Publikation Gebäudekennwerte 2013

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Publikation Gebäudekennwerte 2013
EnOB-Fachartikel, www.enob.info
Kennwerte zur energetischen und ökologischen
Qualität von Bauwerken in deren Nutzungsphase
Begriffe und methodische Grundlagen
Ein Artikel von
Thomas Lützkendorf und Matthias Unholzer
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Fakultät für Wirtschaftswissenschaften,
Lehrstuhl für Ökonomie und Ökologie des Wohnungsbaus, www.oew.kit.edu
Kontakt
thomas.luetzkendorf@kit.edu, matthias.unholzer@kit.edu
Zusammenfassung
Eine Interpretation und Anwendung von Kennwerten zur Darstellung der energetischen und
ökologischen Qualität von Bauwerken in der Nutzungsphase ist nicht länger Vertretern aus
Wissenschaft und Politik vorbehalten. Zunehmend setzen sich Makler, Banken, die Wohnungs- und
Immobilienwirtschaft sowie Bauträger, Bauherren und Privathaushalte mit diesem Thema
auseinander. Kennwerte werden zu wichtigen Hilfsmitteln für das Formulieren und Vereinbaren von
Zielen, für die Erfolgskontrolle, für die Nachhaltigkeitsbewertung und -berichterstattung sowie für
das Signalisieren von Qualitäten im Marketing und im Wettbewerb.
Voraussetzung für die sinnvolle Anwendung und Nutzung derartiger Kennwerte sind detaillierte
Kenntnisse zu den methodischen Grundlagen, zu Fragen der Beeinflussung von Ergebnissen durch
Art und Umfang von Systemgrenzen und Randbedingungen, zu den Anforderungen an eine
transparente und nachvollziehbare Darstellung sowie zur Nutzung geeigneter Vergleichs-werte und
Bewertungsmaßstäbe.
Die Ausarbeitung dieses Beitrages erfolgte im Rahmen des vom BMWi geförderten
Forschungsvorhabens EnOB. Der Entwurf des Dokuments „Kennwerte zur energetischen und
ökologischen Qualität von Bauwerken in der Nutzungsphase - Begriffe und methodische
Grundlagen“ wurde den Teilnehmern eines EnOB-Workshops am 21.März 2013 in Kassel vorgestellt
und in einer Gruppe besonders interessierter Teilnehmer diskutiert. Ergebnisse dieser Diskussion
flossen in die hier vorliegende Fassung ein.
Thomas Lützkendorf und Matthias Unholzer, 23. Mai 2013
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1. Anlass und Zielstellung
In der Bau-, Wohnungs- und Immobilienwirtschaft werden derzeit in der Planung, Bewirtschaftung,
Wertermittlung, Portfolioanalyse und Nachhaltigkeitsberichterstattung verstärkt Energie- und
Emissionskennwerte verwendet.
Die Auseinandersetzung mit dieser Thematik gewinnt durch die Notwendigkeit der Beschreibung,
Beurteilung und Darstellung der energetischen und umweltbezogenen Qualität von Gebäuden als
Teil einer Nachhaltigkeitsbewertung und -zertifizierung an zusätzlicher Bedeutung. Gleichzeitig
erfordert das Ziel einer Errichtung von Gebäuden mit ausgeglichener bzw. positiver Energieund/oder Emissionsbilanz („net zero energy buildings“ und „net zero emission buildings“) die
Entwicklung geeigneter Vorgehensweisen für die Planung, Darstellung und den Nachweis der
Zielerreichung.
Die Bildung, Anwendung und Interpretation von Energiekennwerten blickt bereits auf eine lange
Tradition zurück. Ursprünglich wurden sie überwiegend in Wissenschaft, Politik und
Immobilienpraxis von einem kleinen Kreis von Fachleuten zur Beschreibung energetischer
Anforderungen und Niveaus bzw. der energetischen Qualität von Gebäuden genutzt. Im Rahmen
der An-wendung und Interpretation durch Fachleute konnten Missverständnisse und
Fehlinterpretationen i.d.R. vermieden werden.
Im Zusammenhang mit dem Austausch von Kennwerten zwischen Akteuren der Bau-, Wohnungsund Immobilienwirtschaft oder der Nutzung und Weiterverwendung von Daten aus der Literatur
traten jedoch von Anfang an Probleme auf. Ursachen waren u. a. unklare Systemgrenzen,
Randbedingungen, Bezugsgrößen und Begriffe. Durch Veröffentlichungen [1] und Richtlinien, z. B.
VDI 3807 [2], [3], [4], wurde frühzeitig versucht, allgemeingültige Regeln zur Bildung,
Auswertung, Nutzung und Interpretation von Energiekennwerten zu erarbeiten und als
Verständigungsgrundlage zu nutzen. Im Bereich der engeren Fachwelt ist dies in der Vergangenheit
bedingt gelungen.
Durch die zunehmende Auseinandersetzung mit Fragen der Beschreibung und Beurteilung der
energetischen und ökologischen Qualität von Gebäuden gelangen nun weitere Berufsgruppen und
Tätigkeitsbereiche (z. B. Immobilienmakler, Wertermittler, Banken, Auditoren für die
Nachhaltigkeitsbewertung) in Berührung mit Energiekennwerten. Diese werden z. T. genutzt und
interpretiert, ohne die methodischen Hintergründe ausreichend zu kennen.
Neben den traditionellen Kennwerten zur Beschreibung und Beurteilung der energetischen Qualität
wächst das Interesse an Aussagen zu Themen wie Umweltschutz und Nachhaltigkeit. Zunehmend
werden in Ergänzung zu Energiekennwerten Angaben zu den flächen- und zeitbezogenen CO2Emissionen verwendet und ausgetauscht. Diese basieren einerseits auf vergleich-baren
methodischen Grundlagen, weisen jedoch andererseits auch ihre eigene Spezifik auf.
Die vorliegende Veröffentlichung soll einen Beitrag liefern, Anwender und Nutzer von Kennwerten
zur Beschreibung und Beurteilung der energetischen und ökologischen Qualität von Bau-werken
über die methodischen Grundlagen zu informieren. Einerseits sollen damit Missverständnisse und
Fehlinterpretationen ausgeschlossen werden. Andererseits kann durch die Bildung und
Veröffentlichung von Kennwerten, die auf einheitlicher Basis erhoben und dargestellt bzw.
hinsichtlich ihrer Systemgrenzen transparent und nachvollziehbar beschrieben werden, die
empirische Basis deutlich verbreitert werden.
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2. Anwendungsfälle
Der Umgang mit Kennwerten zur Beschreibung und Beurteilung der energetischen und
ökologischen Qualität von Gebäuden ist einerseits notwendig zur Darstellung und Interpretation
des zukünftigen Energiebedarfs von Neubau- und Sanierungsprojekten und andererseits zur
späteren Erfolgskontrolle als Ergebnis eines Energieverbrauchsmonitorings. Über die
Auseinandersetzung mit dem Energieaufwand hinaus gewinnt die Beschreibung und Beurteilung der
Wirkungen auf die Umwelt an Bedeutung. Energiekennwerte werden daher zunehmend durch
Emissionskennwerte ergänzt.
Für die Bildung und Interpretation von Energie- und Emissionskennwerten existieren eine Reihe
von konkreten Anwendungsfällen in der Nutzungsphase von Gebäuden. Beispiele sind:
a) Formulierung von Zielwerten und Anforderungsniveaus (u. a. in Förderprogrammen,
Selbstverpflichtungen, Projektentwicklungen),
b) Interpretation von Kennwerten in Energiebedarfs- und Energieverbrauchsausweisen durch
Mieter, Vermieter, Eigentümer, Erwerber etc.,
c)
Beschreibung, Planung und Überwachung komplexer Gebäude mit mehreren, unterschiedlichen
Nutzungszonen als Anwendungsfall für Teilenergiekennwerte,
d) Festlegung und Anwendung von Beschaffenheitszuschlägen in Mietspiegeln in Abhängigkeit von
der energetischen Qualität von Gebäuden,
e) Berücksichtigung von energetischen Eigenschaften in der Wertermittlung auf Basis von
Energiekennwerten in Verbindung mit der Berücksichtigung von Merkmalen der Nachhaltigkeit
– u. a. auf Basis von Emissionskennwerten,
f)
