Gender und Technik im Cyborg-Film

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Gender und Technik im Cyborg-Film
Gender und Technik im Cyborg-Film
The Terminator, Terminator 2, Blade Runner und I.K.U.
Diplomarbeit zur Erlangung des Magistragrades der Philosophie an der Fakultät für Humanund Sozialwissenschaften der Universität Wien
eingereicht von
Evamaria Trischak
(This text is also available as PDF document.)
Inhaltsverzeichnis
Filmtheorien und Gender
Anfänge der Beschäftigung mit Gender und Film
Laura Mulvey: von Geschlechterstereotypen zur Filmsprache
Semiotische Ansätze: die Verteilung diskursiver Macht
Die Zuschauerin: Mulvey & Doane
Kritik an psychoanalytischen Ansätzen
Cultural Studies
Men's Studies
Fantasietheorien
Heute
2
Cyborgs im Film
Haraways Cyborg-Metapher
Balsamo: Cyborgs im Film
Holland: Das kartesianische Weltbild im Cyborgfilm
Springer: Die Geschichte von Technik und Gender
Film-Untersuchungen
3Blade Runner
Produktionsbedingungen und Plot
Versionen und Internet-Fangemeinde
Grenze Mensch - Maschine
Identität durch (prothetische) Erinnerungen
Diskursive Machtaufteilung
4
Terminator 1 + 2
The Terminator (1984): Produktion und Plot
Terminator 2 - Judgment Day (1991): Produktion und Plot
Grenze Mensch - Maschine
Technik in den Terminator-Filmen
Der T-101: Schwarzenegger, Bodybuilding & Gender
Sarah Connor
Der T-1000: ein Wesen ohne Gender
Diskursive Machtaufteilung
5
I.K.U.
Produktionsbedingungen und Plot
Webpage
Grenze Mensch - Maschine
Die IKU-Coder Reiko und Sasaki
Diskursive Machtaufteilung
Einleitung
Science Fiction ist ein sehr beliebtes Genre heutiger westlicher Kultur, sowohl in der
Literatur, als auch in Film und Fernsehen. Mit Star Wars (1977) wurde Science Fiction (SF)
zu einem kommerziell verwertbaren Hollywood-Genre. In Büchergeschäften und
Videotheken finden sich eigene Abteilungen zum Genre, und die verschiedensten Staffeln von
Raumschiff Enterprise sind fix im Programm mehrerer Sender. Bis in die 80er Jahre wurden
Science-Fiction-Filme von filmtheoretischer Seite vernachlässigt, obwohl es ein großes
begeistertes Publikum gab. In den 90er Jahren änderte sich das allerdings, die kritische
Aufmerksamkeit richtet sich nun auch auf Science-Fiction-Filme, die nicht nur aufgrund
ästhetischer und technischer Faktoren, sondern auch ob ihrer ideologischen Komplexität
zunehmend für Untersuchungen herangezogen werden. Kulturelle Konflikte der Gegenwart
finden sich in Visionen von der Zukunft wieder:
Above all, by examining people's ideas about the future, we can learn about their responses to
present-day issues, for contemporary cultural battles find expression in even the most
shocking and improbable speculations about the future. (Springer 1996: 15)
Die Mainstream-Genre-Forschung richtete ihren Fokus vor allem auf den Western, den
Gangsterfilm und das Musical, feministische Filmkritik beschäftigte sich hauptsächlich mit
der Analyse des Film Noir und des Melodramas, seit kürzerem auch mit Horror. Doch
einzelne Science-Fiction-Filme, wie die zwei Terminator-Filme und Blade Runner, fanden
Beachtung in der filmkritischen Literatur, besonders im Umfeld der Cultural Studies. Die
erste große Science-Fiction-Welle in den Nachkriegsjahren feierte oder problematisierte
Modernität, besonders das Potenzial von technologischen Entwicklungen. In den 50er Jahren
wurde besonders der kalte Krieg thematisiert, in den 70er Jahren wurden ökologische
Katastrophen vorhergesagt, in den 80er und 90er Jahren waren oft postindustrielle und
postmoderne Städte im Zentrum des Geschehens. Heute beschäftigt sich das Genre eher mit
Differenz - besonders mit der Differenz zwischen Mensch und Maschine - und Identität, und
ist damit für eine feministische Analyse besonders interessant. Vermeintlich fixe Kategorien
von Identität werden in Frage gestellt: "Through its focus on difference and its challenges to
fixed categories of identity, science fiction also offers potentially fertile ground for feminist
analysis and practice." (Janes 2000: 92) Zeitgenössische poststrukturalistische Theorien gehen
davon aus, dass Subjekte konstruiert und sehr instabil sind. Die Entwicklungen der
Genforschung, von Bioengineering und Kybernetik führen ebenfalls zu einer Destabilisierung
des Subjekts, wodurch Fragen bezüglich Identität und Differenz zusätzlich in den
Vordergrund rücken.
The notion of human relies upon an understanding of non-human, just as the notion of
artificial implies an understanding of natural. In the history of human supremacy, that which
is non-human is understood as the other, that which is mechanical is understood as artificial.
Cyborgs, as simultaneously human and mechanical, complicate these ancient oppositions.
(Balsamo 2000: 150)
Die Definition des Menschlichen hängt von einer Definition des Künstlichen ab, in einer Art
und Weise wie der Dualismus natürlich - künstlich verstanden wird. Cyborgs, zugleich
menschlich und künstlich, komplizieren diese Gegensätze und verwischen herkömmliche
Grenzen. Cyborgs sind kybernetische Organismen, die aus einem biologischen und einem
technischen Anteil bestehen:
Cyborgs are science fictional hybrids. The name, a shorthand term for 'cybernetic organism,'
usually describes a human-machine coupling, most often a man-machine hybrid. Cyborgs are
stock science fiction characters which are alternately labeled 'androids,' 'replicants,' or
'bionic.'(Balsamo 2000: 148)
Cyborgs sind heute Pop-Ikonen, wie etwa der Terminator, der auch Menschen bekannt ist, die
die Terminator-Filme nicht gesehen haben. Kulturelle Konflikte unserer Zeit, besonders in
Bezug auf Technik und Gender, werden in den Darstellungen von Cyborgs sichtbar.
Manchmal werden alternative Genderrollen erforscht, dann aber wird wieder auf
konventionelle Stereotype der Vergangenheit zurückgegriffen. (Springer 1996: 10)
Darstellungen von Cyborgs definieren die Bedeutung des Menschlichen und des Künstlichen.
Eine Debatte über Gender gerade im Kontext von potentiellen Post-Gender-Wesen, den
Cyborgs, wirkt im ersten Moment absurd: "It is perhaps ironic that a debate over gender and
sexuality finds expression in the context of the cyborg, an entity that makes sexuality, gender,
and humankind itself anachronistic." (Springer 1996: 79) Doch gerade während einer Zeit der
diskursiven Krise, wenn Kategorien, die vorher unangetastet waren, plötzlich zur Diskussion
stehen, tauchen neue Konzepte auf. Die Debatten über Genderrollen haben zum Konzept der
Cyborg beigetragen. Bukatman schreibt der Cyborg-Figur Vorteile für eine feministische
Analyse zu, da Cyborgs nicht als "natürlich" gesehen werden können und Dualismen durch
diese Wesen verdrängt werden:
The cyborg has some advantages for a feminist (or otherwise radical) politics: first of all, it
can't be regarded as natural. The dualisms that structure too much Western thought can be
supplanted through a cyborg mythology. (Bukatman 2000: 73)
Im Genre Science Fiction sind auch immer wieder die neuesten Entwicklungen der Technik,
beispielsweise in Form von computeranimierten Bildern oder neuester Tontechnik, zum ersten
Mal zu sehen bzw. zu hören. Scott Bukatman meint, dass sich Science Fiction mehr auf
Vision konzentriert wie die meisten anderen Genres (Bukatman 2000: 10). Spezialeffekte
spielen eine wichtige Rolle im Kino generell und in Science-Fiction-Filmen ganz besonders.
Sowohl die Spezialeffekte von Blade Runner als auch die Computeranimationen von
Terminator 2 - Judgment Day prägen die Filme entscheidend. Bei Terminator 2 waren die
morphenden Bilder des T-1000 so zum ersten Mal im Kino zu sehen, ein wichtiger Beitrag
zum Erfolg des Filmes.
Technology never comes to its particular specificity in a neutral context for neutral purpose.
(Sobchack 1997: 223)
Vivian Sobchack, eine der wenigen, die eine systematische Analyse des Science-FictionFilms als Genre lieferte, meint, dass Technikdarstellungen darin Zeitzeugen der Hoffnungen
und Ängste einer Gesellschaft eines bestimmten Zeitpunkts sind. (Sobchack 1997: 224 - 225)
Untersuchungsdesign
Um detaillierte Untersuchungen bieten zu können, wurde die Anzahl der analysierten Filme
auf vier beschränkt: The Terminator, Terminator 2 - Judgment Day, Blade Runner und I.K.U.,
gesichtet wurden über 40 Filme. Ausgewählt wurde nach der Position, die Cyborgs im Film
einnehmen. Diese Arbeit beschränkt sich auf vier Science-Fiction-Filme, in denen Cyborgs im
Zentrum der Handlung stehen. Cyborgs sind keine Seltenheit in Science Fiction-Filmen,
allerdings spielen sie oft nur eine marginale Rolle. Diese Arbeit beschäftigt sich mit Genderund Technik-Repräsentationen im Cyborg-Film. Zunächst werden einige der bedeutendsten
Theorien zum Thema Film und Gender vorgestellt. Filmwissenschaft und feministische
Theorien haben etwa zur gleichen Zeit begonnen, die akademischen Diskurse zu
durchdringen. Braidt und Jutz betonen in ihrem Artikel über die feministische
Filmwissenschaft in Österreich die gute Zusammenarbeit dieser Forschungsfelder:
Film bietet einer feministisch geprägten Theorie einen zentralen Erkenntnisbereich,
umgekehrt haben feministische Theorien die filmwissenschaftliche Erkenntnis wesentlich
erweitert und vorwärtsgetrieben, so dass statt Ausgrenzung die interessierte Integration aller
produktiver Forschungsansätze die Regel ist. (Braidt/Jutz 1999: 378)
In den noch relativ jungen Men's Studies, die hauptsächlich im Umfeld der Cultural Studies
entstanden sind, konnten ebenfalls bereits einige Theorien zur Darstellung des Mannes im
Film entwickelt werden. Im Kapitel Cyborgs im Film wird der Begriff Cyborg detailliert
untersucht. Welche Möglichkeiten bietet das Cyborgkonzept bezüglich Gender? Donna
Haraway stellte in ihrem Cyborg-Manifest 1985 eine feministische Metapher der Cyborg als
Post-Gender-Wesen vor, auf die sich viele der theoretischen Arbeiten zu den TerminatorFilmen und Blade Runner stützen. Auch Claudia Springer bezieht sich in ihrer Analyse des
Zusammenhangs von Technikdarstellungen und Gender von 1996 auf Donna Haraway. Ob
die Cyborgs in den hier vorgestellten Filmen etwas der Cyborg-Metapher von Haraway
repräsentieren, ist eine der Forschungsfragen dieser Arbeit. Die Frage nach den
Repräsentationen von Gender und Technik wird konkret anhand der vier Filmbeispiele
beantwortet, wobei auf folgende Forschungsfragen fokussiert wird: Wie werden die Cyborgs
dargestellt? Welche Möglichkeiten bietet das Cyborgkonzept bezüglich Gender? Welche
Geschlechterstereotypen kommen zur Anwendung? Wird auf genderspezifische Darstellungen
bei den Cyborgs verzichtet? Was unterscheidet Menschen und Cyborgs in diesen Filmen, wo
und wodurch werden die Grenzen gezogen? Wie wird Technik dargestellt? Im letzten Kapitel
werden die Ergebnisse der Arbeit zusammengefasst und noch offene Fragen vorgestellt.
Begriffe
In dieser Arbeit nehme ich bezug auf Filmtheorien und Theorien der Men's Studies und der
Cultural Studies. In dieser Einleitung möchte ich noch einige der zentralen Begriffe für diese
Arbeit erklären. Mit dem Begriff Gender beziehe ich mich auf die Kategorien Frau und Mann,
denen kulturelle Konnotationen zugeschrieben werden, die dem biologischen Geschlecht
einer Person nicht inhärent sind. Nicht jeder Mann, der als solcher geboren wurde, fühlt sich
mit den Parametern wohl, die als männlichen gelten. Das gleiche gilt auch für Frauen, die
einem ähnlichen Druck ausgeliefert sind, kulturelle Normen für Weiblichkeit zu adoptieren.
Ein großer Teil der feministischen Theorien beschäftigt sich mit diesen beengenden
Gendervorstellungen: "Feminism seeks to release all people, men and women, from narrowly
defined ideas about gender roles". (Springer 1996: 15) Die Genderforschung geht weg von
den Kategorien Mann und Frau und stellt die Variabilität der geschlechtlichen Identität in den
Vordergrund. Es kam zu einer semiotischen/linguistischen Wende - die Welt besteht demnach
aus Zeichen. Dieses neue Denkgebäude, in dem Zeichen und Symbole zentral und
Bedeutungszuweisungen entscheidend sind, führt dazu, dass die Frau/Mann-Differenz als
existenzialistischer bzw. biologistischer Ansatz gesehen wird, die Begriffe beginnen sich
aufzulösen. Judith Butler, eine der wichtigsten GendertheoretikerInnen, geht davon aus, dass
sowohl biologisches Geschlecht (Sex) als auch soziales Geschlecht (Gender) konstruiert sind,
nicht nur Gender. Sie sieht auch das biologische Geschlecht (Sex) als gesellschaftlich und
historisch konstruiert und stützt sich dabei auf Michel Foucault (Butler 1991). Wenn etwas so
natürlich scheint wie der Dualismus Frau - Mann wird nach der historischen Begründung für
diese Natürlichkeit gesucht. "Patriarchal" verwende ich in Bezug auf Machtverhältnisse, in
denen die Interessen von Frauen den Interessen von Männern untergeordnet werden. Im
patriarchalen Diskurs wird die soziale Rolle der Frau in Bezug auf eine Norm gesehen, die der
Mann darstellt. Die westliche Kultur ist zwar nicht mehr so patriarchal wie noch vor einigen
Jahrzehnten, trotzdem dominieren patriarchale Traditionen sowohl soziale und institutionale
Praktiken als auch die Vorstellung davon, was es bedeutet, weiblich oder männlich zu sein.
Bei meinem Gebrauch der Begriffe Technik bzw. Technologie beziehe ich mich auf
mechanische, industrielle, elektronische und biotechnologische Technologien.
Dank an: Mag. Barbara Angelberger, Oswald Berthold, Mag. Daniela Bischof, Dr. Johanna
Dorer, Andreas Gebert, Seyda Öztürk, Laura Rafetseder, Anita Schmid, Alphaville, Berlinale,
Filmarchiv Wien, Mediothek der Humboldt Universität Berlin.
1 Filmtheorien und Gender
The struggle is .. over imaging and naming. It is about whose representations will prevail.
(Braidotti 1994: 72)
Die Bandbreite der Forschungsarbeiten, die sich unter geschlechtsspezifischen
Fragestellungen mit dem Medium Film beschäftigen, ist sehr groß. Dieses Kapitel bietet einen
Überblick über einige der wichtigsten Debatten, die sich mit der Thematik Gender und Film
beschäftigen. Von den Anfängen Ende der sechziger Jahre bis zu neueren Ansätzen, die unter
dem Einfluss der Cultural Studies entstanden sind, gibt es vor allem Auseinandersetzungen
mit Weiblichkeit im Film und der Zuschauerin, Männlichkeit wurde nur vereinzelt explizit
untersucht. Ein Großteil des theoretischen Materials zum Film beschäftigte sich ohnehin
ausschließlich mit der männlichen Seite, vor allem dem männlichen Zuschauer, allerdings
ohne dies zu deklarieren. "Der Mensch" und "man" ist in vielen dieser filmtheoretischen
Untersuchungen ausschließlich männlich. Besonders mit dem Aufkommen der Men's Studies
im Cultural Studies Umfeld werden nun auch Darstellungen des Mannes explizit untersucht.
Auf einige dieser Untersuchungen von Männlichkeit im Film gehe ich am Ende dieses
Kapitels ein, beginnen möchte ich mit der Entwicklung der feministischen Filmtheorie, die
nach über 30 Jahren eine Vielfalt von theoretischem Material hervorgebracht hat.
Feministische Ansätze tauchten schon in einer frühen Phase der Institutionalisierung der
Disziplin Film Studies in England und den USA auf. Sie wurden auf eine Art und Weise
integriert, wie es in anderen wissenschaftlichen Bereichen nur zu wünschen wäre. Bemerkbar
macht sich dies auf verschiedensten Ebenen. In den wichtigsten Zeitschriften der Film
Studies, wie z. B. Screen und Camera Obscura, finden sich ganz selbstverständlich Artikel mit
feministischen Fragestellungen und im Lehrplan von Film Studies sind meist auch Fragen der
"gender representation" fix verankert. Im deutschsprachigen Raum ist die Filmwissenschaft
noch nicht so etabliert wie im englischsprachigen Raum, Eva-Maria Warth spricht von einem
akademischen jet lag und geht davon aus, dass sich obige Entwicklung in den
Filmwissenschaften auch im deutschsprachigen Raum fortsetzen wird. (Warth 1992: 66 - 67)
In Österreich kann leider nach wie vor Filmwissenschaft weder als Haupt- noch als
Nebenfach studiert werden. (Braidt/Jutz 1999: 371) Bleibt zu hoffen, dass der jet lag bald
überwunden ist.
Anfänge der Beschäftigung mit Gender und Film
Die feministische Auseinandersetzung mit Film begann Ende der sechziger, Anfang der
siebziger Jahre. Die politischen Frauenbewegungen dieser Zeit begannen, patriarchale
Strukturen und geschlechtsspezifische Festschreibungen zu kritisieren. Eine besondere Rolle
wurde dabei den Medien zugeschrieben, die als Institutionen einer patriarchalen Gesellschaft
an der Aufrechterhaltung frauendiskriminierender Strukturen maßgeblich beteiligt sind. Der
Einfluss der Medien auf die Entwicklung weiblicher Identität sollte aufgedeckt werden,
weshalb sich die feministische Kritik in diesem frühen Stadium darauf konzentrierte, wie
Frauen in den Medien vorkommen. 1972 erschien die erste Ausgabe der Zeitschrift Women
and Film, ein amerikanisches Magazin von feministischen Aktivistinnen>, 1973 das erste
Buch über die Darstellung von Frauen im Film, Marjorie Rosens "Popcorn Venus". Rosen
sieht die Filmindustrie als mythenproduzierend: Durch Mythen, die in Religion, Tradition,
Sprache, Erzählungen, Liedern und Filmen konstruiert werden, übt die patriarchale
Gesellschaft ihre Autorität über Frauen aus. (Thornham 1997: 13) Der Fokus der ersten
feministischen Forschungen lag auf Darstellungen von Frauen in den Medien. Kritisiert
wurden stereotype Bilder von Frauen, die Projektionen bzw. Wunschvorstellungen der Frau
zeigen. Molly Haskell kommt als eine Vertreterin dieser Richtung in ihrem Buch "From
Reverence to Rape" (1974) zu dem Ergebnis, dass Kino ein ideologisch verzerrtes Bild von
Weiblichkeit präsentiert, ausgelöst durch eine Medienrealität, die als männlich konstruiert zu
begreifen ist. Sie meint bezugnehmend auf Simone de Beauvoir, dass die Schauspielerin nur
verstärkt, was das Spielen der Rolle Frau bereits ist. (Thornham 1997: 19) Haskell geht davon
aus, dass Film Realität widerspiegelt und stellt deshalb die Forderung nach
wirklichkeitsgetreuen Frauendarstellungen im Kino. Zu dieser Zeit war die feministische
Filmtheorie noch eng mit der allgemeinen Frauenbewegung und der filmischen Praxis
verbunden, "consciousness raising", also die Weckung des Bewusstseins, war zentral, wobei
es sich um einen Begriff der politischen Frauenbewegung dieser Zeit handelt. Die
Theoretikerinnen begannen zum Teil, selbst Filme zu machen, vor allem Dokumentarfilme.
Hauptkritikpunkt war die unrealistische Darstellung der Frauen in den Medien und die
Forderung nach adäquateren Bildern stand im Vordergrund. Die Authentizität der Bilder war
zentral und Darstellungen von realen Frauen schienen im Dokumentar-Film eher möglich zu
sein. Doch auch Dokumentationen sind konstruiert und ein nicht-eingreifendes Beobachten ist
nicht möglich. Diese Art von normativen Theorien mit Anspruch auf normative Ästhetik sind
nach 1975 nicht mehr zu finden. Der Kontakt zwischen feministischem Filmschaffen und
feministischer Theorie ging in den 90er Jahren verloren, nicht zuletzt durch die zunehmende
akademische Institutionalisierung der Filmtheorie. (Braidt/Jutz 1999: 380, Hipfl 1995: 149,
Thornham 1997: xi, Doane 1984: 3).
Charakteristisch für die erste Phase feministischer Theoriebildung sind inhaltsorientierte
Filmanalysen, die Beziehung zwischen Wirklichkeit und filmischer Repräsentation wird als
einfaches Abbildverhältnis gedacht. Zu dieser Zeit entstanden einige Dokumentarfilme von
Frauen mit der Intention, Frauen so darzustellen, wie sie sind. Dieser Ansatz wirft allerdings
einige Probleme auf. Wer spricht hier für wen? Frauen sind keine homogene Gruppe. Weiters
übergeben Medien nicht unverändert "Wahrheit" bzw. Realität, egal wie groß das Bemühen
um Authentizität ist. Was wie dargestellt wird, erfordert eine Auswahl des Settings, der Bilder
etc. Ausgangspunkt war auch, dass Medieninhalte direkt rezipiert werden, d. h. auf
Rezeptionsseite keinerlei Interpretationsmöglichkeiten bestehen. Es wurde von einer direkten
Übernahme der Inhalte der Medien ausgegangen, die Rezeptionsseite wurde nicht gesondert
behandelt. Das Ziel des "consciousness raising" wurde allerdings erreicht, die Grundlage für
weitere Untersuchungen zum Thema geschaffen.
Mitte der 70er Jahre kam es zu einem "theoretical turn" in der feministischen Filmtheorie und
Film wurde nicht länger als Widerspiegelung der Realität begriffen, sondern als
zeichenproduzierende Praxis, in der Wirklichkeit durch die Codes der Kamera, der Montage
etc. konstruiert wird. Die Aufmerksamkeit verlagerte sich vom Inhalt des Films auf die
Sprache der filmischen Repräsentation. Geprägt wurde diese theoretische Wende von Laura
Mulvey, ihr Text "Visual Pleasure and Narrative Cinema", der 1975 publiziert wurde, ist nach
wie vor der meistzitierte Aufsatz der feministischen Filmtheorie. (Braidt/Jutz 1999: 380)
Laura Mulvey: von Geschlechterstereotypen zur Filmsprache
Nach den ersten kritischen feministischen Ansätzen mit einem Fokus auf stereotype
Darstellungen der Frau brachte Laura Mulvey mit dem Aufsatz "Visual Pleasure and
Narrative Cinema" Mitte der siebziger Jahre einen Paradigmenwechsel in der Beschäftigung
mit Gender und Kino. Der Fokus verlagerte sich von der Narration hin zur Form des Films,
zur spezifischen Filmsprache. Nicht nur der Inhalt von Filmen wurde als
geschlechtsspezifisch kodiert gesehen, sondern auch die Filmsprache. Dazu wurde auf die
psychoanalytischen Theorien von Freud zurückgegriffen. Mulvey sieht den Blick als
Dimension unseres sozialen Handelns, der nicht neutral ist. Blicke können unangenehm sein
und Macht darstellen. In der bürgerlich-patriarchalen Kultur gab es ein weibliches
Blickverbot, nur böse Frauen hatten einen aktiven Blick. Den Blick zu senken galt als
angemessen für Frauen. In den Anfängen des Kinos war es verpönt, dass Frauen alleine bzw.
ohne männliche Begleitung ins Kino gingen. (Koch 1980: 15 - 17) Den Blick zu haben
bedeutet Sehen, Macht, Wissen und Autorität, Frauen sollten darauf verzichten. Dieses
Muster ist nach wie vor unterschwellig in unserer Kultur zu finden. Eine Frau, die selber nicht
sieht, kann umso besser betrachtet werden. In den 50er Jahren fand sich dieses zweifelhafte
Schönheitsideal in der Verwendung von Belladonna wieder. Dabei handelt es sich um
Augentropfen, die zu großen Pupillen und einem Schleier vor den Augen führen, die Sehkraft
wurde dadurch empfindlich verringert. Dies stellt einen Verzicht auf Macht und Autorität dar.
Ein berühmtes Beispiel ist der Film How to Marry a Millionaire (1953) mit Marilyn Monroe,
wo sie sehr kurzsichtig ist. Die Frau wird zum Blickobjekt, der Mann zum Blicksubjekt diese Ordnung in der Gesellschaft wurde vom Kino aufgegriffen.
Der Prozess des Filmeschauens ist bei psychoanalytischen Theorien wie der von Mulvey
zentral, die Beziehung zwischen Zuschauenden und Leinwand steht im Mittelpunkt. Mulvey
sieht zwar Psychoanalyse als phallozentrische Theorie, allerdings schreibt sie der
Psychoanalyse einen geeigneten Ausgangspunkt für eine Darstellung des Status quo Mitte der
70er Jahre, der patriarchalen Ordnung, zu. Sie sieht das Kino als hochentwickeltes
Repräsentationssystem und stellt sich die Frage, wie das Unbewusste, das von der
herrschenden patriarchalen Ordnung geprägt ist, die Lust am Schauen strukturiert. (Mulvey
1980, Mulvey 1989) Sie untersuchte klassische Hollywoodfilme, die in den 30er bis 60er
Jahren entstanden sind. Mulvey geht davon aus, dass diese Filme kulturelles Produkt einer
patriarchalen Gesellschaft und von den Mechanismen dieser Gesellschaft geprägt sind. Warth
erklärt: "Das heißt, dass der Film auf all seinen Ebenen eine männliche Perspektive, einen
männlichen Blick impliziert, und so den Zuschauer gleich welchen Geschlechts als
männlichen Zuschauer anspricht, bzw. ihn als solchen im Text konstruiert." (Warth 1992: 69)
Ein Vergnügen im Kino ist die Skopophilie - die Schaulust, ein Begriff der auch bei Freud
eine große Rolle spielt. Andere Menschen werden zu Schau-Objekten gemacht. Zur
Untersuchung des narzisstischen Moments der Skopophilie wird auf Jacques Lacans
Spiegeltheorie zurückgegriffen, der bedeutungsvolle Moment, in dem sich das Kind das erste
Mal im Spiegel erblickt. Der Körper im Spiegel wird durch "Falscherkennen" als ideales Ich
gesehen, Subjektivität entsteht, die erste Artikulation des "Ich". Vergleichbar ist die Situation
im Kino, die Identifikation mit dem Bild. Die Lust am Schauen teilt Mulvey in eine aktive
männliche und eine passive weibliche Position. Das Bild der Frau tritt einerseits als erotisches
Objekt für die Protagonisten im Film auf, andererseits als erotisches Objekt für den
Zuschauer: "Traditionsgemäß war die Zurschaustellung der Frau auf zwei Ebenen von
Bedeutung: sie war erotisches Objekt für die Charaktere im Film und erotisches Objekt für
den Betrachter im Zuschauerraum, wobei die Spannung zwischen den Blicken auf beiden
Seiten der Leinwand wechselte." (Mulvey 1980: 37) Durch Nahaufnahmen von Körperteilen,
sogenannten Close-ups, kommt es zur Fragmentierung des weiblichen Körpers und damit zu
Sexualisierung. Die Kamera lenkt den Blick der Zuschauenden, wobei die Frau als das Bild
und der Mann als Träger des Blicks konstruiert werden. Die Frau ist das passive Objekt des
Blicks, der Mann hat den Blick und damit die aktive Rolle. In klassischen Hollywoodfilmen
(Ende der 20er bis Mitte der 50er Jahre) finden sich beispielsweise Close-ups bevorzugt von
Frauen. Das genaue Betrachten der Frauenkörper wird mit Close-ups gefördert, die Frauen
werden zu reinen Bildern im Gegensatz zu den die Handlung tragenden Akteuren (wobei es
sich allerdings um Tendenzen und nicht absolute Regeln handelt) - dies wird von Mulvey "tobe-looked-at-ness" genannt: "In their traditional exhibitionist role women are simultaneously
looked at and displayed, with their appearance coded for strong visual and erotic impact so
that they can be said to connote to-be-looked-at-ness." (Mulvey 1989: 19)Der Mann ist der
Träger des Blickes des Zuschauers und kann laut Mulvey in einer patriarchalen Ordnung nicht
zum Sexualobjekt gemacht werden. Der Blick des männlichen Protagonisten und des
Zuschauers werden zu einem. In psychoanalytischen Kategorien ist die weibliche Figur
problematisch, da sie die Abwesenheit des Penis und damit eine Kastrationsdrohung darstellt.
Zwei Möglichkeiten, diese Angst zu kompensieren, sind Sadismus - die Abwertung,
Bestrafung bzw. schlussendliche Rettung der weiblichen Figur - und die Fetischisierung des
Blickobjekts. Mulvey untersuchte in diesem Artikel hauptsächlich klassische Hollywoodfilme
von Sternberg (etwa Marlene Dietrich als Fetisch) und Hitchcock. Den skopophilischen,
voyeuristischen Blick an sich zu zerstören, ist ihr Ziel. Sie kommt zu dem Schluss, dass es im
klassischen Hollywoodfilm keinen Platz für eine weibliche Subjektivität gibt.
Der Text stellt eine genaue Analyse der patriarchalen Ordnung des Kinos dar und Mulvey
zeigt, dass Psychoanalyse ein nützliches Instrument für die Analyse des patriarchalen Status
quo der 70er Jahre darstellt. Allerdings wurde auch Kritik an Mulveys Untersuchung laut, da
ihr Modell des Kinos ausschließlich auf patriarchale Bedürfnisse ausgelegt ist. Problematisch
ist die Theorie Mulveys insofern, als sie der Zuschauerin keinen Platz im Kino einräumt und
ihre Analyse streng dualistisch aufgebaut ist. Es gibt die Kategorien Frau und Mann nur im
traditionellen heterosexuellen Sinne. Sie schreibt in ihrem Artikel den Dualismus weiter und
bietet keinerlei positive Alternativen. Querlesen des Textes schließt sie aus. Die Schwierigkeit
besteht nicht zuletzt darin, eine Analyse des Unbewussten mit einer feministischen Politik der
Veränderung zusammenzubringen. In der Folge wurde das Hauptaugenmerk einerseits auf
Genres gelegt, in denen Frauen eine aktivere Rolle einnehmen, wie beispielsweise im "Film
Noir" der 40er-Jahre, andererseits auf Filmgenres, die sich explizit an ein weibliches
Publikum wenden, wie etwa das Melodrama:
If realism is regarded as inevitably complicit with bourgeois ideology, since it works always
to 'naturalize' ideologically motivated representations, melodrama, in contrast, can be seen as
providing an anti-realist excess which exposes the contradictions which realism works so hard
to repress. Thus melodrama itself became the focus of analysis. (Thornham 1997: 46)
Thornham meint, dass Realismus unweigerlich mit bürgerlicher Ideologie verwoben sei. Es
wird versucht, ideologisch motivierte Repräsentationen zu naturalisieren. Das Melodrama
bietet im Kontrast dazu einen unrealistischen Exzess, der Widersprüche, die der Realismus
unterdrückt, aufdeckt. Aus diesem Grund wurde das Melodrama zum neuen Brennpunkt der
feministischen Filmanalyse. In der Folge werden stellvertretend Arbeiten zu dieser
Argumentationslinie von Mulvey und Doane vorgestellt. Doch vorher möchte ich auf eine
andere wichtige theoretische Strömung eingehen, die neben der Psychoanalyse die
feministische Filmtheorie geprägt hat, die Semiotik, und den Begriff der Ideologie im
Zusammenhang mit Film näher betrachten.
Semiotische Ansätze: die Verteilung diskursiver Macht
Sowohl Semiotik als auch Psychoanalyse beschäftigen sich mit dem Symbolischen, doch
während sich Semiotik einerseits mit dem Text und andererseits mit dem Kino als Apparat
beschäftigt, ist Psychoanalyse auf die filmischen Bedeutungen für Zusehende konzentriert.
Seit den 60er Jahren wurde die Semiotik neben der Psychoanalyse zu einer der wichtigsten
Grundlagen der Filmtheorie. Der Film wurde auf zwei Ebenen untersucht, auf der Ebene des
Textes und der Ebene des Systems. Auf der Ebene des Systems beschäftigt sich die
Filmsemiotik mit kinematographischen Codes bzw. der kinematographischen Apparatur,
woraus die Apparatus-Theorie Anfang der 70er Jahre, vor allem in Frankreich, entwickelt
wurde. Untersucht wurde dabei der Zusammenhang von Ideologie und dem Kinosaal, der
Projektion, der Kamera und den Zusehenden. Die Apparatus-Theorie war neben der
Psychoanalyse eine der wichtigsten Grundlagen der feministischen Filmtheorie der 80er
Jahre.
Untersuchungen, die den Film als Text sehen, gehen davon aus, dass sich der Filmtext aus
Elementen zusammensetzt, die, bestimmten Regeln folgend, Strukturen bilden und so
Bedeutungen produzieren. In der Semiotik wird unter Text nicht nur Geschriebenes
verstanden, sondern auch Gesprochenes und nicht-sprachliche Kommunikation, wie etwa
Tanz, Comics, das Bild und eben auch der Film. Film scheint im Gegensatz zu Sprache
unkodiert, natürlich zu sein. Doch auch Film ist wie das geschriebene Wort aus
Textelementen zusammengesetzt. Verbundene Serien von Einstellungen bilden Bedeutung,
Film ist durch Codes strukturiert. Einige dieser Codes sind laut Metz sozio-kulturell, wie etwa
Kleider oder Gesichtsausdrücke. Andere wie 'long shots', 'close-ups' oder spezielle
Schnitttechniken sind filmspezifisch. Aus diesen Codes bzw. textuellen Systemen, wird
Bedeutung produziert. (Thornham 1997: 24) Wichtig dabei ist, dass der Film als Text auf
keine Interpretation festgelegt werden kann:
Während die Idee des Werks den Film als unveränderliches Produkt einer Bezeichnungspraxis
bestimmt, impliziert der Textbegriff, daß der Film auf kein abschließendes Signifikat, auf
keinen 'letzten Sinn' festgelegt werden könne, sondern daß dieser immer wieder aufs Neue in
der Lektüre konstruiert werden müsse. (Braidt/Jutz1999: 384)
Die Ansätze der größtenteils französischen Semiotik werden von der anglo-amerikanischen
feministischen Filmtheorie teilweise als Basis übernommen. Die Frage nach der filmischen
Bedeutungsproduktion rückt in den Mittelpunkt des Interesses, nicht nur der Inhalt, sondern
auch die Filmsprache wird als geschlechtsspezifisch kodiert entlarvt, was zu einer
Auseinandersetzung mit den Konventionen des Erzählkinos führt. Filmsprachliche Mittel, wie
etwa Dauer und Größe der Kameraeinstellungen, Lichtführung, Bildkomposition und Schnitt,
führen geschlechtsspezifische Hierarchien ein, mittels Kameraeinstellungen wird ein
subjektiver Blickpunkt erarbeitet (point-of-view). Das Zusammenspiel von Stimme und Bild
ist ein weiterer Faktor. Eine besondere Rolle spielt dabei die Off-Stimme, also eine Stimme,
deren ErzählerIn nicht im Bild ist. Sie erscheint sehr machtvoll. Die körperlose Off-Stimme
wirkt sehr autoritär: "To be heard but not seen" ist eine sehr mächtige Position, doch
Repräsentationen von Frauen im Film verkörperten lange Zeit eher das Gegenteil: "to be seen
but not heard", eng verwandt mit Mulveys Begriff der "to-be-looked-at-ness". (Silverman
1984: 134)
Diese erzählerischen Verfahren begründen Subjektpositionen im filmischen Text und sind für
Fragen der Bedeutungsproduktion deshalb so zentral, weil sie über die Verteilung diskursiver
Autorität, einer Form von symbolischer Macht, zwischen den männlichen und weiblichen
Figuren entscheiden. (Braidt/Jutz 1999: 385)
Im zweiten Teil dieser Arbeit über die Filme The Terminator, Terminator 2 - Judgment Day,
Blade Runner und I.K.U. werde ich jeweils explizit auf die Frage der diskursiven Autorität
der HauptprotagonistInnen in diesem Kontext eingehen.
Ideologie1
With its emphasis on the production and circulation of social meanings through cinema's
process of signification, ideological film criticism's key topos is the nature of the relationship
between representations and the real world of which they are part. This relationship assumes
special significance with regard to cinema, because film appears to possess a peculiar capacity
to present itself as uncoded, as transparent in its (re)presentation of the 'real world'. (Kuhn
1999: 147)
Der Film ist zwar kodiert, trotzdem erweckt filmisches Material tendenziell den Eindruck des
Realistischen und verhält sich wie ein Spiegel der Wirklichkeit. Erklärt werden kann dieses
Phänomen mit dem Ideologie-Begriff, den Louis Althusser in den 60er Jahren entwickelte.
Der realistische Eindruck eines Films entsteht dadurch, dass er mit der Art konform geht, in
der Realität verstanden wird. Die Art wie wir Realität verstehen, ist laut Althusser das
Produkt von Ideologie. Ideologie versucht die Zeichen der eigenen Interventionen
auszulöschen und präsentiert ihre Bedeutungen als natürlich. Die semiotische Analyse von
populären Kulturtexten und Praktiken, wobei ideologische Operationen aufgedeckt werden,
bietet ein Modell der politisch motivierten semiotischen Analyse. Texte und Praktiken dienen
als kulturelle Zeichen, die Ideologie weitertragen, Barthes spricht hier auch von Mythos. Die
EditorInnen von Cahiers du Cinema (ein bekanntes französisches Filmjournal) haben ein
Modell der ideologischen Analyse des Kinos nach 1968 produziert. Im Editorial von 1969
wird geschrieben, dass jeder Film politisch sei, da jeder Film durch die Ideologie, die ihn
produziere, determiniert sei. (Thornham 1997: 26) Das Kino scheint Realität zu
reproduzieren, doch es ist die Welt der dominanten Ideologie. Um eine ideologische Einheit
im Film zu erhalten, wird im Film vieles ausgelassen und unterdrückt, es entstehen Lücken.
