PDF - Bildungswerk Berlin der Heinrich-Böll

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PDF - Bildungswerk Berlin der Heinrich-Böll
Chaja & Mimi
pädagogisches begleitmaterial
vorwort
Pädagogisches Begleitmaterial zum Film "Chaja & Mimi"
Diese Broschüre möchte anregen und inspirieren, den Dokumentarfilm "Chaja &
Mimi" in der Bildungsarbeit mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen einzusetzen.
Das 10-minütige Porträt der Israelis Chaja Florentin und Mimi Frons besticht durch
den Charme, die Weisheit und Humor der Protagonistinnen. Darüber hinaus bietet es
viele mögliche Anknüpfungspunkte für den Einsatz in der Bildungsarbeit: Im Zentrum
stehen die Themen deutsch-jüdische Beziehungen, Migrations- und Fluchtgeschichte,
Heimat, Kindheitserinnerungen und Freundschaft. Die vorliegende Sammlung von
Methoden und Materialien richtet sich an Lehrende und alle, die in der Bildungsarbeit
mit jungen Menschen tätig sind. Ausgangspunkt ist die Idee, sich intensiver mit dem
Film zu beschäftigen und dies mit eigenen Erfahrungen, Interessen und Fragen in
Beziehung zu setzen. Die Methoden sind als Anregungen zu verstehen: Zögern Sie
nicht, diese entsprechend der Gruppengröße, dem Altersniveau, den Interessen und
den Kompetenzen der Adressat*innen sowie Ihren eigenen Vorstellungen anzupassen.
Die Zusammenstellung beginnt mit der Vorstellung von vier Methoden für die pädagogische Nachbereitung des Films: 1. "Geschichte kann Heimat sein", 2. Erinnerungen: "Schon so viele Jahre her!", 3. Fiktives Interview sowie 4. Flucht und Migration
und ihre Wege. Für alle notwendigen mm Materialien finden Sie im Anschluss Kopiervorlagen. In der mm Dialogliste kann, Szene für Szene, das Gespräch zwischen
den beiden Frauen und dem Regisseur nachgelesen werden. Die mm Hintergrundinformationen richten sich an die Lehrenden/Teamenden und sind als vorbereitende
Lektüre gedacht. Die drei Kapitel geben einen knappen Überblick über Osteuropäisches Judentum, Jüdisches Leben in Berlin-Mitte in den 1920er/1930er Jahren und
Emigration nach Israel. Eine Liste mit mm Literatur- und Materialhinweisen findet sich
am Schluss. In allen Texten wird die Genderschreibweise des *Sternchens verwendet,
welche alle Geschlechter- und Genderidentitäten einschließt.
Die Informationen wurden nach bestem Wissen und Gewissen zusammengestellt.
An dieser Stelle möchten wir uns besonders herzlich bei den Familien Florentin und
Frons bedanken. Des Weiteren gilt der Dank der Fotosammlung des Landesarchivs
Berlin.
Diese Broschüre finden Sie auch online: www.bildungswerk-boell.de
Für die außerschulische Bildungsarbeit kann der Film beim Bildungswerk Berlin der
Heinrich-Böll-Stiftung kostenlos ausgeliehen werden. Schulen, Medienzentren und
Bibliotheken können ihn samt entsprechender Lizenz beim Verlag Filmsortiment beziehen: www.filmsortiment.de
Auf Rückmeldungen, Ergänzungen und Kritik sind wir gespannt:
feedback@makeshiftmovies.info
Eric Esser, Tanja Kinzel und Jana Jelitzki
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inhaltsverzeichnis
vorwort
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methodenanregungen
1. "Geschichte kann Heimat sein"
2. Erinnerungen: "Schon so viele Jahre her!"
3. Fiktives Interview
4. Flucht und Migration und ihre Wege
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materialien
1. Zitate: "Was ist Heimat?" 2. Historische Fotografien aus Berlin
3a. Glossar
3b. Biografien von Chaja Florentin und Mimi Frons
3c. Kommentar des Regisseurs
3d. Porträt des Regisseurs
4a. Weltkarte
4b. Europakarte
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anhang
I. Hintergrundinformationen
II. Dialogliste
III. Literatur- und Materialhinweise
impressum
herausgeber: Bildungswerk Berlin der Heinrich-Böll- Stiftung e.V.
herstellung und produktion: Eric Esser
konzeption und text: Tanja Kinzel, Jana Jelitzki
Abbildungen: Fotosammlung des Landesarchivs Berlin, Eric Esser
gestaltung: sansculotte
Berlin, 2014
realisiert aus Mitteln der Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin
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Seite 41
Seite 44
methodenanregungen
Methodenanregungen für die Arbeit mit dem Film "Chaja und Mimi"
Bei allen Methoden wird vorausgesetzt, dass zunächst gemeinsam der Film
angeschaut wird: Dafür werden zusätzlich ca. 10 Minuten benötigt.
1. "geschichte kann heimat sein"
Fragestellung und Ziele: Reflexion und Austausch über den Begriff "Heimat" und
dessen Vielschichtigkeit. Was bedeutet "Heimat" für die Jugendlichen und welche
Rolle spielen Familie, Freund*innen, Sprache, Zugehörigkeit usw. in diesem Zusammenhang?
Zeit: ca. 1,5-2 Std. (je nach Diskussionsbedarf der Jugendlichen erweitern)
Gruppengröße: maximal 15-20 Teilnehmende (TN)
Material: mm Zitate: "Was ist Heimat?" einzeln ausgedruckt und ausgeschnitten. Die
Anzahl und Auswahl der Zitate kann je nach verfügbarer Zeit an die Gruppengröße
oder Lesekompetenz der TN angepasst werden. Es sollten jedoch auf jeden Fall
mehr Heimatzitate als TN zur Auswahl angeboten werden.
Hinweise für die Moderation und Überblick: Bei der Durchführung der Übung
sollte die Moderation auf einen respektvollen gegenseitigen Umgang achten. Bei der
Diskussion um Heimatbegriffe gibt es kein "richtig" oder "falsch" und bei der Frage
nach dem eigenen Heimatverständnis kann es sich um eine persönliche, zum Teil
emotionale Frage handeln. Alle TN sollen, nachdem sie sich eines der Zitate ausgesucht und darüber nachgedacht haben, Zeit bekommen, ihre Überlegungen in der
Runde vorzustellen. Dabei sind Nachfragen möglich, es sollte aber noch kein Einstieg
in die Diskussion stattfinden. Die Diskussion und ein Rückbezug zu dem Film finden
im Anschluss daran statt.
1. Vorbereitung:
Die einzelnen Zitate werden im Raum auf einem Tisch oder dem Boden ausgelegt
oder aufgehängt.
2. Durchführung/Arbeitsauftrag für die TN:
m Die Teilnehmenden bekommen Zeit im Raum umherzulaufen und die Zitate zu lesen. Sie werden aufgefordert, sich eines der Zitate auszusuchen: Sie müssen nicht mit dem Zitat übereinstimmen, sondern sich dazu in Bezug setzen können. (ca. 10-15 Min.)
m Such Dir eines der Zitate aus, das dich anspricht. Warum hast du es ausgesucht:
v Findest du dich in dem Zitat wieder? Oder würdest du der Position wider-
sprechen? Kennst du den/die Autor*in? Weißt du etwas über sein/ihr
Leben? (ca. 10 Min.)
Methodenanregungen
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m Vorstellung in der Gruppe: Stell dein Zitat vor und erkläre den anderen, warum du es ausgesucht hast. Erzähl nur das, was du gerne erzählen möchtest! Die anderen können Verständnisnachfragen stellen, es soll aber noch kein Einstieg in die Diskussion stattfinden. (ca. 30 Min.)
m Austausch und Diskussion in der Gruppe (30-60 Min.):
Mögliche Leitfragen:
v Welche Vorstellungen und Bilder von Heimat konntet Ihr in den Zitaten erkennen? Woran wird Heimat festgemacht? Was bedeutet Heimat für Euch? Gibt es für Euch mehrere Heimaten? Könnt Ihr Euch vorstellen, in einem anderen Land zu leben? Was würdest Ihr wohl vermissen?
v Rückbezug zum Film: Überlegt, was Heimat für Chaja und Mimi bedeutet.
Am Ende des Films werden die beiden gefragt, ob sie wieder nach Berlin ziehen würden. Die Frauen verneinen energisch, mit dem Hinweis, dass sie in Israel zu Hause seien. Sie sind zwar mit Vielem im Land unzufrieden, doch es sei wie mit einem anstrengenden Baby, das dauernd schreie und das man dennoch liebe. Wie versteht Ihr diese Beschreibung? Was denkt Ihr, inwiefern die Flucht aus dem nationalsozialistischen Deutschland das Bild der beiden von Heimat prägt?
v Welche Verbindungen und Unterschiede gibt es zwischen euren Positionen zu Heimat und denen der beiden Frauen? Überlegt, warum das so ist.
Die Moderation sollte insbesondere bei dem Rückbezug zum Film darauf achten,
dass sie die entsprechenden Sequenzen präsent hat und je nach Bedarf noch mal
einbringen kann siehe mm Dialogliste. Falls nötig, sollte die Moderation die Jugendlichen dabei unterstützen, die verschiedenen, in den Zitaten angesprochenen Ebenen
des Heimatbegriffs zu erkennen und zu strukturieren (z.B. nationaler/regionaler
Bezug, Sprache, Un-/Selbstverständlichkeit von Heimat, Kindheit, Staatsangehörigkeit, Migrations- oder Fluchterfahrungen).
3. Auswertung:
Offene Abschlussrunde in der Gruppe (5-10 Min.):
v Was war neu oder interessant für Euch? Was habt Ihr über Euch selbst oder die anderen TN erfahren? Was hat Euch überrascht?
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Methodenanregungen
2. erinnerungen: "schon so viele jahre her!"
Wichtiger Hinweis: Vorbereitung nötig!
TN werden im Vorfeld aufgefordert ein Foto aus ihrer Kindheit mitzubringen, welches
sie der Gruppe zeigen möchten. Für die Durchführung ist es ist wichtig, dass jede*r
ein Bild dabei hat. Zur Not können einzelne TN improvisieren und kurz ein Foto/eine
Szene aus ihrer Kindheit skizzieren. (Wird als Auswertung die Fotocollage gewählt,
bedeutet dies, dass die Fotos eventuell zerschnitten werden und nicht heil wieder mit
nach Hause genommen werden können. Perfekt wären also ein Fotoabzug oder eine
Farbkopie!)
Fragestellung und Ziele: Reflexion und Austausch zum Thema Erinnerung. Beschäftigung mit Fotos als Ausgangspunkt für Erinnerungen – angeregt durch die Reaktionen von Chaja und Mimi auf die Fotografien aus dem Berlin der 1920er/1930er
Jahre, der Stadt ihrer Kindheit. Bilder aus der eigenen Kindheit sollen die TN dazu
einladen, sowohl über den Kontext ihrer persönlichen, konkreten Kindheitserinnerungen, als auch allgemein über die Funktionsweise von Erinnerungen nachzudenken.
Die zeitgenössischen Fotos liefern zudem Impulse, über jüdisches Leben im damaligen Berlin zu sprechen.
Bei dieser Methode geben die TN über die privaten Fotos viel von sich, ihrer Geschichte und ihrer Familie preis – ein wertschätzender Umgang untereinander sollte
durch die Moderation gewährleistet sein.
Zeit: ca. 1 Std. – je nach Diskussionsbedarf der Jugendlichen erweitern
Gruppengröße: maximal 15 Teilnehmende (TN)
Material: keine besonderen Materialien nötig, die im Film gezeigten mm historischen
Fotografien aus Berlin können ausgedruckt oder auch mit Beamer gezeigt werden.
Je nach Auswertungsmethode, sind eventuell noch Schere, Klebestift und ein großes
Poster notwendig.
1. Durchführung/Arbeitsauftrag:
mDie Gruppe teilt sich für 10-20 Min. in mehrere Kleingruppen von 3-4 Personen auf, um sich gegenseitig Kinderfotos zu zeigen. Diejenigen, die kein Bild mitge-
bracht haben, können kurz das vergessene Foto oder einfach eine Szene aus ihrer Kindheit skizzieren und dazu fügen.
mDer Reihe nach stellt jede*r sein/ihr Kindheitsfoto vor:
v Was und wer ist zu erkennen? Wann und wo wurde es aufgenommen? Kann man das anhand des Bildes erkennen, z.B. an der Mode, den Automodellen, Schriftbildern, Straßennamen oder anderen Merkmalen? Wer hat fotografiert? Weißt du noch, wie es aufgenommen wurde? Wen könntest du nach der Situation und der Zeit fragen, in der es aufgenommen wurde? Woran erinnert dich das Bild?
Methodenanregungen
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mDie Kleingruppen kommen wieder zusammen. Gemeinsame Diskussion:
v Was ist Euch aufgefallen? Wie funktionieren Erinnerungen? Was bleibt uns im Gedächtnis, was vergessen wir? Könnten Eure Erinnerungen für andere interessant sein? Warum?
mRückbezug zum Film und den dort gezeigten Fotografien (diese können bei Bedarf noch mal gezeigt werden, siehe mm historische Fotografien aus Berlin):
v Welche Rolle spielt das Foto, auf dem Chaja und Mimi als Kinder mit ihren Müt-
tern zu sehen sind, im Film? Was wird dazu erzählt? Wie wirkt das Foto auf Euch? Könnt Ihr Euch vorstellen, so lange befreundet zu sein?
Die Moderation sollte die Szene und Aussagen für eventuelle Rückfragen parat haben (mm Dialogliste).
mEine Schlüsselszene im Film wird ausgelöst durch die Archivbilder des Berlin der 1920er/1930er Jahre:
v Wie reagieren die beiden Frauen auf die Fotos von Berlin in den 1920er/1930er Jahren? An welche Geschichten aus ihrer Kindheit erinnern sie sich? Gibt es Szenen, die unklar bleiben?
mDie Szene bietet auch die Chance, das lebendige jüdische Leben im damaligen Berlin zu thematisieren:
v Was ist auf den Bildern zu sehen? Schaut Euch die Bilder noch mal in Ruhe an. Was wisst Ihr über jüdisches Leben in Berlin zu der Zeit?
Die Moderation kann hier die mm historischen Fotografien bei Bedarf noch mal zeigen und Informationen zum mm jüdischen Leben in Berlin-Mitte einfließen lassen.
2. Auswertung:
Die Auswertung sollte stark an der Gruppe und dem Verlauf der Diskussion ausgerichtet werden – hat sich diese auf die persönlichen Aspekte der TN-Fotos konzentriert und bleibt die Gruppe noch länger in dem Raum/Gebäude o.ä. zusammen,
könnten die Kindheitsbilder zum Beispiel als gemeinsame Collage für den Klassenraum auf ein Poster aufgeklebt werden.
Soll eher eine zusammenfassende inhaltliche Auswertung erfolgen, bietet sich eine
Runde an. Eine mögliche Vorgabe kann sein, dass jede*r einen (!) Satz sagt: "Ich fand
besonders toll/interessant/spannend/krass/merkwürdig/…, was Chaja/Mimi/ein*e
andere*r TN gesagt hat, nämlich dass …".
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Methodenanregungen
3. Fiktives Interview
Fragestellung und Ziele: Reflexion über den Film und selbstständige Entwicklung
von Fragen zu den Biografien bzw. der Entstehung des Films. Als ergänzende Informationen werden die Biografien wie auch der Regietext genutzt. Verbindung der
neuen Informationen mit den Erzählungen im Film. Thematisierung offener Fragen:
v Welche Situationen und Themen im Film haben die Jugendlichen berührt bzw. angesprochen, worüber wollen sie mehr erfahren, was bleibt offen?
