ein Instrument zur Erfassung psychischer Belastungen bei der Arbeit
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ein Instrument zur Erfassung psychischer Belastungen bei der Arbeit
AK Gesundheitsfördernde Hochschule Ilmenau, 21.6.2013 COPSOQ – ein Instrument zur Erfassung psychischer Belastungen bei der Arbeit Dr. Hans-Joachim Lincke Freiburger Forschungsstelle Arbeits- und Sozialmedizin – ffas 1 Themen heute Ausgangssituation psychische Belastungen COPSOQ (Copenhagen Psychosocial Questionnaire) Praktische Anwendung in der Kooperation Perspektive COPSOQ an Hochschulen 2 Veränderte Arbeits- und Lebensbedingungen • Psychosoziale Belastungen nehmen zu (Veränderungen der Arbeit: z.B. Entgrenzung, Flexibilisierung, s. auch Stressreport 2012) • Psychische Beschwerden (AU) nehmen zu (Fehlzeiten-Report 2012: Zahl der AU-Tage 1997-2011 mehr als verdoppelt) • Direkte und indirekte Kosten steigen (AOK: Zahl der Behandlungen 2004-2011 um 40% gestiegen, Zunahme der Behandlungskosten 2004-2011 um 1 Mrd. €; aktuell 9,5 Mrd. €/Jahr) 3 Arbeitsschutz im Betrieb Pflicht zur Gefährdungsbeurteilung (§ 5ff, ArbSchG) – Sicherheitstechnik (Normen, Checklisten) – Betriebsärztliche Untersuchung (feste Regeln) – ….aber psychische Faktoren? Wie denn, was denn und womit denn? 4 Grundprobleme • Unbestimmtheit der „psychischen Faktoren“ Was gehört überhaupt dazu? - Möglichst breite Erfassung • Zugänglichkeit der Thematik Ist die Messung psychischer Faktoren möglich? - Möglichst genau justiertes, „gutes“ Instrument 5 Fokus auf Beanspruchungen/Beschwerden Häufig messen Instrumente Gesundheit, Lebensqualität, Arbeitsfähigkeit, Persönlichkeit, Coping (z.B. SF36, GHQ, EQ5D usw.) Messung von Belastungsfolgen (Outcomes) wie Stressreaktionen, klinische Symptome, Burnout oder Coping oder Persönlichkeitsveränderung und andere Beschwerden statt Bestimmung der Einflussfaktoren am Arbeitsplatz wie Anforderungen, Unterstützungsfaktoren usw. Im übertragenen Sinn: „wo hat es gebrannt?“ statt „wo liegen leicht entzündliche Stoffe herum?“ 6 COPSOQ-Fragebogen: „unser Instrument“ 7 Anforderungen an eine „gutes Messinstrument“ nachgewiesene psychometrische Qualitäten kurz und praktikabel inhaltlich valide und umfassend eher Belastungen als Beschwerden „Gutes Instrument“ Aufzeigen von Handlungsprioritäten in umfassenden Prozess eingebunden kostengünstig Datenschutz 8 COPSOQ (Copenhagen Psychosocial Questionnaire) • Entwicklung des Fragebogens am Institut für Arbeitswissenschaft „Theoriebasiert aber nicht auf nur EINER Theorie basierend“ (Kristensen 2005) in Kopenhagen • Studie im Auftrag der BAuA (FFAS, Uni Freiburg, Uni Wuppertal, ami Kopenhagen 2003-2005) • 1. Deutsche Version • 2. Pilotstudie, Hauptstudie (N = 2.561) • 3. Prüfung Messeigenschaften (nach ISO 10075) • 4. Erstellen verkürztes Instrument www.copsoq.de 9 Belastungs- und Beanspruchungsmodell der Arbeitswissenschaft „Belastungen“ „Belastungen“ +/- „Beanspruchungen“ „Beanspruchungen“ Reaktion Reaktion Mensch Mensch Situation Situation Arbeitsplatz Arbeitsplatz +/Gesamtheit der äußeren Einflüsse (Ursachen) Persönliche Persönliche Faktoren Faktoren Gesamtheit der Folgen beim Individuum (Wirkungen) (Moderatoren) 10 COPSOQ Fragebogen (Dt. Standardversion) Anforderungen 87 Items ca. 20 Min - Quantitative Anforderungen - Emotionale Anforderungen - Anford., Gefühle zu verbergen - Work - privacy conflict Einfluss und Entwicklungsmöglichk. - Einfluss - Entwicklungsmöglichkeiten - Entscheidungsspielraum - Bedeutung der Arbeit - Verbundenheit mit Arbeitsplatz Zusätzliche Aspekte (Bp.) - Unsicherheit des Arbeitsplatzes - Präsentismus - Kundenkonflikte Soziale Beziehungen und Führung - Vorhersehbarkeit - Rollenklarheit - Rollenkonflikte - Führungsqualität - Soziale Unterstützung - Feedback - Soziale Beziehungen - Gemeinschaftsgefühl - Mobbing Belastungsfolgen (Outcomes) - Arbeitszufriedenheit - Allg. Gesundheitszustand - Burnout (ggf. kundenbezogen) - Kognitiver Stress - Lebenszufriedenheit - Gedanke an Berufsaufgabe 11 Ausprobieren? Personal Burnout Inventory (CBI) Immer (100) oft (75) manchmal (50) selten (25) nie / fast nie (0) 1. Wie häufig fühlen Sie sich müde? 2. Wie häufig sind Sie körperlich erschöpft? 3. Wie häufig sind Sie emotional erschöpft? 4. Wie häufig denken Sie: „Ich kann nicht mehr“? 5. Wie häufig fühlen Sie sich ausgelaugt? 6. Wie häufig fühlen Sie sich schwach und krankheitsanfällig? CBI-Wert = Durchschnittswert aus den Einzelwerten 12 12 Praktische Anwendung in der Kooperation 13 Durchführung im Kooperationsmodell Praxis (Betrieb) – Wissenschaft (ffas) 4. Datenanalyse 2. Hinweis auf Erhebung 1. Bereitstellung Materialien Betrieb TN TN 1 2 TN 3 3. FB per Freiumschlag Online FB mit Direkt-Feedback 7. Verbesserungsmaßnahmen ffas 5. Vergleich mit Referenzdaten Aufnahme Daten in Datenbank Datenbank: berufsgruppenspezifische Profile und Referenzwerte 6. Bericht + CD 14 Online Fragebogen www.xxx.copsoq.de **** Betrieb xxxxx 2013 *** **** Betrieb xxxx *** 10 dd.mm.yyyy Nübling, 2013 15 Individuelles Feedback in der Online-Version Für jeden der 25 Aspekte, Drucken oder Speichern. 75 55 52 17 Quantitative Anforderungen N.N. = 75, Referenzwert = 55 Emotionale Anforderungen N.N. = 17, Referenzwert = 52 16 Vergleiche, warum? Skala: Emotionale Anforderungen 100 Mittelwert (95% Konfidenz Intervall) 90 Personal Betrieb XXX 80 70 60 50 40 30 66 20 10 0 Betrieb XXX „Vergleiche anzustellen ist ein gutes Mittel, um sich sein Glück zu vermiesen.“ F. Lelord: Hectors Reise oder die Suche nach dem Glück, Lektion Nr. 1 Aber: Vergleiche bieten auch die beste Chance zur Bestimmung der eigenen Position! 17 La Te Tec nd ch hn -/F n. . B o B er er u F rst uf fe er w e: : I tig . Te ng u n D ie c e g ns W hn n ie tle a r ike ure is en r tu k e n g au tc. V V V sk fleu er er er au t w w ke fl e al al h eu tu tu r s te n n b O g, o g, F e ru rd h ü fe nu ne h ng F run / S ühr g S ic un ch h g rif erh t. /K eit un s B et Ä t r r A ie zt nä bs e s ä K th e rzt ra s e R n ke iste et n n tu p f P ng s le g hy d e A s ie rz io n th th st e l er fe a G r /- p. es an in M un d n d h . T TA en / h ei e C ts r a T b p A S e ru e ut oz fe e : n i E a la Re r Al zi rb st te e h /-p np e ä fle r/-i d. ge n n G r e ei st L /-in n e s e ne -/N hr n a t krä u r fte w i P ss. Ho rie te st l/ G Pf e r H ast a rr au s e sw tä tt r i e E rtsc n nt h so af rg t un g Mittelwert (95% Konfidenzintervall) COPSOQ Datenbank: berufsgruppenspezifische Referenzdaten (n> 100.000 Beschäftigte) Skala: Burnout (CBI) 100 90 80 70 Wert Berufsgruppe Durchschnitt COPSOQ Über Schnitt Unter Schnitt 60 50 40 30 20 39 40 36 40 38 36 45 42 42 43 40 47 37 42 48 34 41 41 48 48 48 47 44 50 42 Berufsgruppe (KdB 92) 38 37 42 49 18 42 46 10 0 Externer Berufsgruppenvergleich Anforderungen: Gesamtwerte Skalen COPSOQ (alle Berufe gesamt) 100 Orga XXX gesamt Skalenmittelwert (95% Konfidenzintervall) 90 COPSOQ DB: selbe Berufsgruppe COPSOQ -DB 80 Berufsgruppe Selbe COPSOQ DB: alle Berufe 70 60 55 52 50 46 42 40 70 69 30 20 55 47 46 45 50 41 Betrieb XXX gesamt 10 0 Quantitative Anforderungen (niedrig = pos.) Emotionale Anforderungen (niedrig = pos.) Emotionen verbergen (niedrig = pos.) Work-Privacy Conflict (niedrig = pos.) Skala 19 Interner Vergleich von Untereinheiten (15 Einheiten, Auswertung ab n>=10 Befragte) Wert Gruppe Betrieb gesamt COPSOQ gesamt Skala: Emotionale Anforderungen Mittelwert (95% Konfidenzintervall) 100 90 80 70 60 50 40 70 30 20 53 36 48 41 41 48 45 50 44 32 39 49 44 51 10 0 Einheit Einheit Einheit Einheit Einheit Einheit Einheit Einheit Einheit Einheit Einheit Einheit Einheit Einheit Einheit 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 Einheit Betrieb gesamt: eher positiv, aber sehr große interne Unterschiede der einzelnen Einheiten, deshalb eher einheitenspezifische Maßnahmen. 20 Gefährdungsbeurteilung – Einbindung in einen Prozess 1 Bericht Befragung T1 = Diagnose 2 Ergebnisse in Betrieb Analyse: Verknüpfung Maßnahmen – Belastungen (T1, T2) Erfolgsbeurteilung Maßnahmen 6 Befragung T2 = Evaluation 3 4 Interpretation Gefährdungen bestimmen Maßnahmen ableiten 5 Umsetzung Maßnahmen In Betrieb 21 Perspektive COPSOQ an Hochschulen 22 Bezug COPSOQ und Gesundheitsfördernde HS • Handlungsbedarf bei psychischer Gesundheit (Arbeitsbedingungen und ihre Folgen als Treiber) • Mehrdimensionaler Zugang zum Thema (ganzheitliches Begriffsverständnis von „Gesundheit“) • Ansatzpunkte für Maßnahmen im Zentrum (Arbeitssituation u. Individuum, Verhalten u. Verhältnisse) • Definition organisatorischer Erfolgsbedingungen (breite Beteiligung, klare Steuerung und Prozessorientierung) • Kooperation mit institutionellen Partnern (Kranken- und Unfallkassen, Berufsgenossenschaften) 23 Organisation eines Workshops zu COPSOQ (Diskussionsvorschlag) Zielsetzung Themen Ablauf Referent/innen Zielgruppe Ort Zeit Organisation Einsatz von COPSOQ im Rahmen Gesundheitsförderung/BGM an HS Psychische Belastungen und Gesundheitsförderung an HS Einbindung in BGF/BGM – organisatorische Spezifika Messung/Analyse mit COPSOQ Kurzreferate mit Diskussion Moderierter Erfahrungsaustausch Evtl. kollegiale Beratung Experte/in psychische Gesundheit an HS ffas u. Organisation mit COPSOQ‐Erfahrung Experte/in Maßnahmen BGF/BGM ab 8 Interessierten aus (gesundheitsfördernden) HS zentral gelegener Ort, ggf. an HS Okt/Nov 2013, Dauer ca. 10:30‐15:30 AK Gesundheitsfördernde HS mit ffas 24 Kontakt Dr. Hans-Joachim Lincke Dr. Matthias Nübling, Martin Vomstein, Ariane Haug Freiburger Forschungsstelle Arbeits- und Sozialmedizin – ffas Bertoldstr. 27 D-79098 Freiburg Tel: (0761) 217-28152 Fax: (0761) 83432 lincke@ffas.de www.ffas.de www.copsoq.de 25