Die Aufgabe der Filmkritik ist es in diesem Kontext, diese Auslassungen und Lücken zu
finden. (Thornham 1997: 25 - 27, Hipfl 1995: 150) Annette Kuhn sieht Feminismus als die
bedeutendste politische Motivation der ideologischen Filmanalysen, die Wirkungsweise
patriarchaler Ideologie durch kulturelle Texte, besonders durch den Film, wird aufgedeckt:
If ideological film analysis is political, or at least cultural-political, in its purpose, its most
significant political motivator has arguably been feminism. Feminist ideological criticism
aims to lay bare the workings of patriarchal ideology in and through cultural texts in general,
and films in particular. (Kuhn 1999: 148)
Doch nun zurück zu den auf Psychoanalyse basierenden Untersuchungen des Melodramas
und der Women's Genres bei Mulvey und Doane, wobei die Zuschauerin im Brennpunkt der
Analysen steht.
Die Zuschauerin: Mulvey & Doane
Mulveys Afterthoughts
Laura Mulvey beschäftigt sich in der Folge mit dem Melodrama, doch zunächst geht sie noch
einmal auf ihren berühmten Aufsatz 'Visual Pleasure and the Narrative Cinema' ein, der auch
für viel Kritik sorgte. Schon im ersten Absatz ihres Artikels "Afterthoughts on 'Visual
Pleasure and Narrative Cinema' inspired by King Vidors Duel in the Sun (1946)" bezieht
Laura Mulvey Stellung zu dem oft gehörten Vorwurf, dass sie sich in ihrem "Visual Pleasure
and Narrative Cinema"-Aufsatz nur auf den männlichen Standpunkt beziehe:
At the time, I was interested in the relationship between the image of woman on the screen
and the 'masculinisation' of the spectator position, regardless of the actual sex (or possible
deviance) of any real live movie-goer. In-built patterns of pleasure and identification impose
masculinity as 'point of view'; a point of view which is also manifest in the general use of the
masculine third person. (Mulvey 1981: 122)
Laura Mulvey schreibt in ihren Afterthoughts (1981) den Zuschauerinnen die Möglichkeit zu,
sich mit dem aktiven männlichen Teil zu identifizieren und erweitert damit die
festgeschriebenen Rollen der ZuschauerInnen gegenüber ihrer ersten Analyse. In den
"Afterthoughts" beschäftigt sich Mulvey mit der Zuschauerin und damit welche
Identifikationsmöglichkeiten der Filmtext bietet, wenn die Hauptrolle weiblich besetzt ist. Sie
konzentriert sich dabei auf das Melodrama. Sie untersucht Filme, in denen die
Protagonistinnen zwischen einer tendenziell passiven und einer eher aktiven Position
schwanken, Positionen, denen traditionell Weiblichkeit bzw. Männlichkeit zugeschrieben
werden. Sie sieht die Zuseherin in einer maskulinen Rolle im Kino. Auch in diesem Text
bezieht sich Mulvey auf Freud, besonders auf eine Stelle, wo Freud von Perioden spricht, in
denen abwechselnd die weibliche und die männliche Seite die Oberhand in der Entwicklung
der Frau erhalten. Mulvey sieht in diesem Sinne Hollywoodfilme als eine Möglichkeit für
Frauen, den nie gänzlich verdrängten männlichen Aspekt ihrer sexuellen Identität
wiederzuentdecken. Sie geht davon aus, dass die Grammatik der Geschichte die Zusehenden
zwangsläufig zur Identifikation mit den HeldInnen führt. Während sie in ihrem ersten Artikel
die Besonderheiten des Kinos betonte, besonders die Schaulust, sieht sie in den
"Afterthoughts" Film in der Tradition des Geschichtenerzählens, egal in welcher Form. Laut
Freud kann davon ausgegangen werden, dass sich Menschen beiderlei Geschlechts bevorzugt
mit der HeldInnen-Rolle einer Geschichte identifizieren. Diese drei Elemente ergeben eine
Art transvestitische Position für Frauen und Männer:
Three elements can thus be drawn together: Freud's concept of 'masculinity' in women, the
identification triggered by the logic of a narrative grammar, and the ego's desire to fantasise
itself in a certain, active, manner. All three suggest that, as desire is given cultural materiality
in a text, for women (from childhood onwards) trans-sex identification is a habit that very
easily becomes second nature. However, this Nature does not sit easily and shifts restlessly in
its borrowed transvestite clothes. (Mulvey 1981: 125)
ZuschauerInnen können sich demnach sowohl mit einer weiblichen als auch mit einer
männlichen Position identifizieren. Wenn in einer Geschichte eine Heldin auftritt, müsste es
auch für Männer diese transvestitische Position geben. Innerhalb des psychoanalytischen
Rahmens von Mulvey kann Aktivität von der weiblichen Protagonistin oder Zuseherin nur
geborgt werden. Raum für Widerstand kann innerhalb dieses Rahmens nicht gefunden
werden. (Thornham 1997: 51).
Gender als Maskerade - Doane
Mary Ann Doane knüpft an Mulveys Idee der transvestitischen Zuschauerin an (Doane 1985).
Sie erweitert Mulveys Modell mit dem Begriffspaar Distanz und Nähe im Verhältnis zum
Bild und bezieht sich dabei ebenfalls auf psychoanalytische Theorien, in diesem Fall auf
Freuds Arbeit 'Ein Kind wird geschlagen' 2 . Nähe wird dabei Frauen zugeschrieben. Doane
meint mit dieser Beschreibung von Weiblichkeit als Nähe den Ort, dem die Frau kulturell
zugeordnet wird. Im Kino wirkt sich dies laut Doane auf die Zuschauerin insofern aus, als
dass ihr auch hier die Distanz fehlt, und sie nicht so einfach die Position einer Voyeurin oder
Fetischistin einnehmen kann. (Hipfl 1995: 154). Ihr geht es einerseits um die Analyse der
Positionierung der Zuseherin und andererseits darum, wie weibliche Subjektivität im
Patriarchat produziert wird. Sie stützt sich dabei auch auf Thesen von Michel Foucault. Er
meint, dass Macht nicht nur durch Unterdrückung, Zensur und Verweigerung operiert,
sondern auch positiv arbeitet, indem Positionen konstruiert werden, die Subjekte annehmen
können. (Thornham 1997: 55) Der Frauen-Film kann in diesem Sinne als eine Produktion und
Regulierung der weiblichen Subjektivität in einer patriarchalen Kultur gesehen werden.
Doane meint, dass der Frauen-Film dazu verführt, eine Alternative zum MainstreamHollywoodfilm zu sehen. Dieser Versuchung müsse allerdings widerstanden werden, da es
sich auch hier um keine authentische weibliche Subjektivität handle. Doane sieht
Weiblichkeit als eine Maske 3 , die getragen oder abgelegt werden kann, und Maskerade als
eine übliche Strategie der Frauen. Diese Maske sieht sie als eine Möglichkeit, Distanz zum
Bild herzustellen. Dieses Tragen von Weiblichkeit in Form einer Maske erlaubt der Zuseherin
eine Distanz zwischen sich und dem Filmbild zu produzieren. Ein Spielen mit Identifikationen
wird möglich, während sich Mulveys transvestitische Zuseherin selbst als Mann vorstellen
muss, um Lust am Kino haben zu können. Doane geht in ihrem Artikel "Film und Maskerade:
Zur Theorie des weiblichen Zuschauers" auch ausführlich auf das visuelle Klischee der Frau
mit Brille ein. Sie untersucht Filme der 40er Jahre und kommt zu dem Schluss, dass das
Brillenklischee programmatisch für die Beziehung der Frau zum Blick ist:
Die Brille, die die Frau im Film trägt, bezeichnet im allgemeinen keine Sehschwäche, sondern
steht eher für das aktive Sehen oder einfach nur für den Akt des Sehens im Gegensatz zum
Gesehenwerden. Die intellektuelle Frau sieht und analysiert; indem sie sich den Blick zu
eigen macht, stellt sie eine Bedrohung für das ganze Repräsentationssystem dar. (Doane 1985:
13)
Dieses Beispiel der Frau mit Brille verdeutlicht die Art und Weise der Strukturierung des
Sehens und Gesehenwerdens im klassischen Kino.
Kritik an psychoanalytischen Ansätzen
Die bisher vorgestellten Filmtheorien beschäftigten sich mit der Frage, wie Bedeutungen im
Film produziert werden und greifen dabei vor allem auf psychoanalytische und semiotische
Konzepte zurück. Es handelt sich um textorientierte Ansätze, die versuchen zu klären,
inwieweit der Text bzw. Film bestimmte Interpretationen und Identifikationen herausfordert.
Das Kino wird dabei als eine Institution bzw. ein ideologischer Apparat gesehen, der vor
allem über die Mechanismen der Identifikation und Fantasie wirkt. Die Rezeptionsseite wird
eher passiv gesehen, die Analyse konzentriert sich auf den Filmtext, Bedeutungen bestimmt
hauptsächlich die Produktionsseite. Wichtig ist bei diesen feministischen filmtheoretischen
Ansätzen die Frage, welcher Platz für die Zuschauerin im Film bereitgestellt wird. (Hipfl
1995: 150) Bei Mulvey kann sich die Frau nur in transvestitischer Art und Weise den Blick
borgen, bei Doane kommt sie in Form von Maskerade zu der Distanz, die sie braucht, um
einen Film sehen zu können. Beide Perspektiven schreiben eher einen Status quo fest, als dass
sie zu Veränderungen anregen würden. Psychoanalytische Methoden wurden in der Folge
zunehmend kritisiert. Andere Kategorien, wie etwa Klasse oder Rasse, konnten mit
Psychoanalyse nicht erfasst werden, zudem wurden historische Belange und Kontexte
vernachlässigt: "However, critics have found the totalizing perspective, characteristic of
psychoanalytically informed approaches, problematic because of its closed, ahistorical and
decontextualized method." (Janes 2000: 97) Diese textbasierten Analysen ließen keinen Platz
für ein aktives empirisches Publikum. Deshalb wandte sich ein Teil der feministischen
Filmkritikerinnen zunehmend von psychoanalytisch fundierten Ansätzen ab, da diese
scheinbar keine für Frauen befriedigende Positionen und Lesarten zulassen:
Der Einfluß der Freudschen und Lacanschen Psychoanalyse war zwar zunächst für die
Filmwissenschaft zentral geworden, weil sie einen Erklärungszusammenhang zwischen
kulturellen Repräsentationsformen wie dem Film und der Entwicklung einer Subjektidentität die vorwiegend über die Kategorie Geschlecht läuft - zu liefern imstande waren. Die Grenzen
des psychoanalytischen Ansatzes liegen jedoch gerade darin, daß er nicht zur Erklärung
anderer Unterschiede zwischen Individuen, wie Klasse oder Rasse, herangezogen werden
kann und aufgrund seiner ahistorischen Anlage Überlegungen zu möglichen alternativen
Leseformen, die sich aus dem Sehkontext ergeben könnten, ausschließt. (Warth 1992: 75)
Das theoretische Feld bewegte sich nach den Theorien Mulveys und Doanes zum Teil weg
von der Kino-Psychoanalyse zu einer Analyse, die auf den Theorien der Cultural Studies
aufbaut, um Raum für mehr Widerstand für Zuschauerinnen zu finden:
Such a break offers one way out of the apparent impasse which the powerful and influential
work of Mulvey and Doane seemed to produce. Faced with a 'cine-psychoanalysis' which
produced so little space for resistance by its female spectators, feminist film theory seemed to
have two options. The first, suggested in Doane's concept of masquerade and spectatorial
play, was to wrest from psychoanalysis a view of spectatorship and cinematic pleasure which
would be less tied to the Oedipal trajectory. The second was to look elsewhere for theoretical
ground from which to argue the possibility and/or reality of women's resistance. (Thornham
1997: 66)
Einerseits begann ein Teil der feministischen TheoretikerInnen neue Aspekte aus der
Psychoanalyse zur Untersuchung der Filme heranzuziehen, wie etwa die Fantasietheorien, die
später im Detail besprochen werden, andererseits wurde woanders nach einer theoretischen
Basis gesucht, die Frauen mehr Handlungsspielraum zugesteht. Diese wurde in den Cultural
Studies gefunden.
Cultural Studies
1964 entstand an der Birmingham University das "Centre for Contemporary Cultural Studies"
unter der Leitung von Richard Hoggart. Als Kultur wurde einerseits eine Art zu leben,
andererseits die unterschiedlichsten kulturellen Praktiken bezeichnet. Eine interdisziplinäre
Methodologie wurde entwickelt, die Textanalyse und einen Fokus auf den historischen und
sozialen Kontext kombinierte. Sowohl die theoretische als auch die politische Seite sollten bei
Analysen bearbeitet werden. Stuart Hall übernahm die Leitung dieses Zentrums in der
bedeutenden Phase von 1968 - 79. Die Frage verlagerte sich von einem Was zu einem Wie
bezüglich kultureller Systeme, die Grundlage für Theorien über ideologische Macht von
kulturellen Institutionen, Texten und Praktiken wurde geschaffen. Der textuelle Fokus der
Cultural Studies ist beträchtlich weiter als der der Filmtheorie und umfasst beispielsweise
auch Sport, Fernsehen, Musikvideos und andere Bereiche der Pop-Kultur und der
Massenmedien, die vorher vernachlässigt wurden. Kultur ist in diesem Kontext als
Alltagskultur zu verstehen, ein besonderes Augenmerk wird auf das Alltägliche gelegt. Die
Bedeutungskonstruktion auf der Rezeptionsseite steht im Vordergrund, ganz im Gegensatz
zur filmtheoretischen Richtung.
Die 'angeeignete Kultur', die Frage, welche Bedeutung die Medien für die Menschen haben,
steht hier im Mittelpunkt. Medieninhalte repräsentieren eine Vielzahl möglicher Bedeutungen,
deren Konkretisierung erst in der Rezeption erfolgt. Die Frage nach der
Bedeutungskonstruktion ist jedoch immer in die bestehenden Machtverhältnisse eingebunden,
entsprechend wird auch von einem 'Kampf um Bedeutungen' gesprochen. (Hipfl 1995: 151)
Die unterschiedlichen sozialen und gesellschaftlichen Faktoren, wie etwa Geschlecht, Klasse
und Alter, führen zu verschiedenen Interpretationen der Medieninhalte. Die Rezeption wird
nicht als ein unmittelbares Übernehmen der Inhalte gesehen, sondern als aktiver Prozess, der
ein Lesen gegen den Strich ermöglicht. Die Methodik der Cultural Studies besteht in
qualitativen, ethnografischen Methoden, wie etwa offene Interviews oder teilnehmende
Beobachtung. Es geht um die Frage, was reale Menschen als ZuschauerInnen mit den Filmen
machen, bevorzugtes Medium der Untersuchungen ist das Fernsehen.
In den 70er Jahren operierte Filmtheorie ohne ein Konzept des sozial und historisch
positionierten Zusehenden, Massenkommunikationsforschung wiederum arbeitete ohne ein
Konzept des Textes. Medientexte wurden als transparente Botschaften verstanden, deren
Bedeutungen ungefiltert von der Rezeptionsseite aufgenommen werden.4 Stuart Hall hat 1973
mit seinem Text 'Encoding and Decoding in the Television Discourse' ein neues Modell der
Text-LeserInnen-Beziehung vorgestellt:
Hall's model sees the communicative process as 'a structure produced and sustained through
the articulation of linked but distinctive moments'. These moments - of production
('encoding'), text ('programme as 'meaningful' discourse') and reception ('decoding') - are
'relatively autonomous' in relation to the whole process. Each is a 'determinate' moment - that
is, each has its own structures and processes, whether institutional (in the case of the moment
of production) or semiotic (in the case of the text) which will be productive of meaning. Each
is the site of struggle - over which meanings about an event or narrative will be 'encoded' by
the producers, which meanings will be 'structured in dominance' in the text, and which
meanings will be read off ('decoded') by the audience/spectator. (Thornham 1997: 70).
Das Modell von Stuart Hall beschäftigt sich demnach mit der Produktion des Textes, mit dem
Text selbst und mit der Rezeption des Textes. Jedes dieser drei Momente hat seine eigenen
Strukturen und Prozesse, ob institutionell oder semiotisch, und jedes ist ein Ort des Kampfes
über Bedeutungen. Texte haben Bedeutungen, die von der dominanten Ideologie bevorzugt
werden, aber diese Bedeutungen werden durch Randgruppen in der Gesellschaft angefochten.
Texte sind demgemäß 'polysemic', das heißt offen für mehr als eine Bedeutung, auch wenn
die dominante kulturelle Ordnung versuchen wird, ihre eigenen Klassifikationen der sozialen,
kulturellen und politischen Welt dem Text aufzuerlegen. Auch das Publikum ist in den Kampf
um Bedeutungen verwickelt. Je nach sozialer Formation kann die LeserInnen/ZuseherInnenPosition sehr unterschiedlich ausfallen, beabsichtigte Bedeutungen können auf
RezipientInnenseite verhandelt oder sogar verkehrt werden. Der Umgang mit Medien wird als
aktiv gesehen, Lesen gegen den Strich ist eine Möglichkeit des Widerstands. (Hipfl 1995:
151, Thornham 1997: 68 - 71) Hall stützt sich bei seinem Modell auf das Hegemonie-Konzept
von Antonio Gramsci:
In Gramsci's use, 'hegemony' refers to the processes whereby a dominant social group
maintains this dominance politically and culturally, not through repressive means but by
mobilizing the consent of subordinate groups to its explanations and definitions of social
reality, so that they seem merely 'common sense'. (Thornham 1997: 70)
Erklärungen und Definitionen von sozialer Realität erscheinen als gesunder
Menschenverstand. Erreicht wird dieser Konsens durch dominante soziale Gruppen nicht
mittels repressiver Maßnahmen, sondern es wird versucht, einen Konsens über Bedeutungen
zu bilden, der auch von anderen Gruppen übernommen wird, eben als gesunder
Menschenverstand, und der die weitere politische und kulturelle Dominanz sichert. Kultur ist
ein wichtiger Bereich für die Aufrechterhaltung sozialer Ungleichheiten durch ideologische
Mittel, aber auch ein Bereich des Kampfes.
Kritik an der zeitgenössischen Filmtheorie, die von seiten der Cultural Studies (David
Morley) kam, bezog sich auf die Isolation, die die Text-Rezipierende-Begegnung von allen
historischen und sozialen Strukturen isoliert und darüber hinaus von anderen Texten. David
Morley kam im Rahmen der Studie "The 'Nationwide' Audience" (1980) zu dem Schluss, dass
die soziale Klasse weder der einzige, noch der wichtigste Faktor für die Position zur Sendung
war. Cultural Studies, von der klassen-basierten Analyse später wieder abkommend, bot für
Feministinnen einen neuen Ansatz zur Text-LeserInnen-Beziehung, der über den TextDeterminismus psychoanalytischer Analysen hinausgeht. Feminismus veränderte in der Folge
die Cultural Studies und umgekehrt.
Soap Operas und 'Womens Genres' in den Cultural Studies
Um das Vergnügen der Zuschauerin untersuchen zu können, wurden auch in den Cultural
Studies bevorzugt Genres zur Untersuchung herangezogen, die sich bevorzugt an ein
weibliches Publikum wenden, ähnlich wie in der feministischen Filmtheorie, wo das
Melodrama zum Brennpunkt eines Teils der Analysen wurde (Mulvey, Doane). Die
Untersuchungen von Soap Operas und auch von Liebesromanen haben die Filmtheorie
nachhaltig beeinflusst. Ein Beispiel für eine Analyse, die über Textpositionen hinaus zu den
tatsächlichen Leseweisen von Frauen ging, ist Dorothy Hobsons (1982) "Crossroads: 'The
Drama of a Soap Opera'." Sowohl die Produktions- als auch die Rezeptionsseite wurden
untersucht. Sie verwendete eine ethnografische Forschungsmethode und sah die Sendungen
mit dem weiblichen Publikum vor Ort. Dadurch konnte sie beobachten, dass die Zuseherinnen
die Programme in einer zerstreuten Weise sahen und während des Fernsehens auch im
Haushalt tätig waren. Außerdem wurden die Folgen nicht getrennt, sondern in Verbindung
mit anderen Sendungen rezipiert. Bei diesen Ergebnissen macht es wenig Sinn, sich
ausschließlich auf den Text zu konzentrieren und die Zuseherinnen-Seite außer Acht zu
lassen. (Thornham 1997: 74)
Janice Radway publizierte 1984 in den USA eine Studie über Liebesromane und ihre
Leserinnen: "Reading the Romance". Obwohl Radway nicht mit den Britischen Cultural
Studies verbunden war, ist dieser Beitrag für die feministischen Cultural Studies sehr wichtig
geworden. Die Methode war eine Kombination von Textanalyse und ethnografischer
Forschung. Sie fasst zusammen, dass jeder populäre romantische Roman damit beginnt, dass
die patriarchale Kultur ihre weiblichen Mitglieder nicht befriedigen kann. Aber die magische
Lösung, bei der der männliche Protagonist fähig wird, die Frau zufriedenzustellen, produziert
eine Bestätigung der patriarchalen Kultur. Die Leserinnen sahen den Akt des Lesens als
Erklärung der Unabhängigkeit, da sie so Raum für sich selbst schaffen konnten und nicht wie
sonst so oft für andere Familienmitglieder da sein mussten. Radway kam auf zwei neue
Kategorien: Lesen als Interpretation und Lesen als kulturelle Handlung, letzteres eine
gänzlich neue Erkenntnis dieser Zeit. (Thornham 1997: 74 - 77)
Der psychoanalytische Ansatz, wie er beispielsweise bei Mulvey und Doane zu finden ist,
wurde stark kritisiert, da kein Platz für die Frau in diesem theoretischen Rahmen zu finden ist
und die Unterdrückung der Frau fortgeschrieben wird. Theoretikerinnen wie Tania Modleski
versuchen einen anderen Weg einzuschlagen: widerständige Diskurse in und um den FrauenFilm werden identifiziert. Auch wenn die Stimme der Frau in Filmen, die im Zentrum der
Narration eine Frau haben, leise ist, kann sie Kritik an der patriarchalen Ordnung ausdrücken.
Die Repression der Frauenstimme ist meist unvollständig. "It is the feminist critic's task to
identify and locate that repressed voice, not to participate in its silencing." (Thornham 1997:
57) Von Doane kommt wiederum die Kritik, dass der Versuch, die weibliche Stimme im Film
zu finden, der kritischen Funktion des Feminismus nicht dient und damit der Blick auf die
dominanten Bedeutungen des Textes verloren geht. Doane meint weiter, dass der patriarchale
Text nur seine eigene Idee von Weiblichkeit konstruiere. Problematisch ist hier die Frage, was
eine authentische weibliche Stimme im Sinne von Modleski sein soll, ein essentialistisches
Verständnis von Weiblichkeit kann dieser Art von Theorie vorgeworfen werden. Eine
einfache Wiederholung eines patriarchalen Dualismus ist die Folge.
Jüngere Theorien, die vor allem von den Cultural Studies beeinflusst wurden und sich eher
dem Medium Fernsehen widmen, gehen zwar von im Text verankerten
Zuschauendenpositionen aus, die die Zuschauenden im Sinne einer dominanten Ideologie
konstruieren, allerdings muss die Intention des Textes nicht mit der Lesart der realen, sozialen
Zuschauenden übereinstimmen. Textlich verankerte Zuschauenden - bzw. LeserInnenPositionen und reale RezipientInnen werden gegenübergestellt. Alternative Lesarten werden
dadurch möglich. Allerdings stellten Forscherinnen wie Warth bald fest, dass die Analyse von
Interviews ebenfalls eine Art Textanalyse darstellt:
Die Änderung der Blickrichtung vom Text auf die realen Zuschauerinnen, die mit der
Verschiebung von der Textanalyse zur Methode ethnografischer Interviews einhergeht, bringt
jedoch ihrerseits, wie wir in einer Studie zu amerikanischen Soap Opera-Zuschauerinnen im
Rahmen eines Forschungsprojektes feststellen mußten, gravierende Probleme mit sich, denn
auch bei der Analyse der Interviews handelt es sich ja in gewisser Weise um Textanalysen
und nicht um wie auch immer geartete Wahrheiten. (Warth 1992: 76)
Ien Angs ethnographische Analyse der Serie Dallas bietet eine weitere Analyse der TextLeserInnen-Beziehung. Sie wertet geschriebene Antworten statt Interviews aus. Auch sie
widmet sich der schwierigen Beziehung zwischen Feminismus, Frauen und dem Text, der an
ein weibliches Publikum gerichtet ist. Ang stützt sich auf feministische Filmtheorie zum
Thema Melodrama bei ihrer Untersuchung der TV-Serie. Wie beim Melodrama der
feministischen Filmtheorie bietet auch die Soap Opera ihren SeherInnen multiple
Identifikationsmöglichkeiten, die widersprüchlich sein können. Soap Operas haben kein
Happy End wie die Romane von Radways Studie. Die Probleme sind zyklischer Natur. Lust
kann vor allem durch den Einsatz von Fantasie aus diesen Serien gewonnen werden. Ang
bezieht sich auch auf Mulveys Studien zum Melodrama, Ang sieht allerdings keinen direkten
Bezug von der Position des Subjekts in der Kultur zu den Positionen, die vom Text angeboten
werden, und sie tritt nicht für die Zerstörung der populären Freuden wie Mulvey ein.
Melodramatische Fantasie sieht sie nur als einen möglichen Diskurs bzw. eine mögliche
Subjektposition, die es in zeitgenössischer Kultur für weibliches Publikum gibt, deren
Identität das Resultat verschiedener besetzter Subjektpositionen eines Moments in der
Geschichte ist.
Radway wurde von Ang kritisiert, ihre feministische Forschung zur Bekehrung von Frauen
zum Feminismus zu benützen. Während Ang Radway für ihren rekrutisierenden Ansatz
kritisiert, fällt Ang in die Kategorie, die versucht, in populären Texten progressives Potenzial
zu identifizieren. Dabei handelt es sich nicht zuletzt um den Versuch, eine Brücke zwischen
feministischen Theoretikerinnen und "anderen" Frauen zu schlagen. Mary Ann Doane und
andere kritisieren, dass das Publikum oder die Subkultur dieser ethnografischen
Analysemethode genauso abstrakt ist wie die weibliche Zuseherin der psychoanalytischen
feministischen Filmtheorie. Bei Ang verschwimmen die Kategorien Text und Publikum.
Befürchtet wird ein Wandel der Zuwendung vom 'bösen' Text zum 'guten' Publikum in der
feministischen Forschung der 80er Jahre. Thornham merkt etwa kritisch an, dass der Text
selbst, auch wenn er in verschiedensten Kontexten rezipiert wird, weiterhin erkennbar bleibt:
The fact that I may 'construct' the text differently when I watch it in different contexts - in an
academic context, say, or at home with my family - does not alter the fact that the text itself
remains recognizable through these changing contexts. (Thornham 1997: 80).
Mit der Annahme, dass es so viele verschiedene Interpretationen wie Zusehende gibt, geht
zudem der politische Druck verloren. Das Problem mit der Untersuchung, was sich Menschen
ansehen, ist laut Ang, dass nie untersucht wird, was Menschen gerne sehen würden. Dazu
kommt auf der kritischen Seite, dass nichts inhärent Progressives im Vergnügen liegt, auch
wenn es endlich für Frauen gefunden wurde. (Thornham 1997: 80)
Film- und Fernsehforschung - Annäherung von Filmtheorie und Cultural Studies
Film- und TV-Analysen haben sehr unterschiedliche theoretische Ursprünge. Bei der
Filmanalyse mit psychoanalytischen Grundlagen ist es problematisch, dass historische
Besonderheiten des Textes, soziale oder institutionale Kontexte und das Publikum nicht
ausreichend berücksichtigt werden. In theoretischen Arbeiten über Fernsehen wird oft der
Text nicht ausreichend analysiert. Die Schwierigkeit, diese Theorien zusammenzuführen, liegt
hauptsächlich darin, den textuell konstruierten Zusehenden der Filmtheorie und das in der
Kultur konstruierte soziale Subjekt der Fernsehforschung zusammenzubringen. Annette Kuhn
sieht die Ursache in der unterschiedlichen Struktur und im unterschiedlichen Status von Film
und Fernsehtext. Fernsehtext ist in einen Fluss von Fernsehprogrammen eingebettet, während
Film, zumindest im Kino, eine relativ diskrete Einheit bildet. Die Fernsehsendung wird
zeitlich umrahmt und eventuell von anderen Programmen durch Umschalten auf andere
Sender oder Werbung unterbrochen. Die Aufmerksamkeit ist nicht so konzentriert wie im
Kino, obwohl diese Aufmerksamkeit von Grossberg angezweifelt wurde:
Cinema spectators, argues Grossberg, perhaps never viewed popular films in the absorbed
way which is assumed by film theory, and the pleasures and meanings which they took from
cinema were always mediated intertextually: by film magazines, by star images and by other
forms of popular culture. (Thornham 1997: 160)
Grossberg meint weiter, dass neben dieser zweifelhaften Konzentration auch Informationen
aus anderen Kanälen die Art der Rezeption beeinflussen. Trotzdem bilden sowohl das FilmMelodrama als auch die Soap Opera Narrationen, die an ein weibliches Publikum gerichtet
sind, mit ein Grund, weshalb eine Annäherung zwischen den zwei Theoriesträngen in den
90er Jahren zu finden war:
In den 90er Jahren schließlich führte - nicht zuletzt unter dem Einfluß der Cultural Studies das gemeinsame Interesse für Fragen der Zuschauerschaft in ihrer 'gendered dimension' zu
einer tendenziellen Annäherung zwischen feministischer Film- und Fernsehforschung.
(Braidt/Jutz 1999: 379)
Kuhn meint, dass das soziale Publikum zu Zusehenden im Sinne der Filmtheorien wird, und
zwar in dem Moment, in dem sie sich in die Prozesse und das Vergnügen von
Bedeutungskonstruktion während des Ansehens eines Films oder eines TV-Programms
einlassen. Andererseits werden einzelne ZuseherInnen durch den sozialen Akt des
Konsumierens von Repräsentationen zu einem sozialen Publikum. Auch wenn uns der Text
keine eindeutige Position liefert, von der er gelesen werden muss, so benutzen wir als
LeserInnen den Text doch, um unsere Vorstellung von unserer Identität zu konstruieren und
zu bestätigen. Die Aufgabe der Textkritik ist es zu untersuchen, welche Lesarten der Text
möglich macht, hier können Ergebnisse von ethnografischen Studien beitragen. Gledhill weist
darauf hin, dass diese Aufgabe nicht neutral ist, die Kritik selbst generiert neue Zyklen der
Bedeutungsproduktion. (Thornham 1997: 81 - 84)
Cultural studies, with its attention to questions of hegemony and popular culture, shares a
cultural-political agenda with ideological film criticism, though the two differ in their objects
and methods of analysis. For example, cultural studies tends to concern itself with the uses
consumers make of popular cultural texts rather than with these texts' internal ideological
workings, and has been less interested in cinema than in other popular media forms.
Nonetheless, some recent feminist scholarship has attempted to combine the approaches of
cultural studies and ideological film analysis. This move has proved especially productive in
readings of cultural texts which explore overt and subtextual themes and images relating to
gender and sexual difference as these are produced through figurations of the body. (Kuhn
1999: 148)
Annette Kuhn spricht hier von Versuchen, die zwei Theoriestränge Film- und
Fernsehforschung zusammenzubringen. Valerie Walkerdine war eine der ersten, die diesen
Versuch gewagt hat. Walkerdine untersucht in ihrer Arbeit 'Video Replay: Families, Film and
Fantasy' (1986) das Video Rocky II (1979), gesehen von einer Arbeiterfamilie, und
kombiniert dies mit einer Kritik ihrer eigenen Rolle als akademische Zuseherin. Walkerdine
geht wie andere davon aus, dass die Position, die im Text für Zusehende / Lesende produziert
wird, nicht mit der Position der aktuell Zusehenden identisch ist. Sie versucht, Psychoanalyse,
Ethnografie, Fantasie und gelebte soziale Praktiken zusammenzubringen. Sie kommt zu dem
Schluss, dass Fantasie in häuslichen Beziehungen genauso eine Rolle spielt wie in der
Rezeption von Filmen und auch die Forschenden belegen einen Fantasieraum, innerhalb
dessen verschiedene Fiktionen produziert werden. (Thornham 1997: 85 - 86)
Die Hinwendung zu den Cultural Studies wird zum Teil sehr kritisch betrachtet, der Sinn für
das Spezielle am Filmtext geht verloren. Politische und theoretische Kategorien, wie Text
oder Weiblichkeit, verschwimmen. Die Schwierigkeit besteht im Zusammenhalten von Textund Publikumslesarten. Die Kategorie Frau wird ebenfalls immer unbestimmter, andere
Unterscheidungsmerkmale wie Klasse, ethnische Zugehörigkeit oder sexuelle Orientierung
treten zunehmend in den Vordergrund, womit die soziale Zuseherin zu einer genauso
problematischen Figur wird wie die vom Text konstruierte Zuseherin:
And, as the category of 'real women' itself becomes less certain - crossed by differences of
class, location, race, ethnicity, sexual orientation - the 'female spectator' as social subject
becomes as theoretically problematic as her textual counterpart. (Thornham 1997: 90)
Trotz dieser und methodischer Probleme hat der Versuch, psychoanalytische Filmtheorien
und auf Cultural Studies basierende Diskussionen zusammenzubringen, sich als sehr fruchtbar
erwiesen.
Men's Studies
And while the majority of feminist research in this country [A nm.: USA] continues to focus
on the important questions of women's labor, reproductive rights, histories, racial and ethnic
identities, economies, politics, and so on, there is an increasing understanding that many of
the issues that affect women's lives cannot be adequately understood without a companion
understanding of the intricate interrelationships between the constructions of women's and
men's lives by and through the gender system. (Jeffords 1993b: 197)
Männlichkeit ist in den 90er Jahren immer mehr in den Mittelpunkt des theoretischen
Interesses gerückt. Besonders nach Judith Butlers Gendertheorien war ein vermehrtes
Auftreten von Forschungsarbeiten in diesem Bereich zu verzeichnen, auch Männlichkeit
wurde als sozial konstruiertes und inszeniertes Geschlecht zum Thema. Bei Untersuchungen
zur Weiblichkeit blieb Männlichkeit oft gänzlich unerforscht, das Männliche blieb unsichtbar
und verschwand hinter dem universellen Subjekt. (Brunotte 1998: 198) In ihrem Buch
'Screening the Male. Exploring Masculinities in Hollywood Cinema' meinen die
HerausgeberInnen Cohan und Hark, dass Filmtheorien, die auf Mulveys Theorien basieren,
das Zeigen des Männlichen nicht behandelten, obwohl das klassische Hollywoodkino einen
beträchtlichen Aufwand betrieb, um Männlichkeit darzustellen:
Generally speaking, the feminist film theory based on Mulvey's analysis of visual pleasure,
though critiquing both the feminine spectator implied by her theoretical model and the
psychoanalytic assumptions that inspired it, has by and large minimized or taken for granted
the complex and considerable cultural investment which classical Hollywood cinema has
historically expended in the display of the male, especially as his figure on screen calls into
question the stability and unity equated with 'masculinity' and in the diegesis by the gaze of
the male actor. (Cohan 1993: 1)
Weiters kritisieren sie, dass der Zuschauer und der männliche Darsteller in diesem
Theoriekomplex nicht nur einheitlich, sondern auch zufrieden mit einer voyeuristischen und
fetischistischen Rolle sei: "On the contrary, in much of it the male spectator and his cinematic
surrogate appear, not only unified and coherent, but quite comfortable as well, thank you,
secure with their life on the screen as voyeur and fetishist." (Cohan 1993: 2) Die Men's
Studies machten in der Folge Männlichkeit sichtbar und zum Forschungsobjekt. Begonnen
haben die Men's Studies in den USA, über Großbritannien und Frankreich kamen Studien der
Männlichkeit im größeren Rahmen auch in den deutschsprachigen Raum, allerdings gab es
hier auch schon vorher vereinzelte Studien zum Mann. Ein wichtiger und vielzitierter
Männerforscher des deutschsprachigen Raumes ist Klaus Theweleit, der bereits in den 70er
Jahren zum Männlichkeitsbild veröffentlichte. Seine Studien über Männlichkeit im NaziRegime unter dem Titel "Männerphantasien" (1977/78) veröffentlichte er in zwei Bänden. In
diesen Büchern untersuchte er das Männlichkeitsbild der Soldaten des faschistischen
Nazideutschlands, ebenso das dazu passende vorherrschende Weiblichkeitsbild. Claudia
Springer bezieht sich beispielsweise in ihren Untersuchungen des Cyborgfilms auch auf Klaus
Theweleit, besonders der Cyborg des Films The Terminator wird mit Vorstellungen der
Soldaten Theweleits in Verbindung gebracht. (Vgl. Kapitel Terminator, T-101) Ein anderer
Theoretiker, der bereits in den 80er Jahren das Bild des Mannes in das Zentrum seiner
Analysen stellte, ist Richard Dyer, der Darstellungen von Pin-up-Boys untersuchte.
Richard Dyers Pin-ups
Richard Dyer ist ein Gendertheoretiker mit dem thematischen Schwerpunkt Männlichkeit, er
untersuchte Mitte der 80er Jahre Darstellungen von Pin-up-Boys. Dabei wird die "to-belooked-at-ness" von Mulvey, die diesen Begriff Frauen im klassischen Hollywoodfilm
zuschrieb, bei Männer-Repräsentationen untersucht. Doch Dyer stellte fest, dass Männer, die
zu Bildern werden, in einer Weise posieren, in der sie den Status des Blickobjekts leugnen.