Zeit: ca. 45 Min. – je nach Lesetempo und Diskussion der Jugendlichen
Gruppengröße: maximal 15 Teilnehmende (TN)
Hinweise für die Moderation und Überblick: Kurze Übung, eignet sich auch gut
für die Diskussion direkt nach dem Film. TN teilen sich in zwei etwa gleich große
Gruppen auf. Jede Gruppe bekommt ein großes Blatt Papier, einen der Texte 1. Biografien von Chaja Florentin und Mimi Frons, 2. Kommentar des Regisseurs und Porträt des Regisseurs sowie den jeweiligen Arbeitsauftrag (ca. 15-20 Min. für die Arbeit
in den Gruppen).
Zum Abschluss stellen sich die Gruppen gegenseitig ihre Poster vor. Die Moderation
kann an einigen Stellen inhaltliche mm Hintergrundinformationen geben.
Material: Poster, Eddings, für jede*n TN Kopien der mm Biografien von Chaja Florentin und Mimi Frons, des mm Kommentars des Regisseurs, des mm Porträt des Regisseurs und des mm Glossars.
1. Arbeitsaufträge:
m Für die Gruppe 1. mm Biografien von Chaja Florentin und Mimi Frons:
Lest den Text gemeinsam und besprecht, welche neuen Informationen Ihr über das Leben der beiden Frauen bekommen habt. Falls im Text Begriffe auftauchen, die Ihr nicht kennt, schaut im mm Glossar nach. Nun stellt Euch vor, Ihr hättet die Gele-
genheit, Chaja Florentin und Mimi Frons zu einem Interview zu treffen.
v Welche Fragen würdet Ihr ihnen stellen? Worüber würdet Ihr gerne mehr erfahren und mit ihnen reden? Was würdet Ihr ihnen gerne sagen?
Diskutiert diese Fragen und gestaltet ein Plakat mit den neuen Informationen sowie
euren Ideen und Interviewfragen und stellt es anschließend der anderen Gruppe vor.
m Für die Gruppe 2. mm Kommentars des Regisseurs und mm Porträt des Regisseurs:
Lest den Text gemeinsam und besprecht, welche neuen Informationen Ihr über das Leben der Frauen und den Film bekommen habt. Falls im Text Begriffe auftau-
chen, die Ihr nicht kennt, schaut im mm Glossar nach. Nun stellt Euch vor, Ihr hättet die Gelegenheit, den Filmemacher Eric Esser zu einem Interview zu treffen.
v Welche Fragen würdet Ihr ihm stellen? Worüber würdet Ihr gerne mehr erfah-
ren und mit ihm sprechen? Was würdet Ihr ihm gerne sagen? Diskutiert diese Fragen und gestaltet ein Plakat mit den neuen Informationen sowie euren Ideen und Interviewfragen und stellt es anschließend der anderen Gruppe vor.
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2. Auswertung:
Feedback zu den Fragen der je anderen Gruppe:
v Was teilt Ihr, was seht Ihr anders? Haben die Hintergrundinforma-
tionen euren Blick auf den Film verändert? Wenn ja, inwiefern?
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Methodenanregungen
4. flucht und migration und ihre wege
Fragestellung und Ziele: Reflexion über Gründe für Flucht und Migration und die
Möglichkeit, sich in einem anderen Land ein menschenwürdiges Leben aufzubauen.
Nachdenken über die eigene Herkunft und Familiengeschichte.
Mögliche Fragen:
v Warum entscheiden sich Menschen, ihr Herkunftsland zu verlassen? Welche Chancen haben sie, an anderen Orten aufgenommen zu werden? Welche
Aspekte spielen hierbei eine Rolle (Nationalität, soziale Herkunft/sozialer Status,
Sprache, Religion, Hautfarbe, Geschlecht, Sexualität usw.)? Welche Faktoren erleichtern es, sich in einem anderen Land ein neues Leben aufzubauen?
Bei der Übung geht es darum, vorgegebene Thesen in einer stillen Diskussion gemeinsam zu bearbeiten. Durch die schriftliche Diskussion erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass die verschiedenen Positionen, Einwände, Argumente und Informationen
von den einzelnen TN wahrgenommen werden. Die Interaktion verlangsamt sich und
animiert die TN so, auch eigene Einwände, Kommentare und Standpunkte erst zu
reflektieren, bevor sie aufgeschrieben werden.
Zeit: ca. 2 Std. – je nach Diskussionsbedarf
Gruppengröße: 10-15 Teilnehmende (TN) – größere Gruppen sollten bei der stillen
Diskussion geteilt werden.
Material: Möglichst große mm Weltkarte, falls nicht sowieso im Klassenzimmer vorhanden, auf DIN A3 ausdrucken, große Pinnwand und Stecknadeln, große Wandplakate (mind. DIN A3, besser größer), Kreppband und dicke Stifte in verschiedenen
Farben.
1. Vorbereitung:
Vorbereitete Statements werden auf die Wandplakate geschrieben, es ist auch möglich, ein Thema aus der Diskussion aufzugreifen. Mögliche Thesen sind beispielsweise:
v "Alle Menschen sollen dort leben können, wo sie wollen" – bzw. als Frage formuliert: "Findet Ihr, dass alle Menschen dort leben können sollten, wo sie
wollen?" oder "Alle Menschen haben das Recht, ohne Verfolgung aufzuwach-
sen", "Alle Menschen haben das Recht auf Wohlstand und ein menschenwürdiges, respektvolles Leben", "Deutschland sollte mehr Flüchtlingen Asyl gewähren"
usw.
Die Thesen sollten von der Moderation an das Alter und Vorwissen der Gruppe
angepasst werden (z.B. Kenntnisse aktueller migrationspolitischer Debatten, Asylgesetzgebung in Deutschland, dramatische Situation der Geflüchteten an den Außengrenzen Europas bzw. in den diversen Lagern in Europa, legaler und illegalisierter
Aufenthaltsstatus, anerkannte Fluchtgründe etc.).
Beim Einsatz dieser Methode ist es für die Moderation nötig, die mm Hintergrundinformationen und mm Biografien zu kennen, um den TN deren Inhalte vermitteln zu können.
Methodenanregungen
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2. Durchführung:
m Zunächst sollen die Migrations-/Fluchtwege der Familien von Chaja und Mimi auf der großen mm Weltkarte nachgezeichnet oder mit Pinnnadeln aufgesteckt werden. Dafür werden die mm Biografien und ausgewählte mm Hintergrundinformationen durch die Moderation an die TN vermittelt. Dabei sollten die folgenden Fragen aufgegriffen werden:
v Warum haben die Familien Osteuropa/Polen verlassen? Wie ist es ihnen in Berlin ergangen, wie haben sie sich dort etabliert? Warum haben sie Berlin verlassen und sind nach Israel gegangen?
m Kurzes Brainstorming mit den TN zu der Frage, welche Gründe es gibt, seinen Geburtsort oder sein Geburtsland zu verlassen. Was bedeutet Flucht und was Migration? In dem Zusammenhang sollte thematisiert werden, dass die Geschichte des Nationalsozialismus mit der Verfolgung und Ermordung von Jüdinnen und Juden, Roma und Sinti, Homosexuellen und anderen Verfolgten sowie die be
schränkten Rettungs- und Fluchtmöglichkeiten 1949 ausschlaggebend für die Verankerung des Grundrechts auf Asyl im Grundgesetz der BRD war. 1993 wurde dieses Grundrecht nach heftigen politischen Debatten eingeschränkt und an be-
stimmte Bedingungen gebunden (sichere Drittstaatenregelung etc.).
m Dann werden die TN eingeladen, etwaige eigene Migrations- oder Fluchterfahrun-
gen von sich und ihrer Familie zu beschreiben, die ebenfalls auf der Karte sicht-
bar gemacht werden können. Wenn sie wollen(!), können sie erzählen, warum sie bzw. ihre Familien den Geburtsort/das Land verlassen haben, warum sie umgezogen sind usw. Folgende Fragen können hierbei leitend sein:
v Wisst Ihr, warum Eure Familien ihre Herkunftsländer verlassen haben? Warum haben sie sich für den jetzigen Ort/das jetzige Land entschieden?
Falls es sich anbietet, kann auch gefragt werden, wie es für die Familien war, woanders neu anzufangen, was ihnen leicht gefallen ist, was schwer für sie war.
Wichtig ist, auch diejenigen, die durchgängig an ihrem Geburtsort leben, zu fragen, warum sie nicht umgezogen oder weggegangen sind – was sie denken, warum das so ist.
mIm nächsten Schritt werden die vorbereiteten Plakate an einer Wand aufgehängt oder auf dem Boden ausgelegt und die Stifte in verschiedenen Farben bereitge-
stellt. Den Farben können unterschiedliche Bedeutungen zugewiesen werden, bei-
spielsweise rot = Gegenargument, grün = Bestätigung einer Position, gelb = Nach-
frage usw.
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Anschließend werden die TN aufgefordert, eine stille Diskussion zu führen:
Sie haben nun Zeit, die Plakate zu lesen, ihre Kommentare aufzuschreiben und zwischen den Themen zu wechseln. Sie führen die Diskussion auf den Wandplakaten schriftlich, dabei soll nicht geredet werden: Es ist wichtig, darauf zu achten, dass wirklich alle still bleiben, und sofort zu intervenieren, wenn beleidigende oder verlet-
zende Kommentare auf die Wandplakate geschrieben werden.
Methodenanregungen
Wenn die Diskussion sich erschöpft hat, kein Platz mehr zur Verfügung steht, werden
die verschiedenen Äusserungen gemeinsam durchgelesen.
3. Arbeitsauftrag an die TN:
m Lest die einzelnen Aussagen/Thesen durch und überlegt, ob Ihr ihnen zustimmt, sie ablehnt, Eingrenzungen vornehmen, Bedingungen formulieren oder Fragen stellen wollt.
m Schreibt eure Meinung auf und wechselt dann zum nächsten Plakat. Ihr könnt jederzeit zu einem der Plakate zurückkehren und auf Fragen und Kommentare zu euren Positionen eingehen, dagegen argumentieren usw.
m Während der gesamten Zeit gilt absolutes Redeverbot. Der Austausch erfolgt
ausschließlich schriftlich auf den Plakaten.
4. Auswertung:
Die Argumente werden gemeinsam durchgelesen, es sollte aber keine Diskussion
mehr stattfinden. Die abschließende Frage sollte sich vor allem darum drehen, wie es
den TN während der Diskussion ergangen ist, was neu/interessant für sie war. Und
es sollte ein Rückbezug zum Film hergestellt werden, beispielsweise mit der Frage,
was die Übung mit dem Film zu tun hat.
Whitehorse
60
Gulf of Alaska
UTIAN
Great
Slave Lake
Juneau
Happy ValleyGoose Bay
NORTH
Toronto
Milwaukee
Los Angeles
Bordeaux
(FRANCE)
Bilbao
Boston
New York
Philadelphia
NORTH
Baltimore
Washington, D.C.
AZORES
(PORT.)
Bermuda
MADEIRA
ISLANDS
(PORT.)
(U.K.)
New
Orleans
Gulf of Mexico
HAWAIIAN
ISLANDS
Merida
Guadalajara
Mexico
(U.S.)
ISLAS
REVILLAGIGEDO
(MEXICO)
Johnston Atoll
Cancun
Veracruz
Puebla
Oaxaca
Acapulco
CUBA
COSTA
RICA
(FRANCE)
DOMINICAN
JAMAICA
Kingston
0
Navassa
Island
(U.S.)
Aruba
(NETH.)
Barranquilla
British Virgin
Islands
(U.K.)
Anguilla (U.K.)
Nouakchott
ST. KITTS AND NEVIS
ANTIGUA AND BARBUDA
Guadeloupe (FR.)
(U.S.)
DOMINICA
Montserrat
(U.K.)
Martinique (FR.)
ST. VINCENT AND ST. LUCIA
THE GRENADINES
BARBADOS
Neth. Antilles
(NETH.)
GRENADA
GALAPAGOS
ISLANDS
(ECUADOR)
GUYANA
(FRANCE)
SURINAME Cayenne
(BRAZIL)
ECUADOR
Guayaquil
Belem
Manaus
Iquitos
Trujillo
(Fr. Poly.)
Adamstown
Pitcairn Islands
(U.K.)
Easter Island
(CHILE)
Isla Sala y Gómez
(CHILE)
Isla San Felíx
(CHILE)
Isla San Ambrosio
Asuncion
San Miguel
de Tucuman
(BRAZIL)
Windhoek
Curitiba
I N D I A N
Tromelin Island
(FRANCE)
Antananarivo
MADAGASCAR
SaintDenis
Reunion
E
Timor
Sea
Cairns
Pretoria
Johannesburg
(FRANCE)
VANUATU
Coral Sea
Islands
Port-Vila
(AUSTL.)
American
Samoa
FIJI
(U.S.)
Niue
(N.Z.)
Suva
Nuku'alofa
TONGA
Noumea
Maputo
A U S T R A L I A
Mbabane
LESOTHO SWAZILAND
Maseru
Montevideo
SOUTH
PAC I F I C
Norfolk
Island
Brisbane
(AUSTL.)
Durban
Perth
OCEAN
Lord Howe
Island
Adelaide
Port Elizabeth
Great Australian
Bight
Ile Amsterdam
(Fr. S. and Ant. Lands)
TRISTAN DA CUNHA(St. Helena)
Ile Saint-Paul
Canberra
KERMADEC
ISLANDS
(N.Z.)
30
Sydney
Auckland
Melbourne
NEW
ZEALAND
Tasman Sea
(Fr. S. and Ant. Lands)
Gough Island
(St. Helena)
Tasmania
Wellington
Hobart
Christchurch
(FRANCE)
CHATHAM ISLANDS
(N.Z.)
PRINCE EDWARD
ISLANDS
(SOUTH AFRICA)
Stanley
Scotia Sea
Drake
Passage
ILES CROZET
(Fr. S. and Ant. Lands)
AUCKLAND
ISLANDS
(N.Z.)
ILES KERGUELEN
(Fr. S. and Ant. Lands)
Heard Island and
McDonald Islands
(AUSTL.)
Bouvet Island
(NORWAY)
Punta Arenas
60
Tokelau
(N.Z.)
SAMOA
Apia
Mata-Utu
Pago Pago
Wallis and
Futuna
Coral
Sea
Ree
f
K I R I B A T I
Funafuti
New
Caledonia
(FRANCE)
French Southern and Antarctic Lands
SOUTHERN
Gulf of
Carpentaria
Howland Island (U.S.)
Baker Island (U.S.)
0
TUVALU
Honiara
Port
Moresby
Darwin
(AUSTL.)
SOLOMON
ISLANDS
Alice Springs
Falkland Islands
(Islas Malvinas)
(administered by U.K.,
claimed by ARGENTINA)
Antarctic Circle (66 deg 33')
PAPUA
NEW GUINEA
Tropic of Capricorn (23 deg 27')
Comodoro
Rivadavia
OCEAN
A
Arafura
Sea
EAST
TIMOR
Ashmore and
Cartier Islands
(AUSTL.)
I
Dili
(AUSTL.)
Cocos
(Keeling) Islands
S
Banda Sea
(AUSTL.)
Puerto Montt
PAC I F I C
Tarawa
Yaren NAURU
District
OMakassarN
Java Sea
Semarang
Surabaya
O C E A N
Port
Louis
MAURITIUS
(FRANCE)
(FRANCE)
SOUTH
AFRICA
Cape
Town
Bahía Blanca
SOUTH
(FRANCE)
Majuro
Palikir
PALAU
Christmas Island
(FRANCE)
Europa Island
D
Bandung
Glorioso Islands
(administered by FRANCE,
claimed by COMOROS)
Mozambique
Channel
Bassas
da India
MARSHALL
ISLANDS
FEDERATED STATES OF MICRONESIA
Koror
URUGUAY
La Plata
ARGENTINA
Diego
Garcia
SEYCHELLES
MOZAMBIQUE
Beira
Cebu
Celebes Sea
A
Equator
N
Jakarta
(U.K.)
Juan de Nova
Island (FR.)