energetische Portfolioanalyse in Unternehmen der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft sowie
bei Immobilienfonds,
g) Benchmarking in der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft auf Basis von Energie- und
Emissionskennwerten,
h) Zielvereinbarungen zur energetischen Qualität – auch bei umweltorientierter Beschaffung /
green public procurement,
i)
Nachhaltigkeitsbewertung und -zertifizierung, für Neubauten als Teilinformation sowie für
Bestandsbauten in der Nutzungsphase,
j)
Nachhaltigkeitsberichterstattung zu eigenen Objekten im Teil Betriebsökologie,
k) Entwicklung von Förderprogrammen, Festlegung von Förderkonditionen,
l)
Definition energetischer Niveaus,
m) Festlegung einer Baseline für ein Energieeinsparcontracting,
n) Gestaltung von Konditionen für Finanzierung und Versicherung (z. Z. nur internationale
Beispiele auf Basis Energy Star, z. B. energy efficient mortgages in USA),
o) empirische Analysen zur ökonomischen Vorteilhaftigkeit energieeffizienter Gebäude.
Im Zusammenhang mit den oben genannten Anwendungsfällen stellt sich immer die Frage nach
geeigneten Methoden und Verfahren zur Bildung und Interpretation von Kennwerten zur
Beurteilung der energetischen und ökologischen Qualität von Gebäuden, die der jeweiligen Phase
im Lebenszyklus eines Gebäudes bzw. der jeweiligen Fragestellung einer ausgewählten
Akteursgruppe gerecht werden.
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3. Begriffe und Definitionen
Ein Kennwert (auch Kennzahl oder Kenngröße) dient der quantitativen Beschreibung eines
Sachverhaltes und basiert auf Vorschriften bzw. Regeln zur Messung von spezifischen Größen oder
Zuständen. Er setzt sich i.d.R. aus einem Zahlenwert und einer Einheit zur Beschreibung der
Messgröße zusammen. Unterschieden werden absolute und relative Kennwerte, die sich auf einen
Zeitpunkt oder auf einen Zeitraum beziehen können. Ein Bezug auf weitere Größen ist möglich.
Kennwerte können als Indikatoren zur Beschreibung spezifischer Merkmale und Eigenschaften
herangezogen und in diesem Zusammenhang ausgewählten Bewertungskriterien zugeordnet
werden.
Im Baubereich sowie in der Immobilienwirtschaft ist die Verwendung von Angaben zur
Beschreibung der energetischen bzw. ökologischen Qualität von Gebäuden üblich. Die VDI 3807
legt fest, derartige Angaben als Energiekennwerte zu bezeichnen. Der Begriff Energiekennwert wird
durch das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) im Zusammenhang
mit der Energieeinsparverordnung (EnEV) und dem Thema Energieausweis verwendet.
Der Begriff „Emissionskennwert“ hat sich noch nicht fest etabliert. Er wird z. T. (falsch) für
Emissionsfaktoren verwendet oder (richtig) z. B. als CO2-Kennwert aufgeführt.
4. Energiekennwerte
Bei der Bildung von Energiekennwerten müssen eine Reihe von Entscheidungen getroffen und
Randbedingungen festgelegt werden. Bei ihrer Interpretation müssen diese zwingend bekannt sein.
Der transparenten Darstellung und Kommunikation der jeweiligen Randbedingungen und
Systemgrenzen kommt damit eine hohe Bedeutung zu. Folgende Entscheidungen bzw. Angaben
sind daher zu deklarieren und ggf. über geeignete Indizes darzustellen.
In Übereinstimmung mit der EU-Richtlinie zur Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden sollen
Energiekennwerte dem Zweck dienen, „einen Vergleich und eine Beurteilung der
Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden zu ermöglichen“ (Art. 7 Abs. 2 Satz 1 EU-Richtlinie
2010/31/EU). In der DIN EN 15603 [7] wird von der „Bewertung der Energieeffizienz eines
Gebäudes auf der Grundlage […] des berechneten oder (mit einem Verbrauchszähler) gemessenen
Verbrauchs an Energieträgern“ gesprochen.
Energiekennwerte sind demzufolge ein Hilfsmittel zur kompakten, anschaulichen Beschreibung der
energetischen Qualität von Gebäuden. Herangezogen wird der definierte, berechnete oder
gemessene Aufwand an Energie, der auf geeignete Größen und Zeiträume bezogen wird. Allen
Energiekennwerten gemeinsam ist daher die Eigenschaft eine Energiemenge bzw. einen
Energieaufwand (z. B. dargestellt in kWh oder MJ1) einer Bezugsgröße und einem Bezugszeitraum
zuzuordnen. Bezugsgrößen sind hierbei i.d.R. Merkmale und Eigenschaften des betrachteten
Gebäudes und seiner Nutzung (z. B. Quadratmeter Schulgebäude mit definiertem Nutzungsprofil,
wobei die Fläche auch als ein genau zu spezifizierender Repräsentant für ein funktionales
Äquivalent betrachtet werden kann, siehe Kapitel 4.8). Ein reiner Bezug auf eine Fläche ohne
1 Die Angaben von Energiekennwerten in MJ ist z. B. in der Schweiz üblich und entspricht der geforderten
Anwendung von
SI-Einheiten. Dennoch ist in Deutschland die Nutzung der Einheit kWh üblich. 1 kWh = 3,6 MJ; 1 MJ = 0,28
kWh
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Angabe eines Nutzungsprofils und weiterer Randbedingungen ist damit nicht ausreichend. Art und
Umfang zu deklarierender Randbedingungen und Systemgrenzen von Energiekennwerten werden
nachstehend beschrieben und erläutert.
Energiekennwerte können in folgender Form auftreten:
Energiekennwert
=
Energieaufwand
Bezugsgröße x Bezugszeitraum
4.1 Energetische Umwandlungskette mit Nutz-, End- bzw. Primärenergie
Energiekennwerte werden hinsichtlich der energetischen Umwandlungsstufe unterschieden. Es ist
daher anzugeben, ob es sich um Nutzenergie-, Endenergie- bzw. Primärenergiekennwerte handelt.
Primärenergiekennwerte werden dabei nochmals in den Aufwand an Primärenergie, nicht
erneuerbar und den Aufwand an Primärenergie, erneuerbar unterschieden. Sie können alternativ
auch als Gesamtaufwand an Primärenergie abgegeben werden. Eine gesonderte Darstellung des
Aufwandes an Primärenergie, nicht erneuerbar wird jedoch stets empfohlen.
Nutzenergie
Nutzenenergie ist die Menge an Energie, die unmittelbar für die zu erbringende Dienstleistung z. B.
im Sinne der Aufrechterhaltung der Temperatur in Räumen oder der Erwärmung von Trinkwasser
zur Verfügung gestellt werden muss. Es wird u. a. ein Aufwand an Wärme für die Raumheizung, ein
Aufwand an Kälte infolge des Kühlbedarfs und ein Aufwand an Wärme für die Trinkwassererwärmung angegeben. Der Nutzenergiebedarf ist i.d.R. das Ergebnis einer Energiebilanz, in die
neben Energieverlusten auch Energiegewinne eingehen.
Für Beleuchtung und weitere Anwendungsbereiche von elektrischer Energie – außer Heizung und
Trinkwassererwärmung – ist ein Ausweisen des Nutzenergiebedarfes zwar theoretisch möglich,
praktisch jedoch nicht üblich.
Im Rahmen der Heizkostenabrechnung kann der Aufwand an Nutzenergie für z. B. Raumwärme
und Trinkwassererwärmung über Hilfsmessverfahren der Heizkostenverteilung oder unmittelbar im
Bereich der Wärmeabgabe angeordnete Wärmemengenzähler erfasst werden.
Nutzenergie repräsentiert die Seite der Nachfrage nach Energiedienstleistungen. Im Gebäudebereich wird damit u. a. die energetische Qualität des Gebäudes (hier i.S.v. bauliche Lösung /
Gebäudehülle) unter Beachtung zu definierender Randbedingungen und Nutzungsszenarien
beschrieben.
Endenergie
Mit Endenergiekennwerten wird i.d.R. der Aufwand an Energieträgern beschrieben. Dargestellt wird
der Aufwand an Energie, der zur Deckung des Bedarfes an Nutzenergie benötigt wird. In den
Endenergieaufwand fließen damit neben dem Aufwand an Nutzenergie der Aufwand für die