Eine Gegenstrategie, um Männer dem kontemplativen Blick zu entziehen, ist es, Aktivität in
die Bilder zu bringen: "In Bildern von Männern muss jedoch jeder Anteil an Passivität
verleugnet werden, wenn man innerhalb der herrschenden Gleichsetzung von Männlichkeit
mit Aktivität bleiben will. Aus diesem Grund sind Bilder von Männern oft Bilder von
Männern, die etwas tun." (Dyer 1986: 15) Muskeln zeigen zumindest Spuren vergangener
Aktivität, Muskelmänner gelten nicht zuletzt deshalb als Schönheitsideal. Dyer geht auch auf
die Fotografien von Eadweard Muybridge ein, der wissenschaftliche Studien des weiblichen
und männlichen Körpers im Amerika der 1870er und 1880er in Fotobänden herausbrachte.
Frauen und Männer wurden dabei unterschiedlich behandelt, Männer wurden dabei bevorzugt
in Arbeits- und Sporthaltungen gezeigt. (Dyer 1986: 15) Bei seiner Untersuchung von Pin-ups
fällt Dyer auf, dass die Models oft verkrampft versuchen, an das mystische übermächtige Bild
des Phallus heranzureichen, was besonders auf den männlichen Akt zutrifft:
Das führt zur größten Unstimmigkeit in der bildlichen Darstellung von Männern. Denn der
Penis kann sich nicht mit dem Phallus messen und sich niemals zu dessen mystischer
Bedeutung emporschwingen. Daher kommt das Übertriebene, fast Hysterische, das so vielen
Bildern vom Mann zu eigen ist. Die geballten Fäuste, die hervortretenden Muskeln, die
markigen Backenknochen, die ganze Inflation phallischer Symbole - all das strebt nach etwas,
das sich kaum jemals erfüllen läßt: der Verkörperung des phallischen Mysteriums. (Dyer
1986: 18)
Die Darstellungen des nackten Mannes haben selten etwas von Leichtigkeit oder
Selbstverständlichkeit. Diese Thesen von Dyer zum Mann als Bild wurden auch von
FilmtheoretikerInnen aufgenommen. Im Film etwa gibt es kaum längere Großaufnahmen von
Männern, denn das wäre mit einer passiven Haltung gleichzusetzen. Anfang der 80er Jahre
veröffentlichte Steve Neale einen Text über Männlichkeit im Film, diese Arbeit fungiert als
eine Art Basistext der weiteren Untersuchungen dieses Themas.
Steve Neales Untersuchung von Männern im Film
Steve Neale unternimmt in seinem Essay "Masculinity as spectacle" (1983) einen ersten
Versuch, Mulveys Argumente im Kontext von Filmen zu verwenden, die spektakuläre
Formen von Männlichkeit zeigen, wie beispielsweise der Western oder auch Musicals.
(Cohan 1993: 3) Steve Neales Artikel "Masculinity as Spectacle. Reflections on men and
mainstream cinema" ist für die Darstellung von Männlichkeit im Film ein Basistext, ähnlich
Laura Mulveys Artikel "Visual Pleasure and Narrative Cinema" für die Erforschung der
Bilder von Weiblichkeit im Kino. Der 1983 erschienene Artikel stützt sich auf Thesen dieses
Artikels von Mulvey und legt diese auf Darstellungen von Männlichkeit um. Vor diesem
Artikel wurden die Bilder von Männlichkeit im Kino kaum explizit untersucht, nur innerhalb
der Homosexuellenbewegung gab es einiges zum Thema:
Inasmuch as there has been discussion of gender, sexuality, representation, and the cinema
over the past decade then, that discussion has tended overwhelmingly to center on the
representation of women, and to derive many of its basic tenets from Mulvey's article. Only
within the gay movement have there appeared specific discussions of the representation of
men. (Neale 1983: 9)
Die Bilder und Funktionen heterosexueller Männlichkeit im Mainstream-Kino blieben
undiskutiert, heterosexuelle Männlichkeit wurde als strukturierende Norm in Beziehung zu
den Bildern von Frauen und homosexuellen Männern gesehen. Außerhalb dieser zwei
theoretischen Kreise, feministische Filmtheorie und Homosexuellenbewegung, wurde
Männlichkeit noch weniger diskutiert. (Neale 1983: 9) Neale behandelt in seinem Artikel
Identifikation im Kino und sieht diese keineswegs als simple Identifikation von Frauen mit
weiblichen Figuren und Männern mit männlichen Figuren im Film: "Identifications are
multiple, fluid, at points even contradictory." (Neale 1983: 10) Er beschäftigt sich mit zwei
Typen des Schauens, die auch bei Mulvey vorkommen: Voyeurismus und Fetischismus.
Voyeurismus kommt durch eine gewisse Distanz zwischen Zusehendem und Bild zustande.
Neale entdeckt, dass auch Männer diesem voyeuristischen Blick ausgeliefert sind,
beispielsweise in Kriegsfilmen, Gangster-Filmen oder dem Western, sowohl von Zusehenden
als auch von anderen männlichen Charakteren im Film. Auch den fetischistischen Blick findet
er auf Männer gerichtet. Allerdings sind die Männerkörper laut Neale selten als erotische
Objekte im Bild: "We see male bodies stylized and fragmented by close-ups, but our look is
not direct, it is heavily mediated by the looks of the characters involved. And those looks are
marked not by desire, but rather by fear, or hatred, or aggression". (Neale 1983: 18) Steve
Neale meint mit Mulvey, dass der Blick im Mainstream-Kino grundsätzlich männlich ist,
einer der bedeutendsten Gründe, warum Erotisches in der Beziehung von Zusehenden zum
männlichen Bild ständig unterdrückt wird:
Although I have sought to open up a space within Laura Mulvey's arguments and theses, to
argue that the elements she considers in relation to images of women can and should also be
considered in relation to images of men, I would certainly concur with her basic premise that
the spectatorial look in mainstream cinema is implicitly male: it is one of the fundamental
reasons why the erotic elements involved in the relations between the spectator and the male
image have constantly to be repressed and disavowed. (Neale 1983: 19)
Fantasietheorien
Während sich ein Teil der feministischen FilmtheoretikerInnen im Anschluss an Mulveys und
Doanes Theorien den Cultural Studies zuwandten, gab es andere, die sich erneut der
Psychoanalyse zuwandten. Freuds Theorien wurden wieder als Basis verwendet, besonders
ein Essay von 1919, "Ein Kind wird geschlagen", ein Text, auf den sich bereits Mary Ann
Doane bei ihrer Untersuchung der weiblichen Zuseherin stützte. Allerdings hatte die Arbeit
diesmal eine andere Bedeutung. In dem Text ist von multiplen und veränderlichen
Subjektpositionen in der Fantasie die Rede. Die Beschreibungen der mobilen
Genderidentifikationen in der Fantasie boten eine neue Möglichkeit, psychoanalytische
Theorien in die Filmtheorie aufzunehmen. "If fantasy can be seen to offer shifting and
multiple positions for the fantasizing subject, then so, too, might the 'dream factory' of
cinema." (Thornham 1997: 95) Die ZuschauerInnenposition wird nicht mehr als primär von
der Geschlechtszugehörigkeit bestimmt gesehen. ForscherInnen wie Constance Penley sehen
zwar weibliche und männliche Positionen in der Fantasie, die allerdings keineswegs aufgrund
eines biologischen Geschlechts eingenommen werden müssen. Constance Penley meint
aufbauend auf Freuds Beschreibungen von Fantasie, dass Identifikationen von Zusehenden
komplexer zu verstehen sind, als bisher angenommen. Die Frage nach der weiblichen
Zuseherin verliert auf der Ebene des Unbewussten an Bedeutung, die unbewusste
Identifikation mit Filmcharakteren ist nicht unbedingt auf das Geschlecht der Zusehenden
beschränkt:
Extending this idea [Freud's description of fantasy) to film has shown that spectatorial
identification is more complex than has hitherto been understood because it shifts constantly
in the course of the film's narrative, while crossing the lines of biological sex; in other words,
unconscious identification with the characters or the scenario is not necessarily dependent
upon gender. (Penley 1990: 121)
Fantasietheorien beschäftigen sich hauptsächlich mit Horrorfilmen, Melodramen und
Pornographie, diese Genres werden auch body genres bezeichnet. Den ZuschauerInnen wird
in den Fantasietheorien ein relativ großer Spielraum gegeben, feministische Kritik läßt sich ob
der Offenheit dieser Ansätze allerdings nur erschwert formulieren. (Hipfl 1995: 155)
Heute
Film hat mit dem Entstehen von Fernsehen, Video und digitalen Technologien, die Filme
transportieren, wie beispielsweise DVD oder streaming media im Internet, die eindeutige
Zuordnung zum Kino verloren. Gemeinsamkeiten sind in den Vermittlungsstrukturen
vorhanden, die Produktions-, Distributions- und Rezeptionsweisen unterscheiden sich
allerdings. Klassische Filmtheorien setzen die spezielle Situation im Kinosaal voraus, die
heute nur eine von vielen Möglichkeiten darstellt, einen Film zu sehen:
Classical film theory holds that a necessary condition of this imbrication of spectatorial and
diegetic spaces is a distinctive type of viewing situation, involving a large cinema screen
viewed in a darkened cinema auditorium. However, given that the cinema auditorium is now
only one of a number of possible venues for viewing films, the classical configuration of
diegetic and spectatorial space must be regarded as historically and culturally specific. (Kuhn
1999: 7)
Dennoch besitzen diese unterschiedlichen Medien gemeinsame Grundlagen des
audiovisuellen Erzählens und Darstellens. (Braidt/Jutz 1999: 367) Seit den 90er Jahren rückt
die Genderforschung immer mehr in den Mittelpunkt der Analysen, Forschungen aus
Homosexuellen-Bewegungen rücken Untersuchungen von Gender im Film in ein neues Licht,
die Kategorien Frau und Mann erscheinen als Dualismus, der viele Spielarten im Umgang mit
Gender vernachlässigt:
Gender als Ausdruck für das Geschlecht in seiner kulturellen, historischen und sozialen
Dimension betont sowohl den Repräsentations- als auch den Konstruktcharakter
geschlechtlicher Identitäten. Die selbstverständliche Ineinssetzung von 'Frau' und 'weiblich'
(wie auch jene von 'Mann' und 'männlich') ist demzufolge zu hinterfragen. In weiterer
Hinsicht trägt die Einführung des Genderbegriffs dem Anwachsen von gay und lesbian
studies Rechnung. (Braidt/Jutz 1999: 385)
Arbeiten der queer theory leisteten bereits einen großen Beitrag zu feministischen
Filmtheorien. Als queer wird dabei alles definiert, das abseits der heterosexuellen Norm
existiert. Die Natürlichkeit, die heterosexueller Genderidentität anhaftet, wird von Judith
Butler als ein Effekt gesehen, der durch wiederholte imitative Performances entstanden ist.
(Thornham 1997: 133 -134) TheoretikerInnen wie Judith Butler und Teresa de Lauretis
stellten in den 90er Jahren ein Genderkonzept vor, das zu neuen Debatten führte: "Geschlecht
als performative, diskursive Kategorie nimmt Abschied vom biologisch/anatomischen, in
seiner 'Essenz' erfassbaren Geschlecht und eröffnet auf diese Weise der feministischen
Debatte neue Perspektiven." (Braidt/Jutz 1999: 385) Diese neuen Perspektiven umfassen
besonders auch die Auseinandersetzung mit sexueller Orientierung. Andere TheoretikerInnen
versuchen, die Aspekte race, class und gender bei Untersuchungen zu berücksichtigen. Der
klassischen feministischen Filmtheorie wurde vorgeworfen, dass sie von einem sehr
dezidierten sozialen Standpunkt aus spricht, und zwar von einer Position der weißen,
heterosexuellen Mittelschicht - die Kategorie Frau wird verallgemeinert und als universal
gesehen, Unterschiede werden ignoriert. TheoretikerInnen wie Jacqueline Bobo oder bell
hooks, die sich mit der Rolle der schwarzen Frau beschäftigen, machten diesen Umstand
sichtbar und brachten entscheidende neue Impulse in das Forschungsfeld. Bisher
ausgeschlossene Gruppen sollen in den Diskussionen berücksichtigt werden, die Kategorie
Frau erscheint als historisch und kulturell spezifisches Konzept. Desweiteren wird es
schwierig, nur einen Begriff von Differenz, die Geschlechterdifferenz, zu privilegieren. Ien
Ang und Joke Hermes sehen Gender nur als eine von vielen Achsen, entlang der im Prozess
des Zuschauens Identität konstruiert wird, eine Genderpositionierung kommt zum Teil zum
Tragen, zu einem anderen Teil aber nicht, sexuelle Differenz ist nicht immer im Spiel.
(Thornham 1997: 165, Warth 1992: 76 - 77)
Weiters wird verstärkt versucht, Untersuchungen des Textes und der Rezeptionsseite noch
mehr zu verknüpfen, da Arbeiten wie jene von Walkerdine, die weiter oben vorgestellt wurde,
bisher nur vereinzelt auftreten. Hipfl lokalisiert 1995 noch immer eine deutliche Trennung der
Arbeiten, die mit psychoanalytischen Methoden arbeiten, und solchen, die zu den Cultural
Studies gerechnet werden. (Hipfl 1995: 167) Die verschiedenen Ansätze sind nicht einfach zu
vereinen. Doch, wie Hipfl meint, "auch in ethnografischen Arbeiten werden nicht 'reale'
Zuschauerinnen erfasst, sondern es werden die Zuschauerinnen von den Forscherinnen
konstruiert." (Hipfl 1995: 169) Dabei wird den Zuschauerinnen gerne eine widerständige
Rolle zugeschrieben. Deshalb erscheint es Hipfl wichtig, die Position der ForscherInnen
jeweils mitzureflektieren. "Zunehmend wird eine fruchtbare Weiterentwicklung dieses
Forschungsbereiches darin gesehen, dass es zu einer stärkeren Verbindung der beiden
Zugänge kommt." (Hipfl 1995: 169) Vorteile beider Ansätze können so genutzt werden.
(Hipfl 1995: 167 - 169, Braidt/Jutz 1999: 385 - 386) In Österreich, etwa an der Universität
Wien, gibt es derzeit Bestrebungen, sowohl die Filmwissenschaften, als auch Gender Studies
und Cultural Studies zu institutionalisieren, interdisziplinäre Module sollen entwickelt
werden, ein Schritt, der in den anglo-amerikanischen Ländern schon vor längerem gesetzt
wurde. Eine Ende des akademischen jet-lag in diesen Bereichen ist somit in Sichtweite
gerückt.
2 Cyborgs im Film
Geschichten mit fiktiven künstlichen Menschen gibt es seit langer Zeit. Ein bekanntes
Beispiel ist etwa die Figur des Golems aus jüdischen Legenden des 16. Jahrhunderts, von der
Stummfilmzeit bis heute wurde der Stoff der Golem-Geschichte immer wieder verfilmt. Fritz
Langs Film Metropolis (1927) mit der Roboter-Frau Maria ist das einflussreichste der frühen
Filmwerke, die künstliche Wesen in das Zentrum der Narration stellten. Einer der weiteren
Meilensteine dieses Science Fiction Subgenres ist Forbidden Planet (1956), der zu vielen
Diskussionen führte. In den 70er Jahren entstanden viele Filme, die sich mit dem möglichen
Einfluss von künstlicher Intelligenz auf das Leben der Menschen beschäftigen. Computer
wurden zu dieser Zeit immer wichtiger und begannen, das Leben vieler zu beeinflussen.
Einige der Filme dieser Zeit sind Westworld(1973), The Stepford Wives(1975) und Demon
Seed(1977). Filme der 80er Jahre, wie etwa Blade Runner, zeigen die Grenze zwischen
Menschen und künstlichen Wesen als sehr fragil, sie können nicht auf den ersten Blick
unterschieden werden. (Telotte 1995: 18 - 19) Die Cyborg-Figur wurde nach Donna
Haraways "Manifesto for Cyborgs" von 1985 sowohl in den Cultural Studies als auch in den
Gender Studies sehr wichtig, die Verbindung zwischen Menschen und Maschinen wurde mit
Hilfe dieser Metapher neu gedacht. Telotte meint, dass das Bild des künstlichen Menschen in
Form von Robotern, Androiden, Cyborgs und ReplikantInnen das Kino in den letzten zwei
Dekaden dominiert hat. In seinem Buch "Replications" bezeichnet er die Interaktion zwischen
den Menschen und dem Technologischen als das Kernstück des Science-Fiction-Genres, in
der Figur der Roboter, Androiden und Cyborgs hat das Genre Science Fiction ein Bild für
zeitgenössische Begriffe des Selbst gefunden und eine effektive Metapher für Andersheit,
welche bei heutigen Diskussionen über Gender, Ethnie und sexuelle Orientierung so wichtig
ist. (Telotte 1995: 5 - 7, Kirkup 2000: xiii)
Haraways Cyborg-Metapher
A cyborg is a cybernetic organism, a hybrid of machine and organism, a creature of social
reality as well as a creature of fiction. (Haraway 1991b: 149)
Haraway beschreibt die Cyborg5 in ihrem Manifest von 1985 einerseits als Wesen der
Fiktion, andererseits als Wesen der sozialen Realität, sie geht davon aus, dass bereits viele
Menschen Cyborgs sind. Auch Hayles und Dery meinen in Anlehnung an Haraway, dass
Cyborgs bereits existieren und gehen von etwa 10 % der US-Bevölkerung aus, die im
technischen Sinne Cyborgs sind, da sie beispielsweise elektronische Herzschrittmacher,
künstliche Gelenke, implantierte Kontaktlinsen oder künstliche Haut verwenden. (Hayles
1995: 322, Dery 1996: 23)
Donna Haraway behandelt in dem Artikel die Problematik, die bereits am Ende des Kapitels
Filmtheorien und Gender besprochen worden ist, und zwar die Kategorien Frau und Mann als
universelle Kategorien zu verwenden. Identitäten erscheinen widersprüchlich und partiell,
Gender erscheint ihr genauso wenig als Basis für einen Glauben an eine essentielle Einheit
geeignet wie andere soziale Kategorien:
It has become difficult to name one's feminism by a single adjective - or even to insist in
every circumstance upon the noun. Consciousness of exclusion through naming is acute.
Identities seem contradictory, partial, and strategic. With the hard-won recognition of their
social and historical constitution, gender, race, and class cannot provide the basis for belief in
'essential' unity. There is nothing about being 'female' that naturally binds women. There is
not even such a state as 'being' female, itself a highly complex category constructed in
contested sexual scientific discourses and other social practices. Gender, race, or class
consciousness is an achievement forced on us by the terrible historical experience of the
contradictory social realities of patriarchy, colonialism, and capitalism. (Haraway 1991b: 155)
Haraways Cyborg-Manifest ist nicht nur eine Kritik am westlichen Weltbild, sondern unter
anderem auch eine Kritik an Theorien von Ökofeministinnen, die eine Dichotomie zwischen
einer organischen und einer technologischen Welt weiterschreiben. (Lykke 1996: 23, Dery
1996: 244) Haraways Cyborg ist ein Versuch, mit Hilfe der Cyborg-Metapher einen Weg aus
Dualismen durch einen neuen vereinenden Mythos zu finden, sie verkörpert die Konzeption
eines fragmentierten, partialen und unabgeschlossenen Selbst. Ihre Cyborg beschreibt sie als
ein hybrides Wesen, das sowohl Organismus als auch Maschine ist, Cyborgs treten als Wesen
einer Post-Gender-Welt auf:
The cyborg is a creature in a post-gender world; it has no truck with bisexuality, pre-oedipal
symbiosis, unalienated labour, or other seductions to organic wholeness through a final
appropriation of all the powers of the parts into a higher unity. (Haraway 1991b: 150)
Haraway geht auf die problematische Herkunft der Cyborgs ein, die aus einem militärischen
Umfeld und innerhalb eines patriarchalen kapitalistischen Systems entstanden sind. Cyborg ist
ein Begriff, der in den 60er Jahren von Manfred Clynes geprägt wurde. Modifizierte
Menschen sollten produziert werden, um Raumfahrten auch in der für Menschen feindlichen
Umgebung des Weltalls möglich zu machen. Der organische Körper der Cyborgs ist entweder
genetisch konstruiert oder besteht zu einem Teil aus organischem Material, zum anderen Teil
aus nichtorganischen mechanischen oder elektronischen Implantationen oder Prothesen.
Haraway meint zu der militärischen Herkunft der Cyborgs weiter, dass illegitime
Nachkömmlinge oft besonders untreu gegenüber ihrer Herkunft sind und ihre Herkunft
schlussendlich unwesentlich ist. (Kirkup 2000: 8, Sim 1998: 219, Haraway 1991b: 151) Die
Grenzen zwischen Mensch und Tier lösen sich laut Haraway auf, Sprache,
Werkzeuggebrauch, soziales Verhalten - nichts davon konnte überzeugend die Grenze
zwischen Mensch und Tier aufrechterhalten, sie wird darüber hinaus zunehmend als
unbedeutend betrachtet. Genauso sieht sie die Grenze Mensch - Maschine als durchlässig,
Maschinen wirken zum Teil lebhafter als Menschen. In Blade Runner etwa erscheinen die
ReplikantInnen weit lebendiger als ihre menschlichen ZeitgenossInnen. In einer Cyborg-Welt
sieht Haraway eine Chance, dass Menschen keine Angst mehr haben, Verbindungen mit
Tieren und Maschinen einzugehen, partielle Identitäten und widersprüchliche Standpunkte
stellen kein Problem mehr dar. (Haraway 1991b:152 - 154) "The cyborg is a kind of
disassembled and reassembled, postmodern collective and personal self. This is the self
feminists must code." (Haraway 1991b: 163) Für FeministInnen sieht sie eine große Chance
im Zusammenbrechen von klaren Grenzen zwischen Organismus und Maschine und
ähnlichen Grenzen, die das westliche Selbst strukturieren. Matrizen der Herrschaft könnten
gleichzeitig zusammenbrechen und neue Möglichkeiten eröffnen. (Haraway 1991b: 174)
Haraway's essay has been rightly criticised for its tendency towards technological
determinism and the level of generality in its political analysis, but the persuasiveness and
force of its utopian vision is, nonetheless, undeniable. (Wolmark 1999: 5)
Das Cyborg-Manifest war der Auslöser für einen regelrechten Boom der Beschäftigung mit
der Cyborg-Metapher im anglo-amerikanischen Raum. Das Zitat von Wolmark zeigt die
Bandbreite der Reaktionen auf Haraways Artikel auf, der oft kritisiert wurde, aber dennoch
eine überzeugende Vision bot, an die viele TheoretikerInnen in der Folge anknüpfen konnten.
Balsamo: Cyborgs im Film
Cyborgs are the postmodern icon. From children's plastic action figures to RoboCop's
titanium exoskeleton, cyborg-ian artifacts will endure as relics of an age obsessed with
replication. (Balsamo 2000: 149)
Eine weitere wichtige Theoretikerin, die sich mit dem Thema Cyborg beschäftigt, ist Anne
Balsamo. 1988 veröffentlichte sie ihren Artikel "Reading Cyborgs Writing Feminism", den
sie im Jahr 1996 in ihrem Buch "Technologies of the Gendered Body. Reading Cyborg
Women" aktualisierte und erweiterte (Balsamo 2000, Balsamo 1996a). Sie untersucht
Cyborg-Bilder im Film, Cyborgs schreibt sie den Status einer wichtigen postmodernen Ikone
zu. Sie werden als Symbol sowohl von technik-kritischer als auch von technik-freundlicher
Seite verwendet. Balsamo sieht sie als Produkt von kulturellen Ängsten und Wünschen.
Cyborgs repräsentieren eine Andersheit, die die Stabilität der menschlichen Identität in Frage
stellt:
Variously used as a symbol of anti-technological sentiments or of the possibilities of 'better
living through chemistry' cyborgs are a product of cultural fears and desires that run deep
within our psychic unconscious. Through the use of technology as the means or context for
human hybridization, cyborgs come to represent unfamiliar 'otherness,' one which challenges
the connotative stability of human identity. (Balsamo 2000: 149).
Balsamo beschäftigt sich auch mit Haraways Ansatz. Sie meint, dass Donna Haraway wie
andere TheoretikerInnen, etwa Michel Foucault, den Körper als kulturellen Text interpretiert.
Der Körper wird dabei als diskursive Konstruktion gesehen und kann deshalb gelesen werden,
Gender erscheint in diesem Kontext als konstruierter Effekt, der auf der Ebene des Körpers
produziert wird.6 (Balsamo 1996b: 35) Balsamo bezeichnet Haraways Cyborg-Manifest als
neue Fiktion der feministischen Identität, die Beziehung von feministischen Theorien zu
Technik und Wissenschaft wird durch Haraways Artikel neu bewertet. (Balsamo 2000: 152)
Jedes Cyborg-Bild konstruiert implizit eine Gegenüberstellung von Maschinen und
Menschen, wobei abwechselnd sowohl Ähnlichkeiten als auch Unterschiede hervorgehoben
werden:
Consider a continuum which has at one extreme the characteristics associated with machines
and technology and, at the other extreme, the characteristics of humans and organic society.
How are the end points identified? Machines are rational, artificial and durable; humans are
emotional, organic and mortal. Every cyborg image constructs an implicit opposition between
machine and human; at once repressing similarities and highlighting distinctions. This is the
science fictional character of the cyborg - it is a hybrid, but the specific traits which mark its
human-ness and machine-ness vary widely. (Balsamo 2000: 149)
Bei den Cyborgdarstellungen variieren die spezifischen Kennzeichen für Menschlichkeit bzw.
Maschinenhaftigkeit jedoch beträchtlich. Anne Balsamo geht auf die Nützlichkeit der CyborgMetapher von Haraway im Kontext ihrer Repräsentationen im Science-Fiction-Film ein. In
der Mehrzahl der Repräsentationen findet Balsamo dominante Ideologien bestätigt, wobei das
herkömmliche Verständnis von Menschen, Maschinen und Gender reproduziert wird. Die
Ambiguität des Mensch-Maschine-Konstrukts, wie von Haraway beschrieben, kann Balsamo
nicht finden. In den Mainstream-Filmtexten (The Terminator, RoboCop, Blade Runner) findet
sie Genderstereotype lediglich untermauert. (Balsamo 2000: 156) Allerdings ist sie der
Meinung, dass weibliche Cyborgs mehr dazu tun, den Dualismus Mensch und Maschine
herauszufordern, weil Weiblichkeit konventionell als weniger kompatibel mit Technologie
kodiert wird als Männlichkeit. Sowohl Frauen als auch Cyborgs teilen ihre Konstruktion als
Anderes.
Cyborg images reproduce cultural gender stereotypes. I want to argue, however, that female
cyborg images do more to challenge the opposition between human and machine than do male
cyborgs because feminity is culturally imagined as less compatible with technology than is
masculinity. (Balsamo 2000: 151)
Als ein Beispiel nennt sie die Replikantin Rachael aus Blade Runner, der Film wird im
nächsten Kapitel, Blade Runner, im Detail besprochen.
Holland: Das kartesianische Weltbild im Cyborgfilm
Samantha Holland behandelt in ihrem Artikel "Descartes Goes to Hollywood: Mind, Body
and Gender in Contemporary Cyborg Cinema." von 1995 besonders den kartesianischen
Dualismus im Cyborg-Film, das heißt die Körper-Geist-Trennung, die über so lange Zeit der
traditionellen Philosophie als Basis diente. Kartesianismus bezeichnet die Philosophie von
Descartes (=Cartesius) und seinen NachfolgerInnen, wobei das menschliche Bewusstsein, der
Körper-Geist-Dualismus und mathematischer Rationalismus eine besondere Rolle spielen.
Macauley meint, dass die kartesianische Familie über Plato und Descartes bis zu Kybernetik
und Künstlicher Intelligenz Geschichten produziert hat, die von Geistern ohne Körper
erzählen: "The Cartesian Family (grandfather Plato, Descartes and progeny: Cybernetics,
Cognitive Sciences, Artificial Intelligence, Robotics and Cyberpunk tales) has been telling us
best-selling stories for a long time: minds without bodies, mental skills rather than embodied
and situated collective performances." (Macauley 1995: 437) Viele Filme beschäftigen sich
mit dieser philosophischen Thematik, aber wenige so explizit wie der Cyborgfilm.
Auswirkungen von Technik auf das menschliche Selbst werden hervorgehoben. Die
Beziehung von kartesianischen Dualismen der traditionellen Philosophie und dem GenderDualismus wird im Cyborgfilm besonders interessant:
Many contemporary films take up and enter into the traditionally philosophical debates
surrounding the so-called 'mind-body problem' and the nature of the human 'self', but few do
so more explicitly than those centring on the representation of what is popularly referred to as
a cyborg. With their human/machine hybrids, these films foreground questions of dualism and
personal identity especially clearly, and highlight contemporary concerns about the effects of
technology on the human 'self' in the present and the future. The cyborg film is particularly
interesting when considering the relationship between the Cartesian (or Cartesian-influenced)
dualisms of traditional philosophy and those dualisms of gender that, arguably, underlie and
inform such a conceptual division. (Holland 1995: 157)
Auch Samantha Holland kann in aktuellen Cyborgtexten die androgynen Wesen Donna
Haraways nicht finden, die Gendergrenzen bedeutungslos werden lassen. Während die
Grenzen zwischen Mensch und Technik verschwimmen, werden Gendergrenzen weit weniger
flexibel behandelt. Repräsentationen von Technik sind seit langer Zeit geschlechtlich
kodiert>7, Diskussionen über Genderrollen haben sich oft implizit an Descartes' System der
Unterscheidung von Geist und Körper angelehnt, um ihre Positionen zu rechtfertigen.
Samantha Holland weist darauf hin, dass Cyborgs im Film nicht nur in menschlichen Körpern
auftreten, sondern alle sehr weiblich oder sehr männlich in Erscheinung treten:
After all, if we look at the Terminator, RoboCop, Eve 8 (in Eve of Destruction) or Cherry
2000, it is clear that each and every one of them has a highly gendered appearance in addition
to the fact that they have bodies - rather than just minds/computers - at all. While it may be
understandable that cyborgs have humanoid bodies and even the appearance of human beings
- especially when they are used as 'infiltration units' - this does not in itself fully explain or
justify the highly muscled and exaggeratedly gendered nature of their bodies. Rather, the
cyberbodies are represented in such a highly gendered way to counter the threat that cyborgs
indicate the loss of the human bodies, where such a loss implies the loss of the gendered
distinctions that are essential to maintaining the patriarchal order (which is based on
exploiting difference). (Holland 1995: 159)
Während es noch verständlich ist, dass Cyborgs in menschlicher Form auftreten, besonders
wenn sie als Infiltrationseinheiten wie in den Terminator-Filmen benutzt werden, ist nicht
ganz klar, warum so übertriebene weibliche oder männliche Körper eingesetzt werden.
Holland geht davon aus, dass diese Art der übertrieben geschlechtlichen Körper einen
Ausgleich zu der Bedrohung bilden, die von Cyborgs ausgeht, und zwar der des Verlustes des
menschlichen Körpers. Dieser Verlust impliziert den Verlust der Gender-Unterscheidungen,
die die Basis für die Erhaltung der patriarchalen Ordnung darstellen, welche wiederum auf der
Ausbeutung von Differenz basiert. Trotzdem sieht sie die Repräsentationen nicht als einfache
Stereotype, sie können als einfache Verstärkungen der traditionellen Gendervorstellungen
gelesen werden oder als hysterische Überkompensationen für eine Krise der Definitionen von
Gender:
However, there are complexities surrounding the representation of gender in the films: they
are not simply stereotypical representations of masculine men and feminine women. Most
notably, the pumped-up hyper-masculine bodies of the male cyborgs can be read either as
straight reassertions of hegemonic masculinity, or as hysterical over-compensation for a
masculinity in crisis. (Holland 1995: 166)
Weiter meint Holland jedoch, dass die Konstruiertheit der Cyborgs selbst eine Konstruiertheit
von Gender offenlegt, egal wie stereotyp die Cyborgs in bezug auf Gender in MainstreamFilmen, wie etwa den Terminator-Filmen, gezeichnet werden. (Holland 1995: 166)
Springer: Die Geschichte von Technik und Gender
Technology has no sex, but representations of technology often do. (Springer 1996: 8)
Technik hat kein Geschlecht, aber Repräsentationen von Technik werden oft
geschlechtskodiert gezeigt - auch Cyborgs im Film werden in Körpern gezeigt, die meist
eindeutig geschlechtskodiert sind. Claudia Springer zeichnet in ihrem Buch "Electronic Eros.
Bodies and the Desire in the Postindustrial Age" eine Geschichte der Verbindung von
Technik mit Genderrollen auf. (Springer 1996) Mechanische Objekte werden seit
Jahrhunderten mit weiblicher oder männlicher sexueller Charakteristik in Verbindung
gebracht, Repräsentationen von Maschinen wurden lange Zeit dafür benutzt, Ideen über
sexuelle Identität und Genderrollen auszudrücken. Vor dem industriellen Zeitalter wurde
Mechanik oft eher als mystisch denn als physikalisch kräftig wahrgenommen, die
Funktionsweisen der Automaten waren versteckt. Erst während des 16. Jh. wurde begonnen,
Mechanik zu demystifizieren, Illustrationen und Texte erklärten die Funktionsweise der
Maschinen. (Springer 1996: 100) Im 17. und 18. Jahrhundert wurden mit der Aufklärung
Menschen als erhaben über Tiere und vom Menschen Gemachtes definiert, sie wurden als
etwas Einzigartiges und mit Vernunft Gesegnetes gesehen. Während der Industrialisierung
änderte sich die Beziehung Mensch - Maschine allerdings. Maschinen wurden zunehmend als
überlegen über den menschlichen Körper betrachtet, die Unterscheidung zwischen Mensch
und Maschine hatte sich verändert. Maschinen des Industriezeitalters wurden oft mit
Männlichkeit verglichen, Schiffe beispielsweise als weiblich kodiert. Im späten 20. Jh. wurde
die Grenze zwischen Mensch und Maschine noch unklarer, besonders durch die zunehmende
Abhängigkeit der Menschen von Technologie. Vergleiche des Menschen mit der Maschine
wurden alltäglich, Menschen identifizierten sich mit Maschinen und beschrieben sich selbst
als maschinenartig. (Springer 1996: 17 - 18) Das Konzept der Verbindung von Maschinen mit
Menschen wurde mit der Vorstellung von Cyborgs, teils Maschine und teils Mensch, noch
einen Schritt weitergetragen. Heute findet sich diese Figur auf allen Ebenen unserer Kultur
wieder:
The idea of human interchangeability with machines has been pushed even further by those
who imagine that humans and machines are merging to form a new hybrid entity: a cybernetic
organism, or cyborg. The figure of the cyborg - part human and part machine - is now
common in fiction, films, television, comic books, magazines, computer games, and video
games and can also be found in the works of scientists and contemporary cultural theorists.
(Springer 1996: 18)
Roboter sind im Gegensatz zu Cyborgs gänzlich mechanische Figuren in beliebiger Form und
Größe und repräsentieren die Ängste des Industriellen Zeitalters, Cyborgs sind dagegen durch
das Überschreiten von Grenzen definiert:
Robots represent the acclaim and fear evoked by industrial-age machines' ability to function
independently of humans, but cyborgs incorporate rather than exclude humans, and in so
doing they erase the distinctions that previously were assumed to distinguish humanity from
technology. Transgressed boundaries, in fact, define the cyborg. (Springer 1996: 58)
Darstellungen von Robotern wurden oft in Science Fiction eingesetzt, meist als gefährliche
Wesen, die eine Bedrohung für die Menschheit darstellen. Die Vorgänger der Roboter waren
Automaten. Sie gehörten zu einer Zeit, in der Maschinen noch mystisch waren, Roboter zum
Industriezeitalter der Fabriken. Springer meint, dass unser Informationszeitalter das Konzept
von Technik als unverständlich und mystisch wieder zurückbringt. Computerhardware mit
ihren mikroskopisch kleinen Teilen ist unsichtbar, für Laien bleibt die Funktionsweise und
Komplexität des Rechners ein Geheimnis. (Springer 1996: 101-2) Computer werden heute
abwechselnd mit klassischen weiblichen oder männlichen Metaphern versehen. "The design
of a computer does not immediately evoke either male or female attributes; if anything, it
presents a bland and asexual surface." (Springer 1996: 9) Der Computer bietet eine blanke
Oberfläche, auf die beliebig projiziert werden kann. Im Gegensatz zu den Maschinen des
Industriezeitalters funktioniert elektronische Technik leise und relativ passiv, trotzdem leben
alte Metaphern für die Darstellung von Technik im Informationszeitalter weiter. Heute
werden Computer nach Power, also Kraft, verglichen, obwohl es bei den Prozessoren um
Rechengeschwindigkeit und nicht um physische Kraft geht.
Hans Moravec beschreibt in seinem Buch "Mind Children" die Möglichkeit, dass in der
Zukunft der Geist eines Menschen auf einen Rechner transferiert werden kann und somit der
Körper eines Menschen keine Rolle mehr spielt. Mehrere Kopien eines Menschen werden
möglich, herkömmliche Ordnungskategorien wie Gender und Ethnie verlieren an Bedeutung.
Moravec steht hier exemplarisch für eine Gruppe von TheoretikerInnen, die diese Art von
Mensch-Computer-Uploads als mögliche zukünftige Entwicklung darstellen. (Moravec 1988:
112) Ganz im Gegensatz zu den Software-Cyborgs von Hans Moravec, die auf einen Körper
verzichten können, wird in Mainstream-Filmen allerdings Körperlichkeit noch betont, womit
auch Genderfragen in den Vordergrund rücken:
In heightening gender difference popular culture's cyborg imagery has not caught up with
scientist Hans Moravec, who tells us that there will be no genders in the mobile computers
that will retain human mental functions on software once the human body has become
obsolete, except perhaps 'for some theatrical reason. I expect there'll be play, which will be
just another kind of simulation, and play may include costume parties'. (Springer 1996: 67)
Bei elektronischer Technik ist weniger physische Kraft gefragt als Miniaturisierung und
Schnelligkeit. Obwohl sich Technologie in den letzten Jahrzehnten sehr verändert hat, hängen
Repräsentationen von künstlichen Wesen oft an anachronistischen Konzepten des
unbesiegbaren schwer bewaffneten Cyborgs. Springer deutet dies als Widerstand gegen
Neuerungen, die elektronische Technologien mit sich gebracht haben:
Electronic technology no longer evokes the metaphor of externally visible musculature;
instead, its bodily equivalents are the concealed and fluid internal systems. Moreover, in their
interaction with humans, computers offer a radically new relationship, one that no longer
fortifies physical prowess. It is the miniaturization and stasis of electronic technology and the
passivity of the human interaction with computers that these hypermasculine cyborgs resist.
