entfallen wird. Es liegt letztlich in der Hand der jeweiligen Nupturienten, einen Gleichlauf zwischen staatlicher und religiöser Ehe herzustellen. B. Terminologie Je nachdem, wem der Staat die Zuständigkeit für die Eheschließung zuweist, kann zwischen verschiedenen Eheschließungsmodellen unterschieden werden. Dabei lassen sich ebenfalls drei Grundsysteme feststellen9. Auf der einen Seite gibt es – ausgehend von einer vollständigen Trennung des staatlichen und religiösen Rechts in Bezug auf die Eheschließung und mit ihr regelmäßig des gesamten Eherechts – das Institut der obligatorischen Zivileheschließung, bei dem nur die staatliche Eheschließung auch staatlich anerkannt wird. Auf der 6 Sohm schrieb bspw., dass dies in »irgend welcher Weise« erfolgen müsse, ders., Das Recht der Eheschließung, 10. 7 Schwab, Grundlagen und Gestalt der staatlichen Ehegesetzgebung, 13 f. 8 Heinig, ZevKR 2010, 21, 22 f. 9 Vgl. zur Einteilung Neuhaus, FamRZ 1955, 305, 306; Scheftelowitz, Das religiöse Eherecht im Staat, 117. Anders die Einteilung bei Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht6, § 11 Rn. 4 in fünf Kategorien und bei Schwab, Familienrecht20, Rn. 54 in zwei Kategorien (unter Auslassung der obligatorischen religiösen Eheschließung). Terminologie 31 anderen Seite steht, nunmehr auf dem Gedanken der Identität des staatlichen und religiösen Rechts in Bezug auf die Eheschließung sowie darüber hinaus in der Regel des gesamten Eherechts basierend, das Institut der obligatorischen religiösen Eheschließung, welches für die staatliche Anerkennung der Ehe eine religiöse Eheschließung voraussetzt. Das Institut der fakultativen Zivileheschließung, bei dem sowohl die staatliche als auch die religiöse Eheschließung eine Ehe im bürgerlich-rechtlichen Sinne begründen, nimmt schließlich eine vermittelnde Position ein. Obwohl sie in Europa als solche nicht mehr anzutreffen ist, ist der Vollständigkeit halber auf die private bzw. formfreie Eheschließung hinzuweisen, bei der weder die Beteiligung einer religiösen noch einer staatlichen Trauungsperson zur wirksamen Eheschließung erforderlich ist. Sie betrifft insofern nicht die religiöse, sondern vielmehr die gesellschaftliche – nach Savigny sittliche – Dimension der Ehe. Die in diesem Zusammenhang häufig verwendeten Begriffe der obligatorischen bzw. fakultativen Zivilehe sind dabei insofern irreführend, als sie allein die Form der Eheschließung meinen, die für den Eintritt der staatlichen Ehewirkungen Voraussetzung ist10. Nichts hingegen sagen diese Begriffe über ein faktisches Nebeneinander von staatlicher und religiöser Eheschließung, staatlicher und religiöser Ehe aus. Auch das anwendbare materielle Recht wird nicht durch diese Begriffe bestimmt. Insofern gehen auch diejenigen europäischen Staaten, in denen die religiöse Eheschließung eine staatlich wirksame Ehe begründet, heute grundsätzlich von einer obligatorischen Zivilehe aus: Nur die Ehe, welche den materiellen und formellen Voraussetzungen staatlichen Rechts entspricht, wird vom Staat als Ehe anerkannt. Selbst die Eheschließung ist überwiegend in ihrer Ausgestaltung bezüglich der konstitutiven Elemente bürgerlich: Sei es dass die Ehe direkt unter Beteiligung eines staatlichen Beamten geschlossen wird, sei es dass die Trauungsperson ein Geistlicher ist, welcher selbst oder dessen Glaubensgemeinschaft11 vom Staat zur Eheschließung ermächtigt wurde, oder dass erst die staatliche Registrierung die Ehe konstituiert. Bei der Trauung durch einen Geistlichen handelt es sich, sofern dieser in Ausübung staatlicher, hoheitlicher Befugnis handelt, ebenfalls im Ergebnis um dem Staat zurechenbares Verhalten. Das, was hier fakultativ ist, ist die Einrahmung der staatlich konstitutiven Elemente: die bürgerliche oder religiöse Zeremonie. Im Folgenden 10 Ähnlich auch Hanqvist, Förvaltningsrättslig tidskrift 2003, 215 bzw. ders., Juridisk tidskrift, 2007/08, 236, 238, der das schwedische System als »obligatorisk borgerlig (»civil«) vigsel« beschreibt, bei dem die Trauungsbefugnis delegiert werden kann (»men att behörigheten att viga kan delegeras«). 11 Die Begriffe der Religions- und Glaubensgemeinschaft werden im Folgenden synonym verwendet. 32 Einleitung werden daher zur Klarstellung die Begriffe obligatorische bzw. fakultative Zivileheschließung bzw. Ziviltrauung verwendet. I. Obligatorische Zivileheschließung Konkret lässt sich das Institut der obligatorischen Zivileheschließung12 als ein System definieren, indem die bürgerlich-rechtlichen Wirkungen der Ehe nur dann eintreten, wenn die Ehe vor einer staatlichen Behörde geschlossen wurde. Eine religiöse Trauung bleibt ohne bürgerlich-rechtliche Folgen. Der Staat geht somit von einer von der religiösen Eheordnung losgelösten »bürgerlichen Ehe« aus13. Dieser Begriff ist jedoch insofern ungenau bzw. bezieht sich nur auf den Grundsatz der Inlandstrauung, als viele der Länder, die ihr System selbst als obligatorische Zivileheschließung bezeichnen, dennoch die religiöse Eheschließung unter gewissen Umständen anerkennen: Sei es in Fällen, in denen die Ehe von mindestens einem, in der Regel wohl aber von zwei Ausländern im Inland religiös wirksam geschlossen wurde, sei es dass ein inländischer Staatsbürger oder auch ein Ausländer im Ausland eine dort gültige religiöse Eheschließung durchgeführt hat, die im Inland anerkannt wird14. Diese kollisionsrechtlichen Regelungen werden jedoch nicht gemeint, wenn man von dem System der Notklerikalehe(schließung)15 spricht, welches einen Unterfall der obligatorischen Zivileheschließung darstellt: Während auch hier grundsätzlich die staatliche Eheschließung erforderlich ist, besteht in Notsituationen – beispielsweise wenn die staatliche Eheschließungszeremonie wegen Zeitmangels aufgrund des bevorstehenden Todes eines Nupturienten nicht mehr durchgeführt werden kann – die Möglichkeit einer staatlich anerkannten religiösen Trauung. Im Gegensatz zu den oben geschilderten Ausnahmen handelt es sich hierbei jedoch nicht um die Folge einer kollisionsrechtlichen Regelung, sondern um Vorschriften des materiellen Rechts. Begründet die re12 Alternativ »Zwangszivilehe«, so insbes. in der älteren Literatur bzw. im kanonischen Recht: Bosch, Familienrechtsreform, 18; Mörsdorf, FamRZ 1954, 123 ff.; Schwendenwein, Das neue Kirchenrecht, 363; Zapp, Das kanonische Eherecht7, 55; s.a. »Pflichtzivilehe«, Demel, Kirchliche Trauung, passim bspw. 272, 274. 13 Zum Begriff der bürgerlichen Ehe Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht6, § 4 Rn. 1. 14 Neuhaus, FamRZ 1955, 305, 308; eine Beeinträchtigung des Grundprinzips verneinend Hohloch, Familienrecht, Rn. 276. 15 Diese Terminologie ist insofern unschön, als der Begriff »klerikal« sich in erster Linie auf die christlichen Religionen bezieht. Obwohl er weit verstanden auch andere Religionsgemeinschaften erfasst, die einen priesterähnlichen Amtsträger kennen, lässt er Religionsgemeinschaften ohne einen klaren geistlichen Stand außen vor. Für die historische Alleinzuständigkeit der katholischen oder aber später einer anderen christlichen Kirche ist er jedoch stimmig. Terminologie 33 ligiöse Trauung allerdings auch in diesem Fall keine staatliche Wirkung16, sondern bildet nur eine Ausnahme von dem im System der obligatorischen Zivileheschließung häufig anzutreffenden zeitlichen Primat der Zivilehe, so ist dieser Terminus irreführend, liegt doch im Ergebnis die obligatorische Zivileheschließung in ihrer Reinform vor. II. Fakultative Zivileheschließung Als Gegenbegriff zur obligatorischen Zivileheschließung wird der Begriff der fakultativen Zivileheschließung oder auch der Wahlzivileheschließung verwendet. Hiermit ist ein Eheschließungsmodell gemeint, in welchem der Staat seinen Bürgern die Wahl zwischen staatlicher und religiöser Eheschließung lässt, jedoch beide Formen, d. h. auch die religiöse Eheschließung, die staatlichen Ehewirkungen auslösen und vom Staat als Ehe anerkannt werden. Man könnte daher auch von alternativer ziviler oder religiöser Eheschließung sprechen. Dies gilt unabhängig von der Ausgestaltung der religiösen Eheschließung, sei es dass die religiöse Eheschließung als solche anerkannt wird, sei es dass der Geistliche als Vertreter des Staates handelt oder dass erst die Registrierung der religiösen Eheschließung für die staatliche Wirksamkeit konstitutiv ist. Insofern lassen sich verschiedene Modi der fakultativen Zivileheschließung unterscheiden, je nachdem auf welche Weise der Staat die staatliche Wirksamkeit der religiös geschlossenen Ehe konstruiert. Handelt der Geistliche in Ausübung staatlicher Gewalt, delegiert also der Staat die Funktionen der staatlichen Trauungsperson auf einen religiösen Amtsträger, so kann von einem Modus der Delegierung gesprochen werden17. Von einem Modus der Anerkennung18 ist auszugehen, wenn der Staat grundsätzlich – gegebenenfalls verbunden mit gewissen Mindestvoraussetzungen – jeder in einer (bestimmten) Religionsgemeinschaft geschlossenen Ehe staatliche Wirkungen zukommen lässt. Ist hingegen letztlich die staatliche Registrierung einer religiös geschlossenen Ehe Auslöser für die bürgerlich-rechtlichen Ehewirkungen, so kann von einem Modus der Registrierung gesprochen werden. Es ist auch denkbar, dass die unterschiedlichen Modi innerhalb eines Systems der fakultativen Ziviltrauung kombiniert werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn aufgrund der historischen Verbundenheit des Staates mit einer oder auch mehreren Religionsgemeinschaften eine Differenzierung zwischen den Religionsgemeinschaften stattfindet. 