Umwandlung, Speicherung, Verteilung und Abgabe von Energie im Gebäude ein. Das Verhältnis
von Nutzenergie zu Endenergie kennzeichnet den Jahresnutzungsgrad der Anlage (z. T. auch
umgangssprachlich (falsch) als Wirkungsgrad bezeichnet). Erfasst wird damit der Aufwand an
Energie, der an der Systemgrenze Gebäude übergeben bzw. zur Verfügung gestellt wird. Letztlich
handelt es sich dabei um die Menge gelieferter bzw. bezogener Energie im Falle leitungsgebundener Energie (i.S.v. Strom, Fernwärme, Nahwärme) bzw. die Menge bezogener End-Energieträger
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(i.S.v. Heizöl, Gas, Holz). Der Aufwand an Endenergie ist stets an End-Energieträger gebunden. Da
sich diese hinsichtlich Kosten, Ressourceninanspruchnahme und Emissionen sehr unterscheiden ist
es nicht sinnvoll, den Energieaufwand auf der Stufe Endenergie zusammenzufassen, soweit
unterschiedliche Energieträger eingesetzt werden. Die Darstellung eines Gesamtaufwandes je
Energieträger ist hingegen zweckmäßig und üblich.
Der Aufwand an Endenergie kann messtechnisch erfasst sowie über die Auswertung von
Rechnungen für die Lieferung von Energie bzw. Energieträgern nachvollzogen werden. Die
Erfassung des Endenergieaufwandes bzw. des Einsatzes von Endenergieträgern erfolgt idealerweise
auf Basis eines zielgerichteten Messkonzeptes. Minimalbasis sind die Abrechnungen des
Energieträgerbezugs vom Energieversorgungsunternehmen. Endenergiekennwerte sind besonders
für einen Vergleich von SOLL- und IST-Größen bzw. von Bedarfs- und Verbrauchskennwerten
geeignet, soweit diese hinsichtlich ihrer Systemgrenzen und Randbedingungen übereinstimmen.
Endenergie ist die Basis für eine sowohl ökonomische als auch ökologische Bewertung.
Endenergiekennwerte liefern die Grundlage für eine Ermittlung von Energiekosten als Teil der
Betriebs- bzw. Nutzungskosten sowie für eine Bewertung der Ressourceninanspruchnahme (u. a.
Aufwand an Primärenergie, nicht erneuerbar) und der Wirkungen auf Umwelt (u. a. Treibhauseffekt
GWP (global warming potential) auf Basis von Emissionen).
Primärenergie
Bei Kennwerten „Primärenergie, nicht erneuerbar“ werden zusätzlich zum Aufwand an Endenergie
im Gebäude die außerhalb der Systemgrenze „Gebäude“ liegenden Aufwendungen für Gewinnung,
Umwandlung und Verteilung der Endenergieträger berücksichtigt. Dargestellt wird damit die Menge
an Energie, die z. B. unmittelbar der Natur entnommen wird. Die Umrechnung von End- auf
Primärenergie erfolgt über durchschnittliche bzw. spezifische Primärenergiefaktoren. Das Verhältnis
von Nutz- zu Primärenergie wird über die Anlagenaufwandszahl ausgedrückt. Auf dem Niveau
„Primärenergie, nicht erneuerbar“ werden die Hauptanforderungen der derzeitigen
Energieeinsparverordnung (EnEV) in Deutschland formuliert. In der Nachhaltigkeitsbewertung ist
der Aufwand an „Primärenergie, nicht erneuerbar“ ein Indikator für die
Ressourceninanspruchnahme.
Mit dem Aufwand an „Primärenergie, erneuerbar“ kann der Aufwand an erneuerbaren
Energieträgern ab Quelle sowie die Nutzung erneuerbarer Energie dargestellt werden. Im Rahmen
der Nachhaltigkeitsbewertung ist die Verfügbarkeit und Nachhaltigkeit der Bereitstellung
erneuerbarer Energieträger zu prüfen. Bei der Bereitstellung von „Primärenergie, erneuerbar“ wird
häufig auch ein Aufwand an „Primärenergie, nicht erneuerbar“ erforderlich.
„Primärenergie, nicht erneuerbar“ und „Primärenergie, erneuerbar“ können zum Aufwand an
„Primärenergie, gesamt“ zusammengefasst werden. Es besteht i.d.R. das Ziel, den Aufwand an
„Primärenergie, gesamt“ zu minimieren bei gleichzeitiger relativer Erhöhung des Anteils an
„Primärenergie, erneuerbar“.
Bei der Angabe von Primärenergiemengen ist zu unterscheiden, ob diese von Dritten bezogen
wurden oder aus Eigenproduktion (z. B. Primärenergie, erneuerbar aus solarthermischer
Warmwasserbereitung im Gebäude) stammen (vgl. SIA 2031 [8]).
Im Rahmen der Energiebedarfsberechnung nach aktuell gültiger EnEV wird der
Primärenergiebedarfskennwert auf Basis der Endenergiebedarfskennwerte der eingesetzten
Endenergieträger ermittelt. Die Umrechnung erfolgt durch Multiplikation mit Primärenergiefaktoren
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für jeden Endenergieträger und anschließender Aufsummierung. Primärenergiefaktoren zur
Verwendung im öffentlich rechtlichen Energiebedarfsausweis für typische Endenergieträger zur
Beheizung von Gebäuden werden in Tabelle 1 bezogen auf den unteren Heizwert des
Endenergieträgers wiedergegeben, vgl. nächste Seite.
Der Energieeffizienzverband für Wärme, Kälte und KWK e. V. veröffentlicht eine Liste deutscher
Städte, deren Fernwärmeversorger über eine unabhängige Bescheinigung ihres
erzeugerspezifischen Primärenergiefaktors verfügen.2 Diese Primärenergiefaktoren können eine
realitätsnahe Berechnung des Primärenergieaufwands unterstützen; zur Erstellung des öffentlich
rechtlichen Nachweises nach aktuell gültiger EnEV dürfen sie derzeit jedoch nicht verwendet
werden.
Teilweise wird der Aufwand an Primärenergie auch als kumulierter Energieverbrauch (KEV)
bezeichnet. Hierbei wird u. a. der Aufwand an Primärenergie in den der eigentlichen
Energieumwandlung vorgelagerten Stufen der Gewinnung und Weiterverarbeitung
zusammengefasst (kumuliert). Es ist anzugeben bzw. zu beachten, innerhalb welcher
Systemgrenzen und bis zu welcher Umwandlungsstufe diese Zusammenfassung erfolgt bzw. bereits
erfolgt ist. Erfasst wird beim KEV die rein energetische Nutzung von Energieträgern.
Wird im Falle einer Ökobilanzierung von Bauprodukten oder Bauwerken die
Ressourceninanspruchnahme infolge einer energetischen und stofflichen Nutzung dargestellt spricht
man vom kumulierten Energieaufwand (KEA).
Für den Fall der Darstellung eines Aufwandes an Primärenergie im hier zutreffenden Kontext sind
Unterschiede zwischen KEV und KEA weitgehend vernachlässigbar. In einigen Tabellen in der
Literatur wird daher auch in Bezug auf die rein energetisch genutzten Energieträger der Begriff KEA
(kumulierter Energieaufwand) für den Aufwand an Primärenergie genutzt.3 Dennoch sind
Systemgrenzen zu beachten. So ist zu klären bzw. anzugeben, ob und inwieweit bei Angaben zum
Verbrauch an Primärenergie bzw. zum Aufwand an Primärenergie Anteile enthalten sind, welche die
Herstellung der Anlagen zur Energieerzeugung bzw. -umwandlung inkl. der Speicher, Netze usw.
enthalten sind. Diese Anteile werden als (energetische und/oder stoffliche) Vorstufen bezeichnet,
entsprechende Prozesse und Lebenszyklusabschnitte als „upstream“.
In jedem Fall wird sowohl bei KEA als auch bei KEV zwischen Anteilen aus erneuerbaren sowie aus
nicht erneuerbaren Quellen unterschieden.
Als eine ausführliche Bezeichnung ergibt sich damit z. B. ein „Aufwand an Primärenergie, nicht
erneuerbar, kumuliert von der Gewinnung über die Weiterverarbeitung und Umwandlung bis hin
zur unmittelbaren bestimmungsgemäßen Nutzung einschließlich aller Vorstufen“.
2 Fernwärmeversorger können einen formlosen Antrag auf Aufnahme stellen (Download unter www.agfw.de derzeitiger Stand 15.06.2012).
3 vgl.
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Primärenergiefaktoren
Energieträger
Fossile Brennstoffe