(Springer 1996: 111)
Springer lokalisiert Cyborg-Filme innerhalb der größeren diskursiven Konflikte über GenderMetaphern in unserer Kultur. Dabei werden des Öfteren Metaphern der industriellen
Vergangenheit herangezogen, um das neue elektronische Zeitalter filmisch zu beschreiben.
Neue elektronische Technologien haben einen Wandel der Darstellungen von Technik in
einem Teil der popkulturellen Texte inspiriert, doch in anderen Texten werden Konventionen
der industriellen Vergangenheit der westlichen Gesellschaft wiederverwertet. Letztere
tendieren laut Springer dazu, die neue postmoderne soziale Ordnung abzulehnen und auch alle
Veränderungen, die mit ihr gekommen sind. Auch bei den Terminatoren der TerminatorFilme wird eine geschlechtskodierte Darstellung der Cyborgs gewählt, obwohl der
Mikroprozessor im T-101 in jeder beliebigen Verpackung arbeiten könnte. Springer verbindet
diese Art der gewalttätigen Cyborgbilder mit einem diskursiven Anachronismus, Metaphern
des 19. Jahrhunderts werden heraufbeschworen, um Veränderungen der neueren Zeit zu
verleugnen:
Our postmodern age is marked by discoursive anachronisms that date from the exigencies of
the industrial and resolutely patriarchal nineteenth century. Violent, forceful cyborg imagery
participates in contemporary discourses that cling to nineteenth-century notions about
technology, sexual difference, and gender roles in order to resist the transformations brought
about by the new postmodern social order. (Springer 1996: 100)
Der Film The Terminator verwendet etwa verschiedenste Metaphern in der Repräsentation
von Technik. Die Intelligenz der Maschinen der Zukunft wird zwar als Bedrohung
identifiziert, allerdings wird diese Gefahr durch physische Kraft gezeigt.
Despite the concealed and mysterious intricacy of computers, cyborg imagery in the RoboCop
and Terminator films relies on an external rather than an internal concept of mechanization.
RoboCop and the Terminator, like robots, are distinguished by their large size and physical
power, even though technology has become smaller and more passive since the industrial
machines that inspired the idea of the robot. (Springer 1996: 102)
Claudia Springer beschäftigt sich in ihrer Analyse der Cyborgs auch eingehend mit Donna
Haraways Cyborg-Metapher. Springer meint über Haraway, dass diese so wie einige andere
feministische Theoretikerinnen versucht, Technik in feministischer Weise zu redefinieren. Als
weiteres Beispiel nennt sie Valie Export. "Cyborg imagery so far has not widely realized the
ungendered ideal Donna Haraway theorizes." (Springer 1996: 66) Auch Springer ist der
Meinung, dass sich die Bilder von Cyborgs im Mainstream-Film bis jetzt noch nicht an das
Ideal von Donna Haraway angenähert haben.
Film-Untersuchungen
Die nun folgenden drei Kapitel sind der praktische Teil dieser Arbeit über Cyborgs im Film.
Darin werden die konkreten Repräsentationen des künstlichen Menschen untersucht. Sowohl
Blade Runner als auch die zwei Filme der Terminator-Reihe beschäftigen sich zentral mit
dem Thema Cyborgs. Diese Filme waren Gegenstand vieler theoretischer Untersuchungen,
besonders Mitte der 90er Jahre. Ungefähr zehn Jahre nach der Veröffentlichung des CyborgManifests von Donna Haraway kam es zu einem regelrechten Boom8 der theoretischen
Beschäftigung mit der Cyborg-Metapher, die vorher beschriebenen Theorien sind nur eine
kleine Auswahl davon. Die genannten Filme wurden dabei besonders häufig zur Analyse
herangezogen, ganz im Gegensatz zum Genre Science Fiction an sich, das, wie bereits
erwähnt, von filmtheoretischer Seite grundsätzlich bisher eher vernachlässigt wurde. Hier
werden diese drei Filme im Detail vorgestellt. Die wichtigsten Theorien, die zu diesen
Filmtexten entstanden sind, stehen im Mittelpunkt. Aufbauend auf die Analyse dieser
vieldiskutierten Filme folgt eine kritische Betrachtung des Filmes I.K.U.- ein Film aus dem
Jahr 2000, der die Cyborgmetapher von Haraway besser als die ersten drei Filme
widerspiegeln kann. Filmtheoretisch ist dieser Film jedoch bisher unerschlossen. In den
folgenden Kapiteln gehe ich jeweils auf die Produktionsbedingungen der Filme ein, wobei
Rahmenbedingungen aufgezeigt werden, die für die richtige Einordnung der Filme wichtig
sind. Fragen bezüglich der Finanzierung, den beteiligten Personen, dem kommerziellen und
filmkritischen Erfolg werden beantwortet. Eine kurze Zusammenfassung des Plots der Filme
erleichtert das Verständnis der anschließenden Analyse der Filme im Detail, wobei folgende
Forschungsfragen beantwortet werden: Wodurch wird die Grenze zwischen Mensch und
Maschine gekennzeichnet? Wie werden Technik und Gender dargestellt? Wird auf eine
genderspezifische Darstellung bei den Cyborgs verzichtet? Kann bei den Cyborgs von PostGender-Wesen gesprochen werden?
3 Blade Runner
Blade Runner gehört zu den meistdiskutierten Filmen im Internet. Vor allem die Frage, ob der
Protagonist des Films, Rick Deckard, ein Mensch oder ein Cyborg sei, wird mit einer
unvergleichlichen Ernsthaftigkeit und Ausdauer diskutiert. Beginnen werde ich mit den
Produktionsbedingungen und der Geschichte des Films. Anschließend wird das
Weiterschreiben des Mythos Blade Runner im Internet behandelt. Die Grenze zwischen
Mensch und Maschine wird als unbestimmbar gezeigt, Erinnerungen nehmen als
identitätsstiftendes Element eine wichtige Rolle ein, Photografien sind Zeugen einer
Vergangenheit. In Blade Runner sind sowohl Replikantinnen als auch Replikanten zu finden,
Genderfragen stehen im Mittelpunkt des letzten Teils dieses Kapitels.
Produktionsbedingungen und Plot
Ridley Scott hatte sich bereits mit seinen außergewöhnlichen TV-Werbungen einen Namen
gemacht bevor er sich dem Spielfilm zuwandte. Seine Werbungen haben beinahe soviel
Aufmerksamkeit erregt wie Alien und Blade Runner, beispielsweise eine Werbung für Apple
Computer. (Bergstrom 1991: 34) Die Produktion von Blade Runner war sehr chaotisch. Blade
Runner sollte von einer kleinen Firma namens Filmways Pictures produziert werden, das
Budget wurde ursprünglich mit 13 Millionen US-Dollar veranschlagt. Hampton Fancher
produzierte basierend auf dem Buch "Do Androids Dream of Electric Sheep" mindestens acht
verschiedene Drehbücher für den Film, doch die Zusammenarbeit mit dem Regisseur Ridley
Scott war problematisch. Am Ende wurde noch ein zweiter Drehbuchautor hinzugezogen:
David Peoples. Dieser ist auch für den Begriff Replikant als Bezeichnung für die Cyborgs des
Films verantwortlich. Die Rechte für den Titel des Films wurden von William Burroughs
gekauft, da der Titel von seinem Buch "Blade Runner: A Movie" übernommen wurde, diese
Idee wiederum stammte von Fancher. Doch sobald das Skript Ende 1980 fertig war, zog sich
Filmways von dem Projekt zurück. Der Produzent Michael Deeley fand drei neue Partner,
The Ladd Company, Sir Run Run Shaw und Tandem Productions. Das Budget wurde erst mit
21,5 Millionen US-Dollar veranschlagt und später auf 28 Millionen US-Dollar erhöht.
(Bukatman 2000: 18) Mit Alien, dem Film, den Ridley Scott unmittelbar vor Blade Runner
gemacht hatte, wurde er zum neuen Regie-Star in Hollywood. Mehr als 100 Millionen USDollar hatte dieser Film eingespielt. Das Einspielergebnis des ersten Wochenendes von Blade
Runner war mit nur ca. sechs Millionen US-Dollar katastrophal (IMDb 2002), insgesamt kam
es zu einem Verlust von 12 Millionen US-Dollar. Der Grund für diesen finanziellen Flop
wurde vor allem in der kritischen Haltung von ZuseherInnen und FilmkritikerInnen gesehen.
Philip K. Dick schrieb den Roman 'Do Androids Dream of Electric Sheep' im Jahre 1968.
Dick war ein sehr produktiver Science-Fiction-Autor, insgesamt schrieb er zwischen 1952
und 1982 über 40 Romane und ungefähr 120 Kurzgeschichten. (Schnelle 1997: 6) Nach dem
Erscheinen des Films Blade Runner gab es ein regelrechtes Dick-Revival, doch kurz vor der
Premiere von Blade Runner starb Dick an einer Herzattacke im Alter von 53. Nach seinem
Tod wurden noch einige andere seiner Werke verfilmt. Der Schauspieler Harrison Ford war
bereits vor Blade Runner ein Star, zwischen Scott und Ford gab es ebenfalls viele Probleme.
Für Sean Young (Rachael) und Rutger Hauer (Roy Batty) bedeutete der Film einen
Karriereschub, auch Daryl Hannah (Pris) war bislang nur in Nebenrollen zu sehen gewesen.
Joe Turkel, der den Konzernchef Tyrell verkörpert, war vorher schon als Barkeeper in Stanley
Kubricks The Shining zu sehen, Aufnahmen aus diesem Film wurden auch für die Version
von Blade Runner verwendet, in der es ein Happy End für Rachael und Deckard gibt und sie
mit dem Auto durch eine grüne Landschaft fahren.9Eine besonders wichtige Rolle spielen
auch in diesem Science-Fiction-Film Spezialeffekte. Die Arbeiten in diesem Bereich,
hauptsächlich gestaltet von Douglas Trumbull, tragen entscheidend zum 'Look-and-Feel' des
Films bei. Er baute zum Beispiel ein über zwei Meter hohes Modell der Tyrell Pyramide,
eines der auffälligsten Gebäude im Film Blade Runner. Trumbull hat sich später von
Hollywood-Produktionen abgewandt, weil er weiter experimentieren wollte, und ist heute
einer der Vize-Präsidenten der IMAX Corporation. (Bukatman 2000: 24 - 28) Blade Runner
zeichnet sich durch einen "Retrofitted look" aus, die Szenerie wirkt zugleich neu und
abgenutzt:
No-thing is lost in these films; every-thing remains. And 'remaindered,' things begin to look
both shabby and newly strange, begin to serve new functions, to adhere together in new
combinations and take on a new 'style'. Syd Mead, Blade Runner's visual consultant, speaks of
'retrofitted utilization'. (Sobchack 1997: 263)
Der Film bietet einen Kontrast zu den sauberen, geometrisch aufgebauten Bildern anderer
Science-Fiction-Filme, wie etwa 2001 (1968). (Bergstrom 1991: 34)Grant weist darauf hin,
dass populäre Science-Fiction-Filme wie etwa The Terminator fast ausschließlich
spektakuläre Action und somit hauptsächlich sinnliches Spektakel bieten. Andere ScienceFiction-Filme, wie etwa Blade Runner, beschäftigen sich laut Grant auch nur vorgeblich mit
humanistischen Botschaften, im Vordergrund stehen überwältigendes Design und
Spezialeffekte, Charaktere bleiben relativ unentwickelt. (Grant 1999: 28) Die Architektur in
Blade Runner wurde oft diskutiert: "The postmodern aesthetic of Blade Runner is thus the
result of recycling, fusion of levels, discontinuous signifiers, explosion of boundaries, and
erosion". (Bruno 1990: 185) Bruno bezeichnet den "retrofitted look" von Blade Runner als
postmoderne Ästhetik, die das Ergebnis etwa von Recycling darstellt.
Im Ranking der Top-250-Movies in der Internet Movie Database ist Blade Runner im Jänner
2002 auf Nummer 66 zu finden, der Film ist trotz Anfangsproblemen mittlerweile zu einem
großen Erfolg geworden und erlangte Kult-Status. (IMDb 2002)
Plot
Los Angeles 2019. In der düsteren Stadt wohnen nur mehr jene, die Gesundheitstests nicht
bestanden haben oder es sich nicht leisten können, in den Kolonien im Weltraum zu leben.
Die Stadt ist voll von blinkenden Werbungen. Der Blade Runner Rick Deckard hat den
Auftrag, vier genetisch konstruierte Cyborgs zu töten. Diese ReplikantInnen, Pris, Zhora, Roy
Batty und Leon, sind von einer Kolonie im Weltraum geflüchtet, um ihren Schöpfer, Dr.
Tyrell, zu finden. Das Leben der ReplikantInnen der Nexus-6 Generation ist auf vier Jahre
beschränkt. Tyrell soll ihnen helfen, ihr Leben zu verlängern. Allerdings ist es ReplikantInnen
nicht erlaubt sich auf der Erde aufzuhalten, bei ihrer Flucht haben sie zudem Menschen
ermordet. Um den neuen Voight-Kampff-Test auszuprobieren, der die Grenze zwischen
Mensch und ReplikantIn markieren soll, fährt Deckard zur Tyrell-Corporation. Der Plan ist
es, den Test erst an einem Menschen, Rachael, durchzuführen. Nach einem außergewöhnlich
langen Test wird klar, dass Rachael ebenfalls eine Replikantin ist. Sie wurde mit
Erinnerungen der Nichte von Dr. Tyrell ausgestattet und fühlte sich nicht zuletzt deshalb bis
zu diesem Zeitpunkt selbst als Mensch. Erinnerungen dienen den Cyborgs als emotionaler
Puffer, wodurch sie besser handhabbar werden sollen. Bilder stützen diese Erinnerungen.
Deckard verliebt sich im Laufe des Films in die Replikantin Rachael, gleichzeitig ist er auf
der Jagd nach den anderen ReplikantInnen. Deckard findet erst Zhora und erschießt sie nach
einer kurzen Verfolgungsjagd, worauf hin Deckard von Leon mit einer Waffe bedroht wird.
Rachael rettet Deckard das Leben indem sie Leon erschießt. Roy Batty gelingt es, zu Dr.
Tyrell vorzudringen, der sich in einem Gebäude aufhält, das einer riesigen Pyramide gleicht
und aus mehreren hundert Stockwerken besteht. Da auch Tyrell keine Lösung für das Problem
der so kurzen Lebensdauer für Roy und seine Freunde hat, tötet Roy Tyrell. Währenddessen
hat Deckard Pris erledigt. Am Ende kommt es zu einem langen Kampf zwischen Roy und
Deckard in einem riesigen verfallenen Hochhaus, wobei Roy Deckard am Ende das Leben
rettet und aufgrund seiner genetisch kodierten begrenzten Lebenszeit stirbt. Rachael und
Deckard flüchten gemeinsam aus der Stadt.
Die Charaktere bei Blade Runner sind nicht so eindeutig als gut oder böse definiert wie es bei
anderen Science-Fiction-Filmen oft gehandhabt wurde: "These works dichotomised good and
evil and sent them into pitched battle. Blade Runner's world was neither so certain nor so
resolved: it offered a framework of doubt." (Bukatman 2000: 34) Besonders die Frage, ob
Deckard selbst ein Replikant oder ein Mensch ist, lässt Diskussionen zu Blade Runner selbst
nach 20 Jahren nicht abreißen.
Versionen und Internet-Fangemeinde
Es gibt verschiedenste Versionen10 von Blade Runner. Reaktionen des Publikums und der
KritikerInnen auf erste Testvorführungen in Dallas und Denver im März 1982 fielen
katastrophal aus: "Most critics missed an overtly humanist side to the film - a clear indication
as to what being human was and what it meant." ( Bukatman 2000: 34) Doch gerade das
Stellen dieser philosophischen Fragen nach der Bedeutung des Mensch-Seins, und nicht das
Beantworten, ist eine große Stärke des Films und führte zu endlosen Diskussionen über den
Film. Tandem jedoch bestand auf Änderungen. Zwecks kommerzieller Verwertbarkeit
wurden erklärende Voice-Overs von Deckard und ein Happy-End eingefügt. Für diese
Schlussszene wurde übriggebliebenes Bildmaterial von einem anderen Film verwendet, und
zwar von Stanley Kubricks The Shining. Zum zehnjährigen Jubiläum der Originalausgabe
von Blade Runner wurde der Director's Cut veröffentlicht. Die Voice-Overs wurden wieder
gänzlich gestrichen, ebenso das Happy-End. Eine kurze Szene mit einem Einhorn wurde
hinzugefügt: "Its one addition, in which Deckard dreams of a unicorn, seemed in context to
suggest that the central character was himself a replicant and thus overturned all prior
audience assumptions about stable human identity and the dividing lines between self and
other." (Brooker 1999: 58) Diese Einhorn-Szene ist für viele der Beweis, dass Deckard ein
Replikant ist, da Gaff, ein Polizistenkollege von Deckard, ebenfalls ein Einhorn vor seiner
Tür zurücklässt und dieser scheinbar seine Träume kennt. Vor allem auf Video war der
Director's Cut ein sensationeller Erfolg, Blade Runner wurde zu einer der meistgeliehenen
Videokassetten auf dem Markt. (Bukatman 2000: 34)
Indeed the video market has been crucial to the action cinema, which existed for so long
within the low- to medium-budget end of feature-film production. A different kind of success
is possible for both films and stars within the video market. Here movies get a second chance
to make money and reach a different audience to those which they might address in the
cinema. (Tasker 1993: 56)
Auf dem Videomarkt bekommen Filme eine zweite Chance, Geld einzuspielen. Es wird
möglich, eine andere, zusätzliche Publikumsschicht zu erreichen.
Internet-Fangemeinde
Die Geschichte des Science-Fiction-Films Blade Runner lebt auch heute noch weiter.
Einerseits wurde durch den Director's Cut anfang der 90er Jahre der Blade Runner-Hype
verstärkt, aber auch Sekundärtexte wie CD-ROMs, Comics und Romane wie beispielsweise
Blade Runner 2: The Edge of Human und Replicant Night von William K. Jeter schreiben die
Geschichte weiter. 1997 wurde das Spiel Blade Runner von den Westwood Studios
herausgegeben. Zum bevorzugten Primärtext der Fangemeinde wurde der Director's Cut.
Material von Fans, oft sehr detail- und einfallsreich, ist ein weiterer Baustein zum
Weiterleben der Figuren des Films. Diese Texte sind im Fall von Blade Runner weniger
nostalgische Archivkollektionen als ergänzende Erzählungen, die die Grenzen des
ursprünglichen Textes erweitern. Star Wars und Alien haben laut Brooker einen ähnlichen
Status erlangt, allerdings sind die Diskussionen beispielsweise bei Alien weit weniger rigide
und nicht mit solcher Ernsthaftigkeit verbunden. Die Grenzen zwischen professionellen und
amateurhaften Produktionen verwischen im Internet, die offizielle Webpage des Films hat
nicht automatisch einen höheren Status als eine gute Fanseite. Im Falle von Blade Runner
liegt das Schwergewicht der Diskurse im Netz auf der Entdeckung von Wahrheiten, die sich
auf den Primärtext stützen. Es wird versucht, aus vagen Andeutungen im Film Wahrheiten zu
generieren. Die Geschichte des Films Blade Runner wird im Internet aktiv weitergeschrieben,
ein Fan des Films zu sein kann dadurch auch bedeuten, die Narration des Films zu erweitern:
The hypertext of 1998 has, it becomes clear, very nearly caught up with the ESPERs and
Voight-Kampff machines of 2019, and these sites make full use of that similarity to transform
reading and viewing into writing and participating. You are no longer simply a fan of Blade
Runner: you are part of the world of Blade Runner or even a blade runner yourself. (Brooker
1999: 60)
Mit einer sehr detailierten Recherche wird der Film beinahe Bild für Bild zerlegt und
analysiert. Fragen und Antworten werden auf verschiedensten Plattformen im Internet sehr
ernst genommen, Referenzen auf Szenen der zwei Filme oder auch auf Interviews mit
Harrison Ford oder Ridley Scott sollen die Beweise liefern. (Brooker 1999: 61) Die Frage, ob
Deckard selbst ein Replikant ist oder nicht, beschäftigt die Fangemeinde seit Jahren.
Angeheizt wurde die Debatte durch ein Statement des Filmemachers im Juli 2000, wonach er
ein Replikant sei. (Brooker 1999: 50ff, BBC News 2000) Die mystische Aura des Films wird
dadurch verstärkt, dass auch im Director's Cut viele Ungereimtheiten zu finden sind. Die
Anzahl der geflüchteten ReplikantInnen bleibt etwa unklar: "Even the director's cut retains
'mistakes', some considered deliberate and others - like the numerous contradictions over the
exact number of escaped replicants - further expressions of the obscurity which has given the
film its aura of myth." (Brooker 1999: 59) Diese Widersprüchlichkeiten werden von
theoretischer Seite meist eher hervorgehoben als aufgelöst, definitive Antworten werden
beispielsweise sowohl bei Judith B. Kermans Textsammlung zum Film als auch bei Scott
Bukatmans BFI Buch vermieden. (Brooker 1999: 58 - 59, Kerman 1997a, Bukatman 2000)
Grenze Mensch - Maschine
'More human than human' is our motto. (Tyrell in Blade Runner zu Deckard)
In Blade Runner wird Technik auf verschiedensten Ebenen dargestellt. Die Stadt, in der der
Film spielt, ist mit ihren blinkenden Werbungen und dem Flugverkehr der 'Spinners' (Autos,
die auch fliegen können) ein einziges Technikgewühl. Der Voight-Kampff-Test wird mit
einer besonderen Maschinerie durchgeführt. Die Esper-Maschine ist eine Art Computer, mit
der Photos im Detail, auch dreidimensional, betrachtet werden können. Deckard etwa studiert
mit dieser Maschine Leons Fotos und findet dabei in einem Spiegel versteckt das Foto der
Replikantin Zhora. (Kerman 1997b: 16) Die künstlichen Wesen des Films Blade Runner
bestehen aus genetisch konstruiertem Biomaterial. Sie sind mittels Technik im Labor
entstanden, im Film spielt etwa ein Augenlabor eine Rolle. Es handelt sich bei diesen Cyborgs
nicht um eine Verbindung von maschinellen mit biologischen Teilen, sondern die
biologischen Komponenten selbst sind künstlich erschaffen worden. Die Bedrohung, die von
den ReplikantInnen ausgeht, ist nicht mit der Gefahr in den Terminator-Filmen vergleichbar,
in denen die gesamte Menschheit auf dem Spiel steht. Nichts deutet darauf hin, dass die Welt
bedroht wäre, es handelt sich nur um einen Aufstand einiger SklavInnen in den
Weltraumkolonien:
Though the film's plot suggests that the cyborgs pose no real threat of extinction, the movie
itself introduces a very real and troubling threat - not so much to the characters in the film, but
to the stability of the notion of the human that underwrites our actions, beliefs, meanings.
Everything in the course of Deckard's 'detection' of the replicants leads him - and his audience
- to a selfdetection of a different and disturbing sort: namely, the recognition of the
undecidable nature of the opposition between human and its technological double. (Pyle 1993:
234)
Bedroht ist viel mehr die Stabilität der Bedeutung des Begriffs Mensch, Deckards
Untersuchungen decken vor allem die Ununterscheidbarkeit des Gegensatzes zwischen
Mensch und künstlichen Wesen auf. Die ReplikantInnen können nur mit erheblichen
Schwierigkeiten von den Menschen des Films unterschieden werden, ganz im Gegensatz zu
den Terminator-Filmen. (Bergstrom 1991: 35) Auch Bukatman meint, dass künstliche Wesen
Definitionen der natürlichen Menschlichkeit in Frage stellen:
Synthetic human narratives, from Pygmalion to Pinocchio to Terminator 2, have always
challenged, or at least made explicit, definitions of 'natural' humanity and its role or function.
Defining the human provides most of Blade Runner's philosophical focus. Deckard gives
empathy tests to suspected non-humans. Indeed, he might or might not be a replicant himself:
'How do you know you haven't retired a human by mistake?' Rachael asks him. 'Have you
ever taken the test yourself?' (Bukatman 2000: 64 - 65)
Viele Diskussionen zum Film Blade Runner kreisen um das Thema, ob Deckard ein Replikant
ist. Bukatman findet es wichtiger, diese Frage zu stellen als die Antwort zu finden. Und wenn
Rachael Deckard danach fragt, ob er selbst jemals den Voight-Kampff-Test bestanden habe,
geht es vielleicht weniger um seinen Mensch-Status als um seine Empathie-Fähigkeit, welche
der Test finden soll. (Bukatman 2000: 80 - 83, Cavallaro 2000: 14) In Blade Runner spielen
viele Tests eine Rolle. Es gibt einerseits Tests, die zwischen Mensch und Replikant
unterscheiden sollen, andererseits solche, die entscheiden, wer gut genug ist, um in die neuen
Welten emigrieren zu dürfen. Bukatman sieht diese Tests als Indikatoren für eine Krise der
Definition des Menschlichen:
The novel and the film are filled with tests: there are tests to determine who's human, who's fit
to reproduce, who's fit to emigrate. The obsession with boundaries, definitions and standards
indicates that these definitions are in crisis. In Dick's novel, the Voight-Kampff scale
measures empathic response - but there is discussion that human schizophrenics, those
suffering from a 'flattening of emotional affect', would also fail the test. (Bukatman 2000: 69)
Der Voight-Kampff-Test ist eine Kombination von Methoden eines psychologischen Tests,
eines Lügendetektors und eines Iris-Tests. Durch die Beobachtung von Veränderungen etwa
der Pupille werden die emphatischen Reaktionen der Testpersonen gemessen, um so
ReplikantInnen von Menschen unterscheiden zu können. Der Test ist allerdings nicht
fehlerlos, auch einige schizophrene Menschen könnten ihn nicht bestehen. (Kerman 1997b:
19, Zons 2000: 280) Dabei wird entschieden, wer pensioniert wird: "It is called 'retirement', a
word which connotes exclusion from the productive and active social order." (Bruno 1990:
190) Interessanterweise gibt es sowohl in den Terminator-Filmen als auch in Blade Runner
keine Lebensformen zwischen dem Dualismus Mensch-Cyborg, wie etwa Menschen mit den
künstlichen Augen, die für die ReplikantInnen entwickelt wurden. Im Film Blade Runner sind
Menschen weit nicht so leidenschaftlich wie die künstlichen Wesen, die Cyborgs erscheinen
menschlicher als Menschen. Claudia Springer meint in einem Artikel über Filme der 90er
Jahre, dass menschliche Wesen im Science-Fiction-Film längst ihre Einzigartigkeit an
Roboter, Androiden und Cyborgs verloren hätten:
Human beings in science-fiction films have already lost their uniqueness to robots, androids,
and cyborgs. Replicants - genetically engineered androids -were touted as 'more human than
human' by their corporate creators in the 1982 film Blade Runner, and the film's contrast
between dejected humans resigned to a dreary existence dictated by corporate greed and the
replicants' passionate intensity proves the motto depressingly true. (Springer 1999: 203)
Während die Menschen als EinzelgängerInnen gezeichnet werden, wie etwa Tyrell oder J. F.
Sebastian, treten die ReplikantInnen als eine Gruppe von Freunden auf. Die Nachricht des
Todes von einer von Ihnen führt etwa zu Bestürzung bei den anderen. Empathische
Anteilnahme findet sich vielmehr bei den ReplikantInnen als bei den Menschen des Films.
Die ReplikantInnen gehen Allianzen mit Menschen ein und sind auch untereinander gut
vernetzt. Pris und Roy etwa gewinnen Sebastians Freundschaft, der ihnen in der Folge hilft,
zu Tyrell vorzudringen. Rachael verbündet sich mit Deckard, wenn sie ihm das Leben rettet,
indem sie einen anderen Replikant, Leon, tötet. Scott Bukatman bezieht sich in seinem Buch
über Blade Runner auch auf Donna Haraway, und zwar besonders auf eine Stelle in ihrem
Manifest, in der sie Maschinen als weit lebendiger beschreibt als Menschen:
Donna Haraway redefined the value of the cyborg in ways that are more relevant to Blade
Runner's ambiguities. In her well-known 'manifesto for cyborgs' she argued for a feminist
rereading of technological being in a world that has blurred distinctions between organism
and machine. This is a 'border war' with high stakes: 'Our machines are disturbingly lively,'
she noted (and this is Deckard's problem in a nutshell), 'and we ourselves frighteningly inert'.
(Bukatman 2000: 73, Haraway 1991b: 152)
Der auffälligste Unterschied zwischen Menschen und ReplikantInnen ist die Lebenszeit von
vier Jahren. Es bleibt unklar, ob es sich dabei um einen Sicherheitsmechanismus handelt, wie
der Polizist Bryant am Anfang des Films erklärt, oder um ein Problem der Herstellung, das
noch nicht gelöst werden konnte. Tyrell erklärt dem Replikanten Roy: "You were made as
well as we could make you. The light that burns twice as bright, burns half as long." Nur
Rachael scheint diese beschränkte Lebenszeit nicht zu haben, in einer Version mit Voice-Over
meint Deckard, dass Tyrell ihn über die unbeschränkte Lebenszeit von Rachael informierte.
(Bukatman 2000: 65, Kerman 1997b: 21) Den ReplikantInnen wird fehlendes
Einfühlungsvermögen unterstellt, womit ihnen Rationalität zugeschrieben wird. Trotzdem ist
das emotionale Leben der ReplikantInnen ab der ersten Szene, wo Leon einen Blade Runner
erschießt, offensichtlich. Im Laufe des Films verstärkt sich diese Tendenz. Die Unterlegenheit
der ReplikantInnen beruht lediglich auf gesetzlichen Bestimmungen und der beschränkten
Lebenszeit:
They are not just physically and intellectually superior to humans; in the dehumanised world
that Blade Runner presents, replicants are 'more human than human', just as Tyrell proclaims.
Their inferior status is arbitrary, solely a function of legal definition and the 'fail-safe
mechanism' of a severely restricted lifespan. (Bukatman 2000: 77)
Einerseits werden in Blade Runner herkömmliche Konzepte vom Menschlichen in Frage
gestellt, andererseits ist der Film in Gender und ethnischen Aspekten sehr traditionell. "In
many ways, of course, the film is very traditional (that is, reactionary) regarding gender and
racial politics." (Bukatman 2000:74) Ängste vor urbanen ethnischem Pluralismen sind
bemerkbar, besonders Asiaten werden auf eine rassistische Art und Weise dargestellt. Obwohl
die Stadt einen Mix verschiedenster Kulturen darstellt, sind alle Hauptpersonen weiß.
Bukatman erklärt die rassistischen Tendenzen damit, dass Anfang der 80er Jahre Japans
expandierender ökonomischer Einfluss zu Wellen von hysterischem Rassismus in den USA
führte. (Bukatman 2000:74)
In this disturbance between categories normally kept distinct (human/non-human), another
dimension is added to the standard representation of differentiation by gender in mainstream
fiction film. Where the basic fact of identity as a human is suspect and subject to
transformation into its opposite, the representation of sexual identity carries a potentially
heightened significance, because it can be used as the primary marker of difference in a world
otherwise beyond our norms. (Bergstrom 1991: 35)
In Bezug auf Gender bemerkt Janet Bergstrom, dass die Repräsentationen von sexueller
Identität besonders in Filmen hervorgehoben werden, die andere Kategorien, wie etwa die
Grenze zwischen Mensch und Maschine, weniger rigide zeigen. Trotzdem meint Bergstrom
weiter, dass sexuelle Differenz unvorhersehbar gezeigt wird, klassische Muster sexueller
Zuschreibungen sind Änderungen unterzogen:
The value of sexual difference in these films, however, is postclassical in that it is
unpredictable. The standard use of female identity to reinforce male (dominant, institutional)
identity is no longer a regular pattern of narrative development. As narrative forms have
moved away from the dominance of classical story motivation and structure, so too have
classical patterns of sexual definition become subject to change. (Bergstrom 1991: 36)
In Blade Runner gibt es sowohl weibliche als auch männliche ReplikantInnen: Pris, Zhora,
Roy, Leon, die Hauptprotagonistin Rachael und eventuell Deckard. Anne Balsamo untersucht
in ihrem Artikel "Reading Cyborgs Writing Feminism" (1988) die Anwendbarkeit der Post-
Gender-Cyborgmetapher von Haraway auf Repräsentationen im Science-Fiction-Film.11 Sie
analysiert, bis zu welchem Grad Genderstereotype weitergeschrieben werden. Im Falle von
The Terminator und Blade Runner kommt sie zu dem Schluss, dass Genderstereotype
untermauert werden. Allerdings meint sie weiter, dass weibliche Cyborgs den Dualismus
Mensch-Maschine weit mehr in Frage stellen als männlich kodierte Repräsentationen
künstlicher Wesen, da Weiblichkeit konventionell als weniger kompatibel mit Technik kodiert
wird wie Männlichkeit. (Janes 2000: 98, Balsamo 2000: 150 - 151) Deshalb sieht sie in der
Figur der Rachael in Blade Runner eher eine Herausforderung an kulturelle Konventionen als
etwa in der Figur des Terminators, obwohl sie ein tendenziell klassisches Frauenbild
verkörpert. Sie geht davon aus, dass weibliche Cyborgs Vorstellungen der Beziehung
zwischen Weiblichkeit und Technik verändern.
Rachel, the melancholy replicant from Blade Runner, is a recent female cyborg whose
constructed 'nature' supposedly contradicts the myth of natural female identity. Not only is her
body genetically constructed, she's been given memory implants borrowed from a 'real'
woman. Rachel thinks she's human - she has memories of a mother, piano lessons, the birth of
spider babies. (Balsamo 2000: 150)
Identität durch (prothetische) Erinnerungen
If we give them the past we create a cushion or pillow for their emotions and consequently we
can control them better. (Tyrell zu Deckard in Blade Runner)
In Blade Runner werden Erinnerungen zu einer wichtigen Ressource für die Erschaffung von
Identität. Tyrell erklärt, dass bei den ReplikantInnen eigenartige Verhaltensweisen entdeckt
wurden; da sie nur wenige Jahre leben, sind sie emotional sehr unerfahren und haben nur
wenig Zeit, Erfahrungen auf diesem Sektor zu sammeln. Durch eine Vergangenheit sollen die
ReplikantInnen besser kontrollierbar werden, Erinnerungen werden zum Puffer für Gefühle.
(Zons 2000: 281, Featherstone 1995: 4) Das Thema der Erinnerung ist zentral in Blade
Runner. Einerseits zeigt der Film die Abhängigkeit der Menschen und ReplikantInnen vom
Material, das Spuren der Vergangenheit in sich trägt. Für die Bildung von Identität erscheinen
Hilfsmittel wie etwa Fotos sehr wichtig. Andererseits zeigt der Film, dass Erinnerungen nicht
unbedingt der Beweis für gelebte Erfahrungen oder eine individuelle Vergangenheit sein
müssen. Rachael etwa muss erkennen, dass ihre Bilder, die sie an ihre Kindheit erinnern,
eigentlich für die Erinnerungen der Nichte von Tyrell stehen. Eine Schlüsselszene in diesem
Kontext ist die Szene, in der Rachael Deckard ein Bild präsentiert, das ihre Mutter und sie als
Kind zeigt, womit ihre menschliche Existenz bewiesen werden soll. Doch Deckard verwirft
den Beweis und erzählt ihr eine ihrer Kindheitserinnerungen, die die Erinnerungen der Nichte
von Tyrell sind und Rachael implantiert wurden. Allerdings umgibt sich auch Deckard mit
vielen alten Familienfotos. Die Frage bleibt, ob seine vielen Fotos echt sind oder ob nicht
auch seine Existenz auf künstlichen Erinnerungen basiert. Die ReplikantInnen sind mit
"falschen" Erinnerungen programmiert, die eine weitere Auflösung des persönlichen Raums
darstellen, sogar diese so privaten Territorien werden unsicher. (Bukatman 2000: 29) Die
Fotografien kreieren eine Ersatzgeschichte, die den künstlichen Ursprung der ReplikantInnen
überlagert. Allerdings ist es wichtig zu erkennen, dass auch für die Menschen Erinnerungen
nicht gegeben sind, sondern ausgewählt, verzerrt oder auch zerstört werden können. Unsere
Vergangenheit ist also bis zu einem gewissen Grad ebenfalls Konstruktion, damit auch unsere
Identität. Die Tyrell Corporation hat für ihre Nexus 6 ReplikantInnen eine Fiktion von Zeit
und Geschichte entworfen und in Form von Fotografien konserviert. Durch dieses Aufzeigen
der Konstruiertheit von Geschichte werden Erinnerungen als Garanten der Wahrheit
entwertet: "Memories are no more indelible than the paper a photograph is printed on; history
is devalued as a guarantor of truth, stability and unified meaning. Photographs are constantly
invoked as signs, but they are ultimately empty signs, signifiers of nothing." (Bukatman 2000:
80) Da synthetische Menschen, hier ReplikantInnen, essentialistische Konzepte von Identität
in Frage stellen, zeigt sich Identität als Konstruktion, das Resultat von bewussten oder
unbewussten sozialen und physikalischen Techniken: "But the value of Blade Runner as it
exists, along with so much of Philip Dick's work, is that it makes us unreal - we are forced, or
at least encouraged, to confront our own constructedness, and by confronting our selves, to
remake them." (Bukatman 2000:80)
Reproduktion und Identität
Mary Ann Doane beschäftigt sich in ihrem Aufsatz "Technophilia: Technology,
Representation, and the Feminine." von 1990 mit der Verbindung der Bedeutung von
Erinnerungen und der Mutter in Blade Runner. Doanes Artikel baut auf die Psychoanalyse
auf, besonders auf Kristeva; Reproduktion ist ihr Kernthema. Sie findet in Science-FictionFilmen eine Obsession auf Themen der Reproduktion, verbunden mit Fragen der
Repräsentation und Geschichte. Sie meint, dass eine biologische Mutter einen eigenen
Ursprung garantieren kann, neue Reproduktionstechnologien bieten diese Sicherheit nicht.