ZIMBABWE
I
British Indian
Ocean Territory
Mayotte
MALAWI
I
Hagatna
Palembang
Victoria
Dar es Salaam
Moroni
Lilongwe
BOTSWANA
(U.K.)
Rosario
Buenos Aires
Lake
Nyasa
(U.S.)
Pontianak
COMOROS
St. Helena
Cordoba
Mendoza
Santiago
Dodoma
TANZANIA
S
Saipan
Guam
Singapore
SINGAPORE
Mombasa
BURUNDI
Y
(U.S.)
(U.S.)
BRUNEI
A
Wake Island
Northern
Mariana
Islands
Bandar Seri
Begawan
L
(U.S.)
Tropic of Cancer (23 deg 27')
Philippine
PHILIPPINES
SPRATLY
ISLANDS
Kuala
Lumpur
M A
30
Midway
Islands
Marcus Island
(JAPAN)
Davao
Medan
Mogadishu
KENYA
K
Manila
Ho Chi Minh City
Phnom Penh
Gulf of
Thailand
U
Sea
South China
Sea
NICOBAR
ISLANDS
(INDIA)
SRI
LANKA
Y
PARACEL
ISLANDS
VIETNAM
CAMBODIA
Andaman
Sea
Colombo
Male
R
Hainan
Dao
Hue
Bangkok
LAKSHADWEEP
Laccadive
Sea
Gulf of
Vientiane Tonkin
THAILAND
(INDIA)
Lake Nairobi
Victoria
Bujumbura
Lake
Tanganyika
ZAMBIA
Porto
Alegre
CHILE
ARCHIPIELAGO
JUAN FERNANDEZ
(CHILE)
Concepción
(YEMEN)
Berbera
LAOS
Chiang
Mai
ANDAMAN
ISLANDS
(INDIA)
RWANDA Kigali
REPUBLIC
Gaborone
(CHILE)
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Rangoon
Bengal
Chennai
(Madras)
SOMALIA
Kampala
Harare
Walvis Bay
BURMA
- Hyderabad
Bangalore
Okinawa
Taipei
Taiwan
Hong Kong
Luzon Strait
Macau S.A.R.
S.A.R.
Nanning
Yokohama
Fukuoka
East China
Sea
Guangzhou
INDIA
Pune
Arabian
Sea
Tokyo
Nagoya
Osaka
Shanghai
Nanchang
Guiyang
Hanoi
PAC I F I C
OCEAN
JAPAN
Seoul
SOUTH
KOREA
Pusan
Hangzhou
Changsha
Kunming
MALDIVES
DEMOCRATIC
NAMIBIA
Rio de Janeiro
Sao Paulo
Antofagasta
Socotra
ETHIOPIA
Lusaka
OCEAN
Martin Vaz
(BRAZIL)
PARAGUAY
(23 deg 27')
Thimphu
BANGLADESH
Kolkata Dhaka
(Calcutta)
Nagpur
Wuhan
Chongqing
Bay of
Gulf of Aden
Djibouti
Addis
Ababa
Lubumbashi
Trindade
Tropic of Capricorn
Kathmandu
Kanpur
- Ahmadabad
Mumbai
(Bombay)
Juba
OF THE CONGO
Kinshasa
Namibe
St. Helena
(St. Helena)
Lucknow
Karachi
OMAN
Aden
DJIBOUTI
UGANDA
ANGOLA
SOUTH
Lhasa
BHUTAN
NEPAL
Jaipur
Sanaa
Asmara
Luanda
AT LAN T I C
Belo
Horizonte
Sucre
P o l y n e s i a
(FRANCE)
ÎLES TUBUAI
Ascension
(St. Helena)
Brasilia
Goiania
Santa Cruz
F r e n c h
(Cabinda)
Salvador
La Paz
BOLIVIA
Arequipa
PAKISTAN
Muscat
Yellow
Sea
Qingdao
Barrier
(Fr. Poly.)
Brazzaville
ANGOLA
Chengdu
New
Delhi
OMAN
Abu
Dhabi
Jinan
NORTH
Sea of
Japan
NORTH KOREA
Pyongyang
Tianjin
Zhengzhou
Xi'an
Nanjing
Lahore
Quetta
UNITED ARAB
EMIRATES
Beijing
Taiyuan
CHINA
at
SOCIETY
ISLANDS
Annobon
Maceio
Cusco
Lago
Titicaca
ARCHIPEL DES TUAMOTU
(Fr. Poly.)
QATAR
Sapporo
Shenyang
Baotou
Lanzhou
Indian
claim
Line of
Actual
Control
YEMEN
ERITREA
Khartoum
Kisangani
(EQUA. GUI.)
(BRAZIL)
Recife
Persian
Gulf
Manama
Doha
ARABIA
¯
Kandahar
Vladivostok
Gre
Lima
Papeete
Omdurman
CHAD
Libreville REP. OF
THE
GABON
CONGO
Sao Tome
Natal
BRAZIL
PERU
Cook Islands
(N.Z.)
Fortaleza
BAHRAIN
Riyadh
Changchun
Urumqi
1972
Line of Control
Shiraz
KURIL
ISLANDS
Harbin
Bishkek
KYRGYZSTAN
Port Sudan
NIGER
SAO TOME AND PRINCIPE
Equator
ARQUIPELAGO DE
FERNANDO DE NORONHA
Sao Luis
Teresina
ÎLES MARQUISES
(Fr. Poly.)
SAUDI
EGYPT
MALI
MONGOLIA
Kashi
Dushanbe
TAJIKISTAN
Kabul
AFGHANISTAN Islamabad
IRAN
KUWAIT
SUDAN
Georgetown
Paramaribo
French Guiana
VENEZUELA
Bogotá
COLOMBIA
MAURITANIA
Esfahan
Kuwait
Aswan
Tombouctou
SÃO PEDRO E SÃO PAULO
(U.S.)
LI BYA
Dakar
SENEGAL
Niamey
Banjul
BURKINA
Bamako
FASO
THE GAMBIA
Kano
Ouagadougou
Bissau
N'Djamena
GUINEA
GUINEA-BISSAU
BENIN
NIGERIA
Conakry
Abuja
CÔTE
TOGO
Freetown
Ogbomoso
D'IVOIRE GHANA
SIERRA
Ibadan
Yamoussoukro
CENTRAL
LEONE
Lagos
Lomé
AFRICAN REPUBLIC
Accra
Monrovia
PortoAbidjan
CAMEROON
LIBERIA
Novo
Bangui
Douala
Malabo
Yaounde
EQUATORIAL GUINEA
PENEDOS DE
Gulf of Guinea
Quito
Jarvis
Island
K I R I B A T I
ALGERIA
Ashgabat
Mashhad
Al Basrah
JORDAN
Cairo
Al Jizah
Tashkent
TURKMENISTAN
Khabarovsk
Ulaanbaatar
Lake Balkhash
UZBEKISTAN
Baku
Tehran
IRAQ
Baghdad
Tel Aviv-Yafo
ISRAEL
Alexandria
Jerusalem Amman
- Banghazi
Caspian
Sea
Tabriz
Damascus
(U.S.)
Sakhalin
Aral
Sea
Mosul
Kirkuk
Aleppo
SYRIA
LEB.
Beirut
ALEUTIAN ISLANDS
Petropavlovsk-Kamchatskiy
Irkutsk
Qaraghandy
(Karaganda)
KAZAK H STAN
ARMENIA AZERBAIJAN
Adana
Nicosia
CYPRUS
Barnaul
Atyrau
(Atyrau)
Sea of
Okhotsk
Lake
Baikal
Novosibirsk
Omsk
Astana
Yerevan
TURKEY
Konya
Chelyabinsk
Ufa
Tbilisi
Ankara
Bursa
Krasnoyarsk
Samara
GEORGIA
·Istanbul
·Izmir
Athens
Tripoli
Praia
TRINIDAD AND
TOBAGO
Caracas
Medellín
Cali
Equator
BULGARIA
MACEDONIA
GREECE
(IT.)
(GR.)
Mediterranean SeaCrete
MOROCCO
CAPE VERDE
Port-of-Spain
Maracaibo
Colon
Panama
PANAMA
Isla de
Malpelo
Kiritimati
(Christmas Island)
(KIRIBATI)
Sofia
Skopje
ALB.
Tirana
Palermo
Red
Sea Jiddah
Mecca
Caribbean Sea
Isla del Coco
(COSTA RICA)
Palmyra Atoll (U.S.)
(IT.)
Tunis MALTA
Valletta
TUNISIA
Western
Sahara
Port-au- REPUBLIC
Prince
HAITI Santo Puerto
Domingo Rico
(U.K.)
San Jose Cartagena
Clipperton Island
Kingman Reef (U.S.)
Rome
Naples
Sardinia
Sicily
Algiers
(U.K.)
Cayman Is.
BELIZE
Belmopan
VATICAN
CITY
(FR.)
BALEARIC
ISLANDS
(SP.)
Oran
(SP.)
Yekaterinburg
Almaty
Black Sea
Turks and
Caicos Islands
GUATEMALA HONDURAS
Tegucigalpa
Guatemala
San Salvador
NICARAGUA
EL SALVADOR
Managua
(U.S.)
Corsica
Barcelona
Valencia
Gibraltar (U.K.)
Melilla
Rabat
Laayoune
(El Aaiún)
THE
BAHAMAS
Nassau
Miami
SER.&
MONT.
60
Bering Sea
Perm'
Kazan'
O
Leon
Marseille
BOS. & HER.
ITALY Sarajevo
Marrakech
CANARY ISLANDS
(SP.)
Havana
MEXICO
Moscow
OT
Matamoros
Mazatlan
Nizhniy
Novgorod
Yaroslavl'
(JA
Monterrey
Tropic of Cancer (23 deg 27')
Casablanca
Jacksonville
San Antonio
Honolulu
Magadan
St. Petersburg
H
- S
P O PAN)
Houston
Anadyr'
Helsinki
Tallinn EST.
Baltic
Riga LAT.
Sea
LITH.
M
Ciudad Juárez
ANDORRA
SPAIN
Sevilla
Ceuta (SP.)
OCEAN
Turin MARINO
MONACO
Madrid
PORTUGAL
Lisbon
AT LAN T I C
Atlanta
Dallas
El Paso
St. Pierre
and Miquelon
Halifax
Lake Ontario
Lake Erie
Columbus
STATE S
Gulf of
St. Lawrence
Quebec
Montreal
Chukchi
Sea
Yakutsk
NA
San Diego
Tijuana
Mexicali
30
Phoenix
Cleveland
Indianapolis
St. Louis
Denver
UNITED
San Francisco
Detroit
Chicago
Salt Lake City
PAC I F I C
OCEAN
Lake
Michigan
Minneapolis
Portland
Lake
Huron
Ottawa
Stockholm
DENMARK
R U S S I A
Copenhagen
RUSSIA
Vilnius
Minsk
Manchester
Isle of
Dublin Man
(U.K.)
POLAND
Hamburg
BELARUS
IRELAND KINGDOM Amsterdam
Warsaw
Voronezh
NETH.
Saratov
Cologne Berlin
Lodz
London
Kiev
GERMANY
Brussels
Krakow L'viv
Prague
CelticGuernsey (U.K.)
Lille
Luxembourg CZECH REP.
UKRAINE
BELGIUM
Kharkiv
Sea
Jersey (U.K.)
SLOVAKIA
LUX.
Munich
Paris
Bratislava
Volgograd
Vienna
MOLDOVA
LIECH.
Donets'k
AUSTRIA
Budapest
Chisinau
FRANCE SWITZ.
Rostov
HUNGARY
Bern Ljubljana
ROMANIA
Odesa
SLOVENIA
Sea of
Bay of
Lyon
Milan Zagreb CROATIA Belgrade
Azov
Bucharest
Biscay
SAN
Island of
Newfoundland
Lake
Superior
Oslo
North
Sea
UNITED
Glasgow
Belfast
Arkhangel'sk
FINLAND
Gulf
of
Bothnia
(DEN.)
Bergen
Labrador
Sea
Winnipeg
Vancouver
Seattle
Tershavn
(U.K.)
Lake
Winnipeg
Calgary
Reykjavik
Cherskiy
Arctic Circle (66 deg 33')
White Sea
SWEDEN
Faroe
Islands
Rockall
Edmonton
DS
ISLAN
ALE
Nuuk (Godthab)
Wrangel
Island
East Siberian Sea
Tiksi
Noril'sk
Murmansk
NORWAY
ICELAND
Denmark
Strait
Hudson
Bay
Churchill
CANADA
180
ARCTIC OCEAN
NEW SIBERIAN ISLANDS
Laptev Sea
-
Davis
Strait
Yellowknife
Anchorage
Barents Sea
Norwegian
Sea
Jan Mayen
(NORWAY)
Iqaluit
150
120
SEVERNAYA
ZEMLYA
Kara Sea
NOVAYA
ZEMLYA
(DENMARK)
Baffin
Island
(Frobisher Bay)
(NORWAY)
Greenland
Baffin
Bay
(Resolute)
Great
Bear Lake
Svalbard
-
Kaujuitoq
Victoria
Island
Arctic Circle (66 deg 33')
Fairbanks
90
60
FRANZ JOSEF
LAND
Longyearbyen
Greenland Sea
IS
LA N
P AN
DS
)
Banks
Island
Beaufort Sea
Barrow
U. S.
Nome
30
0
ARCTIC OCEAN
Qaanaaq
(Thule)
U
30
60
Ellesmere
Island
ISLANDS
Y
90
120
QUEEN ELIZABETH
( JA
150
ARCTIC OCEAN
Macquarie
Island
(AUSTL.)
South Georgia and the
South Sandwich Islands
(administered by U.K.,
claimed by ARGENTINA)
SNARES ISLANDS
(N.Z.)
BOUNTY ISLANDS
(N.Z.)
ANTIPODES ISLANDS
(N.Z.)
Campbell
Island
(N.Z.)
60
SOUTH ORKNEY
ISLANDS
SOUTHERN
OCEAN
SOUTHERN
OCEAN
OCEAN
Antarctic Circle (66 deg 33')
Amery Ice
Shelf
Amundsen Sea
Bellingshausen Sea
Weddell Sea
Ross Sea
Ross Sea
Antarctica
Ronne Ice Shelf
Ross
Ice Shelf
150
120
90
60
30
0
*
Ross Ice Shelf
30
60
Methodenanregungen
90
120
150
180
12
materialien
zu Methode 1: "Geschichte kann Heimat sein"
1. zitate: "was ist heimat?"
Ich kann mit dem Begriff Heimat gar nicht
so viel anfangen, ich denke auch gar nicht
darüber nach. Eigentlich ist es meine Wohnadresse, die Heimat, also wo ich halt meine
Bude und mein Zeug habe und eigentlich
sind Heimat die Leute, die ich mag.
Also wenn meine fünf besten Freunde, die
ich habe, wenn die in Istanbul wohnen würden, dann wäre dort eher meine Heimat.
Und natürlich wenn man mal in Istanbul gewesen ist und dann wieder zurück kommt
und unsere Berge, unsere Seen, unser
Schwarzbrot und unsere Weißwurst wieder
greifbar hat, merkt man schon, dass man
irgendetwas vermisst hat.
&
Franz Xaver Gernstl (* 1951 in Jenbach/Bayern),
Dokumentarfilmer und Produzent
Heimat: im Süden die Berge, im Norden
das Meer. Und dazwischen: Teer.
&
Marc-Uwe Kling (* 1982 in Stuttgart/Baden-Württemberg),
Autor und Kabarettist
13
Materialien
Die Menschen, und nicht die Natur, machen
ein Land heimisch.
&
Hans Christian Andersen
(* 1805 in Odense; † 1875 in Kopenhagen/Dänemark),
Schriftsteller und Dichter
Freundschaft, das ist wie Heimat.
&
Kurt Tucholsky (* 1890 in Berlin; † 1935 in Göteborg/Schweden),
Journalist und Schriftsteller
Die Heimat, das bedeutet: von Zeit zu Zeit
eine Minute der Rührung, aber doch nicht
dauernd.