Biogene Brennstoffe
Nah-/Fernwärme
aus KWK (70 %)
insgesamt
nicht erneuerbarer
Anteil
Heizöl EL
1,1
1,1
Erdgas H
1,1
1,1
Flüssiggas
1,1
1,1
Steinkohle
1,1
1,1
Braunkohle
1,2
1,2
Biogas
1,5
0,5
Bioöl
1,5
0,5
Holz
1,2
0,2
fossiler Brennstoff
0,7
0,7
0,7
0,0
erneuerbarer
Brennstoff
Nah-/Fernwärme
fossiler Brennstoff
1,3
1,3
aus Heizwerken
erneuerbarer Brennstoff
1,3
0,1
allgemeiner Strommix
2,8
2,4
Verdrängungsstrommix
2,8
2,8
Solarenergie
1,0
0,0
Erdwärme, Geothermie
1,0
0,0
Umgebungswärme
1,0
0,0
Umgebungskälte
1,0
0,0
aus Prozessen
1,0
0,0
Strom 4
Umweltenergie
Abwärme innerhalb des
Gebäudes
Tab. 1: Primärenergiefaktoren nach DIN V 18599 (Quelle: [9])
Es wird deutlich, dass Angaben nur dann interpretiert werden können, wenn Informationen zur
Herangehensweise und zu den Systemgrenzen bei der Ermittlung der Werte bekannt sind – siehe
hierzu auch die Checklisten in Kapitel 6.
4 In der aktuellen EnEV 2009, die sich noch auf die DIN V 18599 von 2007 bezieht (aktuell 2011) werden noch
keine Primärenergiefaktoren, die zwischen bezogenem und eingespeistem Strom (asymmetrische
Bewertung) unterscheiden, angewendet. Anstelle der in Tabelle 1 genannten Werte für Strom wird 2,6 für
den nicht erneuerbaren Anteil festgelegt. Hieraus geht hervor, dass die Entwicklung des Primärenergiefaktors
für Strom einer großen Dynamik unterliegt.
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Im Geltungsbereich der Energieeinsparverordnung 2009 erfolgt eine Konzentration auf
Primärenergie, nicht erneuerbar, ohne Vorstufen für die Herstellung der Anlagen, Netze usw. In
Tabelle 2 werden die Definitionen aus DIN V 4701-10:2003-08 [10] als Anwendungsbeispiel im
Bereich Wärme wiedergegeben.
Begriffe
Definitionen nach DIN V 4701-10:2003-08
Beheizung von Gebäuden
Energiemenge, die zur Deckung des Jahresheizenergiebedarfs QH
und des Trinkwarmwasserwärmebedarfs QW benötigt wird unter
(Primärenergie)
Berücksichtigung der zusätzlichen Energiemenge, die durch
vorgelagerte Prozessketten außerhalb der Systemgrenze
„Gebäude“ bei Gewinnung, Umwandlung und Verteilung der jeweils
eingesetzten Brennstoffe entstehen.
Heizenergiebedarf
Energiemenge, die zur Deckung des Jahresheizwärmebedarfs QH
und des Trinkwarmwasserbedarfs QW (Bedarf und Aufwand der
(Endenergie)
Anlagentechnik) benötigt wird, ermittelt an der Systemgrenze des
betrachteten Gebäudes. Die zusätzliche Energiemenge, die durch
vorgelagerte Prozessketten bei der Erzeugung des jeweils
eingesetzten Brennstoffs entsteht, wird nicht in Betracht gezogen.
Heizwärmebedarf
Wärme, die den beheizten Räumen zugeführt werden muss, um die
innere Solltemperatur der beheizten Räume einzuhalten.
(Nutzenergie)
Tab. 2: Begriffe der Energieumwandlungskette (Quelle: [10])
In Abbildung 1 werden die Zusammenhänge zwischen Gewinn- und Verlustgrößen der
Energiebilanz zur Ermittlung des Nutzenergiebedarfes für Raumwärme (Jahresheizwärmebedarf),
der Endenergie (Jahresheizenergiebedarf) und dem Primärenergiebedarf dargestellt.
Berechnung des Energiebedarfs
QS
QT
BilanzgrenzeRaum
Lennard
Qi
QV
David
Qc,e
Qh
Nutzenergie
(Raumgrenze)
Übergabe
Verteilung
Qd
Speicherung
Qs
Erzeugung
PrimärEnergie
Qg
Endenergie
(Gebäudegrenze)
Abb. 1:
Berechnung des Energiebedarfs
in Richtung der
Bedarfsentwicklung (aus DIN
4701-10:2003-08, [10])
Die folgenden Abbildungen 2 bis 5 geben den Sachverhalt für die Energiedienstleistungen Heizung,
Warmwasserbereitung und Lüftung noch detaillierter wieder.
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Abb. 2:
Bedarfsentwicklung für Heizung
nach DIN 4701-10:2003-08,
[10]
Abb. 3:
Bedarfsentwicklung für
Warmwasserbereitung nach
DIN 4701-10:2003-08, [10]
Abb. 4:
Bedarfsentwicklung für Lüftung
nach DIN 4701-10:2003-08,
[10]
4.2 Bedarfswerte versus Verbrauchskennwerte
Energiekennwerte können generell als Bedarfs- oder Verbrauchskennwerte angegeben werden.
Bedarfskennwerte entstehen i.d.R. als Ergebnisse einer Bedarfsberechnung und können sowohl den
Bedarf an Nutz-, End- oder Primärenergie beschreiben. Es existieren jedoch auch
Bedarfskennwerte im Sinne einer Anforderung oder eines Budgets. Bedarfskennwerte eignen sich
u.U. als SOLL-Größen. Bei Bedarfskennwerten ist zusätzlich zu unterscheiden, wie und zu welchem
Zweck sie ermittelt bzw. verwendet werden. Nach DIN EN 15603 kann unterschieden werden
zwischen einem „genormten“ Energiebedarfskennwert „basierend auf dem konventionellen Klima,
der Verwendung, Umgebung und belegungsbezogenen Eingangsdaten“ (z. B. im Rahmen eines
nationalen öffentlich-rechtlichen Nachweises) oder einem „individuellen“ Energiebedarfskennwert
im Sinne einer verbrauchsnahen Vorhersage mit „an das tatsächliche Gebäude und den
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Berechnungszweck angepassten Daten“, d.h. einer Verwendung von Eingangsgrößen zur
Beschreibung der konkreten Gebäudenutzung sowie eines spezifischen Nutzerverhaltens und der
konkreten Standort- und Klimaverhältnisse. Weiterhin können sich Bedarfskennwerte in
Abhängigkeit vom verwendeten Rechenverfahren unterscheiden.
Bei der Übernahme von Bedarfskennwerten aus der Literatur ist jeweils zu überprüfen, ob sie für
die geplante Anwendung geeignet sind (zutreffende Gebäude- und Nutzungsart, übereinstimmende
Systemgrenzen usw.).
Verbrauchskennwerte sind stets das Ergebnis einer Verbrauchsmessung für den Aufwand an Nutzoder vorzugsweise Endenergie. Der Primärenergieverbrauch kann nur rechnerisch über normierte
bzw. spezifische Primärenergiefaktoren5 aus dem Endenergieverbrauch ermittelt werden.
Insbesondere der Endenergieverbrauch stellt eine IST-Größe dar, die regelmäßig zu erfassen und
auszuwerten ist. Bei Verbrauchskennwerten sind u. a. Art und Umfang einer Bereinigung (zeitlich,
örtlich, in Bezug auf die Witterung/das Klima) anzugeben – siehe hierzu auch Kapitel 4.7.
Ein Vergleich von Bedarfs- und Verbrauchskennwerten im Sinne eines SOLL-IST-Vergleiches ist nur
dann sinnvoll, wenn die Systemgrenzen, Randbedingungen sowie Art und Umfang erfasster
Energiedienstleistungen übereinstimmen, siehe hierzu auch Kapitel 4.4.
Bei mittleren Verbrauchskennwerten ist zudem darauf zu achten, ob das arithmetische Mittel aus
mehreren Perioden (vgl. Energieverbrauchsausweis nach aktuell gültiger EnEV) oder der Modalwert
von mehreren gemessenen Kennwerten (vgl. VDI 3807 [2]) gebildet wurde.
4.3 Nettokennwerte versus Bruttokennwerte
Im Zusammenhang mit dem Ziel, Gebäude mit ausgeglichener oder positiver Energiebilanz zu
realisieren, können Nettokennwerte6 gebildet werden. Sie charakterisieren u. a. die energetische
Qualität von net zero energie buildings (NetZEBs). Anzugeben ist jeweils, welche Größen unter
Beachtung welcher Randbedingungen und Systemgrenzen in die Bilanz einfließen. Bei
Nettokennwerten wird i.d.R. ein jährlicher Aufwand an Energie einem jährlichen Gewinn bzw. einer
jährlichen Erzeugung an Energie (zumeist aus erneuerbarer Energie) gegenübergestellt. Dies ist
aus Gründen der Vergleichbarkeit auf Basis Primärenergie sinnvoll. Es wird vorgeschlagen, sowohl
Aufwand als auch Erzeugung weiterhin als erkennbare Teilgrößen in Form von Bruttokennwerten
anzugeben, z. B. NetZEB -10/+10 kWh/m²a bzw. NetZEB -100/+100 kWh/m²a. Damit können
