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von Rechtsanwalt Max-Lion Keller, LL.M. (IT-Recht)
Vorsicht vor unseriösen Angeboten im Internet!
In der aktuellen Kritik vieler Verbraucherschutzeinrichtungen steht zur Zeit eine Firma namens
"ISAS" (Internet Services and Solutions à s. auch www.isa-solutions.de) - A&M Schmidtlein GbR
aus Deutschland.
Das Unternehmen betrieb noch bis vor wenigen Monaten Internetseiten, bei denen sich durch angebliche
Gratis-Angebote gelockte Internetnutzer (insbesondere auch Kinder) anmelden konnten mit der
regelmäßigen Folge, dass eine böse Überraschung in Form einer mindestens einjährigen und
kostenpflichtigen Vertragsbindung (!) droht. A. Das Lock-Domain-Imperium der Betreiber Andreas
& Manuel Schmidtlein GbR
Um nur mal eine kleine Auswahl entsprechender Lockseiten zu nennen (die mittlerweile
größtenteils rechtlich überarbeitet wurden):
http://www.sms-heute.com/
http://www.hausaufgaben-heute.com/
http://www.lehrstellen-heute.de/
http://www.steuer-heute.com/
http://www.songtexte-heute.com/
http://www.p2p-heute.com/
http://www.rauchen-heute.com
http://basteln-heute.com/
http://www.sternzeichen-heute.com/
http://www.witze-heute.com/
www.routenplanung-heute.com.
www.gedichte-heute.com
www.sternzeichen-heute.com
www.basteln-heute.com
www.tattoo-heute.com
www.sms.heute.com
www.vornamen-heute.com
www.lehrstellen-heute.com
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www.songtexte-heute.com
www.hausaufgaben.heute.com
1. Gemeinsamkeit aller oben gelisteten Domains
All diesen "Köder-Domains" war gemeinsam, dass Sie verlockend "designed" sind und auf den ersten
(wie auch zweiten) Blick nützliche Gratisinhalte für Verbraucher vorhalten. Zudem wurde dem Besucher
auch die Anmeldung für ein Gewinnsspiel, insbesondere mittels der bildlichen Darstellung einer XBOB
360, schmackhaft gemacht. Die Teilnahme an besagtem Gewinnspiel (und damit verbunden die Eingabe
persönlicher Daten wie Adressanschrift und E-Mailadresse) war zudem Pflicht, um überhaupt Zugang zu
den Inhalten gewährt zu bekommen.
Eine weitere Gemeinsamkeit: Alle genannten Seiten sind nur ein kleiner Teil des unüberschaubaren
"Domain-Imperiums" der Firma "Internet-Service ISAS - Internet Services and Solutions", die durch ihr
Geschäftsgebaren im "Graubereich" hinlänglich bekannten Andreas & Manuel Schmidtlein GbR in 64572
Büttelborn betrieben wird. Diese scheinen es sich zur Lebensaufgabe gemacht zu haben, mittels ihrer
dubiosen Geschäftspraktiken immer wieder die einschlägigen Verbraucherschutzforen im Internet auf Trab
zu halten. Mittlerweile hat sich sogar schon das Europäische Verbraucherzentrum Wien (EVZ) mit den
Gebrüdern Schmidtlein beschäftigt und sich genötigt gesehen, vor den oben genanten "zweifelhaften
Gratis-Angeboten im Internet" zu warnen.
Übrigens, wer sich zu dem Werdegang der Brüder Schmidtleins genauer informieren möchte, dem sei
folgender Link
empfohlen:"http://www.hronline.de/website/fernsehen/sendungen/index.jsp?rubrik=2654&key=standard_do
cument_12032102&seite=2#titel3"
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2. Wie funktionierte die Masche?
Wie bereits oben angesprochen, stellte die Firma A&M Schmidtlein GbR eine Vielzahl von Ködernetzen ins
Internet mit so vielversprechenden Namen wie bspw. "www.hausaufgaben-heute.com " oder etwa
www.steuer-heute.com. Das dahinter stehende Konzept war simpel - so lohnte es sich finanziell bereits,
wenn nur ein Bruchteil der Besucher der einschlägigen Websiten dazu gewonnen wird, die persönlichen
Daten im Rahmen des Anmeldeprocedere zum Gewinnspiel anzugeben. Eine Rechnung erfolgte dann
prompt...
a. Die Geschichte eines unserer Mandanten
So geschah es auch leider einem unserer Mandanten, dessen Erfahrungen mit besagter Firma einmal
exemplarisch nacherzählt werden soll:
Unser Mandant, nennen wir ihn fortan "Herr X", war auf der Suche nach Tipps für seine anstehende
Steuererklärungen und stieß dabei auf seiner Suche auf die Website www.steuer-heute.com - zumindest
dem Namen nach eine interessante Suchseite für Steuertipps, Beispiele für Steuererklärungen etc etc.
Herr X, auch angelockt durch das Gewinnspiel, ging bei den angebotenen Diensten von einem
Gratisangebot aus und gab sodann im Rahmen des Anmeldeprocedere seine persönliche Daten (inkl.
Anschrift) ein. Dabei ging er davon aus, dass die Mitteilung seiner Daten nur einem Zweck diene, nämlich
der Teilnahme an dem Gewinnspiel mit einer möglichen Prämie in Form einer XBOB 360. Sodann klickte
er auf den Anmelde-Button und erhielt Einlass...
b. Die böse Überraschung folgte...
Um es kurz zu machen: Die angebotenen Inhalte waren der Rede nicht weiter wert und wurden daher
durch "Mr. X" auch nicht weiter in Anspruch genommen. Vielmehr vergaß unser Mandant die ganze Sache
wieder - jedoch nur bis zu dem Zeitpunkt, als er eine böse Überraschung erlebte und eine Rechnung i.H.v.
84 Euro erhielt. Dieser Betrag sollte innerhalb von 7 Tagen auf das Konto der Firma A&M Schmidtlein GbR
überwiesen werden.
Unser Mandant weigerte sich die Rechnung zu begleichen. Immerhin sei ihm nicht deutlich geworden,
dass er mit seiner Zustimmung zur Nutzung des Gratisangebots über einen bestimmten Zeitraum hinaus
"automatisch" verpflichtet werden könne, einen langjährigen und zudem kostenpflichtigen Abovertrag zu
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schließen. Zudem könne die Art und Weise der Vertragsanbahnung auch zu keinem wirksamen Vertrag
geführt haben.
c. Reaktion der A&M Schmidtlein GBR
Die Firma "Firma A&M Schmidtlein GbR" berief sich ihm gegenüber auf folgende Klausel, die
wirksam Vertragsinhalt geworden wäre:
"Die Teilnahme am Gewinnspiel ist auch ohne Anmeldung mittels Postkarte möglich.
Durch Betätigung des Button »Anmelden« beauftrage ich den Betreiber von steuer-heute.com, Zugang
zum Inhalt von steuer-heute.com zu erhalten. Ihre Gratis Testzeit verändert sich nach Ablauf des heutigen
Tages (ab 24:00 Uhr) zu einem Abo zum Preis von 7 Euro incl. Mehrwertsteuer monatlich bei einer
Laufzeit von 24 Monaten mit einer jährlichen Abrechnung im Voraus, die ihnen in Rechnung gestellt wird.
Sie können die Anmeldung innerhalb von zwei Wochen widerrufen. Außerdem nehmen Sie an der
monatlichen Verlosung einer Xbox 360 teil."
Dementsprechend habe wohl unser Mandant bei seiner Anmeldung schlicht übersehen, dass die
Gratis-Testzeit nur bis Mitternacht gelten würde und sich danach automatisch in ein Abonnement mit einer
Laufzeit von 2 Jahren für monatlich 7 Euro verwandeln würde. Diese seien zudem järlic
Zudem drohte besagte Firma bei weiterer Nichtzahlung mit dem Einsatz der Strafverfolgungsbehörden.
Dies veranlasste unseren Mandanten, mit uns Kontakt aufzunehmen....
B. Rechtliche Würdigung des Ganzen
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1. Die Anmeldeprozedur des kostenpflichten ABO-Dienstes
Wie bereits oben anhand des Fallbeispiels erläutert, gelangt man an die eigentlichen "Inhalte" der
jeweiligen Lockdomains in der Regel nur über die Anmeldung zu einem (angeblichen)Gewinnspiel. Bei
dieser Anmeldung sind die persönlichen Daten einzugeben und durch das Setzen eines Häkchens die
Teilnahmebedingungen dieses Gewinnspiels zu akzeptieren. Selbstverständlich würde dabei kaum jemand
auf die Idee kommen, dass diese Teilnahmebedingungen eine Regelung beinhalten, wonach bereits nach
Ablauf kürzester Zeit (nämlich "um Mitternacht") ein kostenpflichtiges Abo mit einer Laufzeit von bis zu
zwei Jahren abgeschlossen werden würde mit anfallenden Kosten von bis zu 120 Euro - die zudem jeweils
für ein Jahr im voraus zur Zahlung fällig werden.