&
Jules Renard (* 1864 in Chalons-du-Maine; † 1910 in Paris/Frankreich),
Schriftsteller
Geschichte kann Heimat sein.
&
Richard von Weizsäcker (* 1920 in Stuttgart/Baden-Württemberg),
CDU-Politiker und ehemaliger Bundespräsident
Materialien
14
Angela Merkel (* 1954 in Hamburg), CDU-Politikerin und
Bundeskanzlerin
&
Ich hab sie einfach gern, die CDU, das ist
meine Heimat.
Wenn du mich fragst, wo meine Heimat ist,
dann muss ich fragen, ja wann?
&
Gerhard Polt (* 1942 in München/Bayern),
Kabarettist, Autor und Schauspieler
Heimisch in der Welt wird man nur durch
Arbeit. Wer nicht arbeitet, ist heimatlos.
&
Berthold Auerbach
(* 1812 in Nordstetten/Baden-Württemberg, † 1882 in Cannes/Frankreich),
Schriftsteller
Dein Koffer – meine Heimat.
&
Mahmud Darwish (* 1941 in Akko/Palästina; † 2008 in Houston/Texas),
Dichter
15
Materialien
Am Tage, da ich meinen Paß verlor, entdeckte
ich mit achtundfünfzig Jahren, daß man mit
seiner Heimat mehr verliert als einen Fleck
umgrenzter Erde.
&
Stefan Zweig (* 1881 in Wien/Österreich; † 1942 in Petrópolis/Brasilien),
Schriftsteller
Heimat ist kein geographisch lokalisierbarer
Ort, sondern ein geistiges Gebilde, das erst
durch Sprache erfahrbar wird.
&
Adel Karasholi (* 1936 in Damaskus/Syrien),
Schriftsteller
Heim kommt man nie, aber wo befreundete
Wege zusammenlaufen, da sieht die ganze
Welt für eine Stunde wie Heimat aus.
&
Hermann Hesse
(* 1877 in Calw/Baden-Württemberg; † 1962 in Montagnola/Schweiz),
Schriftsteller und Dichter
Materialien
16
Heimat ist nichts Festes, Unwandelbares,
sondern ein Werdendes, stetig sich Äußerndes,
und von unserem Leben und vor allem
unserem Anschauen abhängig.
&
August Endell (* 1871 in Berlin; † 1925 ebenda),
Kunsttheoretiker, Designer und Architekt
Es war so, daß er diese seine Heimatstadt,
zu der er mit allem und jedem in Gegensatz
stand, rechtschaffen haßte. Aber wenn er sich
schmerzhafter zusammengerafft hatte, ihr zu
entfliehen, fand er sich schließlich immer wieder auf dem Punkte, wo sie ihn zäher denn je
umklammert hielt.
&
Max Herrmann-Neiße
(* 1886 in Neiße/Schlesien; † 8. April 1941 in London/Großbritannien),
Schriftsteller
Wer die Enge seiner Heimat begreifen will,
der reise. Wer die Enge seiner Zeit ermessen
will, studiere Geschichte.
&
Kurt Tucholsky (* 1890 in Berlin; † 1935 Göteborg/Schweden),
Journalist und Schriftsteller
17
Materialien
Heimat und Vaterland sind etwas
grundsätzlich anderes.
&
Johann Heinrich Pestalozzi (* 1746 in Zürich; † 1827 in Brugg/Schweiz),
Pädagoge und Philosoph
Heimat ist nicht dort, wo man wohnt,
sondern wo man liebt und geliebt wird.
&
Karlheinz Deschner (* 1924 in Bamberg/Bayern),
Schriftsteller, Religions- und Kirchenkritiker
Heimat ist das Entronnensein.
Max Horkheimer
(* 1895 bei Stuttgart/Baden-Württemberg; † 1973 in Nürnberg/Bayern)
&
und Theodor W. Adorno
(* 1903 in Frankfurt am Main/Hessen; † 1969 in Visp/Schweiz),
beide Philosophen und Vertreter der Kritischen Theorie
Heimat ist, wo die Rechnungen ankommen.
&
Heiner Müller (* 1929 in Eppendorf/Sachsen; † 1995 in Berlin),
Dramatiker, Schriftsteller und Regisseur
Materialien
18
... so entsteht in der Welt etwas, das allen
in die Kindheit scheint und worin noch
niemand war: Heimat.
Ernst Bloch
(* 1885 in Ludwigshafen/Rheinland-Pfalz; † 1977 in Tübingen/Baden-Württemberg),
&
Philosoph
Nicht da ist man daheim, wo man seinen
Wohnsitz hat, sondern wo man verstanden
wird.
&
Christian Morgenstern
(* 1871 in München/Bayern; † 1914 in Meran/Italien),
Dichter, Schriftsteller und Übersetzer
So sehr Heimat auf Orte bezogen ist,
Geburts- und Kindheitsorte, Orte des Glücks,
Orte, an denen man lebt, wohnt, arbeitet,
Familie und Freunde hat – letztlich hat sie
weder einen Ort, noch ist sie einer. Heimat
ist Nichtort. (...) Heimat ist Utopie.
&
Bernhard Schlink (* 1944 bei Bielefeld/Nordrhein-Westfalen),
Jurist und Schriftsteller
19
Materialien
Der weiche Singsang meiner Großmutter,
das nächtliche Gequake der Frösche, die
Schweine, wenn sie aus ihren Schweinchenaugen blinzeln, das aufgeregte Gegacker
eines Huhnes bevor es geschlachtet wird,
die Nachtviolen und Aprikosenrosen, derbe
Flüche, die unterbittliche Sommersonne
und dazu der Geruch nach gedünsteten
Zwiebeln, mein strenger Onkel Móric, der
plötzlich aufsteht und tanzt. Die Atmosphäre
meiner Kindheit.
So habe ich nach langem Überlegen geantwortet, als mich Jahre später ein Freund gefragt hat, was denn Heimat für mich bedeute (...)
&
Melinda Nadj Abonji (* 1968 in Bečej/Serbien), Schriftstellerin,
Musikerin und Künstlerin
Der Mensch hat immer eine Heimat und
wär es nur der Ort, wo er gestern war und
heute nicht mehr ist. Entfernung macht
Heimat, Verlust Besitz.
&
Alexander von Villers
(* 1812 in Moskau/Russland; † 1880 in Neulengbach/Österreich),
Schriftsteller und Diplomat
Materialien
20
(Ruth Klüger wird von dem Journalisten Felix Zimmermann im Interview gefragt, ob
Menschen eine Heimat brauchen.)
Ruth Klüger: Nein. Ich glaube nicht. Also
ich brauche keine. Wissen Sie, die Welt ist
derartig voller Flüchtlinge und Migranten,
mehr als je. Wenn alle diese Leute eine Heimat brauchten, dann wären sie noch schlechter dran, als sie sowieso sind. Ich bin kein
Baum, ich brauche keine Wurzeln. In diesem
übertragenen Sinne, dass die Kindheit
Wurzel ist: ja. Aber das ist nicht dasselbe
wie ein Boden. Ich habe Füße, keine Wurzeln,
ich kann gehen. Sogar Auto fahren.
&
Ruth Klüger (* 1931 in Wien/Österreich),
Überlebende des KZ Auschwitz und Christianstadt,
Literaturwissenschaftlerin und Schriftstellerin
Ich fühle mich in der ganzen Welt zu
Hause, wo es Wolken und Vögel und
Menschentränen gibt.
&
Rosa Luxemburg (* 1870 in Zamość/Polen; † 1919 in Berlin),
sozialistische Aktivistin und Politikerin
21
Materialien
Man hält die Heimat für den relativ permanenten, die Wohnung für den auswechselbaren, übersiedelbaren Standort. Das
Gegenteil ist richtig: Man kann die Heimat
auswechseln oder keine haben, aber man
muß immer, gleichgültig wo, wohnen. Der
Mensch kann überall wohnen (…) Er ist wie
die Ratte – kosmopolitisch... Wer aus der
Heimat vertrieben wird (oder den Mut aufbringt, von dort zu fliehen), der leidet. Die
geheimnisvollen Fäden, die ihn an Dinge
und Menschen binden, werden zerschnitten.
Aber mit der Zeit erkennt er, daß ihn diese
Fäden nicht nur verbunden, sondern angebunden haben, daß er nun frei ist, neue zwischenmenschliche Fäden zu spinnen und
für diese Verbindungen die Verantwortung
zu übernehmen.
&
Vilém Flusser (* 1920 in Prag/Tschecheslowakei; † 1991),
Medienphilosoph und Kommunikationswissenschaftler
Heimat ist da, wo wir verstehen und
verstanden werden.
&
Karl Theodor Jaspers
(* 1883 in Oldenburg/Niedersachsen; † 1969 in Basel/Schweiz),
Psychiater und Philosoph
Materialien
22
Sprache ist keine Heimat, man nimmt eine
Sprache ja mit in ein anderes Land.
&
Herta Müller (* 1953 in Nitzkydorf/Rumänien),
Schriftstellerin
Mein Vaterland ist Ghana, meine Muttersprache ist deutsch, die Heimat trage ich in
den Schuhen. Als die Mauer fiel, hatte ich
zeitweilig die Befürchtung, erschlagen zu
werden. Nicht viel Angst oder keine große
Angst, aber mehr als sonst.
Seit 1984 lebe und arbeite ich in Westberlin
und bin in dieser Stadt mehr zu Hause als
irgendwo sonst. Dank meines ausgeprägten
Orientierungssinnes verlaufe ich mich jeden
Tag in den Straßen, aber dennoch, im Vergleich zu den Städten, in denen ich bisher
gewohnt und studiert habe, war Berlin stets
ein Ort, an dem ich mich recht geborgen
fühlte.
&
May Ayim (* 1960 in Hamburg; † 1996 in Berlin),
Dichterin, Pädagogin und Aktivistin der afrodeutschen Bewegung
23
Materialien
Wenn dann der Zug an den Rumer Feldern
vorbeifährt (…) und schließlich, zur Linken,
das Schild Innsbruck Hauptbahnhof, dann
breitet sich, ob ich will oder nicht, das Gefühl in mir aus: Jetzt bist du daheim.
Dabei bin ich vor diesem Daheim geflohen,
vor vielen Jahren, und ich wusste genau,
warum, und ich weiß es noch heute, und
es wird sich auch künftig nichts daran ändern,
daß ich hier nicht mehr leben könnte, nicht
ums Verrecken. (…) Jetzt aber bin ich (…)
gekommen, weil ich für alle Zeiten den
Schlamm erkennen und abkratzen will,
der an meinen Wurzeln hängt.
&
Ingrid Strobl (* 1952 in Innsbruck/Österreich),
Journalistin und Autorin
Meine Heimat ist meine Frau.
Da, wo sie lebt, möchte ich sein.
&
Peter Alexander (* 1926 in Wien/Österreich; † 2011 ebenda),
Sänger, Schauspieler und Entertainer
Materialien
24
İnsanın vatanı doğduğu yer değil, doyduğu
yerdir.
Heimat ist nicht da, wo man geboren ist,
sondern da, wo man satt wird.
&
Türkisches Sprichwort
Man muss Heimat haben, um sie nicht
nötig zu haben.
&
&
Jean Améry
(* 1912 in Wien/Österreich; † 1978 in Salzburg/Österreich),
Schriftsteller, Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus
und Opfer des Nationalsozialismus
25
Materialien
zu Methode 2: Erinnerungen: "Schon so viele Jahre her!"
2. historische fotografien aus berlin
Oben:
Filmstill aus "Chaja & Mimi"
Herta Striks und Mimi Dzialowski mit ihren Müttern und
vermutlich ihren Geschwistern, 1926
Fotograf: Unbekannt
Kameramann: Albrecht von Grünhagen
Rechte: Eric Esser
Links:
Jüdischer Fleischerladen,
Linienstraße 27 (Mitte), Oktober 1931
Fotograf: Steinhäuser, Rudolf
Rechte: Landesarchiv Berlin
Signatur: F Rep. 290 (01) Nr. 0004107
Materialien
26
Oben:
Warenhaus Wertheim; Rosenthaler Straße (Bezirk Mitte)
Ecke Neue Schönhauser Straße, 1928
Fotograf: Titzenthaler, Waldemar / Rechte: Landesarchiv
Berlin / Signatur: F Rep. 290 (03) Nr. II2279
Links:
Oranienburger Straße mit Synagoge (Bezirk Mitte),1931
Fotograf: Ernst, Z., Rechte: Landesarchiv Berlin
F Rep. 290 (01) Nr. 0284473
27
Materialien
zu Methode 3: Fiktives Interview
3a. glossar
mmAlijah
Hebräischer Begriff für Einwanderung nach Israel, wörtlich: "Aufstieg".
mmAntisemitismus
Beim Antisemitismus handelt es sich um eine Denkweise, die sich im Verlauf des 19. Jahrhunderts herausbildete: Kennzeichnend für sie ist die pauschale und allumfassende Ablehnung von Juden und Jüdinnen. Diese Auffassung wurde im Zuge der Gründung des Deutschen Reichs (1871) zu einer Weltanschauung. Von der religiösen Judenfeindschaft unterscheidet sich der moderne Antisemitis-
mus insofern, als er sich gerade nicht auf das religiös motivierte Vorurteil, also den christlichen Judenhass bezieht, sondern dem Judenhass eine scheinbar
wissenschaftliche Grundlage verlieh. Der Begriff Antisemitismus wird heute oft als Oberbegriff für alle Formen von Judenfeindschaft gebraucht.
mmAprilboykott
Kurz nach der Machtübernahme der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiter-
partei (NSDAP) organisierte die Parteileitung am 1. April 1933 einen landesweiten Boykott von Geschäften, Arztpraxen und Anwaltskanzleien, die von Juden und Jüdinnen betrieben wurden. In vielen Städten ging der Boykott mit Plünderungen der Geschäfte und öffentlicher Gewalt gegen die Betreiber*innen einher.
mmJecken/Jeckes
Jecken werden nach Palästina/Israel eingewanderte Juden und Jüdinnen aus dem deutschsprachigen Raum genannt.
mm Jiddisch
Jiddisch (wörtlich jüdisch, kurz für jiddisch-daitsch, jüdisch-deutsch) ist eine rund tausend Jahre alte Sprache, die von Juden und Jüdinnen in weiten Teilen Euro-
pas früher gesprochen und geschrieben wurde und bis heute erhalten ist.
Jiddisch ist aus dem Mittelhochdeutschen hervorgegangen.
mmKaschrut/koscher
Die Jüdischen Speisegesetze sind religionsgesetzliche Vorschriften für die Zube-
reitung und den Genuss von Speisen und Getränken – vergleichbar den mus-
limischen Vorschriften, hier: halal. Nach diesen Vorschriften werden Lebensmittel in solche eingeteilt, deren Verzehr erlaubt ist (jiddisch: "koscher"), und solche, die verboten sind (jiddisch: "trefe"). Der Umgang mit den religiösen Speisevor-
schriften ist sehr unterschiedlich und umfasst ein Spektrum von striktester Ein-
haltung durch orthodoxe (streng religiöse) bis hin zu völliger Nichtbeachtung durch säkulare (weltliche) Juden und Jüdinnen.