auch Gebäude mit positiver Primärenergiejahresbilanz dargestellt werden, z. B. Plus-Energie-Haus7
+10 (-10/+20) kWh/m²a.
4.4 Art und Umfang erfasster Energiedienstleistungen
Energiekennwerte unterscheiden sich hinsichtlich Art und Umfang erfasster Energiedienstleistungen
im Sinne der einen jeweiligen Energieaufwand verursachenden Größen. Es ist anzugeben bzw. zu
prüfen, welche der nachstehend genannten Energiedienstleistungen berücksichtigt wurden und
damit im Bedarfs- oder Verbrauchskennwert enthalten sind:
5 Der Zeitpunkt der Berechnung ist zu dokumentieren, da insbesondere Primärenergiefaktoren für Strom einer
dynamischen Entwicklung unterliegen.
6 im deutschen Sprachraum noch nicht etabliert
7 http://www.bmvbs.de/SharedDocs/DE/Artikel/B/plus-energie-haus-bauen-fuer-die-zukunft.html
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 Raumheizung,
 Trinkwassererwärmung,
 Raumkühlung,
 Be-/Entfeuchtung,
 Be-/Entlüftung,
 Hilfsenergie (u. a. für Pumpen),
 Beleuchtung (Kunstlicht),
 sonstige, bisher von der EnEV nicht berücksichtigte gebäudebedingte Größen (z. B. Aufzüge und
Rolltreppen, Sicherheitstechnik und sonstige zentrale Dienste),
 sonstiger nutzer- und nutzungsbedingter Energieaufwand, allgemein (u. a.
Individualbeleuchtung, Haushaltsgeräte, EDV),
 sonstiger nutzer- und nutzungsbezogener Energieaufwand, spezifisch für ausgewählte
Nutzungszonen (u. a. Produktion, Kantine, Rechenzentrum).
Eine zusammenfassende Darstellung der Bilanzierung und Bewertung von Energiedienstleistungen
im Nichtwohnungsbau und im Wohnungsbau enthält der Anhang.
Bei erweiterten Betrachtungen werden ggf. auch folgende Aspekte in die Bildung und Interpretation
von Kennwerten einbezogen:
 Aufwand an (Primär-)Energie für die Herstellung, Errichtung, Instandhaltung und ggf.
Entsorgung des Gebäudes über einen definierten Betrachtungszeitraum,
 Aufwand an Energie für die Mobilität der Bewohner/Nutzer des Gebäudes.
4.5 Gesamtkennwerte versus Teilenergiekennwerte
Energiebedarfs- und Verbrauchskennwerte können entweder als Gesamt- oder
Teilenergiekennwerte angegeben werden. Bei Gesamtenergiekennwerten sind Randbedingungen
und Systemgrenzen sowie insbesondere Art und Umfang erfasster Energiedienstleistungen
anzugeben bzw. zu beachten – siehe auch Kapitel 4.4.
Teilenergiekennwerte lassen sich für den Bedarf oder Verbrauch je Endenergieträger und/oder je
Energiedienstleistung und/oder je Zone darstellen und nutzen. Dabei können
Energiedienstleistungen auch in verschiedenen Zonen bzw. Teilflächen eines einzelnen Gebäudes
erbracht sowie separat dargestellt und beurteilt werden. Zur Handhabung von
Teilenergiekennwerten wird die Anwendung einer Energiematrix empfohlen (siehe Kapitel 6.1).
Teilenergiekennwerte, in diesem Kapitel „thermische Teilkennwerte“ genannt, können noch in
einem weiteren, von der obigen Beschreibung abweichenden Anwendungsfall zum Einsatz kommen.
So schlägt VDI 3807 Blatt 5 (Entwurf) [4] eine alternative Herangehensweise für die energetische
Beurteilung von Gebäuden vor (Abbildung 5). Hintergrund dieser Herangehensweise ist der
Versuch, die technischen Eigenschaften der Heizungstechnik in die Bewertung einfließen zu lassen,
um innerhalb gleichartiger Gebäudegruppen (Gebäudetypen, z. B. Verwaltungsgebäude) eine
bessere Vergleichbarkeit zu ermöglichen.
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Abb. 5:
Kennwerte zur Beschreibung der
Qualität der Energieumwandlung
nach VDI 3807 Blatt 5 (Entwurf)
[4]
Abbildung 6 liefert eine Entscheidungshilfe, wie durch Anwendung von thermischen Teilkennwerten
auf gebäudebezogene thermische Gesamtkennwerte geschlossen werden kann. Im Sinne der VDI
3807 Blatt 5 (Entwurf) wird ein thermischer Teilkennwert zur Beschreibung der energetischen
Qualität der Energieumwandlungskette herangezogen. So definieren diese Kennwerte
beispielsweise die Höhe der Erzeugungs- oder Verteilungsverluste sowie den
Trinkwarmwasserbedarf. Lässt sich ein Gebäude einer Gebäudegruppe nach VDI 3807 Blatt 2
(Entwurf) eindeutig zuordnen, können gemessene Gesamtverbräuche mit den in Blatt 2 genannten
Referenzkennwerten (thermische Gesamtkennwerte) direkt verglichen werden. Bei abweichenden
Gebäudetypen und vor allem, wenn in diesem Fall nur ein Hauptzähler vorhanden ist, ist kein
direkter Vergleich mit den Referenzkennwerten (thermische Gesamtkennwerte) der VDI 3807 Blatt
2 möglich. Um dies doch zu ermöglichen, wird der rechnerische Umweg mit thermischen
Teilkennwerten nach Blatt 5 vorgeschlagen. Wird hierzu der Zählerstand des Hauptzählers
mindestens monatlich erfasst und sind idealerweise Unterzähler vorhanden, die monatlich
ausgelesen werden, besteht die Möglichkeit, die Effizienz von Wärmeerzeugern und die anteiligen
außentemperaturunabhängigen Verbräuche für die Warmwasserbereitung zu ermitteln. Dadurch
kann eine Bereinigung des gesamten thermischen Endenergieverbrauchs durchgeführt und somit
der Vergleich des betrachteten Gebäudes mit den Referenzkennwerten (thermische
Gesamtkennwerte) nach Blatt 2 ermöglicht werden.
Abb. 6:
Vorgehensweise für die Analyse
von Messwerten bei
Einzelgebäuden, nach VDI 3807
Blatt 5 (Entwurf) [4]
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Im Rahmen dieses Artikels wird der Begriff Teilenergiekennwert im Unterschied zur VDI 3807 Blatt
5 in der weiteren Darstellung ausschließlich mit folgender Bedeutung weiterverwendet:
Differenzierung des Energieaufwands bzw. der Energieverbräuche nach Teilflächen bzw.
Nutzungszonen des betrachteten Gebäudes. Somit ist. u. a. eine Abschätzung des
Gesamtenergiebedarfs (z. B. Endenergie) über die Zusammenfassung von Teilenergiekennwerten
einzelner Nutzungszonen möglich.
4.6 Verwendungszweck
Insbesondere bei Bedarfskennwerten hat der Verwendungszweck einen Einfluss auf die
Aussagekraft des Kennwerts. Die Ermittlung im Rahmen eines öffentlich rechtlichen Nachweises
gemäß aktueller Energieeinsparverordnung basiert auf normierten Randbedingungen, normiertem
Nutzerverhalten, normierten Standort- und Klimafaktoren sowie normierten Primärenergiefaktoren.
Je nach Berechnungsgrundlage und -methode können Unterschiede auftreten, z. B. zwischen
Berechnungsergebnissen nach DIN 4108 in Kombination mit DIN 4701 und nach DIN V 18599.
Die Ermittlung von Bedarfskennwerten im Rahmen einer verbrauchsnahen Vorhersage kann auf
spezifischen Werten u. a. für das Nutzerverhalten, das Klima oder die Primärenergiefaktoren
beruhen. Unterschiedlichste Kombinationen und Mischformen sind denkbar.
Im Zusammenhang mit der Ermittlung von Energieverbrauchskennwerten für öffentlich rechtliche
Energieausweise gelten spezifische Regelungen. Zur Ermittlung des Energieverbrauchskennwertes
im Rahmen des Energieverbrauchsausweises nach aktuell gültiger EnEV ist beispielsweise nach den
durch das BMVBS veröffentlichten Reglungen für die Ermittlung der Energieverbrauchskennwerte
zu verfahren.8
4.7 Art, Umfang und Grundlagen einer Bereinigung
Insbesondere Energieverbrauchskennwerte können einer zeitlichen und/oder Standort- und
Witterungsbereinigung unterzogen werden. Bei einer zeitlichen Bereinigung werden
Energieverbrauchskennwerte einer Messperiode i.d.R. auf ein Kalenderjahr umgerechnet.
Zusätzlich ist zu beachten, ob und welche Anteile direkt abhängig vom Witterungsverlauf sind. Bei