2. Kein wirksam zustande gekommener kostenpflichtiger ABO-Vertrag
Im Falle unseres Mandanten mag zwar ein Vertragsverhältnis im Zusammenhang mit der Teilnahme an
einem (kostenlosen) Gewinnspiel zustande gekommen sein. Keine Rede kann aber davon sein, dass sich
unser Mandant durch sein Verhalten rechtsgültig verpflichtet habe, einen zweijährigen, kostenpflichtigen
Abodienst zu beziehen.
Dies lässt sich wie folgt begründen:
Der eigentliche, den kostenpflichtige ABO-Dienst betreffende, Vertragsinhalt lässt sich ausschließlich in
den "Teilnahmebedingungen" der Betreiber wiederfinden. Diese "Teilnahmebedingungen" lassen sich
ohne weiteres als Allgemeine Geschäftsbedingungen klassifizieren, deren Hauptmerkmal ja ist, für eine
Vielzahl von Verträgen vorformuliert zu sein. Nach deutschem Recht gilt bez. AGB aber das
"Überraschungsverbot:
§ 305c BGB: Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen,
insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der
Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, weder nicht Vertragsbestandteil.
Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.
Im vorliegenden Fall kann kein Zweifel daran bestehen, dass es sich, gerade vor dem Hintergrund der
gesamten Aufmachung der Internetseite www.steuer-heute.com , um überraschende Vertragsklauseln im
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Sinne des § 305 c BGB handelt. Beim Anklicken der Internetseite lässt sich auf den ersten Blick nur ein
Gratisdienstangebot erkennen, welches mit einem Gewinnspiel gekoppelt ist. Auch die Bezeichnung
"Teilnahmebedingungen" deutet darauf hin, dass es hierbei ausschließlich um Bedingungen handelt, die
sich auf das Gewinnspiel als solches bezieht, nicht jedoch auf den Abschluss eines zweijährigen und dazu
kostenpflichten ABO-Dienst.
C. Tipps und weiteres Vorgehen
Bitte beachten Sie, dass aufgrund der Vielzahl solcher Angebote in jedem Einzelfall zu prüfen ist, wie und
ob man sich rechtlich am Besten wehrt:
Wir empfehlen Ihnen vor jeder (!) Eingabe persönlicher Daten (etwa Name, Adresse etc.) immer darauf
zu achten, ob das jeweilige Angebot Kleingedrucktes enthält, das meist in Allgemeinen
Geschäftsbedingungen oder in sog. "Teilnahmebedingungen" versteckt ist.
Gerade bei Verträgen mit langer Bindungsdauer ist immer genau abzuwägen, ob sich das jeweilige
Angebot im Internet tatsächlich rechnet - dies gilt gerade bei meist völlig überzogenen Preisen für
Premium SMS- oder sonstige mobile Dienste.
Immer ist zu beachten, dass in der Regel für Verbraucher die Möglichkeit besteht, ihr gesetzliches
Widerrufsrecht wahrzunehmen. Einige "schwarze Schafe" neigen dazu, die Widerrufsmöglichkeit
auszuschließen, was jedoch nur in seltenen Fällen tatsächlich rechtlich haltbar sein wird.
Man sollte nicht den erstbesten Anbieter wählen, der beispielsweise "Tipps für Lebensläufe" bietet. Die
Erfahrung zeigt, dass gerade die seriösen Anbieter nicht mit langfristigen und insbesondere
kostenintensiven Vertragsbindungen arbeiten.
Schließen Sie nach Möglichkeit keine Verträge ab, wenn sich der Sitz des Anbieters im Ausland
befindet.
Beachten Sie aus Beweisgründen die Schriftform und treten Sie von Ihren Online-Verträgen
ausschließlich per eingeschriebenem Brief in Papierform vom Vertrag zurück.
Autor:
RA Max-Lion Keller, LL.M. (IT-Recht)
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