Materialien
28
Hebräisch
Modernes Hebräisch (Ivrith) ist die in Israel meistverbreitete Sprache und
neben Arabisch die Amtssprache des Staates. Heute sprechen etwa fünf Millio-
nen Menschen hebräisch. Ivrit wird von rechts nach links geschrieben.
mmModernes
mmPogrom
Pogrom ist ein russisches Wort für "Massaker, Verwüstung" und bezeichnet die gewaltsame Ausschreitung gegen eine Gruppe von Menschen. Im Zuge der mit-
telalterlichen Judenverfolgungen wurde der Begriff Pogrom für Gewaltexzesse gegen Juden und Jüdinnen verwendet. Als Reichspogromnacht bezeichnet man die antisemitischen Ausschreitungen und die Zerstörung jüdischer Geschäfte und Synagogen am 9. November 1938 in Deutschland.
mmSabbat
Der Sabbat (auch Schabbat) ist der siebte Wochentag, ein Ruhetag, an dem keine Arbeit verrichtet werden soll. Er beginnt wie alle Tage im jüdischen Kalender am Abend und dauert von Sonnenuntergang am Freitag bis zum Eintritt der Dunkel-
heit am folgenden Samstag.
mmShoah
Shoah (auch Schoah) ist ein hebräisches Wort, das Katastrophe oder Zerstörung bedeutet. Seit dem Zweiten Weltkrieg steht der Begriff für den millionenfachen Mord an den europäischen Juden und Jüdinnen durch das nationalsozialistische Regime zwischen 1933 und1945.
mmZionismus
29
Der Zionismus entstand im späten 19. Jahrhundert in Europa als politisch-reli-
giöse jüdische Nationalbewegung, die die Errichtung einer nationalen Heimstätte für Juden und Jüdinnen anstrebte und 1948 die Gründung des Staates Israel erreichte. Namensgeber ist "Zion" – der Tempelberg in Jerusalem.
Materialien
3b. die biografien von chaja florentin und mimi frons
Es wäre einen Eintrag in das "Guinnes Buch der Rekorde" wert, hat Mimi einmal
gegenüber einem Journalisten gesagt: Die beiden Frauen sind seit über 80 Jahren
miteinander befreundet. Schon ihre Eltern verband eine Freundschaft.
Chajas Eltern waren während der Weimarer Republik als sogenannte "Ostjuden"
aus Lviv/Lemberg und Vyzhnytsia/Wiznitz (beide Städte liegen heute in der Ukraine)
nach Deutschland gekommen und wohnten in Berlin-Mitte in der Linienstraße. Damals kamen viele Juden und Jüdinnen aus Osteuropa nach Berlin, teils in der Hoffnung auf ein besseres Leben, teils um der Armut zu entgehen, teils flohen sie vor zunehmendem Antisemitismus und Pogromen. Michael und Leonie Striks machten sich
selbstständig: Chajas Mutter führte einen modernen Waschsalon und ihr Vater besaß
ein Textilunternehmen. Damit wurde die Familie zwar nicht reich, konnte sich aber
eine schöne Wohnung leisten und ein Kindermädchen beschäftigen. Chaja wurde als
erstes Kind 1921 geboren, es folgten eine Schwester und ein Bruder.
Mimis Familie kam ebenfalls aus Osteuropa, Mimi lebte mit ihren Eltern Bella und
David Dzialowski sowie ihren Schwestern Margot und Hella in Berlin-Mitte in der Auguststraße. Die Dzialowskis waren wohlhabend, der Vater war im Textilhandel tätig.
Chajas und Mimis Familien waren befreundet, die Töchter gingen in denselben Kindergarten. Sie verbrachten ihre Freizeit zusammen und besuchten später dieselbe
Grundschule. Gemeinsam nahmen sie am jüdischen Religionsunterricht teil und lernten dort hebräisch lesen und schreiben.
1933 änderte sich die politische Situation in Deutschland: Die Nationalsozialistische
Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) gewann die Wahlen und begann umgehend mit
der Ausgrenzung, Entrechtung und Verfolgung von Juden und Jüdinnen, Sinti und
Roma sowie politischen Gegner*innen. Im selben Jahr wurde ein jüdischer Arbeitskollege und Freund der beiden Väter von jungen Nazis in einer Kneipe brutal ermordet
– auch sie selbst erhielten Drohungen und die Aufforderung auszureisen. Daraufhin
beschlossen die beiden Familien, Deutschland umgehend zu verlassen. Es blieb kaum
Zeit, die Geschäfte und Wohnungen aufzulösen.
Mimi war zwölf Jahre alt, als ihre Familie zunächst nach Frankreich floh, um von dort
aus weiter mit dem Schiff nach Palästina zu kommen. Sie hofften, dort eine neue,
sichere Heimat zu finden. Palästina befand sich seit dem 1.Weltkrieg unter britischem
Mandat, schon seit einigen Jahren bemühten sich zionistische Gruppen darum, dort
einen demokratischen, jüdischen Staat aufzubauen. Auch die Familie von Chaja hoffte dort Zuflucht zu finden: Sie reisten zunächst in die Tschechoslowakei, dann über
Ungarn und Jugoslawien in die Türkei, weiter nach Syrien bis in den Libanon. Dort
gaben hilfsbereite, libanesische Polizisten den Flüchtlingen den Tipp, wer sie nachts
über die Grenze nach Palästina bringen könnte. Nach einem Jahr auf der Flucht
erreichten sie endlich ihr Ziel.
Materialien
30
Nur wenigen Mitgliedern beider Familien gelang es, sich vor der nationalsozialistischen Gewalt und dem Terror in Sicherheit zu bringen, viele Onkel, Tanten, Cousinen
und Cousins wurden von den Deutschen und ihren Helfer*innen ermordet.
Die Familien trafen sich in Tel Aviv wieder und bauten sich dort ein neues Leben auf.
Sie lebten beengt in kleinen Wohnungen und mussten hart arbeiten, um über die
Runden zu kommen. Die Väter gründeten ein kleines Wäscheunternehmen, welches
Restaurants mit Handtüchern, Tischdecken usw. belieferte. Die 13-jährige Chaja ging
nicht länger zur Schule, sondern ging arbeiten, um ihre Familie finanziell zu unterstützen. Auch Mimi musste ihre Familie unterstützen, sie arbeitete als Verkäuferin in
einem Schuhgeschäft.
Ein paar Jahre später lernte Chaja ihren Mann Chaim Vital Florentin kennen, dessen
Familie ursprünglich aus Griechenland stammte. Chaim und Chaja heirateten und bekamen zwei Söhne, Yossi und Dubi. Die Familie Florentin war vermögend und Chajas
Schwiegervater als wohltätig bekannt – nach ihm wurde sogar ein Stadtviertel in Tel
Aviv benannt: Florentin. Chaja war Bildung stets wichtig, doch sie konnte nie einen
Schulabschluss machen. Später hat sie sich fortgebildet und Privatunterricht genommen. Im Alter von 60 Jahren hat sie dann an der Universität Literatur studiert.
Mimi lernte Yehoshua Frons kennen, er besaß ein Geschäft, das Taschen herstellte.
Die beiden heirateten und Mimi brachte zwei Kinder zur Welt, Joseph und Arik. Später arbeitete Mimi ab und zu ebenfalls im Taschengeschäft.
Chaja und Mimi trafen sich über viele Jahre hinweg mehrmals in der Woche mit
ihren Freundinnen in ihrem Lieblingscafé im Zentrum Tel Avivs. Alle Frauen kamen
ursprünglich aus Österreich und Deutschland. In Israel werden Menschen mit einem
deutschen Migrationshintergrund auch "Jecken" genannt. Mimi blieb Deutschland
über das Satellitenfernsehen verbunden – viele Jahre schaute sie sich die Sendung
"Wer wird Millionär?" mit Günther Jauch im deutschen Fernsehen an, sie war ein
großer Fan.
Die Ehemänner von Mimi und Chaja sind schon vor einigen Jahren verstorben. Mimi
Frons starb am 21. Juli 2010. Chaja lebt heute in einem Pflegeheim bei Tel Aviv. Beide hinterlassen Enkel- und Urenkelsöhne und -töchter, viele leben mittlerweile in den
USA. Beide Familien sind bis heute miteinander freundschaftlich verbunden.
31
Materialien
3c. kommentar des regisseurs
Im Frühjahr 2006, während eines Aufenthalts in Israel, traf ich eine israelische Freundin, die zuvor ein paar Jahre in Berlin gelebt hatte. Zu der Zeit arbeitete sie im Café
Mersand in Tel Aviv. Es war gerade sehr viel Betrieb, und sie hatte keine Zeit. Daher
schnappte sie mich und sagte: "Ich muss dir mal ein paar Leute vorstellen – ich bin
mir sicher, du wirst sie lieben." Ehe ich mich versah, saß ich in der hinteren Ecke
an einem Tisch, umrundet von ungefähr zehn älteren Damen, die alle miteinander
deutsch sprachen, mit unterschiedlichen Akzenten: aus dem Ruhrpott, aus Wien oder
Berlin, um nur einige zu nennen.
Die folgenden drei Stunden sollte ich diesen Tisch nicht mehr verlassen. Ich hatte ein
sehr anregendes Gespräch mit den Damen und war für sie wohl ein frischer Wind in
vertrauter Runde. Sie erzählten mir viele interessante, spannende und leider oft auch
tragische Geschichten aus ihrem Leben. Und ich erzählte ihnen von meinem Studium
an der Filmschule. Ich erfuhr, dass sich die Runde dreimal die Woche trifft. Früher
hatten sich die Männer der Gruppe hier getroffen, aber nachdem viele von ihnen gestorben sind, führen die Frauen seit ungefähr 15 Jahren diese Tradition fort.
Aus dem Kreis dieser Damen entwickelte sich eine besondere Freundschaft zu Chaja
Florentin und Mimi Frons. Ich besuchte sie im Café, wann immer ich in Israel war.
Chaja erkundigte sich stets nach meiner Ausbildung "zum Journalisten" und versicherte mir, wenn ich mal in Israel einen Film drehen wolle, dann würden sie und Mimi
"mir gerne dabei helfen". Lange verstand ich nicht, was sie damit meinte, aber als
sie mir im Frühjahr 2008 sagte, es müsse schnell gehen, denn sie hätten schon "ein
paar Angebote von oben bekommen", ist bei mir der Groschen gefallen.
Glücklicherweise schrieb das Bundespresseamt kurz darauf einen Wettbewerb für
Filmschulen aus. Ich reichte die Idee mit Chaja und Mimi ein, und mein Vorschlag
wurde angenommen. Im Sommer 2008 drehten wir mit den beiden 17 Tage lang in
Tel Aviv. Der Dreh war nicht einfach, denn es gab verständlicherweise auch subtile
Vorbehalte. Ein wirkliches Vertrauen, welches für eine dokumentarische Filmarbeit
unerlässlich ist, musste erst noch heranreifen.
Ich habe den beiden den fertigen Film geschickt und mir dabei vorgestellt, wie sie
sich ihn wohl anschauen und sich dabei gegenseitig beim Sehen und Hören helfen
würden. Kurze Zeit später bekam ich von Mimi Frons eine Weihnachtspostkarte. Sie
und Chaja fühlten sich gut getroffen, für sie sei es "ein perfekter Film". Mimi Frons ist
leider 2010 gestorben. Ich bin nicht mehr so oft in Israel wie früher, aber mit Chaja
Florentin telefoniere ich noch jedes Jahr zum Passah-Fest, zu Rosh-HaShanah (dem
jüdischen Neujahrsfest) und natürlich zu ihrem Geburtstag. Jedes Mal sagt sie mir,
dass sie noch vor zehn Jahren niemals geglaubt hätte, einmal einen Deutschen ins
Herz zu schließen. Und ich freue mich jedes Mal darüber.
Materialien
32
3d. porträt des regisseurs
Eric Esser, Jahrgang 1975. Erster Kurzfilm 2003.
Arbeitet seit Abschluss des Studiums der Medieninformatik in einem unabhängigen sozialwissenschaftlichen Institut, dem Wissenschaftszentrum
Berlin. Rettet sich 2005 auf die Filmarche, eine
selbstverwaltete Filmschule in Berlin, und wählt
den Studienschwerpunkt Dokumentarfilm-Regie.
Dort ist er verantwortlich für verschiedene Vorlesungen und Workshops. Inzwischen ist er Mitglied
des Ältestenrats der Filmarche und engagiert sich
außerdem im Berufsverband der Dokumentarfilmer AG DOK.
Seit Herbst 2014 besucht er den Masterstudiengang Dokumentarfilm an der Filmuniversität in
Babelsberg.
Eric Esser lebt und arbeitet an Berlin.
33
Materialien
zu Methode 4: Flucht und Migration und ihre Wege
4a. weltkarte
Political Map of the World, April 2005
AUSTRALIA
Independent state
Bermuda
Dependency or area of special sovereignty
Sicily / AZORES
Island / island group
150
Capital
90
120
30
60
0
ARCTIC OCEAN
Scale 1:35,000,000
Robinson Projection
standard parallels 38 deg N and 38 deg S
ARCTIC
Ellesmere
Island
QUEEN ELIZABETH
Greenland Sea
ISLANDS
Banks
Island
Beaufort Sea
Qaanaaq
(Thule)
Kaujuitoq
Greenland
Baffin
(Resolute)
Barrow
(DENMARK)
Bay
Victoria
Island
N
Jan Mayen
Baffin
Island
(NORWAY)
Arctic Circle (66 deg 33')
U. S.
Nome
Great
Bear Lake
Fairbanks
Iqaluit
Davis
Strait
(Frobisher Bay)
Yellowknife
Anchorage
60
Gulf of Alaska
TIAN
ALEU
Great
Slave Lake
Whitehorse
Juneau
Churchill
CANADA
Vancouver
Bergen
Toronto
Milwaukee
UNITED
Los Angeles
San Diego
Tijuana
Mexicali
30
Phoenix
STATE S
(FRANCE)
Houston
NORTH
Washington, D.C.
AZORES
(PORT.)
OCEAN
MADEIRA
ISLANDS
(PORT.)
Tropic of Cancer (23 deg 27')
Matamoros
CANARY ISLANDS
(SP.)
Havana
MEXICO
Leon
Merida
Guadalajara
Mexico
(U.S.)
ISLAS
REVILLAGIGEDO
(MEXICO)
Johnston Atoll
Cancun
Veracruz
Puebla
Oaxaca
Acapulco
BELIZE
Belmopan
COSTA
RICA
(FRANCE)
Caribbean Sea
Aruba
(NETH.)
Barranquilla
0
Anguilla (U.K.)
Nouakchott
ST. KITTS AND NEVIS
ANTIGUA AND BARBUDA
Guadeloupe (FR.)
CAPE VERDE
DOMINICA
(U.K.)
Martinique (FR.)
ST. LUCIA
Port-of-Spain
TRINIDAD AND
TOBAGO
Georgetown
Paramaribo
French Guiana
VENEZUELA
GUYANA
Bogotá
(FRANCE)
SURINAME Cayenne
COLOMBIA
GALAPAGOS
ISLANDS
(U.S.)
(ECUADOR)
(BRAZIL)
ECUADOR
Guayaquil
Belem
Manaus
Iquitos
ÎLES MARQUISES
(Fr. Poly.)
Trujillo
Lima
SOCIETY
ISLANDS
(Fr. Poly.)
Papeete
La Paz
Santa Cruz
F r e n c h
Sucre
P o l y n e s i a
ÎLES TUBUAI
Adamstown
SOUTH
Easter Island
(CHILE)
Isla Sala y Gómez
(CHILE)
Isla San Felíx
(CHILE)
Isla San Ambrosio
Asuncion
San Miguel
de Tucuman
St. Helena
AT LAN T I C
Martin Vaz
(BRAZIL)
(St. Helena)
OCEAN
Rio de Janeiro
Sao Paulo
Antofagasta
Pitcairn Islands
(U.K.)
Ascension
(BRAZIL)
PARAGUAY
(23 deg 27')
Annobon
(EQUA. GUI.)
(St. Helena)
Trindade
Tropic of Capricorn
(Fr. Poly.)
Recife
Belo
Horizonte
(FRANCE)
Sao Tome
Natal
Brasilia
Goiania
BOLIVIA
Arequipa
M
Gulf of Guinea
(BRAZIL)
Salvador
Lago
Titicaca
ARCHIPEL DES TUAMOTU
(Fr. Poly.)
EQUATORIAL GUINEA
SAO TOME AND PRINCIPE
Equator
Maceio
Cusco
Cook Islands
(N.Z.)