der Umrechnung von Energiekennwerten für die Raumheizung ist dies zu beachten (siehe auch
[2]).
Witterungsabhängige Energiekennwerte (z. B. für Raumheizung) können von den spezifischen
Witterungsbedingungen auf durchschnittliche Witterungsbedingungen am Standort umgerechnet
werden. Art der Umrechnung (auf Basis von Gradtagszahlen oder Heizgradtagen, eine Umrechnung
ist möglich) sowie die Quelle für die durchschnittlichen Witterungsbedingungen (z. B.
Testreferenzjahr oder Messstation) sind zu benennen. Insbesondere bei einem EnergieeinsparContracting sind Art und Methode der Witterungsbereinigung zu fixieren. 9
8 Vgl.
9 http://www.dwd.de/klimafaktoren
http://www.iwu.de/downloads/fachinfos/energiebilanzen/#c203 (Gradtagszahlen)
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Es ist möglich, die für einen Standort ermittelten Energiekennwerte auf die Witterungsbedingungen
an einem anderen Standort bzw. an einem normierten Einheits- bzw. Durchschnittsstandort
umzurechnen. Dies ist u. a. die Vorgehensweise der EnEV im Rahmen der Erstellung von
Kennwerten für den Energieverbrauchsausweis.
Bei der Ermittlung von Energiekennwerten sind längere Leerstände angemessen zu berücksichtigen
bzw. anzugeben.
4.8 Bezugsgrößen
Der Aufwand an Nutz-, End- oder Primärenergie kann neben dem Bezugszeitraum (i.d.R. ein
Kalenderjahr) auf unterschiedliche Größen bezogen werden. Die Wahl sinnvoller Bezugsgrößen wird
durch die jeweilige Gebäude- und Nutzungsart und den Verwendungszweck beeinflusst.
Flächen
Üblich ist der Bezug auf Flächen. Zur Vermeidung von Missverständnissen schlägt die VDI 3807
zwar die generelle Verwendung der Nettogrundfläche als Bezugsgröße vor, dennoch gelangen
unterschiedlichste Flächenkennwerte zur Anwendung.
Es ist zu unterscheiden zwischen der
 BGF (Brutto-Grundfläche) nach DIN 277 und ihrer Unterteilung in a-, b-, c-Bereiche,
 NGF (Netto-Grundfläche) nach DIN 277 (Bezug für Nichtwohngebäude gemäß EnEV 2009),
 Wohnfläche nach Wohnflächenverordnung,
 vermietbare Fläche,
 Energiebezugsfläche AN gemäß EnEV 2009,
 Wohnfläche nach EnEV 201310,
 Energiebezugsfläche gemäß Definition in der Schweiz,
 beheizten Wohn- bzw. Nutzfläche.
Zudem wird empfohlen, sowohl die Art der verwendeten Bezugsfläche zweifelsfrei anzugeben als
auch generell zur Vermeidung von Verwechslungen, die Energiekennwerte parallel auf BGF und
NGF zu beziehen und beide Werte anzugeben. Prinzipiell besteht auch die Möglichkeit,
Bezugsflächen ineinander umzurechnen, wie die beiden folgenden Beispiele zeigen:
10
Nach der Novellierung der Energieeinsparverordnung (voraussichtlich EnEV 2013) sind zukünftig
Pflichtangaben in Immobilienanzeigen bereitzustellen. Für Wohngebäude ist der Endenergiebedarf hierzu auf
die Wohnfläche zu beziehen. Sind Energieausweise verfügbar, die vor Inkrafttreten der Novelle ausgestellt
wurden, sind die Endenergiekennwerte umzurechnen. Liegen keine Angaben zur tatsächlichen Wohnfläche
vor, gibt die EnEV 2013 Umrechnungsfaktoren vor. Energieausweise für Wohngebäude, die nach
Inkrafttreten der Novelle ausgestellt werden, enthalten den Wohnflächenbezug bereits. Sofern im
Heizenergiekennwert keine Trinkwarmwasserbereitung enthalten ist, ist dieser nach EnEV 2013 vor der
Umrechnung auf die Wohnfläche um 20 kwh/m²a bezogen auf die Nutzfläche zu erhöhen
(vgl. http://www.bmvbs.de/cae/servlet/contentblob/103840/publicationFile/70437/enev-nicht-amtlichelesefassung-06-02-2013.pdf). Kritisch ist von den Autoren anzumerken, dass diese Kennwerte die Summe
unterschiedlicher Endenergieträger, wie z. B. Erdgas und Strom, enthalten können (siehe Ausführungen in
Kapitel 4.1).
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Beispiel 1
Umrechnungsfaktoren im Rahmen der Regelung für Energieverbrauchskennwerte nach aktuell
gültiger EnEV im Nichtwohnungsbau:
Umrechnungsfaktoren für
BWZK
Ziffer
Gebäudekategorie
HNF
NF
NGF
BGF
1100
Parlamentsgebäude
1,97
1,54
1,00
0,85
1200
Gerichtsgebäude
1,68
1,41
1,00
0,83
1300
Verwaltungsgebäude
1,71
1,40
1,00
0,85
1312
Ämtergebäude
1,64
1,38
1,00
0,84
1315
Finanzämter
1,62
1,41
1,00
0,85
1320
Verwaltungsgebäude (höhere techn. Ausst.)
1,75
1,33
1,00
0,86
1340
Polizeidienstgebäude
1,78
1,38
1,00
0,84
1342
Polizeiinspektionen, Kommissariate, …
1,76
1,40
1,00
0,83
1350
Rechenzentren
1,73
1,54
1,00
0,88
2000
Gebäude für wissenschaftliche Lehre
1,74
1,56
1,00
0,88
2100
Hörsaalgebäude
1,91
1,64
1,00
0,88
2200
Institutsgebäude für Lehre und Forschung
1,70
1,54
1,00
0,89
Tab. 3: Flächenumrechnungsfaktoren zur Berechnung der Energiebezugsfläche im Nichtwohnungsbau nach den
„Regeln zur Ermittlung von Energieverbrauchskennwerten“ (Quelle: [11])
Beispiel 2
Umrechnungsfaktoren nach VDI 3807:
Gebäudeart
HNF [%]
Grundschulen
59
NF [%]
66
NGF [%]
WF [%]
89
BGF [%]
100
Gymnasien
54
100
Berufliche Schulen
62
100
Verwaltungsgebäude
48
61
87
100
Altenwohnheime
43
60
87
100
Kindertagesstätten
62
100
Bibliotheken
54
100
Sporthallen
68
100
Ein-/Zweifamilienhäuser
71
100
Geschosswohnhäuser
59
100
Tab. 4: Umrechnungsmöglichkeiten nach VDI 3807 (Quelle: [2])
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Es wird darauf verwiesen, dass die Bezugsfläche hier nicht im engeren Sinne als Fläche zu
interpretieren ist. Vielmehrt handelt es sich um ein funktionales Äquivalent bzw. eine
Nutzungseinheit, die über eine Nutzungsart und Nutzungsintensität weiter zu definieren ist (z. B. 1
m² Grundschule, genutzt von 08.00 – 16.00 Uhr)
Volumen
Bei Gebäuden mit überdurchschnittlichen Raumhöhen ist ein Bezug auf das Volumen sinnvoll. Es
kann unterschieden werden zwischen umbauten Raum und dem beheizten Raumvolumen in m³.
Sonstige Möglichkeiten
Für besondere Gebäude- und Nutzungsarten können spezifische Bezugsgrößen verwendet werden
(m² Schwimmbadoberfläche, Krankenhausbett, Arbeitsplatz, Umsatz usw.). Deutlich wird ein
Übergang zu Bezugsgrößen, die in einem starken Bezug zur Nutzung stehen.
Nutzungsart und Nutzungsintensität wirken sich stark auf den Energieaufwand aus. Zusätzlich zu
den bereits genannten Möglichkeiten kann der Energieaufwand daher zusätzlich u. a. auf folgende
Größen bezogen werden:
 Bewohner bzw. Nutzer
 Vollbenutzungsstunden
 Personenbenutzungsstunden
4.9 Zusammenfassung und Hinweise auf Arbeitshilfen
Die vorangegangen Kapitel zeigen deutlich, dass Energiekennwerte sehr gut geeignet sind, um die
energetischen Eigenschaften von Gebäuden kompakt und präzise zu beschreiben. Voraussetzung
hierfür ist allerdings die vollständige Dokumentation zu nutzender Energiekennwerte. Findet dies
nur unvollständig oder gar nicht statt, sind Fehlinterpretationen und Missverständnisse
unvermeidbar. Kapitel 6 liefert in Form einer Energiematrix und übersichtlicher Checklisten
Hilfsmittel zur Vermeidung möglicher Fehler.
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5. Emissionskennwerte
Emissionskennwerte gewinnen für eine Darstellung von Wirkungen auf die globale und lokale
Umwelt im Zusammenhang mit der Bewertung der ökologischen Qualität, der
Nachhaltigkeitsbewertung sowie der Nachhaltigkeitsberichterstattung an Bedeutung. Bei der
Bildung und Interpretation derartiger Kennwerte müssen Randbedingungen, Systemgrenzen und