Auch Bruno geht auf die Bedeutung der Mutter als Garant für eine eigene Geschichte ein, die
für die Bildung von Identität wichtig sei: "The mother is necessary to the claiming of a
history, to the affirmation of an identity over time." (Bruno 1990: 191) Doane interessiert sich
besonders für den Einfluss von technischer Reproduktion auf psychoanalytische Kategorien
der Identifikation und der sexuellen Differenz, weiter für die Verbindung zwischen
Subjektivität und Wissen. Sie meint, dass neue Reproduktionstechnologien eine massive
Bedrohung des Patriarchats darstellen. Doch während ein Teil der Science-FictionAutorInnen Technik für die Destabilisation von Genderkategorien heranzieht, gibt es auch
einen anderen Teil, der versucht, konventionelle Auffassungen von Weiblichkeit
weiterzutragen:
Although it is certainly true that in the case of some contemporary science-fiction writers particularly feminist authors - technology makes possible the destabilization of sexual identity
as a category, there has also been a curious but fairly insistent history of representations of
technology that work to fortify - sometimes desperately - conventional understandings of the
feminine. A certain anxiety concerning the technological is often allayed by a displacement of
this anxiety onto the figure of the woman or the idea of the feminine. This has certainly been
the case in the cinema, particularly in the genre which apparently privileges technophilia,
science fiction. (Doane 1999: 20)
Doane meint, dass Ängste in bezug auf Technik auf die Figur der Frau oder auf die
Vorstellung von Weiblichkeit projiziert werden, ganz besonders im Science-Fiction-Film. In
Blade Runner zeigt sich laut Doane der Terror der mutterlosen technologischen Reproduktion,
der durch die ReplikantInnen repräsentiert wird, als Angst über den Verlust von eigener
Geschichte, Sicherheit und Wissen: "Here the terror of the motherless reproduction associated
with technology is clearly located as an anxiety about the ensuing loss of history." (Doane
1999: 27) Eine andere Art der Reproduktion wird im Film in den Vordergrund gestellt, und
zwar die Fotografie, die mit der technischen Reproduktion von Menschen in Verbindung
steht. Der Status der Fotografie als Beweis einer eigenen Geschichte wird ebenfalls in Frage
gestellt. Die zunehmende Unsicherheit von Kategorien der Differenz unterwandert die Basis
des Wissens als solche: "Destabilization of categories of difference - not knowing how to 'tell
the difference' (between human and non-human) - fundamentally undermines the basis of
knowledge altogether." (Janes 2000: 95) Eine Szene in dem Film hebt Doane besonders
hervor, wobei ein Kameraschwenk über Deckards Apartment über einem Klavier eine große
Anzahl von Fotos zeigt, Zeugen einer Vergangenheit. Eines davon gehört Leon, dem
Replikanten. Deckard untersucht dieses Foto in einer Maschine, der ESPER-Maschine, die er
mit seiner Stimme steuern kann. Deckard ist ein Blade Runner, sein Job ist es, ReplikantInnen
von Menschen zu unterscheiden. "To know in Blade Runner is to be able to detect difference not sexual difference, but the difference between human and replicant." (Doane 1999: 28)
Es gibt zwar keine verkörperten Mütter in Blade Runner, aber das Konzept des Mütterlichen,
die Verbindung zum Wissen über Ursprünge und subjektive Geschichte, sind trotzdem in
diesem Filmtext wirksam, wie Doane meint. Bereits in der Eröffnungsszene wird einer der
ReplikantInnen, Leon, bei einem Voight-Kampff Test nach seiner Mutter gefragt. Leon
antwortet: 'Let me tell you about my mother', schießt auf den Tester und flüchtet. "The
replicants are objects of fear because they present the humans with the specter of a motherless
reproduction, and Blade Runner is at one level about the anxiety surrounding the loss of
history." (Doane 1999: 29) Die ReplikantInnen sammeln Fotos, sowohl eines der Fotos von
Leon als auch ein Foto von Rachael bekommt eine wichtige Bedeutung im Film. Letztere
möchte Deckard davon überzeugen, ein Mensch zu sein. Sie selbst ist lange Zeit davon
überzeugt, ein Mensch zu sein, später bekommt sie Zweifel: "With Rachael the system has
reached perfection. She is the most perfect replicant because she does not know whether she
is one or not." (Bruno 1990) Erreicht wird diese Unsicherheit im Film durch das
Vorhandensein einer Erinnerung. Sie zeigt Deckard ein Foto, das sie und ihre Mutter zeigt.
Doch Deckard verwirft den vermeintlichen Beweis ihrer eigenen Erinnerungen und damit
ihrer menschlichen Identität mit dem Hinweis, dass ihre Erinnerungen implantiert und nicht
ihre eigenen seien, sondern die der Nichte von Tyrell. Doane meint über Rachael:
Yet, Rachel can be conceived only as a figure drawn from an earlier cinematic scene - 1940s
film noir - the dark and mysterious femme fatale with padded shoulders and 1940s hairdo, as
though the reinscription of a historically dated genre could reconfirm the sense of history that
is lost with technologies of representation. What is reproduced as ideal here is an earlier
reproduction. (Doane 1999: 31)
Rachael erinnert an die Figur der femme fatale des Film Noir der 40er Jahre. Doane meint,
dass dieses Wiederaufgreifen eines historischen Genres den Sinn für Geschichte, der mit der
Idee der technologischen Reproduktion gefährdet ist, zurückbringen könnte.
Prothetische Erinnerungen
Alison Landsberg prägte den Begriff der 'prothetischen Erinnerungen', womit Erinnerungen
gemeint sind, die nicht von den erlebten Erinnerungen einer Person kommen, sondern
implantiert sind. Sie meint, dass Erinnerungen als generative Kraft in Erscheinung treten, eine
Kraft, die nicht zurücktreibt sondern vorwärts. (Landsberg 1995: 175 - 177) Landsberg sieht
das Kino als einen Ort der prothetischen Erinnerungen. Während in Dicks Roman 'Do
Androids Dream of Electric Sheep?' Einfühlungsvermögen zur Unterscheidung von Mensch
und Replikant dient, wird im Film das Fehlen einer Vergangenheit und somit von
Erinnerungen zentral. (Landsberg 1995: 183) Die Verbindung zwischen Fotos und
Erinnerungen ist ein Thema von Blade Runner. Das Kindheitsfoto Rachaels hat scheinbar
nichts bewiesen. Trotzdem hat es einen Bezug zu den Erinnerungen, die Rachael prägen: "We
might say that while the photograph has no relationship to 'reality', it helps her to produce her
own narrative. While it fails to authenticate her past, it does authenticate her present."
(Landsberg 1995: 185) In einer späteren Szene, in der Rachael in Deckards Wohnung Klavier
spielt, meint Rachael, dass sie sich an Klavierstunden erinnern könne, sie aber nicht wisse, ob
es ihre oder Erinnerungen von Tyrells Nichte seien. Deckard meint darauf nur, dass sie schön
spiele, wodurch er die Unterscheidung zwischen 'echt' und prothetisch ablehnt. Da sie gut
spielen kann, spielt es kaum eine Rolle, ob sie die Klavierstunden genommen hat oder
nicht.(Landsberg 1995: 185) Im Director's Cut des Films gibt es eine Szene am Klavier, in der
Deckard von einem Einhorn träumt. Ein Polizist, der im Film des öfteren kleine OrigamiFiguren bastelt, hat am Ende des Films eine kleine Einhorn-Figur vor der Wohnung Deckards
hinterlassen. Dadurch drängt sich die Frage auf, ob auch die Erinnerungen von Deckard
implantiert sind und er somit ein Replikant ist. Diese Frage bleibt unbeantwortet, die Grenze
zwischen ReplikantInnen und Menschen verschwommen.
Memories are central to our identity - to our sense of who we are and what we might become but as this film suggests, whether those memories come from lived experience or whether
they are prosthetic seems to make very little difference. Either way, we use them to construct
narratives for ourselves, visions for our future. (Landsberg 1995: 186)
Landsberg sieht Erinnerungen als zentral für unsere Identität, ob sie aber aus erlebten
Erfahrungen kommen oder prothetisch seien, mache wenig Unterschied. Landson bezieht sich
bei ihrem Verständnis von der persönlichen Vergangenheit auch auf Haraways Cyborg
Manifest:
As Donna Haraway has powerfully argued with her articulation of cyborg identity, we need to
construct political alliances that are not based on natural or essential affinities. Cyborg
identity recognizes the complicated process of identity formation, that we are multiply hailed
subjects, and thus embraces the idea of 'partial identities'. The pasts that we claim and 'use' are
part of this process. (Landsberg 1995: 179)
Landsberg hebt besonders die Idee der partiellen Identitäten bei Haraways Cyborgs hervor,
ein 'Benutzen' der Vergangenheit ist ein Teil des Prozesses der Identitätsfindung.
Diskursive Machtaufteilung
One of the founders of Soviet cinema, Lev Kulesov, in what has become a famous
declaration, asserted that film must be regarded at its most basic level as a language: 'The shot
must operate as a sign, a kind of letter.' Deconstructive analysis works not only to recover the
importance of the shot as 'a kind of letter,' it attends to the instances at which this 'letter' may
undo the narrative and thematic structures that are its effects, its 'projections.' (Pyle 1993:
230)
Nicht nur der Inhalt eines Filmes, auch seine Sprache ist kodiert, wie schon Lev Kulesov
bemerkte. Die Filmsprache trägt entscheidend zur Verteilung der diskursiven Macht im Film
bei.12 Charaktere erhalten symbolische Macht nicht nur auf narrativer Ebene, sondern auch
durch den Einsatz spezifischer Filmtechniken. Diese zwei Ebenen können sich sowohl
gegenseitig verstärken als auch gegeneinander arbeiten. Vor allem drei Punkte werden in
diesem Kapitel behandelt: die Einführungen der Charaktere, die Sound-Ebene und der Blick.
Die Einführung einer Filmfigur ist entscheidend, da die Figuren bereits in den ersten Bildern
eine Position im Film zugedacht bekommen. Point-of-View-Shots lassen das Publikum die
Filmwelt mit den Augen einer Figur des Films sehen, die subjektive Kamera nimmt dabei die
Position einer Figur ein; im Bild ist, was die Figur sieht. (Bordwell 1997: 481) Die Position
im Text, wer also die Position des Subjekts und wer die des Objekts einnimmt, ist eine
zentrale Frage bei der Untersuchung von Mulvey von 1975. Autorität wird allerdings nicht
nur durch die Bilder, sondern auch durch den Ton vergeben. Auf der Sound-Ebene ist
besonders das Verhältnis Bild-Sprache interessant, eine Off-Stimme etwa steht für eine sehr
mächtige Position, während das Gesehen werden ohne eine Stimme zu haben von Mulvey als
relativ machtlos definiert wurde. Off-Sound bezeichnet Akustisches, das nicht in direktem
Zusammenhang mit dem Bild steht, beispielsweise ein Kommentar, wie er im
Dokumentarfilm üblich ist. Mit Voice-Over-Stimme wird eine Stimme bezeichnet, bei der die
Figur zwar sichtbar ist, aber nicht sichtbar spricht, sondern vielmehr Gedanken hörbar
werden. Im Film Noir ist diese Art der Stimme beispielsweise immer wieder zu finden.
Das Auge und der Blick haben in Blade Runner eine besondere Bedeutung, wie Pyle treffend
zusammenfasst. Schon die ersten Bilder zeigen ein blickendes Auge, wobei unklar bleibt, zu
wem dieses Auge gehört:
The motif of the eye and its gaze runs throughout the movie: the eye superimposed over the
city in the film's opening shot, the eye magnified in the 'Voight-Kampff,' the eye of the owl
perched in Tyrell Corporations Headquarters, the eyes genetically engineered and grown in
the subzero lab, the lenses of various microscopes, the photograph enhancers, the gaze of
panopticon devices and advertising projections, even the eyes of Tyrell himself, shielded by
thick spectacles and blinded in the Oedipal inversion of Roy's dramatic patricide. (Pyle 1993:
236)
Der Blick und das Auge sind in Blade Runner immer wieder betont. Beim Voight-KampffTest spielt die Pupille eine wichtige Rolle, die Augen der Eule in der Tyrell-Pyramide und die
genetisch konstruierten Augen in der "Eye World" sind weitere Beispiele dieses Fokus auf
dieses Sinnesorgan und das Visuelle.
Deckard wird im Regen sitzend eingeführt. Die Hauptfiguren des Films werden mit neutraler
Kamera eingeführt, d. h. nicht aus dem Blickwinkel einer Filmfigur. Er wartet vor einem
Straßenstand mit asiatischem Essen darauf, einen Platz zu bekommen. Die Kamera nimmt
zweimal seine Blickposition bzw. seinen Point-of-View ein. Er blickt auf einen Zeppelin in
der Luft, der Werbung für die neuen Kolonien außerhalb der Erde zeigt. Anschließend wird
aus seiner Perspektive sichtbar, wie ihn der asiatische Koch heranwinkt. Ansonsten wird der
Point-of-View-Shot kaum eingesetzt. Die Wirkung der Off-Stimme kann bei Blade Runner
besonders gut beobachtet werden. In einigen Versionen gibt es einen sehr exzessiven Einsatz
der Erzählerstimme. Da nach einer ersten Testvorführung die Zuschauenden Probleme hatten,
den Inhalt der Geschichte zu verstehen, wurden ganz im Stile des Film Noir viele Erklärungen
mit Deckards Stimme eingefügt. Im Director's Cut, der zehn Jahre nach der ersten Version ins
Kino kam, wurden die Voice-Over-Stimmen wieder völlig entfernt. Die Voice-OverErzählungen sind nur eines der vielen Elemente des Film Noir der 40er und 50er Jahre, die in
diesem Science-Fiction-Film verwertet werden. Auch die femme fatale Rachael und das
Setting in Los Angeles erinnert an dieses Genre. (Bukatman 2000: 20) Im Director's Cut
bleibt die Figur des Protagonisten Deckard eher auf Distanz. Da Deckard allerdings während
der Voice-Over-Stimme der anderen Fassung im Bild bleibt, es sich dabei also nicht um eine
Off-Stimme handelt, verleiht ihm diese Stimme keine machtvollere Position und dient eher
dazu, dem Verlauf der Geschichte besser folgen zu können und die Figur Deckards
durchsichtiger zu präsentieren.
Was die 'to-be-looked-at-ness' angeht ist bei der Einführung der Hauptpersonen des Films
eine eindeutige Differenzierung entlang der Geschlechtergrenzen festzustellen. Lange
Einstellungen bei den ersten Auftritten von Rachael und Pris geben genügend Zeit, die Körper
der Replikantinnen genau von oben bis unten zu betrachten. Rachael ist in den
Räumlichkeiten der Tyrell-Pyramide das erste Mal zu sehen. Der Sound ändert sich einige
Sekunden vor ihrem ersten Auftreten signifikant und bereitet ihren Anblick vor. Anschließend
nimmt die Kamera ihren Blickwinkel ein, sie sieht in Richtung Deckard, der sich noch
unbeobachtet fühlt. Während sie den großen Saal in Richtung Deckard betritt, gibt es viel
Zeit, Rachael von oben bis unten zu betrachten. Die extravagante Kleidung und das
puppenhafte Gesicht von Rachael laden zum Betrachten ein. Sie trägt oft Mäntel mit großen
Kragen, die ihr Gesicht umrahmen und ihr bildhaftes Aussehen unterstreichen, sie wird
dadurch zum perfekten Blickobjekt. Diese Art von "to-be-looked-at-ness" ist besonders oft im
Film Noir bzw. Gangsterfilmen zu finden. Tyrell, der kurze Zeit darauf eingeführt wird, ist
erst kurze Zeit nur Stimme, was seine machtvolle Position in diesem Film von Anfang an
zeigt. Seine Stimme ist bereits hörbar, bevor er sichtbar wird. Dieser kurze Moment, in dem
Tyrell nur Stimme ist, unterstützt seine Autorität mit filmtechnischen Mitteln. Ganz im
Gegensatz zu Rachael ist Tyrell nur sehr klein im Bild und dadurch nicht so gut zu betrachten
wie zuvor Rachael. Die gesuchten ReplikantInnen, die von den Off-World-Kolonien
geflüchtet sind, werden größtenteils auf einem Bildschirm am Polizeirevier sichtbar, wenn
Deckard Bilder aus der Polizeidatenbank präsentiert werden. Nur Leon wird bereits in der
ersten Szene sichtbar, als er während eines Voight-Kampff-Tests einen Kollegen von
Deckard, Holden, erschießt, nachdem dieser ihn nach seiner Mutter gefragt hatte. Gefährliche
leise Musik setzt kurz vor dem Aufscheinen des Bildes von Roy Batty auf dem Bildschirm
des Polizeicomputers ein, der besonders gefährlich ist. Batty trägt immer wieder Gedichte vor,
auch seine letzten Worte vor seinem Tod spricht er sehr poetisch aus: "Attack ships on fire off
the shoulder of Orion. I watched c-beams glitter in the dark near the Tanhauser Gate. All
those moments will be lost in time. Like tears in rain. Time to die." (Roy zu Deckard in Blade
Runner).
4
Terminator 1 + 2
Der erste der beiden Terminator Filme entstand 1984, der zweite Teil, Terminator 2 Judgment Day folgte 199113. Die zwei Filme eignen sich besonders gut zur Analyse des
unterschiedlichen Stellenwertes von Technik und Gender in den 80er bzw. 90er Jahren,
obwohl sich die Filme sowohl auf der Erzählebene als auch im filmtechnischen Bereich sehr
ähnlich sind. Vor allem durch die Darstellungen der Cyborgs T-101 und T-1000 lassen sich
die Unterschiede des Umgangs mit Gender und Technik im Laufe der Zeit gut ablesen.
Technik tritt in den Filmen vor allem als Bedrohung auf, die zwar von der künstlichen
Intelligenz Skynet ausgeht, verkörpert wird diese Bedrohung allerdings von den Cyborgs T101 und T-1000. Die Grenze zwischen Mensch und Maschine ist in den Terminator-Filmen
sehr eindeutig gezogen, der Dualismus bleibt eindeutig und unzweifelhaft aufrecht, auch
wenn die Terminatoren in menschlicher Form auftreten. Eine zentrale Figur beider Filme ist
ein Cyborg, der Terminator T-101. Der T-101 wird von Arnold Schwarzenegger gespielt, der
vorher bereits in der Bodybuilding-Welt bekannt war, ein Umstand, der erheblichen Einfluss
auf die Filme ausübt. Der T-101 tritt in einer männlichen Form auf, von Androgynität keine
Spur - Körperlichkeit wird betont, die Metapher des Postgender-Cyborgs spiegelt sich in
dieser konkreten Repräsentation eines künstlichen Wesens kaum wieder. Sarah Connor, die
weibliche Hauptrolle in den zwei Filmen, durchläuft eine Entwicklung von einer
unscheinbaren Kellnerin zu einer muskulösen Actionheldin. Der T-1000 tritt nur in
Terminator 2 - Judgment Day auf und verkörpert einen gänzlich anderen Cyborgtypus wie der
T-101. Nach der Analyse dieser drei Hauptcharaktere des Films widme ich mich der
Aufteilung der diskursiven Autorität in den Filmen, Sarah Connor dominiert den Film auf
dieser Ebene, besonders im zweiten Teil.
The Terminator (1984): Produktion und Plot
Der Regisseur James Cameron, der bis dahin nur bei wenig beachteten Produktionen Regie
führte, schrieb mit Gale Ann Hurd, der Produzentin des Films, das Buch zu The Terminator.
Die Produktionsfirma nannten sie Tech Noir, eine Disko in The Terminator trägt den gleichen
Namen. Das 107 Minuten lange Action Movie ist der erste einer Reihe sehr erfolgreicher
Science-Fiction-Filme von James Cameron. Das Budget des ersten Teiles lag bei ca. 7
Millionen US-Dollar, was für eine Hollywoodproduktion vergleichsweise wenig ist und war.
Der bereits als Bodybuilder erfolgreiche Arnold Schwarzenegger stellt den Terminator T-800
bzw. T-10114 dar und wird mit diesem Film als Schauspieler berühmt. Die weibliche
Hauptrolle, Sarah Connor, spielt Linda Hamilton, Michael Biehn stellt Kyle Reese dar. Doch
letztere waren nicht so erfolgreich: "The Terminator spectacularly succeeded in making
Arnold Schwarzenegger a star. It spectacularly failed to make stars of the ostensible heroes of
the film, Michael Biehn and Linda Hamilton." (French 1996: 7) Bei dem relativ kleinem
Budget musste der Film mit wenigen Spezialeffekten auskommen. Der einzige teure
Spezialeffekt, der zum Einsatz kam, war Stan Winstons Modell des Metall-Skeletts des
Terminators, das am Ende des Films gezeigt wird. Allerdings ist der sparsame Einsatz von
Spezialeffekten auch ein Vorteil, denn "state-of-the-art computer graphics date so quickly"
(French 1996: 63) Besonders erfolgreich war der Film im Videoverleihmarkt, der Mitte der
80er Jahre gerade erst im Entstehen begriffen war. Trotz seines Erfolges hat der Film
teilweise den Flair eines B-Movies:
The absence of a major publicity campaign accompanying the release of The Terminator was
itself an advantage because there was no hype which critics and filmgoers felt impelled to
resist. Despite having been immediately acclaimed and having become a commercial success,
it has the air of a B-picture underdog, of a cult film. (French 1996: 62)
Es gab relativ wenig Werbung für den Spielfilm, was French als Vorteil bezeichnet, da kein
Hype dem Movie vorausging, der zu einem voreingenommenen Publikum geführt hätte.
Plot
That Terminator is out there. It can't be bargained with. It can't be reasoned with. It doesn't
feel pity, or remorse, or fear. And it absolutely will not stop, ever, until you are dead. (Kyle
Reese zu Sarah Connor in The Terminator)
Im Jahr 2029 gibt es einen Krieg zwischen Skynet, einem Computersystem, und den
Menschen. Der Führer des menschlichen Widerstandes ist John Connor. Um ihn zu
vernichten und den Krieg zu gewinnen, sendet Skynet einen Terminator in die Vergangenheit,
in das Jahr 1984 in Los Angeles. Dessen Auftrag ist es, die Mutter von John, Sarah Connor,
zu finden und zu töten, und zwar noch bevor John gezeugt wird. Auch John Connor sendet
jemanden in der Zeit zurück, Kyle Reese, um Sarah zu warnen und zur Seite zu stehen. Eine
Verfolgungsjagd beginnt, die erst mit der Vernichtung des Terminators durch Sarah endet.
Terminator 2 - Judgment Day (1991): Produktion und Plot
Der zweite Teil der Terminator Filme war in der Herstellung weit kostspieliger, das Budget
von ca. 100 Millionen US-Dollar beträgt mehr als das zehnfache des ersten Terminator-Films.
Bereits am Eröffnungswochenende wurde die Hälfte der Produktionskosten wieder
eingespielt. (IMDb 2002: http://us.imdb.com/Business?0103064) Terminator 2 - Judgment
Day war noch erfolgreicher als der erste Teil. Regie führte wieder James Cameron, diesmal
leitete er auch die Produktion, das Buch schrieb er mit William Wisher. Arnold
Schwarzenegger spielt das gleiche Terminator-Modell wie im ersten Teil. Linda Hamilton ist
wieder Sarah Connor, für die Rolle in Terminator 2 - Judgment Day hat sie sichtbar viel
trainiert und einiges an Muskeln aufgebaut. Der junge John Connor wird von Edward Furlong
dargestellt, Terminator 2 - Judgment Day ist sein Debüt als Schauspieler. Robert Patrick spielt
den T-1000, das neue Modell eines Terminators aus Flüssigmetall. Der große Erfolg des
Films wurde nicht zuletzt durch die Computeranimationen dieses neuen Terminators von
Industrial Light & Magic ausgelöst. Vor allem die zu Anfang der 90er Jahre neue Technik des
Morphens, die zuvor unbekannte Bilder produzierte, begeisterte das Publikum. Von
Terminator 2 - Judgment Day liegen unterschiedliche Versionen für verschiedene Länder vor,
die Spiellänge variiert hauptsächlich nach Länge und Ausführlichkeit der Gewaltszenen, nicht
zuletzt auch abhängig vom Distributionskanal (Film, TV, Video usw.). Diese Arbeit bezieht
sich auf den 152 Minuten langen Director's Cut des Films. Terminator 2 - Judgment Day ist
im Gegensatz zum ersten Teil voll mit zu Anfang der 90er Jahre innovativen, teuren
Spezialeffekten. Der Film beginnt wie der erste Teil im Jahre 2029 in Los Angeles. Schon in
dieser ersten Szene werden die verbesserten technischen Mittel des Films bezüglich Sound
und Spezialeffekten hör- und sichtbar. Beide Filme sind nach wie vor sehr beliebt, im
Ranking der besten Filme der Internet Movie Database sind beide Terminator-Filme unter den
ersten 200 zu finden. (IMDb 2002)
Plot
Zehn Jahre sind vergangen seit Sarah Connor von einem Terminator aus der Zukunft hätte
beseitigt werden sollen. Jetzt wird ihr Sohn, John Connor, von einem neueren Modell eines
Cyborgs bedroht. Dieser Terminator, der T-1000, besteht aus flüssigem Metall und wurde aus
dem Jahre 2029 von Skynet geschickt. Aber auch diesmal ist es dem menschlichen
Widerstand gelungen, eine Hilfe für John und Sarah in der Zeit zurückzuschicken, und zwar
ein älteres Modell eines Terminators, den T-101. Skynet ist ein Weltsicherheitscomputer, der
1997 zu einer eigenständigen künstlichen Intelligenz mit Bewusstsein mutiert. In Panik wird
versucht, diesen Rechner einfach abzuschalten. Skynet löst daraufhin einen Atomkrieg aus,
der die Menschheit vernichten soll (Judgment Day -Tag der Abrechnung)15. 1995 steht die
Welt zwei Jahre vor diesem Atomkrieg.
Grenze Mensch - Maschine
The film The Terminator presents one of the most familiar and frightening visions of cyborg
characterization. Arnold Schwarzenegger portrays a cyborg killing machine - a man-machine
hybrid from one possible post-nuclear war future in which machines, outraged by human
incompetence, set out to annihilate the remnants of humanity. Sent to earth in human flesh, he
deftly outfits himself with weapons and leathers. As his battle with humans wages on, his
flesh burns way, and he is reborn out of the flames as pure machine, pure technological will to
murder. The film works to represent the Terminator's transformation from remotely human to
fully machine. (Balsamo 2000: 150)
In den Terminatorfilmen werden Cyborgs als klar vom Menschen zu unterscheidende Wesen
dargestellt, auch wenn sie in der äußeren Form menschen-ähnlich sind. Träume, Wünsche und
Schmerzen gibt es für sie nicht, einzig die Verfolgung des programmierten Ziels, einerseits
die Beschützung und andererseits die Vernichtung von Menschen, bestimmt ihre Handlungen.
Die Grenze zwischen Mensch und Maschine bzw. Cyborg ist klar gezogen. Balsamo betont in
ihrem Zitat die Transformation von der ohnehin kaum menschlichen Erscheinung des
Terminators zur Maschine.
In The Terminator gibt es einen Cyborg, den Terminator T-101. Er ist eine Killermaschine
mit ruckelnden, maschinenähnlichen Bewegungen und einem massiven muskulösen
männlichen Körper. Immer wieder sind Bilder aus seiner Perspektive zu sehen, es wird klar,
dass dieses Wesen einen anderen Blick auf die Welt hat als die Menschen: "The Terminator's
otherness is already apparent because of the computerized images that represent its point of
view. This emphasizes the extent to which the Terminators do not 'see' as we do - where
'seeing' has both literal and metaphorical weight." (Holland 1995: 161) Später, wenn der
Terminator im ersten Teil bereits seine menschliche Erscheinung verloren hat und nur mehr
ein Metallskelett des Cyborgs nach einer Explosion übrig bleibt, sind die Point-of-View Shots
nicht mehr computerisierte Bilder. Das Publikum muss von seiner Andersheit nicht mehr
überzeugt werden. Samantha Holland sieht in der Darstellung des Terminators ein
kartesianisches Bild des Körper-Seele-Dualismus bestätigt, dem Terminator wird der
menschliche Status verweigert, es handelt sich um ein rein materielles Objekt ohne Identität:
"The Terminator is not endowed with the status of human precisely because it is a purely
>material(ist) object with no self-identity." (Holland 1995: 159) Der Terminator hat nicht den
Status eines Menschen. Balsamo geht davon aus, dass menschliche Züge bei den Cyborgs die
Differenz zwischen Mensch und Maschine zusätzlich stärken:
Signs of human-ness and, alternatively, signs of machine-ness function not only as markers of
the 'essences' of the dual natures of the hybrid, but also as signs of the inviolable opposition
between human and machine. This is to say that cyborgs embody human characteristics that
reinforce the difference between humans and machines. With The Terminator, his 'covering'
of human flesh which enables him to time travel, serves as his primary human characteristic.
(Balsamo 2000: 149)
Cyborgs sind zwar mit menschlichen Charakteristiken ausgestattet, aber wie es am Beispiel
des Terminators T-101 sichtbar wird, dessen Menschlichkeit primär aus seiner menschlichen
Haut besteht, betonen diese menschlichen Züge vielmehr den Unterschied zwischen Mensch
und Maschine als dass sie die Grenzen verwischen. Es wird klar, dass menschliches Aussehen
und Handeln noch lange nicht ausreichen, um ein Mensch zu sein.
In Terminator 2 gibt es zwei Cyborgs, einerseits den neueren T-1000 aus Flüssigmetall,
andererseits den T-101 des ersten Teils, diesmal allerdings mit der Mission, Sarah und John
Connor zur Seite zu stehen. Der T-1000 kann verschiedenste Formen annehmen, seine
bevorzugte ist die eines freundlichen Polizisten, wodurch er sich sehr gut in L.A. bewegen
kann. Menschen fassen schnell Vertrauen zu ihm und es ist ihm ohne Probleme möglich, auf
Polizeidaten zuzugreifen. Er nimmt allerdings auch andere menschliche und auch nichtmenschliche Formen an. Die Pflegemutter von John, Sarah, ein Wärter im Irrenhaus, sie alle
werden vom T-1000 imitiert. Es gibt keine Genderfixierung für ihn, nicht zuletzt deshalb wird
ihm auch keinerlei humaner Status zugeschrieben. Der T-101 des zweiten Teils wird diesmal
etwas menschlicher dargestellt. Zum einen wird er zum Beschützer von John und Sarah und
damit der Menschen, zum anderen hat er die neue Fähigkeit des Lernens. Obwohl er nun
lernen kann, verlässt er sich doch strikt auf seine Programmierung, wodurch von einem
kartesianischen Selbst mit autonomer Identität nicht gesprochen werden kann. Der T-101
versteht beispielsweise nicht, warum er Menschen nicht töten soll, gehorcht aber trotzdem:
"Significantly, it never really understands why John Connor will not let it kill human beings,
although it obeys his orders and refrains from so doing." (Holland 1995: 159) Wenig
überraschend, denn ein kartesianisches Selbst bzw. eine Seele kann nicht erworben werden.
Ein weiteres Zeichen seiner Maschinenhaftigkeit ist sein fehlendes Schmerzempfinden. Der
Terminator kann zwar Schmerzen wahrnehmen, aber er fühlt sie nicht, wie er John in einer
Szene erklärt: "I sense injuries. The data could be called pain." und später: "I know now why
you cry, but it is something that I can never do." (Holland 1995: 163, Willis 1997: 123) Bilder
des Shutdowns des Systems des T-101 aus seiner Sicht am Ende von Terminator 2 lassen
letzte Zweifel über seinen Maschinen-Status in der sentimentalen Szene, in der Sarah den
Terminator in Flüssigmetall versenkt, schwinden. Obwohl er sich in dieser Szene für die
Menschheit opfert, da durch seine Vernichtung der zukünftige Atomkrieg verhindert werden
kann, wird am Ende durch diese Shutdown-Szene klar, dass es sich trotz vieler menschlicher
Züge bei dem Wesen um eine Maschine handelt. Holland kommt in ihrer Untersuchung
verschiedenster Cyborgfilme zu dem Schluss, dass nur Cyborgs, die in der Narration mit
einem 'Selbst' ausgestattet sind, Träume oder Flashbacks haben. Die Terminatoren haben
keinerlei Visionen dieser Art, auch dieser Mangel markiert sie als von den Menschen
verschieden. (Holland 1995: 161) Die Terminatoren haben weder Geist noch Seele und
können beides auch nicht erwerben. Die Terminator-Filme zeigen auf, dass das Menschsein
nicht nur eine Sache der Erscheinung ist. Cyborgs in anderen Filmen wie etwa RoboCop, wo
das Gehirn eines ehemaligen Menschen das Zentrum des Cyborgs bildet, stellen sich als weit
menschlicher dar. Das Vorhandensein zumindest eines biologischen Teils eines Menschen, in
diesem Falle des Gehirns, wird zum Unterscheidungsmerkmal. (Holland 1995: 160)
Technik in den Terminator-Filmen
Technik wird in Science-Fiction-Filmen meist entweder problematisiert oder gefeiert.
Samantha Holland entdeckt besonders zwei Ängste bezüglich Technik im Cyborgfilm: die
Angst, durch Maschinen ersetzt zu werden und die Angst, dass Menschen zu Maschinen
werden. (Holland 1995: 160) Die Terminator-Filme beschäftigen sich mit beiden Ängsten,
doch besonders mit der Angst, dass die künstliche Intelligenz Skynet die Menschheit
ausrotten könnte. Springer meint, dass die Intelligenz der Maschinen der Zukunft zwar als
Bedrohung identifiziert wird, sichtbar wird diese allerdings durch physische Kraft.16 Kyle
Reese erklärt zwar, dass die Bedrohung in der Zukunft von der künstlichen Intelligenz Skynet
ausgehen werde, manifest wird diese Bedrohung jedoch in der Figur des Terminators, der sich
auf Gewalt verlässt und weniger auf Intelligenz. Metaphern der industriellen Vergangenheit
werden herangezogen, um das neue elektronische Zeitalter filmisch zu beschreiben: "Cyborg
films exist within our culture's larger discursive conflict over gendered metaphors for
technology. The films sometimes betray signs of confusion when they try to depict a new
electronic age using imagery from the industrial past." (Springer 1996: 106) Sowohl in den
Terminator-Filmen als auch in Blade Runner wird Technik nicht mit blitzblanken sauberen
Oberflächen wie in Raumschiff Enterprise (Star Trek) gezeigt, sondern schmutzig, ver- oder
gebraucht. The Terminator zeigt die Angst vor der Verschwörung von Technik gegen die
Menschen und ist eher technikfeindlich angelegt. Das Verteidigungssystem Skynet entwickelt
ein Bewusstsein und beginnt in Selbstverteidigung einen Atomkrieg gegen die Menschheit.
Der Terminator selbst ist eine Technik, die sich gegen die Menschen richtet. Auch in
Alltagssituationen erweist sich Technik als unzuverlässig: "In smaller ways, throughout the
film, we see that our machines never seem to work as they should. Phones are broken, and
even when Sarah Connor gets through to the police she is put on hold." (French 1996: 48) Der
Anrufbeantworter gibt dem Terminator den Aufenthaltsort von Sarah preis, der Walkman von
Ginger, der Mitbewohnerin Sarahs, verhindert, dass sie den Kampf ihres Freundes mit dem
Terminator hört. Aufgrund dieser Szenarien sieht Goldberg in einem Artikel über Arnold
Schwarzenegger, dass The Terminator ein Anti-Technik Film wäre. (Goldberg 1995: 239)
Allerdings gibt es Technik, die den Menschen bereits im ersten Film eine Hilfe ist: Waffen,
Autos, die Hydraulikpresse am Ende des Films, mit deren Hilfe Sarah den Terminator
zerstört. Skynet wird zudem erst gegen Menschen aktiv, nachdem die künstliche Intelligenz
von Menschen angegriffen wird. Auch Constance Penley sieht den Film nicht so
technikfeindlich wie Goldberg oder French. Maschinen geben dem Film Textur und Substanz,
sie werden nicht zerstörerisch gezeigt, weil sie böse Absichten haben, sondern weil sie kaputt
gehen können oder auch falsch benutzt werden:
Machines provide the texture and substance of this film: cars, trucks, motorcycles, radios,
TVs, time clocks, phones, answering machines, beepers, hair dryers, Sony Walkmen,
automated factory equipment. The defence network computer of the future which decided our
fate in a microsecond had its humble origins here, in the rather more innocuous technology of
the film's present. Today's machines are not, however, shown to be agents of destruction
because they are themselves evil, but because they can break down, or because they can be
used (often innocently) in ways they were not intended to be used. (Penley 1990: 117)
Kyle Reeses Fähigkeiten beruhen auf seinem technischen Geschick im Umgang mit Autos,
Waffen und selbstgebastelten Bomben, Fähigkeiten, die sich auch Sarah Connor im Laufe des
Films aneignet. Die Maschinen in der Fabrik in der Schlussszene können den Terminator
ablenken. Der Film zeigt laut Penley die partielle und zwiespältige Verschmelzung von
Technik und Menschen: "While the film addresses an ultimate battle between humans and
machines, it nonetheless accepts the impossibility of clearly distinguishing between them."
(Penley 1990: 118)
In Terminator 2 wird Technik je nach Gebrauch gut oder böse dargestellt und versagt nicht
mehr so oft wie im ersten Teil. Ein Terminator fungiert als Helfer, der andere als Killer. In
Terminator 2 kommt es zu vermehrter Akzeptanz von Technik und zur teilweisen
Vermenschlichung des T-101. Technik ist hier sowohl Bedrohung als auch Hoffnung. Daraus
könnte geschlossen werden, dass in den 90er Jahren Technik weit weniger bedrohlich gesehen
wurde als noch in den 80er Jahren, der Entstehungszeit des ersten Teils.