Fortaleza
BRAZIL
PERU
MALI
SENEGAL
ARQUIPELAGO DE
FERNANDO DE NORONHA
Sao Luis
Teresina
K I R I B A T I
MAURITANIA
Tombouctou
Dakar
PENEDOS DE
SÃO PEDRO E SÃO PAULO
Quito
Jarvis
Island
ALGERI
Niamey
Banjul
BURKINA
Bamako
FASO
THE GAMBIA
Ouagadougou
Bissau
GUINEA
GUINEA-BISSAU
BENIN
N
Conakry
CÔTE
TOGO
Freetown
Ogb
D'IVOIRE GHANA
SIERRA
Ibada
Yamoussoukro
LEONE
Lagos
Lomé
Accra
Monrovia
PortoAbidjan
LIBERIA
Novo
Praia
ST. VINCENT AND
THE GRENADINES
BARBADOS
Neth. Antilles
(NETH.)
GRENADA
Caracas
Medellín
Cali
Equator
(U.K.)
Maracaibo
Colon
Panama
PANAMA
Isla de
Malpelo
Kiritimati
(Christmas Island)
(KIRIBATI)
British Virgin
Islands
(U.S.)
Montserrat
(U.S.)
Isla del Coco
(COSTA RICA)
Palmyra Atoll (U.S.)
(SP.)
Rabat
MOROCCO
(U.K.)
DOMINICAN
San Jose Cartagena
Clipperton Island
Kingman Reef (U.S.)
Algier
Western
Sahara
Port-au- REPUBLIC
Prince
JAMAICA
Kingston Navassa HAITI Santo Puerto
Domingo Rico
Island
GUATEMALA HONDURAS
Tegucigalpa
Guatemala
San Salvador
NICARAGUA
EL SALVADOR
Managua
(U.S.)
BALEAR
ISLAND
(SP.)
Oran
Turks and
Caicos Islands
CUBA
Cayman Is.
(U.K.)
Gibraltar (U.K.)
Melilla
Laayoune
(El Aaiún)
THE
BAHAMAS
Nassau
Miami
SPAIN
Marrakech
Jacksonville
Gulf of Mexico
Mazatlan
Honolulu
HAWAIIAN
ISLANDS
Casablanca
MON
Marseille
Barcelon
Valencia
Sevilla
Ceuta (SP.)
San Antonio
Monterrey
ANDORRA
Madrid
PORTUGAL
Lisbon
AT LAN T I C
Bermuda
New
Orleans
Lyon
Bordeaux
Bilbao
Boston
(U.K.)
Ciudad Juárez
BELGIUM
LU
Paris
Bay of
Biscay
St. Pierre
and Miquelon
Halifax
Lake Ontario
Lake Erie
Lille
Guernsey (U.K.)
Jersey (U.K.)
Sea
FRANCE
Atlanta
Dallas
El Paso
Manchester
Isle of
Dublin Man
(U.K.)
IRELAND KINGDOM Amsterd
NETH.
London
Brussels
Celtic
Gulf of
St. Lawrence
Quebec
Montreal
New York
Cleveland
Philadelphia
Columbus
Baltimore
Indianapolis
St. Louis
Denver
San Francisco
Detroit
Chicago
Salt Lake City
PAC I F I C
OCEAN
Lake
Michigan
Minneapolis
Portland
NORTH
Glasgow
Belfast
Island of
Newfoundland
Lake
Huron
Ottawa
North
Sea
UNITED
Labrador
Sea
Happy ValleyGoose Bay
Lake
Superior
(DEN.)
(U.K.)
Winnipeg
Seattle
Tershavn
Rockall
Lake
Winnipeg
Calgary
Faroe
Islands
Reykjavik
Hudson
Bay
Edmonton
NDS
ISLA
ICELAND
Denmark
Strait
Nuuk (Godthab)
Curitiba
St. Helena
(CHILE)
(U.K.)
Porto
Alegre
30
CHILE
Cordoba
Mendoza
Santiago
ARCHIPIELAGO
JUAN FERNANDEZ
(CHILE)
Concepción
Rosario
Buenos Aires
URUGUAY
La Plata
ARGENTINA
Montevideo
Bahía Blanca
SOUTH
TRISTAN DA CUNHA(St. Helena)
Gough Island
Puerto Montt
PAC I F I C
(St. Helena)
Comodoro
Rivadavia
OCEAN
Falkland Islands
(Islas Malvinas)
(administered by U.K.,
claimed by ARGENTINA)
Stanley
Bouv
(NO
Punta Arenas
Scotia Sea
Drake
Passage
60
Antarctic Circle (66 deg 33')
SOUTHERN
South Georgia and the
South Sandwich Islands
(administered by U.K.,
claimed by ARGENTINA)
SOUTH ORKNEY
ISLANDS
S
OCEAN
Amundsen Sea
Bellingshausen Sea
Weddell Sea
Ross Sea
A
Ronne Ice Shelf
Ross
Ice Shelf
150
Materialien
120
90
60
30
0
34
30
Svalbard
(NORWAY)
Arctic Circle (66 deg 33')
Anadyr'
Helsinki
SER.&
MONT.
ITALY Sarajevo
Corsica
VATICAN
CITY
(FR.)
Rome
(IT.)
BULGARIA
MACEDONIA
Palermo
Sicily
Konya
Tunis MALTA
Valletta
TUNISIA
Damascus
Beirut
Esfahan
Al Basrah
ARABIA
CHAD
Kano
PAKISTAN
UNITED ARAB
EMIRATES
Muscat
Khartoum
NIGERIA
- Ahmadabad
Malabo
CAMEROON
Douala
Gulf of Aden
Socotra
Djibouti
(YEMEN)
Berbera
SOMALIA
Juba
Bangui
Male
Brazzaville
ANGOLA
(Cabinda)
UGANDA
Kampala
Kisangani
DEMOCRATIC
Medan
Mogadishu
KENYA
OF THE CONGO
Kinshasa
Dodoma
TANZANIA
Lake
Nyasa
Lubumbashi
Victoria
NAMIBIA
Windhoek
(FRANCE)
BOTSWANA
Gaborone
Guam
PHILIPPINES
(U.S.)
Cebu
Hagatna
MARSHALL
ISLANDS
FEDERATED STATES OF MICRONESIA
Koror
Majuro
Palikir
PALAU
Celebes Sea
Tarawa
Equator
Yaren NAURU
District
I N D I A N
Tromelin Island
(FRANCE)
Antananarivo
MADAGASCAR
D
OMakassarN
E
Java Sea
SaintDenis
Reunion
A
PAPUA
NEW GUINEA
Arafura
Sea
EAST
TIMOR
Ashmore and
Cartier Islands
(AUSTL.)
I
Dili
(AUSTL.)
Cocos
(Keeling) Islands
S
Banda Sea
Semarang
Surabaya
Timor
Sea
Darwin
Gulf of
Carpentaria
(AUSTL.)
Port
Louis
MAURITIUS
Cairns
VANUATU
Coral Sea
Islands
ef
Tokelau
(N.Z.)
SAMOA
Apia
Mata-Utu
(FRANCE)
Pago Pago
Wallis and
Futuna
Coral
Sea
Port-Vila
(AUSTL.)
FIJI
American
Samoa
Suva
Niue
(N.Z.)
(U.S.)
New
Caledonia
(FRANCE)
Nuku'alofa
TONGA
Noumea
Tropic of Capricorn (23 deg 27')
(FRANCE)
Funafuti
TUVALU
Honiara
Re
Howland Island (U.S.)
Baker Island (U.S.)
0
K I R I B A T I
SOLOMON
ISLANDS
Port
Moresby
O C E A N
(FRANCE)
Europa Island
N
Christmas Island
(FRANCE)
(administered by FRANCE,
claimed by COMOROS)
Mozambique
Channel
Bassas
da India
Manila
SPRATLY
ISLANDS
Bandung
Glorioso Islands
Juan de Nova
Island (FR.)
Beira
(U.S.)
Saipan
Barier
MALAWI
ZIMBABWE
Diego
Garcia
SEYCHELLES
MOZAMBIQUE
Harare
South China
Sea
Jakarta
Mayotte
Lusaka
Wake Island
Northern
Mariana
Islands
at
ZAMBIA
I
(U.K.)
COMOROS
Namibe
VIETNAM
Tropic of Cancer (23 deg 27')
Philippine
(U.S.)
Bandar Seri
Begawan
BRUNEI
Kuala
Lumpur
M A L A Y S I A
Singapore
SINGAPORE
British Indian
Ocean Territory
Dar es Salaam
Moroni
Lilongwe
(JAPAN)
Gre
ANGOLA
Marcus Island
Sea
Ho Chi Minh City
(U.S.)
Palembang
Mombasa
BURUNDI
30
Midway
Islands
Pontianak
Lake Nairobi
Victoria
Bujumbura
Lake
Tanganyika
K
Davao
RWANDA Kigali
REPUBLIC
Luanda
Walvis Bay
SRI
LANKA
U
PARACEL
ISLANDS
CAMBODIA
NICOBAR
ISLANDS
(INDIA)
MALDIVES
Libreville REP. OF
THE
GABON
CONGO
e
Colombo
Y
Hainan
Dao
Hue
Phnom Penh
Gulf of
Thailand
Andaman
Sea
Laccadive
Sea
Gulf of
Vientiane Tonkin
Bangkok
ANDAMAN
ISLANDS
(INDIA)
(INDIA)
Yaounde
LAOS
THAILAND
Bengal
Chennai
(Madras)
R
Taiwan
Hong Kong
Luzon Strait
Macau S.A.R.
S.A.R.
Nanning
Hanoi
Chiang
Mai
Rangoon
LAKSHADWEEP
ETHIOPIA
CENTRAL
AFRICAN REPUBLIC
- Hyderabad
Bangalore
Okinawa
Taipei
Guangzhou
INDIA
Pune
Arabian
Sea
Fukuoka
East China
Sea
Guiyang
BURMA
Yokohama
Shanghai
Nanchang
Changsha
PAC I F I C
OCEAN
Tokyo
Nagoya
Osaka
Pusan
Hangzhou
Kunming
Bay of
Sanaa
Aden
DJIBOUTI
Thimphu
Kolkata Dhaka
(Calcutta)
Nagpur
Wuhan
Chongqing
BANGLADESH
Karachi
Mumbai
(Bombay)
Asmara
Abuja
Kathmandu
Kanpur
YEMEN
Addis
Ababa
bomoso
an
Lhasa
BHUTAN
NEPAL
Lucknow
Jaipur
OMAN
ERITREA
SUDAN
N'Djamena
Chengdu
New
Delhi
OMAN
Yellow
Sea
Qingdao
Zhengzhou
Xi'an
Nanjing
Lahore
Port Sudan
Omdurman
CHINA
Quetta
Abu
Dhabi
Jinan
Lanzhou
Indian
claim
Line of
Actual
Control
NORTH
JAPAN
Seoul
SOUTH
KOREA
O
QATAR
Red
Sea Jiddah
Mecca
Taiyuan
Sea of
Japan
NORTH KOREA
Pyongyang
Tianjin
OT
Persian
Gulf
Manama
Doha
Riyadh
Beijing
(J
BAHRAIN
Kandahar
¯
Sapporo
Shenyang
Baotou
1972
Line of Control
AFGHANISTAN Islamabad
Vladivostok
H
- S
P O PAN)
A
SAUDI
EGYPT
Urumqi
Bishkek
KYRGYZSTAN
Shiraz
KURIL
ISLANDS
Harbin
Changchun
Kashi
Dushanbe
TAJIKISTAN
Kabul
IRAN
KUWAIT
Kuwait
Aswan
NIGER
MONGOLIA
M
LI BYA
Mashhad
Tehran
IRAQ
JORDAN
Cairo
Ashgabat
Baghdad
Tel Aviv-Yafo
ISRAEL
Alexandria
Jerusalem Amman
- Banghazi
Al Jizah
IA
SYRIA
LEB.
CYPRUS
Tashkent
TURKMENISTAN
(U.S.)
NA
Tripoli
Mosul
Kirkuk
Aleppo
Nicosia
(GR.)
Mediterranean SeaCrete
Baku
Tabriz
Adana
(IT.)
rs
UZBEKISTAN
ARMENIA AZERBAIJAN
Yerevan
TURKEY
Athens
Caspian
Sea
Tbilisi
Ankara
Bursa
Khabarovsk
Ulaanbaatar
Lake Balkhash
Aral
Sea
GEORGIA
·Istanbul
·Izmir
GREECE
KAZAK H STAN
Atyrau
(Atyrau)
Almaty
Black Sea
Sofia
Skopje
ALB.
Tirana
Naples
Sardinia
RIC
DS
Volgograd
Rostov
Sea of
Azov
HUNGARY
Milan Zagreb CROATIA Belgrade
Bucharest
SAN
Turin MARINO
BOS. & HER.
na
Kharkiv
Sakhalin
Qaraghandy
(Karaganda)
-
UKRAINE
ALEUTIAN ISLANDS
Petropavlovsk-Kamchatskiy
Irkutsk
Astana
-
AUSTRIA
Ljubljana
SLOVENIA
Barnaul
Saratov
Sea of
Okhotsk
Lake
Baikal
Novosibirsk
Omsk
IS
LA N
DS
AN
)
Bern
Voronezh
Bratislava
MOLDOVA
Donets'k
Budapest
Chisinau
ROMANIA
Odesa
Vienna
LIECH.
SWITZ.
Chelyabinsk
Ufa
Kiev
SLOVAKIA
Krasnoyarsk
Samara
BELARUS
L'viv
60
Bering Sea
Yekaterinburg
Minsk
dam
Munich
Moscow
Perm'
Kazan'
U
POLAND
Hamburg
Warsaw
Cologne Berlin
Lodz
GERMANY
Krakow
Prague
Luxembourg CZECH REP.
Nizhniy
Novgorod
Yaroslavl'
AP
Vilnius
Magadan
St. Petersburg
Tallinn EST.
Baltic
Riga LAT.
Sea
LITH.
RUSSIA
Yakutsk
Y
Copenhagen
R U S S I A
(J
Stockholm
Arkhangel'sk
FINLAND
Gulf
of
Bothnia
Oslo
Chukchi
Sea
Cherskiy
White Sea
DENMARK
NACO
Wrangel
Island
East Siberian Sea
Noril'sk
SWEDEN
UX.
NEW SIBERIAN ISLANDS
Laptev Sea
Murmansk
NORWAY
n
Kara Sea
Tiksi
Norwegian
Sea
h
180
ARCTIC OCEAN
SEVERNAYA
ZEMLYA
NOVAYA
ZEMLYA
Barents Sea
150
120
FRANZ JOSEF
LAND
Longyearbyen
a
90
60
OCEAN
Alice Springs
Pretoria
Johannesburg
Maputo
A U S T R A L I A
Mbabane
LESOTHO SWAZILAND
Maseru
SOUTH
AFRICA
SOUTH
PAC I F I C
Norfolk
Island
Brisbane
(AUSTL.)
Durban
Perth
OCEAN
Lord Howe
Island
KERMADEC
ISLANDS
(N.Z.)
30
(AUSTL.)
Cape
Town
Adelaide
Port Elizabeth
Great Australian
Bight
Ile Amsterdam
(Fr. S. and Ant. Lands)
Ile Saint-Paul
Canberra
Sydney
Auckland
Melbourne
NEW
ZEALAND
Tasman Sea
(Fr. S. and Ant. Lands)
Tasmania
French Southern and Antarctic Lands
Wellington
Hobart
Christchurch
(FRANCE)
CHATHAM ISLANDS
(N.Z.)
PRINCE EDWARD
ISLANDS
(SOUTH AFRICA)
ILES CROZET
(Fr. S. and Ant. Lands)
AUCKLAND
ISLANDS
(N.Z.)
ILES KERGUELEN
(Fr. S. and Ant. Lands)
Heard Island and
McDonald Islands
(AUSTL.)
vet Island
ORWAY)
Macquarie
Island
(AUSTL.)