Datengrundlagen beachtet bzw. detailliert beschrieben und angegeben werden.
Besonders häufig werden Emissionskennwerte im Zusammenhang mit der Darstellung der Emission
klimarelevanter Gase verwendet. Auf diese wird hier eingegangen. Die Ermittlung und
Interpretation weiterer Emissionskennwerte, z. B. für Luftschadstoffe, ist möglich.
Nachstehende Ausführungen konzentrieren sich auf die Darstellung von Emissionskennwerten für
klimarelevante Gase für die Nutzungsphase mit einem Ausblick auf lebenszyklusbezogene
Betrachtungen.
5.1 Zusammenhang zwischen Energiekennwerten und
Emissionskennwerten
Grundlage für die Ermittlung von Emissionskennwerten sind grundsätzlich Nutz- oder
Endenergiekennwerte. Typisch ist die Verwendung von Endenergiekennwerten.
Nutzenergiekennwerte müssen entweder in Endenergiekennwerte umgerechnet oder mit
nutzenergie- und anlagenspezifischen Emissionsfaktoren verknüpft werden.
Grundsätzlich gelten für die Emissionskennwerte alle Hinweise zu den Systemgrenzen,
Randbedingungen, Bezugsgrößen usw., wie sie für die Energiekennwerte in Kapitel 4 beschrieben
wurden. Art und Umfang der ergänzenden Informationen zum Kennwert sind daher zunächst
identisch. Besonderheiten von Emissionskennwerten, die über dies hinausgehen werden in den
Kapiteln 5.2 und 5.3 erläutert – vgl. hierzu auch die Checklisten in Kapitel 6.
Emissionskennwerte können in folgender Form auftreten:
Emissionskennwert
=
Emissionsmenge
Bezugsgröße x Bezugszeitraum
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5.2 CO2-Kennwerte versus CO2-Äquivalent-Kennwerte
Kennwerte zur Beschreibung und Bewertung von CO 2-Emissionen können danach unterschieden
werden, ob sie sich entweder auf CO2-Emissionen konzentrieren oder die Emissionen weiterer
klimarelevanter Gase einbeziehen. Bei einer Einbeziehung von klimarelevanten Gasen
(Treibhausgasen bzw. Kyotogasen) werden diese in CO2-Äquivalente umgerechnet und
zusammengefasst. Die folgenden Treibhausgase werden durch das Kyoto-Protokoll geregelt:
Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4), Distickstoffoxid (N2O), teilhalogenierte Kohlenwasserstoffe
(HFKW), perfluorierte Kohlenwasserstoffe (FKW) und Schwefelhexafluorid (SF6). Neben diesen
Treibhausgasen sind Stoffe wie Stickoxide (NOX), Kohlenmonoxid (CO) und flüchtige organische
Verbindungen (NMVOC) treibhauswirksam.
Bei der Nutzung von Emissionsfaktoren für CO2-Äquivalente ist zu untersuchen bzw. darzustellen,
welche Emissionen unter Nutzung welcher Umrechnungsfaktoren in die Ermittlung einflossen. 11
Insbesondere die Emissionsfaktoren für Strom unterliegen einer hohen zeitlichen Dynamik. Es ist
daher anzugeben, mit welchen Daten aus welchem Jahr gerechnet wurde. 12
5.3 Art und Umfang der Einbeziehung von Vorketten
Sowohl CO2- als auch CO2-Äquivalent-Kennwerte können entweder die Emissionen am Ort des
unmittelbaren Brennstoffeinsatzes am Gebäude bzw. der Erzeugung von Nah- oder Fernwärme
(ohne energetische und stoffliche Vorketten) oder zusätzlich die Emissionen infolge der
energetischen und stofflichen Vorketten umfassen.13
5.4 Verhältnis zu GWP und carbon footprint
Die Angabe von CO2-Äquivalenten entspricht der Wirkungskategorie global warming potential
(GWP) / Treibhauseffekt einer Ökobilanzierung. Üblich ist die Verwendung von Daten zum GWP
10014. Es existiert eine inhaltliche Nähe zum carbon footprint. Mit der Beschreibung des GWP in
der Nutzungsphase entsteht ein partial carbon footprint als Teilaussage.
5.5 Durchschnittliche versus spezifische Emissionsfaktoren
In Tabelle 5 ist die Entwicklung der Emissionsfaktoren von 1990 bis 2010 erkennbar. So ist
beispielweise der Emissionsfaktor zum CO2-Äquivalent für den deutschen Strommix von 1990 bis
2010 um 148 g/kWh auf 620 g/kWh gesunken. Erneut wird daher auf die zeitliche Dynamik
derartiger Werte und auf die Notwendigkeit der Angabe eines Betrachtungszeitpunktes
hingewiesen. Alternativ zu Durchschnittswerten oder Rechengrößen existieren insbesondere für
11 Vgl. http://www.ago.ag/files/deeagt-services-emissionadvice-list-document.pdf,
http://www.iwu.de/fileadmin/user_upload/dateien/energie/werkzeuge/kea.pdf,
http://www.delta-q.de/export/sites/default/de/downloads/anlage_zum_hessischen_energiepass.pdf,
http://www.gemis.de/files/doku/gemis44thg_emissionen_fossil.pdf,
http://www.probas.umweltbundesamt.de/php/themen.php?
12 http://www.umweltbundesamt.de/energie/archiv/co2-strommix.pdf
13 http://www.kea-bw.de/service/emissionsfaktoren/, http://www.umweltdaten.de/publikationen/fpdfl/3476.pdf
14 Bezugszeitraum
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Strom, Nah- und Fernwärme spezifische Werte, die unmittelbar bei den Erzeugern abzufragen sind
bzw. Datensammlungen entnommen werden können.
Energieträger
Gesamte CO2-äquivalente Emissionen (einschl. Vorkette) in g/kWh
1990
1995
2000
2005
2010
Braunkohle-Brikett
408
408
408
408
408
Erdgas
254
254
254
254
254
Fernwärme (Mix D)
263
263
263
263
263
Flüssiggas
278
278
278
278
278
Heizöl EL
317
317
317
317
317
Holzhackschnitzel
9
9
9
9
9
Koks
405
405
405
405
405
Rohbraunkohle
394
394
394
394
394
Steinkohle
446
446
446
446
446
Stadtgas
158
158
158
158
158
768
697
633
626
620
24
24
24
Elektroenergie Strommix
D
Strom aus fester
Biomasse
Tab. 5: Endenergiebezogene CO2-äquivalent-Emissionsfaktoren (Quelle: [12])
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6. Hilfsmittel
Die folgenden Hilfsmittel werden vorgeschlagen, um Systemgrenzen, Eigenschaften und
Randbedingungen von Kennwerten transparent darzustellen, zu interpretieren und mögliche
Fehlerquellen auszuschließen.
6.1 Hilfsmittel zur Erfassung des Energieverbrauchs
(Energieaufwandsmatrix)
Zur Auswertung und Interpretation gemessener Verbrauchswerte ist eine geeignete Strukturierung
erforderlich. Von den Autoren wird empfohlen, dies unter Nutzung einer hierfür entwickelten
„Energieaufwandsmatrix“ durchzuführen. Dabei werden Energieverbräuche, die in Zusammenhang
mit verschiedenen Energiedienstleistungen (ED), wie z. B. Heizung (H), Kühlung (KE), Beleuchtung
(B) etc. entstehen, verschiedenen Nutzungszonen zugeordnet (Tabelle 6).
Tab. 6: Beispielhaftes Schema einer Energieaufwandsmatrix für Endenergie in einem Bürogebäude (Quelle:
Darstellung der Autoren, in Anlehnung an [13])
In der hier dargestellten Energieverbrauchsmatrix lassen sich Teilenergieverbräuche (z. B. Heizung
für Zone 1) eintragen und Summen bilden. Teilenergieverbräuche, die nicht direkt messtechnisch
erfasst wurden, lassen sich durch Markieren („Ankreuzen“) qualitativ zuordnen. Bei der in Tabelle 6
dargestellten Endenergieaufwandsmatrix werden Energiedienstleistungen möglicherweise von
verschiedenen Endenergieträgern erbracht, so dass Energiedienstleistungen mehreren
Endenergieträgern (Spalten in der Tabelle) zuzuordnen sind. Summenbildungen sind nur innerhalb
der Endenergieträger (z. B. Gesamtverbrauch Heizöl EL) sinnvoll und zulässig.
6.2 Checkliste für Energie- und Emissionskennwerte
Die folgende Checkliste (Tabelle 7) soll anhand der vorangegangenen Ausführungen für
Energiekennwerte den Anwender unterstützen, schnell prüfen zu können, ob ein Energiekennwert
den Mindestumfang notwendiger Angaben enthält:
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Checkliste für Energiekennwerte