16 So etwa ehemals für Deutschland Bosch, Familienrechtsreform, 20 f. 17 Vgl. Schumann, in Dombois/Schumann (Hrsg.), Familienrechtsreform, 152, 159. 18 Siehe hierzu ebenfalls Schumann, in Dombois/Schumann (Hrsg.), Familienrechtsreform, 152, 160. Schumann sieht als drittes Modell einen Modus der Substituierung vor. Es bleibt jedoch offen, welche rechtliche Konstruktion diesem zugrunde liegen soll. 34 Einleitung Selbst in einem System der fakultativen Zivileheschließung kommen nicht notwendiger Weise jeder religiös geschlossenen Ehe automatisch bürgerlichrechtliche Folgen zu. Vielmehr können auch in diesem System grundsätzlich rein religiöse Ehen geschlossen werden, die von staatlicher Seite nicht als Ehe anerkannt werden und denen daher auch keine staatlichen Rechtswirkungen zukommen. III. Obligatorische religiöse Eheschließung Neben diesen beiden Eheschließungssystemen, die in dieser Arbeit im Vordergrund stehen, gibt es das System der obligatorischen religiösen Eheschließung (obligatorische Klerikalehe19), welches besagt, dass eine Ehe, um staatlich anerkannt zu werden, religiös geschlossen sein muss. Eine zivile Form der Eheschließung ist nicht vorgesehen. Unterfälle der obligatorischen religiösen Eheschließung bilden die Systeme der relativen und der absoluten Notzivilehe(schließung). Als relative Notzivilehe (schließung) wird dabei ein solches System bezeichnet, in dem subsidiär eine bürgerliche Eheschließung für die Fälle vorgeschrieben ist, in denen eine religiöse Eheschließung unmöglich ist, weil das Brautpaar nicht Mitglied einer trauungsberechtigten Religionsgemeinschaft ist20. Ein System der absoluten Notzivilehe(schließung) liegt hingegen vor, wenn die subsidiäre staatliche Trauung nur dann möglich ist, wenn den Verlobten eine religiöse Eheschließung verweigert wird, obwohl sie nach dem staatlichen Recht die Voraussetzungen für eine Eheschließung erfüllen21. Durch das Erfordernis einer Notzivileheschließung für diese Fälle findet eine Annäherung an das System der fakultativen Zivileheschließung statt22 ; es fehlt jedoch an der für diese charakteristischen Wahlfreiheit. IV. Private bzw. »formfreie« Eheschließung Ein weiteres Eheschließungsmodell, welches in der Regel als Unterfall der fakultativen Zivileheschließung anzutreffen ist und diese um eine weitere Eheschließungsoption ergänzt, stellt die private Eheschließung ohne Beteiligung 19 Zum Terminus der Klerikalehe siehe oben Fn. 15. 20 Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht6, § 11 Rn. 4; Schwendenwein, Das neue Kirchenrecht, 363. 21 Siehe ebenfalls Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht6, § 11 Rn. 4; Schwendenwein, Das neue Kirchenrecht, 363. 22 Neuhaus, FamRZ 1955, 305, 308. Anlass und Notwendigkeit einer Untersuchung der Form der Eheschließung 35 einer staatlichen oder religiösen Trauungsperson dar. Die Ehe kommt in diesen Fällen ohne Einhaltung einer bestimmten Form allein durch das Zusammenleben als Mann und Frau zu Stande. Zwar privat, nicht aber formfrei ist zudem eine Eheschließung, bei der ausdrücklich der Ehekonsens, welcher gegebenenfalls sogar in Gegenwart von Zeugen erklärt werden muss, verlangt wird. C. Anlass und Notwendigkeit einer Untersuchung der Form der Eheschließung Mit Inkrafttreten des Personenstandsänderungsgesetzes zum 1. Januar 2009 wurden mit den §§ 67, 67a PStG a. F. zwei Vorschriften aufgehoben, welche staatliche und religiöse Eheschließung eng mit einander verzahnten: Das so genannte Voraustrauungsverbot schrieb vor, dass eine religiöse Eheschließung bzw. die religiösen Feierlichkeiten anlässlich einer Eheschließung erst nach erfolgter staatlicher Trauung stattfinden dürfen. Der Wegfall dieser Normen bildet den Anlass, über das Verhältnis von staatlicher und religiöser Eheschließung nachzudenken. Weitere Aspekte, die eine Evaluierung des deutschen Eheschließungssystems nahelegen, sollen im Folgenden näher untersucht werden. So ist zum einen vor dem Hintergrund einer zunehmenden Europäisierung des Rechts und dem vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) zur Auslegung der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) herangezogenen »europäischen Standard«23 fraglich, welche Form der Eheschließung in anderen europäischen Rechtsordnungen maßgeblich ist und ob sich hier ein Trend hinsichtlich des einen oder anderen Systems erkennen lässt (I.). Zum anderen stellt sich die Frage, inwieweit die fortschreitende Formalisierung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften die Form der Eheschließung beeinflusst (II.). Des Weiteren ist zu ermitteln, ob die Harmonisierungsbestrebungen durch die Europäische Union einerseits und von Seiten der Wissenschaft andererseits auch die Art und Weise der Eheschließung erfassen (III.). Abschließend folgt ein Blick auf die Diskussion der Form der Eheschließung innerhalb der deutschen juristischen Literatur (IV.). I. Die Form der Eheschließung im europäischen Vergleich Im Folgenden werden die europäischen Rechtsordnungen, unter Zugrundelegung des geografisch weiten Europabegriffes des Europarats, unter kurzem 23 Siehe hierzu nur Rixe, FPR 2008, 222, 223 m.w.N. 36 Einleitung Hinweis auf maßgebliche geschichtliche Entwicklungen den oben dargelegten Eheschließungsmodellen zugewiesen. 1. Länder mit obligatorischer Zivileheschließung Als eines der ersten Länder erließen die Niederlande staatliche Regelungen der Form der Eheschließung24. So wurde bereits 1580 aus Toleranzgründen gegenüber den Mitgliedern protestantischer Gemeinden in Holland und in Westfriesland die fakultative Ziviltrauung eingeführt25, ab 1656 galt sie in den gesamten niederländischen Generalstaaten26. Die Anerkennung der Religionsfreiheit in den Menschen- und Bürgerrechten von 1795 veranlasste die batavische Republik später nicht nur zur Gleichstellung der verschiedenen Religionen, sondern auch zur Einführung der obligatorischen Zivileheschließung27. Der Siegeszug der obligatorischen Ziviltrauung in Mitteleuropa beginnt historisch betrachtet mit ihrer Einführung durch die französische Revolution, zunächst mit Dekret von 1792, dann durch die Kodifizierung in Art. 165 Code Civil 180428. Hintergründe waren die gewaltgeladene antiklerikale Stimmung und das naturrechtliche Verständnis der Ehe als ziviler Vertrag29. Zusammen mit der obligatorischen Zivileheschließung wurde auch deren Vorrang vor einer religiösen Eheschließung gesetzlich verankert und die vorherige religiöse Trauung unter Strafe gestellt30. Auch heute noch hat sich dieses System in den vom französischen Code Civil geprägten Ländern erhalten31. Teilweise hat die obligatorische Zivileheschließung in diesen Ländern sogar Verfassungsrang: In Art. 21 II der belgischen Verfassung sowie in Art. 21 der luxemburgischen Verfassung ist das Voraustrauungsverbot als typisches Element der obligatorischen Zivileheschließung verankert32. Der Code Civil und mit ihm die obligatorische Zivileheschließung hatte auch 24 Heute Art. 1:63 BW; vgl. auch Art. 1:30 II BW, der eine § 1588 BGB vergleichbare Regelung enthält. 25 Friedberg, Das Recht der Eheschließung, 482. 26 Friedberg, Das Recht der Eheschließung, 485 f.; Janson, Debatten om civiläktenskapets införande i Sverige, 10. 27 Huussen, in Mohnhaupt (Hrsg.), Zur Geschichte des Familien- und Erbrechts, 93, 111. 28 Die Einführung der Zivilehe für Protestanten im Jahre 1787 stellt insofern eine relative Notzivileheschließung dar, vgl. Conrad, ZRG (Germ Abt.) 67 (1950), 336, 353; a. A. Eschelsson, I vr tids livsfrgor 1903, 1, 3, sowie Friedberg, Das Recht der Eheschließung, 543 und 545, die es als fakultative Zivileheschließung bezeichnen, da Protestanten die »Wahl« zwischen bürgerlicher und katholischer Trauung hatten. 29 Vgl. umfassend zu den Hintergründen der Einführung der obligatorischen Zivileheschließung in Frankreich Conrad, ZRG (Germ. Abt.) 67 (1950), 336 ff.; s.a. Teil 1 A.III. und IV. 30 Vgl. auch heute noch Art. 433 – 21 Code p¦nal. 31 Frankreich (Art. 165 CC), Belgien (Art. 166 CC), Luxemburg (Art. 165 CC). 32 Vgl. auch Art. 267 des belg. StGB sowie Art. 48 II 2 der rum. Verfassung (2003). Anlass und Notwendigkeit einer Untersuchung der Form der Eheschließung 37 Einfluss auf die Länder der deutschen Rechtsfamilie33. Während auf die Entwicklung in Deutschland im Ersten Teil näher eingegangen werden soll, soll hier nur ein kurzer Hinweis auf die Entwicklungen in Österreich und der Schweiz erfolgen: In Österreich wurde bereits vor der französischen Revolution durch das Ehepatent Joseph II. (1783) das kirchliche Eherecht durch staatliches ersetzt. Die Eheschließung vor einem staatlichen Organ wurde allerdings erst 1868 in Form der Notzivileheschließung eingeführt; die Einführung der obligatorischen Ziviltrauung folgte schlussendlich mit dem Ehegesetz von 193834. Während in der helvetischen Republik im 19. Jahrhundert bereits einzelne Kantone die fakultative oder obligatorische Zivileheschließung einführten, kennt die Schweiz seit der Einführung der obligatorischen Zivileheschließung durch das Bundesgesetz vom 24. Dezember 1874 ebenfalls nur noch die Eheschließung in Form einer staatlichen Trauung35. Auch Italien und Rumänien führten unter Einfluss des Code Civil die obligatorische Zivileheschließung ein36, wobei Italien nach Zusammenbruch der napoleonischen Welt diese zunächst aufhob, dann aber 1865 wiedereinführte37 und unter Einfluss der Faschisten 1929/30 zur fakultativen Zivileheschließung wechselte38. In Rumänien wurde die obligatorische Ziviltrauung 1864 eingeführt39 und in Monaco schreibt Art. 141 CC die Eheschließung vor dem Standesbeamten ebenfalls als alleinige Eheschließungsform vor. Auch in der Türkei wurde in Folge der Trennung von Staat und Religion die religiöse Eheschließung durch die allein staatlich anerkannte bürgerliche Eheschließung ersetzt40. In Osteuropa war der Kommunismus im 20. Jahrhundert die prägende Kraft der Familienrechte; im Zuge der dadurch eingetretenen Säkularisierung des Rechts führten daher zunächst diejenigen osteuropäischen Länder, die bis dato noch keine obligatorische Zivileheschließung hatten, diese ein41. Kommunisti33 Österreich (§ 15 I EheG), Deutschland (§ 1310 I 1 BGB), die Schweiz (Art. 97 I ZGB) und Liechtenstein (Art. 3, 22 EheG). Zum Begriff der deutschen Rechtsfamilie Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung3, 130 ff. Insgesamt zur Bedeutung des französischen Rechts für das Personenstandsrecht in Deutschland, Österreich und der Schweiz, Sturm, StAZ 2007, 1 ff. 34 Zur Entwicklung in Österreich Strätz, in Puza/Kustermann (Hrsg.), Beginn und Ende der Ehe, 9, 20 – 25, sowie Kremsmair, FS Mühlsteiger, 515 ff. 35 Jäggi, Das verweltlichte Eherecht, 14 f.; Conrad, ZRG (Germ. Abt.) 67 (1950), 336, 369. 36 Conrad, ZRG (Germ. Abt.) 67 (1950), 336, 366; zur Übernahme des französischen Rechts in Rumänien nach der Staatsgründung 1850 s.a. Aden, RIW 2008, 700. 37 Eschelsson, I vr tids livsfrgor 1903, 1, 4. 38 Vgl. Puza, in Puza/Kustermann (Hrsg.), Beginn und Ende der Ehe, 41. 39 Persson, Samvetsäktenskap eller civiläktenskap, 11 sowie Eschelsson, I vr tids livsfrgor 1903, 1, 4; heute Art. 287 I rum. ZGB sowie Art. 48 II 2 rum. Verfassung (2003). 40 Art. 134 und 141 I türk. ZGB; s.a. Brosius-Gersdorf, EuGRZ 2009, 454. 41 Dittgen, An English Selection, Vol. 7 (1995), 95, 97. In Ungarn war die obligatorische Ziviltrauung bspw. bereits 1894 eingeführt worden; zu den Hintergründen Herger, in Thier/ 38 Einleitung schen Idealen entsprechend wurde zunächst der private Charakter der Ehe- und Familiengründung betont. Doch die starke Vereinfachung des Eheschließungsrechts (bloße Registrierung), welcher eine ebenfalls stark vereinfachte Scheidung gegenüber stand, sah sich praktischen Problemen ausgesetzt: »Instabile Beziehungen, die Verführung und Ausbeutung von Frauen, Vernachlässigung von Kindern«42 wurden als Folgen der rechtlichen Ausgestaltung angesehen. Dies führte letztlich zu einer erneuten Formalisierung der Eheschließung, wie sie aus den meisten Ländern mit (auch) staatlicher Eheschließung bekannt ist43. Ein großer Teil der osteuropäischen Staaten hat diese Regelungen bis heute beibehalten, so neben Russland auch Albanien, Armenien, Aserbaidschan, Bosnien-Herzegowina, Bulgarien, Georgien, Kasachstan, Kirgisistan, das Kosovo, Mazedonien, Moldau, Montenegro, Serbien, Slowenien, Ungarn, die Ukraine und Weißrussland44. In den meisten Ländern ist die obligatorische Zivileheschließung mit einem Voraustrauungsverbot verbunden, welches die religiöse Eheschließung erst im Anschluss an die staatliche Trauung gestattet. Neben den bereits erwähnten verfassungsrechtlichen Festschreibungen in Belgien und Luxemburg findet sich eine einfachrechtliche Normierung des Primats der Zivilehe etwa in BosnienHerzegowina45, Liechtenstein46 und der Schweiz47. In den Niederlanden48, Belgien49, Frankreich50 und in der Türkei51 ist eine religiöse Trauung ohne vorherige 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 Pfeifer/Grzimek (Hrsg.), Kontinuitäten und Zäsuren in der Europäischen Rechtsgeschichte, 275 ff. Coester-Waltjen, FS Rolland, 67, 72. Hierzu näher Coester-Waltjen, FS Rolland, 67, 72 sowie vertiefend Bilinsky, FamRZ 1960, 1 ff. Russland (Art. 1 II, 10 I FamGB 1995), Albanien (Art. 28 FamGB 2003), Armenien (Art. 9 I FamGB), Aserbaidschan (Art. 2 III FamGB), Bosnien-Herzegowina (Art. 7 I FamG FBiH; Art. 14 FamG RS und Art. 6 I FamG Brčko), Bulgarien (Art. 46 I 2 Verfassung; Art. 4 FamGB); Georgien (Art. 1106, 1110 I ZGB), Kasachstan (Art. 2 Nr. 3 FamGB v. 26. 12. 2011), Kirgisistan (Art. 11 FamGB), Kosovo (Art. 28 I FamGB 2004 i. d. F. v. 2006), Mazedonien (Art. 15, 27, 30 FamGB 1992), Moldau (Art. 9 I FamGB 2000), Montenegro (Art. 16, 31 FamGB), Serbien (Art. 15 FamGB 2005), Slowenien (Art. 16, 28 I Ehe- und FamG 1976), Ungarn (§ 2 I Gesetz Nr. IV/1986 über die Änderung des Gesetzes Nr. IV/1952 über die Ehe, die Familie und die Vormundschaft; ab dem 15. 03. 2014: § 4:5 ZGB), Ukraine (Art. 21 I FamGB; für Altfälle gilt, dass religiöse Eheschließungen, die auf dem Gebiet der heutigen Ukraine vor Gründung oder Wiederherstellung der staatlichen Organe für die Registrierung von Personenstandsakten stattfanden, anerkannt werden, Art. 21 III FamGB) und Weißrussland (Art. 15 Ehe- und FamGB 1999). So ausdrücklich Art. 7 III FamG FBiH. Eine vergleichbare Vorschrift fehlt in den Familiengesetzen der Republiken Srpska und Brčko. Art. 3 I EheG. Art. 97 III ZGB. Voraustrauungsverbot (Art. 1:68 BW) und Strafregelung (Art. 449 Wetboek van Strafrecht). Art. 267 belg. StGB. Art. 433 – 21 Code p¦nal. Art. 230 VI türk. StGB. In der Vergangenheit wurde dies jedoch dadurch abgemildert, dass – da religiöse Ehen in den ländlichen Regionen immer noch stark verbreitet sind – mehrfach Anlass und Notwendigkeit einer Untersuchung der Form der Eheschließung 39 Zivileheschließung sogar heute noch strafbar. Anders ist die Rechtslage hingegen in Ungarn52, Österreich53 und nunmehr auch in Deutschland: Eine rein religiöse Trauung ist unabhängig von einer staatlichen Eheschließung möglich. Sie hat jedoch wegen des Grundsatzes der obligatorischen Ziviltrauung keine bürgerlich-rechtlichen Folgen. 2. Länder mit fakultativer Zivileheschließung Die fakultative Zivileheschließung hat sich zum einen in den nördlichen, protestantischen Ländern Europas durchgesetzt: Bereits im 19. Jahrhundert führten die Länder des common law das Rechtsinstitut der fakultativen Ziviltrauung ein54. Die Entwicklung führte in England, Wales und Schottland von der formlosen Eheschließung über die obligatorische religiöse Eheschließung hin zur fakultativen Zivileheschließung. So wurde etwa in England – nachdem bereits 1653 unter Oliver Cromwell kurzzeitig die obligatorische Ziviltrauung eingeführt worden war – zunächst 1753 durch den Lord Hardwicke’s Act, 26 Geo. II, c. 33 die obligatorische anglikanische Eheschließung eingeführt, um den formlosen Eheschließungen Einhalt zu gebieten. Die ausschließlich anglikanische Eheschließung, die bis auf wenige Ausnahmen unabhängig von der Religionszugehörigkeit der Nupturienten durchzuführen war, wurde erst zugunsten anderer Religionsgemeinschaften gelockert und schließlich 1836 durch den Act for Marriages in England, 6 & 7 Will. IV, c. 85 um die Möglichkeit der Durchführung einer zivilen Trauung ergänzt55. In Irland hingegen war die Entscheidung Reg. v. Millis56 Auslöser einer staatlichen Ordnung des Rechts der Eheschließung: In dieser Entscheidung stand die strafrechtliche Ermittlung des Vorliegens von Bigamie im Vordergrund, welche jedoch letztlich von der Wirksamkeit der ersten Eheschließung abhing. Das Problem dieser Eheschließung war, dass sie vor einem presbyterianischen – und daher nicht bischöflich anerkannten – Pfarrer geschlossen wurde. Die Schwierigkeiten bei der Ermittlung des anwendbaren Rechts – common law oder kanonisches Recht – sowie bei der rechtstatsächlichen Feststellung der Wirksamkeit der Eheschließung führten 52 53 54 55 56 Amnestie-Gesetze erlassen wurden, um diesen Ehen die Eintragung in das Personenstandsregister zu ermöglichen, vgl. KiliÅ, in Süß/Ring (Hrsg.), Eherecht in Europa2, Türkei, 1275, Rn. 18. Graulich, FS Mühlsteiger, 979, 987. Die entsprechende Vorschrift im Personenstandsgesetz wurde für verfassungswidrig erklärt, vgl. öst. VfGH, FamRZ 1956, 54 f. und 128. Irland inkl. des heutigen Nordirlands (1844), England und Wales (1836), Schottland (1878). Grandpierre, Die Kontrolle der materiellen Eheschließungsvoraussetzungen durch das formelle Eheschließungsrecht, 22 ff. Insgesamt zur Entwicklung in England siehe Giesen, Grundlagen und Entwicklung des englischen Eherechts in der Neuzeit. Lucas, 49 Cambridge Law Journal (1990) 117, 124 ff. 40 Einleitung zum Erlass des Marriages (Ireland) Act 1844 und somit zum Wechsel von der formlosen Eheschließung zur fakultativen Zivileheschließung57. Grund für die Einführung der fakultativen Ziviltrauung war somit in den Ländern des common law vor allem das Bestreben, die Eheschließung von Mitgliedern religiöser Minoritäten zu ermöglichen und Rechtsklarheit hinsichtlich des Bestehens einer wirksamen Ehe zu gewährleisten58. Neben den Ländern des common law sehen die nordischen Staaten59 ebenfalls eine Wahlmöglichkeit zwischen ziviler und religiöser Trauung vor. Die historische Entwicklung dieser Form der Eheschließung in den nordischen Ländern wird am Beispiel Schwedens genauer im Zweiten Teil dargelegt. Ausgehend von einer ursprünglich obligatorischen religiösen Eheschließung in den katholisch geprägten Staaten Südeuropas sehen heute auch Griechenland60, Portugal61, Zypern62, Malta63, Andorra64 und San Marino65 eine Wahlmöglichkeit zwischen religiöser und ziviler Trauung vor. Wie in Italien66 gilt nach einer äußerst wechselreichen Geschichte nunmehr auch in Spanien67 die fakultative Zivileheschließung. Im Gegensatz zu den protestantisch geprägten Ländern, in denen es unabhängig von der Form der Eheschließung zur Geltung des staatlichen materiellen Eherechts kam, wurde in diesen südlichen Ländern ursprünglich nicht nur die religiöse Trauung sondern – in begrenztem Umfang – auch die Geltung des materiellen religiösen Eherechts, vor allem des kanonischen Eherechts, anerkannt68. Über die Befugnis zur Eheschließung hinaus wird der katholischen Kirche teilweise auch heute noch das Recht zur (staatlich gültigen) Feststellung der wirksamen kirchlichen Eheschließung zuerkannt und ihr daher auch die 57 Lucas, 49 Cambridge Law Journal (1990) 117, 128. 58 So auch im Ergebnis Janson, Debatten om civiläktenskapets införande i Sverige, 10. 59 Dänemark (§ 15 I Gesetz über die Eingehung und Auflösung der Ehe), Finnland (§ 14 I EheG), Island (§§ 16 ff. EheG), Norwegen (§ 12 EheG) und Schweden (Kap. 4 § 3 I ÄktB). 60 Im Jahre 1982, näher zu den Hintergründen des Wechsels Chiotellis, IPRax 1982, 169 – 171. 61 Art. 1587 port. ZGB. 62 § 3 I zyp. EheG 2003. 63 § 11 I malt. EheG. 64 Seit 1993 steht den Paaren neben der Ehe(schließung) nach kanonischem Recht auch die Möglichkeit der Zivilehe(schließung) offen, vgl. Art. 14 und 15 Qualifiziertes Ehegesetz v. 30. 06. 1995. 65 Art. 3 Gesetz Nr. 49 v. 26. 04. 1986. 66 Art. 82, 83 bzw. 106 ff. ital. ZGB. Zur Entwicklung siehe bereits oben Einleitung C.I.1. 67 Vgl. Art. 49 I, II span. ZGB; vertiefend Huzel, in Süß/Ring (Hrsg.), Eherecht in Europa2, Spanien, 1191, Rn. 12, 18 ff. Zur Entwicklung s.a. Bergmann/Ferid/Henrich/Daum, Spanien, 13 ff. (Stand: 9. 01. 2012) sowie die Zusammenstellung bei Sanders, Die rein kirchliche Trauung ohne zivilrechtliche Wirkung, 65 ff. m. w. N. 68 Neuhaus, FamRZ 1955, 305, 308. Vgl. auch heute noch die teilweise Anwendung des kanonischen Rechts in Andorra, Bergmann/Ferid/Henrich/Daum, Andorra, 22 (Stand: 1. 09. 2011). Anlass und Notwendigkeit einer Untersuchung der Form der Eheschließung 41 Jurisdiktion bezüglich entsprechender Ehenichtigkeitsklagen und Eheauflösungen überlassen69. Aufgrund der regelmäßig in Form eines Konkordats mit der katholischen Kirche getroffenen Regelung werden die in diesen Ländern in der katholischen Kirche geschlossenen Ehen oftmals auch als Konkordatsehen bezeichnet. Aufgrund dieser Sonderstellung der katholischen Kirche wird in der Literatur üblicherweise zwischen zwei Typen der fakultativen Ziviltrauung unterschieden: der südlichen oder auch römisch-katholischen Form und der nördlichen, protestantischen bzw. englischen Form70. Der nördliche Typus – welcher, wie der Name schon sagt, in den bereits erwähnten nordischen Rechtsordnungen, daneben aber auch in Großbritannien zu finden ist – ersetzt hingegen allein hinsichtlich der Eheschließungshandlung die staatliche Trauungsperson durch eine religiöse Trauungsperson. Eheschließungsvoraussetzungen ebenso wie Folgen etwaiger Mängel der Eheschließung werden nur vom Staat geregelt71. Insbesondere im Hinblick auf die Religionsfreiheit und damit verbunden der Wiedererstarkung der Religionsgemeinschaften wechselten nach dem Zusammenbruch des Ostblocks die baltischen Staaten, welche unter kommunistischem Einfluss die obligatorische Zivileheschließung eingeführt hatten, zur fakultativen Zivileheschließung: Lettland72 bereits frühzeitig 1993, gefolgt von Litauen73 und zuletzt Estland74 im Jahre 2001. Erst kürzlich gingen auch Polen75, Kroatien76 sowie Tschechien77 und die Slowakei78 von einem System der obligatorischen zur 69 Allerdings ist der südliche Typ der fakultativen Zivileheschließung auf dem Rückzug bzw. wurde insbesondere durch Einführung eines staatlichen Scheidungsrechts auch für religiös getraute Paare dem nördlichen Typ angeglichen. Die Sonderstellung einer Religionsgemeinschaft ist zudem unter Gleichheitsgesichtspunkten bedenklich. 70 So etwa Neuhaus, Ehe und Kindschaft in rechtsvergleichender Sicht, 55 f.; Prader/Reinhardt, Das kirchliche Eherecht in der seelsorgerlichen Praxis4, 79 ff.; Graulich, FS Mühlsteiger, 978, 981 f. 71 Näher hierzu am Beispiel Schwedens Teil 2 C.; die britische Regelung nähert sich allerdings insofern an den südlichen Typus an, als die anglikanische Kirche mit ihrer Ermächtigung zur Durchführung auch des Aufgebotsverfahrens eine Sonderstellung einnimmt. 72 Rimša/Schulze, in Süß/Ring (Hrsg.), Eherecht in Europa2, Lettland, 716, Rn. 1. 73 Vom lit. Verfassungsgericht bereits 1994 gefordert, ausdrücklich umgesetzt im neuen Zivilgesetzbuch von 2000, siehe Bergmann/Ferid/Henrich/Schulze, Litauen, 50 (Stand: 1. 03. 2008). 74 Bergmann/Ferid/Henrich/Schulze, Estland, 56 (Stand: 1. 09. 2012). Seit 2009 können zudem auch Notare an der Eheschließung mitwirken, vgl. Gesetz über die Familienstandshandlungen v. 20. 05. 2009. 75 Einführung 1998, vgl. Gralla, StAZ 1998, 341. Die Einordnung bei Staudinger/Mankowski, EGBGB (2011), Art. 13 Rn. 661 als »obligatorische Zivilehe« ist daher unrichtig; zudem gilt die staatsvertragliche bzw. gesetzliche Ermächtigung zur religiösen Eheschließung nicht nur für die katholische Kirche, sondern auch für andere Glaubensgemeinschaften (Art. 1 § 2 FVGB). 76 Einführung 1998, vgl. Jessel-Holst, FamRZ 2004, 847, 848. 77 Kramp, Vom Aufgebot zum europäischen Heiratsregister, 170. Der Wechsel erscheint inso- 42 Einleitung fakultativen Zivileheschließung über. Der Wechsel kann zudem auch als Reaktion auf und zumindest teilweise auch als Kompensation für die zuvor erfahrene Unterdrückung der Religionsgemeinschaften gewertet werden79. 3. Länder mit obligatorisch religiöser Eheschließung Unter Einfluss des New Yorker Eheschließungs-Übereinkommens80 der Vereinten Nationen hat die Verbreitung der obligatorischen religiösen Eheschließung weltweit abgenommen81. Der Staat Vatikanstadt ist unter Geltung des Codex Iuris Canonici von 1983 (CIC 1983) das einzige europäische Land, das eine Eheschließung nur im Sinne des kanonischen Rechts kennt und somit eine obligatorische religiöse Eheschließung vorsieht82. Außerhalb Europas gilt heute etwa noch im Libanon83 und in Israel84 die obligatorisch religiöse Eheschließung. 4. Länder mit privater bzw. formfreier Eheschließung Die Eheschließung durch Zusammenleben als Mann und Frau bzw. durch formlose Absprache, die so genannte common law marriage – ist, soweit das jeweilige staatliche Recht ihr die vollen Ehewirkungen zukommen lässt, eine formfreie Eheschließung. Seitdem auch Schottland 2006 die »marriage by cohabitation with habit and repute« abgeschafft hat85, ist die formlose Eheschlie- 78 79 80 81 82 83 84 85 fern überraschend, als die Mehrheit der tschechischen Bevölkerung konfessionslos ist, Czech Statistical Office, Population by denomination and sex: as measured by 1921, 1930, 1950, 1991, 2001 censuses, http://www.czso.cz/csu/2008edicniplan.nsf/engt/24003E05ED/$File/ 4032080119.pdf (letzter Abruf: 1. 09. 2013). Die Zivileheschließung wird zum 1. 01. 2014 in § 657 ZGB 2014 übernommen. Einführung noch in der Tschechoslowakei, vgl. Bosch, FamRZ 1997, 138. Vgl. Khazova, EJCL, vol. 14.1 (2010), 6. New Yorker UN-Übereinkommen über die Erklärung des Ehewillens, das Heiratsmindestalter und die Registrierung von Eheschließungen v. 10. 12. 1962. Hierzu näher in Teil 3 C.V. Vgl. Staudinger/Mankowski, EGBGB (2011), Art. 13 Rn. 664. So auch Staudinger/Mankowski, EGBGB (2011), Art. 13 Rn. 669. Staudinger/Mankowski, EGBGB (2011), Art. 13 Rn. 668. Damit verbunden ist auch eine weitgehende Anwendung des materiellen religiösen Eherechts. Hierzu etwa Homolka, Das jüdische Eherecht, 26 sowie umfassend Gotham, Die Rechtsnation und ihr Staat – die Geltung des jüdischen Ehe- und Scheidungsrechts in Israel. Im November 2010 wurde ein Partnerschaftsbündnis für konfessionslose Paare eingeführt, welches in seinen Wirkungen der Ehe angenähert ist und zivil geschlossen wird. Gesetz über das Partnerschaftsbündnis von Konfessionslosen, 5770 – 2010 abgedruckt bei Bergmann/ Ferid/Henrich, Israel (Stand: 30. 11. 2012). Versuche, eine Zivilehe und damit verbunden zumindest eine Notzivileheschließung für glaubensverschiedene Paare einzuführen, scheiterten zuletzt im Juli 2011, vgl. http://www.israelnationalnews.com/News/News.aspx/ 146171#. T5UkiNmtEcs (letzter Abruf: 1. 09. 2013). Lind, Common Law Marriage, 740 f. Anlass und Notwendigkeit einer Untersuchung der Form der Eheschließung 43 ßung in keinem europäischen Land mehr anerkannt86. Gleichzeitig ist jedoch die Zahl der Länder, die faktische Lebensgemeinschaften rechtlich regeln, stark gestiegen87. Praktische Folge ist dabei zum Teil, dass die gesamten ehe- und erbrechtlichen Vorschriften angewandt werden: Dies gilt insbesondere für eine Vielzahl der ehemaligen sowjetischen Staaten88. 5. Entwicklung und Bewertung Nimmt man das geografisch weite Europa des Europarats in den Blick, so lässt sich festhalten, dass sich zahlenmäßig die obligatorische und die fakultative Zivileheschließung in etwa die Waage halten, räumlich durch die Größe Osteuropas jedoch die obligatorische Zivileheschließung überwiegt. Unter Berücksichtigung der jüngsten Änderungen ist ein Trend hin zur fakultativen Zivileheschließung erkennbar : sowohl ausgehend von Staaten mit ehemals rein religiöser Eheschließung wie etwa Griechenland und Andorra als auch von Staaten mit ehemals obligatorischer Ziviltrauung wie etwa den baltischen Staaten. Überlegungen zu einem System der fakultativen Zivileheschließung – zunächst in Form einer Konkordatsehe nach polnischem Modell – zu wechseln, gibt es derzeit auch in Ungarn89. II. Die Form der Eheschließung vor dem Hintergrund der zunehmenden Formalisierung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften 1. Zunehmende Formalisierung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften Nicht nur die Zahl der Staaten, die für gleichgeschlechtliche Paare eine formalisierte Partnerschaft in Form eines neuen, eigenständigen Rechtsinstituts vorsehen, sondern auch die Zahl der Länder, welche die Ehe für Paare gleichen Geschlechts öffnen, steigt ständig. Von den 28 EU-Mitgliedstaaten kennen 86 In den USA hingegen erkennt eine Vielzahl der Staaten weiterhin die formlose Eheschließung als ausreichend an: Es genügt der auf die sofortige Eheschließung gerichtete Konsens und das nachfolgende entsprechende Auftreten nach außen, vgl. die Übersicht bei Staudinger/Mankowski, EGBGB (2011), Art. 13 Rn. 684. Auch in den Rechtsordnungen, in denen auf Muslime das klassische islamische Recht Anwendung findet und von staatlicher Seite keine weiteren Vorgaben hinsichtlich der Form der Eheschließung gemacht werden, ist u. U. eine private Eheschließung in Gegenwart von Zeugen ausreichend. Näher hierzu unten Teil 1 D.IV.4.d.(2). 87 Einen Überblick bietet Dethloff, ERA-Forum 2011, 89, 95. 88 So etwa in Slowenien (Art. 12 Ehe- und FamG 1976), Serbien (Art. 4, 152, 191 FamGB bzgl. Unterhalt und Güterrecht) sowie Kroatien (Art. 3, 222, 258 FamGB). I.Ü. siehe auch hier Dethloff, ERA-Forum 2011, 89, 98. 89 Graulich, FS Mühlsteiger, 978, 987. 44 Einleitung nunmehr 13 eine eingetragene Lebenspartnerschaft90 ; in vier weiteren Staaten wird die Einführung aktuell diskutiert91 und mit Kroatien ist in einem Staat zumindest eine weitestgehende Gleichstellung für faktische Lebensgemeinschaften erfolgt92. Gerade vor dem Hintergrund der Entscheidung des EGMR im Fall Schalk und Kopf gegen Österreich93, in welchem ein österreichisches homosexuelles Paar die fehlende Möglichkeit der rechtlichen Anerkennung ihrer Beziehung als Diskriminierung im Sinne von Art. 14 i. V. m. Art. 8 EMRK geltend machte, scheint die Schaffung eines entsprechenden Instituts auch in den übrigen europäischen Staaten unausweichlich. Hinsichtlich der Form, in der die einzelnen Rechtsordnungen dabei gleichgeschlechtlichen Paaren die Formalisierung ihrer Beziehung ermöglichen, und dem Umfang, in dem sie diesen Rechte und Pflichten zuweisen, besteht ein erheblicher Beurteilungsspielraum der nationalen Gesetzgeber94. Während 2001, als die Niederlande die gleichgeschlechtliche Ehe einführten, dies noch eine Ausnahme darstellte, ist nunmehr ein klarer Trend zur völligen 90 Niederlande (Art. 1:80a ff. BW, eingeführt durch Wet van 5 juli 1997 tot wijziging van Boek 1 van het Burgerlijk Wetboek en van het Wetboek van Burgerlijke Rechtsvordering in verband met opneming daarin van bepalingen voor het geregistreerd partnerschap, Stb. 1997, 32); Frankreich (Art. 515 – 1 ff. CC, eingeführt durch Loi n899 – 944 du 15 novembre 1999 relative au pacte civil de solidarit¦); Belgien (Art. 1475 – 1479 CC, eingeführt durch Gesetz vom 23. 11. 1998, BS 12. 01. 1999); Deutschland (LPartG; ursprüngliche Fassung 2001); Finnland (Lag om registrerat partnerskap 9. 11. 2001/950); das Vereinigte Königreich (Civil Partnership Act, 2004, ch. 33 sowie für Isle of Man Civil Partnership Act 2011 und für Jersey Civil Partnership (Jersey) Law 2012); Luxemburg (Loi relative aux effets l¦gaux de certains partenariats); einige span. autonome Regionen (z. B. Ley 6/1999, de 26 de marzo, relativa a parejas estables no casadas – Aragon; Ley 6/2000, de 3 de julio, para la igualdad jurdica de las parejas estables de Navarra); die Tschechische Republik (Zkon ze dne 26. ledna 2006 o registrovan¦m partnerstv a o zmĕnĕ nĕkterých souvisejcch zkonů); Slowenien (Zakon o registraciji istospolne partnerske skupnosti (ZRIPS), Stran 6705, Uradni list RS, št. 65/2005 z dne 8. 07. 2005); Ungarn (Act No. CLXXXIV. 2007; vgl. Szeibert-Erdös, 2008 Utrecht Law Review Vol. 4, 212, 217 – 221); Österreich (Bundesgesetz über die eingetragene Partnerschaft, öst. BGBl. 30. 12. 2009, Teil I); Irland (Civil Partnership and Certain Rights and Obligations of Cohabitants Act 2010). 91 Diskussionen finden gegenwärtig in Malta (Gesetzesentwurf für Herbst 2013 erwartet, http:// www.maltatoday.com.mt/en/newsdetails/news/national/Civil-partnership-bill-expected-aftersummer-20130605, letzter Abruf: 1. 09. 2013), Griechenland (Ausweitung des Gesetzes über den Lebensgemeinschaftsvertrag (Gesetz Nr. 3719/2008) auf gleichgeschlechtliche Paare angedacht), Polen (Gesetzesentwürfe Anfang 2013 vom Parlament zurückgewiesen) und Rumänien (Gesetzesentwurf nach Widerspruch der Regierung zurückgenommen) statt. 92 Gesetz über gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften (Zakon o istospolnim zajednicama, NN 116/03) – zum Umfang der Regelung faktischer Lebensgemeinschaften in Kroatien oben Einl. C.I.4. 93 EGMR, Urt. v. 24. 06. 2010, Az. 30141/04, Schalk und Kopf ./. Österreich; näher Teil 3 B.I.1.a. 94 EGMR, Urt. v. 24. 06. 2010, Az. 30141/04, Schalk und Kopf ./. Österreich, §§ 105 und 108. Für einen Überblick über die derzeitige Rechtslage siehe auch hier Dethloff, ERA-Forum 2011, 89, 90 ff. Anlass und Notwendigkeit einer Untersuchung der Form der Eheschließung 45 Gleichstellung gleich- und verschiedengeschlechtlicher Partnerschaften zu erkennen. Bestehende Gesetze über eingetragene Partnerschaften wurden teils nachgebessert und den Vorschriften über die Ehe angenähert, teils aufgehoben und durch eine Ehe für gleich- und verschiedengeschlechtliche Paare ersetzt. Eine gleichgeschlechtliche Ehe ist nunmehr nicht nur in den Niederlanden, sondern darüber hinaus auch in Belgien (2003), Spanien (2005), Schweden (2009), Portugal (2010), Dänemark (2012), Frankreich95 (2013) und Großbritannien96 (nur England und Wales 2013) möglich. Auch in den EWR Staaten Norwegen (2009) und Island (2010) können gleichgeschlechtliche Paare heiraten. Die Einführung einer gleichgeschlechtlichen Ehe wird zudem gegenwärtig in Luxemburg97, Finnland98, Irland99 sowie in Schottland100 diskutiert. Auch in Deutschland gab es in den vergangenen Jahren vermehrt Versuche, die gleichgeschlechtliche Ehe einzuführen. So stellte im Juni 2010 das Land Berlin im Bundesrat einen Antrag auf Entschließung des Bundesrates zur Öffnung der Ehe für Personen gleichen Geschlechts, welcher im Ergebnis jedoch abelehnt wurde101. Parallel wurde ein Gesetzesentwurf zur Ergänzung des Lebenspartnerschaftsgesetzes und anderer Gesetze im Bereich des Adoptionsrechts (BT-Drs. 17/1429) in den Bundestag eingebracht; dieser nennt als Alter95 Art. 143 CC in Kraft seit dem 15. 08. 2013. 96 Marriage (Same Sex Couples) Act 2013, verabschiedet am 17. 07. 2013, derzeit noch nicht in Kraft. 97 6172 – Projet de loi portant r¦forme du mariage et de l’adoption (…). Seit dem 16. 05. 2012 liegt der geänderte Gesetzesentwurf der Commission Juridique vor. 98 Gesetzesentwurf einzelner Abgeordneter, LM 2/2012 rd, Lagmotion: Lagar om ändring av äktenskapslagen och om upphävande av 1 kap. i lagen om registrerat partnerskap och 2 § 2 och 3 mom. i lagen om fastställande av transsexuella personers könstillhörighet (Stubb, Alexander /saml m.fl.); er wurde am 27. 02. 2013 vom Gesetzesausschuss abgelehnt (9:8 Stimmen). Die daraufhin gestartete – und noch bis zum 18. 09. 2013 laufende – Bürgerinitiative »JA 2013« hat bereits in den ersten Tagen mehr als 100 000 Unterschriften gesammelt; ab 50 000 Unterschriften ist das finnische Parlament verpflichtet, sich mit der Petition zu beschäftigen. 99 Die gleichgeschlechtliche Ehe wird derzeit im Rahmen der Constitution Convention diskutiert; dabei sprach sich eine überwältigende Mehrheit für die Aufnahme einer Verfassungsnorm, die den Staat zur Einführung einer gleichgeschlechtlichen Ehe verpflichtet, aus, vgl. Pressemitteilung der Constitution Convention v. 2. 07. 2013, https://www.constitution.ie/AttachmentDownload.ashx?mid=42285e46-fae2-e211-a5a0 – 005056a32ee4, letzter Abruf: 1. 09. 2013. 100 Am 27. 06. 2013 wurde die Marriage and Civil Partnership (Scotland) Bill in das schottische Parlament eingebracht, http://www.scottish.parliament.uk/parliamentarybusiness/Bills/ 64983.aspx, letzter Abruf: 1. 09. 2013. 101 Antrag des Landes Berlin auf Entschließung des Bundesrates zur Öffnung der Ehe für Personen gleichen Geschlechts vom 23. 06. 2010, BR-Drs. 386/10; abgelehnt am 24. 09. 2010, BR-Drs. 386/10(B). S.a. den Beitrag von Beck, FPR 2010, 220 – 226. Zu Beginn der 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts – und somit noch vor Einführung der Lebenspartnerschaft – scheiterten entsprechende Anträge der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, vgl. BT-DRS. 12/ 7885 und 13/2728 (abgelehnt BT-PlPr. 13/241, 22306D). 46 Einleitung native zum gegenwärtigen Vorschlag ebenfalls die »Öffnung des Instituts Ehe für gleichgeschlechtliche Paare«. Der Gesetzesentwurf wurde zur weiteren Bearbeitung an die Ausschüsse überwiesen. Auch ein im Jahr 2011 von der Partei Die Linke im Bundestag gestellter Antrag auf Erarbeitung und Vorlage eines entsprechenden Gesetzes durch die Bundesregierung wurde abgelehnt102. Dies hinderte weder die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen nur knapp drei Wochen später selbst einen Gesetzesentwurf zur Einführung einer gleichgeschlechtlichen Ehe in den Bundestag einzubringen noch die SPD-Fraktion im Dezember 2011 erneut einen Antrag auf Vorlage eines entsprechenden Gesetzesentwurfes durch die Bundesregierung zu stellen; beide Versuche zur Einführung einer gleichgeschlechtlichen Ehe scheiterten jedoch ebenfalls an der Zustimmung des Bundestages103. Zuletzt brachte der Bundesrat am 8. Mai 2013 einen Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts in den Bundestag ein104. Aufgrund der derzeitigen politischen Mehrheitsverhältnisse ist innerhalb dieser Legislaturperiode (2009 – 2013) jedoch nicht mit einer Änderung zu rechnen105. 2. Form der Eingehung eingetragener Partnerschaften bzw. gleichgeschlechtlicher Ehen Während für die Eingehung einer eingetragenen Partnerschaft in den europäischen Staaten unterschiedlichste Zuständigkeiten (Notar – Standesamt – andere Behörde) bestehen, ist hier grundsätzlich keine religiöse Beteiligung vorgesehen. Eine Ausnahme stellt nunmehr Großbritannien dar : Nach einer vom Equalities Office im März 2011 durchgeführten Konsultation zum Thema »Civil partnerships on religious premises«, besteht nunmehr seit dem 5. Dezember 2011 in England und Wales die Möglichkeit, eine eingetragene Partnerschaft auch an religiösen Orten registrieren zu lassen, wenn diese – im Einverständnis mit der jeweiligen Religionsgemeinschaft – zur Mitwirkung an der Begründung 102 Antrag »Öffnung der Ehe«, BT-Drs. 17/2023, am 9. 06. 2011 abgelehnt, vgl. BT-PlPr. 17/114, 13105B-13105C. 103 Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts vom 29. 06. 2011, BT-Drs. 17/6343; bzw. Antrag der Fraktion SPD »Recht auf Eheschließung auch gleichgeschlechtlichen Paaren ermöglichen«, BT-Drs. 17/8155. Der Rechtsausschuss hat am 9. 05. 2012 vorgeschlagen, den Gesetzesentwurf sowie den Antrag abzulehnen. Maßgebliche Gründe waren die Annahme, es bedürfe einer Änderung des Grundgesetzes bzw. die Ablehnung der gleichgeschlechtlichen Ehe per se, vgl. BT-Drs. 17/ 9611, 4 f. Ablehnung des Gesetzesentwurfes und des Antrages am 28. 06. 2012, BT-PlPr. 17/ 187, 22414 A, 22416C. 104 Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts vom 8. 05. 2013, BT-Drs. 17/13426. 105 So auch die Einschätzung von Henkel, NJW 2011, 259. Anlass und Notwendigkeit einer Untersuchung der Form der Eheschließung 47 von eingetragenen Partnerschaften ermächtigt wurden106. Den Weg hierfür geebnet hatte bereits Sec. 202 Equality Act 2010, welcher das Verbot der Eingehung einer eingetragenen Partnerschaft an einem religiösen Ort (ehemals Sec 6 A (1) (b) Civil Partnership Act 2004) aufhob. Die Regelung bleibt auch nach Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare bestehen. Gegenwärtig wird auch in Schottland erwogen, die religiöse Begründung einer eingetragenen Partnerschaft zu ermöglichen: So sieht Sec. 22 der Marriage and Civil Partnership (Scotland) Bill 2013 eine Ergänzung des Civil Partnership Acts 2004 zur religiösen Begründung eingetragener Partnerschaften vor. Anders sieht es in den Staaten mit gleichgeschlechtlicher Ehe aus: Die Zuständigkeit für die Trauung gleichgeschlechtlicher Paare entspricht hier nun der allgemeinen Zuständigkeit für Eheschließungen. Bisher hat die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare in den entsprechenden Staaten keine Änderung der Eheschließungsform folgen lassen. Gerade in Ländern mit einer obligatorischen Zivileheschließung (Niederlande und Belgien) entstehen auch keine Schwierigkeiten107. Eine Diskussion über einen möglichen Wechsel zur obligatorischen Zivileheschließung fand hingegen in Schweden und findet derzeit auch in Finnland statt108. Hintergrund der Diskussion ist, dass die meisten Religionsgemeinschaften die Trauung gleichgeschlechtlicher Paare aus theologischen Gründen per se ablehnen109. Auch in Dänemark wurde die Form der Eheschließung im Zusammenhang mit der Einführung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare diskutiert: Bereits 2010 befasste sich ein vom Kirchenministerium eingesetztes Komitee unter Leitung des Kopenhagener Bischoffs Peter Skov-Jakobsen mit den Fragen, ob Dänemark am System der fakultativen Zivileheschließung festhalten solle und ob in der Volkskirche eine religiöse Zeremonie zur Begründung einer registrierten Partnerschaft geschaffen werden könne. Das Komitee sprach sich in seinem Bericht vom 15. September 2010 für die Beibehaltung der Wahlfreiheit zwischen bürgerlicher und religiöser Ehe106 Vgl. The Marriages and Civil Partnerships (Approved Premises) (Amendment) Regulations 2011 sowie vorbereitend Government Equalities Office, Civil partnerships on religious premises: A consultation, 2011, 9. Nach Sec. 9 Marriage (Same Sex Couples) Act 2013 sollen künftig eingetragene Partnerschaften in Ehen umgewandelt werden können; die Möglichkeit, eine Partnerschaft eintragen zu lassen, bleibt parallel neben der Eheschließung bestehen, vgl. aber zur beabsichtigten Revision des Civil Partnership Act 2004 Sec. 15 Marriage (Same Sex Couples) Act 2013. 107 Zur fehlenden Bedeutung der religiösen Eheverständnisse für die politische Diskussion zur gleichgeschlechtlichen Ehe in den Niederlanden siehe Sörgjerd, Reconstructing Marriage, 184. 108 Der letzte finnische Gesetzesentwurf sah jedoch keine Änderung der Form der Eheschließung vor, vgl. hierzu oben Fn. 98. 109 Siehe Teil 1 D.III. zu den jeweiligen religiösen Eheverständnissen sowie insbes. Teil 1 D.III.7 zur Haltung der untersuchten Religionsgemeinschaften zu gleichgeschlechtlichen Partnerschaften. 48 Einleitung schließung mit staatlicher Wirkung aus. Im Hinblick auf eine religiöse Zeremonie für gleichgeschlechtliche Paare wurde eine Gleichbehandlung von Ehe und Partnerschaft und mithin eine Ausweitung des Ehebegriffes abgelehnt, gleichwohl empfahl die Mehrheit die Schaffung einer gesonderten Liturgie für gleichgeschlechtliche Paare110. Im Folgenden wurde im dänischen Gesetzesentwurf zur Einführung einer gleichgeschlechtlichen Ehe ebenfalls zur Frage der religiösen Eheschließung gleichgeschlechtlicher Paare Stellung genommen. Im Ergebnis wird nun an der fakultativen Zivileheschließung festgehalten; die Vorschriften zur Eheschließung durch Pfarrer der dänischen Volkskirche wurden jedoch dahin gehend modifiziert, dass diese nicht verpflichtet sind, gleichgeschlechtliche Paare zu trauen111. Für andere zur Trauung berechtigte Religionsgemeinschaften gilt, dass diese selbst bestimmen können, ob sie Paare gleichen Geschlechts trauen. Auch in Großbritannien wurde den Interessen der Religionsgemeinschaften, die an einer staatlich wirksamen Eheschließung mitwirken, im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses Rechnung getragen: Während im Rahmen der Konsultation zur Öffnung der Ehe in England und Wales hinsichtlich der Form der Eheschließung noch eine deutliche Einschränkung vorgesehen war – gleichgeschlechtlichen Paaren sollte nur die zivile Eheschließung offen stehen112 –, hat das im Juli 2013 verabschiedete Gesetz nunmehr auch für gleichgeschlechtliche Paare an der fakultativen Zivileheschließung festgehalten. Für die betroffenen Religionsgemeinschaften – mit Ausnahme der Church of England – besteht die Möglichkeit eines »opt-in« , so dass jede Religionsgemeinschaft selbst entscheiden kann, ob sie gleichgeschlechtliche Paare traut113. In den eher katholisch geprägten Ländern Spanien und Portugal stellte die Form der Eheschließung keine zentrale Frage dar114. Ein Grund hierfür mag sein, dass die katholische Kirche trotz Differenz zum staatlichen Eheverständnis kein 110 Kirkeministeriet, Folkekirken og registreret partnerskab. Rapport fra udvalg nedsat af kirkeministeren, 2010, 5 ff. (http://miliki.dk/fileadmin/share/publikationer/betaenkninger/Rapport_om_folkekirken_og_registreret_partnerskab.pdf, letzter Abruf: 1. 09. 2013). 111 Lov om ændring af lov om ægteskabs indgelse og opløsning, lov om ægteskabets retsvirkninger og retsplejeloven og om ophævelse af lov om registreret partnerskab (Ægteskab mellem to personer af samme køn) vom 7. 06. 2012 sowie in Bezug auf die Pfarrer der dänischen Volkskirche Lov om ændring af lov om medlemskab af folkekirken, kirkelig betjening og sognebndsløsning (Præsters ret til at undlade at vie to personer af samme køn) vom 7. 06. 2012. 112 Equalities Office, Equal civil marriage: a consultation, 2012, Nr. 1.7. 113 Siehe hierzu insbes. Sec. 3 – 5 Marriage (Same Sex Couples) Act 2013. 114 Vgl. etwa die Beiträge zur Entwicklung der gleichgeschlechtlichen Ehe in Spanien, Platero, Fem. Leg. Stud. 2007, 329 – 340, Combala/Roca, in Martinez-Torrûn/Durham (Dir.), Religion and the Secular State: State Reports, Spain, 629, insbes. 639 f., Sörgjerd, Reconstructing Marriage, 249 ff., welche in keiner Weise eine Diskussion der Eheschließungsform erwähnen. Anlass und Notwendigkeit einer Untersuchung der Form der Eheschließung 49 Interesse an der Abgabe ihres Trauungsrechts hat; ferner ist zu bedenken, dass die religiösen Gemeinschaften in Spanien ihr Recht zur staatlich wirksamen Eheschließung durch Übereinkommen mit dem Staat erhalten haben115. In Spanien stellt zudem die zivile Eheschließung mittlerweile in der Praxis die überwiegend genutzte Form der Eheschließungen dar116. 3. Bedeutung für die Form der Eheschließung Im Ergebnis findet damit derzeit in 16 von 28 EU-Staaten eine rechtliche Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften statt117. Der in Europa insgesamt festzustellende Trend nicht nur zur Normierung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften, sondern auch zur Angleichung dieser an die Ehe und zur Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare, ist bei der Frage der Form der Eheschließung zu berücksichtigen. Fragen, die sich in diesem Zusammenhang stellen, sind insbesondere: Wo führt eine gleichgeschlechtliche Ehe zu geänderten Formerfordernissen? Vor allem, besteht die Gefahr einer Diskriminierung aufgrund der Form? Gerade im Hinblick auf ein fakultatives System der Eheschließung muss hier zudem das Eheverständnis der einzelnen Religionsgemeinschaften berücksichtigt werden, welches in der Regel auf einer geschlechtsverschiedenen Ehe basiert. III. Die Form der Eheschließung vor dem Hintergrund eines zusammenwachsenden Europas 1. Harmonisierung des Familienrechts durch die Europäische Union Die Europäische Union hat in den letzten zehn Jahren ihren Einfluss auf das Familienrecht schrittweise ausgedehnt. So verwundert es nicht, wenn Richard Puza eine europäische Aufgabe im Wechsel von der obligatorischen zur fakultativen Zivileheschließung sieht118. Insbesondere im Internationalen Zivilprozessrecht und verstärkt auch im Bereich des Kollisionsrechts ist der Einfluss 115 Combala/Roca, in Martinez-Torrûn/Durham (Dir.), Religion and the Secular State: State Reports, Spain, 629, 633 und 639 f.; die kooperativen Beziehungen zur katholischen Kirche sowie sonstigen Glaubensgemeinschaften sind zudem in Art. 16 III der span. Verfassung geschützt. 116 Huzel, in Süß/Ring (Hrsg.), Eherecht in Europa2, Spanien, 1191, Rn. 12, 117 13 eingetragene Partnerschaften und acht Ehen. In den Niederlanden, Belgien und Spanien stehen eingetragene Partnerschaft und Ehe für verschieden- und gleichgeschlechtliche Paare alternativ zur Verfügung. 118 Puza, KuR 2008, 207, 215; an einer entsprechenden Kompetenz der EU fehlt es jedoch. 50 Einleitung deutlich spürbar. Neben der Brüssel IIa – VO119 sind hier vor allem die EUUnterhalts-VO120 sowie die 2010 erlassene Rom III – VO121 zu nennen. Erste Verordnungsentwürfe bestehen zudem für das Kollisionsrecht im Bereich des Güterrechts, wobei zwei getrennte Entwürfe für Ehe und eingetragene Lebenspartnerschaft vorliegen122. Bei diesen Verordnungen stand die Eheschließung bisher wenig im Blickpunkt. Dabei kann die Eheschließung etwa in Scheidungs- oder Erbverfahren als Vorfrage von Bedeutung sein. Vorschriften, die das auf die Eheschließung anzuwendende Recht einheitlich bestimmen, gibt es derzeit nicht. Allein Entscheidungen über die Ungültigerklärung einer Ehe werden durch die Brüssel IIa – VO erfasst. Hinsichtlich der Anerkennung einer solchen Entscheidung gilt nach Art. 21 I Brüssel IIa – VO grundsätzlich, dass die in einem Mitgliedstaat ergangene Entscheidung in den anderen Mitgliedstaaten anerkannt wird, ohne dass es hierfür eines besonderen Verfahrens bedarf. Eine Verweigerung der Anerkennung ist nur unter den engen Voraussetzungen – etwa eines offensichtlichen ordre public-Verstoßes – des Art. 22 Brüssel IIa – VO möglich. Die Mehrdimensionalität der Ehe ist allerdings auch im Unionsrecht nicht unbeachtet geblieben. So ist nach Art. 1 Brüssel IIa – VO deren Anwendungsbereich auf »zivilgerichtliche« Entscheidungen beschränkt. Nach dem Erläuternden Bericht von Alegra Borrs dient der Begriff »zivilgerichtlich« auch der Ausgrenzung lediglich im Rahmen einer Religionsgemeinschaft geltender Verfahren123. Etwas anderes gilt nach Art. 42 Brüssel IIa – VO jedoch für kirchliche Verfahren mit staatlicher Wirkung, wie sie in Portugal (ausschließliche Zuständigkeit der katholischen Kirchengerichte für die Ungültigerklärung einer nach den Regeln des Konkordats mit dem Heiligen Stuhl geschlossenen katho119 Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000, ABl. EU Nr. L 338/1 (2003). 120 Verordnung (EG) Nr. 4/2009 des Rates vom 18. Dezember 2008 über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen, ABl. EU Nr. L 7/1 (2009). Art. 15 verweist dabei hinsichtlich des Kollisionsrechts auf das Haager Protokoll über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht vom 23. November 2007. 121 Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 des Rates zur Begründung einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich des auf die Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anzuwendenden Rechts vom 20. Dezember 2010, ABl. EU Nr. L 343/10 (2010). 122 Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und die Vollstreckung von Entscheidungen im Bereich des Ehegüterrechts, KOM(2011) 126 endg. Für das Güterrecht eingetragener Partnerschaften, KOM (2011) 127 endg. 123 Erläuternder Bericht zu dem Übereinkommen aufgrund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen, erstellt von Allegra Borrs, 16. 07. 1998, 98/221/04, § 20. Anlass und Notwendigkeit einer Untersuchung der Form der Eheschließung 51 lischen Ehe, Art. 1625 port. ZGB) sowie in Italien und Spanien (konkurrierende Zuständigkeit der katholischen Kirchengerichte, Art. 80 span. ZGB bzw. Art. 17 ital. Gesetz Nr. 847 vom 27 Mai 1929) vorgesehen sind124. Gezielt betroffen werden die Formalitäten der Eheschließung durch das im Dezember 2010 von der Europäischen Kommission herausgegebene Grünbuch »Weniger Verwaltungsaufwand für EU-Bürger : Den freien Verkehr öffentlicher Urkunden und die Anerkennung der Rechtswirkungen von Personenstandsurkunden erleichtern«125. Hindernisse im Rahmen der Eheschließung können hier insofern bestehen, als etwa ein Staat vor der Eheschließung ein Ehefähigkeitszeugnis bzw. zur Feststellung der Ehevoraussetzungen entsprechende Nachweise durch öffentliche Urkunden verlangt, welche es unter Umständen in dem Heimatstaat des Nupturienten in dieser Form nicht gibt126. Hier können Anerkennungsprobleme entstehen bzw. sind die bestehenden Möglichkeiten (Legalisation/Apostille/gerichtliche Entscheidung) oft aufwändig und damit verbunden auch kostenintensiv127. Diskutiert wurde daher, welchen Inhalt die Anerkennung der Rechtswirkungen von Personenstandsurkunden haben soll: Neben einer Echtheitsvermutung (d. h. Urkunde stammt tatsächlich von der entsprechenden mitgliedstaatlichen Behörde) ist auch eine Tatsachenvermutung (d. h. die in der Urkunde bezeugten Tatsachen haben tatsächlich vorgelegen) bis hin zu einer Anerkennung von Rechts wegen denkbar128. Der nunmehr veröffentlichte Verordnungsentwurf129 hat ausschließlich den freien Verkehr öffentlicher Urkunden zum Gegenstand. Eine Beschäftigung mit der im Grünbuch ebenfalls angesprochenen Anerkennung der Rechtswirkungen von Personenstandsurkunden findet hingegen nicht statt. Im Mittelpunkt der Verordnung steht daher die Echtheit öffentlicher Urkunden, die grenzüberschreitend innerhalb der Europäischen Union ohne Legalisation und Apostille anerkannt werden sollen. Dies gilt neben Urkunden in Bezug auf die Ehe auch Urkunden bezüglich Geburt, Tod, Namen, eingetragener Partnerschaft, Abstammung und Adoption (Art. 3 I lit. a bis f des Verordnungsentwurfs). Alternativ zu den na124 Näher Erläuternder Bericht zu dem Übereinkommen aufgrund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen, erstellt von Allegra Borrs, 16. 07. 1998, 98/221/ 04, §§ 120 – 124. 125 KOM(2010) 747 endg. 126 So werden etwa in Zypern keine Ehefähigkeitszeugnisse erstellt, KOM(2010) 747 endg., 5. 127 KOM(2010) 747 endg., 4 f. 128 Kritisch ggü. der Anerkennung von Rechts wegen bspw. der Deutsche Rat für Internationales Privatrecht in seiner Stellungnahme zum Grünbuch, siehe Mansel/Coester-Waltjen/ Henrich/Kohler, IPRax 2011, 335, 338 – 340. 129 Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Förderung der Freizügigkeit von Bürgern und Unternehmen durch die Vereinfachung der Annahme bestimmter öffentlicher Urkunden innerhalb der Europäischen Union und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1024/2012, KOM(2013) 228 endg. 52 Einleitung tionalen Urkunden sollen des Weiteren mehrsprachige EU-Formulare u. a. zur Eheschließung und Eingehung einer eingetragenen Partnerschaft, aber auch zur Geburt und zum Tod, verwendet werden können, die Übersetzungen weitestgehend entbehrlich machen sollen130. Dies lässt die Formalitäten der Eheschließung im Wesentlichen unberührt; es besteht jedoch die Hoffnung, dass bei Beteiligung eines EU-Ausländers zumindest die Prüfung der Eheschließungsvoraussetzungen erleichtert wird. Die unter anderem vom Deutschen Rat für Internationales Privatrecht vorgeschlagene verbesserte Anerkennung von Personenstandsurkunden auf der Grundlage harmonisierter Kollisionsnormen, etwa auch bezüglich der Gültigkeit von Eheschließungen, ist vom Europäischen Parlament jedoch in diesem Verordnungsentwurf nicht aufgegriffen worden131. 2. Die Arbeit der Internationalen Kommission für das Zivilstandswesen Im Bereich des Personenstandsrechts allgemein, aber gerade auch im Hinblick auf die Eheschließung, sind zudem die Übereinkommen der Internationalen Kommission für das Zivilstandswesen (CIEC) von Bedeutung. Die nunmehr seit gut 60 Jahren bestehende Kommission hat sich zum Ziel gesetzt, durch Übereinkommen und Empfehlungen die internationale Zusammenarbeit im Bereich des Zivilstandswesens zu fördern und die Arbeit der nationalen Zivilstandsbehörden zu verbessern. Die CIEC hat derzeit 15 europäische Mitgliedstaaten, außer Mitgliedern der EU insbesondere die Schweiz und die Türkei, und acht Beobachter. Die nunmehr 33 Übereinkommen, von denen 26 bereits in Kraft getreten sind, wurden jedoch nicht immer von allen Mitgliedstaaten gezeichnet bzw. ratifiziert. Den Bereich des Eheschließungsrechts betreffen zum einen das Übereinkommen vom 10. September 1964 zur Erleichterung der Eheschließung im Ausland132 sowie zum anderen das Übereinkommen vom 5. September 1980 über die Ausstellung von Ehefähigkeitszeugnissen133. Hinzu kommen weitere Abkommen etwa über die Ausstellung mehrsprachiger Auszüge aus Personenstandsbüchern bzw. Zivilstandsregistern (1974), über die Befreiung bestimmter Urkunden von der Beglaubigung bzw. Legalisation (1977, gilt nicht für Deutschland) sowie das Übereinkommen über die Anerkennung von Ent130 Art. 11 ff. des Verordnungsentwurfs i. V. m. den entsprechenden Anhängen zum Verordnungsentwurf, siehe KOM(2013) 228 endg., 25 ff. 131 Die Vereinheitlichung von Kollisionsnormen grds. bevorzugend Mansel/Coester-Waltjen/ Henrich/Kohler, IPRax 2011, 335, 340. Das Haager Eheschließungsabkommen v. 12. 06. 1902 (RGBl. 1904, 221), welches vereinheitlichtes Kollisionsrecht für die Eheschließung enthält, gilt heute nur noch für Deutschland und Italien. 132 Es gilt für die Niederlande, die Türkei, Deutschland (BGBl. II 1969, 445, 2054), Spanien und Griechenland. 133 Es gilt für die Niederlande, Luxemburg, Portugal, Italien, Moldau, Deutschland (BGBl. II 1997, 1086 bzw. 1999, 486), Österreich, Italien, die Türkei und die Schweiz. Anlass und Notwendigkeit einer Untersuchung der Form der Eheschließung 53 scheidungen über Geschlechtsumwandlungen (2000, von Deutschland gezeichnet, nicht aber ratifiziert), welche innerhalb der Mitgliedstaaten der jeweiligen Abkommen eine Eheschließung mit grenzüberschreitendem Bezug erleichtern. Während die CIEC-Abkommen in inhaltlicher Hinsicht oftmals eine große Erleichterung bedeuten, wird der Vereinheitlichungseffekt freilich durch die variierende, zum Teil auch nur geringe Zahl der Ratifikationen und somit der Staaten, in denen die Übereinkommen gelten, geschwächt. Die Europäische Union nimmt sich in dem bereits erwähnten Grünbuch »Weniger Verwaltungsaufwand für EU-Bürger : Den freien Verkehr öffentlicher Urkunden und die Anerkennung der Rechtswirkungen von Personenstandsurkunden erleichtern« und dem nunmehr vorliegenden Verordnungsentwurf dieses Bereiches an, so dass auch hier eine breiter geltende Vereinheitlichung zu erwarten ist. 3. Bestrebungen zur Harmonisierung des materiellen Familienrechts Die stetig fortschreitende Harmonisierung des Internationalen Privat- und Zivilprozessrechts hat auch zur Frage der Harmonisierung des materiellen Rechts geführt134. Als treibende Kraft nationaler Reformen zum Erreichen eines gewissen Mindeststandards und somit auch einer gewissen Mindestharmonisierung des nationalen Familienrechts in Europa ist der Europarat zu nennen135. Dies gilt für Resolutionen und Empfehlungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarats ebenso wie für die Rechtsprechung des EGMR durch seine Auslegung der EMRK. Der EGMR wurde daher auch schon zu Recht als »Motor der Harmonisierung im Familienrecht«136 bezeichnet. Während zum Teil die Harmonisierung einzelner Bereiche im Vordergrund stand – wie etwa des Güterrechts, bei welchem der deutsch-französische Güterstand der Wahlzugewinngemeinschaft nun auch die erste praktische Umsetzung darstellt137 – gibt es auch umfassendere Projekte. Auf akademischer Ebene ist hier zunächst die Arbeit der Commission on European Family Law zu 134 Dethloff, in Boele-Woelki (Hrsg.), Perspectives for the Unification and Harmonisation of Family Law in Europe, 37, 59 – 64; Martiny, in Hartkamp u. a. (Hrsg.), Towards a European Civil Code4, 429 – 457; Jänterä-Jareborg, SvJT 2005, 804 – 844. 135 Hierzu Killerby, FS Meulders-Klein, 353 – 378. Für die hier relevanten Konventionen, Empfehlungen und Resolutionen des Europarats siehe Teil 3 B. 136 Vgl. den Titel bei Rixe, FPR 2008, 222 – 230. 137 Erstmals für ein einheitliches Güterrecht Agell, in Council of Europe, Proceedings of the 3rd European Conference on Family Law 1995, 63 ff. sowie ders., FS Meulders-Klein, 1, 18 ff.; ferner die Vorschläge von Henrich, FamRZ 2002, 1521 ff. und Martiny, FS Schwab, 1189, 1201 ff. Zum deutsch-französischen Wahlgüterstand etwa Dethloff, RabelsZ (76) 2012, 509 ff.; Meyer, FamRZ 2010, 612 – 617. 54 Einleitung nennen138. Die Commission on European Family Law erarbeitet auf der Grundlage umfangreicher Länderberichte Prinzipien für ein europäisches Familienrecht. Bisher wurden dabei die Bereiche der Scheidung, der elterlichen Sorge, des nachehelichen Unterhalts sowie aktuell des Güterrechts bearbeitet139. Eine Untersuchung der Eheschließung fand bisher noch nicht statt140. Vorschläge für eine umfassendere Harmonisierung des Familienrechts stammen etwa von Dagmar Coester-Waltjen, Ingeborg Schwenzer und Nina Dethloff. Coester-Waltjen entwickelte bereits 2002 in einem Festschriftbeitrag kurz und prägnant Thesen zu einem europäischen Familienrecht. Sie hatte dabei ein Wahlmodell vor Augen, etwa nach dem Vorbild des UN-Kaufrechts141. Aufgrund von Bedenken hinsichtlich der Akzeptanz einer Vereinheitlichung grenzte sie die Regelung des Eheschließungsrechts dabei jedoch völlig aus142. Das Ehemodellgesetz könne stattdessen auf jede Ehe angewandt werden, die bestimmte Mindestvoraussetzungen erfüllt, wobei sie hier in materieller Hinsicht die Monogamie nannte und bereits kritisch das Erfordernis der Verschiedengeschlechtlichkeit hinterfragte143. Schwenzer erarbeitete mit ihrem Model Family Code Grundlinien eines modernen Familienrechts aus rechtsvergleichender Sicht144. Die Aufgaben eines modernen Familienrechts – welches gerade im letzten Jahrhundert durch Säkularisierung und Emanzipation geprägt wurde – sieht sie im Prinzip der Nichteinmischung, der Einforderung von Verantwortung und dem Vorrang des Kindeswohls145. Auch wenn das Einfordern von Verantwortung eine Abkehr von statusorientiertem Denken und damit einhergehend eine weitgehende Gleichstellung faktischer Lebensgemeinschaften mit der Ehe bedeutet, sei ein Festhalten an der Ehe notwendig, um dem Bedürfnis der Menschen nach einer 138 Hierzu bspw. Pintens, ZEuP 2004, 548 – 561; Boele-Woelki, (2005) Utrecht Law Review Vol. 1, 160 – 168. 139 Länderberichte Boele-Woelki u. a. (Hrsg.), European Family Law in Action: Volume I – Grounds for Divorce; dies. (Hrsg.), European Family Law in Action: Volume II – Maintenance Between Former Spouses; dies. (Hrsg.), European Family Law in Action. Volume III – Parental Responsibilities; dies. (Hrsg.), European Family Law in Action, Volume IV – Property Relations between Spouses. Bisherige Principles Boele-Woelki u. a. (Hrsg.), Principles of European Family Law Regarding Divorce and Maintenance between Former Spouses; dies. (Hrsg.), Principles of European Family Law Regarding Parental Responsibilities; dies. (Hrsg.), Principles of European Family Law Regarding Property Relations Between Spouses. 140 Siehe aber bereits Lutter, Das Eheschließungsrecht in Frankreich, Belgien, Luxemburg und Deutschland, der 1963 das materielle und formelle Eheschließungsrecht in diesen Staaten untersuchte. 141 Coester-Waltjen, FS Peschel-Gutzeit, 35, 36. 142 Coester-Waltjen, FS Peschel-Gutzeit, 35, 38. 143 Coester-Waltjen, FS Peschel-Gutzeit, 35, 38. 144 Schwenzer, Model Family Code – From a Global Perspective. 145 Zusammenfassend Schwenzer, RabelsZ 71 (2007), 705, 711 ff. Anlass und Notwendigkeit einer Untersuchung der Form der Eheschließung 55 Formalisierung ihrer Beziehung nachzukommen146. Für diese leitet Schwenzer aus dem Prinzip der Nichteinmischung die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare sowie ein »weitgehendes Zurückfahren von Ehehindernissen« ab147. Noch einen Schritt weiter geht das Projekt der Europäischen Ehe von Dethloff148. Hier steht ebenfalls ein optionales Modell im Vordergrund. Die Europäische Ehe soll dabei Paaren, deren Beziehung einen grenzüberschreitenden Bezug aufweist, die Wahl eines einheitlichen Sachrechts ermöglichen. Bereits zum Zeitpunkt der Eheschließung sollen dann nicht nur Bestand und Wirkungen der Ehe, sondern auch die Voraussetzungen und Rechtsfolgen einer Scheidung unabhängig von einer späteren Verlegung des Wohnsitzes einem einheitlichen, zum Zeitpunkt der Eheschließung vorhersehbaren Regime unterworfen werden. Auch hier stellt sich die Frage, ob und wenn ja inwieweit, eine Vereinheitlichung bereits bei der Eheschließung ansetzen muss. Dies gilt zum einen den materiellen Voraussetzungen der Eheschließung: Soll die optionale Ehe nur verschieden- oder auch gleichgeschlechtliche Paare erfassen? Soll ein einheitliches und absolutes Ehefähigkeitsalter von 18 Jahren gelten149 ? Aber auch die Form der Eheschließung muss berücksichtigt werden: Gewährleistet die Anknüpfung an nationale Systeme die Berücksichtigung der Besonderheiten einer Europäischen Ehe? Wann und wie entscheidet sich das Paar für die Europäische Ehe anstelle einer »nationalen« Ehe? Bietet hier bereits die Eheschließung selbst die Möglichkeit einer Anknüpfung oder ist ein selbständiger voran- oder nachgestellter Akt (z. B. Ehevertrag) erforderlich? Diese Fragen kann und soll diese Dissertation nicht beantworten; sie kann jedoch versuchen, eine Grundlage für entsprechende Entscheidungen zu bieten. IV. Die Form der Eheschließung in der juristischen Literatur Die Form der Eheschließung stand immer wieder im Mittelpunkt juristischer Betrachtungen150. Auch in der aktuellen Literatur zum Eheschließungsrecht und 146 Schwenzer, RabelsZ 71 (2007), 705, 713. 147 Schwenzer, RabelsZ 71 (2007), 705, 714 – es bleiben insbes. das Verbot der Kinderehe, der polygamen und der inzestuösen Ehe. 148 Dethloff, StAZ 2006, 253 ff. sowie bereits dies., AcP 204 (2004), 544 ff. 149 Zur Ehemündigkeit siehe bereits Dethloff/Maschwitz, StAZ 2010, 161 ff. 150 Etwa Dombois/Schumann (Hrsg.), Weltliches und kirchliches Eherecht; Puza/Kustermann (Hrsg.), Beginn und Ende der Ehe; Schwab, Grundlagen der staatlichen Ehegesetzgebung; Steding, Die Verfassungsmäßigkeit der obligatorischen Zivilehe; sowie kürzere Beiträge etwa von Neuhaus, FamRZ 1972, 59 ff.; Bosch, FamRZ 1980, 739 ff. und 849 ff., 1982, 862 ff. sowie 1988, 665 ff.; Strätz, FamRZ 1980, 301 ff.; Meyer-Teschendorf, StAZ 1982, 325 ff.; Hattenhauer, ZRP 1985, 200 ff.; Otte, JuS 1989, 599 ff. In der aktuelleren Literatur zum