SNARES ISLANDS
(N.Z.)
BOUNTY ISLANDS
(N.Z.)
ANTIPODES ISLANDS
(N.Z.)
Campbell
Island
(N.Z.)
60
SOUTHERN
SOUTHERN
OCEAN
OCEAN
Antarctic Circle (66 deg 33')
Amery Ice
Shelf
Ross Sea
Antarctica
*
Ross Ice Shelf
30
60
90
120
150
180
April 2005
*Twenty-one of 28 Antarctic consultative
nations have made no claims to Antarctic
territory (although Russia and the United
States have reserved the right to do so) and
they do not recognize the claims of the other
nations.
Boundary representation is not necessarily authoritative.
803106AI (R00349) 4-05
35
Materialien
4b. europakarte
Materialien
36
37
Materialien
anhang
i. hintergrundinformationen
Osteuropäisches Judentum
Die Welt der osteuropäischen Juden und Jüdinnen erstreckte sich von Litauen über
Polen, Galizien und die Bukowina; von Weißrussland über die Ukraine hinunter bis
Podolien, Moldawien und Rumänien und zum östlichen Schwarzmeer-Raum. Viele der
dort lebenden Juden und Jüdinnen praktizierten ihre eigenen kulturellen und religiösen Traditionen und sprachen jiddisch.
Die Emigration der jüdischen Bevölkerung nach Osteuropa war eine Reaktion auf die
Verfolgung in Westeuropa im Mittelalter u.a. in Zusammenhang mit den Kreuzzügen:
Die ersten Juden und Jüdinnen siedelten sich im 12. Jahrhundert in Polen und dem
damaligen Großfürstentum Litauen an. Im frühen 16. Jahrhundert lebten in Osteuropa etwa 50.000 Juden und Jüdinnen, Ende des 18. Jahrhunderts waren es bereits
1,5 Millionen. Der polnische Adel stand der Ansiedlung von Handwerkern, Händlern
und Kaufleuten positiv gegenüber. In größeren Städten wie Posen, Krakau, Lemberg,
Vilnius, Lublin und auch in den kleinen Dörfern (Shtetlakh) gewährte er der jüdischen
Bevölkerung autonome Gemeindeverwaltungen, d.h. Steuererhebungen und Gerichtsbarkeit lagen in der Hand eigener, sich aus Gemeindeältesten und Rabbinern
zusammensetzender Räte, den Kahal. Auch die Bereiche Kultur und Erziehung konnten weitgehend selbstbestimmt organisiert werden. Die überwiegende Mehrheit der
osteuropäischen Juden und Jüdinnen war dessen ungeachtet sehr arm und teilte
ökonomisch das Schicksal der in Leibeigenschaft lebenden polnischen Landbevölkerung, die jedoch den Juden und Jüdinnen wegen ihrer Privilegien nicht selten mit
Neid und Misstrauen begegnete. Im 19. Jahrhundert fielen große Teile Polens unter
zaristische Kontrolle. Die Privilegien der jüdischen Gemeinden wurden beschnitten,
die Siedlungsgebiete begrenzt auf den sogenannten Rayon an der Westgrenze des
Russischen Reichs. Von Seiten der christlichen Bevölkerung wurden immer wieder
Pogrome verübt. Viele Jüdinnen und Juden, oft ganze Familien und Gruppen, entschlossen sich, nach Westeuropa und Übersee (u.a. in die USA) auszuwandern.
Im 20. Jahrhundert verstärkten verschiedene Faktoren die jüdische Emigration aus
Osteuropa: Zum einen waren Territorialkonflikte die Ursache – dazu zählten der 1.
Weltkrieg (1914-1918), die russische Revolution (1917) mit der Machtübernahme der Bolschewiki und der darauffolgenden Gründung der Sowjetunion sowie der
polnisch-sowjetische Krieg (1920-1921). Dabei gerieten besonders die Juden und
Jüdinnen, die auf dem Gebiet des österreichisch-ungarischen Galizien und Lodomerien und in der zum Russischen Reich gehörenden Westukraine lebten, immer wieder
zwischen die Fronten. Allein auf dem Gebiet der heutigen Ukraine wurden schätzungsweise 100.000 Juden und Jüdinnen im Zuge von 1.500 Pogromen an 1.300
Orten ermordet; mehr als eine halbe Million jüdischer Bürger verlor die Heimat.1
1
Vgl. Ann Christin Saß: Nach Berlin!, in: Jüdisches Museum Berlin (Hg.): Berlin Transit. Jüdische Migranten aus Osteuropa in den 1920er Jahren, Wallstein Verlag 2012, S. 20.
Anhang
38
Vor dem deutschen Überfall auf Polen lebten dort über 3,4 Millionen Juden und
Jüdinnen, weitere drei Millionen auf dem Gebiet der Sowjetunion. Insbesondere der
Westen der heutigen Ukraine war jüdisch geprägt. Die jüdischen Einwohner stellten
in vielen Städten einen großen Anteil – etwa ein Drittel – an der Gesamtbevölkerung, in Minsk 1897 sogar über die Hälfte. Mit der Besetzung und Eroberung der
jeweiligen Länder und Regionen durch die Deutschen begann die antisemitische
Verfolgung und Ermordung. In den meisten osteuropäischen Ländern wurden über
70 Prozent der jüdischen Bevölkerung ermordet. In vielen Regionen wurden die jüdischen Gemeinden für immer zerstört. Nach der Shoah emigrierte der größte Teil der
Überlebenden nach Westeuropa, nach Amerika oder Palästina/Israel.
Jüdisches Leben in Berlin-Mitte in den 1920er/1930er Jahren
Joseph Roth, ein bekannter jüdischer Journalist und Schriftsteller aus Ostgalizien,
nannte die jüdischen Emigrant*innen in Berlin 1920 im Berliner Tageblatt die "Flüchtlinge aus dem Osten" – ein Verweis auf die zu dieser Zeit kulminierende jüdische
Zuwanderung aus den osteuropäischen Ländern.2 Grund dafür waren nicht nur die
bereits genannten politischen Entwicklungen in den jeweiligen Herkunftsländern.
Die Migrations- und Fluchtursachen waren ebenso heterogen wie die sozialen, kulturellen und politischen Hintergründe dieser als "Ostjuden" etikettierten und zusammengefassten Menschen: Teils waren sie aus wirtschaftlichen Gründen – aufgrund
der bitteren Armut –, teils aus politischen Gründen emigriert, vor Pogromen geflohen
oder als Arbeiter*innen – oft unter Zwang – angeworben worden. Es handelte sich
um Arbeiter*innen, Handwerker*innen, Händler*innen und Kaufleute ebenso wie um
Akademiker*innen und Intellektuelle. Sie unterschieden sich nicht nur in Sprache und
Kultur, sondern auch in ihrem Verhältnis zu Religion, Tradition und Politik.
Schätzungen des Jüdischen Arbeiterfürsorgeamtes zufolge lebten in Deutschland in
den 1920er Jahren etwa 70.000 asylsuchende jüdische Flüchtlinge aus Osteuropa
sowie weitere 20.000 aufgrund des Bürgerkriegs und der Revolution aus Russland geflohene Juden und Jüdinnen. Obwohl der Anteil der jüdischen Bevölkerung
in Berlin laut einer Volkszählung von 1925 nur etwa ein Prozent betrug, waren die
jüdischen Migrant*innen wiederholt Thema öffentlicher Auseinandersetzungen: Insbesondere das "Scheunenviertel" in Berlin-Mitte, in dem viele osteuropäische Zuwanderer*innen lebten und dessen Straßenbild von Synagogen, jüdischen Buchläden,
Handwerksstuben und koscheren Geschäften geprägt war, stand immer wieder im
Zentrum antisemitischer Propaganda. Verschrien als Ort, dessen "winkelige, verbaute,
muffige Häuser, den Unterschlupf für allerlei lichtscheue Elemente bildeten", boten
die Armut und Not der Immigrant*innen eine Projektionsfläche für judenfeindliche
Stereotype wie "Schleichhändler", "Schieber" und "Schacherer".3
39
2
Zit. nach Ann Christin Saß: Nach Berlin!, in: Jüdisches Museum Berlin (Hg.): Berlin Transit. Jüdische Migranten aus Osteuropa in den 1920er Jahren, Wallstein Verlag 2012, S. 20.
3
Zit. nach Horst Helas: Die Grenadierstrasse im Berliner Scheunenviertel, Berlin 2010, S. 29 (aus einer Studie des Statistischen Amtes der Stadt Berlin [von 1929] über die Verhältnisse von 1925).
Anhang
Obwohl im Scheunenviertel nur ein kleiner Teil der Berliner Juden und Jüdinnen
lebte, wurden die Bewohner*innen zum Inbegriff für "das Judentum" schlechthin
stilisiert. Dabei wurde ignoriert, dass dieses Viertel weder der einzige Stadtteil war,
in dem Juden und Jüdinnen sowie jüdische Emigrant*innen lebten, noch dass das
dortige Leben in keiner Weise repräsentativ für "das Judentum" war. Viele liberale
und/oder alteingesessene Juden und Jüdinnen standen den Migrant*innen selbst
abweisend oder distanziert gegenüber, fühlten sich der deutschen Kultur zugehörig und lebten ihr Judentum – wenn überhaupt – als Religion. Sie waren vor allem
in Schöneberg, Wilmersdorf, Charlottenburg, Neukölln und eigentlich auch in allen
anderen Stadtteilen von Berlin ansässig und nahmen aktiv am Leben der Stadt teil.
In der Aufbruchsstimmung nach dem 1. Weltkrieg prägten sie als Schriftsteller*innen,
Künstler*innen und Wissenschaftler*innen das kulturelle und intellektuelle Geschehen in der Stadt mit, nahmen als Sportler*innen an Wettkämpfen teil, wirkten in den
verschiedenen politischen Parteien mit und waren in die wirtschaftlichen Strukturen
integriert.
Diesem vielfältigen jüdischen Leben wurde nach dem Wahlsieg der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) 1933 und der darauffolgenden Machtübernahme sukzessive ein Ende gesetzt: Bereits 1933 führte die SS (Schutzstaffel
der NSDAP) Hausdurchsuchungen und brutale Razzien im Scheunenviertel, insbesondere in der Grenadierstraße, durch, die in der NS-Propaganda als "Säuberungen"
gefeiert wurden. In den folgenden Jahren steigerte sich die antisemitische Politik
von Ausgrenzung und Entrechtung über Deportation und Zwangsarbeit bis hin zur
systematischen Ermordung der jüdischen Bevölkerung. Von den 170.000 Juden und
Jüdinnen in Berlin (etwa vier Prozent der Stadtbevölkerung) wurden ca. 55.000 ermordet. In Berlin überlebten nur etwa 6.500 jüdische Personen, vor allem solche, die
durch eine Ehe mit nicht-jüdischen Partner*innen geschützt waren oder untertauchen
konnten. Es wird geschätzt, dass knapp 2.000 Juden und Jüdinnen in Berlin dank
der Unterstützung durch Helfer*innen im Untergrund überleben konnten.
Emigration nach Israel
Von der Besiedlung Palästinas durch jüdische Emigranten*innen bis zur
Staatsgründung:
Die erste große Auswanderungswelle 1882-1903 nach Palästina, das damals als
Provinz zum Osmanischen Reich gehörte und nur wenig besiedelt war, folgte auf
Pogrome gegen die jüdische Bevölkerung in Osteuropa und Russland (erste Alijah
= hebr. "Aufstieg, Einwanderung"). Die etwa 30.000 Einwander*innen bauten Siedlungen auf, legten Sümpfe trocken und kultivierten die Wüste. Mit der einheimischen
Bevölkerung lebten sie meist in friedlichem Nebeneinander.
Der Beschluss, in diesem Gebiet eine öffentlich-rechtlich gesicherte (völkerrechtlich
anerkannte) jüdische Heimstätte zu errichten, erfolgte 1897 auf dem ersten zionistischen Weltkongress in Basel, der von Theodor Herzl, dem Begründer des politischen
Zionismus, einberufen worden war. Es folgten bis 1929 drei weitere Auswanderungswellen, verursacht durch Pogrome und wachsenden Antisemitismus in Europa.
Anhang
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Neben den jahrtausendealten jüdischen Orten in Palästina wurden neue Dörfer und
Siedlungen aufgebaut, 1909 wurde Tel Aviv (hebr. Frühlingshügel) gegründet.
Während des 1. Weltkriegs wuchs die strategische Bedeutung Palästinas, 1917 wurde durch den Sieg Großbritanniens die osmanische Herrschaft beendet. Unmittelbar
danach besetzten britische Truppen Palästina und richteten eine Militärverwaltung
ein. Die Briten hatten zur Absicherung ihrer Interessen noch vor Kriegsende Geheimgespräche mit teils widersprüchlichem Inhalt über das weitere Schicksal Palästinas
geführt: Dem Scherif von Hedschas und Mekka wurde im Gegenzug für seine Unterstützung ein unabhängiges arabisches Königsreich zugesichert (MacMahon-Brief
von 1915/16). Zeitgleich verkündete der britische Außenminister Lord Balfour die
Bereitschaft Großbritanniens, die Schaffung einer jüdischen Heimstätte in Palästina
zu unterstützen. Die nach ihm benannte Balfour-Deklaration war die erste internationale Anerkennung der zionistischen Bewegung. Dagegen formierte sich eine panarabische Bewegung mit dem Ziel der Errichtung eines gemeinsamen arabischen Nationalstaats im Nahen Osten.
Auf der Konferenz von San Remo erhielt Großbritannien 1920 vom Völkerbund das
Mandat über Palästina und setzte dort eine Zivilverwaltung ein, während Frankreich
– entsprechend einer geheimen Aufteilung der britischen und französischen Interessengebiete im Nahen Osten – das Mandat über Syrien und Libanon zugesprochen
wurde. Zu den Mandatsbedingungen gehörte die Verwirklichung der Balfour-Deklaration. Die panarabische Bewegung reagierte angesichts der Übergehung ihrer nationalstaatlichen Interessen enttäuscht. 1921 wurde auf der Konferenz von Kairo die
Ausgliederung Transjordaniens aus Palästina beschlossen, das 1923 als Emirat unter
britischer Mandatsverwaltung unabhängig wurde. Es folgten die ersten arabischen
Proteste gegen die jüdische Einwanderung, die sog. "Mai-Unruhen", in Jerusalem
und Jaffo. 1922 wurde eine jüdische Interessenvertretung in Palästina gegründet
("Jewish Agency for Palestine").
Die fünfte Alijah von 1932-1939 war bereits eine Reaktion auf die antisemitische
Verfolgung im Machtbereich des Deutschen Reichs. Zugleich wuchs die Unzufriedenheit innerhalb der panarabischen Bewegung – sie kulminierte im großen arabischen
Aufstand von 1936-1939, einer bewaffneten Auseinandersetzung zwischen palästinensisch-arabischen und jüdisch-zionistischen Milizen. Der britischen Mandatsmacht
gelang es weder durch Teilungspläne noch militärisch, diesen Aufstand niederzuschlagen. Als Reaktion darauf erließ die britische Mandatsregierung 1939 mit dem
sog. Weißbuch eine amtliche Dokumentation, die die Rücknahme der in Aussicht
gestellten Teilungspläne sowie massive Einwanderungsbeschränkungen für Jüdinnen und Juden (mit einem Einwanderungsstopp nach fünf Jahren) enthielt. Zugleich
wurde die Schaffung eines palästinensisch-arabischen Staats innerhalb von zehn
Jahren in Aussicht gestellt. Auf palästinensisch-arabischer Seite wurde teils offen mit
dem Nationalsozialismus sympathisiert, mitunter aus Opposition gegen die britische
Kolonialmacht und aus Widerstand gegen die Besiedlung oder auch aus antisemitischen Motiven. Der Großmufti von Jerusalem, Mohammed al-Husaini, war glühender
Antisemit und Anhänger des Nationalsozialismus, er wurde 1941 von Adolf Hitler in
Berlin empfangen.