????

Gesamt- oder Teilenergiekennwert

Gebäudetyp

Nutz-, End- oder Primärenergie

Energieträger bei Endenergie

Energiedienstleistung

Zone bei Teilenergiekennwert

Bedarf geschätzt oder berechnet

Verbrauch geschätzt oder gemessen

Rechenverfahren und Hersteller/Version der Software

Witterungs- und Standortbereinigung durchgeführt

Trinkwarmwasser enthalten

Bezugsgröße

Bezugszeitraum

Brutto- oder Nettoenergiekennwert
Tab. 7: Mindestumfang notwendiger Angaben bei Energiekennwerten (eigene Darstellung)
Die folgende Checkliste (Tabelle 8) soll anhand der vorangegangenen Ausführungen für
Emissionskennwerte den Anwender unterstützen, schnell prüfen zu können, ob ein
Emissionskennwert den Mindestumfang notwendiger Angaben enthält:
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Checkliste für Emissionskennwerte

????

Gebäudetyp

Energiedienstleistung

CO2 oder CO2-Äquivalent

Energiebezug (Nutz- oder Endenergie)

energetische und stoffliche Vorketten enthalten

Quelle und Stand des zugrundeliegenden Emissionsfaktors

zugrundeliegender Bedarf geschätzt oder berechnet

zugrundeliegender Verbrauch geschätzt oder gemessen

Rechenverfahren und Hersteller/Version der Software

Witterungs- und Standortbereinigung durchgeführt

Trinkwarmwasser enthalten

Bezugsgröße

Bezugszeitraum
Tab. 8: Mindestumfang notwendiger Angaben bei Emissionskennwerten (eigene Darstellung)
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7. Ausblick
Die vorliegende Veröffentlichung soll der Bau-, Wohnungs- und Immobilienwirtschaft einerseits
transparent und nachvollziehbar die notwendigen Hintergrundinformationen zum sicheren Umgang
mit Kennwerten und andererseits in der Praxis handhabbare Checklisten an die Hand geben.
Der konsequente Einsatz der vorgestellten Hilfsmittel, insbesondere der Energiematrix und der
Checklisten, wird helfen, Missverständnisse und Fehlinterpretationen zu vermeiden. Die Autoren
plädieren dafür, den Einsatz dieser Hilfsmittel nachdrücklich voranzutreiben.
In einem weiteren Schritt wird es notwendig sein, den beteiligten Akteuren ein Gefühl für die
auftretenden Größenordnungen von Energie- und Emissionskennwerten zu vermitteln. Hierzu soll
diese Veröffentlichung um einen zweiten Teil ergänzt werden, der konkrete Kennwerte liefert.
Unabhängig von komplexen, zeitaufwendigen Berechnungsverfahren, wie sie beispielsweise in der
aktuellen Energieeinsparverordnung angewendet werden, sollen u. a. Teilenergiekennwerte für
Nutzungszonen und Energiedienstleistungen angeboten werden. Somit soll dem Planer bereits in
frühen Planungsphasen die Möglichkeit gegeben werden, den Energiebedarf des geplanten
Gebäudes mit der Auswahl und Zusammenstellung von Teilenergiekennwerten hochzurechnen
(„Kennwerte-Baukasten“).
Haushaltsstrom im Wohnungsbau, elektrischer Energiebedarf für die allgemeine Haustechnik (wie
z. B. Aufzüge) im Wohnungs- und Nichtwohnungsbau sowie für nutzerspezifische IT-Technik
werden in der aktuellen Energieeinsparverordnung nicht berücksichtigt. Es ist davon auszugehen,
dass dies auch in der erwarteten Novelle der Energieeinsparverordnung nicht der Fall sein wird. 15
Damit werden voraussichtlich auch die Bilanzgrenzen der zugrundeliegenden Berechnungsmethoden nicht erweitert. Zur Planung von Gebäuden mit ausgeglichener oder positiver
Energiebilanz ist dies jedoch unerlässlich. So werden beispielsweise im „Energie- und CO2-Bericht
Bundesliegenschaften 2012“16 als Handlungsempfehlungen zur Reduzierung des elektrischen
Energiebedarfs und der damit verbundenen Emissionen neben dem Einsatz tageslicht- und
präsenzgesteuerter Beleuchtungstechnik der Einsatz hocheffizienter IT-Technik bei Erstanschaffung
und Ersatz empfohlen. Eine Erfolgskontrolle wird jedoch letztlich nur möglich sein mit plausibler
Zuordnung zur jeweils vorgeschlagenen Verbesserungsmaßnahme durch die Erweiterung und
Angleichung der Bilanzgrenzen einerseits für die realitätsnahe Verbrauchsvorhersage und
andererseits für das spätere Energieverbrauchsmonitoring im laufenden Gebäudebetrieb.
15 http://www.bmvbs.de/cae/servlet/contentblob/103840/publicationFile/70758/enev-nicht-amtlichelesefassung-06-02-2013.pdf
16http://www.bbsr.bund.de/nn_321348/BBSR/DE/Bauwesen/EnergieKlima/Energiebeauftragter/Berichte/Energi
ebericht2012,
templateId=raw,property=publicationFile.pdf/Energiebericht2012.pdf
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Anhang
Energetische Bilanzierung und Bewertung im Nichtwohnungsbau (eigene Darstellung)
Bewertungsebene
Bilanzgrenzen
Bewertungsumfang für Nichtwohngebäude
Hilfsenergie
fest eingebaute
(Strom)
Beleuchtung
O
O
O
O
O
X
X
X
O
O
O
berücksichtigt in...
Primärenergie
O
O
X
O
Trinkwarmwasserbereitung
O
O
X
O
Endenergie
X
X
X
O
X
X
X
O
X
X
O
X
X
X
O
X
X
X
O
O
X
O
▲
X
X
O
EnEV2
Passivhaus Projektierungs Paket
Netto-Null-Energie-Standard
Plus-Energie-Haus-Niveau
Nutzenergie
X
O
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
▲
X
X
X
EnEV2
Passivhaus Projektierungs Paket3
Netto-Null-Energie-Standard4
Plus-Energie-Haus-Niveau5
Raumheizung
X
O
▲
Kühlung
O
X
O
allgemeine
Haustechnik
▲
O
X
O
EnEV
Passivhaus Projektierungs Paket
Netto-Null-Energie-Standard
Plus-Energie-Haus-Niveau
Haushaltsgeräte
2
1,2
wird in der Bilanzierung berücksichtigt
gilt zusätzlich als höchstzulässiger Anforderungswert
im Energiekonzept nicht vorgesehen
im Gebäude i.d.R. vorhanden, aber nicht bewertet
) aktuelle Energieeinsparverordnung 2009
3
) www.passivhaus.de
4
) vgl. Voss, K., Musall, E., 2011 [16]
5
) www.bmvbs.de
Energetische Bewertung im Wohnungsbau (eigene Darstellung)
Bewertungsebene
Bilanzgrenzen
Bewertungsumfang für Wohngebäude
Hilfsenergie
fest eingebaute
(Strom)
Beleuchtung
O
O
▲
O
O
X
X
X
O
O
O
berücksichtigt in...
Primärenergie
O
O
X
O
Trinkwarmwasserbereitung
O
O
X
O
Endenergie
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X
X
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X
X
X
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X
X
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X
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O
▲
X
X
O
▲
O
X
O
▲
X
X
O
EnEV1
Passivhaus Projektierungs Paket
Netto-Null-Energie-Standard
Plus-Energie-Haus-Niveau
Nutzenergie
X
O
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
▲
X
X
X
▲
X
X
X
▲
X
X
X
EnEV1
Passivhaus Projektierungs Paket3
Netto-Null-Energie-Standard4
Plus-Energie-Haus-Niveau5
Raumheizung
X
O
▲
Kühlung
wird in der Bilanzierung berücksichtigt
gilt zusätzlich als höchstzulässiger Anforderungswert
im Energiekonzept nicht vorgesehen
im Gebäude i.d.R. vorhanden, aber nicht bewertet
Thomas Lützkendorf und Matthias Unholzer, 23. Mai 2013
▲
O
X
O
allgemeine
Haustechnik
▲
O
X
O
EnEV
Passivhaus Projektierungs Paket
Netto-Null-Energie-Standard
Plus-Energie-Haus-Niveau
Haushaltsgeräte
1
1,2
) aktuelle Energieeinsparverordnung 2009
3
) www.passivhaus.de
4
) vgl. Voss, K., Musall, E., 2011 [16]
5
) www.bmvbs.de
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EnOB-Fachartikel, www.enob.info
Literaturhinweise
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Neumann, C.; Herkel, S.: Leitfaden für das Monitoring der Demonstrationsbauten im
Förderkonzept EnBau und EnSan. Freiburg 2006.
[2]
VDI: Energie- und Wasserverbrauchskennwerte für Gebäude - Grundlagen (2007) 3807-1.
[3]
VDI: Verbrauchskennwerte für Gebäude, Heizenergie-, Wasser- und
Stromverbrauchskennwerte (2012) 3807-2.
[4]
VDI: Energieverbrauchskennwerte für Gebäude, Teilkennwerte thermische Energie (2012)
3807-5.
[5]
Unholzer, M.; Bartels, D.; Lützkendorf, T.; Spars, G.: Energiekonzepte und ihre
Auswirkungen auf ausgewählte Nutzungskosten von EnOB-Bürogebäuden. Wien 2010.
[6]
Unholzer, M.; Bartels, D.; Lützkendorf, T.; Spars, G.: Investitions- und Baunutzungskosten
energieoptimierter Gebäude. In: DETAIL Green (2011) 02/11, S. 84–88.
[7]
DIN EN: Energieeffizienz von Gebäuden - Gesamtenergiebedarf und Festlegung der
Energiekenwerte (2008) 15603.
[8]
SIA: Energieausweise für Gebäude (2007) 2031.
[9]
DIN: Energetische Bewertung von Gebäuden (2011) 18599-1.
[10]
DIN: Energetische Bewertung heiz- und raumluftechnischer Anlagen (2003) 4701-10.
[11]
Bekanntmachung der Regeln für Energieverbrauchskennwerte im
Nichtwohngebäudebestand 2009.
[12]
Thamling, N.; Weinert, K.; Claaßen, T.: Wissenschaftliche Methodik zur Ermittlung der CO2-
Emissionen in Bundesliegenschaften im Jahr 1990, Endbericht 2012.
[13]
Leitfaden Elektrische Energie im Hochbau (LEE). Darmstadt 2000.
Thomas Lützkendorf und Matthias Unholzer, 17. Mai 2013
Seite 26 von 26