Der T-101: Schwarzenegger, Bodybuilding & Gender
Der Terminator T-101 steht im Zentrum der Narration der zwei Terminator-Filme. Es handelt
sich um einen Cyborg, der in einer sehr männlichen Form auftritt. Verkörpert wird er von
Arnold Schwarzenegger, einer der berühmtesten Figuren im Bodybuilding der 80er Jahre,
doch auch heute noch findet sich sein Bild immer wieder auf den Titelseiten von
Bodybuilding-Zeitschriften. In Terminator verfolgt der T-101 Sarah Connor, um die Geburt
ihres Sohnes, einer Schlüsselfigur des erfolgreichen menschlichen Widerstands gegen die
Maschinenherrschaft der Zukunft, zu verhindern. Der Cyborg tritt in einer sehr brutalen Form
auf, Muskeln und Kraft sind intellektuellen Fähigkeiten überlegen, Körperlichkeit steht im
Vordergrund. In Terminator 2 - Judgment Day ist der T-101 in einer konträren Rolle zu
finden, der des Beschützers von Sarah Connor und ihres Sohnes John.
Arnold Schwarzenegger
Arnold Schwarzenegger hätte im ersten Terminator-Film die Rolle von Kyle Reese
übernehmen sollen, doch er wollte unbedingt den bösen Cyborg spielen. Gale Ann Hurd und
James Cameron entschieden sich schlussendlich dazu, den Bodybuilder den Terminator T-101
spielen zu lassen, eine Schlüsselentscheidung für den Erfolg des Films. French bezeichnet
The Terminator als Schwarzenegger-Film: "And of course The Terminator is inescapably a
Schwarzenegger picture, the Schwarzenegger picture, the film more than any other that turned
him both into a cult and into a major international star." (French 1996: 30) Bei den World
Stunt Awards 2001, der ersten Preisverleihung dieser Art, wurde Arnold Schwarzenegger mit
dem Ehrenpreis für den besten Action-Schauspieler ausgezeichnet, übergeben vom
Terminator-Regisseur James Cameron. Wie sehr Schwarzeneggers Karriere von den
Terminator-Filmen beeinflusst wurde, wird nicht zuletzt daran bemerkbar, dass bei der
Preisverleihung die bekannten Terminator-Sounds gespielt werden, und er die berühmte Zeile
aus dem Film - 'Hasta la vista, baby' - wieder mal zum besten gibt. (World Stunt Awards
2001) Schwarzenegger war im Jahre 1984 bereits 36 und seine Karriere hatte schon
verschiedene Phasen durchgemacht, in der Bodybuilding-Welt war er ein Star und hatte einige
der wichtigsten Titel der Szene mehrmals gewonnen. Deshalb ist es wenig überraschend, dass
sein Starimage vorrangig über seinen Körper definiert wurde. Seither spielte er in unzähligen
Spielfilmen mit und produzierte auch zwei Filme, trotzdem bleibt seine Person in der
Öffentlichkeit mit der Rolle des Terminators unweigerlich verbunden. (Silva 1991: 28 - 45,
Tasker 1993: 82)
Arnold Schwarzeneggers schauspielerische Leistungen in The Terminator wurden als sehr
dürftig betrachtet, doch um diese Maschine darzustellen waren sie laut Sean French optimal,
auch den österreichischen Akzent in seinem Englisch, ein Markenzeichen des Schauspielers,
bezeichnet French als besonders passend: "Cameron saw in this apparently absurd, overblown
figure a poise and stillness that made apparent disqualifications, such as his accent and his
inability to act, irrelevant." French betont seinen Ausländerstatus weiter, in dem er die
Unaussprechlichkeit seines Namens betont: "Arnold Schwarzenegger became the most
famous star in the world, keeping a name that many of his fans couldn't spell or even
pronounce." (French 1996: 34) Doch gerade sein mangelhaftes Schauspiel bietet dem
Publikum laut French eine gute Projektionsfläche: nichts sei so potent auf der riesigen
Bildfläche des Kinos wie eine blanke Oberfläche, auf welche das Publikum beliebig Fantasien
projizieren könne. Diese breit gestreuten Projektionsmöglichkeiten betont auch Mizejewski in
ihrem Artikel über Bodybuilder als Spezialeffekt, Arnold Schwarzenegger wird sowohl von
filmtheoretischer als auch von kulturkritischer Seite auf sehr unterschiedliche Art und Weise
interpretiert:
Given his real-life Republicanism and godlike poses in popular iconographies,
Schwarzenegger has been identified by cinema scholars and cultural critics as embodying
meanings ranging from nationalism to fascism, and from hypermasculinity to failed paternity
and queer eroticism. (Mizejewski 1999: 152)
Der T-101: Muskeln statt Software
French hat die Anzahl der Worte und Morde in The Terminator gezählt und kommt auf 74
Worte (Stimmimitationen, wie etwa beim Telefongespräch als Sarahs Mutter, nicht
eingerechnet) und 27 Morde, ein Schnitt also von ca. 2,5 Worten pro Mord. Die brutale Rolle
des T-101 wird anhand dieser Kennzahl sichtbar. (French 1996: 36 - 41) Ganz im Gegensatz
zu den Software-Cyborgs von Hans Moravec 17, die auf einen Körper verzichten können,
wird in Mainstream-Filmen Körperlichkeit noch betont. Aggressive Cyborgs sind die Regel:
Whereas the software-interfaced cyborg envisioned by scientist Hans Moravec would make
the human body obsolete once human consciousness has been downloaded onto computer
software, the mainstream films represent cyborgs as aggressive, bulging bodies. The cyborg's
physical prowess is heightened, not abandoned, and its strength is physical, not cerebral. What
these cyborgs do best is kill. (Springer 1996: 96)
Die besondere Begabung der Cyborgs liegt nicht im Bereich außergewöhnlicher Intelligenz,
körperliche Überlegenheit ist eines der Hauptmerkmale von künstlichen Wesen im
Mainstream-Film. Der T-101 stellt den Cyborg dar, den Springer allgemein in der Popkultur
findet. Obwohl elektronische Komponenten den Hauptbestandteil der Wesen ausmachen, wird
Körperlichkeit in den Repräsentationen der Cyborgs hervorgehoben. (Springer 1996: 51)
Auch Tasker beobachtet die Fokussierung auf den menschlichen Körper im Cyborgfilm:
"When all else fails, the body of the hero, and not his voice, or his capacity to make a rational
argument, is the place of last resort." (Tasker 1993: 151) Der Körper wird als verlässlichster
Bestandteil des Helden vorgestellt, während andere Elemente, wie etwa die Fähigkeit
vernünftig zu argumentieren, oft versagen. Claudia Springer führt diese Art von brutalen
Cyborgs, wie etwa der T-101 einer ist, auf Ängste vor elektronischer Technik zurück, Ängste,
die auch schon in älteren Filmen wie etwa Metropolis (1927) Thema waren18:
To some extent the phenomenon of the rampaging filmic cyborg suggests a residual fear of
technology that found similar expression in older films like Metropolis. Electronic
technology's incredible capabilities certainly can evoke fear and awe, which can be translated
in fictional representation into massive bodies that overpower human characters. (Springer
1996: 99)
Das unglaubliche Potenzial von elektronischer Technik wird in Repräsentationen als für
menschliche Gegenspieler unbesiegbare Körper gezeigt. Diese mächtigen Körper werden im
Film oft von Bodybuildern dargestellt.
Bodybuilding und Männlichkeit als Spezialeffekt
Die Geschichte von Athleten und Bodybuildern im Film geht mindestens bis zu den TarzanFilmen mit Johnny Weissmüller in der Hauptrolle zurück, die in den 30er und 40er Jahren in
Hollywood produziert wurden. Diese Low-Budget-Produktionen wurden von der Filmkritik
kaum beachtet und ihre Werbebudgets waren gering. Bereits bei diesen Filmen war neben
Action die Zurschaustellung des männlichen Körpers zentral: "Indeed it is the emphasis on
action in these films which both legitimates, through the affirmation of the active
understanding of masculinity, and provides a narrative justification for such physical display."
(Tasker 1993: 2) Der halbnackte männliche Körper wird zum passiven Schauobjekt, die
actionreiche Handlung des Films stellt allerdings die herkömmliche Verbindung vom Mann
zur Aktivität wieder her, und die Erzählstrukturen des Action-Kinos bieten Erklärungen für
diese Zurschaustellung. Der T-101 wird nackt am Boden kauernd eingeführt, ästhetisch wie
eine Fotografie von Robert Mapplethorpe, bereits die ersten Bilder von ihm zeigen seinen
muskulösen männlichen Körper. Erklärt wird dies mit der Funktionsweise der Zeitmaschine,
die nur menschliches Gewebe in der Zeit zurück transportieren kann. Kleider und Waffen
können deshalb nicht mitgeschickt werden, womit die Erklärung für die Nacktheit des
Protagonisten gegeben wäre. Yvonne Tasker beschäftigt sich in ihrem Buch 'Spectacular
Bodies' eingehend mit dem Action Kino und Gender (Tasker 1993). Sie sieht den Helden des
Action-Kinos mit seiner physischen Kraft und seinem guten Aussehen als einen
Schlüsselaspekt des allgemeinen visuellen Spektakels dieses Genres. Erst das exzessive
kinematische Umfeld der pompösen Sounds und Spezialeffekte liefert einen Kontext, der das
Zurschaustellen des weißen männlichen Körpers erlaubt. Der Action-Film ist einer der
privilegierten Plätze, an denen der männliche Körper sichtbar wird:
Within the action cinema the figure of the star as hero, larger than life in his physical abilities
and pin-up good looks, operates as a key aspect of the more general visual excess that this
particular form of Hollywood production offers to its audience. Along with the visual
pyrotechnics, the military array of weaponry and hardware, the arch-villains and the
staggering obstacles the hero must overcome, the overblown budgets, the expansive
landscapes against which the drama is acted out and the equally expansive soundtracks, is the
body of the star as hero, characteristically functioning as spectacle. Indeed it is this explosive
and excessive cinematic context that provides a setting for, even allows, the display of the
white male body. (Tasker 1993: 76)
Mizejewski geht noch einen Schritt weiter. Sie geht davon aus, dass Bodybuilder selbst einen
weiteren Spezialeffekt im Science-Fiction-Kino darstellen. Sowohl der Science-Fiction-Film
als auch Bodybuilding visualisiert Unmögliches und Unnatürliches. Durch Filmtechniken, wie
beispielsweise Stunts, wird die Stärke der durchtrainierten Körper noch zusätzlich betont. Der
Bodybuilding-Star ist sowohl natürlich als auch unnatürlich, sowohl biologisch als auch
konstruiert. Der muskulöse Körper von Schwarzenegger verkörpert einerseits Natur,
andererseits Techniken des Kinos und des Bodybuildings. Die Grenzen zwischen Technik und
Körper und zwischen Natürlichem und Künstlichem verschwimmen: "The contended
boundaries between technology and the body, nature and artifice - the oldest themes of
science fiction - are thus repositioned through the ambiguous status of the bodybuilder star,
who is both natural and unnatural, biological and constructed." (Mizejewski 1999: 153 - 154).
Diese Destabilisation des Natur-Technik-Dualismus beim Bodybuilding tritt als verstärkender
Faktor einer Tendenz auf, die im Science-Fiction-Genre ohnehin weit verbreitet ist.
(Mizejewski 1999: 170). Bei ihrer Untersuchung einiger Action-Filme mit Arnold
Schwarzenegger, unter anderem The Terminator, findet Mizejewski Männlichkeit selbst in
Frage gestellt, Männlichkeit erscheint als nicht mehr als ein Spezialeffekt. (Mizejewski 1999:
154) Auch Yvonne Tasker sieht im Bodybuilder eine Figur, die Grenzziehungen zwischen
Passivität und Aktivität, Weiblichkeit und Männlichkeit problematisiert. Die Instabilität der
Kategorien wird sichtbar, Qualitäten werden vereint, die mit Weiblichkeit bzw. Männlichkeit
assoziiert werden:
The combination of passivity and activity in the figure of the bodybuilder as action star, is
central to the articulation of gendered identity in the films in which they appear. It also
represents one of the distinctive qualities of these films. This combination allows us to
problematise any clear set of critical distinctions between passivity, feminity and women on
the one hand and activity, masculinity and men on the other. (Tasker 1993: 77)
Das Auftreten von Bodybuildern wie Sylvester Stallone oder Arnold Schwarzenegger in
Filmen der 80er Jahre, wobei sich Männlichkeit auf eine vorher noch nie dagewesene Art und
Weise im Film präsentiert, wurde andererseits zum Teil auch als Backlash nach dem
Feminismus der 70er Jahre gewertet, und somit als Hinweis auf eine neue konservative Welle.
Der muskulöse Held tritt in Opposition zum neuen Mann der 80er Jahre und allen
feministischen Errungenschaften dieser Figur. (Tasker 1993: 1) Die Meinungen in Bezug auf
Bodybuilding gehen in beide Richtungen - die einen meinen, Bodybuilding zeige die
männliche Dominanz, andere gehen davon aus, dass Bodybuilding das Männlichkeitsbild
instabil werden lasse: "If, for some, the figure of the bodybuilder signals an assertion of male
dominance, an eroticising of the powerful male body, for other critics it seems to signal an
hysterical and unstable image of manhood." (Tasker 1993: 80) Die Industrie, die
Bodybuilding umgibt, spielt auf männliche Unsicherheiten an, analog zu der Art und Weise,
in der sich die Schönheitsbranche vorwiegend an Frauen wendet. Die Beschäftigung mit
ihrem Aussehen macht Bodybuilder zu 'unechten' Männern und sie werden oft mit
Homosexualität in Verbindung gebracht. Stars wie Schwarzenegger karikieren kulturelle
Erwartungen an den männlichen Körper, das doing-gender19, das Spielen der Männlichkeit,
wird offensichtlich: "Thus critics have seen stars like Stallone and Schwarzenegger as
'performing the masculine', drawing attention to masculinity and the male body by acting out
an excessive caricature of cultural expectations." (Tasker 1993: 78) Während Bodybuilding
für Männer als unmännlich gilt, werden Bodybuilderinnen im Gegensatz dazu als
vermännlicht bezeichnet. Für beide Geschlechter wurde die Beschäftigung als pervers
charakterisiert, sowohl die Tätigkeit des Trainierens vor dem Spiegel als auch die Ergebnisse,
die muskulösen Körper, überschreiten angeblich normales Verhalten der Geschlechter.
(Tasker 1993: 78) Linda Hamilton hat für ihre Rolle im Terminator 2 - Judgment Day sehr
viel trainiert, wodurch sie zwar nicht einer Bodybuilderin glich, aber doch muskulöser gezeigt
wurde als zuvor. Mit ein Grund für einige KritikerInnen des Films, die binärem Denken sehr
verhaftet sind, sie nicht als Frau zu sehen, sondern als vermännlichte Frau.
(Homo-)Sexualität als Bedrohung
Das Thema Männlichkeit im Film wurde 1983 von Steve Neale20 zum ersten Mal behandelt.
Er kommt in seinen Untersuchungen zu dem Ergebnis, dass der Blick aus dem Publikum auf
den Mainstream-Film implizit als ein männlicher konstruiert wird. Erotisches im
Zusammenhang mit männlichen Bildern ist in diesem Kontext insofern problematisch, als
damit homosexuelle Gefühle im männlichen Betrachter aufkommen könnten, was eine
massive Bedrohung für traditionelle Männlichkeit darstellt. (Neale 1983: 19) Springer bezieht
sich in ihrer Untersuchung der Film-Cyborgs auf Neales These, dass Gewalt die Darstellung
männlicher Sexualität im Film ersetzt, hervorgerufen durch das kulturelle Tabu des
homoerotischen Blicks und Homophobie. Nahaufnahmen etwa, die den männlichen Körper
auf der Leinwand entlangzoomen, fördern eine homoerotische Reaktion des männlichen
Zusehers. Homophobie hat einen starken Einfluss auf kinematische Techniken, das Spektakel
des passiven und begehrenswerten männlichen Körpers wird typischerweise durch eine
Narration unterwandert, die den Körper entweder als Gewaltanwender oder Opfer von Gewalt
darstellt, wodurch die Kameraführung, die den Körper zum Objekt werden lässt,
gerechtfertigt wird. Die betonte Körperlichkeit der kinematischen Cyborgs kulminiert nicht in
Sexuellem sondern in Gewalt. (Springer 1996: 99) Auch der T-101, der nackt eingeführt wird,
tritt als extrem brutaler Cyborg in The Terminatorauf. Samantha Holland findet ebenfalls
Neales Theorien in den Cyborgfilmen bestätigt. Durch eine Verbindung zu Gewalt wird
verhindert, dass der männliche Körper als passives Schauobjekt zum sexuellen Lustobjekt
wird:
The representation of cyborg (and other) males in the cyborg film clearly fits with Steve
Neale's theory that violence displaces male sexuality (in our homophobic culture) by
undermining any notion of the male body as passive spectacle through narrative intervention
which justifies the camera's objectifying gaze by making him the object or perpetrator of
violent action. (Holland 1995: 165)
Claudia Springer setzt asexuelle Cyborgs wie den Terminator T-101 in eine Tradition der
Comic-Book-Superheros, wo ebenfalls Sex durch Gewalt ersetzt wird. Ihre erotische
Anziehungskraft beruht hauptsächlich auf der Macht, die sie repräsentieren, auch sie werden
trotz einer Betonung des Körperlichen, wie beispielsweise durch sehr enge elastische Anzüge
eines Superman oder Batman, weniger in erotischen Szenen als in Gewaltszenen gezeigt:
Significantly, muscle-bound cyborgs in films are informed by a tradition of muscular comicbook superheroes, and like these superheroes, their erotic appeal is in the promise of power
they embody. Their heightened physicality culminates not in sexual climax but in acts of
violence. Violence substitutes for sexual release. (Springer 1996: 99)
Cyborgs wie der T-101 bleiben asexuell, obwohl sie extrem geschlechtskodierte Körper
besitzen. Der Terminator T-101 ist zwar ein hypermaskulines Wesen, sexuelles Begehren
kennt er allerdings nicht, so wie er überhaupt keine Art von Begehren kennt. Der Regisseur
des Films, James Cameron, ist sich der asexuellen Wirkung des T-101 bewusst:
Orion's initial thought was that the poster of Arnold with his chest bared would make women
want to come and see the movie. But I don't think anybody sees him in a sexual way in the
film. They see him almost from the beginning as this implacable, sexless, emotionless
machine - in the form of a man, which is scary, because he's a perfect male figure. (James
Cameron in einem Interview 1985, aus Aurich 2000: 55)
Claudia Springer bezieht sich in ihren Untersuchungen des Cyborgfilms auf Klaus Theweleit
und zieht Vergleiche zwischen den faschistischen Soldaten, die er in seinem zweibändigen
Werk "Männerfantasien" (1977/78) untersuchte, und Cyborgdarstellungen in der Art eines
Terminators T-101. Die faschistischen Soldaten, die Theweleit analysiert, töten zum einen,
um die befürchtete Auflösung ihres Selbst zu externalisieren, zum anderen verachten sie
nichts mehr als Frauen. Auf diese werden unklare, flüssige Ego-Grenzen und die Versuchung
der sexuellen Vereinigung projiziert, welche ebenfalls mit verwischten Grenzen in
Zusammenhang gebracht wird. "Theweleit argues that the protofascist fantasy of armored
invincibility signifies a desire to ward off external threats of ego absorption and,
simultaneously, ego dissolution from within." (Springer 1996: 111) Die Soldaten rüsten sich
laut Theweleit selbst mit hartem Leder und Waffen aus, um gegen die Bedrohung durch
Frauen gerüstet zu sein und ihr eigenes fragiles Selbstverständnis aufzupolieren. Faschistische
Körperbilder tauchen immer wieder auf, oft auch versteckt. Auch ein Teil der
Cyborgdarstellungen geht in diese Richtung: "For the Freikorps soldiers, invincibility was an
unrealizable fantasy. Cyborgs like the Terminator and RoboCop realize the Freikorps fantasy
in the realm of representation, making possible in fiction what can be only fantasized in fact."
(Springer 1996: 109) Sexualität wird vom faschistischen Soldaten aber nicht nur ob des
eventuellen Verlusts der persönlichen Grenzen gefürchtet, schreibt Theweleit, sondern auch,
da Sexualität in Verbindung mit der Schaffung von Leben steht. Der Soldat allerdings ist
damit beschäftigt, alles Leben zu zerstören, bevor es ihn zerstört. (Springer 1996: 118) Auch
der Terminator T-101 wurde zurückgeschickt, um die Geburt von John Connor zu verhindern.
Im Terminator 2 - Judgment Day tritt der T-101 allerdings in einer konträren Rolle auf.
Verwandlung vom Killer zur Vaterfigur
Watching John with the machine, it was suddenly so clear. The Terminator would never stop,
it would never leave him and it would never hurt him, never shout at him or get drunk and hit
him or say it was too busy to spend time with him, he would always be there. And it would
die to protect him. Of all the would-be fathers that came and went over the years, this thing,
this machine was the only one who measured up. In an insane world, it was the sanest choice.
(Monolog von Sarah über den T-101 in Terminator 2 - Judgment Day)
Der T-101 tritt in Terminator 2 - Judgment Day zwar wieder in der gleichen hypermaskulinen
Rolle auf, diesmal allerdings nicht als Killer wie im ersten Teil, sondern als Helfer für John
und Sarah Connor. Was im ersten Film die größte Bedrohung des Terminators ausgemacht
hat, sein unbeirrbarer Antrieb zu terminieren, wird hier neu als Vertrauen und Zuverlässigkeit
bezeichnet, weshalb der T-101 zum bestmöglichen Vater wird. So wie er im ersten Teil nie
aufhören würde, Sarah zu verfolgen, so wird er plötzlich zur zuverlässigen Vaterfigur, wie in
obigem Monolog von Sarah klar wird. Willis sieht im ersten Teil die Kleinfamilie bedroht,
während diese im zweiten Film gefeiert wird: "Moreover, the previous terminator's
lawlessness distinctly targeted the middle-class world of nuclear families, a world that T2
seems intent on celebrating. " (Willis 1997: 117) Sarah Connor bildet mit dem Terminator
eine relativ funktionelle Familieneinheit. Einerseits wird hier die Kleinfamilie als Einheit
gezeigt, die ein heterosexuelles Paar beinhalten muss, allerdings mit einer Betonung des
Wortes "choice", es gibt also eine Wahlmöglichkeit, womit auch die Verbindung von
Biologie, Vaterschaft und Männlichkeit unterwandert wird. (Willis 1997: 119, Pyle 1993:
240)
Susan Jeffords untersucht in ihrem Artikel "Can Masculinity be Terminated?"
Männlichkeitsdarstellungen der 80er und 90er Jahre. In den 80er Jahren wurde der
(hauptsächlich weiße) männliche Körper immer öfter in den Mittelpunkt gestellt: "Throughout
this period, the male body - principally the white male body - became increasingly a vehicle
of display - of musculature, of beauty, of physical feats, and of a gritty toughness." (Jeffords
1993a: 245) In den 90er Jahren hingegen werden Männer laut Jeffords nicht so sehr auf eine
Oberfläche reduziert, interne Vorgänge werden problematisiert, ethische Dilemmas,
emotionale Traumas und psychologische Ziele stehen im Vordergrund. Im Gegensatz dazu
stehen die Darstellungen der 80er Jahre von Geschick im Umgang mit Waffen, athletischen
Fähigkeiten oder Kämpfen generell. Jeffords sieht die Ursache für die Darstellungen der 80er
Jahre in der zunehmenden Bekämpfung von männlichen Formen der Macht dieser Zeit,
besonders hervorgehobene Männlichkeit soll den männlichen Körper bzw. männliches
Territorium verteidigen. Auch Jeffords weist auf die neuen Qualitäten des T-101 im zweiten
Terminator-Film hin: "This father doesn't teach John about weaponry or survival skills, and
doesn't freak out, like the others did, about John's role in the future. And unlike Sarah, it will
always stay with him." (Jeffords 1993a: 252) Von Anfang an ist der neue T-101 im zweiten
Teil vom Killer zum Beschützer geworden. Er tötet keine Menschen mehr, er verletzt sie
maximal, auch schon bevor John ihm das Versprechen abnimmt, keine Menschen mehr zu
töten. Der Terminator nimmt im zweiten Terminator-Film eine konträre Rolle zum ersten
Film ein, French verortet diese Unterschiede in der politischen Landschaft der USA: "After
the terminator of the Reagan years, this is evidently the kinder, gentler Schwarzenegger of the
Bush administration." (French 1996: 64) Zum Vergleich die Einführung des T-101 in den
beiden Filmen: Im ersten Teil mordet er noch brutal einen Punk, um zu Kleidern zu kommen.
Im zweiten Teil geht er in eine Country Bar und in einer komödiantischen Szene begleitet
vom Song "Bad to the bone" (George Thorogood) holt er sich mit Gewalt die Kleidung eines
Bikers. Tote gibt es diesmal keine, nur eine Schlägerei wie sie im sozialen Umfeld dieser Bar
üblich zu sein scheint. (Dery 1996: 265) Die Rolle von Arnold Schwarzenegger wurde vom
ersten zum zweiten Teil von The Terminator signifikant verändert, vom Bösewicht zum
Helden, zum einen durch eine parodistische Selbstbezüglichkeit im Film, zum anderen durch
eine graduelle Vermenschlichung seines Charakters. Nicht zuletzt seine freundschaftliche
Beziehung zu John und seine Bezeichnung als idealer Vater durch Sarah tragen dazu bei. Und
selbst wenn er stirbt, passiert dies nur, um das Überleben seiner neuen Familie, Sarah und
John Connor, zu retten: "In these films, families provide both the motivation for and the
resolution of changing masculine heroism." (Jeffords 1993b: 200) Er tritt als Beschützer
gegen den T-1000 auf. Der T-1000 kann seine Form beliebig verändern, eine
furchteinflößende Flüssigkeit. Der neue Terminator T-1000 verkörpert einen Mangel an
körperlicher Definition, die für Bodybuilding so wichtig ist: "Within the film
Schwarzenegger's muscular solidity is played off against both the unstable qualities of the
T1000 and the rather iconographically unstable figure of Linda Hamilton as Sarah Connor."
(Tasker 1993: 83)
Sarah Connor
Sarah Connor ist neben dem Terminator T-101 die zweite Hauptfigur, die sowohl in The
Terminator als auch in Terminator 2 - Judgment Day eine zentrale Stelle einnimmt. Auch ihre
Rolle verändert sich von dem Film der 80er Jahre zum Film der 90er Jahre, allerdings nicht
auf eine so radikale und überraschende Art und Weise wie die des T-101. Ihre Entwicklung
von der unscheinbaren Kellnerin zur heldenhaften Kämpferin wird bereits in The Terminator
vorgezeigt.
Sarah Connor wird in beiden Filmen von Linda Hamilton verkörpert. Hamiltons Person ist
ebenfalls nach wie vor mit der Rolle der Heldin Sarah Connor, vor allem der vielbeachteten
Sarah des Terminator 2 - Judgment Day, verbunden. Vor dem zweiten Terminator-Film war
sie aus ihrer Rolle in Beauty and the Beast (1987) sehr bekannt, eine TV-Serie, die auch im
österreichischen Fernsehen lief. Nach 1991 wurden ihr hauptsächlich Rollen angeboten, die
der Actionheldin Sarah Connor ähneln, doch Hamilton möchte sich ein breiteres
schauspielerisches Repertoire sichern, weshalb sie im in Planung befindlichen Terminator 3:
The Rise of the Machines im Gegensatz zu Arnold Schwarzenegger nicht mehr mitspielen
will. (IMDb 2002)
Sarah Connors Entwicklung zur Heldin
Sarah macht in The Terminator verschiedene Stufen der Entwicklung durch. Erst ist sie noch
eine unscheinbare, bescheidene Teilzeit-Kellnerin und Studentin. Als sie später von Kyle
Reese erfährt, dass sie eine Legende der Rebellen der Zukunft werden soll, meint sie nur, dass
sie nicht mal mit dem Scheckbuch umgehen könne. Trotzdem betont Telotte Sarahs
Unabhängigkeit, die bereits im ersten Film sichtbar wird, wenn auch nicht so offensichtlich
wie im zweiten Teil:
She [Anm. Sarah] wears jeans, tennis shoes, t-shirts, rides a motorbike, and shows an
independent, at times aggressive, attitude. Thus she wittily terms the Big Boy statue at her
restaurant 'Big Buns'; plays jokes on callers with her answering machine; and when her
boyfriend stands her up, simply goes out by herself. (Telotte 1995: 173)
Im Laufe des Films entwickelt sie verschiedenste Fähigkeiten und wird zur Gegnerin der
Maschine. Ein Wendepunkt für Sarah ist die Verletzung von Kyle Reese, der so wie ihr
Verfolger, der Terminator T-101, aus der Zukunft gekommen ist, allerdings um sie zu warnen
und ihr zu helfen. Sie übernimmt die Kontrolle und beschützt den verletzten Reese, am Ende
zerstört sie den Terminator T-101: "The Terminator pits the Terminator against Sarah Connor,
an unassuming college student and waitress who becomes tremendously resilient and
resourceful and finally triumphs when she single-handedly destroys the Terminator."
(Springer 1996: 113)
Für Terminator 2 - Judgment Day hat Linda Hamilton einiges an Muskeln aufgebaut, die auch
eindeutig ins Bild gerückt werden. Die Sarah Connor des zweiten Teils knüpft unmittelbar an
das Ende des ersten Films an, sie ist zur Kämpferin geworden, deren Ziel es ist, die Zukunft
zu ändern. Sie ist jederzeit auf einen weiteren Angriff von Cyborgs aus der Zukunft
vorbereitet. Sarah schützt zum einen ihren Sohn John, zum anderen greift sie in die
Geschichte ein, damit es erst gar nicht zur Maschinenherrschaft kommt und der Atomkrieg
gegen die künstliche Intelligenz Skynet vermieden werden kann.21 Sie versucht eine
Computerfabrik zu sprengen, die an Entwicklungen arbeitet, die entscheidend an der
zukünftigen Katastrophe beteiligt sein werden. Sie wird allerdings gefasst und in eine
psychiatrische Anstalt gesteckt, da ihre Geschichten von der Zukunft zu unglaubwürdig
wirken. Es gelingt ihr, sich aus dem Krankenhaus zu befreien, doch noch bevor sie das
Gelände der Anstalt verlassen hat, beginnt wieder eine Verfolgungsjagd. Der Gegner ist der
Cyborg T-1000 aus Flüssigmetall, der T-101 des ersten Teils tritt diesmal als Helfer auf. Der
T-1000 wird mit vereinten Kräften von Sarah, dem T-101 und dem jungen John Connor in
einem Kessel mit Flüssigmetall vernichtet. Auch im zweiten Teil drückt sie am Ende den
Knopf zur Zerstörung des mittlerweile guten Terminators T-101, womit verhindert werden
soll, dass aus Teilen des Cyborgs Techniken entwickelt werden können, die zur
Maschinenherrschaft führen könnten.
Sarah - eine muskulöse Actionheldin
Im Action-Genre waren Helden lange Zeit die Regel, doch Heldinnen wie Sarah sind
zunehmend zu finden. Spätestens Anfang der 90er Jahre waren aktive Heldinnen wie Sarah
immer öfter im Kino zu sehen, der Begriff 'Heldin' wurde im Hollywood-Action-Kino mit
einer neuen, veränderten Bedeutung versehen. Linda Hamilton mit ihrer Rolle in Terminator 2
ist eine von vielen Actionheldinnen, die neue narrative Möglichkeiten für Frauen im
Hollywood-Action-Kino aufzeigen, womit 'Heldin' nicht länger mit Passivität gleichzusetzen
ist. (Tasker 1993: 18) In den Filmen des Regisseurs der Terminator-Filme, James Cameron,
sind oft Frauen im Mittelpunkt des Geschehens zu finden: "All of his films, Aliens, The
Abyss, Terminator 2, True Lies, feature weak, neurotic men and strong women." (French
1996: 48) Sigourney Weavers Ripley in den Alien-Filmen ist eine weitere sehr berühmte
Actionheldin im Zentrum der Handlung. Auch unter den erfolgreichen Filmen der letzten Zeit
waren viele zu finden, in denen weibliche Actionheldinnen die Hauptrolle spielten, Crouching
Tiger, Hidden Dragon (2000), Charlie's Angels (2000), Lara Croft: Tomb Raider (2001) und
Final Fantasy: The Spirits Within (2001) sind nur vier davon. Yvonne Tasker stellt in ihrer
Untersuchung von Actionfilmen fest, dass Filme mit weiblichen Stars im Mittelpunkt des
Geschehens zu einem erheblichen Anteil Filme mit einem großen Budget sind, eine Tatsache,
die auch auf oben genannte neuere Filme zutrifft:
Films such as Aliens (1986), Thelma and Louise (1991) and Terminator 2(1991) have had
highly publicised cinema releases. The success of these films serves to highlight the existence
of a cinematic tradition which has placed women at the centre of the action narrative, a
tradition that stretches back to the 1970s and beyond. As with the movies featuring male stars
that have already been referred to, these new films are distinguished by their accession to bigbudget status. (Tasker 1993: 3)
Weibliche Hauptrollen waren lange Zeit hauptsächlich in Positionen im Film zu finden, in
denen sie eher als ergänzende Charaktere für männliche Protagonisten in der Handlung
auftraten, mittlerweile besetzen sie zunehmend zentrale Rollen, Figuren, die die Erzählung
beherrschen. Muskulöse Actionheldinnen wie Sarah machen sichtbar, dass sich Muskeln auch
auf den weiblichen Körper einschreiben lassen, die Figur Sarah emanzipiert sich vom
traditionellen geschlechtsspezifisch kodierten weiblichen Körper. Traditionell wurde
Weiblichkeit sowohl auf visueller Ebene als auch in der Sprache nicht mit Muskeln in
Verbindung gebracht: "Conversely, the hardness of the muscles goes against a history of
representation - visual and verbal - in which the female body is imagined as soft and
curvaceous." (Tasker 1993: 142)
Interpretationen der Actionheldin Sarah
Sarah wird auf verschiedenste Art und Weise interpretiert, für viele TheoretikerInnen ist die
Frage bedeutend, ob in Sarahs Rolle feministische Ideen zu finden sind oder nicht. Die Figur
der Sarah entzieht sich einer einzigen Interpretation und könnte auch als Verkörperung
männlicher Fantasien bewertet werden. Claudia Springer deutet auf verschiedenste Lesarten
der Rolle Sarahs in Terminator 2 - Judgment Day hin:
Certainly Sarah Connor fits into a long tradition of phallic women in films whose fetishized
bodies are designed to ease castration fears for the male spectator made uncomfortable by the
sight of a fleshy woman on screen. Nonetheless, she also provides an attractive figure in the
realm of fantasy for angry women. As viewers of martial arts films know, it is enormously
satisfying to experience vicariously the triumph of an underdog seeking revenge against the
perpetrators of injustice. Women under patriarchy can experience the exhilarating fantasy of
immense physical strength and freedom from all constraints when watching figures like Sarah
Connor. (Springer 1996: 139)
Einerseits ist Sarah Connor eine Figur, deren Körper zum Fetisch wird, andererseits bietet sie
eine Identifikationsmöglichkeit für Frauen im Patriarchat, die sich mit dieser starken
weiblichen Figur identifizieren können, die sich ansonsten im Film nicht so oft finden lässt.
Weiter meint Springer, dass Rachefantasien mächtig sind, sogar wenn sie durch Hollywoods
Filmindustrie vermittelt werden. Doch Springer möchte Sarah aufgrund ihrer
widersprüchlichen Darstellung weder als feministische Figur feiern noch als reines Sexobjekt
interpretieren, obwohl sie Aspekte beider Seiten verkörpert. Auch Dani Cavallaro sieht Sarah
Connor als Charakter, der nicht unproblematisch als männlicher Fetisch oder feministische
Vision gesehen werden kann und meint, dass diese Doppeldeutigkeit typisch für
Cyborgerzählungen ist. (Springer 1996: 139; Cavallaro 2000: 48) Sharon Willis untersuchte
Frauenrollen in den Terminator-Filmen als auch in Thelma and Louise (1991) und geht
ebenfalls auf die unterschiedliche Bewertung ein. Kämpferische Frauen wie Sarah Connor
oder auch die zwei Hauptprotagonistinnen in Thelma and Louise haben eine große
Medienaufmerksamkeit auf sich gezogen und wurden einerseits bejubelt, andererseits als
Alptraum bezeichnet. Diese Frauenfiguren präsentieren laut Willis feminine Maskerade weit
ab von Glamour oder sexueller Verführung und zeigen vielmehr die Konstruiertheit des
Körpers selbst als Kostüm auf, wie sie auch bei männlichen Actionstars sichtbar wird. Willis
bezeichnet diese muskulösen Frauenkörper als eine Art "Drag", in der Art wie Dragqueens
glamouröse Frauen darstellen, werden hier bestimmte Männerbilder von Frauen nachgeahmt.
Der Körper selbst wird als eine Art der Maskerade gezeigt:
In destabilizing contrast to their male precursors, these new presentations of the muscled
female body stage a form of drag based on a masculinity that aggressively displays its
difference from an anatomical base. They thus parade an interruption: where we expect them
to exhibit the mark of sexuality for consumption, instead we see the body itself as
masquerade. (Willis 1997: 113)
Diese Interpretationsweise von Willis weist auf "doing-gender" Theorien von Judith Butler
hin.22 Judith Butler meint, dass "Geschlechtsidentität eine Art ständiger Nachahmung ist, die
als das Reale gilt", wobei hier die Betonung nicht zuletzt darauf liegt, dass es sich beim
Realen um eine von Konventionen geprägte Kategorie handelt. (Butler 1991: 8) Mark Dery
sieht muskulöse Heldinnen als problematische Figuren in einer Art und Weise wie auch
Bodybuilderinnen. Während diese einerseits den traditionellen Weiblichkeitsbegriff
aufweichen, unterwerfen sie sich seiner Meinung nach andererseits maskulinen Mythen des
harten Körpers, die nicht weniger einschränkend sind. Kritisch merkt er zur Figur Sarahs
weiter an, dass alles, was traditionell mit Weiblichkeit in Verbindung gebracht wird, entfernt
wurde. Auch Springer geht auf diese Ablehnung von allem, was als weiblich gilt, ein: "Her
strength and lean, muscular physique can be appealing as a feminist alternative to helpless
Hollywood women characters, but they also represent a misogynistic rejection of all things
feminine." (Springer 1996: 114) (Dery 1996: 269) Yvonne Tasker geht auf die
unterschiedlichsten Bewertungen der Frauen im Action-Kino von seiten der feministischen
Filmkritik ein. Diese Filme wurden in verschiedenen Kombinationen von Enthusiasmus und
Abscheu aufgenommen. Während sie einerseits für die zentrale Stellung der Frauenrollen
gefeiert werden, sehen manche ihre Freude durch kommerzielle Ausbeutung getrübt. (Tasker
1993: 135) Zur Rezeption von Action-Filmen führt Tasker an, dass das Vergnügen, das
Mainstream-Filme bereiten, weder von gleichgeschlechtlicher Identifikation noch von einem
heterosexuellen Verständnis von Lust diktiert wird. Die Ablehnung von Actionfilmen durch
manche feministische KritikerInnen führt sie teilweise auf die traditionelle Einteilung der
Genres in weiblich und männlich zurück: "It is ironic then that a critical disapproval of the
1980s' and 1990s' action heroine may stem in part from a feminist cultural criticism which
has, in seeking to legitimise various pleasures and pastimes, classified popular forms and
genres into male and female." (Tasker 1993: 136) Aktivitäten und Unterhaltung in Kategorien
zu teilen, die passender für Frauen bzw. Männer sind und somit auch Genres in 'weibliche'
und 'männliche' zu teilen, hat eine lange Tradition. Tasker sieht in dieser Einteilung einen
Beweis für die klassenbasierte, an Hochkultur orientierte Haltung eines Teils feministischer
Kritik gegenüber dem Mainstream-Kino, eine Haltung, die auch in vielen anderen Bereichen
von Kritik zu finden ist, wie in den Cultural Studies vermehrt aufgezeigt wurde:
Ironically a designation of 'inappropriate' images derived from a feminist critical tradition,
coincides here with a more conventional sense of feminine decorum, a sense of knowing one's
place within a gendered hierarchy. As much as anything, this critical trajectory reveals the
operation within feminist criticism of a class-based, high-cultural, attitude towards the popular
cinema, an attitude familiar from other forms of criticism. (Tasker 1993: 136)
Yvonne Tasker sieht Actionheldinnen als eine Antwort auf feministische Ideen, die
vorhergehende Formeln zur Darstellung von Weiblichkeit als anachronistisch kennzeichnen.
(Tasker 1993: 152) Sie ist der Meinung, dass aktive Heldinnen konventionelle Auffassungen
stören, nach denen Frauen ausschließlich durch Codes der Weiblichkeit dargestellt werden
sollen. Frauen kontrollieren im Action-Film Technologien, die in diesem Kontext Macht und
Freiheit symbolisieren:
Cinematic images of women who wield guns, and who take control of cars, computers and the
other technologies that have symbolised both power and freedom within Hollywood's world,
mobilise a symbolically transgressive iconography. At the most fundamental level, images of
the active heroine disrupt the conventional notion - often significantly present as an
assumption within feminist film criticism - that women either are, or should be, represented
exclusively through the codes of feminity. (Tasker 1993: 132)
Der oft gehörte Vorwurf, dass die Action-Heldin vermännlicht wäre, kommt von dieser
Auffassung, nach der Frauen durch Codes der Weiblichkeit dargestellt werden sollen, die
Logik des Dualismus Frau/weiblich - Mann/männlich wird durch diesen Vorwurf
weitergetragen: "The critical suggestion that the action heroine is 'really a man' [..] stems from
this assumption and represents an attempt to secure the logic of a gendered binary in which
the terms 'male' and 'masculine', 'female' and 'feminine' are locked together." (Tasker 1993:
132) In diesem Sinne können auch die weiter oben angeführten Kritiken von Dery und
Springer an Sarah gesehen werden, wenn sie meinen, dass alles was mit traditioneller
Weiblichkeit zu tun hat, von ihr entfernt wurde. Tasker sieht darin vielmehr eine Chance als
einen Kritikpunkt im Gegensatz zu diesen zwei TheoretikerInnen.
In einem Interview mit Mark Dery geht Tricia Rose auf die Figur der Sarah Connor ein: Eine
Frage sei, wer Figuren wie Sarah Connor konstruiere, weiters dass männliche Vorstellungen
die Handlung vorantreiben würden. Tricia Rose meint allerdings, dass nicht so sehr die Frage
"Wie wurde Sarah Connor von den FilmemacherInnen konstruiert?" im Vordergrund stehe.
Wichtiger sei die Frage der Rezeption:
How do the feminist graduate students I know (many of whom idolize these characters) use
these women in ways that rewrite the narrative and maybe rewrite their life roles?
Furthermore, how might their readings allow another generation of feminist independent
filmmakers to reimagine Sarah Connor? (Dery 1994b: 221)
Sie sieht ein großes Potenzial in der Figur Sarah Connors, die unabhängige Filmemacherinnen
der nächsten Generation beeinflussen könnte. Sie sieht solche Rollen als kleine Bausteine
eines größeren Ganzen, diese Bilder eröffnen neue Möglichkeiten, auch wenn andererseits
patriarchale Normen im Hollywoodfilm zu finden sind und Hollywood versucht, den
derzeitigen Zustand zu erhalten:
These images are opening up possibilities, revising what men and women think women ought
to be, even if they wind up endorsing patriarchal norms in other ways. Hollywood has to
reaffirm the status quo, of course, but trust me when I tell you that just by opening those
gates, they're creating a rupture they may not be able to suture. (Dery 1994b: 221)
Der T-1000: ein Wesen ohne Gender
Sarah Connors Gegner in Terminator 2 - Judgment Day ist der Terminator T-1000, im ersten
Teil kommt der T-1000 noch nicht vor. Obwohl der T-1000 weniger als fünf Minuten im Film
zu sehen ist, hat James Cameron den ganzen Film um ihn aufgebaut. (Macauley 1995: 441)
Der T-1000 unterscheidet sich sehr vom T-101, dem älteren Modell eines Terminators, es
handelt sich dabei um ein Wesen, das ausschließlich aus Flüssigmetall besteht. Das Besondere
an diesem Wesen ist, dass es jedes Objekt imitieren kann, das die gleiche Masse hat. Es kann
unter anderem die Form von Menschen annehmen und auch die menschliche Stimme
imitieren. Der T-1000 berührt Menschen, um sie zu duplizieren und anschließend zu töten:
"This ability provides the film with its violently uncanny moments of doubling, when the
copy confronts and then kills the original." (Pyle 1993: 238) Der T-1000 nimmt bevorzugt die
Form eines Polizisten an, was ihm nicht nur den Zugang zu Polizeidaten verschafft, sondern
auch das Vertrauen vieler Menschen einbringt, beispielsweise das der Pflegeeltern von John.
Manchmal verwandelt er sich in eine metallische Flüssigkeit um sich neu zu formen oder sich
zu reparieren, wenn er beschädigt wird. Seine Arme können sich in scharfe metallische
Werkzeuge, wie etwa Messer, verwandeln. Am Ende, wenn er sich im Metallschmelzkessel
der Fabrik auflöst, nimmt er noch einmal fast alle Formen an, die er im Film schon einmal
eingenommen hat - von Johns Pflegemutter zum Wärter im Irrenhaus zu einem weiteren
Polizisten und schlussendlich zu seiner beliebtesten Form, ebenfalls der eines Polizisten.
Sarahs Form nimmt er allerdings nicht mehr an.
Morphing & Special Effects
Tasker meint, dass Untersuchungen des Kinos oft sinnliche Erfahrungen verleugnen, während
in anderen Bereichen, wie beispielsweise der Untersuchung des Kinobesuchs als soziale
Praxis, wertvolle Arbeit geleistet wird. Spezialeffekte wie die Morphing-Szenen in
Terminator 2, die den T-1000 zeigen,gehören zu diesen sinnlichen Erfahrungen.Das Genre
Science Fiction präsentiert sich oft als Technospektakel, was auch auf die Terminator-Filme
zutrifft. Wie schon in der Einleitung erwähnt, waren bei Terminator 2 - Judgment Day die
morphenden Bilder des T-1000 so zum ersten Mal im Kino zu sehen: "Morphing is the
computer animation technique that gave Terminator 2 much of its technodazzle, enabling the
T-1000 killer android to dissolve seamlessly from a slight, feline policeman into the sinewy
heroine Sarah Connor, a paunchy hospital guard, or even checkerboard linoleum." (Dery
1996: 229) Landon meint, dass Spezialeffekte, die so wichtig im Science-Fiction-Film
geworden sind, die Narration des Film meist eher zum Stillstand als voran bringen, also wie
eine Pause in der Erzählung wirken. Er sieht Spezialeffekte als Selbstreferenz auf Filmtechnik
selbst. Besonders im zweiten Terminator-Film mit seinen Bildern des T-1000, der sich einige
Male verflüssigt, kommt es immer wieder zum Stillstand der Handlung, wenn die ansonsten
schnelle Narration plötzlich durch eine längere ruhige Einstellung auf die Veränderung des T1000 unterbrochen wird.(Tasker 1993: 6; Landon 1999: 39)
Der T-1000 und Gender
Während der T-101 etwas menschlicher in Terminator 2 - Judgment Day erscheint, ist der T1000 abgesehen von seiner menschlichen Gestalt kaum als Mensch ins Bild gerückt. Letzterer
wird als flüssiges Monster in einem starken Kontrast zum harten, stabilen T-101 gezeigt.
(Tasker 1993: 150) Der T-1000 ist ein Wesen aus Flüssigmetall und tritt in verschiedensten
Formen auf, sowohl in weiblicher als auch in männlicher Form. Es charakterisiert
Wandelbarkeit und hat kein Geschlecht. Springer geht ebenfalls auf den Kontrast der zwei
Cyborgs ein und sieht die zwei Terminatoren als zwei Metaphern für industrielle und
postindustrielle Technik:
In Terminator 2 the two metaphors for technology, one solid and the other fluid, explicitly do
battle, thereby implicitly contrasting the metaphors attached to male and female bodies in the
two-sex model. The new, more advanced terminator, the T-1000, is smaller than Arnold
Schwarzenegger's original model 101 and does not have his immense physical strength.
Instead, the T-1000 has the ability to transform himself into a stream of silvery liquid, and he
can fashion himself into any shape, squeeze through tiny openings, and absorb punches and
projectiles by molding himself around them, leaving holes where he once was. He is the
embodiment of 'feminine' fluidity, and as such is a particularly frightening adversary for the
101, since he does not fight in conventionally masculine ways. More important, he represents
the loss of bodily boundaries that the 101 maintains with layers of leather clothing, big guns,
and motorcycles. (Springer 1996: 112)
Der T-1000 wird als Wesen gezeigt, das neben seinem Aussehen nichts Menschliches an sich
hat. Nicht zuletzt seine Geschlechtslosigkeit tritt als Faktor auf, der diese Betonung auf das
Nicht-Menschliche noch verstärkt.
Diskursive Machtaufteilung
The Terminator23
Die erste Einstellung zeigt den Terminator T-101 wie ein Kunstwerk, wie eine Fotografie von
Robert Mapplethorpe im Bild. Sein nackter Körper wird sichtbar: "It is also important to note
though that whilst Stallone, Schwarzenegger, Dolph Lundgren and others are cast as
monstrous in one view, they are pin-ups in another, their bodies self-created works of art,
constantly worked over and redefined." (Tasker 1993: 9) Tasker bezeichnet Schwarzenegger
und andere Actionfilm-Stars als Pin-Ups, wobei sie sich vor allem auf Szenen wie diese
bezieht. Es gibt ausreichend Zeit, den Körper Schwarzeneggers eingehend zu betrachten. Der
Blick des Terminators wird einige Male von der Kamera eingenommen, diese Bilder sind rot
eingefärbt und mit Daten-Text versehen. Der Terminator sieht nicht wie ein Mensch, wodurch
die Grenze zwischen Mensch und Maschine deutlich wird. Die Point-of-View-Shots sind in
diesem Fall weniger dazu geeignet, den Film aus der Sicht des Terminators zu sehen, als
vielmehr die Fremdartigkeit dieser Figur zu betonen:
These signs must however be supplemented by crucial point-of-view shots: the terminator's
apparent inhumanity must be confirmed not only by our seeing him (such looks could be
deceiving), but by seeing for ourselves how he sees. This seals the distinction, for the pointof-view shots reveal that the terminator does not 'see' images but merely gathers 'information.'
(Pyle 1993: 232)
Bestärkt werden diese Bilder durch die Szene, in der sich der Terminator das Auge aus dem
Gesicht schneidet. Reese, der Mensch aus der Zukunft, der ebenfalls nackt ankommt, wirkt
weniger gefasst bei seinem ersten Auftreten. Er fällt hin und wirkt hilflos im Gegensatz zum
Terminator, der sehr kontrolliert erscheint. Bei Sarahs Einführung läuft friedlich-fröhliche
Musik im Hintergrund, die Sonne scheint, es ist hell und freundlich, während der Terminator
nachts in einer schmutzigen, verlassenen Straße ankommt. Sie trägt einen pastellfarbenen
Pulli und fährt mit ihrem Moped zur Arbeit. Mulvey stellte in ihren Untersuchungen fest, dass
Einführungen von weiblichen Hauptrollen im klassischen Hollywoodfilm die Figuren vor
allem als Bild und Blickobjekt konstruierten. Sie wurden passiv gezeigt, oft umrahmt von
einem Fenster, einer Tür oder ähnlichem. Die Einführung von Frauen im klassischen
Erzählkino Hollywoods erfolgte oft über den männlichen Blick. In der ersten Einstellung ist
ein Mann in eine Richtung blickend zu sehen und nach dem Schnitt ist eine Frau im Bild.
Dadurch wird die weibliche Figur vom ersten Auftreten an in Beziehung zur männlichen
Rolle und nicht autonom eingeführt. Der Körper der Frau wurde im klassischen
Hollywoodkino zusätzlich oft durch Fragmentierungen sexualisiert. Nahaufnahmen werden
dabei häufig dazu benutzt, den Körper der Frau zu scannen. Sarah hingegen wird von anfang
an in einer neutralen Perspektive und aktiv gezeigt. Es gibt beispielsweise keine langen
Nahaufnahmen, wodurch sie auch nicht in die Position des Schauobjekts kommt. Ein einziges
Mal wird sie zum Bild, wenn Reese erst ihr Foto anschaut und ein Cut auf die schlafende
Sarah folgt. Am Ende des Films führt Sarah einen Monolog, sie spricht in einen
Kassettenrekorder. Die ersten Sekunden hat sie dabei eine Off-Stimme, bereits der erste Film
wird am Ende von ihr dominiert.
Im Science-Fiction-Film müssen Sounds oft erst erfunden werden. Allerdings ist zu beachten,
das der Sound bis auf wenige Ausnahmen, beispielsweise bei den Dogme 95 Filmen, bei den
meisten Produktionen künstlich konstruiert wird. Viele dieser Sounds, beispielsweise den
Klang eines Schusses im Film, sind wir bereits so gewohnt, dass sie natürlich wirken. In The
Terminator gibt es einen einprägsamen Ton sobald der Terminator ins Bild kommt oder seine
Anwesenheit auch nur angekündigt wird. Ein kalter, maschinenartiger, exakter Ton begleitet
den Cyborg auf seinen Wegen. In der ersten Szene mit Sarah Connor ist hingegen eine
fröhliche Soundkompostion zu hören, der Kontrast zwischen den zwei Musikteilen könnte
kaum größer sein. Mit Sound wird so die Stimmung des Films entscheidend beeinflusst.
Terminator 2 - Judgment Day
In Terminator 2 - Judgment Day dominiert Sarah den Film von Anfang an. Bereits die ersten
Bilder des Films, die einen Kampf zwischen Maschinen und einigen wenigen letzten
Menschen zeigen, sind mit ihrer Stimme unterlegt. Der Off-Stimme wird, ohne auf den Inhalt
zu achten, eine sehr mächtige Position zugeschrieben, to-be-heard-but-not-seen ist das
Konzept, das viel Macht bedeutet, to-be-seen-but-not-heard (bzw. to-be-looked-at-ness)
erscheint als das Gegenteil, eine sehr machtlose Position. Die Off-Stimme zu haben bedeutet
Wissen und damit Macht.
3 billion human lives ended on August 29th, 1997. The survivors of the nuclear fire called the
war 'Judgment Day'. They lived only to face a new nightmare: the war against the machines. -
- The computer which controlled the machines, Skynet, sent two Terminators back through
time. Their mission: to destroy the leader of the human resistance, John Connor, my son. The
first Terminator was programmed to strike at me in the year 1984, before John was born. It
failed. The second was set to strike at John himself when he was still a child. As before, the
resistance was able to send a lone warrior, a protector for John. It was just a question of which
one of them would reach him first. (Sarah Connors Einstiegsmonolog in Terminator 2 Judgment Day)
Als sie später im Film das erste Mal zu sehen ist, trainiert sie in einer Zelle im Spital. Die
ersten Shots zeigen ihre Muskeln, sie trainiert mit Klimmzügen auf ihrem aufgestellten Bett.
Ihr Gesicht ist nicht sofort sichtbar. Die Kamera nimmt ihren Point-of-View im Laufe des
Films wiederholt ein, etwa wenn sie den Direktor des Spitals überfällt oder ihr der Terminator
T-101 das erste Mal die Hand reicht. Der T-101 wird wieder nackt vorgestellt, ähnlich wie im
ersten Film. Als er aufsteht, verfolgt ihn die Kamera, bis er eine Bar betritt. Dann sehen wir
seinen Blick: wie im ersten Film ein rotes Videobild, wobei verschiedenste Daten am Rand
laufen. Die Reaktionen der Menschen in der Bar werden sichtbar:
Our first sight of the terminator, as in the first film, finds him crouching naked in a parking
lot. When he rises, the camera follows behind Schwarzenegger until he enters a local bar. It
then allows us to take up his point of view. We see the reactions of the patrons of this bar
through the terminator's 'eyes,' a video screen that also registers various data across our view
of these spectators as they examine Arnold. (Willis 1997: 122)
Slapstick-Sound relativiert allerdings seine brutale Vorstellung, diesmal gibt es auch nur
Verletzungen, niemand wird in dieser Szene getötet. In Terminator 2 - Judgment Day ist der
Sound bei der Ankunft des nun guten T-101 nicht mehr der kalte Sound wie im ersten Film.
Im Hintergrund läuft die Nummer "Bad to the bone", die während der ganzen Szene der
Ankunft des Terminators in der Bar dem T-101 einen komikhaften Charakter verleiht und ihr
sehr viel Angsteinflößendes nimmt. Der Blickwinkel des T-101 wird im Laufe des Films
ebenfalls des Öfteren eingenommen, wie eben bereits in der ersten Szene in der Bar. In der
letzten sentimentalen Szene mit dem T-101, in der er in Flüssigmetall versenkt wird, ist sein
Blick auf Sarah und John sichtbar, diesmal nicht rot, was seinen Blick menschlich werden
lässt. Allerdings ist gleich darauf sein Shutdown in den roten Videobildern zu sehen, wodurch
das Maschinenartige im letzten Moment doch noch sichtbar wird und jegliche Vermutungen,
dass er zu etwas Menschlichem mutiert sei, zerstreut werden. Der Blickwinkel des T-1000 ist
von der Kamera bereits eingenommen, bevor er selbst sichtbar wird. Es ist Nacht und der T1000 ermordet bei seiner Einführung einen Polizisten, der typische kalte Terminator-Sound
begleitet die Szene. Später gibt es allerdings keine Point-of-View-Shots mehr aus der
Perspektive des T-1000, French sieht dies als Methode, die Identifikation des Publikums mit
dem T-1000 zu erschweren:
If the lesson of The Terminator and Westworld was that to share a character's point of view is
necessarily to identify with it and even feel something for it, then one of the logical methods
of preventing any audience involvement with the even more advanced cyborg that pursues
Schwarzenegger is to deny us any participation in his point of view. (French 1996: 18)
Auch Willis meint, dass die Vermenschlichung des T-101 durch einen immer
wiederkehrenden Point-of-View des Cyborgs möglich wird, ganz im Gegensatz zum T-1000,
aus dessen Sicht keine Bilder zu sehen sind:
We should note here that 'the triumph of humanism' ist intimately linked to vision as well,
since the technology of the camera consistently humanizes the T101 by assigning it a point of
view, while the new terminator, the T1000, seems beyond point of view. Its gaze is a mobile,
mimetic, but sightless one, completely disconnected from our own, which is intermittently
aligned with the T101's. (Willis 1997: 117)
Die Sounds, die den T-1000 auf seinen Wegen begleiten, sind einerseits harte technoide
Sounds und andererseits Töne, die auf seine flüssige Grundsubstanz hinweisen. Hundefutter
wurde langsam aus einer Dose gekippt, um den Sound für die Morphing-Szenen des T-1000
zu produzieren.
Sarahs Stimme und Sichtweise dominieren und umrahmen den Film, auch während des
Filmes ist ihre Stimme zweimal aus dem Off zu hören, wenn sie etwa den Terminator im
gedanklichen Monolog als den besten aller Väter bezeichnet, oder wenn sie zu Cyberdine
Systems fahren, um den Chip des Terminators des ersten Films zu zerstören. Das Ende von
Terminator 2 - Judgment Day ist so wie der Anfang ein Monolog von Sarah mittels OffStimme: "The unknown future rolls towards us. I face it for the first time with a sense of hope
because if a machine, a terminator, can learn the value of human life, maybe we can too."
(Sarah Connor am Ende von Terminator 2 - Judgment Day)
5
I.K.U.
I.K.U. (2000) wird auf Flyern als "japanese sci-fi porn feature" vorgestellt. Er knüpft direkt an
die Narration von Blade Runner an, Filmzitate sind häufig. Der Film von Shu Lea Cheang ist
der jüngste der hier besprochenen Filme. Bei I.K.U. handelt es sich im Gegensatz zu den
bisher vorgestellten Filmen nicht um eine Hollywood-Produktion, das Budget war mit
500.000 US-Dollar vergleichsweise gering. (Bailey 2000: 139) Der Independentfilm aus
Japan wurde aus den über 40 gesichteten Cyborg-Filmen ausgewählt, weil sich in I.K.U.
Haraways Gedanken zur Cyborg relativ gut widerspiegeln. Technik spielt in Form des
Internets eine zentrale Rolle. Der Film ist Teil einer größeren medienübergreifenden
Geschichte, zu der auch eine Webpage gehört, auf der die Narration weitergeschrieben wird.
Im Gegensatz zu Blade Runner, bei dem die Geschichte im Internet hauptsächlich durch Fans
weitergeschrieben wird, geht hier die Initiative von der Produktionsseite aus. Außerdem spielt
das Internet auch auf der Ebene der Narration des Films eine wichtige Rolle. Die Cyborgs des
Films treten als IKU-Coder in Erscheinung. Die Frage nach der Grenze zwischen Mensch und
Maschine steht im Hintergrund, die IKU-Coder Reiko und Sasaki haben Probleme wie
Menschen auch und gehen ihren Jobs nach.
Produktionsbedingungen und Plot
Regie führte bei dem vollständig digital produzierten Film die in Taiwan geborene Shu Lea
Cheang. Es ist ihr zweiter Spielfilm, der erste, Fresh Kill, entstand 1994. Shu Lea Cheang ist
als Künstlerin vor allem für ihre Video und Online-Installationen bekannt, einige ihrer
Arbeiten sind in fixen Ausstellungen zu finden, beispielsweise im Guggenheim Museum in
New York, in Tokyo und in Minneapolis. (http://brandon.guggenheim.org/shuleaWORKS)
Auch dieser Film kann als künstlerischer Beitrag verstanden werden: "I.K.U. is a selfdescribed 'sci-fi indie cyberporn fantasy'. Which really only sounds like a pornographic film
with pretensions. But in fact it is intended as a serious artistic statement by Shu Lea Cheang, a
Taiwanese-born American-resident artist previously known for her video and online
installation works." (Scheib 2001) Eines der Kunstwerke von Shu Lea Cheang ist in einer
Szene des Films zu sehen. Nach I.K.U. bereitet Shu Lea Cheang ihren nächsten Film, Fluid,
vor. Sextropa übernimmt die Produktion des neuen Films, der wieder ein Science-FictionPorno werden soll. Es handelt sich dabei um eine neue Sektion von Zentropa, einer
Filmproduktionsfirma von Lars von Trier.
Die Produktion leitete Takashi Asai, für ihn war es der erste Film, der vollständig digital
produziert wurde. Er ist der Gründer der auf Independent-Filme spezialisierten japanischen
Produktions- und Distributionsfirma Uplink und co-produzierte die letzten vier DerekJarman-Filme. Asai versucht, japanische Kultur abseits der Klischees in den Westen zu
transportieren. (IKU 2002: http://www.i-k-u.com/eng_h/iku/staff/asa_j.html) Kamoto
Tetsuya, der aus dem Bereich der Musik-Videos kam, war für die Kamera verantwortlich.
Gefilmt wurde mit einer handelsüblichen Canon-Digital-Video-Kamera. Die Aufnahmen
waren bereits nach drei Wochen abgeschlossen, die Post-Produktion von I.K.U dauerte über
ein halbes Jahr. Im Juli 2000 war der Film fertiggestellt. Die Spiellänge des Films ist in Japan
90 Minuten und in der USA-Fassung 73 Minuten. Diese Analyse bezieht sich auf letztere. Die
Sprache des Films ist ein Gemisch aus Englisch und Japanisch, wodurch es bei fehlenden
Japanisch-Kenntnissen ohne ein Nachlesen auf der Webpage schwierig wird, dem Verlauf der
Geschichte zu folgen. (IKU 2002: http://www.i-k-u.com) Im Gegensatz zu den BlockbusterFilmen, die bereits besprochen wurden, richtet sich I.K.U. an ein spezielleres Publikum, das
im Kunstsektor angesiedelt werden kann. Terminator 2 - Judgment Day beispielsweise
wendet sich nicht zuletzt aufgrund seiner Marktposition an die breite Masse, während sich der
unabhängige Film, wie etwa I.K.U., an ein differenziertes Segment des Publikums wendet:
"At the same time, T2 is also framed by its market position as a blockbuster, a category that
increasingly defines itself through its address to 'everyone,' over against the 'small,' or
independent, film that presumes a specific and differentiated segment of the audience."
(Willis 1997: 126) Die Weltpremiere fand im Jänner 2001 beim Sundance Film Festival statt.
Der Film war in der Folge noch auf einigen anderen Film Festivals etwa in den USA,
Südkorea und Deutschland zu sehen. Regulär ins Kino kam der Film in Japan am 3. Mai
2001. Der IKU-Runner Dizzy wird vom Gründer des Transgender- Film-Festivals in London,
Zachery Nataf, dargestellt. Er hatte laut IKU-Webpage eine Geschlechtsoperation von
weiblich zu männlich und verkörpert auch im Film einen Transsexuellen. Der Prostituierte
Akira spielt sich selbst. Die meisten der sieben Reiko-Darstellerinnen sind ebenfalls im
Erotikfilmbereich tätig, die Drag-Queens des Films sind auch außerhalb des Films DragQueens. Der Bondage-Künstler Akechi Denki spielt ebenfalls sich selbst in einer Szene mit
Tokyo Rose.
Plot
'I.K.U.' - This is the title of the movie. Pronounced [ai-kei-ju], it also can be read [i-ku]. This
is the word that expresses orgasm in Japanese, while Western people say 'coming'. 'I.K.U.' is a
Japanese movie that was produced in English. We named it 'I.K.U.', since we would like
people all over the world to see this movie and experience our unique culture which is very
different from that of Western countries. (IKU 2002: http://www.i-ku.com/eng_h/iku/key_j.html)
Anfang des 21. Jahrhunderts hat die Genom Corporation Androiden geschaffen, die als IKUCoder bekannt sind. Ihre Mission ist es, Informationen über menschliche sexuelle
Erfahrungen zu sammeln. Diese Daten werden anschließend mittels Internet vertrieben. Eine
dieser IKU-Coder, Reiko, wird auf eine Mission in Tokyo geschickt. Sie kann sieben
verschiedene Körperformen annehmen. IKU-Runner-Units sammeln die Daten wieder ein,
einer davon ist Dizzy. Die Daten werden über IKU-Chips zugänglich, die über Automaten
verkauft werden und direkte Stimulation des Gehirns versprechen. Die Chips sind in sieben
verschiedenen Farben erhältlich, die je nach sexueller Ausrichtung Unterschiedliches bieten.
Mittels Net-Glass-Phone und Chip können die Daten, die IKU-Coder einsammelten, vom
IKU-Server über das Internet geholt werden. Gefahr geht von Tokyo Rose aus, die die zwei
IKU-Coder Sasaki und Reiko mit einem Virus infiziert und sich so Zugriff zu den bereits
gesammelten Daten verschafft und diese an die Konkurrenz der Genom Corporation
weiterleitet. Die Droge Momoyama spielt eine wichtige Rolle in einer Szene. Es handelt sich
dabei um eine chemische Droge, die den besten je erlebten Sex in Erinnerung ruft. Je nach
Erinnerung variiert der Effekt sehr: "Momoyama is a natural drug that arouses the memory of
the most wonderful sex that each person ever had from their brain. It does not act on the
central nurve of sexual pleasure but on the central nurve of memory, the effect is not the same
depending on the person's experiences of sexual pleasure." (IKU 2002: http://www.i-ku.com/eng_h/iku/key_j.html) Erinnerungen, die auch in Blade Runner zentral sind,
bekommen für die Verwendung von Momoyama einen wichtigen Stellenwert. Am Ende des
Films fahren Reiko und Dizzy in einer grünen sonnigen Landschaft weg von Tokyo und
flüchten wie Deckard und Rachael in Blade Runner aus der Stadt. Doch nach einem kurzem
Abspann wird sichtbar, dass es sich dabei nur um "Ending Type 1" handelte und ein weiteres
Ende wird gezeigt, in dem der Prostituierte Akira mit dem IKU-Runner Dizzy durchbrennt.
And there are a lot of potential elements to the plot - a plan to digitize sexual experience for
transmission via the Internet, rogue viruses, the central character of a sex android that
achieves self-awareness through sexual awakening. Unfortunately none of it coalesces into a
plot of any sort. (Scheib 2001)
Scheib merkt zum Plot kritisch an, dass der Film keine herkömmliche Geschichte erzählt. Die
Stärke von I.K.U. liegt weniger in der Erzählung als darin, Konzepte einer möglichen Zukunft
vorzustellen. Der Film zeigt unter anderem eine Zukunft auf, in der persönliche Freuden von
kommerziellen Firmen kontrolliert werden: "'I.K.U.' describes an era in which business
controls personal pleasure". (IKU 2002: http://www.i-k-u.com/eng_h/iku/int_j.html)
Webpage
Der Film und die IKU-Webpage sind eng verknüpft. Einerseits ist im Abspann des Films auch
der Link zur Webpage zu finden, andererseits wird auf der Webpage I.K.U. als Werbefilm für
die Firma Genom bezeichnet: "Feature promotion film IKU made for promoting sales of IKU
chips, gained attention for its high entertainment quality".
(IKU 2002: http://www.i-k-u.com/eng_h/genom/new_j.html) Die Homepage bietet
weiterführende Informationen zur Produktion und zur Story des Films. Die Webpage ist Teil
der Fiktion, es gibt etwa einen Link News. Im Gegensatz zu Blade Runner wird die Narration
hier allerdings von der produzierenden Seite im Internet weitergeschrieben und nicht von
IKU-Fans. Der Film I.K.U. wird auf der Webpage als "A net-surfing movie for the Internet
Generation" bezeichnet: "'I.K.U.' is a movie that was produced for the Internet Generation.
The story developes like doing net-surfing. Shooting with digital video cameras. Non-linear
editing with computers. No doubt 'I.K.U.' warps you to the world of the enhanced image."
(IKU 2002: http://www.i-k-u.com/eng_h/iku/int_j.html) Auf der Webpage werden die
keywords des Films genau erklärt, wodurch die Fiktion des Films einerseits erklärt und
andererseits auch weitergeschrieben wird. In der Sektion News finden sich Neuigkeiten zu
den IKU-Coders, beispielsweise die Information, dass Reiko und Sasaki von OS Version 4.0
auf 4.5 upgegraded wurden. Vom IKU-Chip gibt es zudem zwei neue Farben:
IKU Chip are presently sold in 7 colours in accordance with the users' desires. The new
model, Net Grass Phone has two IKU Chip sockets, to meet more complex sexual tastes.
Select one colour out of the 7 colours that already exists and plug it into one end, and choose
from the new colours of either Pearl White or Pearl Black and plug it into the other. The
system shows that the political taste of the user is reflected in the user's sexual taste. Those
who think they are conservative should choose Pearl White, while those who think they are
innovative should choose Pearl Black. (IKU 2002: http://www.i-ku.com/eng_h/genom/new_j.html)
Hier werden Weiße wieder als konservativ bezeichnet, wie auch bei einer Szene, in der ein
weißes Pärchen mit Momoyama keinen Erfolg hat. Sogar ein Jobangebot findet sich auf der
Webpage. IKU-Runner werden gesucht, die die IKU-Coder betreuen.
Grenze Mensch - Maschine
Technik spielt in I.K.U. eine wichtige Rolle. Das Internet ist allgegenwärtig. Die Cyborgs des
Films, die IKU-Coder, sollen eine Weiterentwicklung der ReplikantInnen von Blade Runner
darstellen. Sobchack geht davon aus, dass viele Science-Fiction-Filme neueste Technik
einerseits zur Herstellung der Filme verwenden und andererseits als Spezialeffekt im Film
sichtbar machen: "[T]he most popular SF films keep appropriating the culture's newest
technology - on the one hand, literally 'incorporating' it as part of the film medium (e.g.,
computer-generated imagery), and on the other, symbolically 'displaying' it as 'invention,' as a
more special 'special' effect." (Sobchack 2000: 145) Auch bei I.K.U. wurde neueste Technik
zur Herstellung verwendet, der Film wurde vollständig digital produziert. Die Genom
Corporation von I.K.U. gleicht der Tyrell Corporation von Blade Runner. Die Genom
Corporation hat sich von zu teuren Weltraum-Experimenten verabschiedet und wendete sich
wieder der Erde zu, die Biotechnologie von Blade Runner spielt nach wie vor neben dem
Internet eine bedeutende Rolle in dem Film.
Im Gegensatz zu Blade Runner oder auch den Terminator-Filmen geht bei diesem Film keine
Bedrohung von den Cyborgs aus. Es gibt keinerlei Bestrebungen, die Weltherrschaft zu
übernehmen oder zu revoltieren. Die IKU-Coder gehen ihrer Arbeit nach wie Menschen auch,
wobei sie der Gefahr ausgeliefert sind, von einem Virus der Konkurrenz der Genom
Corporation befallen zu werden. Sie können ihre Gestalt ändern, Reiko etwa kann sieben
verschiedene Gestalten annehmen: "In I.K.U., the body is no longer seen as an undivided
biological entity, but as a collection of data and information." (Chong 2000: 86) Die Grenze
zwischen Mensch und Maschine ist zwar eindeutig, allerdings erscheint der künstliche
Ursprung hier nur als eines von vielen Identitätsmerkmalen und nicht als das Entscheidende.
Vivian Sobchack beschäftigt sich in ihrem Artikel "Postfuturism" mit dem Wandel der
Darstellung des Anderen, das im Science-Fiction-Film in vielen Formen auftritt: Bewohnende
anderer Planeten, Cyborgs und ReplikantInnen sind nur einige davon. (Sobchack 2000) Das
Fremde wurde in den 50er Jahren hauptsächlich als politische und soziale Gefahr gesehen,
heute wird es meist anders positioniert: "Today's SF films either posit that 'aliens are like us'
or that 'aliens R U.S.'" (Sobchack 2000: 137) In ihrer Argumentationslinie bezieht sie sich auf
Michel Foucaults Theorien von "resemblance" und "similitude", Beziehungen von
"resemblance" sind hierarchisch und erfordern die Unterwerfung eines Terms zu dem
anderen: "Resemblance serves representation, which rules over it; similitude serves repetition,
which ranges across it." (Sobchack 2000: 138) In diesem Sinne sind die ReplikantInnen in
Blade Runner dem menschlichen Modell untergeordnet, sie sind Kopien eines Originals. "To
maintain - as conservative mainstream SF does - that 'aliens are just like us' is to assert and
dramatize a resemblance - with human being as the 'model', the 'original element' that 'orders
and hierarchizes' the 'copies that can be struck from it'. (Sobchack 2000: 138) Die IKU-Coder
sind im Gegensatz dazu den Menschen gleichgestellt.
The narratives of the conservative mainstream SF film maintain 'difference' and 'otherness' in
the name of homogeneity and embrace the alien as an other who is like us. More radically, the
narratives of the postmodern marginal SF film maintain 'difference' and 'otherness' in the
name of heterogeneity and erase alienation by articulating it as a universal condition in which
we are aliens and aliens are us. (Sobchack 2000: 137)
Sobchack unterscheidet zwischen dem konservativen Mainstream-Science-Fiction-Film, in
dem der Unterschied erhalten bleibt und das Andere im Namen der Homogenität als etwas
wie wir gesehen wird. In postmodernen Produktionen außerhalb des Mainstreams findet sie
Andersheit im Namen der Heterogenität beibehalten. Fremdheit bzw. Andersartigkeit wird
dabei als eine universale Bedingung verstanden. In Filmen wie Liquid Sky oder I.K.U. ist die
Beziehung eher so, dass es kein Original gibt. Allerdings merkt Sobchack kritisch dazu an,
dass so ein Mythos der homogenen Heterogenität unterstützt wird, wovon die Kultur des
multinationalen Kapitals profitiert:"Indeed, narrativizing 'aliens R U.S.' is not so progressive
as it might seem. Rather, such narratives represent and dramatize the cultural logic of late
capitalism whereby the very conditions of cultural alienation are not only found acceptable,
but also euphorically celebrated as liberating." (Sobchack 2000:142) Sobchack geht davon
aus, dass, umso mehr ein Film kostet, umso weniger Risiken eingegangen werden. Umgekehrt
ist es somit bei einem Film mit geringerem Budget, wie etwa I.K.U., leichter Risiken
einzugehen. Sobchack sieht ein großes Potenzial im feministischen Science-Fiction-Film, und
zwar in einer Art, wie es in der Science-Fiction-Literatur bereits passiert ist. (Sobchack 2000:
146)
Die IKU-Coder Reiko und Sasaki
I.K.U. knüpft direkt an Blade Runner an. Asai Takashi sah in I.K.U. ein Projekt, das die
Vorstellungen von Japans Kultur, wie sie etwa in Blade Runner gezeigt werden,
demystifizieren sollte. Takashi, der Produzent des Films, erklärt:
What's popular about Japan around the world is its subcultures: anime, manga, video games,
techno music ... I wanted to mix all of those up in a futuristic sex movie that reflected the true
image of Japan - not like the version that Ridley Scott showed in the downtown sequences of
Blade Runner. (Bailey 2000: 142)
Schon die erste Szene des Films ist eine Anspielung auf Blade Runner. Ein Origami-Einhorn,
das in der letzten Einstellung von Blade Runner von Deckard gefunden wird, wird hier vom
IKU-Runner Dizzy wiedergefunden. Auch die Dialoge im Lift zwischen Reiko und Dizzy
sind den Dialogen von Deckard und Rachael ähnlich. Doch im Gegensatz zu Blade Runner,
wo die ReplikantInnen noch Arbeiten im Weltraum zu verrichten haben, sind in I.K.U. die
Cyborgs als SexarbeiterInnen tätig. I.K.U. siedelt sich zeitlich im Anschluss an Blade Runner
an. Die Genom Corporation verwendet die Ex-Weltraum-ArbeiterInnen der Tyrell
Corporation als Krankenpersonal und später als Sexandroiden, anschließend wird das IKUProjekt gestartet. Die Probleme der ReplikantInnen sind Viren. Die zwei IKU-Coder Reiko
und Sasaki infizieren sich bei einer sexuellen Begegnung mit Tokyo Rose mit dem
gleichnamigen Virus. Sämtliche Daten, die die zwei bereits gesammelt hatten, sind somit von
der Konkurrenz der Genom Corporation gestohlen worden. Die künstlichen Menschen stellen
hier keine Bedrohung für die Menschen dar, sondern haben vielmehr Kämpfe unter sich
auszutragen.
The cinematic imaging of cyborgs might suggest new visions of unstable identity, but often
do so by upholding gender stereotypes. To this end, we need to search for cyborg images
which work to disrupt stable oppositions. Our popular/hegemonic cultural logic doesn't easily
allow for these kinds of blurred distinctions. It polarizes cyborg identity into just or evil, male
or female, human or machine, victim or other. (Balsamo 2000: 156)
Balsamo meint bei ihrer Untersuchung von Cyborgs im Film, dass Cyborgs zwar neue
Visionen von einer instabilen Identität vorstellen, allerdings werden dabei Gender-Stereotype
oft weitergetragen. Sie schlägt vor, nach Cyborg-Filmen zu suchen, die stabile Gegensätze
zerstören, obwohl unsere kulturelle Logik diese Art von unklaren Unterscheidungen nicht so
einfach erlaubt. I.K.U.kann als solch ein Film gesehen werden. Die zwei IKU-Coder Reiko
und Sasaki sind zwar eindeutig weiblich und männlich, diese Figuren operieren allerdings
weit ab von konventionellen stereotypen Vorstellungen von Weiblichkeit und Männlichkeit.
Im Gegenteil, das einzige heterosexuelle Pärchen wird als besonders langweilig vorgestellt. In
einer Szene mit der Droge Momoyama wird klar, dass das weiße Pärchen, das gerade die
Droge ausprobierte, nichts sexuell Erregendes in seinem Leben erlebt hat. Während ein Paar
von Transvestiten im siebenten Himmel schwebt, bleibt die Wirkung bei dem frustrierten Paar
aus.
Diskursive Machtaufteilung
Auf der Ebene der filmsprachlichen Mittel unterscheidet sich I.K.U. sehr von den bisher
besprochenen Filmen. Die Ästhetik des Films erinnert an Fernsehformate wie etwa MusikVideos und Werbungen: "The film overflows a lot of energetically co-opted MTV and
Cyberpunk imagery, albeit rather low-budgeted - hyper-kinetic animation and infobyte
displays, an excess of flashing light effects and the camera rarely mounted on a horizontal
axis throughout." (Scheib 2001) Die Kameraführung ist oft unkonventionell und zum Teil
sehr wacklig. Eine subjektive Kameraführung gibt es nicht, Off-Stimmen kommen auch nicht
vor. Fragmentarisierung und damit Sexualisierung gibt es in dem pornographischen24 Film
sehr oft. Der Film beginnt mit einer Laufschrift im Stile von Blade Runner, die die Filmwelt
von I.K.U. erklärt, besonders auch wer die IKU-Coder sind. Der Soundtrack wird von
Techno-Rythmen der Gruppe "The Saboten" bestimmt. Reiko und Dizzy werden in der ersten
Szene eingeführt, die beinahe identisch mit der letzten Szene in Blade Runner ist. Reikos Fuß
streift ein Origami-Einhorn und tritt in einen Fahrstuhl. Dizzy hebt dieses Einhorn auf. Die
Figuren sind dabei aus einer neutralen Kameraposition zu sehen und sprechen nicht. Das
Licht ist blau-grün gehalten. Auch beim Auftritt des zweiten IKU-Coders ist das Bild in grün
gehalten. Sasaki hat dabei eine VR-Brille auf und wird von Tokyo Rose für eine
Sondervorstellung ausgewählt. Gleich darauf erscheint eine Einblendung wie bei einer
Werbung, die zeigt, dass es sich bei der Figur um einen IKU-Coder mit dem Betriebssystem
3.0 handelt. Machtkonfigurationen lassen sich aus den bei Mainstream-Filmen üblichen
Parametern bei diesem Film kaum ablesen, die Machtfrage steht im Hintergrund. Macht wird
vor allem der Genom Corporation zugeteilt, die aber nur durch ihre MitarbeiterInnen in Form
der IKU-Runner und der IKU-Coder sichtbar wird. Das Machtzentrum wird im Gegensatz zu
Blade Runner, bei dem die Tyrell Corporation in der Figur von Tyrell verkörpert wird, nicht
ins Bild gerückt.
Claudia Springer meint, dass im Mainstream-Kommerz-Film konventionelle Gender-Rollen
meist aufrechterhalten werden. Ausnahmen verortet sie außerhalb der Mainstream-Filme oder
auch im Medium Fernsehen, wo die Beziehung zum Publikum fragmentierter ist und
konventionelle kinematische Techniken, die den Blick der Zuschauenden lenken, nicht zur
Anwendung kommen. Das Ziel einer abgeschlossenen Narration steht dabei nicht so sehr im
Vordergrund: "Television theorists have pointed out that its shifting sites of identification and
open-ended narratives allow for more flexibility than does conventional mainstream cinema."
(Springer 1996: 97) Auch bei I.K.U. gibt es keine Narration im klassischen Sinne, die
Geschichte geht nicht einem Höhepunkt entgegen und wird auf der Homepage noch
weitergeführt. Das Ende wird zweigeteilt und weitere mögliche Fortführungen der Geschichte
angedeutet. Anders als in vielen herkömmlichen Filmen, wo alles daran gesetzt wird, dass der
Film eine eigene abgeschlossene Welt darstellt und die Narration ohne Brüche von Anfang bis
zum Ende eine Linie verfolgt, wird bei I.K.U. auf die Künstlichkeit des Films extra
hingewiesen, wenn am Ende vier Versionen der Endsequenz angeboten werden. Springer
sieht in dieser Fragmentierung, wie sie im Fernsehen öfter gefunden werden kann, eine
Chance: "Its fragmentation does not make television a feminist medium, but feminist
implications can sometimes emerge from its disruption of classic Hollywood-style seamless
narratives and stable diegeses, where the fictional world accommodates no alternatives."
(Springer 1996: 98) Reiko und Sasaki, die zwei IKU-Coder, sind sehr weit von dem schwer
bewaffneten Terminator T-101 entfernt, der an männlichen Stereotypen hängt. In I.K.U. steht
nicht eine brutale männliche Cyborgfigur im Mittelpunkt des Geschehens, und der Umgang
mit der Fusion von Mensch und Technik gleicht viel mehr dem spielerischen Umgang mit
Cyborgs im Fernsehen und Science-Fiction-Comics als den Darstellungen im klassischen
Hollywoodkino: "The cyborgs populating feminist science fiction make very problematic the
statuses of man or woman, human, artefact, member of a race, individual entity, or body."
(Haraway 1991b: 178)
Zusammenfassung und Schlusswort
Gender und Technik werden in den vier behandelten Cyborg-Filmen auf unterschiedlichste
Art und Weise dargestellt. Technik-Repräsentationen sind seit langer Zeit mit Vorstellungen
von Gender eng verknüpft, wie Claudia Springer in ihrem Buch "Electronic Eros" aufgezeigt
hat. Donna Haraway stellte in ihrem Cyborg-Manifest von 1985 eine Metapher der Cyborg als
Post-Gender-Wesen vor, in Mainstream-Hollywood-Produktionen lässt sich diese Art der
Cyborg allerdings bislang nicht wiederfinden. (Springer 1996, Haraway 1991b)
Blade Runner ist ein Film, der selbst 20 Jahre nach der Premiere noch diskutiert wird. Im
Internet lassen sich viele Webpages von Fans finden, die den Film in seinen verschiedenen
Versionen mit unvergleichlicher Ernsthaftigkeit besprechen. Der Mythos Blade Runner wird
von den Fans weitergeschrieben, Bild für Bild wird der Film analysiert. Die Schwierigkeit,
die Grenze zwischen Menschen und ReplikantInnen zu ziehen, stellt das Hauptthema des
Films und auch der Diskussionen im Internet dar. Der Voight-Kampff-Test, die Spinners, die
Esper-Maschine und die Tyrell-Pyramide sind nur einige wenige Beispiele für
Technikdarstellungen in dem Film. Sie bilden die Kulisse für die genetisch konstruierten
Cyborgs des Films, die ReplikantInnen, die ihren Schöpfer suchen, um mehr Lebenszeit zu
erhalten. In den Terminator-Filmen will eine künstliche Intelligenz die Weltherrschaft
übernehmen und die Menschen ausrotten. Die Bedrohung, die von den ReplikantInnen
ausgeht, ist nicht mit dieser Gefahr vergleichbar. Es handelt sich nur um den Aufstand einiger
weniger Cyborgs, die länger als die begrenzte Lebenszeit von vier Jahren leben wollen.
Allerdings wird zur Diskussion gestellt, wo die Grenzen des Menschlichen liegen und
inwiefern Menschen einzigartig sind. Offen bleibt etwa die Frage, ob der Blade Runner
Deckard nicht selbst ein Replikant ist. Diese Uneindeutigkeiten des Films geben viel Platz für
verschiedenste Interpretationen und sind für den Mythos Blade Runner mitverantwortlich.
Erinnerungen spielen bei der Identitätsbildung eine entscheidende Rolle. Die ReplikantInnen
werden mit künstlichen Erinnerungen ausgestattet, um besser handhabbar zu werden. Gestützt
werden diese Erinnerungen durch Photos. Empathie, die mit dem Voight-Kampff-Test
festgestellt werden soll, und das Besitzen einer eigenen Vergangenheit und somit von eigenen
Erinnerungen werden zu vermeintlichen Hauptmerkmalen der Unterscheidung von Menschen
und ReplikantInnen. Durch die Schwierigkeit, diese Unterscheidung zu treffen, zeigt der Film
eine Bedrohung der Stabilität der Bedeutung des Begriffs Mensch auf. Die Theoretikerin
Landsberg sieht in prothetischen Erinnerungen, wie sie die ReplikantInnen besitzen, jedoch
keineswegs Erinnerungen zweiter Klasse, sondern selbst menschliche Erinnerungen als
verzerrt und ausgewählt. (Landsberg 1995)
Während die Grenzen zwischen den Menschen und den ReplikantInnen des Films
verschwimmen, ist der Film bei Gender-Fragen weit weniger progressiv. Die ReplikantInnen
erscheinen nicht als Post-Gender-Wesen, sondern vielmehr in eher klassisch
geschlechtskodierten Rollen. Auch auf filmsprachlicher Ebene kommen
geschlechtsspezifische Mittel zum Einsatz. Diskursive Macht erhält vor allem Tyrell, der
Schöpfer der ReplikantInnen. Anne Balsamo geht allerdings davon aus, dass weibliche
Cyborgs, wie etwa die Replikantin Rachael, die Vorstellungen von der Beziehung von
Weiblichkeit und Technik verändern. Obwohl Rachael ein traditionelles Weiblichkeitsbild
verkörpert, sieht Balsamo in dieser Figur eher eine Herausforderung an kulturelle Normen als
etwa in der Figur des Terminators. (Balsamo 2000)
The Terminator und Terminator 2 - Judgment Day, die zwei kommerziell sehr erfolgreichen
Filme von James Cameron, entstanden 1984 und 1991. Der unterschiedliche Stellenwert von
Technik und Gender in den 80er und 90er Jahren lässt sich anhand der zwei Filme besonders
gut ablesen, die sich sowohl auf der narrativen Ebene als auch im filmtechnischen Bereich
sehr ähnlich sind. Die Grenze zwischen Mensch und Maschine bleibt in diesen Filmen im
Gegensatz zu Blade Runner eindeutig, Zweifel sind bei den Terminator-Filmen
ausgeschlossen, auch wenn die Cyborgs in menschlicher Form auftreten. Einzig die
Verfolgung eines programmierten Ziels bestimmt die Handlungen der Cyborgs. Träume,
Wünsche oder Schmerzen gibt es für sie nicht. Immer wieder sind Bilder aus der Perspektive
des Cyborgs T-101 zu sehen, die in rot gehalten sind. Der Terminator kontrolliert ständig
Daten der Umwelt, die am Rande seines Sichtfelds angezeigt werden. Es wird klar, dass
dieses Wesen die Welt durch andere als menschliche Augen sieht. Im zweiten Teil,
Terminator 2 - Judgment Day, wird der T-101 zwar als lernfähiges Wesen gezeigt, das sich
menschliche Züge aneignen kann, doch es bleibt unbestritten, dass der Cyborg keinerlei
Gefühle entwickeln kann und es sich bei dem Wesen um eine Maschine handelt. Beim
zweiten Cyborg in Terminator 2 - Judgment Day handelt es sich um das wandelbare Wesen
des T-1000, das seine Form beliebig in Gegenstände und Menschen verwandeln kann. Für den
Terminator T-1000 gibt es keine Genderfixierung, er imitiert sowohl weibliche als auch
männliche Formen, nicht zuletzt deshalb wird ihm keinerlei menschenähnlicher Status
zugeschrieben.
Technik tritt in den Terminator-Filmen vor allem als Bedrohung auf, die von der künstlichen
Intelligenz Skynet ausgeht. Die Intelligenz der Maschinen der Zukunft wird zwar als
Bedrohung identifiziert, sichtbar wird diese allerdings durch die physische Kraft der
Terminatoren, die sich eher auf Gewalt als auf Intelligenz verlassen. Metaphern der
industriellen Vergangenheit, die sich auf Stärke beziehen, werden herangezogen, um das neue
elektronische Zeitalter filmisch zu beschreiben. Die Angst vor der Verschwörung von
Technik gegen die Menschen wird vor allem in The Terminator gezeigt. Technik erweist sich
größtenteils als unzuverlässig, Maschinen gehen kaputt oder werden falsch benutzt. In
Terminator 2 - Judgment Day erweist sich Technik als zuverlässiger, es kommt zu einer
vermehrten Akzeptanz von Technik und sogar zu einer teilweisen Vermenschlichung des T-
101. Technik wird in dem Film der 90er weit weniger bedrohlich gesehen als noch in dem
Film The Terminator, dessen Entstehungszeit in den 80er Jahren liegt.
Der Cyborg T-101 steht im Zentrum der Narration der zwei Terminator-Filme und tritt in
einer sehr männlichen Form auf. Verkörpert wird er von einer der berühmtesten Figuren in
der Bodybuilding-Szene der 80er Jahre: Arnold Schwarzenegger. In The Terminator verfolgt
er Sarah Connor, in Terminator 2 - Judgment Day ist er in einer konträren Rolle zu finden. Im
zweiten Terminator-Film unterstützt er Sarah Connor und ihren Sohn John im Kampf gegen
den neuen Verfolger, dem T-1000. Das Image von Arnold Schwarzenegger wurde durch die
Rolle des T-101 nachhaltig geprägt. Bei den World Stunt Awards gewann Arnold
Schwarzenegger den Ehrenpreis für den besten Action-Schauspieler. Im Hintergrund liefen
die bekannten Terminator-Sounds, obwohl er in den zehn Jahren seit Terminator 2 in vielen
anderen Rollen im Kino zu sehen war. (World Stunt Awards 2001) Dadurch wird sichtbar,
wie sehr Schwarzeneggers Karriere durch die Terminator-Filme beeinflusst wurde. Die
besondere Begabung des T-101 liegt nicht im Bereich außergewöhnlicher Intelligenz, das
Hauptmerkmal des Cyborgs ist körperliche Überlegenheit. Claudia Springer sieht diese Art
der muskulösen Cyborgfiguren als Repräsentationen von anachronistischen Konzepten von
Technik, die im Industriezeitalter entstanden sind und mit der derzeit zunehmenden
Miniaturisierung elektronischer Technologien kaum in Verbindung stehen. (Springer 1996)
Die Geschichte von Bodybuildern und Athleten im Film geht bis zu den Tarzan-Filmen mit
Johnny Weissmüller in der Hauptrolle zurück, die in den 30er und 40er Jahren in Hollywood
produziert wurden. Bereits bei diesen Filmen war die Zurschaustellung des männlichen
Körpers zentral. Der männliche Körper wird zum passiven Schauobjekt, doch die actionreiche
Handlung der Filme stellt die herkömmliche Verbindung von Männlichkeit mit Aktivität
wieder her. Die Narrationen der Action-Filme stellen zudem Erklärungen für diese
Zurschaustellung des männlichen Körpers bereit. Bereits die ersten Bilder des T-101 zeigen
den muskulösen Körper von Arnold Schwarzenegger, er wird nackt am Boden kauernd
eingeführt. Durch die Narrationen der Terminator-Filme wird dies mit der Funktionsweise der
Zeitmaschine erklärt, die ausschließlich menschliches Gewebe in der Zeit zurück
transportieren kann, Kleidung und Waffen können deshalb nicht mitgeschickt werden. Die
Meinungen in Bezug auf Bodybuilding gehen in zwei Richtungen. Während die einen
meinen, Bodybuilding zeige männliche Dominanz, gehen andere TheoretikerInnen davon aus,
dass Bodybuilding das Männlichkeitsbild instabil werden lasse. Durch die Beschäftigung der
Bodybuilder mit ihrem Aussehen werden sie zu "unechten" Männern und oft mit
Homosexualität in Verbindung gebracht. Andererseits erscheinen Bodybuilding-Stars sowohl
natürlich als auch unnatürlich, sowohl biologisch als auch konstruiert. Der muskulöse Körper
von Arnold Schwarzenegger verkörpert einerseits Natur, andererseits Techniken des
Bodybuildings, wodurch die Grenzen zwischen Natürlichem und Künstlichem
verschwimmen. Bodybuilding-Stars wie Schwarzenegger karikieren kulturelle Erwartungen
an den männlichen Körper, das "doing-gender", wie Judith Butler es beschreibt, das Spielen
der Männlichkeit wird offensichtlich. Bodybuilderinnen werden im Gegensatz dazu als
"vermännlicht" bezeichnet. Die Beschäftigung des Bodybuildings wurde für beide
Geschlechter als pervers charakterisiert. Die Tätigkeit des Trainierens vor dem Spiegel
überschreitet, was als normales Verhalten beider Geschlechter gesehen wird. (Tasker 1993:
78) Der T-101 tritt in Terminator 2 - Judgment Day gänzlich verwandelt auf, nicht als Killer
wie im ersten Teil, sondern als Helfer für Sarah und John Connor, auch wenn er noch immer
in der gleichen muskulösen Form auftritt. Er wird von Sarah zum bestmöglichen aller Väter
erklärt, Zuverlässigkeit ist seine neue Stärke. Diese Art der Verwandlung männlicher
Hauptrollen findet sich in vielen Filmen der 90er Jahre im Gegensatz zu den Filmen der
vorhergehenden Dekade.
Sarah Connor ist neben dem T-101 die zweite Hauptfigur, die in den beiden TerminatorFilmen eine zentrale Stelle einnimmt. Auch ihre Rolle verändert sich von dem Film der 80er
Jahre zu jenem der 90er Jahre, allerdings nicht so radikal wie die des T-101. Sie entwickelt
sich bereits in The Terminator von einer unscheinbaren Kellnerin zu einer heldenhaften
Kämpferin, am Ende des Films zerstört sie den T-101 mit einer Hydraulikpresse.
Terminator 2 - Judgment Day wird sowohl auf narrativer als auch auf filmsprachlicher Ebene
von Sarah Connor beherrscht. Sie ist eine der ersten von vielen Action-Heldinnen, die
beginnend mit den 90er Jahren zunehmend im Kino zu finden sind. Diese Frauenfiguren
haben kaum noch etwas mit den weiblichen Filmrollen zu tun, die Laura Mulvey in ihrer
richtungsweisenden Untersuchung "Visual Pleasure and Narrative Cinema" Mitte der 70er
Jahre im klassischen Hollywood-Kino vorgefunden hat. (Mulvey 1989) Action-Heldinnen wie
Linda Hamilton in ihrer Rolle in Terminator 2 - Judgment Day zeigen neue narrative
Möglichkeiten für weibliche Figuren im Hollywood-Kino auf. In den Filmen des Regisseurs
James Cameron sind immer wieder starke Frauen im Mittelpunkt des Geschehens zu finden,
Sigourney Weavers Ripley in den Alien-Filmen ist eine weitere sehr bekannte Action-Heldin
seiner Filme. Weibliche Figuren waren lange Zeit hauptsächlich als ergänzende Charaktere
für männliche Protagonisten in Filmen zu finden, doch mittlerweile beherrschen weibliche
Rollen die Erzählungen immer öfter. Muskulöse Action-Heldinnen wie Sarah machen
sichtbar, dass sich Muskeln auch auf den weiblichen Körper einschreiben lassen. Die Figur
Sarahs zeigt eine Alternative zum traditionellen geschlechtsspezifisch kodierten, weiblichen
Körper auf. Tricia Rose sieht ein großes Potenzial in der Figur Sarah Connors, neue
Möglichkeiten werden eröffnet. (Dery 1994b: 221) Auch auf der Ebene der filmsprachlichen
Mittel beherrscht Sarah Connor beide Filme. Vor allem in Terminator 2 - Judgment Day
dominiert und umrahmt ihre Stimme und Sichtweise den Film. Sie leitet den Film mit einem
Monolog in der Form einer Off-Stimme ein, und auch das Ende des Filmes wird durch ein
Kommentar von Sarah gekennzeichnet.
Der zweite Cyborg in Terminator 2 - Judgment Day, der T-1000, stellt ein Expemplar einer
neuen Generation von Terminatoren dar. Die Morphing-Szenen, in denen sich der T-1000 von
einer Form in die nächste verwandelt, waren ausschlaggebend für den Erfolg des Films. Das
Wesen kann verschiedenste Gestalten annehmen und tritt abwechselnd in weiblicher und
männlicher Form auf. Beide Terminatoren sind konstruierte Wesen, ihre Konstruiertheit selbst
impliziert bereits die Konstruiertheit von Gender. (Holland 1995: 166) Durch Cyborgs wird
die "heterosexuelle Matrix" gestört, die Butler in unserer Gesellschaft findet. Diese Matrix
stützt sich auf die Konstruktion von stabilen körperlichen Konturen, die Cyborgs nicht bieten
können. (Fuchs 1995: 283) Dem T-1000, der aus Flüssigmetall besteht, mangelt es völlig an
einem stabilen Körper.
Bei I.K.U. handelt es sich um eine Low-Budget-Produktion abseits des HollywoodMainstreams. Sobchack geht davon aus, dass Filme mit geringerem Budget mehr Risiken
eingehen können. (Sobchack 2000) Diese Theorie bestätigt sich bei den vier hier
besprochenen Filmen. Der japanische Film aus dem Jahr 2000 knüpft auf narrativer Ebene
direkt an Blade Runner an, ist dabei aber sowohl auf Erzähl- als auch auf filmsprachlicher
Ebene weit weniger konventionell. Die Ästhetik des Films erinnert etwa an Musikvideo-Clips.
Auf der Webpage zum Film wird einerseits die Handlung des Films genauer erklärt und
andererseits die Geschichte weitergeschrieben. Während bei Blade Runner die Erzählung von
Fans fortgeführt wird, geht in diesem Fall die Initiative von der Produktionsseite aus. Technik
spielt in I.K.U. vor allem in Form des Internets eine wichtige Rolle und stellt keine
Bedrohung für die Menschheit dar. Bei dem Independentfilm steht das Thema der
Unterscheidung zwischen Menschen und Cyborgs nicht im Vordergrund. Die IKU-Coder sind
Wesen, die ähnliche Probleme wie Menschen beschäftigen und von Viren bedroht werden. In
diesem Film, der im Gegensatz zu den anderen drei Filmen keine Mainstream-HollywoodProduktion ist, findet sich die Cyborg-Metapher von Haraway am ehesten wieder. Die IKUCoder werden auf weniger konventionelle Art und Weise dargestellt als die ReplikantInnen
und der Terminator T-101, sie operieren weitab von herkömmlichen stereotypen
Vorstellungen von Gender.
Stuart Hall stellte 1973 ein neues Modell der Text-LeserInnen-Beziehung vor, in dem drei
Momente eine Rolle spielen: die Produktion (encoding), der Text und die Rezeption
(decoding). Diese drei Momente beschreibt er als relativ autonom, jedes hat seine eigenen
Strukturen und Prozesse und jedes ist ein Austragungsort von Kämpfen über Bedeutungen.
Texte beschreibt er mit dem Begriff "polysemic" als offen für mehr als eine Bedeutung.
Allerdings findet sich auch dabei die dominante kulturelle Ordnung zu einem großen Teil
wieder. Auf RezipientInnenseite werden Bedeutungen je nach sozialer Formation sehr
unterschiedlich vergeben. (Thornham 1997: 70) Die Produktionsseite und die Narration der
Filme wird in den jeweiligen Kapiteln beleuchtet, auf der Rezeptionsseite werden
verschiedene Lesarten von TheoretikerInnen und FilmkritikerInnen der Cyborgfilme
vorgestellt. Weiterführend und aufbauend auf diese Arbeit wäre eine Untersuchung
interessant, die mit einer Methode der Cultural Studies, etwa jener der Erinnerungsarbeit, die
Rezeption der Filme durch Menschen beleuchtet, die nicht an filmtheoretischen Diskursen
teilnehmen.
Von den über 40 gesichteten Cyborg-Filmen konnten nur wenige, und diese nur teilweise, das
Ideal der Cyborgs als Post-Gender-Wesen, wie es Haraway in ihrem Manifest beschreibt,
darstellen. Abseits des Hollywood-Mainstreams sind sie noch am ehesten zu finden, wie etwa
in Form der IKU-Coder des Films I.K.U.. Cyborgs spielen seit den Anfängen des Kinos im
Film eine Rolle, beispielsweise in Metropolis(1927), und werden seither immer wieder in
Science-Fiction-Filmen in das Zentrum der Narration gestellt. Es wird sich zeigen, ob die von
Haraway visionierten Post-Gender-Cyborgs im Hollywoodkino Einzug halten werden oder es
bei einigen wenigen Versuchen in diese Richtung im Independentfilm bleiben wird.
Filmographie
2001: A Space Odyssey (GB/USA 1968) R: Stanley Kubrick D: Keir Dullea, Gary
Lockwood, Douglas Rain, William Sylvester
Alien (GB 1979) R: Ridley Scott D: Sigourney Weaver, Veronica Cartwright, Harry Dean
Stanton, John Hurt
Aliens (USA 1986) R: James Cameron. D: Sigourney Weaver, Michael Biehn, Carrie Henn,
Paul Reiser
Blade Runner (USA 1982) R: Ridley Scott D: Sean Young, Harrison Ford, Daryl Hannah,
Rutger Hauer
Blade Runner - Director's Cut (USA 1992) R: Ridley Scott D: Sean Young, Harrison Ford,
Daryl Hannah, Rutger Hauer
Charlie's Angels(D/ USA 2000) R: McG D: Cameron Diaz, Drew Barrymore, Lucy Liu
Cherry 2000 (USA 1987) R: Steve De Jarnatt D: Melanie Griffith, David Andrews, Pamela
Gidley, Ben Johnson
Crouching Tiger, Hidden Dragon (China/Hong Kong/Taiwan/USA 2000) R: Ang Lee D:
Yun-Fat Chow, Michelle Yeoh, Zhang Ziyi, Chen Chang
Daughter Rite (USA 1979) R: Michelle Citron D: Victor Penelope, Anne Wilford
Demon Seed (USA 1977) R: Donald Cammell D: Julie Christie, Fritz Weaver, Lisa Lu, Gerrit
Graham
Eve of Destruction(USA 1991) R: Duncan Gibbins D: Renée Soutendijk, Gregory Hines,
Michael Greene, Kurt Fuller
Final Fantasy: The Spirits Within (JP/USA 2001) R: Hironobu Sakaguchi, Moto Sakakibara
D (Stimme): Ming-Na, Alec Baldwin, Ving Rhames, Steve Buscemi
Forbidden Planetspan>(USA 1956) R: Fred M. Wilcox D: Sessue Hayakawa, Victor Frances,
Lise Delamare, Louis Jouvet
>Fresh Kill (USA 1994) R: Shu Lea Cheang D: Sarita Choudhury, Erin McMurtry, Abe Lim,
José Zúñiga
Futureworld (USA 1976) R: Richard T. Heffron D: Peter Fonda, Blythe Danner, Arthur Hill,
Yul Brynner
How to Marry a Millionaire (USA 1953) R: Jean Negulesco D: Marilyn Monroe, Betty
Grable, Lauren Bacall, David Wayne
I.K.U. (JP 2000) R: Shu Lea Cheang D: Miho Ariga, Yumeko Sasaki, Ayumilas Tokito,
Maria Yumeno
Lara Croft: Tomb Raider (D/JP/GB/USA 2001) R: Simon West D: Angelina Jolie, Jon
Voight, Iain Glen, Noah Taylor
Liquid Sky (USA 1982) R: Slava Tsukerman D: Anne Carlisle, Paula E. Sheppard, Susan
Doukas, Otto von Wernherr
Metropolis (D 1927) R: Fritz Lang D: Brigitte Helm, Alfred Abel, Gustav Fröhlich, Rudolf
Klein- Rogge
RoboCop (USA 1987) R: Paul Verhoeven D: Peter Weller, Nancy Allen, Ronny Cox,
Kurtwood Smith
Rocky II (USA 1979) R: Sylvester Stallone D: Sylvester Stallone, Talia Shire, Burt Young,
Carl Weathers
Shining, The (GB 1980) R: Stanley Kubrick D: Jack Nicholson, Shelley Duvall, Danny
Lloyd, Scatman Crothers
Star Wars (USA 1977) R: George Lucas D: Mark Hamill, Harrison Ford, Carrie Fisher, Peter
Cushing
Stepford Wives, The (USA 1975) R: Bryan Forbes D: Katharine Ross, Paula Prentiss, Peter
Masterson, Nanette Newman
Terminator, The (USA 1984): R: James Cameron D: Linda Hamilton, Arnold
Schwarzenegger, Michael Biehn
Terminator 2: Judgment Day (USA 1991) R: James Cameron D: Linda Hamilton, Arnold
Schwarzenegger, Robert Patrick, Edward Furlong
Thelma & Louise (USA 1991) R: Ridley Scott D: Susan Sarandon, Geena Davis, Harvey
Keitel
Total Recall (USA 1990) R: Paul Verhoeven D: Arnold Schwarzenegger, Rachel Ticotin,
Sharon Stone
Westworld (USA 1973) R: Michael Crichton D: Yul Brynner, Richard Benjamin, James
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Fußnoten
1 "Ideologie, die; -,-n 1. politische Theorie einer Bewegung 2. von einer Gesellschaft in einer
bestimmten Entwicklungsstufe ausgebildetes System von weltanschaulichen Leitbildern,
Anschauungen und Werten 3. den Interessen und der Machterhaltung gesellschaftlicher
Gruppen dienendes geschlossenes System weltanschaulicher Leitbilder, Werte und
Anschauungen." (Online-Fremdwörterbuch Langenscheidt 2002)
2 Der Titel des Textes ist in der englischen Übersetzung, die auch von Doane herangezogen wurde, 'A Child is Being Beaten'.
3 Doane stützt sich dabei auf das Konzept der Maskerade, das Joan Riviere 1929 in ihrem Artikel "Womanliness as Masquerade" das erste
Mal beschrieben hat. (Bergstrom 1991: 53, Thornham 1997: 56)
4 Eine dieser Theorien ist die "hyperdermic needle theory" bzw. Stimulus-Response-Theorie,
nach der jedes Individuum der Gesellschaft über die Massenmedien auf gleiche Art und
Weise erreicht werden kann. Massenmedien erscheinen in diesem Kontext als allmächtige
Manipulationsinstrumente. (Burkart 1995: 186)
5 Haraway spricht in ihrem Manifest von der Cyborg in der weiblichen Form.
6 Balsamo beschäftigt sich in ihrem Essay "Reading Cyborgs, Writing Feminism: Reading the
Body in Contemporary Culture" mit einigen VertreterInnen des Diskurses des Körpers im
Detail, etwa Donna Haraway, Michel Foucault, Susan Suleiman und Arthur Kroker. (Balsamo
1996b)
7 vgl. folgendes Kapitel: Springer: Die Geschichte von Technik und Gender
8 Allerdings beschränkte sich dieser Boom bisher vor allem auf den anglo-amerikanischen Raum, mit ein Grund dafür, dass sich diese Arbeit
zu einem Großteil auf englischsprachige Arbeiten bezieht. Im deutschsprachigen Raum wurde bislang wenig zu den hier gesetzten
Schwerpunkten veröffentlicht.
9 Mehr zu den verschiedenen Versionen findet sich im übernächsten Abschnitt dieses
Kapitels.
10 Zons spricht von fünf Fassungen des Films: US-Denver/Dallas Rohfassung (1982), die US
San Diego Rohfassung (1982), die US Kinofassung (1982), die Europäische Kinofassung
(1982), Director's Cut (117 min., 1992). (Zons 2000: 273)
11 vgl. Kapitel Cyborgs im Film: Balsamo
12 vgl. Kapitel Filmtheorien und Gender: Mulvey, Semiotik.
13 Ein dritter Terminator-Film befindet sich in Planung, der Arbeitstitel lautet Terminator 3:
The Rise of the Machines. (IMDb 2002: http://us.imdb.com/Title?0181852)
14 Das Modell des Terminators, das Arnold Schwarzenegger darstellt, wird in der Literatur sowohl als T-800 als auch als T-101 bezeichnet.
Die korrekte Bezeichnung wäre Cyberdine Systems Series 800 Modell 101, diese scheint allerdings nur in einer einzigen Szene in
Terminator 2 auf, und zwar als Text auf einem Bild aus der Sicht des Terminators, wenn er nach einem kurzen Shutdown wieder
aufwacht. Diese Szene wiederum gibt es nur im Director's Cut des Films zu sehen. Ansonsten ist im gesprochenen Text der zwei Filme vom
101 die Rede. Deshalb werde ich hier die Bezeichnung T-101 verwenden, bei Zitaten allerdings die jeweils vorgefundene Bezeichnung
weiterverwenden, also teilweise auch T-800.
15 Christlich-religiöse Metaphern in den Terminator-Filmen, die sich nicht nur im Titel
finden lassen, behandelt beispielsweise Ulrike Brunotte im Detail. (Brunotte 1998 + 2000)
16 vgl. Kapitel Cyborgs: Springer.
17 vgl. Kapitel 2: Cyborgs im Film - Springer.
18 vgl. Kapitel 2: Cyborgs im Film
19 "Doing gender" ist ein Konzept der Genderforschung. Gender wird dabei als sozial
erlerntes Geschlecht bezeichnet, das in Interaktion mit anderen immer und immer wieder
erzeugt wird. Die Betonung liegt auf dem prozesshaften Charakter von Gender, das nicht als
abgeschlossene fixe Kategorie verstanden wird. Soziale Alltagshandlungen führen zur
Reproduktion von Gendervorstellungen. Judith Butler, die dieses Konzept einführte, spricht
davon, dass "Geschlechtsidentität eine Art ständiger Nachahmung ist, die als das Reale gilt."
(Butler 1991: 8)
20 vgl. Kapitel Filmtheorien und Gender, Men's Studies.
21 Mit den paradoxen Zeitloops in den Terminator-Filmen beschäftigt sich Constance Penley
in ihrem Essay "Time Travel, Primal Scene and the Critical Dystopia" im Detail (Penley
1990).
22 vgl. vorheriges Kapitel, T-101
23 vgl. Kapitel Blade Runner: Diskursive Machtaufteilung
24 Corinna Rückert analysiert in ihrem Buch "Frauenpornografie - Pornografie von Frauen
für Frauen" (2000) die verschiedenen Definitionen von Pornografie. (Rückert 2000) Linda
Williams Buch "Hard Core" (1991) ist nach wie vor das Standardwerk zum Thema
Pornografie, auch Rückert stützt sich auf ihre Theorien. Williams kombiniert
psychoanalytische Theorien, Fantasietheorien stellt sie dabei in den Mittelpunkt, mit einer
historischen Analyse der Pornografie in den U.S.A, wobei sie sich auf die Arbeit von Michel
Foucault stützt und stellt dabei fest, dass historisch spezifische Diskurse der Sexualität das
Produkt von Machtkonfigurationen darstellen. (Williams 1999) Buckley beschäftigt sich in
ihrem Artikel "'Penguin in Bondage': A Graphic Tale of Japanese Comic Books." mit der
spezifischen Geschichte der Pornografie in Japan. (Buckley 1991)
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$Revision: 588 $ $Date: 2006-05-27 17:10:04 +0000 (Sat, 27 May 2006) $