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Vor dem Hintergrund des 2. Weltkriegs und der Shoah nahm die jüdische Einwanderung aus Europa jedoch deutlich zu und wurde infolge des Weißbuchs von 19391948 verstärkt illegal organisiert. Der Jischuw (die jüdische Bevölkerung in Palästina), jüdische Partisan*innen und zionistische Jugendbewegungen arbeiteten Hand in
Hand, um etwa 200.000 Juden und Jüdinnen die Flucht aus Europa und die illegale
Einreise nach Palästina zu ermöglichen. 1944 verübten jüdische Militärorganisationen
Anschläge im britischen Mandatsgebiet (u.a. in Jerusalem), um ihren Forderungen
nach Zuwanderung und der Gründung eines jüdischen Staats Nachdruck zu verleihen.
1945 endete der 2. Weltkrieg, viele Überlebende der Shoah entschlossen sich, nicht
in ihre Herkunftsländer zurückzukehren, sondern suchten nach Möglichkeiten sich
andernorts ein neues Leben aufzubauen. Im selben Jahr gründeten Ägypten, Irak,
Jemen, Libanon, Saudi-Arabien, Syrien und Transjordanien die Arabische Liga. Die
britische Mandatsregierung reagierte auf die verstärkte Zuwanderung der überlebenden Juden und Jüdinnen aus Europa 1946/1947 mit der Internierung der illegal Eingewanderten auf Zypern, was für internationale Proteste sorgte. Infolge der
dramatischen Ereignisse um das Flüchtlingsschiff "Exodus" übergab Großbritannien
das Palästina-Problem 1947 an die Vereinten Nationen (UN). Die Resolution der
UN-Versammlung 181 (II) schlug eine Teilung Palästinas in einen arabischen Staat
(auf 43 Prozent des Landes) und einen jüdischen Staat (auf 56 Prozent) vor, wobei
der Großraum Jerusalem unter internationale Kontrolle gestellt werden sollte. Während die jüdische Seite die Entscheidung feierte, wurde der Plan von arabischer Seite
abgelehnt. Neben der generellen Ablehnung eines jüdischen Nationalstaats wurde
dies vor allem damit begründet, dass der Plan die Rechte der Mehrheitsbevölkerung
in Palästina verletze: Ende 1946 hatte Palästina knapp zwei Millionen Einwohner,
wovon etwa 603.000 jüdisch waren. 1948 erfolgten die Proklamation des Staates
Israel durch David Ben Gurion in Tel Aviv und das Ende des britischen Mandats mit
dem Abzug der Truppen. Infolge der Staatsgründung begann der erste israelisch-arabische Krieg, von jüdischer Seite "Unabhängigkeitskrieg" genannt, mit dem Einmarsch der Armeen von Ägypten, Transjordanien, Syrien, dem Irak und Libanon. Israel
behauptete sich und vergrößerte sein Gebiet, Ägypten besetzte den Gazastreifen,
Transjordanien, die Westbank und Ostjerusalem.
Im Zuge der bewaffneten Auseinandersetzungen vor und nach der israelischen
Staatsgründung kam es zu Vertreibungen und zur Zerstörung arabischer Dörfer durch
die israelische Armee, die eine massenhafte Flucht der palästinensischen Bevölkerung auslöste, welche als "Al-Nakba" (arab. Katastrophe) bezeichnet wird. Drei Viertel
aller Palästinenser*innen wurden vertrieben und flohen ins Westjordanland, in den
Gazastreifen und in die umliegenden Staaten, ein Viertel blieb auf israelischem Gebiet und nahm im weiteren Verlauf die israelische Staatsbürgerschaft an. Die dadurch
ausgelöste Flüchtlingsproblematik dauert bis heute an und ist eines der Kernthemen
im israelisch-palästinensischen Konflikt. Gleichzeitig wurden Juden und Jüdinnen
aus arabischen Staaten (z.B. dem Irak, Libanon, Syrien, Ägypten) vertrieben, was von
1948-1951 zur sechsten Alijah führte, die durch die zeitgleiche Einwanderung von
Überlebenden aus Polen und Rumänien noch vergrößert wurde. 1949 erfolgten die
Wahlen zum ersten israelischen Parlament (Knesset) und die Aufnahme Israels in die
Vereinten Nationen.
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ii. dialogliste
Interview mit Chaja Florentin und Mimi Frons, geführt von Eric Esser
im Café Mersand, Tel Aviv/Israel im September 2008
Chaja: Wenn man überlegt, dass vor 60 Jahren hier noch Sand war, ja?
Mimi: Ist man im Sand gegangen bis hierher!
Chaja: Die Dizengoffstrasse ging genau bis zum Rondell. Von da an war Sand.
Haben Sie sich Tel Aviv angesehen, wie schön grün es ist, ja? Was für schöne Häuser! Also ich weiß nicht, ob es noch ein Land gibt, daß in 60 Jahren so was aufgebaut hat. Trotz allem!
Chaja: Das ist in Berlin, im Lustgarten! – Im Lustgarten! Ah ja, das sind unsere zwei Mütter, das ist meine Mutti, das ist ihre Mutti, das ist sie und das bin ich.
Eric: Wie alt sind Sie da?
Chaja: Wie alt wir … ich glaub 6 Jahre.
Mimi: Ungefähr.
Chaja: Ungefähr 6 Jahre.
Mimi: Oder vielleicht 5? Noch kleiner vielleicht.
Chaja: Vielleicht so was. Und schauen Sie, wie elegant unsere Mütter waren, mit Hut und mit Tasche.
Eric: In welchem Jahr ist das?
Mimi: Keine Ahnung.
Chaja: Ich glaube, wir waren hier 5 Jahre alt. Also machen Sie sich …
Wenn wir '21 geboren sind, dann war das '26.
Chaja: Wir kennen uns genau 83 Jahre, seit dem Kindergarten. Wir sind
zusammen zur Schule gekommen, mit der Tüte, ja? Habt Ihr noch diese Tüte? "Mein erster Schultag". Ich hab es zu Hause.
Mimi: Gibt es heute noch, ja? Ja?
Chaja: Ja? Ich hab es noch zu Hause.
Mimi: Ja, ich hab es auch, aber ich weiß nicht wo.
Chaja: Und dann, später sind wir umgezogen, kam ich in eine andere Schule und sie kam in eine andere Schule. Aber unsere Mütter haben uns gezwungen, nachmittags in die Religionsschule zu gehen, und zwar damit wir das Heb-
räische …
Mimi: Dort haben wir Ivrith gelernt. Die Buchstaben.
Chaja: Die Buchstaben. Das Lesen.
Mimi: Um zu beten!
Chaja: Und wir beide waren immer zusammen. Wir sind zusammen schwimmen gegangen in die Gartenstraße und nachher haben wir uns saure Gurken gekauft. Ich weiß nicht, ob Ihr wisst, die ganze äh, Elsässer Straße stan-
den solche …
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Anhang
Mimi: … Wagen mit sauren Gurken. Damals. Heute bestimmt nicht.
Chaja: Zu Hause hatten wir solche Büchsen, wo man Geld gesammelt hat für Israel. Aber sie waren …
Mimi: Damals hieß es ja Palästina.
Chaja: Da hieß es Palästina, ja. Aber meine Eltern – auch ihre Eltern – wären nie ausgewandert. Denn es ging uns verhältnismäßig gut, wir waren keine reichen Leute, aber wir haben eine sehr schöne Wohnung gehabt. Und wie wir weg sind, hat die Mama die Tür geschlossen und nichts, nichts, nichts haben wir mitnehmen können. Alles ist dort geblieben.
Chaja: Ich war schon zweimal in Berlin. Ich war damals mit meinem Sohn. Das letzte Haus, wo wir gewohnt haben, ist ausgebombt, aber das vorherige haben wir gesehen. Und wie wir herausgehen, steckt so eine alte Hexe den Kopf heraus und sagt: "Was wollen Sie denn hier?" Sag ich: "Wir
haben hier mal gewohnt. Bevor wir … ausgezogen sind. " Sagt sie: "Nee, da war nur eine jüdische Familie und die ist nach Palästina gefahren." Also, so nett hat man uns empfangen. Ich war seelisch fertig, wie wir zurückgekommen sind. In dem Hotel, wo wir waren – es war mehr eine Pension –, hat mich die Inhaberin gefragt: "Wie könnt Ihr zu uns Mördern zurückkommen?"
Mimi: (hebräisch:) Gute Frage!
Chaja: Ich hab mir gedacht, sie hat recht.
Chaja: Man darf nicht alle beschuldigen. Früher hab ich immer gesagt, nie, nie, nie, ich will nie einen Deutschen mehr sehen. Aber dann wird man klüger. Man denkt nach. Aber es gibt Sachen, die man nie vergisst. Nie.
Chaja: (hebräisch:) Was ist das? Das ist ein Haus, oder?
Mimi: "Fleisch- und Wurstwaren. Kascher. Koscher Fleisch."
Chaja: (hebräisch:) Was du nicht sagst! Das ist die Grenadierstraße, oder?
Mimi: Geflügel? Das ist aus Berlin?
Chaja: Na so was!
Mimi: Das ist jetzt? Nein? Das war einmal?
Chaja: Wo haben Sie das gefunden?
Eric: Im Archiv.
Chaja: Bitte?
Eric: Im Archiv.
Chaja: Das ist die Gipsstraße. Mimile, was ist das? Welche Straße ist das?
Mimi: Ist eine Straße.
Chaja: Ja, aber welche?
Mimi: Linienstraße!
Chaja: (hebräisch) Nein! Das gibt’s ja nicht!
Mimi: (hebräisch:) Doch!
Chaja: (hebräisch:) Was du nicht sagst! (deutsch:) Da hab ich gewohnt!
Mimi: Hier, die Linienstraße! Ecke Neue Schönhauser Straße.
Chaja: Ja!
Chaja: Da sind wir aufgewachsen! Da sind wir aufgewachsen!
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Mimi: Hackescher Markt!
Chaja: Hackescher Markt!
Mimi: Man erinnert sich an die Jugendjahre. Schon so viele Jahre her!
Chaja: Das ist etwas Phantastisches, was Sie uns hier gegeben haben.
(hebräisch:) Das zeig ich am Schabbat ...
Mimi: (hebräisch:) Ja! Die kannst du für dich behalten.
Chaja: (hebräisch:) Danke Dir, Schätzchen! Das will ich den Kindern zeigen.
Mimi: (hebräisch:) Warum nicht?
Chaja: (hebräisch:) Was für eine Freude! Genau, wo ich gewohnt habe.
Mimi: (hebräisch:) Genau. Die Straßen, wo wir gewohnt haben!
Chaja: In der Linienstraße hast du nicht gewohnt, da hab ich gewohnt.
Mimi: Aber dort haben wir gewohnt, dort sind wir gegangen. Neben der Kleinen Auguststraße haben wir letztens gewohnt.
Chaja: Mimi, du kannst dich erinnern, wir sind jeden Schabbat ...
Mimi: Milovski hat gewohnt auf der Rosenthaler. Hatten das Restaurant.
Chaja: Wo meine Tante gewohnt hat. (hebräisch:) Das ist ja was!
Mimi: Die Jugendjahre.
Chaja: Die Jugendjahre.
Eric: Würden Sie denn wieder in Berlin wohnen wollen?
Chaja: Würdest du wollen in Berlin noch mal wohnen?
Mimi: Nein!
Chaja: Nicht, wenn man mir den größten Penthouse, das eleganteste Haus,
geben würde, auf keinen …
Mimi: Mein Sohn wollte, dass ich nach New York komme. Will ich auch nicht. Das heißt, ich war schon zehn Mal dort, aber dort wohnen – nur hier.
Chaja: Das ist unser Zuhause. Das ist unser Land. Das ist unsere Sprache.
Das ist unsere Vergangenheit.
Mimi: Und die Zukunft! Für die Kinder. Für die Enkelkinder.
Chaja: Wir sind mit vielen Sachen nicht zufrieden heute, ja? Weil wie auf der ganzen Welt hat sich vieles geändert. Und nicht immer zum Guten. Aber: Wenn man ein schlechtes Baby hat, ja, das andauernd heult und andau-
ernd den Tod macht, hat man es trotzdem gern, nicht? So ist das für uns. So ist das Land für uns.
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iii. literatur- und materialhinweise
Methodenanregungen
m Bundeszentrale für politische Bildung (bpb): Antisemitismus in Europa. Vorurteile in Geschichte und Gegenwart. Arbeitsmaterialien. Drei Bausteine für den Unter-
richt und die außerschulische politische Bildung (Bd.1) und Handreichung für Lehrkräfte (Bd.2), Bonn 2008.
Beide Hefte können bei der bpb bestellt oder als pdf heruntergeladen werden, siehe http://www.bpb.de/shop/lernen/themen-und-materialien/
m Bundeszentrale für politische Bildung (bpb): Gerettete Geschichten: Elf jüdische Familien im 20. Jahrhundert. Bonn 2014.
Das Online-Dossier stellt die (Über-)Lebensgeschichten europäischer Juden und Jüdinnen vor, die in kurzen Filmen präsentiert werden. Besonders empfehlens-
wert sind die interaktiven Karten:
http://www.bpb.de/geschichte/nationalsozialismus/gerettete-geschichten/
m Informations- und Dokumentationszentrum für Antirassismusarbeit (Hg.): Antise-
mitismus – ein gefährliches Erbe. Informationen zu Geschichte und Gegenwart (Bd.1) und Handreichung für die pädagogische Praxis (Bd. 2). Reader für Multipli-
katorInnen in der Jugend- und Bildungsarbeit, Düsseldorf 2008.
m Bildungsteam Berlin-Brandenburg e.V./Tacheles reden! e.V. (Hg.): Woher kommt Judenhass? Was kann man dagegen tun? Ein Bildungsprogramm, Verlag an der Ruhr, Mühlheim 2007.
m DGB-Bildungswerk Thüringen e.V.: Bausteine zur nicht-rassistischen Bildungs-
arbeit, Erfurt 2008. Der Ordner kann gegen eine Schutzgebühr beim Bildungs-
werk bestellt werden.
m "Lernen aus der Geschichte" ist ein Online-Bildungsportal, das sich der his-
torisch-politischen Bildung widmet. Schwerpunktthemen sind die Geschichte des 20. Jahrhunderts, des Nationalsozialismus und des Holocausts sowie die DDR/BRD-Geschichte: http://lernen-aus-der-geschichte.de/
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Literaturanregungen
m Bundesministerium des Innern (Hg.): Antisemitismus in Deutschland. Erschei-
nungsformen, Bedingungen, Präventionsansätze. Bericht des Expertenkreises
Antisemitismus, Berlin 2011. Die Broschüre kann bestellt oder online eingesehen werden:
http://www.bmi.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/Themen/Politik_Gesell-
schaft/EXpertenkreis_Antisemmitismus/bericht.pdf?__blob=publicationFile
m Samuel Salzborn (Hg.): Antisemitismus. Geschichte und Gegenwart, Netzwerk für politische Bildung, Kultur und Kommunikation, Gießen 2004.
m Michael Brenner: Geschichte des Zionismus, Beck 2002.
m Jörn Böhme/Tobias Kriener/Christian Sterzing: Kleine Geschichte des israe-
lisch-palästinensischen Konfliktes, Wochenschau Verlag 2005.
m Margret Johannsen: Der Nahostkonflikt, 3. Auflage, VS Verlag 2011.
m Horst Helas: Die Grenadierstrasse im Berliner Scheuenviertel. Ein Ghetto mit offenen Toren, Hentrich & Hentrich Verlag 2010.
m Jüdisches Museum Berlin (Hg.): Berlin Transit. Jüdische Migranten aus Osteuropa in den 1920er Jahren, Wallstein Verlag 2012.
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Realisiert aus Mitteln der Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin