Programmheft - Münchner Stadtmuseum
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Programmheft - Münchner Stadtmuseum
2015 | Heft 29 münchen Stummfilmtage Jean Paul Gaultier Ingrid Bergman Hollywood ohne Schranken Wahn und Kunst Film und Psychoanalyse Flucht und Zuflucht Wolf-Eckart Bühler Rumänisches Filmfestival Retrospektive Shi Hui Zuschauerkino Francesco Rosi Jean-Marie Straub François Truffaut Heynowski & Scheumann FilmWeltWirtschaft Eintrittspreise 4 € (3 € für MFZ-Mitglieder). Ab 120 Minuten Filmlänge oder mit Gästen: 1 € Aufschlag. Ab 180 Minuten, mit Live-Musik oder bei 3D: 2 € Aufschlag. Die Kasse öffnet jeweils 60 Minuten vor und schließt 30 Minuten nach Beginn der Vorstellung. Bei allen öffentlichen Veranstaltungen verbleibt ein Kartenkontingent für den freien Verkauf an der Abendkasse. Kartenreservierung Kartenreservierungen sind bis zu vier Wochen im voraus möglich und können unter der Telefonnummer 089 / 233 96450 auf Band gesprochen werden. Vorbestellte Karten müssen bis 20 Minuten vor Vorstellungsbeginn an der Kasse abgeholt worden sein, ansonsten verfällt die Reservierung. Kartenvorverkauf Karten können bis zu vier Wochen im voraus gekauft werden. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass unmittelbar vor Vorstellungsbeginn bei starkem Besucherandrang kein Kartenvorverkauf erfolgt. Karten behalten ihre Gültigkeit nur bis Vorstellungsbeginn. An der Abendkasse können vorverkaufte Karten bis 20 Minuten vor Vorstellungsbeginn gegen Kostenerstattung wieder zurückgegeben werden. Programmabonnement Das Kinoprogrammheft und unseren Newsletter können Sie unter www.muenchner-stadtmuseum.de/film kostenlos abonnieren. Das Programmheft wird an Mitglieder des MFZ auf Wunsch kostenlos versandt. Ansonsten bitten wir um die Zusendung eines adres- sierten und mit 1,45 € frankierten DIN A5-Briefumschlages an die Adresse des Filmmuseums. Den täglich aktualisierten Spielplan finden Sie auch auf Twitter: @filmmuseummuc. Mitgliedschaft Wer sich für die Arbeit des Filmmuseums interessiert, kann Mitglied im Verein der Freunde des Filmmuseums München, dem Münchner Filmzentrum e.V. (MFZ) werden. Mitgliedsanträge sind an der Kinokasse erhältlich. Der Jahresbeitrag beträgt 20 € und berechtigt zum ermäßigten Eintritt ins Filmmuseum sowie zur Teilnahme an den Mitgliederversammlungen des MFZ, in denen die Programmplanungen des Filmmuseums diskutiert und Projekte entwickelt werden. Weitere Informationen erhalten Sie unter Tel. 089 / 271 33 54 und www.muenchner-filmzentrum.de. Rollstuhlfahrer / Hörgeschädigte Der Kinosaal im Untergeschoss ist über einen Aufzug für Rollstuhlfahrer zugänglich. Die Behindertentoilette befindet sich im Untergeschoss neben dem Kinoeingang. Das Kino ist mit einer Induktionsschleife für Hörgerätebesitzer ausgestattet. Saalmikrofon Das Kino verfügt über ein Saalmikrofon zur Kontrolle des Kinotons durch die Filmvorführer. Verkehrsverbindung Sie erreichen das Filmmuseum in 5 Gehminuten vom U/S-Bahnhof Marienplatz oder in 7 Gehminuten vom U-Bahnhof und der Trambahnhaltestelle Sendlinger Tor. Mitgliederversammlungen des Münchner Filmzentrums e.V. (MFZ) Die für alle Interessierten öffentlichen Mitgliederversammlungen des Fördervereins des Filmmuseums finden einmal im Monat montags um 19 Uhr im Gotischen Zimmer des Ignaz-Günther-Hauses (St.-Jakobs-Platz 20, 80331 München, 1. Stock) statt. Termine: 14. September 2015, 12. Oktober 2015, 9. November 2015, 14. Dezember 2015, 11. Januar 2016 und 15. Februar 2016. Informationen: kontakt@muenchner-filmzentrum.de. »Open Scene« am Donnerstag Die Termine am Donnerstag sind teilweise für aktuelle Sonderveranstaltungen reserviert. Das Programm wird etwa acht Tage vorher festgelegt und in den Schaukästen an der Kinokasse, im E-Mail-Newsletter, unter www.muenchner-stadtmuseum.de/film/open-scene.html, auf Facebook, auf Twitter und durch Ankündigungen in der Tagespresse bekannt gegeben. Impressum Landeshauptstadt München. Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum, St.-Jakobs-Platz 1, 80331 München, 089/233 20538, E-Mail: filmmuseum@muenchen.de · Redaktion: Stefan Drößler, Claudia Engelhardt, Christoph Michel, Klaus Volkmer · Gestaltung: Heiner Gassen, München · Druck: BluePrint AG, München Shi Hui, Stummfilmtage, Jean Paul Gaultier Auch wenn chinesische Filme inzwischen regelmäßig an Filmfestivals teilnehmen und auch gelegentlich im Kinoverleih auftauchen, so ist über die Geschichte des chinesischen Kinos im Westen nur sehr wenig bekannt. 2014 hat das Filmmuseum zum ersten Mal im direkten Kontakt mit dem China Film Archive in Beijing chinesische Stummfilme gezeigt, im neuen Programm gibt es nun zum ersten Mal überhaupt eine größere Retrospektive eines der wichtigsten Schauspieler und Filmemacher aus dem Shanghai der 1940er- und 1950er-Jahre: Shi Hui, der vor 100 Jahren geboren wurde. Er starb im Alter von nur 42 Jahren, nachdem er, der schon im vorrevolutionären China für engagierte, sozial geprägte Kunst stand und 1950 mit MEIN LEBEN einen der ganz großen Klassiker der Filmgeschichte gedreht hat, sich 1957 während der »Anti-Rechts-Kampagne« heftigster Kritik ausgesetzt sah. Seine Filme waren in China lange Zeit nicht zu sehen. Nun laufen sie in neu restaurierten digitalen Fassungen erstmals in Europa, als Kooperation zwischen China Film Archive, China Film Consult, Filmmuseum München und Filmarchiv Austria. 3 Stummfilmtage . . . 6 Jean Paul Gaultier . . . 11 Ingrid Bergman . . . 22 Hollywood ohne Schranken . . . 33 Wahn und Kunst . . . 38 Underdox . . . 39 Film und Psychoanalyse . . . 41 Flucht und Zuflucht . . . 43 Wolf-Eckart Bühler . . . Ein weiteres Meisterwerk des chinesischen Films ist der Stummfilm LIEBE UND PFLICHTEN mit der großartigen Ruan Lingyu, der ebenfalls in einer neuen digitalen Restaurierung des Taipei Film Archive erstmals in Europa zu sehen ist. Die Stummfilmtage eröffnen wie gewohnt die neue Saison nach der Sommerpause. Viele andere Archive steuern zu diesem Programm Raritäten und Beispiele ihrer Restaurierungsarbeiten bei. Die deutsche Komödie DOKTOR SATANSOHN mit Ernst Lubitsch in der Titelrolle ist der Beitrag des Filmmuseums München und ist das Resultat einer Arbeit, die weniger in der Öffentlichkeit steht. Sie ermöglicht uns den internationalen Austausch von Filmen mit anderen Archiven und Kinematheken, ohne die unser Programm nicht zu realisieren wäre. 2015 laufen vom Filmmuseum restaurierte Filme auf Filmfestivals, in Archivkinos und Museen in Moskau, Barcelona, Paris, London, New York, Tokyo, Venedig, Seoul, Belgrad, Athen, Buenos Aires, Stockholm – um nur einige der wichtigsten Orte zu nennen. 47 Rumänisches Filmfestival . . . Mit Jean Paul Gaultier widmen wir erstmals eine Filmreihe einem Modeschöpfer und Kostümdesigner, dem die Hypo-Kunsthalle eine große Ausstellung widmet. Wir freuen uns, dass Jean Paul Gaultier für unser Programmheft eigene Texte verfasst hat und an einem Abend ins Filmmuseum kommen wird. Weitere Gäste erwarten wir auch bei den anderen Reihen, insbesondere bei unserem Rumänischen Filmfestival, das in diesem Jahr im November/Dezember stattfindet, sowie beim Programm FilmWeltWirtschaft im Januar, das erstmals in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales organisiert wird. 82 Kalenderübersicht . . . Wir freuen uns, wenn unser vielfältiges Programm, das von Stummfilmen mit Live-Musik, ungezügeltem Hollywoodkino der frühen 1930er-Jahre, den großen Retrospektiven zu Ingrid Bergman und François Truffaut, den agitatorisch-polemischen Werken von Heynowski & Scheumann bis hin zu den neuen Filmen von Jean-Marie Straub reicht, Ihr Interesse findet. Das Filmmuseum versucht, Filmgeschichte im Kino lebendig zu halten, und zu großartigen Kinoerlebnissen gehört natürlich auch ein interessiertes Publikum. Ihr Filmmuseum 51 Shi Hui . . . 57 Zuschauerkino . . . 58 Francesco Rosi . . . 61 Jean-Marie Straub . . . 64 François Truffaut . . . 76 Heynowski & Scheumann . . . 81 FilmWeltWirtschaft . . . R = Regie · B = Drehbuch · K = Kamera · M = Musik · S = Schnitt · D = Darsteller · P = Produktion · OF = Originalfassung · OmU = Originalfassung mit deutschen Untertiteln · OmeU = Originalfassung mit englischen Untertiteln · OmfU = Originalfassung mit französischen Untertiteln · OmÜ = Originalfassung mit deutscher Übersetzung · dtF = deutsche Synchronfassung · \ = Live-Musikbegleitung · 2 = Einführung · / = Zu Gast Stummfilmtage Rückblick 2 13. März 2015: Der Leiter des Tschechischen Zentrums Ondřej Černy, Filmemacherin Jasmina Bralić-Blažević und Produzentin Kateřina Černá präsentieren CESTA – PORTRéT VĚRY CHYTiLOVé. 20. März 2015: Publikumsdiskussion nach der Vorführung von iM LABYRiNTH DES SCHWEiGENS mit Drehbuchautorin Elisabeth Bartel und Regisseur Giulio Ricciarelli. 24. April 2015: Regisseur Eugène Green mit seinem Film LA SAPiENZA und der Architekturhistoriker Mathieu Wellner sind Gäste der 15. Architekturfilmtage im Filmmuseum. 11. Juni 2015: Dunja Bialas stellt den britischen Künstler John Smith vor, der im Rahmen der underdox-Halbzeit seine experimentellen Kurzfilme im Filmmuseum präsentiert. 23. Juni 2015: Pedro Costa eröffnet im Filmmuseum mit OSSOS (HAuT uND KNOCHEN) ein Programm mit allen Filmen seiner »Fontainhas-Tetralogie« . 27. Juni 2015: Alexander Payne, dem das Filmfest München seine Retrospektive gewidmet hat, ist bei vielen Vorführungen im Filmmuseum anwesend und diskutiert mit dem Publikum seine Filme. Stummfilmtage Internationale Stummfilmtage THE WAY OF THE STRONG 3 Das Filmmuseum München beginnt sein neues Programm traditionsgemäß mit einer Auswahl von seltenen und neu rekonstruierten Stummfilmen aus dem Programm der »Bonner Stummfilmtage«, des größten deutschen Stummfilmfestivals. Zur Aufführung gelangen die besten Kopien der jeweiligen Filme, oft wertvolle Unikate, für die namhafte Stummfilmmusiker neue Musikbegleitungen ausarbeiten und live einspielen. Die einzelnen Filme werden ausführlicher auf der Website der Bonner Veranstaltung (www.internationalestummfilmtage.de) und in einem Programmheft vorgestellt, das an der Kinokasse ausliegt. Die Auswahl für das Programm des Münchner Filmmuseums konzentriert sich auf Raritäten, die in München lange nicht mehr oder noch nicht zu sehen waren. Es sind sehr unterschiedliche Filme aus verschiedenen Ländern und Kontinenten, die die Vielfältigkeit und hohe Qualität des Stummfilmschaffens dokumentieren. Die meisten Filmkopien sind das Ergebnis aufwändiger Restaurierungsarbeiten der Filmarchive, die in der Fédération Internationale des Archives du Film (FIAF) zusammengeschlossen sind. Stefan Drößler Doktor Satansohn | Deutschland 1916 | R+B: Edmund Edel | K: Ernst Krohn | D: Ernst Lubitsch, Hans Felix, Yo Larte, Marga Köhler, Erich Schönfelder | 44 min | Ernst Lubitsch spielt die Titelrolle in diesem unterhaltsamen Verwechslungsspiel mit gelungenen Trickaufnahmen. Die alternde Ilona hat ein Auge auf ihren Schwiegersohn geworfen und will sich deshalb verjüngen. Satansohn verwandelt sie daraufhin in ihre Tochter. – Synthetic Sin (Erfahrene Frau gesucht) | USA 1929 | R: William A. Seiter | B: Thomas J. Geraghty, nach dem Stück von Fanny und Frederic Hatton | K: Sidney Hickox | D: Colleen Moore, Antonio Moreno, Kathryn McGuire, Getrude Astor | 72 min | OF | Ein unerfahrenes Mädchen kommt nach New York, um das sündhafte Großstadtleben kennenzulernen. Die äußerst unterhaltsame Komödie lebt vom Stummfilmstar Colleen Moore, Inbegriff des flapper girl der roaring twenties. ▶ Donnerstag, 3. September 2015, 19.00 Uhr | Live- Musik: Richard Siedhoff | Einführung: Stefan Drößler Činy i ljudi (Auf den Hund gekommen) | SU 1929 | R: Michail Doller, Jakov Protazanov | B: Oleg Leonidov, Stummfilmtage 4 Jakov Protazanov, nach den Kurzgeschichten »Anna am Halse«, »Der Tod des Beamten« und »Ein Chamäleon« von Anton Čechov | K: Konstantin Kuznecov | D: Michail Tarchanov, Marija Strelkova, Ivan Moskvin, Vladimir Jeršov, Vladimir Popov | 73 min | OmU | Drei Erzählungen von Anton Čechov in einem exzellenten Episodenfilm mit exquisiten Bildkompositionen, gutem Timing und zwei berühmten Darstellern des Moskauer Künstlertheaters in Hauptrollen: Michail Tarchanov und Ivan Moskvin. Eine Frau aus der Unterschicht heiratet einen reichen Mann, ein Büroangestellter muss während einer Opernaufführung dauernd niesen, ein Hündchen verursacht Aufregung und einen Polizeieinsatz. Einer der wenigen Episodenfilme, in denen alle drei Geschichten gleichwertig gelungen sind und sich ergänzen. ▶ Freitag, 4. September 2015, 18.30 Uhr | Live-Musik: Richard Siedhoff The Sheik of Araby | USA 1927 | R: Dave Fleischer | 7 min | OF | Ein Zeichentrickfilm zum Mitsingen: Ein hüpfender Ball über den Wörtern des Liedtexts gibt dem Publikum den Rhythmus vor. – Beau Geste (Blutsbrüderschaft) | USA 1926 | R: Herbert Brenon | B: John Russell, Paul Schofield, Herbert Brenon, nach dem Roman von P.C. Wren | K: J. Roy Hunt | D: Ronald Colman, Neil Hamilton, Ralph Forbes, Alice Joyce, Mary Brian | 125 min | OF | In der nordafrikanischen Wüste wird ein verlassenes Fort entdeckt, dessen Bewohner allesamt getötet wurden. In einer großen Rückblende wird die Geschichte von drei englischen Brüdern erzählt, die der Fremdenlegion beitreten und sich gegen einen sadistischen Kommandanten und gegen Angriffe der Tuareg wehren müssen. Ein selten gezeigter Filmklassiker, von dem nur diese einzige, leider auf Tonfilmformat umkopierte und somit auf der linken Bildseite leicht beschnittene 35mm-Filmkopie existiert. ▶ Freitag, 4. September 2015, 21.00 Uhr | Live-Musik: Günter A. Buchwald Norrtullsligan (Weibliche Junggesellen) | Schweden 1923 | R: Per Lindberg | B: Hjalmar Bergman, nach dem Roman von Elin Wägner | K: Ragnar Westfelt | D: Tora Teje, Inga Tidblad, Renée Björling, Linnéa Hillberg, Egil Eide | 76 min | OmU | Ungewöhnlicher Stummfilm, der vier Büroangestellte zeigt, die in einer Wohngemeinschaft leben und sich in einer von Männern dominierten Welt zu behaupten wissen. Dabei zeigt der Film die sozialen Verhältnisse präzise und genau, ohne dabei seine komödiantische Grundstimmung aufzugeben. Die lakonischen Zwischentitel stammen direkt aus dem Roman der Schriftstellerin und Journalistin Elin Wägner, der dem Film zugrunde liegt. Das Schwedische Filminstitut hat den Film neu restauriert und die originalen Zwischentitel wieder eingefügt sowie die zeitgenössischen Einfärbungen der Szenen wieder hergestellt. ▶ Samstag, 5. September 2015, 18.30 Uhr | Live-Musik: Günter A. Buchwald Varieté | Deutschland 1925 | R: Ewald André Dupont | B: Leo Birinski, Ewald André Dupont, nach dem Roman »Der Eid des Stephan Huller« von Felix Holländer | K: Karl Freund | D: Emil Jannings, Lya de Putti, Warwick Ward, Maly Delschaft, Georg John, Kurt Gerron | 104 min | Ein Trapezartist verlässt seine Familie wegen einer verführerischen Tänzerin. Zusammen mit ihr und einem italienischen Luftakrobaten bildet er ein Trio, das als Sensation im Berliner Wintergarten auftritt. Der für seine visuelle Gestaltung und entfesselte Kamera gerühmte Film war insbesondere in den USA ein großer Erfolg. Die digitale restaurierte Fassung von Murnau- Stiftung und Filmarchiv Austria, zu der das Filmmuseum München auch Szenen aus seiner Filmkopie beisteuerte, läuft in einer leicht überarbeiteten Form mit einer Musikbegleitung im Stil der Zeit. ▶ Samstag, 5. September 2015, 18.30 Uhr | Live-Musik: Richard Siedhoff Dva Dni (Zwei Tage) | Ukraine 1927 | R: Heorhii Stabovyi | B: Solomon Lazurin | K: Danylo Demutskyi | D: Ivan Zamychkovskyi, Sergeiy Minin, Valeriy Hakkebush, Olga Nazarova, Mili Taut-Korso | 66 min | OmU | Ein beeindruckendes Kammerspiel um einen alten Diener in einer feudalen Villa, die im russischen Bürgerkrieg abwechselnd von den Weißen und den Roten besetzt wird. Erstaunlich ungeschönt und fernab der stereotypischen Klischees des russischen Revolutionsfilms beschreibt der Film die Verhaltensweisen sowohl der Revolutionäre als auch der Verteidiger des alten Systems. Der erst kürzlich wiederentdeckte Film wurde wegen seiner Hauptfigur und seiner Kameraarbeit mit Murnaus DER LETZTE MANN verglichen und war der erste Film aus der Ukraine, der auch in den USA im Kino lief. Das Setdesign wurden vom Heinrich Beisenherz gestaltet, der im deutschen Film von der Stummfilmzeit bis Ende der 1950er-Jahre aktiv war, von 1925 bis 1930 in der Ukraine arbeitete und dort großen Einfluss auf die ukrainischen Filmtechniker ausübte. ▶ Sonntag, 6. September 2015, 18.30 Uhr | Live-Musik: Joachim Bärenz The Playhouse (Busters Bunte Bühne) | USA 1921 | R+B: Buster Keaton, Edward F. Cline | K: Elgin Lessley | D: Buster Keaton, Virginia Fox, Joe Roberts, Ford West, Edward S. Cline | 23 min | OF | Ein ausgeklügeltes Spiel mit Doppelungen, Symmetrien und Spiegelungen: Als Bühnenabeiter in einem Vaudeville-Theater verliebt sich Buster in ein Mädchen, das eine Zwillingsschwester hat. – The Way of the Strong (Der Weg des Starken) | USA 1928 | R: Frank Capra | B: Peter Milne | K: Ben F. Reynolds | D: Mitchell Lewis, Alice Day, Margaret Livingston, Theodor Von Eltz, William Bailey | 61 min | OF | »Handsome« Williams, dessen Spitzname sich ironisch auf sein hässliches Gesicht bezieht, betreibt ein Café, verdient sein Geld aber mit Alkoholschmuggel. Nach einer Schießerei mit einer konkurrierenden Gang kümmert er sich um eine blinde Straßenmusikerin, die sich in ihn verliebt. Ein spannender Gangsterfilm, der geschickt mit den Klischees des Genres spielt. ▶ Sonntag, 6. September 2015, 21.00 Uhr | Live-Musik: Günter A. Buchwald Oi peripeteies tou Villar (Die Abenteuer des Vilar) | Griechenland 1924 | R+K: Joseph Hepp | B: Nikos Sfakianakis | D: Nikos Sfakianakis, Nitsa Filosofou | 23 min | OmU | Der früheste erhaltene griechische Film mit Spielhandlung zeigt einen seinerzeit populären Komi- ▶ Dienstag, 8. September 2015, 18.30 Uhr | Live-Musik: Joachim Bärenz Lian ai yu yi wu (Liebe und Pflichten) | China 1931 | R: Wancang Bu | B: Shilin Zhu, nach einem Roman von Stephanie Rosen-hua | K: Shaofen Huang | D: Lingyu Ruan, Yan Jin, Jiqun Liu, Yanyan Chen | 152 min | OmeU | Berühmte Verfilmung eines chinesischen Bestseller-Romans, den die mit einem Chinesen verheiratete Polin Stephanie Rosen 1924 unter dem Namen Hua Louchen veröffentlichte. In dem Familiendrama geht es um eine Frau, die sich selbst treu bleibt, sich gegen die feudalen Traditionen stellt und ein selbstbestimmtes Leben führen möchte. Der legendäre Star des chinesischen Stummfilms, die früh verstorbene Ruan Lingyu, brilliert als Studentin, Mutter, und am Ende sogar in einer Doppelrolle als alte Frau und Tochter. Die Außenaufnahmen des vom taiwanesischen Filmarchiv digital restaurierten und in dieser Form zum ersten Mal in Europa gezeigten Meisterwerks des chinesischen Stummfilms entstanden in den Straßen von Shanghai. ▶ Mittwoch, 9. September 2015, 19.00 Uhr | Live-Musik: Joachim Bärenz Stummfilmtage ker, der sich in eine Frau verliebt und ihr durch ganz Athen nachjagt. – La proie du vent (Die Beute des Windes) | Frankreich 1927 | R+B: René Clair, nach dem Roman »L’aventure amoureuse de Pierre Vignal« von Armand Mercier | K: Nicolas Roudahoff, Emile Gondois | D: Charles Vanel, Lillian Hall-Davis, Sandra Milovanoff, Jean Murat, Jim Gérald | 83 min | OmU | Ein Flugzeugpilot gerät in einen Sturm und muss auf einem slowenischen Anwesen mit Schloss notlanden. Der verletzte Pilot wird von der verführerischen Gräfin gepflegt. Er stellt ihr nach und entdeckt, dass sie noch eine verrückte Schwester hat, die ebenfalls in dem Schloss wohnt. Ein stilistisch eleganter Abenteuerfilm mit erotischen Szenen, die sich über das Rauchen von Zigaretten vermitteln. 5 Pedro Almodóvar, Victoria Abril und Jean Paul Gaultier bei den Dreharbeiten zu KiKA. Jean-Paul Gaultier Das Kino des Jean Paul Gaultier 6 Es gibt einen Film, der mich stark geprägt hat – mein Leben, meinen Werdegang, meine Träume. Er heißt FALBALAS, stammt aus dem Jahr 1945 und handelt von einem Modemacher. Ich sah ihn als kleiner Junge im Fernsehen, es war ein Erweckungserlebnis. Die Kostüme der Darsteller und die Arbeit des Couturiers faszinierten mich. Ich wusste sofort: Genau das will ich auch machen! Von da an träumte ich jede Nacht davon, Modedesigner zu werden. Ich war mir sicher, dass mir die Mode ein besseres Leben ermöglichen würde. Mit 18 fing ich bei Pierre Cardin an. Von diesem Punkt an wurde mein Traum Wirklichkeit. Viel mehr noch: Ich fand darin die totale Erfüllung. Ich liebe meine Arbeit. Sie hält jeden Tag Überraschungen bereit. Der kreative Prozess ist kaum vorhersagbar, das motiviert mich immerzu aufs Neue. Heute fühle ich mich wie ein Kind, das den ganzen Tag spielen darf. Das ist natürlich ein großer Luxus, ein wahrer Traum. Was ich mache, kommt mir nicht wie Arbeit vor. Und dieses Gefühl will ich mir unbedingt bewahren. 38 Jahre lang habe ich Prêt-à-porter-Mode entworfen. Im Laufe der Zeit hat sich dieses Segment stark ver- ändert. Es geht nicht mehr nur um eine gute Kollektion, sondern vor allem um cleveres Marketing. Das interessiert mich aber nicht. Prêt-à-porter hat nichts mehr mit meinem Traum zu tun, mit diesem Couturier aus FALBALAS. Deshalb habe ich mich voriges Jahr davon verabschiedet und beschlossen, künftig nur noch HauteCouture-Mode zu entwerfen. In meinen Tagträumen sehe ich manchmal Dinge, die nicht existieren. So lief ich einmal, von der Realität entrückt, durch Paris und kam an einem Plakat vorbei. Es zeigte ein Model mit einer Häkelmütze, einem Schal und Handschuhen. Kurz entstand der Eindruck, die drei Teile gingen ineinander über. Ich blieb verwundert stehen und musste erkennen, dass ich geträumt und mich getäuscht hatte. Gleichzeitig fand ich die Idee eines solchen Bekleidungsstücks toll. Auf diese Art entsteht zumindest ein Teil meiner Entwürfe. Mittlerweile wird meine Mode im Museum gezeigt. Als man mit dieser Idee auf mich zukam, war ich zunächst wenig begeistert. Museen feiern in der Regel tote Menschen. Was soll das mit meiner Mode zu tun haben? Meine Einstellung dazu hat sich jedoch geändert. Weil mir die Möglichkeit gegeben wurde, meine Werke sehr Jean-Paul Gaultier lebhaft zu inszenieren: mit Puppen, denen per Hologramm echte Gesichter auf den Kopf projiziert werden. Dadurch entsteht beim Zuschauer der Eindruck, sie wären lebendig und würden mit ihm sprechen. Zu Beginn meiner Karriere hätte ich nie davon zu träumen gewagt, dass meine Entwürfe eines Tages von weltberühmten Popstars getragen werden. Die Arbeit mit diesen kreativen Menschen verfolgt mich manchmal bis in meinen Schlaf. Vor einigen Jahren träumte ich zum Beispiel von Madonna. Das war lange nach ihrer »Blond Ambition«-Tour, für die ich die Bühnenkostüme entworfen hatte. In meinem Traum ging es um Sex. Es war schräg, aber mehr verrate ich nicht. Ein Gentleman schweigt. Jean Paul Gaultier ZEIT-Magazin 16/2015 7 Die Filmreihe begleitet die Ausstellung »Jean Paul Gaultier: From the Sidewalk to the Catwalk« in der Kunsthalle der HypoKulturstiftung, die vom 18. September 2015 bis zum 14. Februar 2016 zu sehen ist. The Fifth Element (Das fünfte Element) | Frankreich 1997 | R: Luc Besson | B: Luc Besson, Robert Mark Kamen | K: Thierry Arbogast | M: Eric Serra | D: Bruce Willis, Gary Oldman, Ian Holm, Milla Jovovich, Chris Tucker | 126 min | OmU | Jean Paul Gaultier schuf die Kostüme für diesen visuell beeindruckenden ScienceFiction-Thriller um einen Taxifahrer, der unfreiwillig in den Kampf zur Rettung der Erde verwickelt wird. »Ich hatte das große Privileg, in meiner Karriere nur mit Leuten zusammenzuarbeiten, die ich verehre, so wie Luc Besson, Pedro Almodóvar oder Madonna. Die Arbeit mit ihnen ist inspirierend wie ein Hauch frischer Luft, da ich mich in den Dienst einer größeren Geschichte stellen muss. Wenn ich meine Kollektionen kreiere, führe ich gleichzeitig Regie, schreibe das Script, besetze die Rollen und wähle die Musik aus.« (Gaultier) ▶ Dienstag, 8. September 2015, 21.00 Uhr Falbalas (Sein letztes Modell) | Frankreich 1945 | R: Jacques Becker | B: Maurice Aubergé, Jacques Becker, Maurice Griffe | K: Nicolas Hayer | M: Jean-Jacques Grünenwald | D: Raymond Rouleau, Micheline Presle, Jean Chevrier, Jeanne Fusier-Gir, Gabrielle Dorziat | 111 min | OmeU | Ein erfolgreicher Modeschöpfer und Frauenheld verliebt sich in die Verlobte seines besten Freundes. »Dieser Film zeigte mir, wie ich Mode machen wollte – als jemand, der permanent in Aktion ist, die Kleider entwirft, die Ankleideproben selber ausführt und eine Muse hat. Er zeichnete ein sehr gutes Bild des Berufs.« (Gaultier) – Les falbalas de Jean Paul Gaultier (Die Rüschen von Jean Paul Gaultier) | Frank- reich 2004 | R+B: Tonie Marshall | K: Gérard de Battista, Tonie Marshall, Nathan Miller | M: Labo Orchestra | 54 min | OmeU | Dokumentarfilm von Tonie Marshall, der Tochter von Micheline Presle (FALBALAS). ▶ Dienstag, 15. September 2015, 19.00 Uhr | Einführung: Jean Paul Gaultier Madonna: Truth or Dare (In Bed with Madonna) | USA 1991 | R: Alek Keshishian | K: Christophe Lanzenberg, Robert Leacock, Doug Nichol, Daniel Pearl, Toby Phillips, Mark Reshovsky | 120 min | OmU | »Die Zusammenarbeit mit Madonna bei ihrer ›Blond Ambition‹Tour bleibt für mich eine der besten Zusammenarbeiten, die ich je erlebt habe. Wir waren Seelenverwandte. Sie wusste genau was sie wollte, ließ mir aber gleichzeitig vollständige kreative Freiheit. Ich war ein Fan von ihr schon bevor ich sie persönlich kennenlernte. Sie trug eines meiner Korsettkleider bei der Premiere des Films DESPERATELY SEEKING SUSAN. Als ich dann einige Jahre später die Nachricht erhielt, sie hätte angerufen, hielt ich das zunächst für einen Scherz meiner Presseabteilung.« (Gaultier) ▶ Dienstag, 22. September 2015, 21.00 Uhr Kind Hearts and Coronets (Adel verpflichtet) | GB 1949 | R: Robert Hamer | B: Robert Hamer, John Dighton, nach dem Roman von Roy Horniman | K: Dou- Jean-Paul Gaultier 8 glas Slocombe | M: Ernest Irving | D: Alec Guinness, Dennis Price, Valerie Hobson, Joan Greenwood, Audrey Fildes | 106 min | OmU | Die schwarzhumorige Lebensbeichte eines zum Tode Verurteilten, der adeligen Ursprungs ist, aber acht Thronanwärter beseitigen muss, um selber Herzog zu werden. »Wer kann jemals Alec Guinness vergessen, der in diesem Film acht Mal sterben muss? Als ich aufwuchs, war dies die exemplarische englische Komödie, die mich mit dem britischen Humor vertraut machte, der sich vom französischen deutlich unterscheidet.« (Gaultier) ▶ Dienstag, 29. September 2015, 21.00 Uhr La cité des enfants perdus (Die Stadt der verlorenen Kinder) | Frankreich 1995 | R: Jean-Pierre Jeunet & Marc Caro | B: Jean-Pierre Jeunet, Marc Caro, Gilles Adrien | K: Darius Khondji | M: Angelo Badalamenti | D: Ron Perlman, Daniel Emilfork, Judith Vittet, Dominique Pinon, Jean-Claude Dreyfus | 112 min | OmU | Eine skurrile, surreale schwarze Komödie um einen dementen Wissenschaftler, der Kinder kidnappen lässt, um ihnen in seinem Laboratorium ihre Träume zu stehlen. »Ich erinnere mich an den Schock, als ich Caro & Jeunets ersten Film DELIKATESSEN sah. Als die beiden mich fragten, ob ich die Kostüme für ihren zweiten Film gestalten wollte, zögerte ich nicht zuzusagen.« (Gaultier) ▶ Dienstag, 6. Oktober 2015, 21.00 Uhr A Streetcar Named Desire (Endstation Sehnsucht) | USA 1951 | R: Elia Kazan | B: Tennessee Williams, nach seinem Stück | K: Harry Stradling | M: Alex North | D: Vivien Leigh, Marlon Brando, Kim Hunter, Karl Malden | 122 min | OF | Blanche DuBois zieht bei ihrer Schwester Stella ein und wird konfrontiert mit dem New Orleans der 1940er-Jahre und ihrem rücksichtslosen Schwager Stanley, der ihre Vergangenheit schonungslos aufdeckt. »Marlon Brando ist für mich die ultimative männliche Mode-Ikone. Seine Darstellung in A STREETCAR NAMED DESIRE strahlt Sex und Gewalt aus, aber auch eine gewisse Zerbrechlichkeit. In seinem verschwitzten T-Shirt in A STREETCAR NAMED DESIRE oder in seiner Bikerjacke in THE WILD ONE machte er einen unauslöschlichen Eindruck auf mich und wurde zu einer konstanten Inspirationsquelle.« (Gaultier) ▶ Dienstag, 13. Oktober 2015, 21.00 Uhr My Beautiful Laundrette (Mein wunderbarer Waschsalon) | GB 1985 | R: Stephen Frears | B: Hanif Kureishi | K: Oliver Stapleton | M: Ludus Tonalis | D: Daniel Day-Lewis, Gordon Warnecke, Roshan Seth, Saeed Jaffrey, Shirley Ann Field | 97 min | OF | Ein junger Pakistani Omar und Johnny, ein Punk von der Straße verlieben sich ineinander, als sie den heruntergekommenen Waschsalon von Omars Onkel renovieren. »Manchmal reicht ein Bild, um mein Interesse an einem Film zu erwecken. Genau das passierte im Fall von MY BEAUTIFUL LAUNDRETTE: Ich wusste nichts von diesem Film als ich das Plakat sah, ihn unbedingt sehen musste und mich sofort in ihn verliebte.« (Gaultier) ▶ Dienstag, 20. Oktober 2015, 21.00 Uhr Behind the Candelabra (Liberace – Zu viel des Guten ist wundervoll) | USA 2013 | R+K: Steven Soderbergh | B: Richard LaGravenese, nach dem Buch von Scott Thorson und Alex Thorleifson | M: Marvin Hamlisch | D: Michael Douglas, Matt Damon, Rob Lowe, Scott Bakula, Dan Aykroyd | 118 min | OmU | Im Las Vegas der 1970er-Jahre lernt der schwule exzentrische Star- und Showpianist Liberace den 17-jährigen Scott kennen, beschäftigt ihn als Fahrer und führt ihn in die Glamourwelt des Showbusiness ein. »Beeindruckende Schauspielleistungen von allen Beteiligten: Michael Douglas, Matt Damon und vor allem Rob Lowe als Schönheitschirurg. Ich habe das Liberace Museum in Las Vegas besucht. Als Persönlichkeit war Liberace tatsächlich überlebensgroß.« (Gaultier) ▶ Dienstag, 27. Oktober 2015, 21.00 Uhr Jean-Paul Gaultier The Rocky Horror Picture Show | USA 1975 | R: Jim Sharman | B: Jim Sharman, Richard O'Brien, nach einem Bühnenstück von Richard O'Brien | K: Peter Suschitzky | M: Richard O'Brien | D: Tim Curry, Susan Sarandon, Barry Bostwick, Peter Hinwood, Patricia Quinn | 100 min | OF | Ein frisch verheiratetes Paar landet nach einer Autopanne in einem mysteriösen Schloss. »Ich habe die originale ›Rocky Horror Show‹ in einem Theater in der Kings Road gesehen, weil mir das Plakat gefiel: Große rote Lippen und Blut. Tim Curry spielte schon Dr. Frank-N-Furter. Ich mag auch den Film, ich habe ihn oft gesehen, als er ein Mitternachtskultfilm wurde und die Besucher sich wie die Darsteller kostümierten.« (Gaultier) 9 ▶ Dienstag, 3. November 2015, 21.00 Uhr Querelle – Ein Pakt mit dem Teufel | BRD 1982 | R: Rainer Werner Fassbinder | B: Rainer Werner Fassbinder, Burkhard Driest, nach dem Roman von Jean Genet | K: Xaver Schwarzenberger | M: Peer Raben | D: Brad Davis, Franco Nero, Jeanne Moreau, Laurent Malet, Hanno Pöschl | 108 min | engl. OF | Rainer Werner Fassbinder setzt Genets Roman über Homosexualität, Diebstahl und Verrat in einen surrealen Traum um, der in einer phallusgespickten künstlichen Studiowelt spielt. »QUERELLE inspirierte eine meiner Kollektionen. In derselben, in der ich das erste Korsettkleid zeigte, verwendete ich die Streifen der Matrosenhemden. Ich habe sogar Teile der Filmmusik für den Soundtrack meiner Show genutzt. Matrosen und die Streifen der Matrosenhemden sind seitdem fester Bestandteil meines Stils.« (Gaultier) ▶ Dienstag, 10. November 2015, 21.00 Uhr The Cook, the Thief, His Wife and Her Lover (Der Koch, der Dieb, seine Frau und ihr Liebhaber) | GB 1989 | R+B: Peter Greenaway | K: Sacha Vierny | M: Michael Nyman | D: Michael Gambon, Richard Bohringer, Helen Mirren, Alan Howard, Tim Roth, Roger Ashton Griffiths | 124 min | OmU | Manieristische Rachetragödie, die in einem Pariser Restaurant spielt. »Dies war meine erste Arbeit fürs Kino. Peter Greenaway zeigte mir Gemälde von Rembrandt und fragte mich, ob etwas machen könnte, das ähnlich aber modern sei. Ich sagte, dass ich mir das zutraue, und kam mit meinen Zeichnungen. Als ich später einen Tag lang am Set in den Pinewood-Studios verbrachte, war es schrecklich kalt. Greenaway ließ Helen Mirren die Szene, in der sie nackt im Kühlhaus ist, mindestens zehn Mal wiederholen.« (Gaultier) ▶ Dienstag, 24. November 2015, 21.00 Uhr Pink Flamingos | USA 1969 | R+B+K: John Waters | D: Divine, David Lochary, Mary Vivian Pearce, Mink Stole, Danny Mills | 107 min | OF | Ein Angriff auf den »guten Geschmack«, eine Komödie mit grenzwertigen Szenen: Der Transvestit Divine wird von einer Zeitung zur »filthiest person alive« ernannt und fordert damit die Marbles heraus, die einen Schwarzmarkt mit Babys unterhalten und ihm den Titel entreißen möchten. »John Waters und Divine, das war ein himmlisches Traumpaar für die einen, und ein höllisches für andere. Als ich in den frühen 1980ern nach New York flog, ging ich direkt vom Flughafen aus ins Kino, um die Filme zu sehen, die ich in Paris nicht sehen konnte. Die Filme von John Waters gehörten zu meinen Favoriten.« (Gaultier) ▶ Dienstag, 1. Dezember 2015, 21.00 Uhr Satyricon (Fellinis Satyricon) | Italien 1969 | R: Federico Fellini | B: Federico Fellini, Bernardino Zapponi, nach dem Roman von Petronius | K: Giuseppe Rotunno | M: Nino Rota | D: Martin Potter, Hiram Keller, Max Born, Magali Noël, Alain Cuny | 128 min | OmU | Im derben, erotisch ausschweifenden und hedonistischen Rom unter Kaiser Nero versuchen zwei Jünglinge, sich bei der Werbung um die Gunst eines Lustknaben gegenseitig auszustechen. »Dies ist einer meiner absoluten Lieblingsfilme aller Zeiten. Fellinis fantastische Aus- malung des dekadenten Roms. Ich weiß gar nicht, was ich mehr liebe: die Schönheit der Schauspieler oder die Schönheit der Setdesigns.« (Gaultier) ▶ Dienstag, 8. Dezember 2015, 21.00 Uhr Jean-Paul Gaultier All About Eve (Alles über Eva) | USA 1950 | R+B: Joseph L. Mankiewicz | K: Milton R. Krasner | M: Alfred Newman | D: Bette Davis, Anne Baxter, George Sanders, Celeste Holm, Marilyn Monroe | 138 min | OmU | Mehrfach preisgekrönte, unter anderem mit sechs Oscars ausgezeichnete böse Tragikomödie um eine Schauspielerin, die auf der Höhe ihres Ruhms am Broadway steht. Sie begegnet einer glühenden Verehrerin und nimmt sie unter ihre Fittiche. »Bette Davis als eine alternde Schauspielerin wird von einer jungen Newcomerin betrogen. Bette Davis ist die Verkörperung des Hollywood-Glamours. Ich widmete ihr eine Hommage mit meiner Couture Collection ›The Cinema‹.« (Gaultier) 10 SATYRiCON ▶ Dienstag, 15. Dezember 2015, 21.00 Uhr La mala educación (Schlechte Erziehung) | Spanien 2004 | R+B: Pedro Almodóvar | K: José Luis Alcaine | M: Aberto Iglesias | D: Gael García Bernal, Fele Martínez, Daniel Giménez Cacho, Lluís Homar, Francisco Boira | 106 min | OmU | Der erfolgreiche Regisseur Enrique Godet begegnet im Madrid der 1980er-Jahre dem angeblichen ehemaligen Internatsfreund Ignacio, der ihm eine selbstverfasste Novelle um einen Transvestiten überreicht. Diese wirft ihn in seine eigene Kindheit und Jugendzeit zurück. »Meine zweite Zusammenarbeit mit Almodóvar. Er bat mich, Gael García Bernal als Frau zu kleiden. Ich stellte ihn mir vor in einem Kleid, das mit sexuellen Attributen bestickt sein sollte, doch Bernal war überhaupt nicht glücklich darüber, einen schwulen Transvestiten zu spielen. Am Ende passte dann doch alles, und seine Performance war großartig.« (Gaultier) ▶ Samstag, 19. Dezember 2015, 21.00 Uhr Kika | Spanien 1993 | R+B: Pedro Almodóvar | K: Alfredo Mayo | D: Verónica Forqué, Peter Coyote, Victoria Abril, Àlex Casanovas, Rossy de Palma | 114 min | OmU | »Dies war meine erste Zusammenarbeit mit Pedro Almodóvar. Er ließ mir völlige Freiheit bei der Gestaltung der Kostüme von Kika, einer Reporterin eines trashigen Fernsehsenders. Seine einzige Vorgabe war: eine Mischung aus Punk und Las Vegas. So entwarf ich das Kostüm aus Samt mit explodierenden Brüsten und Blutstropfen. Die Ankleideproben mit Victoria und Pedro waren sehr speziell. Pedro äußerte eine Idee, Victoria antwortete ihm und beide begannen schon, die Szene zu spielen, während ich hinter ihnen herlief und versuchte, die Nadeln zu setzen.« (Gaultier) Les enfants du paradis (Kinder des Olymp) | Frankreich 1945 | R: Marcel Carné | B: Jacques Prévert | K: Roger Hubert | M: Maurice Thiriet | D: Jean-Louis Barrault, Arletty, Pierre Brasseur, Pierre Renoir, Maria Casarès | 183 min | OmU | Im Paris des 19. Jahrhunderts verlieben sich vier Männer in die schöne und charismatische Schauspielerin Garance: der Pantomime Baptiste Deburau, der angeberische Schauspieler Frédéric Lemaître und der anarchistische Gauner Lacenaire und Edouard, der Graf von Monteray. »LES ENFANTS DU PARADIS ist eine beeindruckende Saga aus der Pariser Theaterwelt der 1820er- und 1830er-Jahre mit der wunderschönen Arletty. Eine Liebeserklärung an eine verschwundene Welt, die ich nicht kannte, aber gerne erlebt hätte.« (Gaultier) ▶ Freitag, 18. Dezember 2015, 21.00 Uhr ▶ Sonntag, 20. Dezember 2015, 19.00 Uhr Ingrid Bergman Retrospektive Ingrid Bergman CASABLANCA 11 Es mag der Mythos eines einzigen Filmes sein, dessen schwarzweiße klare Strahlkraft ungebrochen bis in die Gegenwart hinein wirkt und gemeinhin noch heute als erstes mit ihrem Namen verbunden wird: CASABLANCA (1942). Diese weltumspannende, zeitlos wirkende Liebesgeschichte um Rick und Ilsa, die sich in den Wirren des Zweiten Weltkriegs in der Stadt an der Nordküste Marokkos wiederbegegnen, hat längt selbst ikonographischen Charakter erlangt. Das tröstliche »Wir haben immer noch Paris« ist ebenso zum allbekannten geflügelten Wort geworden wie das falsch übersetzte »Ich seh dir in die Augen, Kleines!« (im Original klingt das natürlich etwas anders: »Here’s looking at you, kid!«) und nicht zuletzt »Das ist der Beginn einer wunderbaren Freundschaft«. Herman Hupfelds weltbekannter Song »As Time Goes By«, gesungen von Dooley Wilson, ist von einem geradezu globalen Wiedererkennungseffekt. CASABLANCA ist in das kollektive Weltgedächtnis eingegangen. Ingrid Bergman selbst war über den Erfolg dieses Films – dem zum Zeitpunkt der komplizierten Dreharbeiten niemand größere Bedeutung beimaß und der beinahe in dieser Besetzung mit ihr und Humphrey Bogart überhaupt nie gedreht worden wäre –, zeit ihres Lebens immer sehr verwundert: »Während der Dreharbeiten hatten wir absolut kein Vertrauen in den Film, weil das Drehbuch so schlecht war. Es wurde ja auch Tag für Tag geschrieben. Nichts daran war klar, und wir wussten überhaupt nicht, wo es hinging. Ich wusste nicht einmal, welchen Mann ich wirklich lieben sollte. Bis zum Schluss wusste also niemand, wie der Film werden würde. Und dann, als alles geschnitten war, nach all den Schwierigkeiten und den Streitereien und dem Umschreiben – da kommt dieser absolut wunderschöne Film dabei heraus«, sagt sie einmal in einem ihrer selteneren Fernsehinterviews der CBC im Jahr 1971, selbst immer noch ganz entgeistert. Man glaubt es ihr. Ingrid Bergman – Ikone der Kinogeschichte, zeitloser Weltstar, Weltbürgerin in fünf Ländern und einzige Schauspielerin, die in fünf Sprachen drehte – ist weitaus mehr als die junge Protagonistin (sie ist zum Zeitpunkt der Dreharbeiten im Frühjahr 1942 gerade einmal 26 Jahre alt) aus dem Welterfolg CASABLANCA. Ihr Schaffen umspannt von den frühen 1930er-Jahren bis Alfred Hitchcock, ingrid Bergman Ingrid Bergman 12 in die frühen 1980er-Jahre genau ein halbes Jahrhundert: Gustaf Molanders Dreiecksgeschichte INTERMEZZO (Schweden 1936; US-Remake, USA 1939), Carl Froelichs UFA-Vorkriegs-Komödie DIE VIER GESELLEN (1938), Victor Flemings Literaturverfilmung DR. JEKYLL AND MR. HYDE (1941), Sam Woods epische Hemingway-Adaption FOR WHOM THE BELL TOLLS (1943), George Cukors meisterlich-mystischer Film noir GASLIGHT (1944), für den sie ihren ersten Oscar erhält, Stanley Donens leichtfüßiger INDISCREET (1957), Bernhard Wickis schwarzweiße DürrenmattVariation THE VISIT (1964), Gene Saks’ beschwingte CACTUS FLOWER (1969). Und viele, viele andere mehr. Hinzu kommen, insbesondere in den 1960er-Jahren, Fernsehspiele sowie diverse Theaterauftritte. Die drei wichtigsten Regisseure ihrer fünf Jahrzehnte umspannenden Künstlerkarriere sind der Chronologie nach der Schwede Gustaf Molander, der Brite Alfred Hitchcock und der Italiener Roberto Rossellini. Alle drei haben Ingrid Bergmans Werk maßgeblich geprägt und geformt. Alfred Hitchcock hat Ingrid Bergman in dreien seiner Filme besetzt, damit ist sie neben Grace Kelly die einzige Schauspielerin, die der gewichtige Master of Suspense wiederholt einsetzte und, ebenso wie Grace Kelly, gerne noch viel öfter besetzt hätte. Doch das Leben kam bei beiden Hitchcock-Heroinen dazwischen, in Gestalt zweier Männer: bei Grace Kelly Fürst Rainier von Monaco, bei Ingrid Bergman Regisseur Roberto Rossellini. In den drei Hitchcock-Filmen SPELLBOUND (ICH KÄMPFE UM DICH, 1945), NOTORIOUS (WEISSES GIFT, 1946), und dem farbigen UNDER CAPRICORN (SKLAVIN DES HERZENS, 1949) ist sie so schön fotografiert wie in keinem anderen Film. Bei Hitchcock ist Ingrid anmutig und apart, ist sie verführerisch und verrucht, ist sie Engel und Vamp. Ihre ganze Vielschichtigkeit und Ambivalenz kommt unter Hitchcocks Regie zum Vorschein. Es sind mithin ihre komplexesten Filme. NOTORIOUS – in dem sie an der Seite Cary Grants zu sehen ist und Hitchcock mit ihnen beiden den längsten Kuss der Filmgeschichte inszeniert und wider die strenge US-Zensur durchsetzt – ist wahrscheinlich Ingrid Bergmans beste darstellerische Leistung, ihr Meisterstück. UNDER CAPRICORN hingegen zählt zu den unbekanntesten und am wenigsten geschätzten Filmen in beider Werk. Vollkommen zu Unrecht, ist in diesem zweiten Technicolor-Film Hitchcocks doch eine große Kraft in Ingrid Bergmans Darstellung spürbar, sind von ihr betörende Close-ups zu sehen, ist die visuelle Struktur und Anlage dieses historischen Kammerspiels (Kamera: Jack Cardiff) ebenso komplex wie spannend. Hitchcock sah Ingrid Bergman, er erkannte ihr Wesen. Sie blieben ein Leben lang Freunde, bis zum Tod Hitchcocks am 29. April 1980, lediglich zwei Jahre vor ihrem eigenen. Ingrid Bergman, vor 100 Jahren am 29. August 1915 als Tochter eines schwedischen Vaters und einer deutschen, aus Hamburg stammenden Mutter in Stockholm geboren, hat es von Anfang an nicht leicht in ihrem Leben. Ihre Mutter, geborene Friedel Adler, stirbt bereits im Januar 1918. Es bleibt ihr nur der Vater Justus. Und auch Justus Bergman stirbt, da ist Ingrid gerade einmal dreizehn. Sie ist mal bei der einen Tante, mal bei der anderen, verbringt den Sommer immer in Hamburg bei der deutschen Verwandtschaft, die restliche Zeit des Jahres in ihrer Geburtsstadt Stockholm. Früh schon ist da eine erste Zerrissenheit. Früh schon ist da das Fehlen von Halt, von Stabilität. Und die tiefe Sehnsucht nach den Künsten, besonders dem Film und dem Theater. Spielen und Träumen als Lebensersatz. Sie sei wirklich besessen davon gewesen, sich bekannt zu machen und berühmt zu werden, erzählen selbst Freunde von ihr. Ingrid hat zeit ihres Lebens keinen festen Boden unter den Füßen. Über ihr Aufnahme an der Schauspielschule des Stockholmer Königlichen Dramatischen Theaters im Alter von 17 Jahren sagt sie später bezeichnenderweise: »Dies war meine Heimat, mein Zuhause.« Diese Instabilität zieht sich wie ein roter Faden durch ihr ganzes Leben und Arbeiten. Ohne das Filmen, ohne die Arbeit, ohne die Kamera, kann sie nicht sein. Sie Bergmans Leben. Sieben lange Jahre betritt sie keinen amerikanischen Boden mehr. Acht lange Jahre sieht sie ihre erste Tochter Pia Lindström nicht. In diesen Jahren entstehen sechs gemeinsame Arbeiten der ungleichen Eheleute: vom gemeinsamen Debüt STROMBOLI (1950) und EUROPA 51 (1952) über den Episodenfilm SIAMO DONNE (1953) und die abgefilmte Theateraufführung GIOVANNA D’ARCO AL ROGO (1954) bis hin zu VIAGGIO IN ITALIA (1953) – dem wohl schönsten und wichtigsten Bergman-Rossellini-Film – und abschließend der in München gedrehten, expressionistisch angelegten und unterschätzten Stefan Zweig-Adaption ANGST (1954). Diese zunächst wenig beachteten Arbeiten, die in den 1950ern allesamt floppten, sind später zu anerkannten Klassikern avanciert. Auf die darauffolgende künstlerische wie private Trennung von Ingrid Bergman und Roberto Rossellini folgt die rehabilitierende Rückkehr in die USA. Für Anatole Litvaks Kostüm-Melodram ANASTASIA (1956), ihr Comeback, erhält sie gleich ihren zweiten Oscar. Ingrid Bergman hat ein volles, »ein reiches Leben gehabt«, wie sie selbst konstatiert, mit vielen Hochs und nicht minder vielen Tiefs. Und, sie ist all das: Da ist einerseits ihre Geradlinigkeit, ihre Natürlichkeit, ihre Bescheidenheit. Ihr Frohsinn und ihr lautes Lachen. Auch ihr Geerdet-Sein, ihre Bodenständigkeit, ihr Familiensinn. Ihre eiserne, letztlich preußisch-deutsche Disziplin, ihre Entschlossenheit. »Ich arbeite sehr hart, das ist wahrscheinlich die Basis von allem. Ich habe keine Angst davor, viel zu tun. Ich muss wohl ziemlich viel Courage haben, dass ich mich immer so aus dem Fenster lehne. Ich habe so viel Glück gehabt«, sagt sie 1973 einmal. »Ich erinnere mich an eine Person, die glücklich war und einen großartigen Sinn für Humor hatte, aber auch eine melancholische Seite. Daran erinnere ich mich bei meiner Mutter sehr stark«, so Tochter Ingrid-Isotta Rossellini. Am 29. August 1982, es ist der Tag ihres 67. Geburtstags, stirbt Ingrid Bergman in London. Acht Jahre hat sie mit ihrer schweren Krebserkrankung gelebt, hat dagegen angekämpft, hat Theater und noch zwei für sie sehr wichtige Kinofilme gedreht – Sidney Lumets starbesetzte, humorige Agatha Christie-Verfilmung MURDER ON THE ORIENT EXPRESS (1974), die ihr ihren dritten Oscar bringt, und Ingmar Bergmans mitreißendes Mutter-Tochter-Kammerspiel HÖSTSONATEN (1978). Sowie, schwerstkrank, ein letzter Fernsehfilm – A WOMAN CALLED GOLDA (1982) über Israels Ministerpräsidentin Meir. Bis die Krankheit schließlich stärker ist, der Krebs sie besiegt. Ihr Geburtstag wird zugleich ihr Todestag. Auf der Kinoleinwand, auf dem Fernseh- Ingrid Bergman geht drei Ehen ein, die am Ende alle scheitern. Sie hat Affären, mit ihren Schauspielkollegen und ihren Regisseuren, auch während ihrer drei Ehen, die sie ablenken sollen. Die ihr das geben sollen, wonach sie ihr Leben lang seit der unbehüteten Kindheit sucht: Liebe, Geborgenheit, Halt. Den Boden unter ihren Füßen. Mit ihren vier Kindern versucht sie, so etwas wie ein Nest zu errichten. Doch auch hier ist es die Ambivalenz der Künstlerin und Mutter, die sich immer wieder entscheiden muss zwischen ihrer Familie und ihrer anderen großen Liebe, dem Kino, dem Theater. Leben oder Spielen? Oft ist es die Arbeit, für die sie sich entscheidet. Auch für Ingrid Bergmans eigene Kinder ist das Aufwachsen nicht leicht, ist die häufige Abwesenheit der Mutter schmerzlich und prägend. Die Rolle der Johanna von Orléans ist lange Zeit ihre Lieblingsrolle. Die will sie unbedingt spielen. Schon als siebenjähriges Kind hat sie diesen Wunsch. Einer der Beweggründe, warum sie sich 1939 vom mächtigen Hollywood-Produzenten David O. Selznick (GONE WITH THE WIND, REBECCA) nach Amerika holen lässt, allein zunächst, ohne ihre junge Familie, ist die Aussicht, dass dort auch die Verfilmung eines Johanna-Stoffes angedacht ist. Mit ihr, versichert Mogul Selznick. Das Projekt verschiebt sich mehrfach. Dann endlich inszeniert Victor Fleming 1948 den Kinofilm JOAN OF ARC (JOHANNA VON ORLÉANS) mit ihr in der Titelrolle. Doch das große breite farbige Historien-Epos enttäuscht Kritik und Publikum gleichermaßen. Regisseur Fleming, mit dem Ingrid Bergman eine ihrer Affären hat, stirbt im Januar 1949 wenige Wochen nach der New Yorker Welturaufführung an einem Herzinfarkt. Dennoch: Aus der Rolle ihres Lebens wird, unfreiwillig, ihre Lebensrolle. In den USA der 1940er-Jahre wird Ingrid Bergman gleichgesetzt mit der Jungfrau von Orléans. Tugendhaft, rein, anständig. Die Kirchen wollen Marienstatuen mit Ingrid Bergmans Antlitz aufstellen. Sie wird von den Menschen angehimmelt und verehrt, als Heilige glorifiziert: Aus der Heiligen Johanna wird die Heilige Ingrid. Doch dann kommt das schicksalshafte Jahr 1949: Aus der Begegnung mit dem italienischen Regisseur Roberto Rossellini wird eine Liebesbeziehung, dann eine kurze Künstler-Ehe. Beide sind anderweitig verheiratet, beide haben Kinder. Es ist der große internationale Gesellschaftsskandal der 1950er-Jahre. Die Medien stürzen sich auf das Paar und verfolgen es, US-Senatoren wollen Ingrid Bergman nicht mehr in ihrem Land sehen. Es ist der Hochverrat der Johanna von Orléans am prüden US-amerikanischen Volk und seinen moralischen Werten. Nichts mehr ist so wie zuvor in Ingrid 13 Ingrid Bergman bildschirm, in ihren 50 Filmen, lebt Ingrid Bergman in strahlender Schönheit weiter – als Ikone wie auch als Mythos. Thilo Wydra 14 Die Texte von Thilo Wydra in den Filmbeschreibungen entstammen dem Rohmanuskript seiner Biographie »Ingrid Bergman – Ein Leben«, die am 1. Februar 2016 in der Deutschen VerlagsAnstalt (DVA) erscheint. Die weiteren, nicht namentlich gekennzeichneten Texte hat Andrea Kirchhartz verfasst. Munkbrogreven (Der Graf von der Mönchsbrücke) | Schweden 1935 | R: Edvin Adolphson, Sigurd Wallén | B: Arthur Natorp, Siegfried Fischer, nach dem Stück »Greven av Gamla Sta’n« von Siegfried und Arthur Fischer | K: Åke Dahlqvist | M: Jules Sylvain | D: Valdemar Dahlquist, Julia Cæsar, Sigurd Wallén, Edvin Adolphson, Ingrid Bergman | 93 min | OmeU | »Eine Komödie, die einen Tag im Leben junger Tagediebe und arbeitsloser Künstler beschreibt, die alkoholisiert durch die Altstadt ziehen. Ingrid spielt hier, in einem gestreiften Kleid, Elsa, das Zimmermädchen, das sich in einen der Kameraden verliebt hat.« (Thilo Wydra) Die noch junge Schauspielschülerin im ersten Lehrjahr wurde schon für ihre erste, kleine Rolle als kommender Star aufgebaut und machte auf sich aufmerksam. Als ihr gleich darauf zwei Filmproduktionen Rollen anboten, beendete sie ihre Schauspielausbildung am Dramatischen Theater – sehr zum Leidwesen von Theaterdirektor Olof Molander, dem Bruder ihres ersten Lieblingsregisseurs Gustaf Molander. ▶ Freitag, 11. September 2015, 18.30 Uhr Intermezzo | Schweden 1936 | R: Gustaf Molander | B: Gustaf Molander, Gösta Stevens | K: Åke Dahlqvist | M: Heinz Provost | D: Gösta Ekman, Inga Tidblad, Ingrid Bergman, Erik Berglund, Hugo Björne, Emma Meissner | 92 min | OmeU | Das erfolgreiche Melodram um eine Klavierlehrerin, die die Tochter eines Violinvirtuosen un- terrichtet, wurde drei Jahre später in Hollywood noch einmal verfilmt – wieder mit Ingrid Bergman in der Hauptrolle. »Molanders INTERMEZZO ist Ingrids sechster Kino-Spielfilm. Den ganzen Film durchweht eine tiefe Melancholie. Stellenweise trägt Molanders Dreiecksgeschichte etwas Düsteres in sich, eine Stimmung des Verlorenseins. Später einmal bekennt Regisseur Gustaf Molander: ›Schön, ich habe INTERMEZZO für sie geschrieben, aber sie war es, die den Film zum Erfolg führte. Sie konnte sprechen, sich bewegen, sie füllte die Leinwand mit Leben. Die Wahrheit ist, dass niemand sie entdeckt hat. Sie hat sich selbst entdeckt.‹« (Thilo Wydra) ▶ Samstag, 12. September 2015, 18.30 Uhr Die vier Gesellen | Deutschland 1938 | R: Carl Froelich | B: Jochen Huth, nach seinem Stück | K: Reimar Kuntze | M: Hanson Milde-Meißner | D: Ingrid Bergman, Sabine Peters, Carsta Löck, Ursula Herking, Hans Söhnker | 96 min | »Eine überraschende Komödie über vier junge Frauen in Berlin, die ihre Ausbildung an der Fachschule für Kunstgewerbe abgeschlossen haben und vergeblich Arbeit suchen. Sie beschließen, gemeinsam eine Werbeagentur zu gründen und zusammen zu wohnen. Der Film zeigt realistische Aufnahmen vom Leben auf den Straßen Berlins, doch letztendlich siegt die Komödie über den Realismus: Selbst wenn es den Protagonisten nicht gut geht, tragen sie stets tadellose Kleider, und ihre gemeinsame Wohnung ist ungewöhnlich groß. Ingrid Bergmans Mutter war Deutsche, und da sie als Kind und Jugendliche oft in Hamburg weilte, war die deutsche Sprache kein Problem für sie.« (Jon Wengström) ▶ Sonntag, 13. September 2015, 18.30 Uhr En kvinnas ansikte (Das Gesicht einer Frau) | Schweden 1938 | R: Gustaf Molander | B: Gösta Stevens, Ragnhild Prim, nach dem Stück »Il était une fois« von Francis de Croisset | K: Åke Dahlqvist | M: Eric Bengtson | D: Ingrid Bergman, Tore Svennberg, Anders Henrikson, Georg Rydeberg, Gunnar Sjöberg | 104 min | OmeU | Eine Frau mit entstelltem Gesicht ist der Kopf einer Erpresserbande. Dieser Film lag Ingrid Bergman besonders am Herzen – nicht erst in Hollywood fühlte sie sich früh auf ein zu harmlos-nettes Image festgelegt und hat um Rollen gekämpft, die abseits davon lagen. Hier darf sie nicht nur böse, sondern auch hässlich sein, wobei ihr Arztgatte bei der entstellenden Maske behilflich war. Bekannter als das schwedische Original ist das Hollywood-Remake mit Joan Crawford, das es jedoch mit seinem kitschigen Happy End nicht mit der durchgehend düstereren Vorlage aufnehmen kann: Nur in Hollywood reicht es aus, dass eine Figur schön wird, um ihr jede Untat zu verzeihen. Intermezzo | USA 1939 | R: Gregory Ratoff | B: George O’Neil | K: Gregg Toland | M: Max Steiner | D: Leslie Howard, Ingrid Bergman, Edna Best, John Halliday, Cecil Kellaway | 70 min | OF | INTERMEZZO war das erste Meisterwerk von Molander-Bergman, ein klassisches Melodram. Die bittersüße Liebesgeschichte, der keine Zukunft vergönnt ist, entsprach schon in der schwedischen Fassung ganz dem amerikanischen Geschmack und kam in den USA sehr gut an. Die USKritik bescheinigte der Hauptdarstellerin, Hollywoods würdig zu sein. Kein Wunder, dass Selznick für ihr Hollywooddebüt zwei Jahre später ein ziemlich originalgetreues Remake dieser Geschichte wählte, bis darauf, dass es stärker als das schwedische Original auf die Figur der Anita ausgerichtet ist – und dass der Liebesurlaub 1939 nicht mehr im deutschsprachigen Tirol, sondern in der französischsprachigen Schweiz stattfindet. ▶ Freitag, 18. September 2015, 18.30 Uhr Juninatten (Eine Nacht im Juni) | Schweden 1940 | R: Per Lindberg | B: Ragnar Hyltén-Cavallius, Pe Lindberg, nach dem Roman von Tora Nordström-Bonnier | K: Åke Dahlqvist | M: Jules Sylvain | D: Ingrid Bergman, Marianne Löfgren, Lill-Tollie Zellman, Marianne Aminoff | 88 min | OmeU | »Mit seiner die Kontraste betonenden Ausleuchtung, den ungewöhnlichen Kamerawinkeln und einer Geschichte um Geheimnisse und Besessenheit kommt JUNINATTEN als einziger schwedischer Film überhaupt dem Film noir nahe. Wieder einmal porträtiert Bergman eine Frau, die ihrer dunklen Vergangenheit zu entfliehen versucht.« (Jon Wengström) War Ingrid Bergman in ihren ersten Filmen noch zeittypisch geschminkt und onduliert, die Augenbrauen gezupft, kam sie schon aus Deutschland mit deutlich reduziertem Make-up zurück und brachte von ihrem ersten Hollywoodfilm die neue kunstvolle Dauerwellenfrisur mit, die einen natürlichen Eindruck macht: Fertig war die neue, die »natürliche Schönheit«. ▶ Samstag, 19. September 2015, 18.30 Uhr Dr. Jekyll and Mr. Hyde (Arzt und Dämon) | USA 1941 | R: Victor Fleming | B: John Lee Mahin, nach der Novelle von Robert Louis Stevenson | K: Joseph Ruttenberg | M: Franz Waxman | D: Spencer Tracy, Ingrid Berg- Ingrid Bergman ▶ Mittwoch, 16. September 2015, 18.30 Uhr 15 man, Lana Turner, Donald Crisp, Ian Hunter | 112 min | OF | »Ich hätte jeden Preis gezahlt, um diesen Film zu drehen. Kann ich je glücklicher in meiner Arbeit sein? Werde ich je eine bessere Rolle als die der kleinen Ivy Petersen bekommen, einen besseren Regisseur als Victor Fleming, einen besseren Partner als Spencer Tracy und einen besseren Kameramann als Joe Ruttenberg? Nie habe ich mich so völlig hingegeben. Zum ersten Mal bin ich aus dem Käfig ausgebrochen, der mich umschlossen hält, und habe einen Spalt zur Welt geöffnet. Ich habe Dinge berührt, die in mir schlummerten und die zu zeigen ich vorher nie gewagt hatte.« (Ingrid Bergman) ▶ Sonntag, 20. September 2015, 18.30 Uhr Casablanca | USA 1942 | R: Michael Curtiz | B: Julius J. Epstein, Philip G. Epstein, Howard Koch | K: Arthur Edeson | M: Max Steiner | D: Humphrey Bogart, Ingrid Bergman, Paul Henreid, Claude Rains, Conrad Veidt, Peter Lorre | 102 min | OmU | »Ein Grund für den außerordentlichen Erfolg von CASABLANCA war wahrscheinlich auch der Umstand, dass der Film direkt auf die Ereignisse des Zweiten Weltkrieges ansprach, auf die Millionen von Flüchtlingen, die verzweifelt versuchten, dem Hitler-Regime zu entkommen. Selten hatten Filmschauspieler damals die Möglichkeit, in ihrer Arbeit so direkt auf die aktuellen schrecklichen Geschehnisse in der Welt einzugehen wie bei diesem Film.« (Ingrid Bergman) In der Bundesrepublik wurde der Film bis in die 1970er-Jahre nur in einer auf 76 Minuten gekürzten Fassung gezeigt, in der keine Nazis mehr auftraten, ob- wohl der fast vollständig aus dem Geschehen eliminierte Conrad Veidt im Vorspann noch an prominenter Stelle genannt wird. ▶ Freitag, 25. September 2015, 18.30 Uhr ▶▶ Freitag, Ingrid Bergman 2. Oktober 2015, 18.30 Uhr (Deutsche Fassung von 1952, 76 min) | Einführung: Andrea Kirchhartz 16 For Whom the Bell Tolls (Wem die Stunde schlägt) | USA 1943 | R: Sam Wood | B: Dudley Nichols, nach dem Roman von Ernest Hemingway | K: Ray Rennahan | M: Victor Young | D: Gary Cooper, Ingrid Bergman, Katina Paxinou, Akim Tamiroff, Arturo de Córdova, Vladimir Sokoloff | 157 min | OF | »Was im Film nicht klar genug herauskam, war die politische Situation, denn man war man unvergleichlich anrührend leiden konnte, hatte sie nicht erst seit INTERMEZZO unter Beweis gestellt, doch GASLIGHT, in dem sie von ihrem juwelenbesessenen Ehemann in den Wahnsinn getrieben werden soll, spielt wie kaum ein anderer Film den Widerspruch zwischen ihrer an sich robust-vitalen Erscheinung und der sich in ihren Zügen spiegelnden inneren Verletzlichkeit aus. Dafür bekam sie ihren ersten Oscar. ▶ Sonntag, 27. September 2015, 18.30 Uhr The Bells of St. Mary’s (Die Glocken von St. Marien) | USA 1945 | R: Leo McCarey | B: Dudley Nichols | K: George Barnes | M: Robert Emmett Dolan | D: Bing Crosby, Ingrid Bergman, Henry Travers, William Gargan, Ruth Donnelly | 88 min | OF | »Ich war mit der Rolle überglücklich, und der Film wurde ein großer Erfolg. Am besten gefiel mir an der Nonnenrolle, dass man nur mein Gesicht sah. Mein Körper war unter einem langen schwarzen Gewand versteckt. Ich konnte soviel Eiscreme und so viele Süßigkeiten essen, wie ich nur wollte. Niemand sagte mir, ich müsse auf meine Figur achten.« (Ingrid Bergman) Auch in diesem Melodram mit Bing Crosby als singendem Pfarrer wird die gesundheitsstrotzende Aura der Bergman durch ein schleichendes Gift (hier: Tuberkulose) bedroht, bevor sie sich strahlend behaupten kann. ▶ Dienstag, 29. September 2015, 18.30 Uhr in Hollywood ängstlich darauf bedacht, alle Seiten zu jeder Zeit zufriedenzustellen. Also bezog man keine Stellung. Mir machte es Spaß, und vor allem freute ich mich über die Zusammenarbeit mit Gary Cooper. Der Fehler war, dass ich diese Freude im Spiel zeigte – ich war zu glücklich, um die Tragik, die in der Figur der Maria liegt, deutlich werden zu lassen.” (Ingrid Bergman) Ein typisches Hollywood-Produkt, in dem die groß gewachsene, kräftige Schwedin das traumatisierte spanische Bauernmädchen spielt, eine glamourös auf unglamourös getrimmte Schönheit mit jederzeit perfekt frisiertem kurzem Haar. ▶ Samstag, 26. September 2015, 18.00 Uhr Gaslight (Das Haus der Lady Alquist) | USA 1944 | R: George Cukor | B: John Van Druten, Walter Reisch, John L. Balderston, nach dem Stück von Patrick Hamilton | K: Joseph Ruttenberg | M: Bronislau Kaper | D: Charles Boyer, Ingrid Bergman, Joseph Cotten, Dame May Whitty, Angela Lansbury | 114 min | OmU | Laut Hitchcock habe Victorien Sardou Theaterautoren den Ratschlag gegeben, ein Stück sei dann Erfolg versprechend, wenn die Heldin gequält wird. Dass Ingrid Berg- Spellbound (Ich kämpfe um dich) | USA 1945 | R: Alfred Hitchcock | B: Ben Hecht, frei nach dem Roman »The House of Dr. Edwardes« von Frances Beeding | K: Georges Barnes | M: Miklós Rózsa | D: Ingrid Bergman, Gregory Peck, Michael Chekhov, Leo G. Carroll, Rhonda Fleming | 111 min | OF | Eine Psychiaterin in einer Nervenheilanstalt versucht, das Trauma eines neuen Arztes zu entschlüsseln. »In späteren Jahren sollte Hitchcock gelegentlich lästern: ›Ah, Ingrid. So beautiful, so stupid …‹ Ein Psychiater (so wie Bergman einen in SPELLBOUND spielt) würde dies zweifellos als das Bedürfnis eines unsicheren Mannes deuten, sein Idol zu entweihen. Tatsächlich verstanden sich Hitchcock und Ingrid von Anfang an blendend und blieben bis zu seinem Tod gute Freunde. Er entdeckte in ihr die kühle nordische Blondine mit unterschwelligem Feuer, dessen Ausbruch umso aufregender ist, weil niemand damit rechnet.« (John Russell Taylor) ▶ Mittwoch, 30. September 2015, 18.30 Uhr ▶▶ Frei- tag, 16. Oktober 2015, 18.30 Uhr Notorious (Weißes Gift) | USA 1946 | R: Alfred Hitchcock | B: Ben Hecht | K: Ted Tetzlaff | M: Roy Webb | ▶ Samstag, 3. Oktober 2015, 18.30 Uhr ▶▶ Mittwoch, 14. Oktober 2015, 18.30 Uhr Joan of Arc (Johanna von Orleans) | USA 1948 | R: Victor Fleming | B: Maxwell Anderson, Andrew Solt, nach dem Stück »Joan of Lorraine« von Maxwell Anderson | K: Joseph Valentine | M: Hugo Friedhofer | D: Ingrid Bergman, Francis L. Sullivan, J. Carol Naish, Ward Bond, Gene Lockhart, José Ferrer | 148 min | OF | »Als der JOHANNA-Film kürzlich wieder im Fernsehen lief, sah ich deutlich den ganzen bunten Zuckerguss, mit dem er in Hollywood überzogen worden war. Alle Arch of Triumph (Triumphbogen) | USA 1948 | R: Lewis Milestone | B: Lewis Milestone, Harry Brown, nach dem Roman von Erich Maria Remarque | K: Russell Metty | M: Louis Gruenberg | D: Ingrid Bergman, Charles Boyer, Charles Laughton, Louis Calhern, Ruth Warrick | 133 min | OF | »TRIUMPHBOGEN gehört zu den wenigen Filmen, von denen ich nicht hundertprozentig überzeugt war. Ich wollte ihn eigentlich nicht machen, aber man überzeugte und überredete mich, und schließlich sollten Charles Boyer und Charles Laughton meine Partner sein. Ich wollte nicht gern auf die Zusammenarbeit verzichten, war aber meiner selbst nicht sicher. Ich fürchtete, in der Rolle der Joan Madou unglaubwürdig zu wirken. Dann stellte sich heraus, dass der Film zu lang geworden war, und man kürzte ihn sehr grob zusammen. Als die Szenen herausgeschnitten waren, war der Film nur noch wenig glaubhaft.« (Ingrid Bergman) ▶ Dienstag, 6. Oktober 2015, 18.30 Uhr Under Capricorn (Sklavin des Herzens) | USA 1949 | R: Alfred Hitchcock | B: James Bridie, nach dem Roman von Helen Simpson | K: Jack Cardiff | M: Richard Addinsell | D: Ingrid Bergman, Joseph Cotten, Michael Wilding, Margaret Leighton, Cecil Parker | 111 min | OF | Melodramatischer Kostümfilm, in dem Ingrid Bergman die Ehefrau eines in Australien zu einem erfolgreichen Landbesitzer aufgestiegenen Ex-Häftlings spielt. »Einige dieser verdammt langen Szenen sind ganz gut geworden. In einer Neuneinhalb-Minuten-Einstellung rede ich ohne Pause; die Kamera lässt mich nie aus dem Blick – und es ist tatsächlich gut. Ich muss sagen, viel besser als geschnitten und bearbeitet.« (Ingrid Bergman) »Ein Film, der die vielen Facetten einer Frau untersucht. UNDER CAPRICORN ist die Geschichte eines Gesichts, des Gesichts von Ingrid Bergman. Diesem Gesicht dienen die schönsten Effekte des Films.« (Éric Rohmer, Claude Chabrol) ▶ Mittwoch, 7. Oktober 2015, 18.30 Uhr ▶▶ Samstag, 17. Oktober 2015, 18.30 Uhr | Einführung: Thilo Wydra Schlachtszenen waren im Studio entstanden, alle Orte des Geschehens waren Kulissen aus Pappmaché. Ich selbst sah überhaupt nicht wie ein Bauernmädchen aus, sondern wie eine Diva, die ein Bauernmädchen darstellt – sauberes Gesicht, adrette Frisur. Ich glaube, wenn ich so zurückblicke, dass genau an diesem Punkt meine langsame, stille Rebellion begann und sich meine Vorstellungen veränderten.« (Ingrid Bergman) ▶ Sonntag, 4. Oktober 2015, 18.00 Uhr Ingrid Bergman Rarities – Jon Wengström vom Swedish Film Archive präsentiert ein Programm mit Kurzfilmen und Filmausschnitten: Bakomfilm Höstsonaten (Drehbericht Herbstsonate) | Schweden 1978 | R: Ingmar Bergman | K: Arne Carlsson | 28 min (Ausschnitt) | OmeU – Med Ingrid Bergman på Berns (Mit Ingrid Bergman bei Berns) | Schweden 1953 | 6 min | OF – Santa Brigida | Italien 1952 | R: Roberto Rossellini | 9 min – Kort möte med familjen Rossellini (Kurze Begegnung mit Familie Rossellini) | Schwe- Ingrid Bergman D: Cary Grant, Ingrid Bergman, Claude Rains, Louis Calhern, Leopoldine Konstantin, Reinhold Schünzel | 101 min | OF | Eine deutschstämmige Amerikanerin und ein FBI-Agent schleichen sich bei einem Geheimring untergetauchter Nazis ein. »Ein Leinwandkuss durfte bis zu drei Sekunden dauern. Also küssten Cary und ich uns, unterhielten uns, küssten uns wieder, dann wurden wir durch das Läuten des Telefons gestört. Es war ein Kuss, der unterbrochen und wieder fortgesetzt wurde. Und die Zensurbehörde konnte nichts unternehmen, denn wir küssten uns nie länger als jeweils drei Sekunden hintereinander. Wir knabberten am Ohrläppchen des anderen, küssten uns auf die Wangen, und dadurch wirkte dieser Kuss endlos und wurde zu einer Sensation auf der Leinwand.« (Ingrid Bergman) 17 Ingrid Bergman 18 den 1953 | R: Gert Engström | 5 min | OF – Red Cross Promo (Werbefilm für das Rote Kreuz) | USA 1944 | 3 min | OF – Smycket (Das Halsband) | Schweden 1967 | R: Gustaf Molander | B: Erland Josephson, nach der Kurzgeschichte »La parure« von Guy de Maupassant | K: Gunnar Fischer | D: Ingrid Bergman, Gunnar Björnstrand, Gunnel Broström | 27 min | OmeU | Eine Episode des Films STIMULANTIA. ▶ Dienstag, 13. Oktober 2015, 18.30 Uhr | Einführung: Jon Wengström Stromboli | Italien 1950 | R: Roberto Rossellini | B: Sergio Amidei, Gian Paolo Callegari, Art Cohn, Renzo Cesana, Félix Morlión | K: Otello Martelli | M: Renzo Rossellini | D: Ingrid Bergman, Mario Vitale, Renzo Cesana, Mario Sponzo, Angelo Molino | 105 min | engl. OF | Eine junge Lettin findet sich bei Kriegsende in einem italienischen Lager für displaced persons wieder und nimmt den Heiratsantrag eines Ex-Soldaten an, der sie auf seine Heimatinsel Stromboli mitnimmt. Gleich zu Beginn von Ingrids Bergmans Zusammenarbeit mit Roberto Rossellini ein Film über das Exil, über das Anders- und Fremdsein in einer unbekannten, verständnislosen Welt. STROMBOLI nimmt Ingrid Bergmans Außenseitersituation der kommenden Jahre quasi schon vorweg: verstoßen aus der »Heimat« Hollywood und unverstanden in Italien, wo Regisseur und Hauptdarstellerin der Verrat am Neorealismus vorgeworfen wurde. ▶ Mittwoch, 21. Oktober 2015, 18.30 Uhr Europa 51 | Italien 1952 | R: Roberto Rossellini | B: Roberto Rossellini, Sandro De Feo, Mario Pannunzio, Ivo Perilli, Brunello Rondi | K: Aldo Tonti | M: Renzo Rossellini | D: Ingrid Bergman, Alexander Knox, Ettore Giannini, Guilietta Masina, Teresa Pellati | 118 min | OmeU | Nach seinem heiteren Film FRANCESCO, GIULLARE DI DIO (FRANZISKUS, DER GAUKLER GOTTES, 1949) stellte Rossellini ernüchternde Überlegungen dazu an, wie es einer Figur wie Franz von Assisi wohl in der europäischen Nachkriegszeit ergehen würde, ob ihr universeller Anspruch auf bedingungslose Nächstenliebe irgendwo auf Verständnis stoßen könnte. Ein sehr politischer Film, der Roberto Rossellini von den insgesamt sechs Filmen, die er mit Ingrid Bergman gedreht hat, der wichtigste gewesen sein soll. Bergman ist dabei von mehr aufrichtigem Gefühl und Hingabe durchdrungen als in ihrer Hollywood-JOAN OF ARC – und nebenbei ist die 36-Jährige in keinem anderen RosselliniFilm so schön fotografiert wie in EUROPA 51. ▶ Freitag, 23. Oktober 2015, 18.30 Uhr Ingrid Bergman | Italien 1953 | R: Roberto Rossellini | B: Roberto Rossellini, Luigi Chiarini | K: Otello Martelli | M: Alessandro Cicognini | D: Ingrid Bergman, Alba Scopelliti | 20 min | engl. OF | Rossellinis Beitrag aus dem Episodenfilm SIAMO DONNE (WIR FRAUEN) ist eine ungemein gelungene und witzige Selbstparodie Ingrid Bergmans, die ihre Rosenzucht vor einem Huhn zu schützen versucht. – Viaggio in Italia (Liebe ist stärker) | Italien 1954 | R: Roberto Rossellini | B: Vitaliano Brancati, Roberto Rossellini | K: Enzo Serafin | M: Renzo Rossellini | D: Ingrid Bergman, George Sanders, Maria Mauban, Anna Proclemer, Paul Muller | 86 min | engl. OF | Ein fast handlungsloser, wie improvisiert entstandener Film über die Leere, die sich plötzlich in der Beziehung eines englischen Ehepaares auftut, als es nach Neapel reist und aus seiner gewohnten Umgebung gerissen wird. »Mit dem Erscheinen von VIAGGIO IN ITALIA sind alle Filme plötzlich um zehn Jahre gealtert.« (Jacques Rivette) ▶ Samstag, 24. Oktober 2015, 18.30 Uhr Angst | BRD 1954 | R: Roberto Rossellini | B: Sergio Amidei, Franz Graf Treuberg, nach der Novelle von Stefan Zweig | K: Heinz Schnackertz, Carlo Carlini | M: Renzo Rossellini | D: Ingrid Bergman, Mathias Wieman, Renate Mannhardt, Kurt Kreuger, Elise Aulinger, Gabriele Seitz, Klaus Kinski | 81 min | Die Ehefrau eines Arzneimittelfabrikanten gerät unter Druck, weil eine Erpresserin ihre Affäre mit einem heimlichen Geliebten zu verraten droht. »Die Atmosphäre in Rossellinis München ist eine ambivalente: Kühl und streng und sachlich sind Dekor und Ausstattung, kalt beinahe die Oberfläche der Dinge. Erkaltet erscheinen auch die Menschen. Außer Irene. An ihr ist all die emotionale Erregung und Angespanntheit abzulesen, die sie in sich trägt. Irene ist tief in sich zerrissen. Rossellini stellte angesichts der sich zwischen ihm und Ingrid verdich- ▶ Sonntag, 25. Oktober 2015, 18.30 Uhr Giovanna d’Arco al rogo (Johanna auf dem Scheiterhaufen) | Italien 1954 | R+B: Roberto Rossellini, nach dem Oratorium von Paul Claudel | K: Gábor Pogány | M: Arthur Honegger | D: Ingrid Bergman, Tullio Carminati, Giacinto Prandelli, Augusto Romani, Agnese Dubbini | 80 min | OmeU | Johanna von Orléans war seit früher Jugend das Idol von Ingrid Bergman, dies war die Rolle, die das in sich gekehrte Waisenkind träumen ließ, Schauspielerin zu werden. Zweimal stand sie als Johanna auf der Theaterbühne, einmal, unter der Regie Rossellinis, in der Sprechrolle des Oratoriums von Paul Claudel mit der Musik von Arthur Honegger. In drei verschiedenen Sprachfassungen tourten Rossellini und Bergman damit durch ganz Europa. Die italienische Aufführung an der Oper von Neapel hat Rossellini aufgezeichnet. »Ich glaube, dass man das machen muss, was man machen will, nicht was andere glauben, das man stattdessen machen sollte. Das ist die einzige Art, wirklich zu leben.« (Ingrid Bergman) ▶ Dienstag, 27. Oktober 2015, 18.30 Uhr Elena et les hommes (Weiße Margeriten) | Frankreich 1956 | R: Jean Renoir | B: Jean Renoir, Jean Serge | K: Claude Renoir | M: Joseph Kosma | D: Ingrid Bergman, Jean Marais, Mel Ferrer, Jean Richard, Juliette Gréco | 96 min | OmeU | Ingrid Bergman als »Schöne Helena«, deren unwiderstehliche Ausstrahlung auf die Männerwelt verheerend-komische Wirkungen hat. Gegen Ende der aus Sicht Bergmans in punkto Publikumsresonanz enttäuschenden Rossellini-Periode, war Jean Renoir, den Bergman in Hollywood kennengelernt hatte, der erste, der ihr wieder eine »richtige« Star-Rolle anbot. »Wenn ELENA ET LES HOMMES der französische Film par excellence ist, so deshalb, weil er der intelligenteste Film der Welt ist. Kunst und zugleich Theorie der Kunst. Schönheit und zugleich das Geheimnis der Schönheit. Kino und zugleich Reflektion des Kinos. Unsere schöne Helena ist nur eine Provinzmuse, zweifellos, aber auf der Suche nach dem Absoluten.« (Jean-Luc Godard) ▶ Freitag, 30. Oktober 2015, 18.30 Uhr Anastasia | USA 1956 | R: Anatole Litvak | B: Arthur Laurents, nach dem Stück von Marcelle Maurette | K: Jack Hildyard | M: Alfred Newman | D: Ingrid Bergman, Yul Brynner, Helen Hayes, Akim Tamiroff, Ivan Desny | 105 min | OF | Ingrid Bergman in der Rolle der angeblichen letzten überlebenden Zarentochter – die ideale Rolle für ihr triumphales Comeback beim amerikanischen Publikum, erzählt der Film doch die Geschichte Ingrid Bergman tenden Anspannung fest: ›Es gab keinerlei autobiographische Absichten, doch ANGST reflektiert die Dinge ein bisschen.‹« (Thilo Wydra) 19 einer ehemaligen Berühmtheit, die traumatisiert und tief gestürzt durch Europa irrt, schließlich aber doch erkannt wird und mit allerlei Hilfe und Unterstützung wieder zu altem Glanz und Ruhm zurückkehren kann. »Es war ein schöner Film, und ich hatte eine ausgezeichnete Partnerin – Helen Hayes spielte die Mutter des Herrschers aller Reußen – und einen großartigen Regisseur. Yul Brynner stand am Beginn seiner Karriere, war sehr verständnisvoll und hilfreich und wurde mir ein guter Freund.« (Ingrid Bergman) Bergman erhielt ihren zweiten Oscar. ▶ Samstag, 31. Oktober 2015, 18.30 Uhr The Inn of the Sixth Happiness (Die Herberge zur 6. Glückseligkeit) | USA 1958 | R: Mark Robson | B: Isobel Lennart, nach dem Roman »The Small Woman« von Alan Burgess | K: Freddie Young | M: Malcolm Arnold | D: Ingrid Bergman, Curd Jürgens, Robert Donat, Michael David, Athene Seyler | 158 min | OF | Ingrid Bergman als Missionarin Gladys Aylward in China, die hundert chinesische Waisen vor den Wirren des japanisch-chinesischen Krieges in Sicherheit bringt. Sie strahlt Mut, Güte und Warmherzigkeit aus und konnte damit wieder an den Erfolg ihrer ähnlich positiv besetzten Rollen aus der Zeit vor Rossellini anknüpfen. »Der Film bietet Liebe, Krieg, Religion, Mord, Schauwerte, Horror, Komik, Musik, Tanz, Rassenvermischung, Räuber und Gendarmen, Konkubinen, Kinder, Pferde, die schönsten Gegenden von Wales, die schlimmste Chinoiserie, die man je auf der Leinwand sah, sowie eine umwerfend feministische, aber doch für jedermann erhebende Erfolgsstory.« (Time) ▶ Sonntag, 1. November 2015, 18.00 Uhr Ingrid Bergman 20 Indiscreet (Indiskret) | USA 1958 | R: Stanley Donen | B: Norman Krasna, nach seinem Stück »Kind Sir« | K: Freddie Young | M: Richard Rodney Bennett, Ken Jones | D: Cary Grant, Ingrid Bergman, Cecil Parker, Phyllis Calvert, David Kossoff | 100 min | OF | Eine gefeierte und reiche Schauspielerin beginnt eine Affäre mit einem amerikanischen Bankier und Diplomaten, der vorgibt, bereits verheiratet zu sein. Nicht nur der Titel, fast alles an diesem Film ist eine mehr oder weniger direkte Anspielung auf die Funken schlagende erste Zusammenarbeit des Paares Cary Grant und Ingrid Bergman zwölf Jahre früher in Alfred Hitchcocks NOTORIOUS. Aber diesmal findet sie ganz unbekümmert im Gewand einer etwas altertümlichen Komödie statt. Die Handlung an sich spielt kaum eine Rolle, solange Ingrid Bergman nur einmal mehr unter Beweis stellen kann, dass sie wie keine andere Schauspielerin die Liebe auf den ersten Blick beherrscht. ▶ Mittwoch, 4. November 2015, 18.30 Uhr Goodbye Again (Lieben Sie Brahms?) | USA 1961 | R: Anatole Litvak | B: Samuel A. Taylor, nach dem Roman von Françoise Sagan | K: Armand Thirard | M: Georges Auric | D: Ingrid Bergman, Yves Montand, Anthony Perkins, Jessie Royce Landis, Pierre Dux, Michèle Mercier | 120 min | OF | Die Verfilmung des seinerzeit skandalösen Romans von Françoise Sagan: Ingrid Bergman als Frau mittleren Alters zwischen dem heiratsunlustigen Yves Montand und dem deutlich jüngeren und hinreißend überschwänglichen Anthony Perkins, dem sie sich aus Frust zuwendet. Nach den eher herkömmlichen Starrollen der ersten Comebackjahre, machte sich Ingrid Bergman in den 1960ern wieder auf die Suche nach unkonventionelleren Filmen. Diese in Paris spielende US-Produktion hat nicht die unbekümmerte Verve der zeitgenössischen Nouvelle Vague, war mit ihrer Darstellung wechselnder sexueller Beziehungen für das amerikanische Publikum aber schon sehr gewagt. Die melancholische Schlusseinstellung ist unvergesslich. ▶ Freitag, 6. November 2015, 18.30 Uhr The Visit (Der Besuch) | USA 1964 | R: Bernhard Wicki | B: Ben Barzman, nach dem Stück »Der Besuch der alten Dame« von Friedrich Dürrenmatt | K: Armando Nannuzzi | M: Richard Arnell, Hans-Martin Majewski | D: Ingrid Bergman, Anthony Quinn, Irina Demick, Paolo Stoppa, Hans Christian Blech, Valentina Cortese | 100 min | OmU | »Ich sagte, ich hätte das Stück gewählt, und so müsse es verfilmt werden. Dennoch wurde viel geändert. Sie wollten keine schwarze Komö- die, sie dachten mehr an einen konventionellen Film. Und Anthony Quinn sollte am Schluss auch nicht sterben. Als Quinn eintraf, erzählte ich ihm, dass er in dem Stück hätte sterben müssen, und Tony antwortete, vermutlich hätte eigentlich Cary Grant die Rolle spielen sollen. Denn wenn die gewusst hätten, dass er den Part spielte, hätten sie ihn ohne Zögern töten lassen.« (Ingrid Bergman) ▶ Samstag, 7. November 2015, 18.30 Uhr Cactus Flower (Die Kaktusblüte) | USA 1969 | R: Gene Saks | B: I.A.L. Diamond, nach dem Stück von Abe Burrows | K: Charles Lang | M: Quincy Jones | D: Walter Matthau, Ingrid Bergman, Goldie Hawn, Jack Weston, Rick Lenz | 103 min | OmU | Die Geschichte eines Schwerenöters von Zahnarzt, der sich seine Geliebten auf Distanz hält, indem er behauptet, schon verheiratet zu sein. Als er schließlich doch heiraten will, gerät er in arge Bedrängnis, weil die Erwählte seine Noch-Ehefrau kennenlernen will. Die Rolle der seit Jahren unglücklich in ihren Chef verliebten altjüngferlichen Zahnarzthelferin, an die er sich in seiner Not wenden muss, war Ingrid Bergmans größter Komödienerfolg. »Ich fand die Rolle phantastisch. Ich hatte auf die Chance verzichtet, sie auf der Bühne zu verkörpern. Und ich war der Meinung, sie jetzt verdient zu haben.« (Ingrid Bergman) ▶ Sonntag, 8. November 2015, 18.30 Uhr Murder on the Orient Express (Mord im Orient-Express) | USA 1974 | R: Sidney Lumet | B: Paul Dehn, nach dem Roman von Agatha Christie | K: Geoffrey Unsworth | M: Richard Rodney Bennett | D: Albert Finney, Lauren Bacall, Ingrid Bergman, Jacqueline Bisset, Sean Connery, John Gielgud, Anthony Perkins, Vanessa Redgrave, Richard Widmark | 128 min | OF | »Ich sollte die Rolle einer russischen Prinzessin übernehmen. Sidney schickte mir das Drehbuch, und je mehr ich las, desto besser gefiel mir die Rolle einer schwedischen Missionarin. Sidney sagte, die Rolle sei längst nicht so gut. Schließlich lenkte er ein. Ich hatte fast nur eine Szene zu spielen, aber Sidney hat die ganze Zeit über die Kamera nicht von meinem Gesicht gelassen.« (Ingrid Bergman) Für diesen Auftritt gewann Ingrid Bergman den Oscar als »Beste Nebendarstellerin«. ▶ Mittwoch, 11. November 2015, 18.30 Uhr Höstsonaten (Herbstsonate) | Schweden 1978 | R+B: Ingmar Bergman | K: Sven Nykvist | D: Ingrid Bergman, Liv Ullmann, Lena Nyman, Gunnar Björnstrand, Erland Josephson | 100 min | OmeU | »HÖST- Ingrid Bergman 21 SONATEN ist die Geschichte einer weltberühmten Pianistin, die nach langer Abwesenheit nach Norwegen zurückkommt, um ihre beiden Töchter zu besuchen. Den Höhepunkt des Films bildet die Diskussion zwischen Liv und ihrer Mutter zu mitternächtlicher Stunde, eine der erschütterndsten emotionalen Abrechnungen, die je im Film gezeigt wurden. Ingmar war überzeugt, es sei ein Film über die Liebe, über das Fehlen oder Vorhandensein von Liebe, die Sehnsucht, das Verlangen nach Liebe, aber auch Abarten von Liebe und Liebe als die einzige Möglichkeit, um zu überleben. Und ich glaube, er hatte recht damit.« (Ingrid Bergman) ▶ Mittwoch, 25. November 2015, 18.30 Uhr | Einfüh- rung: Thilo Wydra A Woman Called Golda (Golda Meir) | GB 1982 | R: Alan Gibson | B: Harold Gast, Steve Gethers | K: Adam Greenberg | M: Michel Legrand | D: Ingrid Bergman, Ned Beatty, Franklin Cover, Judy Davis, Leonard Nimoy | 190 min | OF | »Es heißt immer wieder, Ingrid war in erster Linie ein Star. Das schließt schauspielerisches Können nicht aus, macht es aber weitgehend irrelevant. Ingrid hat immer beteuert, schauspielern zu können, wenn man ihr nur die Gelegenheit dazu bietet. Paradoxerweise tritt sie hier – vielleicht weil es die letzte wirkliche Herausforderung war – den Beweis an. Natürlich weiß man irgendwie immer, dass es Ingrid Bergman ist, die man sieht. Aber zum ersten Mal in ihrer ganzen Laufbahn denkt man nicht daran. Ausgehend von der Stimme – das Timbre einer Frau, die täglich drei Päckchen Zigaretten raucht, der Akzent einer russischen Jüdin aus New York – wird die Figur so sicher und präzise aufgebaut, dass man nur noch die Darstellung sieht und nicht die Darstellerin.« (John Russell Taylor) ▶ Mittwoch, 2. Dezember 2015, 19.00 Uhr Jag är Ingrid (Ingrid Bergman in ihren eigenen Worten) | Schweden 2015 | R+B: Stig Björkman | K: Malin Korkeasalo | M: Michael Nyman | 114 min | OmeU | Dieser Dokumentarfilm enthält noch nie gesehene Filmaufnahmen, die Ingrid Bergman selbst mit ihrer Amateurkamera in Schweden, Europa und Amerika gemacht hat, und zitiert aus ihren Notizen, Briefen und Tagebüchern, die in der reichhaltigen Ingrid Bergman Collection der Wesleyan University Cinema Archives zugänglich waren. Zusammen mit neu gedrehten Interviews mit all ihren Kindern sowie mit Schauspielkollegen wie Liv Ullmann und Debra Winger gewähren die Dokumente neue Einblicke in das Leben und die Karriere von Ingrid Bergman. »Die außergewöhnlichen, meist von Ingrid Bergman selbst gedrehten Home Movies sind eine wahre Freude und bestätigen die warmherzigen Erinnerungen ihrer Kinder. Michael Nymans Musik mit ihrem unverkennbaren Ostinato knüpft an die besten Arbeiten des Komponisten an.« (Jay Weissberg) ▶ Termin steht noch nicht fest und wird kurzfristig bekannt gegeben. Hollywood ohne Schranken Hollywood ohne Schranken RED DuST 22 Filme der Jahre 1931–1934 vor der Einführung des Production Code Vom Anbeginn des Kinos hatten die Hüter der Moral in den USA ein wachsames Auge auf den Film und dessen Beitrag zum Kulturverfall. Die Mächtigen in der Filmindustrie dagegen befürchteten, dass Proteste »von unten« letztlich ihren Weg in die Gesetzgebung finden und in einer staatlichen Zensur münden könnten – mit katastrophalen Auswirkungen auf das Filmgeschäft. Daher strebten sie stets eine Selbstregulierung an. Hierfür wurden im Lauf der Zeit diverse Institutionen ins Leben gerufen, so die Motion Picture Producers and Distributors of America (MPPDA, 1922), der Hays Code (1930), die Motion Picture Association of America (MPAA, 1968). Die drastischsten Folgen für Hollywood ergaben sich aber aus der Einrichtung der Production Code Administration (PCA) im Jahr 1934. Der Begriff »Pre-Code« bezeichnet nicht ein Genre, sondern den Zeitraum zwischen der Annahme des Hays Code, die ohne größere Auswirkungen blieb, und der Einführung der PCA, die den Code tatsächlich wirksam durchsetzen konnte. Dieser Abschnitt umfasst einige wenige äußerst fruchtbare Jahre, in denen die Studios immer offener und mutiger die Grenzen von Anstand und Schicklichkeit erweiterten und auf die Probe stellten. Es wäre jedoch wenig sinnvoll, jeden Film, der zwischen 1930 und 1934 entstand, als »PreCode« zu bezeichnen; dazu ist noch etwas mehr nötig. Das Kino der Weltwirtschaftskrise wird gerne als ein Ort betrachtet, an dem das Publikum kurz die Alltagssorgen vergessen konnte, doch die Filme dieser Reihe widerlegen diese Sichtweise eindeutig. Vielmehr zeichneten die Studios damals ein wesentlich realistischeres Amerikabild als je zuvor. An erster Stelle ist hier Warner Bros. mit tagesaktuellen Stoffen zu nennen, doch auch bei der glamourösen MGM ließ man die unerbittliche Realität des Alltags in die Traumfabrik hinein. Die Filme lösten einen Entscheidungskampf über die Filmzensur aus, der im Grunde auf einen Skandal aus früheren Jahren zurückging. Um die Jahreswende 1921/1922 war das Image der Filmindustrie schwer angeschlagen. Wenige Monate zuvor hatte ein Skandal um den beliebten Komiker Roscoe ›Fatty‹ Arbuckle die Industrie erschüttert. Weitere über die Verzögerungen alles andere als erfreut waren. Gerade die Unbeweglichkeit des bürokratischen Verfahrens in einer wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Krise wie der Great Depression ermöglichte also ganz direkt eine besonders lebendige und kreative Phase der Filmgeschichte, aus der zahlreiche Stars hervorgingen, deren Leinwandpersönlichkeiten für immer in ihren Pre-Code-Filmen wurzelten. Kein Hollywoodstudio fing den Zeitgeist so schwungvoll und mitreißend ein wie Warner Bros. Unser Bild von diesem Studio ist so stark durch dessen sozial engagierte Filme geprägt (Gangsterfilme, Gefängnisfilme, gesellschaftskritische Filme und so fort), dass die Annahme nahe liegt, man hätte dort nur knallharte Gegenwartsstoffe aufgegriffen. Aber wir dürfen nicht vergessen, dass die Warner Bros. der Weltwirtschaftskrise jede Menge Fließbandware produzierten: Die Filme, die wir mit dem Studio verbinden und die das Image heute prägen, stellen nur einen kleinen Anteil der Gesamtproduktion dar, doch diese wirklichkeitsnahen Dramen waren dem Studio besonders wichtig, sie sind im kollektiven Gedächtnis verankert, und ihnen widmet man Retrospektiven. Die Liste der Warner-Filme, die 1933 im Strand Theater in New York und im Hollywood Theater in Los Angeles liefen (den größten Warner-Kinos mit jeweils 2800 Plätzen), spricht Bände. Neben gelegentlichen Ausreißern wie MARY STEVENS, M.D. mit Kay Francis dominieren ganz andere Filme: 20,000 YEARS IN SING SING mit Spencer Tracy, THE MAYOR OF HELL mit James Cagney, WILD BOYS OF THE ROAD mit Frankie Darro, THE WORLD CHANGES mit Paul Muni und die drei sagenhaften Musicals, die die Wirtschaftskrise ins Zentrum stellen, 42ND STREET, GOLD DIGGERS OF 1933, FOOTLIGHT PARADE. Bleibt die Frage: Warum? Wieso stellte Warner Bros. diese Art Filme besonders heraus? Manche Gründe waren wirtschaftlicher Natur: Gegenwartsstoffe verlangten nicht nach aufwändigen Kostümen oder Bauten. Es gab auch einen Rückkopplungseffekt: Biss das Publikum bei bestimmten Stoffen oder Werbekampagnen an, dann produzierte das Studio mehr davon. Im Warner-Universum wurde den Zuschauern eine Welt gezeigt, die sie kannten (oder die sie zumindest über Elemente wie moderne Städte, Kleidung, Moralvorstellungen wiedererkannten), und die Reaktion fiel durch die Bank positiv aus. Der Kreis drehte sich weiter. Außerdem waren Warner Bros. unter den Hollywoodstudios die stärksten Befürworter des New Deal. Die progressive Wirtschaftspolitik, die unter Franklin D. Roosevelt ab März 1933 ein vielfältiges Maßnahmenbündel gegen die Wirtschaftskrise aufbot, baute auf Förderung, Hollywood ohne Schranken Geschichten von Orgien mit Drogen- und Alkoholexzessen füllten die Skandalblätter. Im Februar wurde der Regisseur William Desmond Taylor ermordet; der Fall ist bis heute nicht aufgeklärt. Der US-Kongress berief einen Untersuchungsausschuss ein. Nichts bringt Industriebarone so schnell auf Linie wie die Drohung staatlicher Aufsicht, und das galt auch für die Filmmogule des Jahres 1922. Sie beriefen einen unangreifbaren Vertreter der Wohlanständigkeit zum Vorstand einer neu zu schaffenden Institution: Will Hays, Diakon der presbyterianischen Kirche, ehemaliger Parteivorsitzender der Republikaner, Wahlkampfmanager des amtierenden Präsidenten Harding und zuletzt Postminister. Als Leiter der Motion Picture Producers and Distributors of America (MPPDA) sollte Hays die drohende staatliche Einmischung abwenden. Keine einfache Aufgabe, denn die Einzelstaaten hatten alle ihre eigenen Zensurbehörden mit weit divergierenden Vorgaben. Was in manchen Staaten locker durchging, war in anderen streng verboten. Oft waren Filmkopien, wenn sie beispielsweise aus Kentucky zurückkamen, so zerstückelt, dass sie nicht mehr brauchbar waren. Dieses Vorgehen kostete die Studios jedes Jahr viele Millionen Dollar – ein weiteres gewichtiges Argument zugunsten einer gemeinsamen Linie. Man muss Hays zugute halten, dass er die ganzen 1920er-Jahre hindurch den Einfluss der strengsten Puritaner wirksam eindämmte. Gemeinsam mit den Studios, den Kirchen und etlichen Reformbewegungen konnte er am Ende des Jahrzehnts ein Regelwerk vorlegen, das offiziell als »Motion Picture Production Code« bezeichnet wurde, im Volksmund den Namen »Hays Code« trug und umgangssprachlich unter »Don’ts and Be Carefuls« lief. »Don’ts« waren Inhalte wie Empfängnisverhütung, Geschlechtskrankheiten, Homosexualität, »Rassenmischung«, Gotteslästerung oder »Verhöhnung von Geistlichen«. Weitaus länger war die Liste der »Be Carefuls«, darunter so unterschiedliche Dinge wir Brandstiftung, chirurgische Eingriffe oder auch Verständnis für Kriminelle. Ferner galt: »Die Flagge ist stets respektvoll zu behandeln« und »Die Arbeit der Gerichte sollte nicht als ungerecht dargestellt werden«. Angesichts des Zusammenspiels von Production Code und Zensurbehörden der Einzelstaaten möchte man annehmen, dass Filme ab 1930 Muster an Sauberkeit und Anstand wären. Tatsächlich konnte die MPPDA rein gar nichts ausrichten, hatte sie doch viel zu wenig Personal zur Überprüfung der Massen an Treatments, Drehbüchern und fertigen Filmen, geschweige denn zum Aushandeln von Kompromissen mit Studios, die 23 Hollywood ohne Schranken 24 Aufschwung und Umgestaltung (»relief, recovery, and reform«). Die Unterstützung des New Deal mag teilweise mit den vergleichsweise linken Neigungen der Gebrüder Warner zusammenhängen – höchst ungewöhnlich für Eigentümer an Produktionsmitteln – aber auch wenn Roosevelts Kritiker seine Politik gerne als »sozialistisch« zu diffamieren versuchten, stand in der Warner-Variante des New Deal doch stets mehr die Initiative des Einzelnen im Zentrum als die nationale Einheit oder die gemeinsame Anstrengung eines Kollektivs. FIVE STAR FINAL (1931) und EMPLOYEES’ ENTRANCE (1933) üben beißende Kritik an Unternehmern und Meinungsmachern, doch mit Aufrufen zur Revolution wird man sie kaum verwechseln. Letzten Endes sind sie so pro-amerikanisch wie YANKEE DOODLE DANDY (1943). Warren William, der Hauptdarsteller in EMPLOYEES’ ENTRANCE, spielte oft lässig-amoralische, tyrannische Unternehmertypen mit großem Geschäftssinn und brachte in diesen Rollen den Hang der Zeit zum Zynismus perfekt zum Ausdruck. Anders als etwa bei Edward G. Robinson, James Cagney, Barbara Stanwyck, William Powell oder Carole Lombard, deren bleibende Leinwandpersönlichkeiten ebenfalls in der Pre-Code-Ära etabliert wurden, ging es mit Williams Karriere nach 1934 steil abwärts. Ein ähnliches Schicksal ereilte Ruth Chatterton (die in FEMALE die weibliche Variante eines Warren-William-Tycoons verkörperte) und, in etwas milderer Form, Miriam Hopkins (DR. JEKYLL & MR. HYDE, 1932, DESIGN FOR LIVING, 1933). In der Post-Code-Ära fand Warner Bros. keine geeigneten Vehikel mehr für William und Chatterton, während Hopkins ihre Karriere primär selber durch ihre Rollenwahl sabotierte – und durch ihre schwierige Persönlichkeit im wirklichen Leben. Als DESIGN FOR LIVING im Dezember 1933 herauskam, wurde der Hays Code bereits offen missachtet, was nicht jedem gefiel. Manche verzweifelten angesichts des verbotenen Treibens, das auf der Leinwand verherrlicht wurde, und der Zorn auf eine Industrie, die in ihren Augen aus Perversion Profit schlug, wuchs. Etliche Volksbewegungen sollten Druck auf die Filmindustrie ausüben, die mächtigste und einflussreichste unter ihnen war die Catholic Legion of Decency (CLOD, »Katholische Tugendliga«), die der Erzbischof von Cincinnati einige Monate zuvor ins Leben gerufen hatte. Ihr Ziel war die Reinigung des Kinos, dafür verlangte sie von ihren Mitgliedern ein feierliches Versprechen, nur wahrhaft tugendsame Filme zu besuchen, die durch ein eigenes Einstufungssystem klassifiziert wurden. Da die Mitglieder tatsächlich ihr Gelübde hielten, wuchs der Einfluss der CLOD exponentiell: Erhielt ein Film das vernichtende »C« (»condemned«), so war sein Schicksal an der Kinokasse besiegelt. (Sechs Filme in dieser Reihe wurden so eingestuft.) War im Jahr 1932 THE SIGN OF THE CROSS noch komplett darauf angelegt gewesen, die Zensoren zu provozieren (und auch in dieser Hinsicht ein Riesenerfolg), so löste nun 1933 BABY FACE einen landesweiten Ansturm der Entrüsteten auf die Legion of Decency aus, die durchsetzen konnte, dass der Film komplett sinnentstellend umgearbeitet wurde. Erst vor wenigen Jahren wurde die ursprüngliche Fassung wiederentdeckt, die in dieser Reihe läuft. Schon 1934 befanden sich in den Reihen der CLOD so viele protestantische Mitglieder, dass sich die Organisation in National Legion of Decency umbenannte. Auch die MPPDA merkte, woher der Wind wehte. Mitte 1934 wurde Joseph Breen Vorsitzender der neu gebildeten Production Code Administration, deren Code er mit strenger Hand durchsetzte. Schon unter dem Hays Code mussten die Studios Drehbücher einreichen, aber nun war die PCA unnachgiebig in ihren Änderungswünschen. Jeder Film eines MPPDA-Mitglieds musste eine Zulassung erwirken, ehe er in die Kinos gebracht werden konnte. Wer das Gros der Filme mit Zulassung spielen wollte, musste sich verpflichten, keine Filme ohne Zulassung zu spielen. Der Code hielt sich im Wesentlichen bis Mitte der 1950er, ehe er unter der Last der Paranoia und des Überdrusses der Nachkriegszeit zusammenbrach. Ein weiteres Jahrzehnt bestand er wirkungslos fort, bis Mitte der 1960er-Jahre das MPAA Rating System mit Altersfreigaben an seine Stelle trat, das mit geringfügigen Modernisierungen noch heute gilt. Mike Mashon Der Preis der Freiheit The Sin of Nora Moran (Die Sünde der Nora Moran) | USA 1933 | R: Phil Goldstone | B: W. Maxwell Goodhue, Frances Hyland | K: Ira Morgan | M: Heinz Roemheld | D: Zita Johann, John Miljan, Alan Dinehart, Paul Cavanagh, Claire Du Brey | 65 min | OF | Nora Moran erwartet die Hinrichtung für einen Mord, den sie nicht begangen hat. Ihr schweres, tragisches Leben entfaltet sich in widersprüchlichen Rückblenden verschiedener Beteiligter, in Erinnerungen, Träumen, Erzählungen. Die Grenzen zwischen Selbstaufopferung und Manipulation verschwimmen, aus Erotik wird sexualisierte Gewalt, hinter scheinbar hehren Idealen steht nichts als Doppelmoral. Der Film nutzt seine Rückblenden und mehr- Elaine sorgen sich um ihre haltlose 20-jährige Tochter Monica, die eine Affäre mit einem verheirateten Mann hat. Dann lernen sie die berühmte Fliegerin Cynthia Darrington kennen, deren Selbstsicherheit zuerst auch Monica mitreißt. Das Plakat versprach: »Higher and higher! Faster and faster! She gave herself to the great God Speed, and tried to run away from the fires within her!« Die Regisseurin Dorothy Arzner hatte die längste, stabilste und erfolgreichste Karriere einer Regisseurin im von Männern dominierten Hollywood. Sie hatte sich zunächst beim Produzenten David O. Selznick für Katharine Hepburn eingesetzt, deren zweiter Filmauftritt und erste Hauptrolle dies war. Später drohte sie Selznick, sie werde die Regie niederlegen, wenn die eigensinnige Hepburn weiterhin ihre Regieanweisungen ignoriere. ▶ Sonntag, 13. September 2015, 21.00 Uhr geformt und fließenden Veränderungen unterworfen. Mal erscheint Noras Freundin und verkündet, »diesmal« werde sie Nora nicht mit Geld aushelfen, vielleicht gehe »es« dann anders aus. Dann wieder stellt Nora nach einer traumatischen Szene die Frage »habe ich es diesmal richtig gemacht?« ▶ Freitag, 11. September 2015, 21.00 Uhr Night Nurse (Nachtschwester) | USA 1931 | R: William A. Wellman | B: Oliver H. P. Garrett | K: Barney McGill | D: Barbara Stanwyck, Ben Lyon, Joan Blondell, Clark Gable, Blanche Friderici | 72 min | OF | Die Krankenschwester Lora Hart befolgt den Rat ihrer besten Freundin Maloney: »Such Dir einen reichen Patienten mit hohem Fieber und niedrigem Puls«. Sie findet eine private Stellung in einem Haushalt mit zwei kranken Kindern, deren Mutter ständig betrunken ist. Der brutale Chauffeur Nick scheint mit dem dubiosen Hausarzt unter einer Decke zu stecken. Zu ihr hält neben ihrer Freundin einzig ein Gangster, den sie während ihrer Ausbildung in der Notaufnahme versorgt hatte. William Wellman führt den Film durch drei grundverschiedene Stimmungen: Zu Anfang scheint es vorwiegend darum zu gehen, die Krankenschwestern beim An- und Auskleiden zu beobachten. Dann wird ein ernster Thriller mit gesellschaftskritischen Untertönen daraus, und die Auflösung mit leichter Hand ist gänzlich subversiv. Verdrängte Wünsche Dr. Jekyll and Mr. Hyde (Dr. Jekyll und Mr. Hyde) | USA 1932 | R: Rouben Mamoulian | B: Samuel Hoffenstein, Percy Heath nach der Novelle von Robert Louis Stevenson | K: Karl Struss | D: Fredric March, Miriam Hopkins, Rose Hobart, Holmes Herbert, Halliwell Hobbes, Edgar Norton | 96 min | OF | Dr. Jekyll versucht, »dunkle«, verdrängte Seiten der Psyche mittels einer Droge an die Oberfläche zu bringen, um sich von ihnen »reinigen« zu können. Als Mr. Hyde kann er endlich alles ausleben, was dem braven Dr. Jekyll versagt war. Mit subjektiver Kamera und sensationellen Verwandlungen in atmosphärischen Sets bindet Rouben Mamoulian uns unmittelbar ins Geschehen ein, doch dass wir die Geschichte akzeptieren, ist primär das Verdienst der Darsteller, allen voran Miriam Hopkins und Fredric March. Mit drei Dutzend Sets, über 80 Schauspielern und 500 Statisten drehte Mamoulian eine echte Prestigeproduktion, keinen kleinen Horrorfilm. Die Proteste des Hays Office über »brutale und allzu suggestive« Passagen wurden abgewiegelt, erst später wurde insgesamt eine Viertelstunde für Wiederaufführungen entfernt. Diese Szenen sind heute wieder vorhanden. ▶ Samstag, 12. September 2015, 21.00 Uhr ▶ Freitag, 18. September 2015, 21.00 Uhr ▶▶ Dienstag, 22. September 2015, 18.30 Uhr Christopher Strong | USA 1933 | R: Dorothy Arzner | B: Zoe Akins | K: Bert Glennon | M: Max Steiner | D: Katharine Hepburn, Colin Clive, Billie Burke, Helen Chandler, Ralph Forbes | 78 min | OF | Der Parlamentsabgeordnete Sir Christopher Strong und seine Gattin Red Dust (Dschungel im Sturm) | USA 1932 | R: Victor Fleming | B: John Lee Mahin | K: Harold Rosson | D: Clark Gable, Jean Harlow, Mary Astor, Gene Raymond, Donald Crisp | 83 min | OF | Eine Kautschukplantage im schwülen Dschungel Indochinas. Das Verhält- Hollywood ohne Schranken fachen Erzählebenen zu einem unvergleichlich offenen Blick auf seine Figuren; die Rückschau ist nie »objektiv«, sondern immer vom Bewusstsein der Gegenwart 25 Hollywood ohne Schranken 26 nis zwischen der Prostituierten Vantine und dem Plantagenbetreiber Dennis ist locker und unverbindlich. Die Situation ändert sich mit dem Eintreffen seines neuen Ingenieurs Gary, der unerwarteterweise von seiner Frau Barbara begleitet wird. Die elegante, damenhafte Barbara ist für Dennis wie eine Verheißung. Er schickt Gary prompt in die Wildnis, um Barbara für sich zu haben. Eine kleine, enge, heiße Welt: Außer dem Beziehungsgeflecht existiert nur die Arbeit auf der Plantage und das tropische Klima; selbst die Kautschukproduktion wird zur sinnlichen Erfahrung. Monsun, Stürme, Tiger im Dschungel – die erotischen Spannungen manifestieren sich in expressionistischer Form. RED DUST ist einerseits ausgesprochen progressiv und verurteilt keine seiner Hauptfiguren für ihre »unsittlichen« Handlungen; andererseits ist der Blick auf die Einheimischen offen rassistisch und kolonialistisch. ▶ Samstag, 19. September 2015, 21.00 Uhr King Kong (King Kong und die weiße Frau) | USA 1933 | R: Merian C. Cooper, Ernest B. Schoedsack | B: James Creelman, Ruth Rose | K: Eddie Linden, Vernon Walker, J. O. Taylor | M: Max Steiner | D: Fay Wray, Robert Armstrong, Bruce Cabot, Frank Reicher, Noble Johnson | 100 min | OmU | Eine Filmcrew reist auf eine abgelegene Insel und entdeckt dort »das achte Weltwunder«: Kong, einen riesigen Affen, der als Gott gefürchtet und verehrt wird. KING KONG ist durchdrungen vom Geist der Weltwirtschaftskrise: Ein Filmemacher unternimmt eine beschwerliche Expedition, weil den Kinogängern das Geld nicht mehr so locker sitzt. Seine Darstellerin entdeckt er, als sie vor Hunger kurz davor ist, einen Apfel zu stehlen. Die Dschungelwelt der Insel wirkt wie eine Allegorie auf sozialdarwinistische Thesen der 1930er. Die rücksichtslose Jagd auf den Dollar reduziert sogar eine Gottheit auf eine Ware. Die reichen erotischen Anspielungen und die teils erstaunlich drastische Gewaltdarstellung wurden 1933 akzeptiert; erst für Wiederaufführungen wurden mehrere Szenen entfernt, die dann für Jahrzehnte verloren waren und heute wieder Teil des Films sind. ▶ Sonntag, 20. September 2015, 21.00 Uhr ▶▶ Mitt- woch, 23. September 2015, 18.30 Uhr Verlockung des Verbrechens Little Caesar (Der kleine Cäsar) | USA 1931 | R: Mervyn LeRoy | B: Francis Edwards Faragoh, Robert N. Lee nach dem Roman von W. R. Burnett | K: Tony Gaudio | M: Erno Rapee | D: Edward G. Robinson, Douglas Fairbanks Jr., Glenda Farrell, William Collier Jr., Sidney Blackmer | 79 min | OF | Aufstieg und Niedergang des rücksichtslosen Gangsters Rico Bandello. »Erstes großes Werk des amerikanischen Gangsterfilmkinos der 1930er-Jahre. Die herausragende Gestaltung der Titelrolle, der wache Blick für soziale Hintergründe und der temporeiche, sachlich-knappe Inszenierungsstil machten den Film zum Prototyp eines Genres, in dem die gesellschaftlichen Umbrüche zur Zeit der Weltwirtschaftskrise beispielhaft zum Ausdruck kommen: Wo Politik und Verwaltung versagen, wird der Gesetzlose zum Antihelden, dessen Selbsthilfemaßnahmen wie eine doppelbödige Umkehrung unternehmerischer Ideale erscheinen.« (Lexikon des Internationalen Films) Das Hays Office war empört über die beiläufige Gewalt und die erotische Zweideutigkeit, gab sich aber letztlich mit ein paar Euphemismen zufrieden: Statt »Mother of God« stöhnt Rico nun »Mother of Mercy«. ▶ Freitag, 25. September 2015, 21.00 Uhr Scarface (Narbengesicht) | USA 1932 | R: Howard Hawks | B: Ben Hecht, Seton I. Miller, John Lee Mahin, W. R. Burnett | K: Lee Garmes, L. W. O’Connell | M: Adolph Tandler | D: Paul Muni, Ann Dvorak, Karen Morley, George Raft, Boris Karloff | 99 min | OmU | Tony Camonte erkennt, dass Entschlossenheit und Konsequenz die Schlüssel zum Erfolg sind – auch im Organisierten Verbrechen: »Do it first, do it yourself, and keep doing it.« Für SCARFACE, ein Amalgam aus dem Capone-Mob und den Borgias, holten die Schöpfer Rat bei echten Gangstern ein. Das Resultat war der formal und stilistisch einflussreichste Gangsterfilm überhaupt, seine strukturellen Mittel finden sich noch in Coppolas THE GODFATHER. Für George Raft war die Rolle als Tonys Partner Guino das Filmdebüt und zugleich der Höhepunkt seiner Karriere. Dreh- und Angelpunkt der Geschichte ist Tonys neurotische Beziehung zu seiner Schwester Cesca. Dem Hays Office entging der in- ▶ Samstag, 26. September 2015, 21.00 Uhr The Public Enemy (Der öffentliche Feind) | USA 1931 | R: William A. Wellman | B: Harvey Thew, Kubec Glasmon, John Bright | K: Dev Jennings | D: James Cagney, Jean Harlow, Edward Woods, Joan Blondell, Mae Clarke, Beryl Mercer | 84 min | OF | Tom Powers und Matt Doyle machen von klein auf krumme Geschäfte. Ihre große Chance kommt mit der Prohibition: Sie steigen ins illegale Biergeschäft ein, bald ist Tom ein gefürchteter Gangster. Tom und Matt waren ursprünglich umgekehrt besetzt; Cagney wurde während der Dreharbeiten »befördert« und war eine Sensation als Tom Powers. THE PUBLIC ENEMY schildert die Prohibitionszeit in ungekünstelten, authentisch wirkenden Szenen und ist vielleicht nicht nur der ehrlichste, direkteste Film der Gangsterwelle, sondern auch – obwohl die Gewalttaten allesamt außerhalb des Bildes stattfinden – der härteste, weil Cagney sich so in die Figur des entbrannten Soziopathen Tom hineinwirft, dass er in seiner Unerbittlichkeit unaufhaltsam wirkt: »Cagney steps on the screen and modern screen acting begins.« (Martin Scorsese) determinierte und urteilsfreie Richtung weiterstrebt, die Pflichtvorgaben der PCA von Schuld und Sühne als vollkommen irrelevant verwirft. Premiere einer neuen Restaurierung der Library of Congress. ▶ Donnerstag, 1. Oktober 2015, 19.00 Uhr | Einführungsvortrag: Mike Mashon Baby Face | USA 1933 | R: Alfred E. Green | B: Gene Markey, Kathryn Scola | K: James Van Trees | D: Barbara Stanwyck, George Brent, Donald Cook, Margaret Lindsay, Alphonse Ethier, John Wayne | 76 min | OF | Nick Powers betreibt eine Flüsterkneipe in einer Arbeiterstadt. Seine Tochter Lily vermietet er an seine Kunden. Lily flieht nach Manhattan und beginnt, sich in einer Großbank buchstäblich »hochzuschlafen«. Das 27 ▶ Sonntag, 27. September 2015, 21.00 Uhr Aufsteiger und Abhängige A Modern Hero | USA 1934 | R: G. W. Pabst | B: Gene Markey, Kathryn Scola nach dem Roman von Louis Bromfield | K: William Rees | M: Heinz Roemheld | D: Richard Barthelmess, Jean Muir, Marjorie Rambeau, Verree Teasdale, Hobart Cavanaugh | 71 min | OF | Der Kunstreiter und Frauenschwarm Pierre Radier verlässt den Zirkus und folgt seinem unternehmerischen Ehrgeiz. Als Paul Rader wird er dank einer Reihe von Gönnerinnen, die seine Ideen finanzieren, zum erfolgreichen Geschäftsmann. Er lernt den Sohn der Frau kennen, die ihn nicht halten wollte, als sie schwanger wurde, und versucht dessen »selbstloser« Mentor und Förderer zu werden. Eine Geschichte von Ausbeutung und Missbrauch (sowohl anderer als auch seiner selbst) im Namen von Zielen, die sich als leer erweisen. A MODERN HERO hätte wenig später nicht mehr so realisiert werden können, weil die Geschichte, die an ihrem vermeintlichen Schlusspunkt in eine gänzlich un- Hollywood ohne Schranken zestuöse Unterton nicht; der Film wurde in mehreren Bearbeitungen abgelehnt und hatte endlose Schwierigkeiten, da einzelne Bundesstaaten dazu übergegangen waren, Gangsterfilme automatisch aus den Kinos zu verbannen. Hays Office war fassungslos und verlangte massive Eingriffe. Kürzungen und die Anfügung eines reumütigen »Endes nach dem Ende« waren nicht genug. Es wurden auch sinnentstellende Nachbearbeitungen vorgenommen. Mit minimalem Aufwand wurde so aus dem Nietzsche-besessenen Schuster Cragg, der Lily fit für die Großstadt macht (»You must use men, not let them use you! Be strong, defiant! Use men to get the things you want!«) ein wohlmeinender älterer Herr (»There is a right and a wrong way. Remember the price of the wrong way is too great! Be clean, be strong, defiant!«). Gezeigt wird die verloren geglaubte ursprüngliche Fassung des Films, Mike Mashon wird in seiner Einführung zeigen, wie der Film seinerzeit verändert wurde. ▶ Freitag, 2. Oktober 2015, 21.00 Uhr | Einführung: Mike Mashon Red-Headed Woman (Feuerkopf) | USA 1932 | R: Jack Conway | B: Anita Loos | K: Harold Rosson | D: Jean Harlow, Chester Morris, Lewis Stone, Leila Hyams, Una Merkel, Charles Boyer | 79 min | OF | Lil Andrews arbeitet als Stenographin, weil sie es auf ihren Chef Bill Hollywood ohne Schranken 28 Legendre jr. abgesehen hat. Es gelingt ihr, ihn herumzukriegen und sogar seine Ehe zu ruinieren, aber obwohl sie ihn heiratet, bleibt ihr die feine Gesellschaft verschlossen. Als sie einen geachteten älteren Unternehmer verführt und erpresst, um Zugang zu den »besseren Kreisen« zu erhalten, setzt ihr Mann einen Detektiv auf sie an. Wäre RED-HEADED WOMAN keine Komödie (der erste Entwurf stammte von F. Scott Fitzgerald), dann wäre Jean Harlows durchtriebene, selbstsüchtige Lil ein abscheuliches Geschöpf. So aber ist sie gerissen, schlagfertig und nahezu unzerstörbar. Sie ist kein Lustobjekt, sie hat den Männern etwas entgegenzusetzen, und was sie mit ihrer Sexualität anfängt, ist ihre eigene Entscheidung. Erst nach 17 Schnitten wurde der Film in den USA zugelassen; in Großbritannien und in Deutschland war er seinerzeit verboten. ▶ Samstag, 3. Oktober 2015, 21.00 Uhr Of Human Bondage (Der Menschen Hörigkeit) | USA 1934 | R: John Cromwell | B: Lester Cohen, nach dem Roman von W. Somerset Maugham | K: Henry W. Gerrard | M: Max Steiner | D: Leslie Howard, Bette Davis, Frances Dee, Reginald Owen, Reginald Denny | 83 min | OF | Der Brite Philip ist als Maler in Paris gescheitert. Er nimmt ein Medizinstudium in London auf und verliebt sich in die ordinäre Kellnerin Mildred, die ihn verachtet und ausnimmt. Eine faszinierende Studie in Abhängigkeit. Mildred ist nicht etwa die Stärkere der beiden, wir merken deutlich, dass sie nach Aufmerksamkeit und Zuwendung mindestens ebenso hungert wie nach dem Geld, das sie Philip abpresst. Nach 22 Rollen für verschiedene Studios bescherte OF HUMAN BONDAGE Bette Davis endlich den Durchbruch bei der Kritik. Ihre furchtlose Darstellung ist eine absolut überzeugende tour de force. Die frisch eingesetzte PCA erteilte OF HUMAN BONDAGE das Zertifikat mit der Nummer 34. »Nicht akzeptable« Elemente in Maughams autobiographisch gefärbtem Roman (Prostitution, Syphilis) sind im Film trotzdem vorhanden, freilich in kodierter Form (Obdachlosigkeit, Tuberkulose). ▶ Sonntag, 4. Oktober 2015, 21.00 Uhr Soziale Klüfte I Am a Fugitive from a Chain Gang (Jagd auf James A.) | USA 1932 | R: Mervyn LeRoy | B: Robert E. Burns, Howard J. Green, Brown Holmes | K: Sol Polito | M: Bernhard Kaun | D: Paul Muni, Glenda Farrell, Helen Vinson, Preston Foster, Allen Jenkins | 92 min | OF | Der Weltkriegsheimkehrer James Allen hofft Ingenieur zu werden und Karriere zu machen. Doch er findet nur Ablehnung und Gleichgültigkeit. Arbeitslos und bettelarm, wird er unschuldig in einen Raubüberfall verwickelt und zu zehn Jahren Zwangsarbeit verurteilt. Er durchlebt als Kettensträfling die Hölle auf Erden. Die unmenschlichen Zustände in den Strafeinrichtungen des Südens waren keine Hollywood-Fantasie; das Drehbuch beruht auf den realen Erfahrungen des Autors Robert E. Burns, der das brutale System der Chain Gang in Georgia einzig durch Flucht überlebte. Diesmal entzündete sich die Kontroverse um einen Film nicht an Sex oder Gewalt, sondern an der ungeschönten Darstellung der Realität im Strafvollzug. Mervyn LeRoys Film ist eines der wenigen Werke, die tatsächlich etwas bewegten: Die Proteststürme mündeten letztlich nach fünf Jahren in einer Gefängnisreform. ▶ Freitag, 16. Oktober 2015, 21.00 Uhr Man’s Castle (Ein Schloss in New York) | USA 1933 | R: Frank Borzage | B: Jo Swerling, nach dem Stück von Lawrence Hazard | K: Joseph August | M: Frank Harling | D: Spencer Tracy, Loretta Young, Marjorie Rambeau, Glenda Farrell, Walter Connolly | 71 min | OmU | Zwei Randexistenzen tun sich gegen alle Widrigkeiten zusammen, verlieben sich, versuchen sich mit allen Mitteln durchzuschlagen und sind nicht bereit, ihren Lebensmut aufzugeben. In Frank Borzages Film existiert all das, was der Code als nicht darstellbar deklarierte: Ausbeutung, Not und Obdachlosigkeit, Promiskuität, Verbrechen ohne Sühne. MAN’S CASTLE ist an Moralurteilen nicht interessiert, denn über allem schwebt die Liebe: »Eine uneingeschränkte, betont unbürgerliche Liebe, die zugleich Objekt und Subjekt von Borzages ganzer Filmografie ist und je nach Story die Zeit, den Raum, möglicherweise den Tod transzendiert.« (Hervé Dumont). Um den Film, der von der Legion of Decency als »condemned« eingestuft wurde, 1938 mit einer Freigabe der Production Code Adminis- ▶ Samstag, 17. Oktober 2015, 21.00 Uhr ▶▶ Dienstag, 20. Oktober 2015, 18.30 Uhr Wild Boys of the Road (Kinder auf den Straßen) | USA 1933 | R: William A. Wellman | B: Earl Baldwin | K: Arthur L. Todd | D: Frankie Darro, Edwin Phillips, Rochelle Hudson, Dorothy Coonan, Sterling Holloway | 68 min | OF | »You read in the papers about giving people help. The banks get it. The soldiers get it. The breweries get it. And they’re always yelling about giving it to farmers. What about us? We’re kids.« Obdachlose Kinder und Jugendliche wurden in der Great Depression ein Massenphänomen. Hunderttausende waren auf sich gestellt, weil ihre Familien sie nicht ernähren konnten. Keiner stürzte sich mit so viel Verve und Elan auf die Themen seiner Tage wie William Wellman: WILD BOYS OF THE ROAD ist Hollywoods lautester Aufschrei gegen die Härten und Ungerechtigkeiten im Gefolge der Wirtschaftskrise. Der Film verdankt seine elementare Wucht und seinen nahezu dokumentarischen Realismus den authentischen Schauplätzen. Als der Production Code kurz darauf wirksam wurde, ließen die großen Studios die Finger von fundamental gesellschaftskritischen, politisch riskanten Stoffen. ▶ Sonntag, 18. Oktober 2015, 21.00 Uhr Jenseits der Normen The Sign of the Cross (Im Zeichen des Kreuzes) | USA 1932 | R: Cecil B. de Mille | B: Waldemar Young, Sidney Buchman nach dem Theaterstück von Wilson bert, Ian Keith | 123 min | OF | Rom in Neros Tagen: Ein römischer Offizier konvertiert zum Christentum. Wir nehmen direkt Teil an den verkommenen Vergnügungen bei Hofe und den grauenerregenden Schrecken der Arena. Aus einem muffigen Stück Erbauungstheater wurde ein unvergleichliches Spektakel, das die Zensur so offen herausforderte wie kein anderer Film: THE SIGN OF THE CROSS war der unmittelbare Anlass zur Gründung der Catholic Legion of Decency. Der Circus Maximus verheißt die amüsante und abwechslungsreiche Hinrichtung von 60 Christen, Kämpfe zwischen Pygmäen und Amazonen, wilde Raubtiere und einiges mehr. Eine Orgiensequenz mit einem lesbischen Verführungstanz trug DeMille einen Anruf von Will Hays persönlich ein: »Cecil, what are you going to do about that dance?« – »Not a damn thing.« DeMille blieb standhaft. ▶ Freitag, 23. Oktober 2015, 21.00 Uhr Duck Soup (Die Marx Brothers im Krieg) | USA 1933 | R: Leo McCarey | B: Bert Kalmar, Harry Ruby | K: Henry Sharp | M: John Leipold | D: Groucho Marx, Harpo Marx, Chico Marx, Zeppo Marx, Margaret Dumont | 66 min | OF | Auf Druck der reichen Witwe Mrs. Teasdale, die den Kleinstaat Freedonia finanziert, wird Rufus T. Firefly zum Präsidenten ernannt. Seine Regierungserklärung verspricht umfassende Ausbeutung, Korruption und zynische Selbstbereicherung. Da ist der Krieg nicht weit. Die Marx Brothers stehen gewöhnlich für anarchischen Witz und absurden Humor, nicht für Satire. Groucho zufolge war die satirische Ebene zur Gänze dem Regisseur Leo McCarey zu verdanken, der ursprünglich auf keinen Fall mit den anstrengenden Marxens arbeiten wollte. DUCK SOUP ist von einer völligen Verachtung für staatliche und gesellschaftliche Institutionen durchdrungen. Selbst die Reflexe der Zensoren werden vorgeführt: Eine Schlafzimmerszene, vor dem Bett liegen ein Paar Männerschuhe, ein Paar Frauenschuhe, zwei Paar Hufeisen – Harpo und sein Pferd liegen gemeinsam in einem Bett, die Frau züchtig in einem anderen Bett daneben. ▶ Samstag, 24. Oktober 2015, 21.00 Uhr Barrett | K: Karl Struss | M: Frank Harling | D: Fredric March, Elissa Landi, Charles Laughton, Claudette Col- It’s a Gift (Das ist geschenkt) | USA 1934 | R: Norman Z. McLeod | B: Jack Cunningham | K: Henry Sharp | M: John Leipold | D: W.C. Fields, Kathleen Howard, Jean Rouverol, Julian Madison, Tommy Bupp, Baby LeRoy | 73 min | OF | Harold Bissonnette ist ein unerschöpflicher Quell der Enttäuschung für seine Gattin. Mit seinem kleinen Tante-Emma-Laden in New Jersey wird sie nie eine Society-Dame sein, seine Tochter nie eine gute Partie machen, sein Sohn nie den richtigen Um- Hollywood ohne Schranken tration wieder in die Kinos bringen zu können, wurde er massiv gekürzt. Gezeigt wird die selten aufgeführte ursprüngliche Fassung des Films. 29 Hollywood ohne Schranken 30 gang pflegen. Harolds Wunschtraum ist eine Orangenplantage, und so macht sich die Familie auf nach Kalifornien. Fields lieferte die Vorlage für das Drehbuch. Seine Breitseite auf bürgerliche Wohlanständigkeit überstand wider Erwarten die Einsetzung der PCA. Die Zensoren forderten zwar die Streichung des Satzes: »Father, please stop at the first clean gas station«, weil er Körperfunktionen suggerierte, doch dass die geheiligten Institutionen von Ehe und Familie als innerster Kreis der Hölle geschildert werden, fiel ihnen nicht auf. Am Ziel der Reise wartet die vollständige Demontage des Amerikanischen Traumes. Fields’ genüssliche Untergrabung aller Anstandsregeln ist geradezu lebensgefährlich komisch. den Kundinnen Kleider vorführen, sind für ihn gleichzeitig Verfügungsware. EMPLOYEES’ ENTRANCE ist so fazinierend, weil der völlig reuelose Antiheld Anderson nicht verteufelt wird, obwohl er fraglos ein Mistkerl ist. Bei allem bleibt er entwaffnend unverstellt: »Oh, it’s you ▶ Sonntag, 25. Oktober 2015, 21.00 Uhr Freies Unternehmertum Five Star Final (Spätausgabe) | USA 1931 | R: Mervyn LeRoy | B: Robert Lord, Byron Morgan, nach dem Stück von Louis Weitzenkorn | K: Sol Polito | D: Edward G. Robinson, Marian Marsh, H. B. Warner, Aline MacMahon, Boris Karloff | 89 min | OF | Aus Angst um seinen Job wärmt der Lokalredakteur einer Boulevardzeitung einen 20 Jahre alten Skandal wieder auf, obwohl er weiß, dass er dadurch Existenzen ruinieren wird. Sein Reporter gelangt als Geistlicher an intime Informationen, die die Zeitung weidlich ausschlachtet. Der Production Code untersagte es ausdrücklich: »Ministers of religion … should not be used for comedy, as villains, or as unpleasant persons«. FIVE STAR FINAL verstößt im Grunde gegen alle drei Verbote, doch die Verfilmung erfüllt den Buchstaben der Vorschrift dadurch, dass der Reporter kein »echter« Geistlicher mehr ist, sondern sich nur als solcher ausgibt. In knappen Bildern skizziert der Anfang des Films, wie sich der Redakteur mit seiner ausbeuterischen Existenz arrangiert hat: Er trinkt, er misshandelt seine Untergebenen, er versucht sich den Schmutz von den skandalbefleckten Händen zu waschen. ▶ Freitag, 30. Oktober 2015, 21.00 Uhr Employees’ Entrance (Personaleingang) | USA 1933 | R: Roy Del Ruth | B: Robert Presnell | K: Barney McGill | D: Warren William, Loretta Young, Alice White, Wallace Ford, Allen Jenkins | 75 min | OF | Für Kurt Anderson, den diktatorischen Geschäftsführer eines großen Kaufhauses, steht der Profit stets an erster Stelle. Anderson fördert neue Talente, aber als sich ein Angestellter das Leben nimmt, lässt ihn das völlig kalt. Die Models, die – I didn’t recognize you with all your clothes on.« Seine drakonischen Maßnahmen funktionieren: Das Kaufhaus kann sich in der Wirtschaftskrise behaupten, ohne Massenentlassungen vorzunehmen. Dazu bemüht Anderson weder eine pseudophilosophische Verbrämung à la Ayn Rand, noch die Hassrhetorik neuzeitlicher Deregulierungsfanatiker. ▶ Samstag, 31. Oktober 2015, 21.00 Uhr Female (Der Boss ist eine schöne Frau) | USA 1933 | R: Michael Curtiz | B: Gene Markey, Kathryn Scola | K: Sid Hickox | D: Ruth Chatterton, George Brent, Lois Wilson, Johnny Mack Brown, Ruth Donnelly | 60 min | OF | Alison Drake wusste schon früh, dass sie die Automobilwerke ihres Vaters übernehmen würde und entschließt sich, mit Männern genauso umzugehen wie diese mit Frauen. Wenn ihr ein Mitarbeiter gefällt, lässt sie ihn sich nach Hause kommen. Wenn er lästig wird, wird er versetzt. »Most women consider a man a household necessity. Myself, I’d rather have a canary.« FEMALE feiert eine Frau, die auf die Konventionen pfeift, weil sie es sich leisten kann. Der aufgepfropfte Schluss, der Alison Drake einem plötzlichen Persönlichkeitswandel unterzieht, mochte die Zensur trösten, das Publikum täuschte er nicht. Atmosphärische Schwankungen sind aber auch Teil des Charmes von FEMALE. Den Großteil inszenierte William Dieterle; als der erkrankte, sprang William Wellman ein. Weil der Produzent mit dem Darsteller eines der jungen Männer unzufrieden war, drehte Michael Curtiz zwei Sequenzen neu und wurde der nominelle Regisseur des Films. ▶ Sonntag, 1. November 2015, 21.00 Uhr Bird of Paradise (Luana) | USA 1932 | R: King Vidor | B: Wells Root | K: Clyde DeVinna | M: Max Steiner | D: Joel McCrea, John Halliday, Dolores del Rio, Skeets Gallagher | 82 min | OF | Auf einem Schiff in der polynesischen Inselwelt geht der junge Amerikaner Johnny über Bord. Die Einheimische Luana rettet ihn, sie verlieben sich ineinander, doch Luana ist nach altem Brauch dafür bestimmt, dem zürnenden Vulkan geopfert zu werden. King Vidors Film ist eine Perle unter den zahllosen Südsee-Idyllen Hollywoods. Max Steiners faszinierend-geheimnisvolle Musik unterstützt den gesamten Film fast ununterbrochen, die Photographie ist stimmungsvoll und vor allem wird die Romanze überraschend unverklemmt dargestellt. Die sexuelle Initiative geht von Luana aus, was Kirche und Zensoren vermutlich mehr störte als der eigentliche sexuelle Gehalt. Sie lockt Johnny von Bord, indem sie nackt an seinem Schiff erscheint, sie befiehlt ihm, sie weiter zu küssen. Die Nacktszenen beim Schwimmen litten am meisten unter der Zensur. Gezeigt wird eine ungekürzte Fassung des Films. ▶ Freitag, 6. November 2015, 21.00 Uhr Tarzan and His Mate (Tarzans Vergeltung) | USA 1934 | R: Cedric Gibbons | B: James Kevin McGuinness, frei nach Edgar Rice Burroughs | K: Charles G. Clarke, Clyde DeVinna | D: Johnny Weissmuller, Maureen O’Sullivan, Neil Hamilton, Paul Cavanagh, Nathan Curry | 104 min | OF | Von einem großen Eingeborenentross begleitet, suchen zwei Männer nach Elfenbein und zugleich nach der Tochter eines im Busch verschollenen Jägers, die als Tarzans Geliebte freiwillig bei ihrem Beschützer geblieben ist. Der Kultstatus des Films beruht zu einem guten Teil auf der Freizügigkeit, die Jane lebt. Ihr Kostüm ist knapp, sie schläft nackt und schwimmt nackt mit Tarzan – und all das unverheiratet und obendrein (anders als in den Romanen) als Dame englischer Herkunft. Als 1953 eine von der Zensur um 17 Minuten gekürzte deutsche Fassung des Films in deutsche Kinos kam, meldete der Katholische Film-Dienst trotzdem heftige Vorbehalte an: »Raffiniert durchgeführter Urwald-Film, der durch drastische Grausamkeiten, aber auch in erotischer Hinsicht aus dem Rahmen der üblichen Tarzan-Unterhaltung fällt.« Gezeigt wird die ursprüngliche Fassung des Films. ▶ Samstag, 7. November 2015, 21.00 Uhr The Emperor Jones (Kaiser Jones) | USA 1933 | R: Dudley Murphy | B: DuBose Heyward, nach dem Thea- Hollywood ohne Schranken Das Gesetz des Dschungels 31 terstück von Eugene O’Neill | K: Ernest Haller | M: Frank Tours | D: Paul Robeson, Dudley Digges, Frank Wilson, Fredi Washington, Ruby Elzy | 105 min | OF | Auf seiner Flucht verschlägt es den schwarzen Sträfling Brutus Jones auf eine Insel in der Karibik. Dort ergreift er die Chance seines Lebens und wird in kürzester Zeit zum gefürchteten Diktator. Mit zynischer Rücksichtslosigkeit setzt er die kapitalistischen Lektionen um, die er verinnerlichte, als er noch »ganz unten« war. Eugene O’Neill knüpfte zwei Bedingungen an die Verfilmung: Paul Robeson, der in dem Stück auf internationalen Bühnen triumphiert hatte, müsse die Titelrolle spielen; und der Name des Darstellers müsse noch über dem Titel stehen. Zum ersten Mal hatte ein schwarzer Darsteller eine Hauptrolle im Mainstream-Kino. In Nebenrollen treten Billie Holiday und Rex Ingram auf. Vor allem in den Südstaaten wurde der Film um über eine halbe Stunde gekürzt. Gezeigt wird eine Rekonstruktion der ursprünglichen Fassung. ▶ Sonntag, 8. November 2015, 21.00 Uhr Verführung & Verführte Design for Living (Serenade zu dritt) | USA 1933 | R: Ernst Lubitsch | B: Ben Hecht nach dem Theaterstück von Noël Coward | K: Victor Milner | M: John Leipold | D: Gary Cooper, Fredric March, Miriam Hopkins, Edward Everett Horton, Franklin Pangborn | 90 min | OF | Eine Hollywood ohne Schranken Werbegrafikerin, ein Kunstmaler und ein Schriftsteller beginnen eine Beziehung zu dritt. »DESIGN FOR LIVING handelt von ganz direkten Dingen, ohne direkt davon zu sprechen. Von Sex beispielsweise. Oder von Wut und Zorn. Als Lubitsch zeigen muss, welche Kämpfe in der 32 Frau über die beiden Männer toben, von denen sie keinen aufgeben will, genügen ihm eine Tür und ein Blumentopf, der zwei Blüten trägt. Bei Lubitsch ist immer das Unsichtbare so wichtig wie das Sichtbare. In den nebensächlichen Details, die zu sehen sind, schimmert das Unsichtbare besonders akzentuiert durch, um das es ihm häufig vor allem anderen geht. Im Grunde bietet DESIGN FOR LIVING eine der vergnüglichsten Lehren darüber, was Kino sein kann, darüber, wie hinter dem Trivialen des oberflächlich Sichtbaren die Kunst der sichtbaren Oberflächen beginnt.« (Norbert Grob) ▶ Freitag, 13. November 2015, 21.00 Uhr Jewel Robbery (Ein Dieb mit Klasse) | USA 1932 | R: William Dieterle | B: Erwin Gelsey | K: Robert Kurrle | M: Bernhard Kaun | D: William Powell, Kay Francis, Hardie Albright, André Luguet, Henry Kolker | 68 min | OF | Die junge Baronin Teri von Hohenfels hat nicht nur einen reichen langweiligen Gatten und eine Reihe Liebhaber. In ihrer Residenz im schönen Wien lässt sie sich von einer Schar von Dienerinnen morgens baden, massieren, ankleiden und in ihrem privaten Schönheitssalon für einen anstrengenden Mußetag in Form bringen. Ihr erster Termin führt sie zu ihrem Juwelier, wo sie einen charmanten Fremden trifft, der prompt mit seiner Bande das Juweliergeschäft ausraubt. Sein Stil und seine Eleganz bezaubern die Baronin: »This is becoming delightful!« – »As a matter of fact, I’m opposed to the American school of banditry. I studied in Paris.« An nervöses Wachpersonal und Polizisten verteilt er zur Entspannung »funny cigarettes« (Joints). William Dieterle verlieh seiner geistreichen Komödie ein irrwitziges Tempo mit Regelverstößen im Minutentakt: Die Ehe ist nur ein Witz, Räuber sind besser als Bankiers, und das Rauchen von »Gras« scheint ein Wahnsinnsspaß. ▶ Samstag, 14. November 2015, 21.00 Uhr I’m No Angel (Ich bin kein Engel) | USA 1933 | R: Wesley Ruggles | B: Mae West | K: Leo Tover | D: Mae West, Edward Arnold, Cary Grant, Gregory Ratoff, Gertrude Howard | 87 min | OF | Die Tänzerin und Löwenbändigerin Tira macht ihren Weg vom Zirkuszelt ins Penthouse an der Park Avenue. Die Männer liegen ihr zu Füßen, denn: »When I’m good I’m very good, but when I’m bad I’m better.« Schnell, schamlos und unwiderstehlich, ist Tira stets Herrin der Lage. I’M NO ANGEL verkündet stolz: »Story, Screen Play and all Dialogue by Mae West«. Zensoren konnten das Entfernen von Wörtern wie »jeez« oder »punk« oder »Lawdy« verlangen, aber gegen Mae Wests Intonation war nichts zu machen, egal wie harmlos der Wortlaut auf dem Papier schien. Im Jahr darauf hatte Mae West den 5. Platz auf der Beliebtheitsskala der Filmstars inne, sie verdiente mehr Geld als jede andere Frau in den USA. Und was hielt sie von den Zensurbeflissenen? »Tell them they made me what I am today. I hope they’re satisfied.« ▶ Samstag, 14. November 2015, 21.00 Uhr Gold Diggers of 1933 (Goldgräber von 1933) | USA 1933 | R: Mervyn LeRoy | B: Erwin Gelsey, James Seymour | K: Sol Polito | M: Harry Warren, Al Dubin | D: Warren William, Joan Blondell, Aline MacMahon, Ruby Keeler, Dick Powell, Ginger Rogers | 97 min | OF | Das Musical, in dem die drei Showgirls Carol, Trixie und Polly auftreten, wird schon vor der Premiere durch den Gerichtsvollzieher geschlossen. Pollys Freund Brad schreibt Songs für eine neue Show und finanziert das Vorhaben – gegen den Widerstand seiner reichen Familie. Die Show, die am Ende herauskommt, ist das genaue Gegenteil von eskapistischer Ablenkung – die Wirtschaftskrise selbst ist Inhalt des Musicals. Das harte Los der vergessenen Weltkriegsveteranen in der Krise bildet das Thema der Schlussnummer »Remember My Forgotten Man«. Besonderen Anteil am Gelingen dieses Meta-Musicalfilms haben die Choreographien von Busby Berkeley. Die junge Ginger Rogers hat eine herausragende Nebenrolle, in der sie weitaus provokanter und forscher auftritt als später neben Fred Astaire. ▶ Sonntag, 15. November 2015, 21.00 Uhr Übersetzungen und Kurztexte: Christoph Michel Wahn und Kunst Wahn und Kunst KiNSKi PAGANiNi 33 »Es hat mich angefasst« Ein sensibler Sturm-&-Drang-Dichter, der sich in seiner Paranoia verläuft (LENZ), ein gekränkter Maler, der sich im Absinthrausch ein Ohr abschneidet (LUST FOR LIFE), ein Regisseur, der sich aufgrund fehlender Inspiration in Wahnvorstellungen flüchtet (OTTO E MEZZO), eine neuseeländische Lyrikerin, die als Außenseiterin für schizophren gehalten wird und nur durch Zufall einer drohenden Lobotomie entkommt (AN ANGEL AT MY TABLE) sowie ein genialer Popkompositeur, den seine schwere Depression ans Bett fesselt (LOVE AND MERCY): Schon immer hielt man die Grenzen zwischen Genie und Wahnsinn für fließend und schon immer gestand man Künstlern zu, dass sie nicht ganz richtig im Kopf sind und unangepasst durch die Welt irren dürfen. Künstlerische Kreativität und Wahn scheinen ein Bündnis einzugehen, fast wie einen Teufelspakt, wie ihn Legenden um Bluesmusiker oder den Teufelsgeiger Paganini spinnen. So haben Literatur, Theater und Film über das Verhältnis von Wahn und Kunst bereits früh eine Diskussion über die Mitglieder der Gesellschaft angestoßen, die von den sozialen Normen abwichen und als geistig krank abgesondert wurden. Heute dagegen scheint die Inklusion von Menschen mit psychischen Störungen bereits im Mainstream von Film und Fernsehen angekommen zu sein, wenn in TV-Serien Asperger mit Manien (MONK) oder schizophrene Psychologen mit Halluzinationen (PERCEPTION) die Polizei bei ihren Arbeit unterstützen, als psychopathische und heroinsüchtige Privatdetektive ermitteln (ELEMENTARY) oder als bipolare CIA-Agenten auf Terroristenjagd gehen (HOMELAND). In der wahren Wirklichkeit wird dagegen im Wirtschaftsteil der Tageszeitung diskutiert, inwieweit die Führungskräfte in Wirtschaft und Konzernen nicht alle gefühllose Psychopathen sind, während umgekehrt ein paar Seiten weiter Unternehmen der IT-Branche auf der Suche nach »Aspergern« mit ihrer Leidenschaft für Zahlen und Mathematik sind. Genie und Wahnsinn In den vorgestellten Filmen erscheinen kreative Hochbegabung und Wahnsinn als die zwei Seiten der künstlerischen Genies. Im Film LOVE AND MERCY über die Poplegende Brian Wilson wird im ersten Teil der mani- nauso lässt sich darüber streiten, ob der an der Medizin orientierte Versuch eine Objektivierung zu einer Entstigmatisierung der Betroffenen beiträgt. Die Einweisung der Protagonisten in die Psychiatrie in DAS LEBEN DES SCHIZOPHRENEN DICHTERS ALEXANDER MÄRZ und AN ANGEL AT MY TABLE führt umgekehrt zur Verschlechterung oder sogar zum Scheitern. Innenwelt und Außenwelt Der Typus des Künstler und Genies, wie er auch heute immer noch vorkommt, entsteht erst mit der Goethezeit. Er fällt seitens der Künstler mit dem Wunsch zusammen, in Zukunft nur noch von der künstlerischen Arbeit leben zu können und nicht mehr einem lästigen Broterwerb nachgehen zu müssen. Das Bild vom Genie ist geprägt von seinen außergewöhnlichen Talenten, die ein Geschenk Gottes sind, und seiner Inspiration, die er durch den Kuss der Musen erhält. Krankheit und Wahn, auch durch Drogen hervorgerufen, sind dabei Nachweis der Auserwählung als Künstler. Die Krankheit als Form der Auserwählung erinnert nicht von ungefähr an die Initiation der Schamanen, wie sie Mircea Eliade in »Schamanismus und archaische Ekstasetechnik« beschreibt. LuST FOR LiFE Wahn und Kunst 34 sche Perfektionist und junge Erfinder eines neuen Sounds von dem jungen Schauspieler Paul Dano gespielt, während der depressive, sich im Drogenkonsum auflösende ältere Musiker im zweiten Teil von John Cusack dargestellt wird. Damit findet LOVE AND MERCY ein eindringliches Bild für das allen Filmen dieser Reihe gemeinsame Modell der gespaltenen Persönlichkeiten, in dem das Genie nicht ohne den Wahnsinn als seinen Doppelgänger existieren kann, quasi das eine ohne das andere nicht zu haben ist. Der Künstler als Grenzgänger zwischen Genie und Wahnsinn droht zudem ständig abzustürzen. Inwieweit sich Wahn und Kunst bedingen oder sie Geistesverwandte sind, beschäftigt die europäische Kultur bereits seit den Griechen. Dabei erklärte erstaunlicherweise der Rationalist Platon im »Phaedros« den irrationalen Zustand der »Mania«, wie er in der »erotischen« Form eines entrückenden, göttlichen Enthusiasmus vorkommt, für unabdingbar zur Erlangung des wahren Wissens. Ähnlich positive Konnotationen finden sich noch bis ins hohe Mittelalter des Abendlandes bei den christlichen Mystikern wie Bonaventura oder Hildegard von Bingen, bei denen Universalgelehrtentum und mystisches Gotteserleben vereinbar sind. Mit der Neuzeit und der Vorherrschaft des rationalen Denkens ändert sich auch das Verhältnis zum Wahnsinn grundlegend. Der französische Philosoph und Psychologe Michael Foucault beschreibt in »Wahnsinn und Gesellschaft« (1961) wie seit dem Mittelalter die »Wahnsinnigen« zunehmend und systematisch mittels Spitälern, Gefängnissen und Zuchthäusern vom als normal betrachteten Teil der Gesellschaft ausgeschlossen werden. Dabei wurden unter »Wahnsinn«, als der »Ver-rücktheit« von der Mitte der Gesellschaft, im Laufe der Geschichte die unterschiedlichsten Abweichungen von den Konventionen subsumiert und als Bedrohung für die Normalen verstanden. Heute ist das Phänomen Wahnsinn als eine die Gesellschaft bedrohende »Krankheit« dem Begriff Psychische Störung gewichen. In Klassifikationssystemen der klinischen Psychologie (ICD-10 und DSM-V) werden alle heute bekannten Störungen mit ihren möglichen Symptomen beschrieben. So verwandelt sich der Wahnsinn in Symptome wie Halluzinationen und andere Wahnphänomene, die neben der Schizophrenie auch bei bipolaren affektiven Störungen auftreten können. Derartige Wahnsymptome spielen in den Filmen eine bedeutsame Rolle, weil sie audiovisuell eindringlich umgesetzt werden können. Die Komplexität einer psychischen Störung läuft dabei aber auch Gefahr, auf einen bedrohlichen Charakter reduziert zu werden. Ge- Manchmal scheint wie bei LUST FOR LIFE noch der alte Genieglaube durch, demzufolge das Ausnahmetalent van Gogh von der Muse geküsst wird. Oder es wird in grandiosen Landschaftsbildern geschwelgt, die den Künstler zu seinen Werken inspirieren. Immerhin steckt oder ohne künstlerisches Potential, in ihrem Anderssein respektiert würden, vielleicht würde sich dann auch ihrer häufig tödlichen Verzweiflung, die die Filme zeigen, entgegen wirken lassen. Im Gegenzeug würden wir Einblicke in die komplexe und vielschichtige Welt der Psyche gewinnen, könnten mit dem Anderssein im Fremden leben und bräuchten keine Angst mehr vor dem Anderen in uns selbst haben. Bernhard und Karin Springer Lust for Life (Vincent van Gogh – Ein Leben in Leidenschaft) | USA 1956 | Regie: Vincente Minnelli | B: Norman Corwin, nach dem Roman von Irving Stone | K: Freddie Young, Russell Harlan | M: Miklós Rózsa | D: Kirk Douglas, Anthony Quinn, Everett Sloane, James Donald, Pamela Brown | 122 min | OmU | In leuchtenden Farben und CinemaScope gedrehte Filmbiografie des holländischen Malers Vincent van Gogh (1853 – 1890). In einem Anfall von Wahnsinn schneidet er sich ein Ohr ab und wird auf eigenen Wunsch in die Psychiatrie eingeliefert. Der Film spiegelt nicht nur Vincente Minnellis Beschäftigung mit ästhetischen Fragen wider, sondern ist auch eine sehr gelungene Auseinandersetzung mit Kunst und Kreativität überhaupt. Der Film wurde an Originalschauplätzen gedreht: in den Niederlanden, in der belgischen Industrielandschaft Borinage und im französischen Département Bouches-duRhône. ▶ Mittwoch, 16. September 2015, 21.00 Uhr Otto e mezzo (Achteinhalb) | Italien 1963 | R: Federico Fellini | B: Ennio Flaiano, Tullio Pinelli, Brunello Rondi, Federico Fellini | K: Gianni Di Venanzo | M: Nino Rota | D: Marcello Mastroianni, Anouk Aimée, Sandra Milo, Claudia Cardinale, Barbara Steele | 138 min | OmU | Autobiografisch gefärbte Darstellung der Schaffenskrise des Star-Regisseurs Guido Anselmi, der nicht mehr weiß, ob und wie und warum überhaupt er seinen nächsten Film drehen will. »Zu Beginn der berühmte Angsttraum: Guido entkommt einem schrecklichen Verkehrsstau und fliegt durch die Wolken, bis ihn ein Seil, befestigt an seinem Fußgelenk, auf die Erde zurückholt. Fellinis erste ausdrückliche Hinwendung zu Traum, Imagination, Erinnerung, inspiriert von C. G. Jungs Traumtheorie. Auch die erste große Entfaltung seiner visionären Bildschöpfungen. Reale Begegnungen werden imaginär fortgesponnen, verweben sich mit Kindheitserinnerungen und Wunschfantasien, aber doch so, dass sich die erstaunlich präzise Beschreibung einer Impotenz-Neurose ergibt.« (Rainer Gansera) ▶ Mittwoch, 23. September 2015, 21.00 Uhr Wahn und Kunst darin eine beschreibbare Wahrheit über die künstlerische Kreativität. Neben der Beschreibung der Elemente des kreativen Zustandes, zu denen die Besessenheit von dem Gegenstand, die Ekstase des Schaffensrausches und das Entrücktsein von Raum und Zeit gehören, kann der kreative Prozess auf der Ebene der Relation von Individuum und Umwelt als Wechselwirkung von Innenwelt und Außenwelt, als Austausch von Innen und Außen dargestellt werden. Im kreativen Prozess verarbeitet der Künstler seine Eindrücke aus der Außenwie Innenwelt, indem er sie sich aneignet, verarbeitet und im Prozess der Symbolisierung transformiert, um damit in der Außenwelt wiederum Artefakte zu schaffen. Auch Wahnsymptome können über das Verhältnis von Innen und Außen beschrieben werden, als Störungen im Austausch zwischen Innenwelt und Außenwelt und der menschlichen Interaktion. Tatsächlich kann man hier eine Gemeinsamkeit zwischen Wahn und Kunst finden, denn auch im Wahn kann eine Verschiebung der Realität stattfinden, Und umgekehrt gilt für Künstler und kreative Ausnahmetalente: Nur wer außerhalb der Masse steht, eine Außenperspektive einnimmt, kann anders denken und neues entwickeln, eben kreativ sein. Die Filme zeigen, dass Ausnahmepersönlichkeiten Dispositionen sowohl zum künstlerischen Schaffen als auch zu psychischen Störungen wie Schizophrenie und affektiven Störungen haben. Sie verdeutlichen jedoch auch, dass soziale Probleme, traumatische Erlebnisse, Kindheitsentwicklungen oder Drogenmissbrauch die Auslöser für Wahnphänomene und andere Störungssymptome sind. Ob aber die beschriebenen Dispositionen unabdingbar für ein künstlerisches Schaffen sind, können sie nicht beantworten. Sie zeigen in der Gesamtheit vielmehr, wie Künstler mit den beschrieben Veranlagungen an dem Missverstehen und der Ablehnung durch ihre soziale Umgebung leiden oder an ihr zugrunde gehen können, weil ihr Anderssein häufig Angst und Abwehr auslöst. Der amerikanische Neurologe Oliver Sacks schildert in seiner Arbeit »Der Mann, der seine Frau mit einem Hut verwechselte« an anschaulichen Fallbeispielen, wie Patienten durch neurologische Krankheiten aus der Normalität herausfallen. So definiert er neurologischen Störungen nicht wie üblich als »Ausfälle«, die als Defizite behandelt werden, sondern als ein Zuviel oder Zuwenig von physischen und psychischen organischen Normalzuständen. Aber wenn man ehrlich ist, haben auch wir »Normalen« hin und wieder ein Zuviel oder Zuwenig. Es fällt nur nicht so auf. Wenn die Angst vor psychischen Störungen, die jeden treffen können, wegfällt, wenn Betroffene, ob mit 35 Wahn und Kunst Welt nicht mehr zurechtfindet. Seit elf Jahren befindet er sich in der Psychiatrischen Landesanstalt Lohberg, Diagnose »paranoide Schizophrenie«. Als Dr. Kofler den Patienten kennenlernt, ist dieser bereits seit sechs Jahren hospitalisiert und ein aufgegebener Fall. Kofler steht der Institution der traditionellen Psychiatrie kritisch gegenüber und will März zur Selbstbestimmung verhelfen. Wichtig für die Therapie sind Gedichte, die Alexander März auf Anregung von Dr. Kofler verfasst. Sie offenbaren nicht nur das Trauma aus seiner Kindheit, sie erweisen sich darüber hinaus als sprachschöpferische Leistungen von eigenem Wert. »Für den Film empfing ich Anregungen aus den Veröffentlichungen psychopathologischer Texte des Psychiaters Leo Navratil. Besonders beeindruckt haben mich die von ihm publizierten Gedichte des kranken Dichters Herbrich (Pseudonym [= Ernst Herbeck]).« (Heinar Kipphardt) 36 ▶ Mittwoch, 7. Oktober 2015, 21.00 Uhr Lenz | BRD 1971 | R+B: George Moorse, nach der Novelle von Georg Büchner | K: Gérard Vandenberg | M: David Llewellyn | D: Michael König, Louis Waldon, Sigurd Bischoff, Klaus Lea, Kristin Peterson | 130 min | Im Winter 1778 reist der junge Dichter Jakob Michael Reinhold Lenz ins Gebirge, um bei dem Landpfarrer Oberlin und seiner Familie Ruhe und Frieden zu suchen. Doch Lenz hat Anfälle von Angst und Depressionen, die immer heftiger werden. Seine intellektuelle Überempfindlichkeit steht im Gegensatz zur naturbezogenen Welt der Bauern und Waldmenschen, die ihn umgeben. »LENZ ist ein langsamer Film, aber dieses Tempo ist eines der Ziele des Films, damit wir daran denken, dass unser Zeitgefühl historisch bestimmt ist und dass wir in einen ständig sich beschleunigenden Wirbel der Zeit geraten sind, der uns zerstören könnte. Für mich handelt LENZ von der Zeit und der Erde und davon, wie diese bestimmend für die Mittelpunkte menschlicher Beziehungen sind.« (George Moorse) ▶ Mittwoch, 30. September 2015, 21.00 Uhr Das Leben des schizophrenen Dichters Alexander März | BRD 1975 | R: Vojtěch Jasný | B: Heinar Kipphardt | K: Igor Luther | D: Ernst Jacobi, Michael Hinz, Rudolf Wessely, Susanne Schaefer, Otto A. Buck | 115 min | Der Dichter Alexander März steckt sich vor den Augen seines Arztes in Brand, weil er sich in dieser Love & Mercy | USA 2014 | Regie: Bill Pohlad | B: Oren Moverman, Michael A. Lerner, nach den Aufzeichnungen von Brian Wilson | K: Robert D. Yeoman | M: Atticus Ross | D: John Cusack, Paul Dano, Elisabeth Banks, Paul Giamatti, Dee Wallace | 120 min | OmU | Das Leben von Brian Wilson, dem legendären Kopf der Beach Boys, sein Aufstieg mit der Band und sein durch Drogen beförderter Absturz, der ihn in eine Angstpsychose trieb und mental und auch legal von seinem dubiosen Psychiater abhängig werden ließ. Die Panikattacken, die Empfindlichkeit gegen Lärm, die immer lauter werdenden Stimmen in seinem Kopf siegen über seinen Verstand. Erst die Begegnung mit einer selbstbewussten Autoverkäuferin kann ihn aus seinem Gefängnis befreien. Brian Wilson ist der Held, das Opfer, das verspielte Genie, das von seinem Vater nie akzeptiert und von seiner Familie nie verstanden wurde – besonders nicht, als er musikalische Experimente wagt. ▶ Mittwoch, 14. Oktober 2015, 21.00 Uhr Kinski Paganini | Italien 1989 | R+B: Klaus Kinski | K: Pier Luigi Santi | M: Niccolò Paganini | D: Klaus Kinski, Debora Caprioglio, Nikolai Kinski, Dalila di Lazzaro, Tosca d’Aquino | 81 min | OmU | Parma, 1834: Der Geigenvirtuose Niccolò Paganini gibt ein Konzert, das durch die Naturgewalt seiner Musik das (vorwiegend weibliche) Publikum in Ekstase versetzt. Paganini selbst durchlebt, initiiert durch diesen furiosen Auftritt, Stationen seines Lebens, erinnert sich an die Vergangenheit, nimmt die Zukunft vorweg. Zu sehen ist, wie er als Getriebener einsam durch die Lande reist, wie er in sexueller Gier über Frauen geradezu herfällt, wie er mit seiner größten Liebe, Antonia Bianchi, lebt, wie er seinen Sohn Achille – sein einziger Ruhepol – in den Schlaf musiziert. Klaus Kinski, mit wehender schwarzer Mähne, verinnerlicht diese radikale Person vollkommen: mal leidenschaftlich, wild, brutal, dann liebevoll, fast zärtlich. An Angel at My Table (Ein Engel an meiner Tafel) | Neuseeland 1990 | R: Jane Campion | B: Laura Jones, nach der Autobiografie von Janet Frame | K: Stuart Dryburgh | M: Don McGlashan | D: Kerry Fox, Alexia Keogh, Karen Fergusson, Iris Churn, Kevin J. Wilson | 158 min | OmU | Die Lebensgeschichte der neuseeländischen Schriftstellerin Janet Frame: ihre von Ängsten geprägte Kindheit, die Einweisung in eine Nervenheilanstalt, in der sie fälschlich wegen Schizophrenie behandelt wird, und der Reifeprozess als Frau und Schriftstellerin bis zu ihrer gesellschaftlichen Anerkennung. Als Mädchen vom Lande kann sie sich für Literatur und klassische Musik begeistern, schreibt bereits als Kind erste Gedichte. Jane Campion reiht behutsam die kleinen Tragödien einer schwierigen Kindheit aneinander, immer auch mit dem Blick für die absurde Komik des Alltags. Kein verzweifelter Schrei nach Freiheit wird laut, aber der Wunsch danach durchdringt spürbar Lebensabschnitt für Lebensabschnitt, bis der Weg über die Literatur freigekämpft ist. ▶ Mittwoch , 28. Oktober 2015, 19.00 Uhr Dialogues with Madwomen (Gespräche mit verrückten Frauen) | USA 1994 | R+B: Allie Light | K: Irving Saraf | M: Rachel Bagby, Larry Seymour | 90 min | OmU | Sieben Frauen legen ihre Erfahrungen mit manischer Depression, multipler Persönlichkeitsstörung und Schizophrenie, aber auch mit Kreativität und Genesung offen. Regisseurin Allie Light selbst erzählt von ihrer Depression und ihren Erfahrungen in der Psychiatrie. Die Frauen öffnen sich vor der Kamera, sie reden humorvoll und leidenschaftlich. Es gibt keine sogenannten Experten, die ihre Sicht auf die Dinge einordnen. Unter Verwendung von Homevideos, Archivmaterial und Re-enactment zeichnet Allie Light ein komplexes und bewegendes Porträt von Frauen, deren seelische Krankheit mit inspirierender Energie und Kreativität einhergeht. Der Film selbst, der nicht mit Schockbildern argumentiert, aber Schockierendes aus dem Familienleben der Frauen berichtet, gibt sich als eine Form der Therapie zu erkennen und appelliert an die Würde und das Recht auf Selbstbestimmung seelisch kranker Menschen. ▶ Mittwoch, 4. November 2015, 21.00 Uhr Die Unberührbare | Deutschland 2000 | R+B: Oskar Roehler | K: Hagen Bogdanski | M: Martin Todsharov | D: Hannelore Elsner, Vadim Glowna, Tonio Arango, Michael Gwisdek, Jasmin Tabatabai, Charles Regnier | 110 min | Die letzten Monate der Schriftstellerin Gisela Elsner alias Hanna Flanders, der Mutter von Regisseur Oskar Roehler. »Geradezu grandios ist das Spiel von Hannelore Elsner in der Titelrolle: fahrige Bewegungen und Blicke, Gesten der Unstetigkeit verdichten sich zum schonungslosen Porträt einer Frau, die sich zeit ihres Lebens von einer imaginären Nacht umgeben fühlte (der Arbeitstitel hieß: DIE UMNACHTETE). Immer wieder das Unverständnis gegenüber der Realität, in verschiedenen Abstufungen: Warum feiern die Ostdeutschen den Mauerfall? Warum wollen sie nichts vom Sozialismus wissen? Und warum nehmen die Verkäufer der Münchner Boutique den teuren, kaum getragenen Mantel nicht zurück?« (Ralf Schenk) ▶ Mittwoch, 11. November 2015, 21.00 Uhr Frances | USA 1984 | R: Graeme Clifford | B: Eric Bergren, Christopher DeVore, Nicholas Kazan | K: Laszlo Kovacs | M: John Barry | D: Jessica Lange, Sam Shepard, Kim Stanley, Bart Burns, Christopher Pennock | 140 min | OmU | Die Lebensgeschichte der HollywoodSchauspielerin Frances Farmer (1913 –1970), die mit ihrem unangepassten Lebensstil das Missfallen ihrer Umwelt erregte und durch Intrigen und mit Hilfe der Psychiatrie diszipliniert wurde. In einem High SchoolEssay verteidigt sie den Kommunismus, sie will Schauspielerin werden, sich aber nicht den Regeln Hollywoods beugen. Kein Make-up vor der Kamera! Nach einer gescheiterten Affäre mit dem Bühnenautor Clifford Odets wird sie alkoholabhängig und beginnt sich systematisch selbst zu zerstören. In der psychiatrischen Anstalt wird sie mit Elektroschocks und einer unmenschlichen Insulin-Therapie »behandelt«. ▶ Mittwoch, 25. November 2015, 21.00 Uhr Wahn und Kunst ▶ Mittwoch, 21. Oktober 2015, 21.00 Uhr 37 Die Zukunft des Kinos Inmitten der gegenwärtigen Krise entwirft eine neue Generation von spanischen Filmemachern und Künstlern die Zukunft des Kinos. EL FUTURO heißt der Film von Luis López Carrasco, aus dem Umfeld des Filmemacherkollektivs Los Hijos, mit dem 2014 die Zukunft, unter Rückbesinnung auf den Aufbruch vor 30 Jahren, neu begann. Einen Bogen von Tradition zu Gegenwart zu spannen, aus dem sich die Zukunft des Kinos neu denken lässt, unternimmt seit zehn Jahren das internationale Filmfestival Underdox. Grenzgängerisch und visionär lässt es die Konventionen hinter sich, nach denen sich Filme nach Genres, Länge oder Produktionsjahren einordnen. Underdox ist seit seinem ersten Jahr für die unterschiedlichsten Spiel- und Zwischenformen des Dokumentar-, Experimental- und Spielfilms offen. Inmitten einer Krise neue Formen der Kunst aufzufächern, fällt seit jeher der Avantgarde zu. Wir verbinden deshalb in unserem Eröffnungsprogramm den Experimental- mit dem Spielfilm und verweisen darauf, dass in die Zukunft nur mit der Kenntnis der Vergangenheit gereist werden kann, wie der Angelus Novus von Walter Benjamin. Wilhelm Hein, einer der zentralen Protagonisten der europäischen Avantgarde, präsentiert im Rahmen einer Ausstellung sein 1989 begonnenes und bis 2013 fortgeführtes Monumentalwerk YOU KILLED THE UNDERGROUND FILM OR THE REAL MEANING OF KUNST BLEIBT … BLEIBT … und eröffnet das Festival mit seinem experimentellen Kurzfilm DER KÖNIG DER FROSCHSCHENKEL (1996). Dem stellen wir DER GELDKOMPLEX (EL COMPLEJO DE DINERO) zur Seite, einen experimentellen Spielfilm des Spaniers Juan Rodrigáñez, der auf den gleichnamigen anarchischen Roman der Schwabinger »Skandalgräfin« Fanny zu Reventlow von 1916 zurückgeht. Der schwankhafte Blick auf die prekäre Geldsituation der Bohème vor 100 Jahren umfasst auch heute noch die Künstlerexistenzen Europas sowie diejenigen, die sie zeigen. Underdox geht seit nunmehr zehn Jahren das Risiko ein, die Kunst und die kuratorische Arbeit vor den kommerziellen Erfolg zu stellen – gleich einer zeitgemäßen Ausdrucksform der einstigen Münchner Bohème. Im Geiste Underdox verwandt und maßgeblich inspirierend sind die Festivals von Rotterdam, Wien, Lissabon und das Festival International de Cinéma Marseille (FID). Sein visionärer und unangepasster Leiter ist der Filmkritiker und -theoretiker Jean-Pierre Rehm, den wir eingeladen haben, bei unserer Jubiläumsausgabe ein Carte Blanche-Programm zu gestalten, das unseren gemeinsamen Weg ein Stück weit dokumentiert. Jean-Pierre Rehm war auch der erste, der uns mit dem filmischen Werk des französischen Künstlers Nicolas Boone bekannt machte, den wir als Artist in Focus mit seiner MOVING THE WORLD-Trilogie präsentieren, die sich in drei filmischen Plansequenzen durch die utopischen und dystopischen Welten fremder und vertrauter Kulturen bewegt. Dunja Bialas EL COMPLEJO DE DiNERO 38 YOu KiLLED THE uNDERGROuND FiLM © Annette Frick Underdox 10. Underdox Filmfestival ▶ Donnerstag, 8. Oktober 2015, bis Sonntag, 11. Okto- ber 2015 | Zu Gast: Wilhelm Hein, Juan Rodrigáñez, Eloy Enciso, Nicolas Boone, Jean-Pierre Rehm Borderline – Borderland Die epochale Signatur Borderland bezeichnet einen Umbruch in der kulturellen Identität. Unsichere, diffuse Grenzziehungen sind ein Signum der Gegenwart. Nicht nur in Drogenterritorien wie South-Arizona und an der tödlichen Schengen-Grenze, nicht nur im atavistischen Territorialkrieg in der Ukraine – sondern im Niemandsland der virtuellen Topographie des Global Village. Wenn im Spatial Turn Lebensräume wieder in den Blick geraten, dann gerade deshalb, weil dort nichts mehr wirklich entschieden wird. Mitte der 1970er-Jahre wurde das psychoanalytische Paradigma der Borderline-Persönlichkeit prominent, geprägt von Grenzdiffusion und Spaltung. Das Borderline-Konzept bietet einen Schlüssel zum Film als psychoanalytische Deutung der postmodernen globalen Gesellschaft. Borderland-Filme wirken, weil sie Zuschauer mit sich selbst konfrontieren, die leibhaftig in einen wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Grenz- und Identitätsverlust verstrickt sind. Andreas Hamburger Beit Lechem (Bethlehem) | Israel 2013 | R: Yuval Adler | B: Yuval Adler, Ali Wakad | K: Yaron Scharf | M: Ishai Adar | D: Tsahi Halevi, Shadi Mar’i, Hitham Omari, Tarik Kopty, Michal Shtamler | 99 min | OmU | Der auf mehrjährigen Recherchen basierende Spielfilm bietet weder Lösungsvorschläge noch Visionen für den chronischen israelisch-palästinensischen Konflikt. Erstaunlicherweise kann der Film jedoch sämtliche von den Protagonis- ten vertretenen Positionen – und es sind aufgrund der miteinander rivalisierenden palästinensischen Gruppen viele – verstehbar machen. Die psychologische Spannung entsteht weniger durch den an Action nicht armen Plot, als durch die Vermischung von Zuneigung, Empathie und Ausbeutung in der engen Beziehung zwischen einem sympathisch dargestellten israelischen Geheimdienstler und einem jugendlichen palästinensischen Informanten, dem eigentlichen Sympathieträger, für dessen innere Zerrissenheit nur der ihn instrumentalisierende Israeli Verständnis hat. Das in seiner Archaik »pasolineske« Finale verdeutlicht die individuelle wie auch kollektive Verstricktheit in einen nicht auflösbar erscheinenden Konflikt. ▶ Sonntag, 18. Oktober 2015, 17.30 Uhr | Einführung: Salek Kutschinski, Katharina Leube-Sonnleitner No Country for Old Men | USA 2007 | R+B: Ethan und Joel Coen, nach dem Roman von Cormack McCarthy | K: Roger Deakins | M: Carter Burwell | D: Tommy Lee Jones, Javier Bardem, Josh Brolin, Woody Harrelson, Kelly Macdonald | 122 min | OmU | Die erste Romanverfilmung der Coen-Brüder gleicht einem »intertextuellen Tanz«, in dem die Vorlage von Cormack McCarthy eine postmoderne Reinszenierung findet, ein Spiel mit dem Genre. Der Film unterläuft die klassische Westerntradition, die sich ja immer auf einen hintergründigen Moraldiskurs bezieht, indem er Relikte vertrauter Westernfiguren zitiert wie den Lawman, den Cowboy und den Hit- Film und Psychoanalyse BABEL Film und Psychoanalyse: Borderlands 39 Film und Psychoanalyse 40 man, und sie zugleich dekonstruiert. Sheriff Bell, der positive Held des Films, ist von Anfang an der Unterlegene – nicht nur weil er der Kälte des Killers Chigurh nicht gewachsen ist, sondern weil seine eigene Identität im Borderland der texanischen Wüste sich ins Absurde verwandelt. Ist Chigurh Repräsentant der affektfreien, eiskalten Rationalität, so werden die klassischen Cowboys neben ihm zur entleerten Folklore. Frauen werden als einzig authentisch Liebende gezeigt, aber auch sie haben kaum eine Chance des Überlebens. Die filmpsychoanalytische Lektüre des raffiniert komponierten Films und seiner subliminalen Botschaften zeigt, wie er im Zuschauer die Verlassenheit des Säuglings auslöst, der sich der Dürre ausgeliefert wähnt und keine Beziehung zu einer leben- und sinnspendenden Brust aufnehmen kann. um Frankfurt/Oder. Der preisgekrönte, fast dokumentarisch anmutende Film lässt uns eintauchen in die notgeborenen Verwicklungen von Menschen, die versuchen, sich durch Schlepperei, Schmuggel, Prostitution ▶ Sonntag, 22. November 2015, 17.30 Uhr | Einführung: und Hehlerei über Wasser zu halten. Grenzgebiet und Grenzsituationen der Akteure und die zwischenmenschliche Gewalt werden verstörend eindringlich abgebildet, ohne uns den Ausweg einer billigen Identifikation oder Bewertung anzubieten. Andreas Hamburger Sadilishteto (Judgment – Grenze der Hoffnung) | Bulgarien 2014 | R: Stephan Komandarev | B: Stephan Komandarev, Marin Damjanov | K: Krasimir Andonov | M: Stefan Valdobrev | D: Assen Blatechki, Ovanes Torosjan, Ina Nikolova, Predrag Manojlovic, Paraskeva Djukelova | 107min | OmU | Der Milchfahrer Mityo lebt in einem kleinen bulgarischen Dorf unweit der Grenze zur Türkei. Seit dem kürzlichen Tod seiner Frau hat er ein schwieriges Verhältnis zu seinem 18-jährigen Sohn Vasko. Als dann auch noch die Hypothek eingefordert wird und er zusätzlich seinen Job verliert, scheint sein Leben endgültig aus den Fugen zu geraten. Widerstrebend nimmt er das Angebot eines Ex-Armee-Hauptmanns an, illegale Einwanderer über die Grenze zu schmuggeln. Verdrängte Erinnerungen und Schuldgefühle kommen hoch – denn schon früher hat Mityo an dieser Grenze gedient. Ein Film um Fragen von Vergangenheitsbewältigung und Vergebung. Aus psychoanalytischer Sicht wird der Vater-Sohn-Konflikt in einer »vaterlosen Gesellschaft« thematisiert. ▶ Sonntag, 13. Dezember 2015, 17.30 Uhr | Zu Gast: Stephan Komandarev | Einführung: Vivian PramataroffHamburger, Katharina Leube Lichter | Deutschland 2003 | R: Hans-Christian Schmid | B: Hans-Christian Schmid, Michael Gutmann | K: Bogumil Godfrejow | M: The Notwist | D: August Diehl, Herbert Knaup, Julia Krynke, Henry Hübchen, Maria Simon, Devid Striesow | 105 min | In diesem wirklichkeitsnahen Episodendrama erzählt Hans-Christian Schmid auf lakonisch-bedrückende Weise Geschichten aus dem deutsch-polnischen Grenzgebiet ▶ Sonntag, 17. Januar 2016, 17.30 Uhr | Einführung: Mathias Lohmer, Corinna Wernz Babel | USA 2006 | R: Alejandro González Iñárritu | B: Guillermo Arriaga | K: Rodrigo Prieto | M: Gustavo Santaolalla | D: Brad Pitt, Cate Blanchett, Mohamed Akhzam, Peter Wight, Harriet Walter | 143 min | OmU | Nicht nur in der verstiegenen Höhe und der Enge des mythologischen Turmes zu Babel, nach dem der Film seinen Titel trägt, auch in der globalen Weite von Ländern und Kontinenten gibt es Konflikte durch Sprachverwirrung und Missverstehen. Verschiedene Kulturen, Lebensformen sowie Lebensstandards liegen nebeneinander, sind getrennt und doch führen Begegnungen an inneren und äußeren Grenzen zu unvorhersehbaren Ereignissen, die miteinander verbunden sind. Der Unfall stellt das Bindeglied in Inárrritus Episodenfilm dar und führt vier Schicksale, die an und über Grenzen gehen, zusammen. Ein amerikanischer Tourist kämpft um das Leben seiner Frau in der Wüste Marokkos, eine mexikanische Kinderfrau will unbedingt wieder mit ihren beiden Zöglingen in die USA einreisen, eine taubstumme Jugendliche versucht den Tod ihrer Mutter und die Verwicklung des Vaters darin in der Glitzerwelt Tokios zu bewältigen. Erst die existenzielle Bedrohung zwingt Protagonisten und Zuschauer dazu, die »Störung« wahrzunehmen. Sie ermöglicht und fordert aber auch Veränderung. ▶ Sonntag, 21. Februar 2016, 17.00 Uhr | Einführung: Eva Friedrich, Heidi Spanl Die Menschheit ist in Bewegung. Grenzüberschreitend. Jeden Tag verfolgen uns die gleichen medialen Abbilder der Flüchtlingsbewegungen, die viele Schauplätze kennt, wenngleich die Rolle der Flüchtlinge dabei meist die gleiche bleibt, die des gestrandeten Opfers. Die entsprechenden Bilder haben sich in unser kollektives Gedächtnis eingespeist: überladene Boote, skrupellose Menschenhändler, anonyme Massen armer Flüchtlinge. Die Dramaturgie der wiederkehrende Bilder, die Komposition der Einstellungen eine einzige Schleife ewiger Wiederholungen. Was erzählen sie uns über die Menschen und über die Verhältnisse aus denen sie fliehen und was über uns, die scheinbar unbeteiligten Beobachter, die glauben, zwischen Projektion und Realität unterscheiden zu können? Ob wir Bewohner der westlichen Hemisphäre das Fluchtgeschehen voller Empathie oder eher mit Ablehnung betrachten, immer bleibt es eine muntere Quelle unserer subjektiven wie kollektiven Imaginationen. Phantomschmerzen inklusive. Ein Fall für den Psychiater oder für das Kino. Die Beschäftigung mit Migrationsbewegungen und die Suche nach einem vor politischer Unterdrückung, Gewalt und Armut freiem Leben ist seit langem ein wichtiges Thema für den Spiel- wie den Dokumentarfilm. Ein Stoff, der zumeist aus armen Flüchtlingen Menschen mit Plänen und Strategien werden lässt. So aktuell das Thema auch ist, die Qualität eines Films über Flucht und Asyl lässt sich nicht auf die vermeintliche Authentizität der Darstellung oder die Korrektheit der politische Message reduzieren. Differenzierte Bli- cke auf Realitäten jenseits unser Erfahrungswelten sind noch immer die Ausnahme. Und dann geht es vor allem um »unsere« Projektionen und unser Befremden, mit denen wir auf diese scheinbar unbekannte Welt schauen. Scheinbar, denn diese Welt ist uns nicht gar so unbekannt, denkt man daran, dass in den 1950er-Jahren etwa 16 Prozent der westdeutschen Bevölkerung über einen Flucht- oder Vertreibungshintergrund verfügten. Bewegung, Entkommen, Fliehen – das sind Urmotive der Filmgeschichte. Die Flucht ist die Bewegung des Menschen (und des Tieres) in ihrer nackten Form: eine Bewegung zum Überleben! Klaus Blanc De l’autre côté (Jenseits von Sonora – Mexiko) | Frankreich 2002 | R+B: Chantal Akerman | K: Chantal Akerman, Robert Fenz, Raymond Fromont | 103 min | OmeU | Ganz unaufgeregt und unsentimental beobachtet Chantal Akerman den tagtäglichen Kampf an der Grenze zwischen USA und Mexiko, einen Kampf, der vor allem dem Feind »Flüchtling« gilt. Einer wahrlich grenzenlosen Bedrohung. »Give a sense of time and place«. Der aufgeregten Paranoia der Nachrichtensender, den endlosen Debatten über neue Strategien wie Technologien der Abschottung stellt die belgische Regisseurin in ihrem sich betont langsam entwickelnden Dokumentarfilm einen Film gegenüber, der zum Hinsehen zwingt. Akerman: »Sie behandeln sie wie Kriegsgefangene – mit dem Unterschied, dass die Einwanderer gar nicht wissen, dass sie sich im Krieg befinden.« ▶ Dienstag, 3. November 2015, 18.30 Uhr Flucht und Zuflucht HARRAGAS Flucht und Zuflucht 41 Flucht und Zuflucht 42 Jaurès | Frankreich 2012 | R+B: Vincent Dieutre | K: Vincent Dieutre, Jeanne Lapoitrie | Mit Eva Truffaut, Vincent Dieutre | 83 min | OmU | Ein Blick aus dem Fenster einer Pariser Wohnung: Was mag er über einen globalen Konflikt offenbaren? In Vincent Dieutres essayistischem Film JAURÈS gelingt es dem Regisseur, die aufdringlich lärmende Welt der Katastrophen und Kriege mit den persönlichen Irrungen und Sehnsüchten eines mitteleuropäischen Ichs zu verbinden. Der Blick auf die »Anderen«, auf eine Schattenwelt aus Plastikbahnen und Kartons am Ufer eines Seine-Kanals, gebaut von Flüchtlingen, und die Klage über eine verlorengegangene Liebe verstehen sich im Sehnen nach einem anderen Zustand, einer anderen Welt. Gekonnt verschiebt Dieutre die Ebenen, spielt virtuos mit sich überlagernden Tonspuren. ▶ Dienstag, 10. November 2015, 18.30 Uhr Le Havre | Frankreich 2011 | R+B: Aki Kaurismäki | K: Timo Salminen | D: André Wilms, Kati Outinen, JeanPierre Darroussin, Blondin Miguel, Elina Salo | 93 min | OmU | Für Sozialreportagen sei er zu sensibel, so Aki Kaurismäki in einem Interview. Die Abbildung dessen was ist, überlässt der finnische Regisseur den Medien. In LE HAVRE schafft er einen neuen Raum für das, was sein könnte, sein sollte. Konsequent taucht er die Geschichte einer Suche nach einem entwischten Flüchtlingsjungen in der nordfranzösischen Hafenstadt in ein hell-heiteres Sommerlicht. So verspielt, so greifbar nah scheint hier die Möglichkeit eines solidarischen Miteinanders, ohne Pathosformel. So frei kann nur jemand wie Aki Kaurismäki erzählen, der seinen politischen Zorn über die demütigende Behandlung der afrikanischen Flüchtlinge in einen federleichten Tagtraum zu transformieren weiß. ▶ Dienstag, 24. November 2015, 18.30 Uhr La Pirogue (Die Piroge) | Senegal 2012 | R: Moussa Touré | B: Eric Névé, David Bouchet nach einem Roman von Abasse N’dione | K: Thomas Letellier | D: Souleymane Seye Ndiaye, Laïty Fall, Malaminé Dramé, Balla Diarra, Salif Diallo | 93 min | OmU | »Im Senegal hat sich eigentlich aus jeder Familie jemand mit einem Boot auf den Weg gemacht, um sein Glück in Europa zu suchen«, sagt Regisseur Moussa Touré. Wir kennen die Bilder der unzähligen überfüllten Boote, die die Küsten Europas zu erreichen versuchen. Eine gesichtslose Masse von Elendsgestalten in Schlauchbooten. LA PIROGUE, entstanden nach dem gleichnamigen Buch von Abasse N’dione, zeichnet ein anderes Bild: das Bild von einem pragmatischen Kontinent und von jungen Män- nern und Frauen, die uns nur deswegen fremd sind, weil wir ihre Geschichte(n) nicht kennen und uns auch bisher nicht für diese interessiert haben. ▶ Dienstag, 1. Dezember 2015, 18.30 Uhr | Zu Gast: Abasse N'dione Harragas | Algerien 2009 | R+B: Merzak Allouache | K: Philippe Guilbert | M: David Hadjadj | D: Lamia Boussekine, Nabil Asli, Samir El Hakim, Seddik Benyagoub, Mohamed Terekkat | 95 min | OmeU | Wörtlich übersetzt bedeutet »harraga« schlicht »verbrennen«. Die »Harragas« nennt man in Algerien die Auswanderer, die legal oder eben meist illegal als Bootsflüchtlinge das Land verlassen oder am liebsten verlassen würden, also die meisten der 33 Millionen Algerier. Flüchtlinge, die hinter sich alle Brücken abreißen und im Falle, dass sie geschnappt werden, ihre Papiere verbrennen. Rachid, Nasser und Imene teilen diesen Traum. Gemeinsam bezahlen sie einen Schmuggler, der sie in seinem morschen Kahn nach Spanien bringen soll. Lieber nehmen sie den möglichen Tod im Meer in Kauf, als tatenlos in der erzwungenen Perspektivlosigkeit zu erstarren. ▶ Dienstag, 8. Dezember 2015, 18.30 Uhr Sin nombre | Mexiko 2009 | R+B: Cary Fukunaga | K: Adriano Goldman | M: Marcelo Zarvos | D: Paulina Gaitan, Edgar Flores, Kristian Ferrer, Tenoch Huerta Mejía, Luis Fernando Peña | 96 min | OmU | Endlose Züge schaufeln Tag und Nacht namenlose Tagelöhner durch die mittelamerikanischen Ebenen bis vor den Grenzzaun der »Estados Unidos«. In Cary Fukunagas Erstlingsfilm SIN NOMBRE verbinden sich Elemente des Genrefilms, vor allem des Gangsterfilms, mit semidokumentarischen Sequenzen. So verschafft der Regisseur uns Zuschauern vielleicht die Möglichkeit, die schier nicht enden wollenden Grausamkeiten auf dem Treck der Verheißung zu ertragen. Auch wenn wir wissen, dass der harte Realismus dieses Films letztendlich nur das blasse Abbild einer Welt ist, deren Realität wir nicht sehen wollen, nicht sehen können. ▶ Dienstag, 15. Dezember 2015, 18.30 Uhr Wolf-Eckart Bühler Die Filme von Wolf-Eckart Bühler 43 Ein Münchner Filmregisseur, über 40 Jahre in Schwabing wohnhaft, wenn auch oft auf Reisen und mit großer Neugier auf die Welt, nie im Rampenlicht, immer ein sehr eigener Kopf – das ist Wolf-Eckart Bühler, ehemals Redakteur der Filmkritik. Seine drei Kinofilme liegen über 30 Jahre zurück, sie haben den Ruf, man würde sie nie vergessen. Jeder von ihnen ist anders. Zum Filmemachen kam Wolf-Eckart Bühler, so seltsam das klingen mag, eher unwillig. Er hatte Theaterwissenschaften und Philosophie studiert, war bereits in jungen Jahren viel herumgekommen und war alles andere als ein verhinderter Filmemacher. Sein Medium war das gedruckte Wort. Bühler schrieb über Filme, mit Herz und Verstand, ziemlich scharfem Verstand und dialektisch geschultem Blick. Ab 1972 war er Redakteur der Filmkritik. Legendär sind seine Hefte über John Ford, Howard Hawks oder Piratenfilme, das mit Felix Hofmann entstandene Heft über Polizei, sein Text »Tod und Mathematik« über Irving Lerner. Dessen MURDER BY CONTRACT (DER TOD KOMMT AUF LEISEN SOHLEN, 1958) war ihm Anlass für eine weit über diesen Film noir hinausreichende Analyse. Bühler interessierte sich für die dunkle Seite Amerikas, für die Zeit der Hexenjagd in Hollywood, der blacklist und der Berufsverbote, für das Treiben des »Komitees gegen un-amerikanische Umtriebe« (House Committee on Un-American Activities, kurz HUAC). Bühler wurde zu einem Advokaten der Gegengeschichte. Sein »Naming Names« galt den Vergessenen und Verfemten, zwei seiner Kinofilme porträtierten einen Mann zwischen allen Stühlen – den Schauspieler Sterling Hayden. Ohne Werner Dütsch vom Westdeutschen Rundfunk aber wäre er wohl nie zum Filmemachen gekommen, ihm sei er zu großem Dank verpflichtet, sagt Bühler. Dütsch mochte Bühlers Texte und bat ihn, doch »etwas« für ihn zu machen. Der schlug ihm einen Film über den alten, völlig unbekannten amerikanischen Marxisten und Dokumentarfilmer Leo Hurwitz (1909 –1991) vor. Hurwitz hatte damals noch nicht DIALOGUE WITH A WOMAN DEPARTED (1981) gemacht, war vergessen. Dütsch zog sein Angebot nicht zurück. So entstand FILME FÜR EIN ANDERES AMERIKA (1980). Es folgte INNERE SICHERHEIT (1981) über Abraham Polonsky, vom FBI-Chef J. Edgar Hoover als »The Most Dangerous Ci- Wolf-Eckart Bühler 44 tizen« stigmatisiert und ebenfalls auf Hollywoods blacklist gesetzt. Beide Filme sind Musterbeispiele dessen, was die Dritten Fernsehprogramme einmal geleistet haben. Beide sind sie Prototypen, Bausteine eines kritischen Gedächtnisses, das die Zeiten zu überdauern vermag. (So wie übrigens Bühlers Filmkritik-Texte immer noch eminent lesbar sind.) Anfang der 1980er-Jahre arbeitete er an einem Buch über das »Komitee gegen un-amerikanische Umtriebe«, ebenso wenig vollendet wie das epochale über »Marx & Amerika«. Aus dieser Beschäftigung aber entstand ein Interesse an dem damals vor dem HUAC-Tribunal als »freundlicher Zeuge« aufgetretenen Sterling Hayden und dessen Autobiografie »Wanderer«. Bühler fand das Buch so aufregend, dass er daraus seinen Film DER HAVARIST (1983) entwickelte. Konzept und Drehbuch sahen vor, Haydens Stimme so ernst zu nehmen wie Straub & Huillet ihren Pavese oder die griechischen Klassiker – so groß ist tatsächlich das darin aufgewühlte Lebensdrama. Bühler wusste, dass Hollywood sich bereits mehrfach für eine Verfilmung interessiert hatte, sogar mit Robert Redford als Hauptdarsteller. Ihm war klar, dass er Hayden persönlich überzeugen musste. Ihn aufzuspüren, dauerte beinahe ein Jahr. Hayden war damals 65 Jahre alt, hatte sich Hollywood entzogen, trieb sich oft in Europa herum, wo Bertolucci ihn etwa als Patriarch der Landarbeiter in NOVECENTO (1976) inszenierte, ankerte mit seiner alten holländischen Barkasse auf dem Doubs bei Besançon. Hayden las das Skript, war begeistert, schenkte Bühler die Rechte, meinte dann am zweiten Abend, wie schade es doch sei, dass niemand ihr Treffen in Bild und Ton festhalten würde. Binnen weniger Tage organisierte Bühler eine telegrafische Zusage von Werner Dütsch für einen 45-Minuten-Film sowie ein Team, das die Gagen zurückstellte, und war eine Woche später zurück. Sie hatten ganze fünf Drehtage; eines Nachts fiel Hayden betrunken in den Fluss, wurde nur knapp gerettet. Hayden war jede Minute des Drehs betrunken oder bekifft, aber redet im Film mit der Klarheit eines Erzengels, sitzt da mit gewaltigem Bart und wilder Mähne, wettergegerbt, barfuß, zugedröhnt. Ein König ohne Land und Untertanen. Eine Shakespeare-Gestalt. »Pharos of Chaos« (Leuchtturm des Chaos), der Titel eines unvollendet gebliebenen Hayden-Buches, gab dem aufwühlenden Dokumentarfilm den Titel. Hayden sah sich den Film ein Jahr später an, alleine in einem Kino, schwieg lange im Restaurant, wo er sich mit dem Regisseur traf, meinte dann, der Film sei gut, richtig gut und wahrhaftig, nie mehr in seinem Leben aber wolle er ihn sehen, sich auf solche Weise begegnen müssen, derart auf dem Boden der Existenz. Schonungslos redet Hayden im LEUCHTTURM über die Folgen seines Verrats, über die Unmöglichkeit, sich so etwas je verzeihen zu können. »Shirley« nennt er sich immer wieder. Eine Memme. Ronald Reagan, damals (erst) Präsident der US-Schauspielergilde, hatte ihm nach der Aussage ein Telegramm geschickt: »Sterling, ich bin stolz auf dich!« Hayden war im Zweiten Weltkrieg OSS-Offizier gewesen, hatte Titos Partisanen mit einer von Süditalien aus operierenden Nachschubflotte unterstützt und den Zusammenhalt der Kämpfer direkt erlebt, war 1946 für ein halbes Jahr der Kommunistischen Partei Amerikas beigetreten. »Quest« (Suche) hatte er das an diesem Tag gekaufte Schiff getauft. »Nicht viele können von sich sagen, diese zwei Dinge an einem Tag gemacht zu haben«, meinte er dazu. 18 Schiffe besaß er im Lauf seines Lebens, dreimal umrundete er den Globus. Er liebte es, in rauester See zu segeln, er war ein Windjammermann, das Fieber der Schiffe hatte ihn schon jung ergriffen, im entfesselten Nordatlantik, bei den Fischern von Neuengland, den Gloucestermen. Sein Zweimaster Wanderer gab dem schonungslosen Buch der Selbstabrechnung den Titel, literarisch hochrangig, der Beat Generation ebenso zuzurechnen wie den großen Autoren der Ozeane. Bis heute hat sich dafür kein deutscher Verlag gefunden. Ebenso wenig wie für »Voyage. A Novel of 1896«, Haydens »großen amerikanischen Roman« über zwei Schiffspassagen, die eine durch die Südsee nach Japan, die andere um Kap Hoorn, zugleich eine Klassengeschichte Amerikas und der Arbeiterbewegung. Bühler widmete Hayden noch einen weiteren Film, in dem er ganze Passagen aus »Wanderer« textgetreu inszenierte. Titel der Unternehmung: DER HAVARIST. Heute noch beklemmend, die ebenso wörtlich übernommene szenische Inszenierung von Haydens Aussage vor dem HUAC-Komitee. Es war ein Low-BudgetFilm, produziert von einem jungen Martin Moszkowicz am »Ende einer Epoche« (Rainer Gansera), im Herbst des Neuen Deutschen Films, als das Autoren- durch das Produzentenkino verdrängt wurde. Bühler weiß von keiner Einmischung zu berichten, freilich sei Moszkowicz klar gewesen, dass hier kein Kassenschlager am Entstehen sei. Bühler wollte aus Haydens Drama kein Rührstück machen. DER HAVARIST ist ein politischer Film – heute sogar mehr denn je. Der »McCarthyismus«, das macht Bühler klar, ist kein historisches, sondern ein alltägliches Phänomen, Anpassung und Selbstverrat sind überall. »Haydens Geschichte soll der Anlass sein, uns selber in Frage zu stellen«, meinte Bühler, der die Hauptrolle dreifach besetzte: mit dem damals umstrittenen Burkhard Driest (dialogische Ebene), mit dem bekennenden DKP-Mitglied Hannes Wader (erzählerische Ebene) und mit Rüdiger Vogler (monologisch und reflektierend). Driest hielt seinen Sterling Hayden stets für seine beste und sinnvollste Rolle. Hannes Wader in der Zeit der Berufsverbote vor die Kamera zu holen, war ein politisches Statement. Rüdiger Vogler muss man erlebt haben, wenn er, von bodenloser Nachdenklichkeit erfüllt, einen der Schlüsselsätze des Films spricht: »Aber was, wenn der Schauspieler den größten Teil seiner Schauspielerei gar nicht vor der Kamera verrichtet – wenn er vor der Kamera noch am allerwenigsten Schauspieler ist?« Bühler suchte nicht nach Stoffen, um daraus Filme machen zu können. Es sei immer umgekehrt gewesen. »Erst ist ein Stoff da, ein Sujet, das mich fasziniert, dann wird ein Film daraus«, beschreibt er den Prozess. »Die Nachwirkungen des Krieges gegen Vietnam sichtbar machen« (Felix Hofmann), das unternimmt der mit minimalstem Budget in Thailand gedrehte dokumentarische Spielfilm AMERASIA (1985). Bühler stellt darin zwei ganz unterschiedliche Arten von Opfern dieses Krieges einander gegenüber – die in Thailand gestrandeten amerikanischen Ex-GIs und die von US-Soldaten gezeugten, in Waisenhäuser abgeschobenen Kinder, die dem Krieg ihr Leben, aber auch ihre Heimatlosigkeit verdanken. In diesem Film spielen alle Darsteller sich selbst. Der Vater der thailändischen Hauptdarstellerin war amerikanischer Soldat, alle anderen sind das, was sie wirklich sind: Barbesitzer, Farmer, Nichtstuer, Journalisten, Tänzerinnen und Huren, Thai-Boxer, Söldner … jeder von ihnen, und jeder auf seine Weise, ein Opfer des Vietnamkrieges. Heimlich-unheimliche Zeugen einer dort wie hier unerwünschten und unterdrückten Vergangenheit, fremd und unbehaust in einem Land, das ihnen niemals Heimat sein kann. Hauptdarsteller John Anderson war zwei Jahre Soldat in Vietnam gewesen, hatte in Haile Gerimas ASHES AND EMBERS (1982) einen Veteranen gespielt, der in den USA keine Heimat mehr findet. Mit und in AMERASIA holte ihn diese Vergangenheit direkt ein. Bühler: »Es war für ihn wie ein Schock, er war zurückversetzt in die Zeit des Krieges. Er schlief nur noch angezogen, in Stiefeln, genau wie damals, immer bereit zum Aufspringen beim leisesten Alarm. Tagsüber wartete er entweder stumm und apathisch auf Befehle – ein Schauspieler und Soldat, und beides zusammen –, oder er rebellierte vehement und mit monologischen Wortkaskaden, sah den Film zunehmend als ein linksradikales, kommunistisches Komplott, identifizierte sich immer mehr mit allem Amerikanischem vor Ort, wurde paranoider und abgestumpfter zugleich.« Ein Schauspieler, der immer weniger über sich verfügt, in dessen ratlosem Gesicht sich auch der Betrachter spiegelt. Asien und vor allem Vietnam hat Bühler danach immer wieder bereist, zusammen mit seiner Lebensgefährtin Hella Kothmann verfasste er den weltweit ersten und bis heute informiertesten Reiseführer über Vietnam, dies vor den Recherchemöglichkeiten des Internets. Im September 2014 erschien die 12., vollständig aktuali- Wolf-Eckart Bühler Laurens Straub, Hans Noever, Wolf-Eckart Bühler, Burkhard Driest, Michael Krüger, Enno Patalas bei den Dreharbeiten zu DER HAVARiST 45 Wolf-Eckart Bühler sierte Auflage. Hartnäckigen Gerüchten zufolge war Bühler übrigens lange Jahre in Saigon Miteigentürmer einer Bar namens Apocalypse Now. Neben seinen drei Kinofilmen entstand gut ein halbes Dutzend Fernsehdokumentationen, darunter ein Film über Paolo Conte, keine von ihnen Ware von der Stange. Seine Haltung als Filmemacher artikulierte Bühler so: »Die Qualität eines Filmes bemisst sich nicht an der Anzahl der Probleme, die er ›aufwirft‹ oder zu beantworten versucht, noch an der Stringenz der vorgefassten Meinungen, die er bestätigt oder verwirft, sondern an der exemplarischen Tragweite der Fragen, die er provoziert.« Alf Mayer 46 Leo T. Hurwitz: Filme für ein anderes Amerika | BRD 1980 | R: Wolf-Eckart Bühler | B: Wolf-Eckart Bühler, Felix Hofmann | K: Andreas Köbner | 44 min | Leo T. Hurwitz, 50 politische Filme ganz außerhalb der Filmindustrie, zeitweise Berufsverbot, Guerillakämpfer in der kapitalistischen Welt, in keiner Filmgeschichte erwähnt. – Innere Sicherheit: Abraham Polonsky | BRD 1981 | R+B: Wolf-Eckart Bühler | K: Carlos Bustamante, Karl Düttmann | 44 min | Abraham Polonsky, Regisseur und Drehbuchautor mit nur drei Filmen, aufgrund seiner Mitgliedschaft in der kommunistischen Partei zwischen 1958 und 1968 auf der blacklist von Hollywood. – Vietnam! Über den Umgang mit einer leidvollen Vergangenheit | Deutschland 1994 | R+B: Wolf-Eckart Bühler | K: Nguyen Cao Thanh, Nguyen Thuoc | Mit Jim Steele, Dang Huu Phuc, Tran Bach Dang, Le Minh Khue, Duong Quynh Hoa | 44 min | Die Amerikaner gewannen Schlachten, verloren aber den Krieg (den ersten ihrer Geschichte) und handelten sich ein Trauma ein. Die Vietnamesen gewannen den Krieg, verloren aber den Frieden. ▶ Donnerstag, 12. November 2015, 19.00 Uhr | Zu Gast: Wolf-Eckart Bühler Leuchtturm des Chaos I BRD 1982 I R: Wolf-Eckart Bühler I B: Wolf-Eckart Bühler, Manfred Blank I K: Bernd Fiedler I Mit Sterling Hayden I 118 min I Die New York Times sah hier »documentary film making at its most laissez faire«. Tatsächlich entstand der Film spontan und aus der hohlen Hand, allerdings mit einem in der Sache höchst vorbereiteten Filmemacher. Wolf-Eckart Bühler hatte Hayden auf einer Barkasse in Frankreich ausfindig gemacht, um sich die Filmrechte für dessen Autobiografie »Wanderer« zu holen, hatte das darauf beruhende Drehbuch dabei, was den ehemaligen Hollywoodstar dazu brachte, ihn zu einer schnellen Dokumentation einzuladen. So entstand ein schonungsloses Porträt, das sich meilenweit von anderen unterscheidet. Ein einzigartiges Dokument der Filmgeschichte. ▶ Freitag, 13. November 2015, 18.30 Uhr | Zu Gast: WolfEckart Bühler Der Havarist I BRD 1983 I R+B: Wolf-Eckart Bühler, nach der Autobiografie »Wanderer« von Sterling Hayden I K: Peter Gauhe I M: Konstantin Wecker I D: Burkhard Driest, Rüdiger Vogler, Hannes Wader, Hans Michael Rehberg, Edgar Selge, Kristina van Eyck I 100 min I Die selbstkritische Autobiografie des Seefahrers, Partisanenkämpfers, Hollywood-Stars, Kommunisten und FBI-Kollaborateurs Sterling Hayden als Literaturverfilmung, Tiefenanalyse, politisches Lehrstück, Exkurs in den Film noir, im Geiste von Straub & Huillet, von Brecht, Peter Weiss und Kellers »Grünem Heinrich«. Anders als der spontan entstandene LEUCHTTURM ist dies ein geradezu symphonisch gefügtes Werk, die Titelrolle auf drei Schauspieler aufgespalten, die Musik von Konstantin Wecker komponiert, das heftige Klavierstück zu Beginn eine Deklination des wilden Ritts, der die Zuschauer erwartet. Ein Low-Budget-Film, produziert von einem jungen Martin Moszkowicz, der ebenso eine Rolle übernahm wie Klaus Emmerich, Michael Krüger, Dieter Schidor, Hans Noever, Enno Patalas, Laurens Straub, Hans Günther Pflaum oder Roger Fritz. ▶ Samstag, 14. November 2015, 18.30 Uhr | Zu Gast: Wolf-Eckart Bühler Amerasia I BRD 1985 I R+B: Wolf-Eckart Bühler I K: Bernd Fiedler I M: Terry Allen, Surachai Jantimatorn I D: John Anderson, Gilian Tuyudee Hornett, Surachai Jantimatorn, Terry Allen, Alan Dawson I 97 min I engl. OF | Bühler reflektiert den Vietnamkrieg dort, wo er komplexe Spuren hinterließ: auf dem ehemaligen US-Flugzeugträger Thailand. Dort, wo Babykiller Babys machten, die niemand haben will. Die Musik stammt von Terry Allen, einem der größten Einzelgänger der Countrymusik. »Bühler vermeidet, seine Figuren zu diffamieren, obwohl er es sich und den Zuschauern damit hätte leichter machen können. Aber der Weg zur Wahrheit ist nie der leichteste. Bühler verstellt uns nicht den Blick durch Vorurteile, erkundet statt dessen die verschiedenen Gesichter einer Wahrheit und weist nach, wie die GIs und die Südostasierinnen, die sie mit ihren Kindern haben sitzenlassen, von der gleichen Heimatlosigkeit getrieben werden; wie Schuld und Verdrängung in einen Teufelskreis münden, dem keiner entfliehen kann.« (Michael Althen) ▶ Sonntag, 15. November 2015, 18.30 Uhr | Zu Gast: Wolf-Eckart Bühler Wird es irgendwann einmal besser? Diese Frage, die in Radu Judes Film AFERIM! zum Ende hin resignierend verneint wird, bestimmt in der Regel das Leben von Menschen und Staaten gleichermaßen. Wenn man nicht dazu verurteilt ist, einfach Tag für Tag das Allernötigste zum Überleben zusammenzukratzen, dann tauchen Horizonte und Perspektiven auf, und man beginnt, Vergleiche anzustellen. Wie war es früher, wie ist es jetzt, wie könnte es einmal sein? Judes List besteht darin, dass er diese Frage weit in die Vergangenheit verlegt. AFERIM! spielt 1835, die dazu gehörende Ästhetik ist ein panoramatisches Schwarzweiß in einem Historienfilm mit Hintersinn. Zwei Reiter jagen einen entflohenen Sklaven. Sie durchqueren ein Land, das noch tief im Feudalismus steckt, sind selbst aber Agenten der Aufklärung. Vergleichbar den Pilgern in Buñuels MILCHSTRASSE, führen sie unterwegs allerlei philosophierende Gespräche, vor allem der Polizist Costandin erweist sich als Humanist, ohne sich selbst darüber eigentlich Rechenschaft zu geben. AFERIM!, der auch mit seinem Titel (ein altes türkisches Wort für »Bravo«) auf die tiefe »orientalische« (osmanische) Verwurzelung Rumäniens anspielt, ist eine herausragende Ausnahme in einem neueren rumänischen Nationalkino, das in seinen Kernfächern nach wie vor stark auf konsequent präsentisches Erzählen setzt. Damit sind Filme von Radu Muntean, Corneliu Porumboiu, Dan Chişu oder Anatol Durbală gemeint, die sich alle durch eine lineare Strukturierung auszeichnen: sie beginnen an einem Punkt, und bewegen sich dann Schritt für Schritt zu einem nächsten, sammeln dazwischen allerdings einen enormen Reichtum an Details ein. Muntean ist dieses Mal der Position des Formalis- ten Chişu näher, wenn er sich vor allem auf einen Mann namens Patrascu konzentriert, der wichtige Beobachtungen zu einem Mordfall »ein Stockwerk tiefer« macht, diese aber für sich behält. Man sieht im gleichnamigen Film eine rumänische Mittelschicht, die sich mühsam über Wasser hält, mit einem Service-Betrieb, der viel Stress macht und dauerndes Improvisieren verlangt. Und man sieht, wie eine Erzählung an allen Ecken und Enden Einfallstore für Projektionen lässt, wenn sie bewusst sparsam »ausformuliert« ist, also sich eher an der fragmentierten individuellen Wahrnehmung orientiert als an dem Überblicksversprechen des realistischen Romans. Chişu, der auch schon mit Echtzeit und Subjektivität experimentiert hatte, widmet sich in BUKAREST NONSTOP einer klassischen Form: dem Vielpersonendrama mit zahlreichen Handlungsfäden, konzentriert auf eine Nacht und einen Imbiss neben einem Wohngebäude, das zahlreiche Schicksale enthält. Es ist aber einmal mehr Corneliu Porumboiu, der in DER SCHATZ alle diese latent experimentellen Interessen des rumänischen Kinos in einer täuschend simplen Geschichte zusammenfasst, die zugleich linear und voller Anspielungen auf Geschichtlichkeit ist. Ein verschuldeter Mann bringt seinen Nachbarn dazu, ihm bei einer Grabung auf einem Grundstück in der Provinz zu helfen. Es liegt zufällig in dem Ort, in dem Rumäniens erste bürgerliche Revolution 1848 einen konstitutionellen Akt vollzog. Was in Islaz aus der Erde kommt, hat den Charakter einer ganz anderen Pointe, spielt jedoch auf bürgerliche Zeitmaße an, die in Rumänien wie in so vielen anderen Ländern durch Revolutionen, Regimewechsel, imperiale Umbrüche immer wieder Zäsuren erlebten. Die Frage, ob es irgendwann einmal besser wird, lässt Rumänisches Filmfestival Rumänisches Filmfestival 47 Rumänisches Filmfestival 48 sich jedenfalls nicht permanent durch die Hoffnung auf ein Wunder (oder einen Schatz) verdrängen. Für das rumänische Kino sind die Umstände etwa seit der Jahrtausendwende definitiv besser geworden. Die als Neue Welle bezeichnete Generation von Regisseuren begann damals, mit ersten Arbeiten auf sich aufmerksam zu machen. Zugleich ist dieses Datum aber auch zu einer neuen Orthodoxie geworden, die dazu beiträgt, dass das internationale Publikum längere Entwicklungslinien und Kontinuitäten übersehen könnte, die vor 2000 zurückreichen. Die Begegnung mit Stere Gulea in München im Jahr 2014 war ein Versuch, sich nicht zu stark von den geläufigen Periodisierungen lenken zu lassen. Eine ähnliche Funktion kommt in diesem Jahr der Präsentation zweier Filme von Nae Caranfil zu. Er hat 2013 mit NÄHER ZUM MOND eine kommerzielle, internationale Koproduktion vorgelegt, die doch in hohem Maß mit spezifisch rumänischen Erfahrungen zu tun hat: Vera Farmiga spielt die Hauptrolle in einer Bande jüdischer ehemaliger Widerstandskämpfer, die 1959 in Bukarest einen spektakulären Geldraub begehen. Sie geben sich dabei als Filmteam aus und müssen später, angesichts ihrer drohenden Hinrichtung, den Raub noch einmal für einen Propagandafilm »drehen«. So entsteht eine vielschichtige Reflexion auf bürokratischen Antisemitismus, inflationäre Finanzen und das vergeudete Erbe des Antifaschismus. Caranfil hat seinen ersten Film NICHT AUS DEM FENSTER LEHNEN! schon 1993 als Koproduktion mit Frankreich gedreht, er steht für eine Alternative zu den häufig konzeptuell denkenden Stars der Nouvelle Vague Roumaine, und es wird spannend zu beobachten sein, ob sich sein Begriff von Mainstream zu behaupten vermag. Eine vielfältige nationale Filmproduktion lässt sich natürlich nicht in eine simple Alternative zwischen reflektiertem Festivalkino und zugänglicherem Mainstream zwängen. Das zeigt sich in diesem Jahr an Beispielen wie EIN PASS FÜR DEUTSCHLAND von Răzvan Georgescu, einem klassischen Dokumentarfilm über ein Kapitel des späten Kommunismus, oder an DAS WEISSE TOR von Nicolae Mărgineanu, einem Historienfilm über Lagerinsassen, die 1949 die Repressionen des sich etablierenden Regimes erleiden. Jugendliche Protagonisten bilden eine Verbindung zur heutigen Gegenwart, denn sie würden heute zur aussterbenden Generation der letzten Zeugen gehören. DAS WEISSE TOR könnte so etwas wie der rumänische Archipel GULAG sein, und gehört in den größeren Zusammenhang der Aufarbeitung der kommunistischen Verbrechen. Eine weitere Möglichkeit, sich simplen Alternativen zu entziehen, suchen die »Individualisten«. Dazu könnte man Andrei Creţulescu zählen, der mit seiner Kurzfilmtrilogie, die 2015 mit RAMONA abgeschlossen wurde, einen vertrackten Zusammenhang aus narrativen Fäden und populärkulturellen Anspielungen entwarf, der ihm das Etikett eines rumänischen Tarantino eintragen könnte. Auch Bogdan Mustaţă gehört dazu, der mit WOLF einen ungewöhnlichen psychologischen Genrefilm vorgelegt hat, in dem die Phantasien eines Teenagers sich wuchernd über eine typische Nachbarschaftsgeschichte legen, wie sie durchaus ähnlich in EIN STOCKWERK TIEFER angelegt ist, dort aber ganz anders entwickelt wird. Wird es irgendwann einmal besser? Diese Frage stellt sich jungen Menschen mit anderer Dringlichkeit als älteren, weil sie die Zeitmaße noch nicht so abschätzen können. Das rumänische Kino gibt mit seinem Reichtum an formalen Ansätzen eine Ahnung davon, dass die Frage vielleicht falsch gestellt ist. Wenn es einem Menschen, einem Land irgendwann einmal besser geht, dann wird es erst recht darauf ankommen, die vielen Opfer nicht zu vergessen, die eine blinde Geschichte immer wieder fordert. Das Kino bringt dieser Geschichte das Sehen bei, zahlt dafür aber oft einen Preis: eine Melancholie, gegen die man nur in den besten Momenten Witz aufbieten kann. Bert Rebhandl Ein Programm in Kooperation mit der Gesellschaft zur Förderung der Rumänischen Kultur und Tradition e.V., München und dem Centrul Naţional al Cinematografiei, Bukarest. O umbră de nor (Schatten der Wolken) | Rumänien 2013 | R: Radu Jude | B: Radu Jude, Florin Lăzărescu | K: Marius Panduru | D: Alexandru Dabija, Mihaela Sîrbu, Şerban Pavlu | 30 min | OmeU | Tragikomödie über letzte Riten. – Trece şi prin perete (Es geht durch die Wand) | Rumänien 2014 | R+B: Radu Jude | K: Marius Panduru | D: Sofia Nicolaescu, Ion Arcudeanu, Gabriel Spahiu | 16 min | OmeU | Der Film basiert auf einer Kurzgeschichte von Anton Čechov und enthält den erzählerischen Kern zu AFERIM! – Aferim! | Rumänien 2015 | R: Radu Jude | B: Radu Jude, Florin Lăzărescu | K: Marius Panduru | D: Teodor Corban, Mihai Comănoiu, Cuzin Toma, Victor Rebengiuc, Luminița Gheorghiu | 108 min | OmU | Ein Western aus der Walachei: Die beiden Hauptfiguren sind Kopfgeldjäger. Das Geld wird schließlich für ein anderes Körperteil gezahlt. ▶ Donnerstag, 26. November 2015, 19.00 Uhr | Zu Gast: Produzentin Ada Solomon, Teodor Corban Pasaport de Germania (Ein Pass für Deutschland) | Rumänien 2014 | R+B: Răzvan Georgescu | K: Alexan- ▶ Freitag, 27. November 2015, 18.30 Uhr | Zu Gast: Pro- duzentin Ada Solomon Un etaj mai jos (Ein Stockwerk tiefer) | Rumänien 2015 | R: Radu Muntean | B: Răzvan Rădulescu, Alexandru Baciu, Radu Muntean | K: Tudor Lucaciu | D: Teodor Corban, Iulian Postelnicu, Oxana Moravec, Ionuț Bora, Ioana Flora, Mihaela Sîrbu | 92 min | OmU | Rätselhafte Motivationen bilden das Gerüst dieses eigenwilligen Films, halb Psychothriller, halb typisches Stationendrama. Patrascu, ein Mann in mittleren Jahren mit mittleren Sorgen und mittlerem Übergewicht, enthält sich in einem entscheidenden Moment einer Zeugenaussage, nachdem sich in dem Haus, in dem er mit Frau und Sohn wohnt, ein Todesfall ereignet hat, der vermutlich ein Mord war. ▶ Freitag, 27. November 2015, 21.00 Uhr | Einführung: Bert Rebhandl | Zu Gast: Teodor Corban È pericoloso sporgersi! (Nicht aus dem Fenster lehnen!) | Rumänien 1993 | R+B: Nae Caranfil | K: Christian Comeaga | D: Nathalie Bonnifay, George Alexandru, Marius Stanescu, Valentin Teodosiu, Florin Calinescu | 104 min | OmeU | Drei Figuren (der Student, der Schauspieler, der Soldat) vermitteln in drei Kapiteln einen Eindruck von der Situation in Rumänien in den 1980erJahren. Dass die Tage dieses Regimes gezählt sein könnten, erscheint undenkbar nur deswegen, weil die Alternativen kaum tragfähiger wirken. Nae Caranfils erster Film ist vor allem ein Zeugnis für den subversiven Witz, mit dem die Menschen sich nicht zuletzt über ihren eigenen Mangel an Heldentum lustig machten. müssen den Überfall noch einmal »inszenieren«, für einen Propagandafilm über Verbrechen, das sich nicht lohnt. Unterhaltungskino, das die Enttäuschung heroischer Antifaschisten über das antisemitische kommunistische Rumänien nach dem Krieg anklingen lässt. ▶ Samstag, 28. November 2015, 21.00 Uhr | Zu Gast: Nae Caranfil Scor alb (Unentschieden) | Rumänien 2015 | R+B: Marius Olteanu | K: Luchian Ciobanu | D: Ioana Flora, Alexandru Potocean | 28 min | OmeU – In the House | Rumänien 2015 | R+B: Ana-Maria Comănescu | K: Tudor Platon | D: Alexandru Sinca, Lucian Ionescu, Cosmin Teodor Pană | 16 min | OmeU – Bad Penny | Rumänien 2013 | R+B: Andrei Creţulescu | K: Andrei Butică | D: Şerban Pavlu, Dorian Boguţă, Andi Vasluianu | 12 min | OmeU – Kowalski | Rumänien 2014 | R+B: Andrei Creţulescu | K: Andrei Butică | D: Şerban Pavlu, Dorian Boguţă, Andi Vasluianu | 18 min | OmeU – Ramona | Rumänien 2015 | R+B: Andrei Creţulescu | K: Andrei Butică | D: Rodica Lazăr | 20 min – Fünf Kurzfilme, die in ihrer Abfolge einen Weg von latenter über erzählte zu ausgelebter Gewalt beschreiten. ▶ Sonntag, 29. November 2015, 18.30 Uhr Comoara (Der Schatz) | Rumänien 2015 | R+B: Corneliu Porumboiu | K: Tudor Mircea | D: Cuzin Toma, Adrian Purcarescu, Corneliu Cozmei, Cristina Toma, Nicodim Toma | 90 min | OmeU | Die Geschichte verschiedener Spekulationen, mit einer brillanten Pointe. Ein Nachbar klopft bei Costi an und will Geld leihen. Dann macht er einen Vorschlag: Er besitzt ein Grundstück auf dem Land, auf dem vielleicht etwas Wertvolles vergraben ist. Die beiden Männer mieten einen Experten ▶ Samstag, 28. November 2015, 18.30 Uhr | Zu Gast: Nae Caranfil Closer to the Moon (Näher zum Mond) | Rumänien 2014 | R+B: Nae Caranfil | K: Marius Panduru | M: Laurent Couson | D: Vera Farmiga, Mark Strong, Harry Lloyd, Anton Lesser, Christian McKay, Monica Bârlădeanu | 112 min | engl. OF | 1959 staunt ganz Rumänien über einen spektakulären Geldraub. Der Geheimdienst schlägt mit seinem Waffen zurück: Die Täter mit Metalldetektor, und bald wird gebuddelt. Corneliu Porumboiu schuf eine tiefsinnige Reflexion über historische Zeitmaße und individuelles Augenmaß. ▶ Sonntag, 29. November 2015, 21.00 Uhr | Einführung: Bert Rebhandl Rumänisches Filmfestival dru Solomon | M: Remus Georgescu | Mit Heinz-Günther Hüsch, Hans-Dietrich Genscher, Klaus Kinkel, Horst Teltschik | 88 min | OmU | Freiheit gegen Devisen: Dieser Handel ermöglichte zwischen 1968 und 1989 etwa 250.000 Rumäniendeutschen die Ausreise aus dem kommunistischen Regime. Der Film rekonstruiert dieses Kapitel deutscher Ostpolitik und sozialistischer Wirtschaftspolitik unter Verwendung von Zeitdokumenten und Interviews mit Beteiligten und Betroffenen. 49 Poarta albă (Das weiße Tor) | Rumänien 2015 | R: Nicolae Mărgineanu | B: Oana Cajal, Nicolae Mărgineanu | K: Mihai Sărbuşca | D: Cristian Bota, Sergiu Bucur, Mădălina Craiu, Bogdan Nechifor, Marius Turdeanu | 96 min | OmeU | 1949: Drei junge Leute versuchen nachts über die Donau aus Rumänien zu flüchten. Der überwiegende Teil des Films, gedreht in einem alles andere als distanzierenden Schwarzweiß, spielt dann in einem Straflager. Eine vielfältige Schicksalsgemeinschaft ist da zusammengewürfelt: alles Opfer der Kommunistischen Partei, die ihre Herrschaft etabliert, indem sie Religiöse und andere Abweichler drangsaliert. Rumänisches Filmfestival ▶ Freitag, 4. Dezember 2015, 21.00 Uhr 50 Ce lume minunată (What a Wonderful World) | Moldawien 2014 | R+B: Anatol Durbală | K: Ivan Grincenco | D: Igor Babiac, Igor Caras-Romanov, Sergiu Bîtcă, Tudor Țărnă, Elena Mocanu | 74 min | OmeU | Bosnien? Nein, Boston. Aus Amerika kehrt ein junger Mann in seine Heimatstadt Chișinău zurück, die Hauptstadt Moldawiens. Gleich in der ersten Nacht gerät er in eine brenzlige Situation. Denn in dieser Nacht nach der Erstürmung des Parlaments schlagen die alten Mächte zurück. Petru gerät in einen Alptraum, und Anatol Durbală macht keine Anstalten, die schonungslose Aufarbeitung der tatsächlichen Ereignisse von 2009 in irgendeiner Form zu beschönigen. ▶ Samstag, 5. Dezember 2015, 21.00 Uhr Cai putere (Pferdestärken) | Rumänien 2014 | R+B: Daniel Sandu | K: Alex Trăilă | D: Adrian Titieni, Marian Popescu, Lucian Ifrim, Mihaela Sîrbu | 26 min | OmeU | Ein in die Jahre kommender Mann liebt sein Motorrad über alles. – București NonStop (Bukarest Nonstop) | Rumänien 2015 | R+B: Dan Chişu | K: Liviu Pojoni Jr. | D: Gheorghe Ifrim, Ion Besoiu, Dorina Lazăr, Olimpia Melinte, Adrian Titieni, Dorian Boguţă | 86 min | OmeU | Ein 24-Stunden-Kiosk neben einem Wohngebäude, aus dem heraus und in das hinein verschiedene Geschichten um eine Prostituierte, eine schwangere Frau, ein altes Ehepaar und einen Verkehrsunfall, der eigentlich ein Überfall ist, verknüpft werden. Jahren gestorbenen Vaters nicht zu akzeptieren scheint. Die Mutter und ihr neuer Lebensgefährte bleiben feindselig auf der anderen Seite der phantasmagorischen Schwelle, die Bogdan Mustaţă vor seinem mysteriösen, faszinierenden Film errichtet hat. ▶ Freitag, 11. Dezember 2015, 21.00 Uhr Lumea e a mea (Die Welt gehört mir) | Rumänien 2015 | R: Nicolae Constantin Tănase | B: Raluca Mănescu | K: Daniel Kosuth | D: Ana Maria Guran, Iulia Ciochină, Oana Rusu, Ana Vătămanu, Florin Hriţcu | 104 min | OmeU | Ein Teenagerfilm mit sozialen Strukturen, die man ohne Weiteres auch in amerikanischen High School-Vorbildern finden kann. Hier werden sie auf rumänische Provinzverhältnisse übertragen. Larisa (eine Entdeckung: Ana Maria Guran) hat viele Verpflichtungen für die Familie, sie muss zum Beispiel die Großmutter pflegen, nimmt es aber mit der privilegierten Ana im Kampf um die Gunst des lokalen Mädchenschwarms Florin auf. ▶ Samstag, 12. Dezember 2015, 21.00 Uhr Autoportretul unei fete cuminţi (Selbstporträt einer gehorsamen Tochter) | Rumänien 2015 | R+B: Ana Lungu | K: Silviu Stavila | D: Elena Popa, Emilian Oprea, Andrei Enache, Iris Spiridon, Alexandru Lustig | 80 min | OmeU | Gibt es eine nationale Semantik bei Oralsex? Von dieser Art sind die Fragen, die in diesem Film (der Titel spielt auf Simone de Beauvoirs »Memoiren einer Tochter aus gutem Hause« an) verhandelt werden. Cristiana ist 30 Jahre alt, sie studiert Geologie mit Spezialisierung auf Erdbeben, ihre erotische Erfüllung sucht sie ▶ Sonntag, 6. Dezember 2015, 21.00 Uhr Lupu (Wolf) | Rumänien 2013 | R+B: Bogdan Mustaţă | K: Barbu Bălăşoiu | D: Mihai Vasilescu, Ada Condeescu, Costel Caşcaval, Carmen Ungureanu, Sergiu Nicolaescu | 78 min | OmU | Lupu, ein 16-jähriger Junge, lebt in einem Gebäude, das bessere Tage gesehen hat. Er phantasiert sich an die verführerische Clara heran, während er den Verlust seines vor zwei in einem Verhältnis mit einem verheirateten Mann. Als sie von ihren wohlhabenden Eltern eine Wohnung bekommt, will sie sich einen Hund anschaffen. Eine Geschichte über Rollenzuweisungen und die Suche nach Autonomie. ▶ Sonntag, 13. Dezember 2015, 21.00 Uhr | Zu Gast: Ana Lungu Im Januar 2015 hätte der umfassend talentierte Schauspieler, Regisseur, Autor und Kritiker Shi Hui seinen hundertsten Geburtstag gefeiert. Shi Hui (1915 –1957) wurde in den 1940er-Jahren in Shanghai als »Kaiser der Bühne« gefeiert, spielte in über zwanzig Filmen, führte Bühnen- und Filmregie, und engagierte sich in allen Bereichen des Shanghaier Theater- und Filmwesens. 1957 fiel er der »Anti-Rechts-Kampagne« zum Opfer und nahm sich im Alter von 42 Jahren das Leben. Obwohl er nach 1979 rehabilitiert wurde und sein Film MEIN LEBEN (1950) zu den Klassikern der chinesischen Filmgeschichte gehört, bleibt sein Werk weitgehend unbekannt. Ihm wurde noch nie eine Retrospektive gewidmet. Shi Yutao, wie er mit Geburtsnamen hieß, wurde 1915 in Tianjin als viertes von fünf Kindern geboren. Seine Kindheit und Jugend waren geprägt von Unruhe – einer familiären wie gesellschaftlichen: mit dem Sturz des Kaiserhauses geriet 1911 das gesamte Land in Aufruhr. Provinzherrscher bildeten sich heraus, die mithilfe von Schlägertruppen oder Armeen ganze Landstriche kontrollierten. In dieser Zeit der »Kriegsherren«, die offiziell bis zur Gründung der nationalen Zentralregierung unter Chiang Kai-shek 1928 dauerte und darüber hinaus, war China fragmentiert und chaotisch. Auch Shi Huis Familie blieb nicht verschont. Die Großfamilie ging bankrott, sein Vater übersiedelte 1916 nach Peking. Bald arbeitslos, starb er, als Shi Hui drei Jahre alt war. Mit 15 Jahren begann Shi Hui eine Lehre für Zugbegleiter im Nordosten Chinas, der nach 1931 unter japanischer Besatzung war. In den zwei Jahren, in denen er in den Zügen unterwegs war, lernte er alle Facetten des menschlichen Leids und der Grausamkeit kennen: Brände, Raub, Vergewaltigung und Mord – es war ein rechtsfreier Raum mit politischer Willkür. 1932 kehrte er nach Peking zurück, arbeitete als Assistent bei einem Zahnarzt, und als dieser die Praxis aufgeben musste, fand er im fortschrittlichen ZhenguangTheater einen Job als Budenverkäufer. Schon als Kind hatte ihn die Peking-Oper fasziniert, nun verbrachte Shi Hui die Freizeit damit, sein Wissen und seine Ausdrucksfähigkeit im Rahmen der strengen Regeln der Peking-Opern-Kunst zu vertiefen; ebenso nutzte er jede Gelegenheit, moderne Theaterstücke wie ausländische (vorwiegend amerikanische) Filme anzuschauen und lernte im Selbststudium Englisch. Eine andere Arbeit in einer Theatergruppe nahm er zunächst vor allem wegen der drei täglichen Mahlzeiten an. Shi Hui hatte bereits zu oft Hunger gelitten. Rasch entwickelte sich seine Karriere als AmateurSchauspieler. Entsprechend der unruhigen politischen Situation in den 1930er-Jahren wechselte er immer wieder die Theatertruppen. Zunehmend bekam er Hauptrollen und wurde ab 1940, als er sich in Shanghai niederließ, über professionelle Kreise hinaus bekannt und beliebt. Shi Huis moderne und ergreifende Interpretation des Helden Wen Tianxiang aus der SongDynastie im gleichnamigen Stück, der sich gegen die mongolischen Invasoren wehrt, wurde begeistert als politisches Statement gegen die japanischen Aggressoren aufgenommen. Shanghai war seit 1937 unter japanischer Besatzung, mit dem Eintritt der USA in den Zweiten Weltkrieg verschärfte sich die davor durch den Sonderstatus der internationalen Konzessionen relativ entspannte Situation Shanghais. Eines der erfolgreichsten Stücke, in denen Shi Hui in diesen Jahren brillierte, war »Der große Zirkus« – in der 74. Aufführung in 38 Tagen wurde Shi Hui auf der Bühne ohnmächtig. Auslöser waren Erschöpfung, Hunger und eine Disziplin und Professionalität, die ihresgleichen suchen. Man könnte auch sagen: eine Besessenheit. Neben Auftritten und akribischer Vorbereitung Shi Hui Retrospektive Shi Hui 51 Shi Hui analysierte Shi Hui das Schauspiel an sich, übersetzte Fachliteratur und publizierte eigene Texte. Im Oktober 1941 kam der Film SHIJIE ERNV (KINDER DER WELT) heraus. Es ist der einzige Film aus dem Shanghaier Exil und der erste erhaltene Film, in dem Shi Hui in einer Nebenrolle zu sehen ist. Seine Leinwandpräsenz ist hier schon erkennbar. Die österreichischen Filmpioniere Luise Fleck (1873 –1950) und Jakob Fleck (1881–1953) waren 1939 als mittellose jüdische Flüchtlinge nach Shanghai gekommen. Trotz der widrigen Bedingungen unter japanischer Besatzung gelang es ihnen, mit dem herausragenden chinesischen Regisseur Fei Mu (1906 –1951) einen Film zu drehen, der die gemeinsamen Werte aller drei zum Ausdruck bringt: KINDER DER WELT erzählt eine einfache chinesische Geschichte von Freundschaft, von persönlichem Leid und Hoffnung, von Opferbereitschaft und dem Kampf für Recht und Freiheit. Als letzter Film der Flecks, die im Laufe ihres Lebens weit über 50 Filme gedreht hatten, ist er zugleich ihr filmisches Vermächtnis. Luise und Jakob Fleck, in Zusammenarbeit mit Luises erstem, 1922 verstorbenen Ehemann Anton Kolm, waren die Gründer der ersten bedeutenden österreichischen Produktionsgesellschaft und ebenso Gründer WO ZHE Yi BEiZi (MEiN LEBEN) 52 der Wiener Rosenhügel-Studios, die bis Frühjahr 2015 vom ORF genutzt wurden. 1941 war Shi Hui u. a. mit Regisseur Huang Zuolin Mitbegründer der Professional Drama Company, die sich von 1943 bis 1946, umbenannt in Kugan Truppe (wörtlich »hart arbeitend«), größter Popularität erfreute. Manche ihrer besten Theaterproduktionen wurden nach 1947 verfilmt, als der Hongkonger Industrielle Wu Xingzai mit den Künstlern von Kugan das Wenhua Film Studio gründete. Huang Zuolin entwickelte sich zu einem erstklassigen Filmregisseur, dessen Reputation über China hinausreichte: Die erste Produktion des neuen Filmstudios, JIA FENG XU HUANG (FALSCHE PHÖNIXE), eine Verwechslungskomödie mit Shi Hui in der seltenen Hauptrolle des jugendlichen Liebhabers, wurde aufgrund des enormen Erfolges in China und Südostasien auch in den USA vertrieben. Anschließend erschien Shi Hui in beinahe jedem Film der Firma Wen Hua, er war einer der wenigen Bühnenschauspieler, die keine Probleme mit dem Medium Film hatte: er spielte Haupt- und Nebenrollen, er war komisch, tragisch, sympathisch oder der Böse, ernsthaft oder humorvoll. Alle Figuren, die Shi Hui darstellte, luden zur Identifikation ein und blieben den Zuschauern in lebhafter Erinnerung. Zukunft zu ermöglichen. Shi Hui hatte sein Leben lang eine sehr enge Beziehung zu seiner Mutter. Der Film zeugt von einer humanitären Einstellung, seiner Auffassung, dass Benachteiligten geholfen werden muss. Im Oktober 1949 wurde nach dem vierjährigen Bürgerkrieg die Volksrepublik China ausgerufen. Die Kommunistische Partei Chinas (KPCh) hatte den Kampf endgültig für sich entschieden. Alle Sparten der Kunst mussten nun den Grundsätzen Mao Zedongs, des Vorsitzenden der KPCh, entsprechen, die aus seinen »Reden zur Literatur und Kunst« (1942) hervorgingen: Kunst und Literatur hatten dem Volk zu dienen, also den Arbeitern, Bauern und Soldaten. Von 1949 bis 1952, im Zuge der Verstaatlichung der Industrie, wurden alle Filmfirmen in neugegründete staatliche Filmstudios umgewandelt oder eingegliedert. Obwohl die Firma Wen Hua erst 1952 verstaatlicht wurde und in das Shanghai Film Studio überging, zeigt sich bereits ab 1949 in ihren Werken der Einfluss der neuen Machthaber. Shi Huis Arbeit an seiner zweiten Regiearbeit WO ZHE YI BEIZI (MEIN LEBEN) nach dem Roman des Schriftstellers Lao She fiel in die Zeit der Transformation. Lao Shes Werk über einen einfältigen Polizisten, dessen Ziel es ist, seine Arbeit gut auszuführen und seine Kinder großzuziehen, der aber durch die politischen Umstände so herunterkommt, dass er letzten Endes auf der Strasse verhungert, ist eine teils bittere, teils tragisch-humorvolle Schilderung des Lebens der einfachen Chinesen. Lao She schrieb seinen Roman im Jahr 1937. Die Adaption dieses Monologs, die Shi Hui gemeinsam mit seinem Bruder vornahm, zeugt von seiner ungeheuren dramatischen Begabung. MEIN LEBEN umfasst Jahrzehnte chinesischer Geschichte, beschrieben anhand des Schicksals eines Einzelnen. Entsprechend der neuen Ideologie wurde ein kommunistischer Revolutionär eingefügt, und der Sohn des Polizisten, der dem Revolutionär gefolgt war, erscheint siegreich zum Schluss des Filmes, um anzudeuten, dass nun eine neue Zeit angebrochen ist. Es heißt, dass Shi Hui versuchte, sich gegen diese Änderungen zu wehren. Das Ergebnis ist ein halbherziges Bekenntnis zur glorreichen Zukunft – der Film wurde in der Folge mehrfach aus politischen Gründen kritisiert. 1951 wählte Shi Hui, verantwortlich auch hier für Buch, Regie und Darstellung, im Sinne der neuen Richtlinien ein Mitglied der Volksbefreiungsarmee zum Helden seiner Geschichte: Für GUAN LIANZHANG (KOMPANIEFÜHRER GUAN) verbrachte er mit seinen Kollegen zur Vorbereitung zwei Monate mit einer Kompanie. Das Ergebnis ist ein spielerisch brillianter, von der damaligen Regierung scharf kritisierter Film, dessen Hauptfigur in Shi Hui Shi Huis Schauspiel lebte von Mimik und Gestik. Seiner Meinung nach sei Talent wie ein ungeschliffener Stein, nur nach entsprechender Bearbeitung könne daraus Jade werden. Ein guter Schauspieler brauche zudem umfassende Lebenserfahrung. Bei der Vorbereitung zu einer Rolle verbrachte er Stunden und Tage damit, andere Menschen und ihre Verhaltensweisen zu beobachten. Sensibel und humorvoll, auch mit Ironie, ging er dabei vor. Gesichtsausdruck wie Gesten wurden in der Präsentation so lang ausgefeilt, bis sie repräsentativ und natürlich waren, ausdrucksstark und nicht manieriert. In der Stilisierung der Figuren erkennt man Grundzüge der klassischen chinesischen Oper wieder, im Gegensatz dazu aber ist Shi Huis Spiel bemüht um eine Natürlichkeit, die aus den einstudierten Gesten, aus mimischen, sprachlichen und stimmlichen Mitteln entsteht. Aus seiner Kunst kommt Reales hervor. So gelingt es ihm, Rollen in jeder Alters- und Berufsgruppe glaubhaft darzustellen, bei ihm werden gute und böse Figuren gleichermaßen menschlich, mit Stärken und Schwächen und vor allem mit ausgeprägter Persönlichkeit. Für Shi Hui gilt als oberstes Gebot, das Publikum auf sich zu konzentrieren (ohne diese Aufmerksamkeit der Zuschauer sei jedes Spiel doppelt so anstrengend). Man müsse Techniken erarbeiten, damit das Publikum gleich beim ersten Auftritt in den Bann gezogen werde und diese Spannung im Laufe der Szene nicht nachlasse. Entscheidend sei hier, dass der Schauspieler immer das richtige Maß an Ausdruck findet: Das Versteckte, Zurückgehaltene müsse immer mehr und tiefer sein als das Gezeigte. Beim Abgang solle der Schauspieler das Publikum in gespannter Erwartung des nächsten Auftritts zurücklassen. Angeblich beherrschte Shi Hui die Bühne dermaßen, dass selbst wenn er dem Publikum den Rücken zukehrte, alle Augen auf ihn gerichtet blieben. Daneben war Shi Hui ein Mann des Wortes: Neben seinen Tätigkeiten als Schauspieler und Drehbuchautor verfasste er theoretische Abhandlungen zu Schauspiel und Drama, nahm zu Fragen der Behandlung von Schauspielern Stellung und veröffentlichte, vor allem nach Ende des Zweiten Weltkriegs, meinungsbildende Artikel zur Tagespolitik. Er plädierte gegen einen Bürgerkrieg, ermunterte die Shanghaier Bevölkerung, sich politisch zu äußern, verlangte nach demokratischen Prinzipien und verurteilte die korrupten Profiteure des Kriegs. Sein Regiedebüt gab Shi Hui 1949. In MUQIN (MUTTER), dessen Drehbuch er selbst verfasste, geht es um die Mühen einer Mutter, trotz Armut und politischer Unruhen, ihrem Sohn eine Ausbildung und eine gute 53 GuAN LiANZHANG (KOMPANiEFüHRER GuAN) Shi Hui 54 seiner natürlichen Unkultiviertheit – er spricht mit starkem Dialekt, ist weder groß noch schön noch unnahbar, sondern beliebt und kinderfreundlich – dem offiziellen Bild der Soldaten in keiner Weise entspricht. So gehörte auch Shi Hui zu den Opfern der ersten Runde öffentlicher Kritik, die in einer monatelangen Kampagne gegen den Film DAS LEBEN DES WU XUN (1951) von Sun Yu gipfelte. Als Mitglied des Shanghai Film Studios erhielt Shi Hui ab 1952 nur noch wenige Angebote. Dies lag daran, dass nunmehr die Aufträge im Filmschaffen von den Leitern der Filmstudios vorwiegend nach politischen Gesichtspunkten vergeben wurden. Shi Hui war negativ aufgefallen und war nicht Mitglied der KPCh. Er konnte nur noch bei dem international ausgezeichneten Kinderfilm JI MAO XIN (BRIEF MIT FEDER, 1954) und der innovativ verfilmten Huangmei-Oper TIAN XIANPEI (HIMMLISCHE HOCHZEIT, 1955) Regie führen und in Nebenrollen anderer Filme auftreten. In den 1950er-Jahren ging die Filmproduktion Chinas stark zurück, die Filmeinnahmen sanken. Im Zuge der »Hundert-Blumen-Kampagne«, die die Bürger 1956 aufrief, sich über die Situation ihrer jeweiligen Berufssparten zu äußern, veröffentlichte die neugegründete Fachzeitschrift China Film – Vorläufer der heute noch existierenden Film Art – eine Reihe von Artikeln namhafter Experten aus allen Bereichen des Filmschaffens, die sich in einem einig waren: Es sei falsch, nur für »Arbeiter, Bauern und Soldaten« Filme zu machen und dabei die Erfahrungen erprobter Filmemacher außer Acht zu lassen. Man müsse der Kunst ihren kreativen Freiraum lassen. Shi Hui nahm an der Diskussion teil und verfasste einen kritischen Beitrag. 1956 gründete er mit Kollegen die Fünf-Blumen-Werkstatt, eine Arbeitsgruppe zur Entwicklung von Stoffen und Drehbüchern. Ähnliche kreative Gruppen im Rahmen des Shanghai Film Studios folgten – in den paar Monaten ihrer Existenz entstanden einige der bemerkenswertesten Produktionen der 1950er-Jahre. Bereits im August 1957 begann die »Anti-Rechts-Kampagne«, die dem Aufbruch ein Ende bereitet. Ihr Ziel war die politische Säuberung der Gesellschaft von »rechts-gerichteten« Personen, darunter viele Künstler und Intellektuelle. Shi Hui, der zu dieser Zeit seinen letzten Film WU HAI YE HANG (SCHIFFSFAHRT IM NEBEL) abgedreht hatte und auf das Zensurergebnis wartete, wurde wegen seiner drei großen Regiewerke kritisiert: In allen wäre eine »rechte« Einstellung erkennbar. Ihm Shijie ernv (Kinder der Welt) | China 1941 | R+B: Luise und Jakob Fleck, Fei Mu | K: Fei Junxiang, Zhou Lianming | D: Ying Yin, Zhang Yi, Lan Lan, Sima Yingcai, Shi Hui | 90 min | OmU | Lee und Chen wachsen wie Brüder auf. Als Erwachsene verlieben sich beide in das frühere Nachbarsmädchen Lian, die von ihrem Stiefvater (Shi Hui) in die Prostitution geschickt werden soll. Da entscheidet sich Lee in den Krieg zu ziehen. Als gemeinsames Werk der österreichischen Filmpioniere Jakob und Luise Fleck und des chinesischen Regisseurs Fei Mu (1906-1951) entstand KINDER DER WELT während der japanischen Besatzung Shanghais. ▶ Mittwoch, 9. Dezember 2015, 21.00 Uhr | Einführung: Isabel Wolte Taitai wan sui (Die Ehefrau lebe hoch) | China 1947 | R: Sang Hu | B: Zhang Ailing (Eileen Chang) | K: Huang Shaofen, Xu Qi, Ge Weiqing | M: Zhang Zhengfan | D: Zhang Tianliu, Zhang Fa, Shi Hui, Shangguan Yunzhu, Lin Zhen | 107 min | OmU | Die glückliche Ehe der hübschen, klugen und allseits beliebten Sizhen gerät ins Wanken, als ihr Ehemann auf eine schöne Trickbetrügerin hereinfällt, die immer höhere Anforderungen stellt. Die sich stilistisch an zeitgenössischen Hollywood-Vorbildern orientierende Komödie lebt von geistreichen Dialogen, überraschenden Wendungen und schauspielerischen Glanzleistungen. Shi Hui brilliert als geiziger Schwiegervater. ▶ Mittwoch, 16. Dezember 2015, 21.00 Uhr Ye dian (Nachtasyl) | China 1947 | R: Huang Zuolin | B: Ke Ling, nach dem Stück von Maksim Gorkij | K: Xu Qi | M: Wu Renzhi | D: Shi Hui, Tong Zhenglin, Zhang Fa, Zhou Xuan, Shi Yu | 108 min | OmU | Verschiedene Ge- stalten fristen ihr Dasein in einem Nachtasyl. Angefacht von seiner Liebe zur hübschen Xiaomei, fasst der junge Yang Qi den Mut, sein Schicksal zu ändern – bis die Tragödie durch die Bosheit und Gier des Besitzers des Nachtasyls (Shi Hui) ihren Lauf nimmt. Das Publikum identifizierte sich mit den tragischen Figuren von Gorkijs Schauspiel, das in China sehr erfolgreich war. Der Klassiker des linken Kinos der Nachkriegszeit. ▶ Mittwoch, 13. Januar 2016, 21.00 Uhr Muqin (Mutter) | China 1949 | R+B: Shi Hui | K: Ge Weiqing | D: Qin Yi, Wei Shuping, Cheng Zhi, Yu Zhongying, Tong Baoling | 100 min | OmU | Nachdem sie ihren Mann infolge des Krieges gegen die japanischen Besatzer verloren hat, muss Chen Suzhen Tochter und Sohn alleine aufziehen. Als auch die Tochter infolge der Armut stirbt, bleibt der Mutter nur mehr ihr Sohn Niu Niu, für dessen Ausbildung sie alle Mühen auf sich nimmt. MUTTER beschreibt die Probleme der chinesischen Gesellschaft in einem optimistischen, leichten Ton zu einem Zeitpunkt, als die revolutionären Kräfte der kommunistischen Partei schon bereitstanden, die Macht zu übernehmen. ▶ Mittwoch, 20. Januar 2016, 21.00 Uhr Wo zhe yi beizi (Mein Leben) | China 1950 | R: Shi Hui | B: Yang Liuqing, nach dem Roman von Lao She | Shi Hui wurde sogar seine Mitwirkung in QING CHANG YI SHEN (ECHTE FREUNDSCHAFT) vorgeworfen, da sich in dem Drama unter Wissenschaftlern kein Arbeiter auflehnt und zur Revolution aufruft. Nach einer »Kritiksitzung« im November 1957 verschwand der damals 42-jährige Shi Hui. Einige Zeit später wurde seine Leiche gefunden. MEIN LEBEN gilt heute als sein Meisterwerk und legt in eindringlicher Form auch von Shi Huis persönlichem Dilemma Zeugnis ab: Trotz seiner herausragenden künstlerischen Leistungen als Schauspieler, Regisseur und Autor und seines Engagements für die neue Gesellschaft endete er, ähnlich dem von ihm im Film dargestellten Polizisten, elendiglich mit »einer Leere in seinem Herzen«. Shi Huis Filme dokumentieren sein Talent, seinen Humor und seinen kritischen Blick. Isabel Wolte 55 K: Ge Weiqing, Lin Fa | M: Huang Yijun | D: Shi Hui, Wei Heling, Wang Min, Li Wei, Cheng Zhi | 108 min | OmU | Das Leben eines einfachen Pekinger Polizisten im politischen Wandel der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Der Film beschreibt schonungslos Korruption und Karrierismus im China nach der Revolution von 1911, enttäuschte Erwartungen der Bewegung des 4. Mai und die Verwerfungen durch den chinesisch-japanischen Krieg. Ein Meisterwerk der chinesischen Filmkunst, beeindruckend, humorvoll, berührend und weise. Shi Hui ▶ Mittwoch, 27. Januar 2016, 21.00 Uhr 56 Guan lianzhang (Kompanieführer Guan) | China 1951 | R: Shi Hui | B: Yang Liuqing | K: Ge Weiqing | D: Shi Hui, Yu Zhongying, Yu Ding, Cheng Zhi, Cao Zhaoming | 108 min | OmU | Unter Anleitung eines »Kulturausbilders« soll die Kompanie von Führer Guan ihr Bildungsniveau erhöhen. Lebenserfahrung und angelerntes Wissen stehen im Konflikt zueinander. Bis endlich der Angriffsbefehl kommt: Die Kommandozentrale der Feinde muss innerhalb von drei Stunden vernichtet werden. Für die realistische Darstellung des Lebens in der Kompanie, die sich nicht mit dem geschönten Bild der offiziellen Kriegspropaganda deckt, wurde Regisseur Shi Hui schärfstens kritisiert. ▶ Mittwoch, 3. Februar 2016, 21.00 Uhr Meiguo zhichuang (Amerika im Visier) | China 1952 | R: Huang Zuolin, Shi Hui | B: Huang Zuolin, nach einem Stück von Vladimir Dichovičnij und Moris Slobodskoj | K: Zhang Xiling, Xu yi | D: Shi Hui, Lin Zhen, Chen Shu, Hong Xia, Yu Zhongying | 62 min | OmU | Eine absurde Farce um einen Fensterputzer in New York, der seinem Leben ein Ende setzen und aus dem Fenster eines Hochhauses springen will. Shi Hui spielt Mr. Butler, einen Aktienmakler, der den angekündigten Selbstmord medial zu vermarkten versucht und ein großes Geschäft wittert. Eine sehr unterhaltsame Karikatur der kapitalistischen amerikanischen Gesellschaft, die zur Gänze in Shanghai gedreht wurde und in der die »Amerikaner« ausschließlich von Chinesen dargestellt werden. ▶ Mittwoch, 10. Februar 2016, 21.00 Uhr Ji mao xin (Brief mit Feder) | China 1954 | R: Shi Hui | B: Zhang Junxiang | K: Luo Congzhou | M: Huang Yijun | D: Cai Yuanyuan, Shu Shi, Jiang Rui, Tian Long, Zhou Boxun | 68 min | OmU | Im Norden von China, während des Krieges mit Japan: Dem zwölfjährigen Hai Wa gelingt es mit List, Mut und seiner Schafherde, wichtige Informationen rechtzeitig den Widerstandskämpfern zu überbringen und noch dazu die japanische Armee in die Falle zu locken. Ein sehr populärer und erfolgreicher Film, der auch außerhalb Chinas gezeigt wurde und 1955 auf dem internationalen Filmfestival in Edinburgh als »bester Film« ausgezeichnet wurde. ▶ Mittwoch, 17. Februar 2016, 21.00 Uhr Tian xianpei (Himmlische Hochzeit) | China 1955 | R: Shi Hui | B: Sang Hu | K: Luo Congzhou | M: Shi Bailin | D: Yan Fengying, Wang Shaofang, Zhang Yunfeng, Hu Lulin, Ding Zichen | 100 min | OmU | Klassische chinesische Opernverfilmung des exotischen Märchens von der siebten Tochter des Jade-Kaisers, des Herrscher des Himmels: Auf ihrem Erden-Spaziergang entdeckt sie den armen Dong Yang, verliebt sich in ihn und entscheidet sich, auf Erden zu bleiben. Als der Jade-Kaiser davon erfährt, verlangt er in seiner Wut, dass sie sofort in den Himmel zurückkehre. In den Hauptrollen sind die Künstler zu sehen, die die Huangmei-Oper im Shanghai der 1950er-Jahre berühmt machten. ▶ Mittwoch, 24. Februar 2016, 21.00 Uhr Qing chang yi shen (Echte Freundschaft) | China 1957 | R+B: Xu Changlin | K: Yao Shiquan | M: Chen Gexin | D: Shu Shi, Xiang Kun, Shangguan Yunzhu, Shi Hui, Zhang Ziliang | 99 min | OmU | Letzter Auftritt von Shi Hui in einer Nebenrolle als wissenschaftlicher Assistent, der langsam erblindet. Der in der von Shi Hui mitgegründeten Fünf-Blumen-Werkstatt produzierte Film erzählt vom akademischen Streit zwischen zwei befreundeten Wissenschaftlern eines mikrobiologischen Forschungsinstituts, der beinahe vielen Patienten das Leben kostet. Es ist einer der seltenen chinesischen Filme dieser Zeit, in denen es um Lebens- und Denkweise von Intellektuellen geht, was zur Zeit der Anti-Rechts-Kampagne verpönt war. ▶ Mittwoch, 2. März 2016, 21.00 Uhr Kurzfilmabend des Münchner Filmzentrums können an der Kasse bis zu fünf Freikarten für den Zuschauerkino-Filmabend erhalten. Darüber hinaus bestehen keine weiteren Verpflichtungen des Filmmuseums. Es wird vorausgesetzt, dass die Einreichenden über die Rechte an ihren Filmen verfügen und diese am Abend vor der Projektion kurz vorstellen. 57 BEYOND THE FRAMES Zum Kurzfilmabend des Münchner Filmzentrums e.V. (MFZ) können Amateure, Enthusiasten und Profis zweimal im Jahr ihre Filme auf der Leinwand des Filmmuseums einem interessierten Publikum präsentieren und sich mit anderen Filmemachern vernetzen. Vor jedem Film erzählen Beteiligte von Hintergründen, Entstehungsgeschichte oder Besonderheiten ihres Werks. Im Anschluss an die Vorführung bietet das MFZ eine Begegnungsmöglichkeit, damit alle Anwesenden miteinander ins Gespräch kommen und sich austauschen können (für Erfrischungen ist gesorgt). Filme einreichen können alle, die einen Kurzfilm gedreht haben, unabhängig von Inhalt oder Format des Films, ob Spielfilm oder Dokumentation, Real-, Kunstoder Animationsfilm. Das MFZ wählt unter den eingereichten Filmen aus und stellt ein etwa anderthalbstündiges Programm zusammen. Die Filme müssen bis zum Donnerstag, den 26. November 2015 im Filmmuseum eingereicht werden. Möglich sind die Formate 35mm, 16mm, DigiBeta, BetaSP, DVD-Video, Blu-ray und DCP. Dateien wie mov, mp4 etc. müssen auf USB-Stick oder Festplatte vorliegen (keine Speicherkarten oder Downloadlinks). Zugelassen werden nur Filme bis zu 12 Minuten Länge. Alle Einreichenden, deren Filme im Programm gezeigt werden, Zuschauerkino ? Kontakt: Post (Filmmuseum München, St.-Jakobs-Platz 1, 80331 München), Telefon (089-233 27718), E-Mail (zuschauerkino@yahoo.de). ▶ Donnerstag, 10. Dezember 2015, 19.00 Uhr | Die Filmemacher und Filmemacherinnen sind anwesend Francesco Rosi – Poeta del reale Francesco Rosi Geboren in Neapel am 15. November 1922 und gestorben in Rom am 10. Januar 2015, war Francesco Rosi in seiner Jugend mit den neapolitanischen Intellektuellen der Nachkriegszeit (Raffale La Capria, Antonio Ghirelli, Giuseppe Patroni Griffi und Giorgio Napolitano) eng befreundet. Vor seinem ersten Film LA SFIDA (DIE HERAUSFORDERUNG, 1958) hatte Francesco Rosi seine Filmkarriere als Co-Regisseur mit Luchino Visconti bei LA TERRA TREMA (DIE ERDE BEBT, 1948) und dann bei SENSO (SEHNSUCHT, 1954) begonnen, später arbeitete er auch mit Michelangelo Antonioni und Mario Monicelli zusammen. Ich stieß in München eher zufällig auf Rosis dritten Film SALVATORE GIULIANO (WER ERSCHOSS SALVATORE G.?, 1962). Ich hatte etwas ganz anders erwartet, vielleicht eine Mischung aus Western und Gangsterfilm, stattdessen wurde ich mit einer Seite der Geschichte Italiens konfrontiert. Rosis Stil, immer mutig in der Erzählung, kompromisslos auf der Suche nach der Wahrheit, dokumentarisch genau, ohne auf Leidenschaft und moralische Tiefe zu verzichten, hat mich sofort fasziniert. Alles war für mich neu und innovativ, vor allem Francesco Rosi bei den Dreharbeiten zu TRE FRATELLi 58 die Verwendung von flashbacks, einer Methode, die virtuos versucht, die Ereignisse der Geschichte wie eine Reportage zu rekonstruieren. Für Francesco Rosi war die Illusionsmaschinerie des Kinos immer ein Mittel, die Gegenwart besser zu verstehen und die Wahrheit aufzuspüren. IL CASO MATTEI (DER FALL MATTEI, 1971) entstand unter großen Schwierigkeiten, weil »seine Realisation von Politik und Wirtschaft als nicht opportun angesehen wurde«, wie Rosi selbst in seinem letzten Interview anlässlich der Dreharbeiten zu Michele Doiomàs Dokumentarfilm BORN IN U.S.E. (2014) sagte. Der Film ist ein Musterbeispiel für Rosis cinema impegnato: ein neues revolutionäres Kino der Recherche und Erforschung, das die Grenzen zwischen Dokumentarfilm und Fiktion ineinanderfließen lässt. Auch Filme wie LE MANI SULLA CITTÀ (HÄNDER ÜBER DER STADT, 1963), LUCKY LUCIANO (1973), CADAVERI ECCELLENTI (DIE MACHT UND IHR PREIS, 1976) und DIARIO NAPOLETANO (NEAPOLITANISCHES TAGEBUCH, 1992), blicken hinter die Fassaden, zeigen soziale Missstände und enthüllen Machtmechanismen und deren Dynamik. Salvatore Giuliano (Wer erschoss Salvatore G.?) | Italien 1962 | R: Francesco Rosi | B: Francesco Rosi, Suso Cecchi d’Amico, Franco Solinas, Enzo Provenzale | K: Gianni di Venanzo | M: Piero Piccioni | D: Pietro Cammarata, Salvo Randone, Frank Wolff, Sennuccio Benelli, Bruno Ukmar | 120 min | OmeU | Das Wirken des sizilianischen Banditen Salvatore Giuliano, der zwischen 1943 und 1950 der Schrecken seines Landes war. »Man sieht den Helden fast nur als Toten und das in einer Erzählung, bei der ich die zeitliche Abfolge der Ereignisse ständig unterbrochen habe. Ohne mich um eine durchgehende Linie zu kümmern, wechsele ich von 1950 zu 1954 oder 1944 oder 1948, weil ich Ereignisse ins Gedächtnis zurückrufen will, die ihre Spuren hinterlassen haben und an die sich das italienische Publikum erinnert. Mein wirkliches Thema ist ein unglückliches, unterdrücktes, verirrtes und sich revoltierendes Land. Ich will Giuliano weder feiern noch verdammen. Ich will zeigen, dass er das Produkt seiner Heimat war, das Ergebnis der sozialen und politischen Bedingungen der 1940er-Jahre.« (Francesco Rosi) ▶ Freitag, 4. Dezember 2015, 18.30 Uhr C’era una volta (Schöne Isabella) | Italien 1967 | R: Francesco Rosi | B: Tonino Guerra, Raffaele La Capria, Giuseppe Patroni Griffi, Francesco Rosi, nach neapolitanischen Volksmärchen | K: Pasquale De Santis | M: Piero Piccioni | D: Sophia Loren, Omar Sharif, Dolores del Rio, Georges Wilson, Leslie French | 99 min | OmeU | Ein junger spanischer Fürst, der eine Adelige zur Frau nehmen soll, verliebt sich in ein Bauernmädchen, das er nach allerlei Abenteuern und Verwicklungen schließ- Francesco Rosi iL CASO MATTEi Neben seinen berühmten politischen Filmen hat Rosi auch »leichtere« Werke geschaffen wie das zauberhafte Märchen C’ERA UNA VOLTA (SCHÖNE ISABELLE, 1967), das von den Novellen »Lo cunto de li cunti« von G. B. Basile inspiriert war und eine wundervolle Version der CARMEN (1984) nach der Oper von Georges Bizet. Er adaptierte wichtige Werke von Carlo Levi (CRISTO SI È FERMATO A EBOLI – CHRISTUS KAM NUR BIS EBOLI, 1979), Andrej Platonov (TRE FRATELLI – DREI BRÜDER, 1981), Gabriel García Márquez (CRONACA DI UNA MORTE ANNUNCIATA – CHRONIK EINES ANGEKÜNDIGTEN TODES, 1987), Edmonde Charles-Roux (DIMENTICARE PALERMO – PALERMO VERGESSEN, 1990) und Primo Levi (LA TREGUA – DIE ATEMPAUSE, 1997). Mit diesem, seinem letzten Spielfilm kehrte Rosi wieder zum Thema Krieg zurück, mit dem sich schon UOMINI CONTRO (BATAILLON DER VERLORENEN, 1970) beschäftigt hatte: »Wir leben in einer Welt, in der die Menschen leider nicht aufhören, sich gegenseitig zu vernichten und wahrscheinlich nie aufhören werden.« Am 31. August 2012 erhielt Francesco Rosi im Alter von neunzig Jahren während des 69. Festivals von Venedig den Goldenen Löwen als verdiente Anerkennung für sein Lebenswerk. Er gehörte einer Generation an, die mit Begeisterung die Nachkriegszeit erlebt hat und deren Hoffnung auf eine Wiedergeburt einer gerechten Gesellschaft enttäuscht wurde. Für Francesco Rosi bedeutete Kino zu machen immer auch Politik zu machen. Seine Filme haben uns geprägt. Rosi war und ist wie ein Licht, das unseren Weg begleitet, ein Vorbild für Zivilcourage ohne Angst, unbequem zu sein. Ambra Sorrentino-Becker 59 lich heiratet. Der aufwändige Kostümfilm ist Rosis Huldigung an die populäre Volkskultur, wie sie sich in Fabeln, Märchen und Legenden niederschlägt. Seine Absicht war es, Archetypen dieses traditionellen Märchens mit originellen Figuren und Allegorien in einer Mischung aus Realismus und Phantastik auf die Leinwand zu bringen. Der Regisseur musste allerdings deutliche Kompromisse mit seinem Produzenten Carlo Ponti schließen, um seine Hommage an die »vorkapitalistische Volkskultur« zu realisieren. Die sozialkritischen Untertöne sind kaum noch wahrnehmbar. Francesco Rosi ▶ Samstag, 5. Dezember 2015, 18.30 Uhr 60 Il caso Mattei (Der Fall Mattei) | Italien 1971 | R: Francesco Rosi | B: Francesco Rosi, Tonino Guerra, Nerio Minuzzi | K: Pasqualino de Santis | M: Piero Piccioni | D: Gian Maria Volonté, Renato Romano, Franco Graziosi, Gianfranco Ombuen, Luigi Squarzina | 116 min | OmeU | Das Porträt des italienischen Wirtschaftsmanagers und Erdölmagnaten Enrico Mattei, der 1962 auf ungeklärte Weise bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam, fügt sich zu einem Bild der italienischen Gesellschaft und Politik. Die innere Struktur von SALVATORE G. wird wieder aufgenommen, d. h. die Sequenzen sind nicht in chronologischer Reihenfolge, sondern nach thematischen Gesichtspunkten montiert. »Ich wollte Mattei in seiner ganzen Problematik und unter den verschiedenen Aspekten zeigen und gleichzeitig die Fragen, die seine Aktivität aufwarf. Zweifellos waren es zunächst positive Aspekte, die dann zu beunruhigenden Aspekten wurden, je mehr er aus der Rolle des ›Staatsdieners‹, wie er sich selber gerne bezeichnete, in die eines Staatschefs hineinwuchs. Damit wurden vielfältige Fragen aufgeworfen.« (Francesco Rosi) ▶ Sonntag, 6. Dezember 2015, 18.30 Uhr Tre Fratelli (Drei Brüder) | Italien 1980 | R: Francesco Rosi | B: Tonino Guerra, Francesco Rosi frei nach Andrej Platonov | K: Pasqualino de Santis | M: Piero Piccioni | D: Charles Vanel, Michele Placido, Philippe Noiret, Andréa Ferréol, Vittorio Mezzogiorno | 111 min | OmeU | Drei Brüder kehren nach dem Tod der Mutter in ihr Heimatdorf im südlichen Italien zurück – und bringen damit Italiens Gegenwart mit sich. In der Nacht vor der Beerdigung prallen ihre unterschiedlichen politischen Meinungen aufeinander. »Das war der Wunsch, das Gefühl, das mich angetrieben hat, DREI BRÜDER zu machen. Alle Bürger – von welchem Standort, von welcher Ideologie aus auch immer – müssen heute versuchen, einen Punkt der Begegnung zu finden, um aufzubauen, nicht um zu zerstören. Das war mein Bedürfnis. Aber, wie ich meine, ein Bedürfnis nach Neuaufbau. Denn wenn es nichts Konstruktives gibt, herrscht Tod. Und wenn der Tod herrscht, gibt es keine Möglichkeit mehr, an einen Neuaufbau zu denken.« (Francesco Rosi) ▶ Mittwoch, 9. Dezember 2015, 18.30 Uhr La Tregua (Atempause) | Italien 1997 | R: Francesco Rosi | B: Francesco Rosi, Tonino Guerra, nach dem Roman von Primo Levi | K: Marco Pontecorvo, Stefano Coletta | M: Luis Bacalov | D: John Turturro, Rade Serbedzija, Massimo Ghini, Stefano Dionisi, Teco Celio | 113 min | OmeU | Rosis letzter Spielfilm erzählt von der Odyssee des aus KZ-Haft befreiten jüdischen Chemikers und späteren Schriftstellers Primo Levi während seiner Rückkehr in seine italienische Heimat. Behutsam werden dabei die Stationen einer emotionalen und geistigen Öffnung reflektiert. »Wie Levis Buch vorgibt, zeigt Francesco Rosi nicht den Schrecken der Vernichtung selbst, sondern den Umgang mit den unmittelbar zurückliegenden traumatischen Erlebnissen während der Heimkehr per Fußmarsch durch Osteuropa. Der Druck des täglichen Überlebens ist vom Ich-Erzähler Primo gewichen, aber wie lässt sich von nun an das Leben führen? John Turturro spielt diese Hauptfigur reduziert: Vor allem seine großen staunenden Augen bleiben in Erinnerung.« (Rüdiger Suchsland) ▶ Freitag, 11. Dezember 2015, 18.30 Uhr Cristo si è fermato a Eboli (Christus kam nur bis Eboli) | Italien 1979 | R: Francesco Rosi | B: Raffaele La Capria, Francesco Rosi, Tonino Guerra, nach dem Roman von Carlo Levi | K: Pasqualino de Santis | M: Piero Piccioni | D: Gian Maria Volonté, Paolo Bonacelli, Alain Cuny, Léa Massari, Irene Papas | 150 min | OmeU | Carlo Levi, Arzt, Maler und Schriftsteller aus Turin, wird 1935 vom Mussolini-Regime in ein süditalienisches Bergnest verbannt, wo er eine von Zeit und Geschichte gleichsam vergessene Welt entdeckt. »Das Dorf Gagliano, seine Häuser, Gassen und Treppen, der Dorfplatz, auf dem sich abends die signori versammeln; der schattenhafte Zug der Bauern zur Feldarbeit im ersten Morgengrauen; die düsteren, beinahe oder ganz fensterlosen Wohnräume, in denen sich um die Feuerstelle alles Leben von Mensch und Kleingetier und, in den hohen schmalen Betten, auch das Sterben abspielt … – all das zeigt Rosi mit der Empfänglichkeit, dem Staunen, auch mit der Neugier dessen, der es zum erstenmal wahrnimmt, und bei allem Detailreichtum verfällt seine Schilderung nie ins kalte Registrieren des Ethnographen.« (Alexander J. Seiler) ▶ Samstag, 12. Dezember 2015, 18.00 Uhr Leseerlebnisse Wer viel liest, muss nicht unbedingt gut lesen – es käme darauf an, wie einer mit dem Text umgeht. Der gute Leser (der »wahre Leser« nach Ludwig Hohl) wird »hängenbleiben« – es wird immer wieder Stellen geben, über die er nicht hinweggehen kann, auch einzelne Sätze, Worte, die ihn erfassen und weiterbeschäftigen. Ich stelle mir vor, dass Jean-Marie Straub so ein Leser ist. – Ein Filmemacher, der liest: Hat der nicht, recht besehen, die Möglichkeit, die Texte und Stellen, die ihm ins Auge fallen, umzusetzen und einen kleineren oder größeren Film daraus zu machen? Bedarf es dazu einer bestimmten Abgeklärtheit, die sich erst nach einem langen Filmemacher-Leben einstellt, einer erworbenen Freiheit? Die Lebensreife kann sich jedenfalls mit der Gelassenheit paaren, einfach das umzusetzen (umstandslos, ohne »falsche Vorbereitung«), was man im Sinn hat. In Jean-Marie Straubs Fall muss das erklärt werden. Es geht hier nicht ums Ausschau-Halten nach irgendeiner Verfilmbarkeit eines literarischen Sujets, sondern um die Wertigkeit und Wichtigkeit des Texts oder des Stücks Literatur selbst. Was so ein Text – aus welcher Vergangenheit auch immer – für die Gegenwart oder gerade für die Gegenwart zu sagen hat. Also auch darüberhinaus. Da ist die politische Dimension immer mit eingeschlossen, die polis mitgemeint, nicht im Sinn einer unmittelbaren Nützlichkeit oder gar Handlungsanweisung, sondern als Zustandsbeschreibung, dem wie von außen kommenden, deshalb genaueren, Blick. Ob dieser Text, als Literatur oder als Film, die res publica heute überhaupt noch erreicht, ist allerdings fraglich – das Volk scheint sich in der Konsumgesellschaft aufgelöst zu haben. Wie kann ein Film, der kein Konsumgegenstand sein will, der ästhetisch und ideell Widerstand leistet, sein Publikum finden, zu den Menschen gelangen – den von Günther Anders schon 1960 so genannten »Dauerkonsumenten«? Ein Filmemachen, das sich dem schnellen Bilderverzehr und der »Technik des Illusionismus« widersetzt, ist heute in einer ziemlich verzweifelten Lage. Das Umstandslose – dieses Weitermachen, Durchhaltevermögen trotz allem – ist gerade deshalb umso bemerkenswerter. Ist eine Stelle – ein einleuchtender klei- Jean-Marie Straub KOMMuNiSTEN Neue Filme von Jean-Marie Straub 61 Jean-Marie Straub 62 nerer oder größerer Textzusammenhang – einmal gefunden, kann sie auch mit relativ geringem technischem Aufwand umgesetzt werden. Straubs Inszenierungsideen können durchaus mit dem unmittelbar Vorhandenen und Erreichbaren auskommen, die nächste oder weitere Umgebung (gemäß der Vorlage) zu einer straubschen machen. Die Örtlichkeit kann die eigene Wohnung sein oder ein Ort draußen, die digitale Technik lässt sich, bei ähnlicher Sorgfalt für Bild und Ton wie früher, leichter handhaben; als Darsteller, mit denen intensive Proben möglich sind, eignen sich auch Personen aus der eigenen Umgebung. Der Zusammenhang von ein paar wenigen Leuten ist allerdings hilfreich und nötig, der Einsatz von Produzenten, auch eines Vertriebs (Barbara Ulrich / Belva Film, Arnaud Dommerc / Andolfi, Pierre Grise, jhr Films; die Dienste des Studios in Le Fresnoy). Das Ansehen, das Straub bei einem kleinen Freundeskreis genießt, trägt zu dieser »Bedingung der Möglichkeit« bei. Aber was passiert eigentlich bei diesem »ins-Bild-undin-den-Ton-setzen«? Wenn ein Text aus seinem auf Papier fixierten Zustand zu Wort und in eine Umgebung gebracht wird? Das ist natürlich auch eine Fixierung, eine neue Anschaulichkeit – ein Vorschlag, wie der Text wieder Sprache werden, wie er verstanden werden kann. (Bei Konrad Bänninger lese ich: »Es ist die Sprache wie ein Lebendiges, das in der Schrift begraben ist und daraus immer wieder erlöst sein will; nur wer die Schrift so braucht, diese Auferstehung des Wortes erlebt, noch während er die Zeichen setzt, nutzt sie recht.«) Die Körperlichkeit der Darsteller kommt ins Spiel: der Text muss durch sie hindurchgehen. Erarbeitet und vorgetragen werden. Das »Vorgesetzte« des Textes muss zusammengehen – übereinstimmen – mit der Äußerung ihrer je besonderen Physis (der Art ihres Daseins, der Klangsubstanz ihrer Stimmen, ihrem Atem, ihren Gesten): ein körperlich-geistiger, fast wie bei einem Musikstück herzustellender Ablauf. Es geht Straub um das, was in einem Text steckt – wie ein Text auf das Leben, die Fragen und Probleme, die es aufwirft, reagiert, welche Erhellung in ihm enthalten ist. (Also fernab des Literaturbetriebs, der es mit »Resultaten« zu tun hat, nicht mit »Vorgängen« – das Literarische vorzieht, Texte konsekriert und verdammt.) Die Entdeckung und Indienstnahme eines Textes berührt für ihn immer ein vitales Interesse – was auch heißt, dass dieser Text auf möglichst einfache und direkte Weise, die Textgestalt des Autors respektierend, weitergegeben werden soll. Vielleicht liegt am Grund dieser »unten« ansetzenden Haltung das, was André Bazin 1951 – anhand von LE JOURNAL D’UN CURÉ DE CAM- PAGNE – über die Stilistik von Bresson festgestellt hat: Bresson verhalte sich dem Roman von Bernanos gegenüber dokumentarisch und könne gerade darum, weil er das Kino »opfere«, die Vorlage intakt halten und eine neue Dimension hinzugewinnen. Wenn die Auseinandersetzung, das Gespräch mit einem Text im Vordergrund steht, ist auch klar, weshalb Huillet & Straub jeweils Schriftsteller des Landes, in dem sie lebten, gewählt haben. Für Deutschland also Böll, Bruckner, Brecht, Schönberg, Engels, Kafka, Hölderlin; für Italien Fortini, Pavese, Vittorini; für Frankreich Corneille, Mallarmé, Duras, Cézanne, Gasquet, Barrès. Nach Danièle Huillets Tod (2006) kommen hinzu: Rousseau, Dante, Montaigne, Bernanos, Malraux, was nicht heißt, dass nicht einige der bereits Genannten (Pavese, Corneille, Brecht, Kafka) mit neuen Sujets darunter wären oder nicht auch ein Zeitschriftenartikel Ausgangspunkt sein könnte (für LA GUERRE D’ALGÉRIE!). In einen Film mit dem Titel KOMMUNISTEN gehört natürlich auch ein Kapitel über den frühen Widerstand gegen den Nationalsozialismus – das hat Straub bei André Malraux gefunden: »Le temps du mépris« (1935). Darin ist der Bericht über die Haft und Konzentrationslager-Erfahrung von Willi Bredel mitverarbeitet (die beiden haben sich beim Schriftstellerkongress L’aquarium et la nation (Das Aquarium und die Nation) | Frankreich 2015 | R+B: Jean-Marie Straub, nach »Les noyers de l’Altenburg« von André Malraux | K: Christophe Clavert | Mit Aimé Agnel | 34 min | OmU | Der Dispositiv wird nochmals vereinfacht und fundamental: eine subtile Untersuchung der Grundlagen unserer Wahrnehmung und unserer Vorstellung der Welt. – Lothringen! | Frankreich 1994 | R+B: Danièle Huillet & Jean-Marie Straub, nach »Colette Baudoche« von Maurice Barrès | K: Christophe Pollock | D: Emmanuelle Straub | 22 min | OmU – Un héritier (Ein Erbe) | Südkorea 2011 | R+B: Jean-Marie Straub, nach »Au service de l’Allemagne« von Maurice Barrès | K: Renato Berta | D: Joseph Rottner, Jubarite Semaran, Barbara Ulrich | 21 min | OmU – À propos de Venise – Geschichtsunterricht (Über Venedig) | Schweiz 2013 | R+B: Jean-Marie Straub, nach »La mort de Venise« von Maurice Barrès | K: Christophe Clavert | Mit Barbara Ulrich | 23 min | OmU – Straubs Auseinandersetzungen mit dem reaktionären Maurice Barrès. Wissen und Gewissheiten, die sich entfestigen, nationale Gefühle, die in den wilden Nationalismen ihre Wahrheit reklamieren. »Die heute sichtbaren und hörbaren Geschichtsspuren und die vom Kino aufgerufenen – nicht direkt darzustellenden – archaischen Schwingungen.« (Frieda Grafe) Europa 2005 – 27 Octobre | Frankreich 2006 | 10 min | OmU – Joachim Gatti | Frankreich 2009 | 2 min | OmU – La mort de Venise (Der Tod von Venedig) | Italien 2013 | 2 min | OmeU – La guerre d’Algérie! (Der Algerienkrieg!) | Frankreich 2014 | 2 min | OmU – Vier ciné-tracts von Jean-Marie Straub: kurze Interventionen der Anklage und der Trauer. – Dolando | Italien 2002 | R+B: Danièle Huillet & Jean-Marie Straub, nach Torquato Tasso | K: Renato Berta | Mit Dolando Bernardini | 8 min | OmU | Ein Geschenk an Schauspieler und Crew, zum Abschluss der Dreharbeiten von UMILIATI. – Renato | Schweiz 2015 | R+B: Jean-Marie Straub | K: Renato Berta | 8 min | OmU | Dank und Gruß an Renato Berta, zum 70. Geburtstag. – Geschichtsunterricht | BRD 1972 | R+B: Danièle Huillet & Jean-Marie Straub, nach »Die Geschäfte des Herrn Julius Caesar« von Bertolt Brecht | K: Renato Berta | D: Gottfried Bold, Johann Unterpertinger, Henri Ludwigg, Carl Vaillant, Benedikt Zulauf | 88 min | »Ein Bankier, ein Bauer, ein Anwalt, ein Dichter und eine Stadt stellen sich einem jungen Mann vor. Der Film handelt von Handel und Demokratie, das heißt schließlich vom Imperialismus. Und übrigens ist das der erste echte, richtige Straubfilm.« (Jean-Marie Straub) ▶ Freitag, 18. Dezember 2015, 18.30 Uhr | Zu Gast: Barbara Ulrich ▶ Mittwoch, 16. Dezember 2015, 18.30 Uhr | Zu Gast: Barbara Ulrich A Corner in Wheat | USA 1909 | R+B: D.W. Griffith | K: G.W. Bitzer | D: James Kirkwood, Linda Arvidson, Frank Powell | 16 min | OF – Kommunisten | Schweiz 2014 | R+B: Jean-Marie Straub, nach »Le temps du mépris« von André Malraux | K: Christophe Clavert | D: Arnaud Dommerc, Jubarite Semaran, Gilles Pandel, Barbara Ulrich | 70 min | OmU – »Der vermutlich kommunistischste Film überhaupt ist A CORNER IN WHEAT von D. W. Griffith, der im Verdacht steht, alles Mögliche, aber gewiss nicht, ein Kommunist gewesen zu sein. – Als ob er jeweils den ›kommunistischen Moment‹ herauspräparieren wollte, hat Jean-Marie Straub Szenen aus fünf seiner mit Danièle Huillet gedrehten Werke aufgegriffen und mit einer neuen Szene (nach Malraux) kombiniert. Schon immer ließen sich reiche Beziehungen der einzelnen Straubfilme untereinander, aber auch solche auf die Filmgeschichte herstellen. Doch das selbstreferenzielle Verfahren, das Straub hier anwendet, ist neu für ihn. Es ist ein Rückblick, es ist, wie Straub selbst sagt, ein ›Testament‹, jedenfalls im wörtlichen Sinn: ein Zeugnis.« (Stefan Ripplinger) ▶ Samstag, 19. Dezember 2015, 18.30 Uhr | Zu Gast: Barbara Ulrich Jean-Marie Straub 1934 in Moskau getroffen), der dann in Romanform als »Die Prüfung« 1934 im Malik-Verlag in London erschienen ist. L’AQUARIUM ET LA NATION beruht ebenfalls auf Malraux (»Les noyers de l’Altenburg«, 1948). Straub setzt hier den letzten Abschnitt in diesem Panorama über Stadien der menschlichen Evolution so wörtlich um, dass man frappiert ist: »Es ist nicht leicht für einen Fisch, sein eigenes Aquarium zu sehen … Die Nation zuerst, nicht?« Er führt drastisch vor, wie limitiert die Vorstellungskraft des Menschen und die »besondere Evidenz« des eigenen Lebens sein kann und ist. Jean-Marie Straub lässt sich sehr wohl als passeur (wie ihn Serge Daney gefasst hat) beschreiben: Er hat übergesetzt (über den Strom, über Landesgrenzen), Texte zugänglich gemacht, die ohne seine Filme im öffentlichen Bewusstsein gar nicht mehr existieren würden. Deshalb ist seine Rede von der »Gabe« oder dem »Geschenk« (an das jeweilige Land) auch völlig berechtigt: Er hat mit OTHON Corneille an Frankreich zurückgegeben, mit SICILIA! Vittorini an Italien, mit EMPEDOKLES und SCHWARZE SÜNDE Hölderlin an Deutschland – die nicht mehr Gelesenen in neuer Form wieder zugänglich gemacht. Johannes Beringer 63 64 François Truffaut bei den Dreharbeiten zu L’HiSTOiRE D’ADèLE H. François Truffaut Die Schule des Lebens – François Truffaut Der Schluss seines Debütfilms bereitete ihm Kopfzerbrechen. In welches Schicksal sollte er den kleinen Antoine Doinel entlassen, nachdem er aus dem Erziehungsheim geflohen war? Ein optimistisches Ende wäre unehrlich gewesen, aber ein niederschmetterndes hätte ebenso wenig gestimmt. François Truffaut (1932–1984) entschied, dass er keine Drehbuch-, sondern eine plastische, filmische Lösung finden musste. So läuft Jean-Pierre Léaud nun in der letzten Einstellung von SIE KÜSSTEN UND SIE SCHLUGEN IHN erwartungsvoll aufs Meer zu, bis das Bild einfriert und der Gesichtsausdruck des Jungen das Publikum mit ebenso viel Zweifel wie Zuversicht zurücklässt. Das Drehbuch, in dem Truffaut von den Verletzungen erzählt, die ihm selbst in seiner Kindheit zugefügt wurden, endete noch ganz anders: mit einem Blick auf Antoine und seinen Freund René, die durch die Straßen von Paris schlendern; eine Erzählstimme aus dem Off schilderte ihren weiteren Lebensweg. Um jene allzu gefällige Poesie zu vermeiden, mit der Kinder im Kino sonst gezeigt werden, hatte Truffaut das Buch humorvoll angelegt. Bei den Dreharbeiten schlichen sich dann Ernst und Gravität ein – sein väterlicher Mentor, der Kritiker André Bazin, war in der Nacht des ersten Drehtages gestorben –; er gab sich alle Mühe, seinem jungen Hauptdarsteller das Lächeln auszutreiben. Ein großzügig Liebender Als Truffauts Film 1959 in Cannes Premiere hatte, besiegelte er den Siegeszug der Nouvelle Vague. Eine ausgelassene, unkonventionelle und zitierfreudige Art des Filmemachens brach sich Bahn. Wie die meisten Regisseure der Bewegung posierte er auf Fotos gern mit der Kamera, hatte tatsächlich aber ein eher platonisches Verhältnis zur Technik: ein stolzer Autodidakt, der überzeugt war, als aufmerksamer Zuschauer mehr gelernt zu haben, als er es auf dem damals traditionellen Weg über die Regieassistenz getan hätte. Truffaut hatte als ehrgeiziger, enthusiastischer und polemischer Filmkritiker begonnen, der in seinen Rezensionen für die Cahiers du cinéma, Arts und andere Publikationen insgeheim schon die Filme vorausahnte, die er gern selber drehen wollte. Eine Retrospektive seines Werks wäre nicht vollständig ohne einen Blick in das fil- Harmonie der Widersprüche In seinem Debütfilm kündigte sich ein Arbeitsprinzip an, dem er fortan treu bleiben sollte: Die Inszenierung sollte stets eine Kritik am Drehbuch sein und der Schnitt eine Kritik am gedrehten Material. Dieses Prinzip gibt auch seiner Karriere ihren besonderen Rhythmus. Bereits mit seinem zweiten Film vollzog François Truffaut einen überraschenden Registerwechsel: SCHIESSEN SIE AUF DEN PIANISTEN ist ein Gangsterfilm mit Slapstick-Elementen. Fortan folgte er der Strategie, die Wehmut eines Films mit der ausgelassenen Fröhlichkeit des nächsten zu kompensieren. Auf diese Weise stellte jeder Film für ihn einen Neuanfang dar: Er drehte mit einem jugendlichen, demütigen Enthusiasmus, der ihn bis zum Ende seines Lebens nicht verlassen sollte. Es scheint fast so, als würde er nach dem Welterfolg von JULES UND JIM noch einmal in die Lehre gehen wollen, denn mit DIE SÜSSE HAUT beginnt er systematisch Hitchcocksche Erzähltechniken zu erproben. Filme wie DIE BRAUT TRUG SCHWARZ legte er als eine Wette mit dem Genrekino an: Wie viele persönliche Obsessionen, Lyrik und Humor lassen sich in dessen Konventionen hineinschmuggeln? Offenbar brauchte er das Gegeneinanderwirken der Kräfte: Bei der Arbeit an dem düsteren DAS LEBEN DER ADELE H. etwa dachten er und sein Drehbuchautor Jean Gruault unablässig an Szenen aus Chaplin-Filmen; jede Se- quenz des Films korrespondiert mit einem Moment aus dessen Stummfilmen. Das Selbstbewusstsein seines Kinos lässt nicht darauf schließen, aber tatsächlich war er ein großer Zweifler. Er haderte mit der Farbe im Kino. ZWEI MÄDCHEN AUS WALES UND DIE LIEBE ZUM KONTINENT wirkt, als läge ein dunkler Schleier über den kräftigen Farben. Zugleich hatte er Angst vor Schwarztönen; um sie endgültig zu überwinden, drehte er AUF LIEBE UND TOD, der sein letzter Film sein sollte, in Schwarzweiß. Seine größte Furcht war es, sich selbst und seine Geldgeber zu enttäuschen. Seine Filme sollten ihr Publikum erreichen. Die größte Angst vorm Scheitern hatte er bei DIE LETZTE METRO (»Wer will einen Film über einen Kerl sehen, der sich zwei Stunden in einem Keller verstecken muss?«), der dann sein größter kommerzieller Erfolg wurde. Im Gegenzug beschäftigen bei ihrem Start ungeliebte Filme wie DAS GEHEIMNIS DER FALSCHEN BRAUT oder DAS GRÜNE ZIMMER bis heute die Phantasie von Zuschauern, Kritikern und Filmemachern. Sind Filme wichtiger als das Leben? Im Nachhinein wird deutlich, dass Truffauts Werk nicht von gegensätzlichen, sondern komplementären Tendenzen geprägt ist. Die Filme fügen sich zu Zyklen zusammen – etwa den über Antoine Doinel, in dem man gleichzeitig das Heranreifen der Figur, ihres Darstellers und Regisseurs mitverfolgen kann – oder antworten einander, oft Jahre später. Das schönste Beispiel für eine solche Replik ist gewiss ZWEI MÄDCHEN AUS WALES UND DIE LIEBE ZUM KONTINENT, seine nach JULES UND JIM zweite Adaption eines Romans von Henri-Pierre Roché. Sein zentrales Thema, den Widerspruch zwischen vorläufigen und endgültigen Gefühlen, hat er kaum je so schön ausformuliert wie in diesem Meisterwerk der Melancholie. Elegant treten beide Filme den Beweis an, dass die Liebe zur Literatur die zum Film nicht zwangsläufig verraten muss. Der Akt des Schreibens nimmt in seinem Kino, angefangen mit den beharrlich scheiternden Versuchen des kleinen Antoine in SIE KÜSSTEN UND SIE SCHLUGEN IHN, Schulaufsätze zu verfassen, eine zentrale Rolle ein. Seine Figuren halten ihre Erfahrungen in Briefen, Tagebüchern und Romanen fest und lassen sie dadurch andauern. Dominik Graf hat sich daran erinnert, als er DIE GELIEBTEN SCHWESTERN drehte. Das Kino war für den jungen François Truffaut ein Ort der Zuflucht. Das Heranwachsen ist in seinen Filmen seither emphatisch mit der Aneignung von Kultur verbunden. DER WOLFSJUNGE ist eine der berückendsten Chroniken gelungener Erziehung im europäischen Kino. François Truffaut mische Universum seiner Idole Jacques Becker, Alfred Hitchcock, Ernst Lubitsch, Max Ophüls, Jean Renoir, Roberto Rossellini und Jean Vigo. Seine Liebe zum Kino war nicht dogmatisch: Claude Sautet, der von seinen Nachfolgern in der Cahiers-Redaktion sträflich unterschätzt wurde, pries er als den französischsten aller Regisseure. François Truffaut wurde der erfolgreichste unter den Protagonisten der Nouvelle Vague. Seine persönlichen, intimen Filme sind die zugänglichsten und lebendigsten der Bewegung. Er ist vielleicht der einzige Regisseur, dessen Filme schon einem Kind einen Eindruck davon vermitteln, was Autorenschaft im Kino ist. Seine Erzählhaltung, die Charaktere niemals mit Herablassung zu zeichnen, brachte ihm Bewunderer und Nachahmer in aller Welt ein. Seine Lust am Stilbruch prägte das New Hollywood nachhaltig; sein Einfluss zeigt sich im Werk von Arthur Penn und Paul Mazursky. So unterschiedliche Regisseure wie Leos Carax, Arnaud Desplechin, Cédric Klapisch und Tsai Ming-liang beziehen sich auf ihn. Quentin Tarantino zitiert ihn in KILL BILL. Und noch in Noah Baumbachs FRANCES HA zeigen sich Spuren seines Stils und seiner Themen. 65 Die Kunst ist bei Truffaut keine Flucht aus der Wirklichkeit, sondern ein Mittel, das Leben zu meistern. Nach DIE AMERIKANISCHE NACHT sei er endgültig mit seiner Lebensweise versöhnt und mit sich selbst im Reinen, schrieb er 1974 einem Kritiker. Der Film demonstriert auf triumphale Weise, wie sehr Truffauts Leidenschaft fürs Kino eine Öffnung für das Leben war. Gerhard Midding Die Zitate von François Truffaut zu seinen eigenen Filmen und zu seinen Lieblingsfilmen sind folgenden Büchern entnommen: Peter W. Jansen / Wolfram Schütte: François Truffaut; München 1985 | François Truffaut: Briefe 1945 –1984; Köln 1990 | Robert Fischer: Monsieur Truffaut, wie haben Sie das gemacht?; Köln 1991 | Heiner Gassen: Vivement Truffaut; München 1994 | François Truffaut: Die Filme meines Lebens; München 1997 | François Truffaut: Die Lust am Sehen; München 1999. François Truffaut Les mistons (Die Unverschämten) | Frankreich 1957 | R+B: François Truffaut, nach einer Kurzgeschichte von Maurice Pons | K: Jean Malige | M: Maurice Leroux | D: Gérard Blain, Bernadette Lafont, Robert Bulle, Dimitri Moretti, Alain Baldy | 18 min | OmU | »LES MISTONS war für mich der Film der Unbekümmertheit und der Entdeckung, ich habe damit ein bisschen die Mittel des Kinos für mich entdeckt.« (Truffaut) – Les quatre cents coups (Sie küssten und sie schlugen ihn) | Frankreich 1959 | R: François Truffaut | B: François Truffaut, Marcel Moussy | K: Henri Decaë | M: Jean Constantin | D: Jean-Pierre Léaud, Claire Maurier, Albert Rémy, Guy Decomble, Georges Flamant | 99 min | OmU – »Ich bemühe mich bei einem Film immer, etwas zu erreichen, was am Anfang überhaupt nicht offensichtlich ist. Das war auch bei LES QUATRE CENTS COUPS der Fall. Die Herausforderung bestand darin, dem Zuschauer einen Jungen ans Herz zu legen, der JuLES ET JiM 66 alle fünf Minuten etwas anstellt. Man sagte mir: Sie sind verrückt! Die Leute werden den Jungen unerträglich finden!« (Truffaut) ▶ Freitag, 8. Januar 2016, 21.00 Uhr | Einführung: Serge Toubiana ▶▶ Dienstag, 12. Januar 2016, 18.30 Uhr Tirez sur le pianiste (Schießen Sie auf den Pianisten) | Frankreich 1960 | R: François Truffaut | B: François Truffaut, Marcel Moussy, nach dem Roman »Down There« von David Goodis | K: Raoul Coutard | M: Georges Delerue | D: Charles Aznavour, Marie Dubois, Nicole Berger, Michèle Mercier, Serge Davri | 78 min | OmeU | »Mit TIREZ SUR LE PIANISTE wollte ich meine Schuld gegenüber dem amerikanischen Film einlösen. Was nicht heißt, dass ich einen amerikanischen Film machen wollte, es ging mir eher um die Atmosphäre, den Ton. Ich wollte die Poesie der Schwarzen Serie nachempfinden. Deshalb wohl auch dieser Anfang: Er sollte den Ton angeben und zeigen, dass im folgenden zwar Revolverschüsse fallen könnten, es aber dennoch hauptsächlich um die Beziehung zwischen Männern und Frauen gehen wird, um Gefühle und die seltsamen Arten, wie sich Leute kennenlernen und wieder verlassen können.« (Truffaut) ▶ Samstag, 9. Januar 2016, 21.00 Uhr Jules et Jim (Jules und Jim) | Frankreich 1962 | R: François Truffaut | B: François Truffaut, Jean Gruault, nach dem Roman von Henri-Pierre Roché | K: Raoul Coutard | M: Georges Delerue | D: Jeanne Moreau, Oskar Werner, Henri Serre, Marie Dubois, Serge Rezvani | 102 min | OmU | »Diesem Roman gehörte meine besondere Liebe, ich konnte ihn wirklich auswendig, und manchmal machte ich etwas Bestimmtes auf Grund einer einzigen Zeile im Text. Was mich ursprüng- ▶ Sonntag, 10. Januar 2016, 21.00 Uhr ▶▶ Mittwoch, 13. Januar 2016, 18.30 Uhr La peau douce (Die süße Haut) | Frankreich 1964 | R: François Truffaut | B: François Truffaut, Jean-Louis Richard | K: Raoul Coutard | M: Georges Delerue | D: Jean Desailly, Françoise Dorléac, Nelly Benedetti, Daniel Ceccaldi, Laurence Badie | 113 min | OmeU | »Bei LA PEAU DOUCE habe ich mir gesagt: Das ist eine Ehebruchsgeschichte, und davon hat man schon zweitausend im Kino gesehen, aber normalerweise wird darin die Ehefrau zur Nebenfigur degradiert, die Geliebte steht im Vordergrund, die Geliebte strahlt Sinnlichkeit aus und die Ehefrau nicht, also werde ich es genau anders herum machen und zeigen, dass die Beziehung zu der Jüngeren eher intellektueller Natur ist, und dass in Wirklichkeit die Beziehung zur Ehefrau, die der Protagonist im Begriff ist zu verlassen, eine sehr sinnliche ist. So gesehen erschien mir die Geschichte originell.« (Truffaut) ▶ Freitag, 15. Januar 2016, 21.00 Uhr ▶▶ Dienstag, 19. Januar 2016, 18.30 Uhr Fahrenheit 451 | GB 1966 | R: François Truffaut | B: François Truffaut, Jean-Louis Richard, nach dem Roman von Ray Bradbury | K: Nicolas Roeg | M: Bernard Herrmann | D: Julie Christie, Oskar Werner, Cyril Cusack, Anton Diffring, Jeremy Spenser | 112 min | OF | »Ich wollte, dass in FAHRENHEIT 451 alles noch einigermaßen realistisch wirkt, damit es nur ein wirklich anormales Element in diesem Film gibt: die Tatsache, dass Bücher verboten sind, dass sie verbrannt werden und dass sie schließlich, im dritten und letzten Teil des Films, von einer bestimmten Gruppe von Menschen auswendig gelernt werden. Der ganze Film sollte etwas Opernhaftes bekommen, und deshalb war die Musik von Bernard Herrmann sehr wichtig, etwas Opernhaftes, aber zugleich Kindliches: Der Film hat einen bewusst kindlichen Aspekt. Kinder spielen sehr gern mit roten Feuerwehrautos!« (Truffaut) ▶ Samstag, 16. Januar 2016, 21.00 Uhr ▶▶ Mittwoch, 20. Januar 2016, 18.30 Uhr | Einführung: Christoph Michel La mariée était en noir (Die Braut trug schwarz) | Frankreich 1968 | R: François Truffaut | B: François Truffaut, Jean-Louis Richard, nach dem Roman »The Bride Wore Black« von William Irish | K: Raoul Coutard | M: Bernard Herrmann | D: Jeanne Moreau, Michel Bouquet, Jean-Claude Brialy, Charles Denner, Claude Rich | 107 min | OmU – »Mich reizte es, einen Film mit Jeanne Moreau zu machen, in dem absolut nichts an JULES ET JIM erinnern würde. Es war auch kein Liebesfilm, denn die Liebe hatte schon vor der Geschichte stattgefunden. Im Detail orientieren sich die Regeln, die ich hier verfolge, schon ziemlich an Hitchcock, aber das Gesamtkonzept des Films hat wenig mit Hitchcock zu tun. Bei Hitchcock identifiziert man sich normalerweise mit einer Person, die unschuldig eines Verbrechens bezichtigt wird. Wir haben es hier aber mit einer tatsächlichen Mörderin zu tun, und ich versuche zu erreichen, dass der Zuschauer sie dennoch akzeptiert.« (Truffaut) ▶ Sonntag, 17. Januar 2016, 21.00 Uhr ▶▶ Dienstag, 26. Januar 2016, 18.30 Uhr Antoine et Colette (Antoine und Colette) | Frankreich 1962 | R+B: François Truffaut | K: Raoul Coutard | M: Georges Delerue | D: Jean-Pierre Léaud, Marie-France Pisier, Rosy Varte, François Darbon, Patrick Auffay, Jean- François Adam | 29 min | OmeU – Baisers volés (Geraubte Küsse) | Frankreich 1968 | R: François Truffaut | B: François Truffaut, Claude de Givray, Bernard Revon | K: Denys Clerval | M: Antoine Duhamel | D: Jean-Pierre Léaud, Delphine Seyrig, Claude Jade, Claire Duhamel, Daniel Ceccaldi | 90 min | OmeU | »BAISERS VOLÉS ist die Entsprechung zu dem, was man in der Literatur einen Initiationsroman nennen würde. Das schien mir die einzige Möglichkeit, diese Figur wieder aufzugreifen, die man in LES QUATRE CENTS COUPS kennengelernt hatte. Hier geht es jetzt um seine ersten Schritte hinaus ins Leben, man erlebt, wie er verschiedene Milieus durchläuft, wie er versucht, einen Platz in der Gesellschaft zu finden, wie er sich in verschiedenen Berufen probiert und wie er, was sein Liebesleben angeht, zwischen zwei Frauentypen schwankt: dem jungen Mädchen in seinem Alter und der verheirateten, reifen Frau.« (Truffaut) ▶ Mittwoch, 27. Januar 2016, 18.30 Uhr ▶▶ Freitag, 29. Januar 2016, 21.00 Uhr La sirène du Mississippi (Das Geheimnis der falschen Braut) | Frankreich 1969 | R+B: François Truffaut, nach dem Roman »Waltz Into Darkness« von William Irish | K: Denys Clerval | M: Antoine Duhamel | D: Jean-Paul Belmondo, Catherine Deneuve, Nelly Bor- François Truffaut lich an JULES ET JIM reizte, war die Tatsache, dass es sich um einen Roman eines alten Mannes handelte, der sich am Ende seines Lebens befand. Genau das ist das Originelle an diesem Buch: der Blick aus der zeitlichen Distanz auf Charaktere, deren Beziehung von einer großen Spannung gekennzeichnet ist, diese Distanz, die auf einem halben Jahrhundert an Weisheit beruht.« (Truffaut) 67 LA SiRèNE Du MiSSiSSiPPi François Truffaut geaud, Martine Ferrière, Michel Bouquet | 123 min | OmeU | »Das Konzept von LA SIRÈNE DU MISSISSIPPI beruhte auf einer Umkehrung. Es war eine Geschichte, in der die Frau sich wie ein Mann und der Mann sich wie eine Frau verhält. Das habe ich den Schauspielern nicht auf die Nase gebunden, aber genau das war meine Theorie: Marion ist eine Gaunerin, die im Erziehungsheim war, und er ist immer noch Jungfrau und versucht, über Zeitungsannoncen eine Partnerin zu finden. In meiner Vorstellung hatte ich die Geschlechter der beiden Helden vertauscht, und ich sagte mir: So werde ich bei diesem Film vorgehen. Das hat die Leute dann später ungeheuer schockiert.« (Truffaut) 68 ▶ Samstag, 30. Januar 2016, 21.00 Uhr ▶▶ Dienstag, 2. Februar 2016, 18.30 Uhr L’enfant sauvage (Der Wolfsjunge) | Frankreich 1970 | R: François Truffaut | B: François Truffaut, Jean Gruault, nach dem Dokumentarbericht »Mémoires et rapport sur Victor l’Aveyron« von Jean Itard | K: Néstor Almendros | M: Antoine Duhamel | D: Jean-Pierre Cargol, François Truffaut, Françoise Seigner, Jean Dasté, Annie Miller | 83 min | OmU | »Alles in allem ist dieser Film voller Zuversicht in die Erziehung. Was ich damit vor allem zeigen wollte, ist, dass unser alltägliches Leben eine Reihe von Wundern ist, dass man aufrecht geht, dass man sich zu Essen an einen Tisch setzt etc. Das fällt einem erst dann wieder auf, wenn man jemanden beobachtet, der das alles zum ersten Mal macht. Der Grund, die Rolle des Dr. Itard selbst zu übernehmen, war sicher der, mich auf diese Weise selbst um das Kind kümmern zu können. Ein Schauspieler wäre immer nur eine hinderliche, eigentlich auch eine völlig überflüssige Mittelsperson gewesen.« (Truffaut) ▶ Sonntag, 31. Januar 2016, 21.00 Uhr ▶▶ Mittwoch, 3. Februar 2016, 18.30 Uhr Domicile conjugal (Tisch und Bett) | Frankreich 1970 | R: François Truffaut | B: François Truffaut, Claude de Givray, Bernard Revon | K: Néstor Almendros | M: Antoine Duhamel | D: Jean-Pierre Léaud, Claude Jade, Hiroko Berghauer, Barbara Laage, Danièle Girard | 100 min | OmeU | »Es gab bei DOMICILE CONJUGAL den Wunsch, sich an den Methoden klassischer Hollywood-Komödien zu orientieren, das heißt, komische Szenen auf mechanischen Gags aufzubauen, zum Beispiel durch die Metamorphose bestimmter Objekte. So zieht sich das Blumenmotiv, glaube ich, durch den ganzen Film, am Ende gibt es die japanischen Blumen. Die interessantesten Szenen sind die, in denen es eindeutig um die Charaktere, um die Figuren geht, der Krach zwischen den Jungverheirateten zum Beispiel. Antoine Doinel braucht Situationen, die nah an der Wirklichkeit sind.« (Truffaut) ▶ Freitag, 5. Februar 2016, 21.00 Uhr ▶▶ Mittwoch, 10. Februar 2016, 18.30 Uhr Les deux anglaises et le continent (Zwei Mädchen aus Wales und die Liebe zum Kontinent) | Frankreich 1971 | R: François Truffaut | B: François Truffaut, Jean Gruault, nach dem Roman von Henri-Pierre Roché | K: Néstor Almendros | M: Georges Delerue | D: JeanPierre Léaud, Kika Markham, Stacey Tendeter, Sylvia Marriott, Marie Mansart | 116 min | OmeU | »Ich wollte, dass der Film sehr viel körperlicher, physischer wirkt als JULES UND JIM. Man sollte das Fieber spüren, das Kranksein. Wenn Muriel sich übergibt, wenn sie in Ohnmacht fällt. Ich wollte, dass das alles direkter wird. Von dem Moment an, wo das Sentimentale ins Physische übergeht, finde ich es spannend. Am liebsten hätte ich Menschen gezeigt, die an der Liebe sterben. Ich habe kein Interesse daran, physische Gewalt zu filmen, aber ich liebe es, innere Gewalt auf die Leinwand zu bringen, ▶ Samstag, 6. Februar 2016, 21.00 Uhr ▶▶ Dienstag, 16. Februar 2016, 18.30 Uhr Une belle fille comme moi (Ein schönes Mädchen wie ich) | Frankreich 1972 | R: François Truffaut | B: François Truffaut, Jean-Loup Dabadie, nach dem Roman »Such a Gorgeous Kid Like Me« von Henry Farrell | K: Pierre-William Glenn | M: Georges Delerue | D: Bernadette Lafont, Claude Brasseur, Charles Denner, Guy Marchand, André Dussollier | 98 min | OmeU | »UNE BELLE FILLE COMME MOI war ein Film, der mir sehr großen Spaß gemacht hat. Auch in diesem Fall war es wieder die Freude beim Lesen eines Romans, die mich dazu brachte, einen Film daraus zu machen. Ich fand die Sache äußerst witzig, vor allem die Sprache, und die energiegeladene Protagonistin gefiel mir sehr. Der Film funktioniert über weite Strecken sehr gut, und Bernadette Lafont ist phantastisch. Ähnlich wie in LA MARIÉE ÉTAIT EN NOIR haben wir wieder eine Frau, die es mit den verschiedensten Männertypen zu tun bekommt, denen man im Leben begegnen kann.« (Truffaut) ▶ Sonntag, 7. Februar 2016, 21.00 Uhr La nuit américaine (Die amerikanische Nacht) | Frankreich 1973 | R: François Truffaut | B: François Truffaut, Jean-Louis Richard, Suzanne Schiffman | K: Pierre-William Glenn | M: Georges Delerue | D: Jacque- line Bisset, Jean-Pierre Léaud, Valentina Cortese, JeanPierre Aumont, François Truffaut | 115 min | OmU | »Ich wollte einen Film nur über die Dreharbeiten machen, und dieser Film sollte soviel wie möglich Informationen darüber, wie man einen Film dreht, enthalten. Ein Seminar über Filmarbeit sollte mit ihm eröffnet werden können. Es war auch ein sehr »demokratischer« Film, ge- messen an dem, was man auf der Leinwand sieht: Der Regisseur ist ganz und gar nicht die Hauptfigur, und sogar die Stars sind nicht die Hauptfiguren, denn das Scriptgirl, der Requisiteur und so weiter sind ebenso interessant wie sie. Es gibt in diesem Film eine Art von Gleichheit, die mir sehr gefällt, eine Gleichheit des Blicks.« (Truffaut) ▶ Freitag, 12. Februar 2016, 21.00 Uhr ▶▶ Mittwoch, 17. Februar 2016, 18.30 Uhr L’histoire d’Adèle H. (Die Geschichte der Adèle H.) | Frankreich 1975 | R: François Truffaut | B: François Truffaut, Jean Gruault, Suzanne Schiffman, Frances Vernor Guille | K: Néstor Almendros | M: Maurice Jaubert | D: Isabelle Adjani, Bruce Robinson, Sylvia Mariott, Joseph Blatchley, Ivry Gitlis | 96 min | OmeU | »Ich sagte mir, ich will einen Kostümfilm machen, der sich die ganze Zeit nur auf ein Gesicht konzentriert. Es gab also von Anfang an den klaren Entschluss und eindeutigen Vorsatz, in ADELE H. alles Pittoreske auszuklammern. Darauf lief alles hinaus: eine Liebesgeschichte zu machen, in der der Partner nicht zählt, die Geschichte einer Vereinsamung also. Und wenn es funktioniert hat, dann dank der Fakten, dank Isabelle Adjani, die eine hochinteressante Schauspielerin ist, und sicher auch dank der Musik Maurice Jauberts.« (Truffaut) ▶ Samstag, 13. Februar 2016, 21.00 Uhr ▶▶ Dienstag, 23. Februar 2016, 18.30 Uhr L’argent de poche (Taschengeld) | Frankreich 1976 | R: François Truffaut | B: François Truffaut, Suzanne Schiffman | K: Pierre-William Glenn | M: Maurice Jaubert | D: Nicole Félix, Chantal Mercier, Jean-François Stévenin, Virginie Thévenet, Tania Torrens | 104 min | OmU | »Praktisch war jedem Kind einer bestimmten Altersstufe eine Episode gewidmet. Es gab die Einheit des Ortes, da wir ausschließlich in der Stadt Thiers gedreht haben, und durch die Ferien im Juli und August auch die Einheit der Zeit. Zwei der jungen Darsteller hatte ich aus Paris mitgebracht, alle anderen haben wir an Ort und Stelle engagiert. Es machte Spaß, die vielen kleinen Episoden eine nach der anderen zu realisieren, und dabei wurde mehr oder weniger improvisiert. Es ist ein ziemlich optimistischer Film. Wie in LES QUATRE CENTS COUPS tauchen die Erwachsenen allenfalls am Rande auf.« (Truffaut) ▶ Sonntag, 14. Februar 2016, 21.00 Uhr L’homme qui aimait les femmes (Der Mann, der die Frauen liebte) | Frankreich 1977 | R: François Truffaut | B: Michel Fermaud, Suzanne Schiffman, François Truf- François Truffaut so wie in LES DEUX ANGLAISES. Ich habe versucht, einen körperlichen Film über die Liebe zu machen, keinen Film über die körperliche Liebe.« (Truffaut) 69 auf dem Prinzip der fixen Idee und auf Variationen zu diesem Thema aufgebaut sind. Außerdem hat es mir Spaß gemacht, einen Film zu machen, in dem zur Sprache kommt, dass man für Verstorbene, die man geliebt hat oder die einen interessiert haben, noch sehr lebendige Gefühle hegen kann. Das Eigenartige ist, dass ich nicht sehr religiös bin, eigentlich überhaupt nicht, aber ich mag trotzdem eine gewisse Religiösität, so etwas verträgt sich gut mit dem Kino.« (Truffaut) François Truffaut ▶ Samstag, 20. Februar 2016, 21.00 Uhr ▶▶ Mittwoch, 24. Februar 2016, 18.30 Uhr 70 faut | K: Néstor Almendros | M: Maurice Jaubert | D: Charles Denner, Brigitte Fossey, Nelly Borgeaud, Geneviève Fontanel, Nathalie Baye, Sabine Glaser, Leslie Caron | 120 min | OmU | »Ich dachte schon lange an den MANN, DER DIE FRAUEN LIEBTE, aber das Thema des Donjuanismus genügte mir nicht. Ich sprang ins Wasser, als mir der Gedanke kam, Bertrand ein Buch schreiben zu lassen, womit wir das zweite, parallele Thema hätten: man sieht ihn die Sätze mit dem Mund formen, dann auf der Maschine tippen, die Fahnen korrigieren, zur Druckerei gehen, und am Schluss kommt das Buch gerade zu dem Zeitpunkt heraus, als er in der Klinik stirbt, weil er versucht, die Beine der Krankenschwester zu erwischen.« (Truffaut) ▶ Donnerstag, 7. Januar 2016, 19.00 Uhr | Einführungsvortrag in englischer Sprache: Serge Toubiana ▶▶ Frei- tag, 19. Februar 2016, 21.00 Uhr La chambre verte (Das grüne Zimmer) | Frankreich 1978 | R: François Truffaut | B: Jean Gruault, François Truffaut, nach den Erzählungen »The Altar of the Dead«, »The Beast in the Jungle« und »The Friends of the Friends« von Henry James | K: Néstor Almendros | M: Maurice Jaubert | D: François Truffaut, Nathalie Baye, Jean Dasté, Patrick Maléon, Jean-Pierre Moulin | 94 min | OmU | »Ich habe Julien Davenne immer als einen Zwillingsbruder von Adèle Hugo und die beiden Filme als zusammengehörig betrachtet, da sie beide L’amour en fuite (Liebe auf der Flucht) | Frankreich 1979 | R: François Truffaut | B: François Truffaut, MarieFrance Pisier, Jean Aurel, Suzanne Schiffman | K: Néstor Almendros | M: Georges Delerue | D: Jean-Pierre Léaud, Marie-France Pisiser, Claude Jade, Dani, Dorothée | 94 min | OmeU | »Ich sagte mir: Ich werde es diesmal so machen, dass das neue Kapitel wirklich der Abschluss ist, eine Rekapitulation. So entstand die Idee, einen kürzeren neuen Film von rund fünfzig Minuten zu drehen, dieses Material dann um Erinnerungen zu ergänzen und alles kräftig miteinander zu vermengen. Schließlich hatte ich das für einen Regisseur sehr seltene Glück, über einen Zeitraum von mehreren Jahrzehnten mehrfach mit demselben Schauspieler in derselben Rolle gearbeitet zu haben, und von dieser Chance wollte ich noch einmal profitieren.« (Truffaut) ▶ Sonntag, 21. Februar 2016, 21.00 Uhr Le dernier métro (Die letzte Metro) | Frankreich 1980 | R: François Truffaut | B: François Truffaut, Suzanne Schiffman, Jean-Claude Grumberg | K: Néstor Almendros | M: Georges Delerue | D: Catherine Deneuve, Gérard Depardieu, Jean Poiret, Andréa Ferréol, Heinz Bennent, Paulette Dubost | 131 min | OmU | »Das Theater als magischer Ort, das ist ein bekanntes Motiv. Und dazu noch die Okkupation: Eigentlich war das eine recht naheliegende Entscheidung, denn wie man in den Autobiographien von Schauspielern immer wieder nachlesen kann, war die Zeit der Okkupation für das französische Theater eine besonders fruchtbare Periode, eine wesentlich fruchtbarere als die, die wir im Moment erleben. Im Grunde ist es ein Film über eine Ehe geworden, die Liebesgeschichte zwischen Marion und Bernard ist weniger wichtig als die Beziehung zwischen Marion und ihrem Mann. Ohne mir dessen bewusst zu sein, hatte ich einen Film über ein verheiratetes Paar gemacht!« (Truffaut) ▶ Freitag, 26. Februar 2016, 21.00 Uhr ▶▶ Dienstag, 1. März 2016, 18.30 Uhr Das Verhältnis zwischen Chef und Sekretärin funktioniert, weil Trintignant fünfzehn Jahre älter ist als Fanny Ardant.« (Truffaut) Sonntag, 28. Februar 2016, 21.00 Uhr »War ich ein guter Kritiker? Ich weiß es nicht; ich weiß aber, dass ich immer auf der Seite der Ausgepfiffenen gegen die Auspfeifer war und dass mein Vergnügen oft da anfing, wo das meiner Kollegen aufhörte: bei Renoirs Stilbrüchen, bei Orson Welles’ Exzessen, bei Pagnols oder Guitrys Schlampereien, bei Cocteaus Anachronismen, bei Bressons Nacktheit.« (François Truffaut) ▶ Samstag, 27. Februar 2016, 21.00 Uhr ▶▶ Mittwoch, You Only Live Once (Gehetzt) | USA 1936 | R: Fritz Lang | B: Gene Towne, C. Graham Baker | K: Leon Shamroy | M: Alfred Newman | D: Sylvia Sydney, Henry Fonda, Barton MacLane, Jean Dixon, William Gargan | 86 min | OF | »Der Film ist zugleich aufrührerisch und menschlich, er folgt dem Prinzip: die ehrbaren Bürger sind die wahren Schurken. Das nämlich ist die erste Aufgabe des Künstlers: die Schönheit dessen zu beweisen, das als hässlich gilt, und umgekehrt. Fritz Lang beweist den ganzen Film hindurch die niedere Denkungsart der ›guten Gesellschaft‹ und den Adel des asozialen Paares. Wenn die Geschichte heute auch etwas veraltet wirkt, so ist der Film selbst doch ohne jede Falte, dank seiner außerordentlichen Nüchternheit, seiner Strenge und seiner ehrlichen Gewalttätigkeit, die auch heute noch überrascht.« (Truffaut) 2. März 2016, 18.30 Uhr ▶ Freitag, 8. Januar 2016, 18.30 Uhr Vivement dimanche! (Auf Liebe und Tod) | Frankreich 1983 | R: François Truffaut | B: François Truffaut, Jean Aurel, Suzanne Schiffman, nach dem Roman »The Long Saturday Night« von Charles Williams | K: Néstor Almendros | M: Georges Delerue | D: Fanny Ardant, Jean-Louis Trintignant, Jean-Pierre Kalfon, Philippe Laudenbach, Philippe Morier-Genoud | 110 min | OmeU | »Mit diesem Film kehre ich zum Genre des Thrillers zurück. Es ist aber ein Thriller ohne Gangster, in dem Polizisten nur zweitrangig sind und in dem die Intrige, Stück für Stück, von der Fantasie einer Frau gesponnen wird. Ich hatte Lust, Fanny Ardant als geheimnisvolle Heldin der Nacht zu filmen. Trintignant habe ich ausgewählt, um das Paar ins Gleichgewicht zu bringen. Selbst in einem fantastischen Film verlangt die Beziehung des Paares nach einer gewissen Glaubwürdigkeit. Le roman d’un tricheur (Roman eines Schwindlers) | Frankreich 1936 | R+B: Sacha Guitry | K: Marcel Lucien | M: Adolphe Borchard | D: Sacha Guitry, Marguerite Moreno, Jacqueline Delubac, Roger Duchesne, Rosine Deréan | 77 min | OmeU | »Eine Überlebensgeschichte, eine Eloge auf den Individualismus und die Kunst des Sichdurchschlagens. Die große Originalität von LE ROMAN D’UN TRICHEUR besteht darin, dass es der einzige narrative Film in der Geschichte der Kinematographie ist, der zu neunzig Prozent von einer OffStimme kommentiert wird, aber sein immenses Verdienst ist es, dass das Publikum diese Besonderheit bald vergisst, wie Umfragen belegen, bei denen Zuschauer der Überzeugung waren, sie hätten einen Film mit normalen, gesprochenen Dialogen gesehen.« (Truffaut) es das Gegenteil von Vergessen, Gleichgültigkeit oder einer Normalisierung der Beziehung bedeutet. Verbitterung bekommt in diesem Zusammenhang fast etwas Romantisches.« (Truffaut) ▶ Samstag, 9. Januar 2016, 18.30 Uhr François Truffaut La femme d’à côté (Die Frau nebenan) | Frankreich 1981 | R: François Truffaut | B: François Truffaut, Suzanne Schiffman, Jean Aurel | K: William Lubtchansky | M: Georges Delerue | D: Gérard Depardieu, Fanny Ardant, Henri Garcin, Michèle Baumgartner, Roger Van Hool | 106 min | OmeU | »Ich wusste, dass ich irgendwann einmal einen Film drehen würde, in dem die Liebesgeschichte bereits Teil der Vergangenheit wäre; die beiden Hauptpersonen würden davon sprechen, wie es vor acht Jahren war, als sie noch zusammenlebten, und man würde sehen, wie sie sich verhalten, nachdem sie sich zufällig wiederbegegnet sind. Wenn eine Liebesbeziehung in die Brüche gegangen ist und es bleibt Verbitterung zurück, dann ist das ein positives Zeichen, weil 71 The Great Dictator (Der große Diktator) | USA 1940 | R+B: Charles Chaplin | K: Karl Struss, Roland Totheroh | M: Charles Chaplin, Meredith Willson | D: Charles Chaplin, Paulette Goddard, Jack Oakie, Reginald Gardiner, Henry Daniell, Billy Gilbert | 125 min | OmU | »THE GREAT DICTATOR ist nicht nur eine defensive Farce, sondern auch ein außerordentlich präziser Essay über das jüdische Drama und den Rassenwahn des Hitlerismus. So objektiv, wie es nur geht, wenn man seine Haut verteidigt, stellt Chaplin zwei Welten gegenüber, die des Hitlerpalasts und die des Ghettos, wobei er sich rücksichtslos lustig macht über die erstere und liebevoll über die zweite und dabei die ethnische Wahrheit genauestens respektiert; die Ghettoszenen sind gleitend, spöttisch, listig, fast getanzt, die des Hitlerpalasts abgehackt, automatisch, bis auf den Gipfel des Hohns getrieben.« (Truffaut) ▶ Sonntag, 10. Januar 2016, 18.30 Uhr François Truffaut Hitchcock/Truffaut | USA 2015 | R: Kent Jones | B: Kent Jones, Serge Toubiana | K: Eric Gautier, Genta Tamaki | M: Jeremiah Bornfield | Mit Martin Scorsese, Wes Anderson, James Gray, David Fincher, Kiyoshi Kurosawa | 80 min | OF | »Der Film belegt, Truffauts Interviewbuch mit Alfred Hitchcock habe mehr als alles andere dazu beigetragen, dass Hitchcock nicht nur als Unterhaltungsregisseur sondern als Künstler wahrgenommen und von der seriösen Kritik als Autorenfilmer ernst genommen wurde. Indem er Aufnahmen von den François Truffaut interviewt Alfred Hitchcock 72 Dreharbeiten sowie Privatfilme so oft wie möglich nutzt, gibt uns HITCHCOCK/TRUFFAUT einen Überblick über Hitchcocks Anfänge in England und Truffauts Aufstieg vom Kritker bis hin zu seinem hochgelobten Debütfilm LES QUATRE CENTS COUPS. Insgesamt ist HITCHCOCK/TRUFFAUT eine gut recherchierte, aufschlussreiche und sehr sehenswerte Dokumentation über das Filmemachen und das Schreiben von Filmgeschichte.« (Todd McCarthy) ▶ Freitag, 15. Januar 2016, 18.30 Uhr Rear Window (Das Fenster zum Hof) | USA 1954 | R: Alfred Hitchcock | B: John Michael Hayes, nach der Kurzgeschichte von Cornell Woolrich | K: Robert Burks | M: Franz Waxman | D: James Stewart, Grace Kelly, Wendell Corey, Thelma Ritter, Raymond Burr | 112 min | OmU | »Die Konstruktion des Films ist rein musikalisch, mehrere Themen greifen ineinander oder antworten aufeinander: Ehe, Selbstmord, Verkommenheit, Tod, das Ganze im Licht einer raffinierten Erotik (so ist in den Kuss-Szenen der Ton außerordentlich genau und realistisch). REAR WINDOW ist der Film der Indiskretion; er enthüllt die intimsten Bereiche in ihren verletzlichsten und peinlichsten Aspekten; es ist der Film des unmöglichen Glücks, der Film der schmutzigen Wäsche, die im Hof gewaschen wird, der Film der moralischen Einsamkeit, eine außerordentliche Sympathie des Alltagslebens und der zerstörten Träume.« (Truffaut) ▶ Samstag, 16. Januar 2016, 18.30 Uhr ▶ Freitag, 29. Januar 2016, 18.30 Uhr To Be or Not to Be (Sein oder Nichtsein) | USA 1941 | R: Ernst Lubitsch | B: Edwin Justus Mayer | K: Rudolph Maté | M: Werner Richard Heymann | D: Carole Lombard, Jack Benny, Robert Stack, Felix Bressart, Lionel Atwill | 92 min | OmU | »Auf dem Papier existiert eine Lubitsch-Geschichte gar nicht, sie hat auch keinen Sinn mehr nach der Vorführung, alles passiert während man den Film sieht. Eine Stunde, nachdem Sie ihn gesehen haben oder ihn auch zum sechsten Mal wiedergesehen haben, wette ich mit Ihnen, dass es Ihnen absolut unmöglich ist, die Handlung von TO BE OR NOT TO BE nachzuerzählen. Lubitschs Kino enthält keine bloß dekorativen Einstellungen, nichts was nur da wäre, um Eindruck zu schinden: nein, von Anfang bis Ende steckt man bis zum Hals im Wesentlichen.« (Truffaut) kannt, wird Ingmar Bergman mit dem großen Publikum versöhnen.« (Truffaut) ▶ Sonntag, 31. Januar 2016, 18.30 Uhr Casque d’or (Goldhelm) | Frankreich 1952 | R: Jacques Becker | B: Jacques Becker, Jacques Companéez | K: Robert Lefebvre | M: Georges Van Parys | D: Simone Signoret, Serge Reggiani, Claude Dauphin, Raymond Bussières, Odette Barencey | 100 min | OmU | Liebesgeschichte aus dem Paris der Belle Époque. »Der einzige Film des sonst so übertrieben sorgfältigen, peinlich genauen, detailbesessenen, nie zufriedenen und manchmal unentschlossenen Jacques Becker, den er in einem Anlauf, sehr schnell, in einem einzigen Schwung geradewegs aufs Ziel los gedreht hat. Wenn man sich für den Bau von Geschichten interessiert, kann man den Einfallsreichtum des Drehbuchs nur bewundern. Wenn wir einmal feststecken, mein Szenaristenfreund und ich, kommt es nicht selten vor, dass wir uns sagen: ›Wie wär’s mit einer Lösung à la CASQUE D’OR?‹« (Truffaut) ▶ Freitag, 5. Februar 2016, 18.30 Uhr The Barefoot Contessa (Die barfüßige Gräfin) | USA 1954 | R+B: Joseph L. Mankiewicz | K: Jack Cardiff | M: Mario Nascimbene | D: Ava Gardner, Humphrey Bogart, Edmond O’Brien, Marius Goring, Valentina Cortese | 130 min | OF | »Unangebracht wäre der Einwand, Mankiewicz habe mehrere Themen aufgegriffen, ohne ein einziges richtig auszuführen, denn sein Vorhaben war weniger eine Satire auf Hollywood (wiewohl es die ▶ Samstag, 30. Januar 2016, 18.30 Uhr Viskningar och rop (Schreie und Flüstern) | Schweden 1972 | R+B: Ingmar Bergman | K: Sven Nykvist | M: Pierre Fournier | D: Harriet Andersson, Kari Sylwan, Ingrid Thulin, Liv Ullmann, Erland Josephson | 91 min | OmeU | »Für mich besteht die Lektion, die Bergman uns erteilt, in drei Punkten: Befreiung des Dialogs, radikale Reinigung des Bildes, absolutes Primat des menschlichen Antlitzes. Das menschliche Antlitz! Niemand nähert sich ihm so sehr wie Bergman. In seinen letzten Filmen gibt es nur noch Münder, die reden, Ohren, die lauschen, Augen, die Neugier, Begierde oder Panik ausdrücken. Auf der großen weißen Leinwand ist nichts, was Bergman dort nicht gewollt hat. SCHREIE UND FLÜSTERN, einstimmig als Meisterwerk aner- François Truffaut Zéro de conduite (Betragen ungenügend) | Frankreich 1933 | R+B: Jean Vigo | K: Boris Kaufman | M: Maurice Jaubert | D: Jean Dasté, Robert Le Flon, Pierre Blanchar, Louis Lefebvre | 41 min | OmeU – L’Atalante (Atalante) | Frankreich 1934 | R+B: Jean Vigo | K: Boris Kaufman | M: Maurice Jaubert | D: Michel Simon, Dita Parlo, Jean Dasté, Gilles Margaritis | 81 min | OmeU – »Wie fast alle ersten Filme hat auch ZÉRO DE CONDUITE etwas Experimentelles, alle möglichen mehr oder weniger in die Handlung integrierten Einfälle. Als Vigo kurz danach L’ATALANTE dreht, hat er selbstverständlich seine Lehren gezogen, und diesmal erreicht er die Perfektion, das Meisterwerk. Er stellt vors Objektiv nur noch Reales, das er in Märchenhaftes verwandelt, er filmt Prosa und erreicht mühelos Poesie. ZÉRO DE CONDUITE und L’ATALANTE genügen, um Vigo zum größten Regisseur in der Geschichte des französischen Films zu machen.« (Truffaut) 73 schärfste ist, die je gedreht wurde), weniger ein Film über die Impotenz (sie ist vor allem symbolisch), weniger ein Pamphlet gegen die Riviera und ihre Besucher als das Porträt einer Frau, eines der schönsten, die das Kino uns geboten hat, da die Frau Ava Gardner ist, die schönste Schauspielerin Hollywoods.« (Truffaut) ▶ Samstag, 6. Februar 2016, 18.30 Uhr NARAYAMA BuSHiKô François Truffaut 74 Narayama bushikô (Die Ballade von Narayama) | Japan 1958 | R+B: Keisuke Kinoshita, nach Geschichten von Shichirô Fukazawa | K: Hiroshi Kusuda | M: Chûji Kinoshita, Matsunosuke Nozawa | D: Kinuyo Tanaka, Teiji Takahashi, Yûko Mochizuki, Danko Ichikawa, Seiji Miyaguchi | 98 min | OmeU | »Erstaunlich ist, wie diese grausame und unmenschliche Geschichte nur in ihrem menschlichen Aspekt gezeigt wird. Bei der verwegenen Verwendung des CinemaScope mit Kaschierungen, dem Einsatz farbiger Scheinwerfer und den ausschweifenden Kamerafahrten muss man an Ophüls denken. Diese japanischen Farbdrucke sind sicher nicht das, was man sich zwischen fünf und sieben anschaut, eher am späteren Abend, bevor man sich, vielleicht für immer, zum Schlafen legt. Mein Gott, was für ein schöner Film!« (Truffaut) ▶ Sonntag, 7. Februar 2016, 18.30 Uhr Un condamné à mort s’est échappé (Ein zum Tode Verurteilter ist entflohen) | Frankreich 1956 | R+B: Robert Bresson, nach einem Tatsachenbericht von André Devigny | K: Léonce-Henri Burel | M: Wolfgang Amadeus Mozart | D: François Leterrier, Charles Le Clainche, Maurice Beerblock, Roland Monod, Jacques Ertaud | 100 min | OmeU | »Nicht nur Bressons schönster Film, sondern der wichtigste französische Film der letzten zehn Jahre. Dabei geht es weder um eine Geschichte noch um eine Erzählung, noch um ein Drama. Nur um die Beschreibung eines Ausbruchs durch die skrupulöse Rekonstruktion einiger Gesten, die sie möglich machen. Der ganze Film ist gemacht aus den Großaufnahmen von Gegenständen und denen vom Gesicht des Mannes, der mit den Gegenständen umgeht. Wir leben wirklich mit Fontaine in seinem Gefängnis, nicht nur neunzig Minuten, sondern zwei Monate lang, und das macht es so aufregend.« (Truffaut) Germania anno zero (Deutschland im Jahre Null) | Italien 1948 | R: Roberto Rossellini | B: Roberto Rossellini, Carlo Lizzani, Max Colpet | K: Robert Juillard | M: Renzo Rossellini | D: Edmund Moeschke, Ernst Pittschau, Ingetraud Hinze, Franz-Otto Krüger, Erich Gühne | 72 min | dt. OF | »Rossellini liebt das Kino nicht, auch nicht die Künste im allgemeinen. Er bevorzugt das Leben, er bevorzugt den Menschen. Rossellini hasst alles, was nicht der Idee des Films oder dem Charakter der Person dient. Wenn ich in einigen meiner Filme ganz einfach und ehrlich und auf eine fast dokumentarische Weise versucht habe, eine einzige Figur zu verfolgen, dann verdanke ich das ihm. Von Vigo abgesehen, ist Rossellini der einzige, der ohne Rührung das Heranwachsen gefilmt hat, und LES QUATRE CENTS COUPS verdankt seinem GERMANIA ANNO ZERO sehr viel.« (Truffaut) Ordet (Das Wort) | Dänemark 1955 | R+B: Carl-Theodor Dreyer, nach dem Stück von Kaj Munk | K: Henning Bendtsen | M: Poul Schierbeck | D: Henrik Malberg, Emil Hass Christensen, Cay Kristiansen, Preben Lerdorff Rye | 126 min | OmeU | »Jedes Bild in ORDET ist von einer formalen Perfektion, die ins Sublime führt, aber Dreyer ist bekanntlich mehr als ein bloßer ›Bildner‹, der Rhythmus ist sehr langsam, das Spiel der Darsteller hieratisch, aber dieser Rhythmus und dieses Spiel sind außerordentlich kontrolliert, nicht ein Quadratzentimeter Zelluloid ist der Aufmerksamkeit Dreyers entgangen, der nach dem Tod Eisensteins zweifellos der anspruchsvollste Regisseur war, der, dessen fertige Filme am genauesten dem glichen, was zuvor im Kopf dessen war, der sie konzipierte.« (Truffaut) ▶ Freitag, 12. Februar 2016, 18.30 Uhr ▶ Sonntag, 14. Februar 2016, 18.30 Uhr ▶ Samstag, 13. Februar 2016, 18.30 Uhr Lola Montez | BRD 1955 | R: Max Ophüls | B: Jacques Natanson, Annette Wademant, Franz Geiger, Max Ophüls | K: Christian Matras | M: Georges Auric | D: Martine Carol, Peter Ustinov, Adolf Wohlbrück, Oskar Werner, Ivan Desny | 116 min | »Es geht hier weniger darum, einer Geschichte zu folgen, als ein Frauenporträt zu betrachten; das Bild ist so voll und reich, dass man nicht alles auf einmal sehen kann, aber so hat der Autor es gewollt, und unseren Ohren bietet er gleich mehrere Unterhaltungen auf einmal. Ophüls interessieren offensichtlich weniger die starken Momente der Handlung als das, was dazwischen passiert. Der Text, von dem wir nur Fetzen mitbekommen – was wir davon hören, hilft uns, uns das Übrige dazuzudenken, wie im Leben auch –, ist von einer kunstvollen Lakonik.« (Truffaut) ▶ Freitag, 19. Februar 2016, 18.30 Uhr ▶ Samstag, 27. Februar 2015, 18.30 Uhr Annie Hall (Der Stadtneurotiker) | USA 1977 | R: Woody Allen | B: Woody Allen, Marshall Brickman | K: Gordon Willis | M: Carmen Lombardo, Isham Jones | D: Woody Allen, Diane Keaton, Tony Roberts, Carol Kane, Paul Simon | 93 min | OmU | »Es handelt sich um eine gefilmte Autobiografie oder, wenn man das lieber mag, um einen fiktiven, mit persönlichen Aspekten durchsetzten Film. Das Thema? Die Liebe natürlich! Warum endet eine Liebe, wie hat sie begonnen, ist das nicht das beste Sujet für einen Film und auch für tausend Filme? ANNIE HALL ist ein New Yorker Liebesfilm, gegen Hollywood gedreht, beeinflusst von Europa, aber trotzdem ganz und gar ein amerikanischer Film. ANNIE HALL schafft es, wahre Charaktere mit wahren Gefühlen auf die Leinwand zu bringen.« (Truffaut) Citizen Kane | USA 1941 | R: Orson Welles | B: Orson Welles, Herman J. Mankiewicz | K: Gregg Toland | M: Bernard Herrmann | D: Orson Welles, Harry Shannon, Agnes Moorehead, Joseph Cotten, George Coulouris | 119 min | OmU | »CITIZEN KANE ist zugleich eine Demonstration des Willens zur Macht, eine Hymne auf die Jugend und eine Meditation über das Alter, ein Essay über die Eitelkeit alles menschlichen Strebens und zugleich ein Gedicht über den Verfall, und hinter all dem François Truffaut Bonjour Tristesse | USA 1958 | R: Otto Preminger | B: Arthur Laurents, nach dem Roman von Françoise Sagan | K: Georges Périnal | M: Georges Auric | D: Deborah Kerr, David Niven, Jean Seberg, Mylène Demongeot, Geoffrey Horne | 94 min | OF | »Otto Preminger ist ein nicht sehr kommerzieller Regisseur, wohl, weil er sich der Suche nach einer besonders winzigen, kaum wahrnehmbaren Wahrheit widmet: der Wahrheit der Blicke, der Gesten und der Haltungen. Bei diesem Maler, der verliebt ist ins kleine Detail, das nicht ins Auge springt, dient der Aufwand des Rahmens dazu, die vorsätzliche Belanglosigkeit der Zeichnung hervortreten zu lassen. Immer, wenn Jean Seberg auf der Leinwand ist, das heißt, den ganzen Film über, hat man nur Blicke für sie, so graziös ist sie noch in der beiläufigen Bewegung, so genau in jedem Blick.« (Truffaut) ▶ Samstag, 20. Februar 2016, 18.30 Uhr La règle du jeu (Die Spielregel) | Frankreich 1939 | R: Jean Renoir | B: Jean Renoir, Carl Koch | K: Jean Bachelet | M: Joseph Kosma | D: Nora Gregor, Paulette Dubost, Roland Toutain, Julien Carette, Jean Renoir | 106 min | OmU | »LA RÈGLE DU JEU ist das Credo der Cinephilen, der Film der Filme, der meistgehasste bei seinem Erscheinen, der meistgeschätzte danach. Im Rahmen dieses ›heiteren Dramas‹ behandelt Renoir unauffällig eine ganze Menge allgemeiner wie besonderer Ideen und bringt seine große Liebe zu den Frauen zum Ausdruck. LA RÈGLE DU JEU ist mit CITIZEN KANE bestimmt der Film, der am meisten junge Leute veranlasst hat, sich dem Beruf des Regisseurs zuzuwenden; man betrachtet diesen Film mit einem außerordentlich starken Gefühl von Komplizenschaft.« (Truffaut) ▶ Freitag, 26. Februar 2015, 18.30 Uhr 75 eine Reflexion über die Einsamkeit außergewöhnlicher Menschen, Genies oder Monstren, monströser Genies. CITIZEN KANE ist in all seinen experimentellen Aspekten ein Erstlingswerk und durch seine globale Sicht der Welt ein Testament. In CITIZEN KANE steckt eine persönliche, großzügige und vornehme Philosophie der Welt.« (Truffaut) ▶ Sonntag, 28. Februar 2015, 18.30 Uhr Heynowski & Scheumann Gerhard Scheumann (links) und Walter Heynowski (rechts) Walter Heynowski & Gerhard Scheumann 76 Es schlug wie eine Bombe ein, als die beiden Regisseure Walter Heynowski und Gerhard Scheumann 1966 ihren Dokumentarfilm DER LACHENDE MANN präsentierten. Ein aus der Bundesrepublik stammender Söldner, genannt »Kongo-Müller«, der vor laufender Kamera, mit einem Glas Pernod in der Hand, über seine Mordtaten in Afrika schwadroniert und sich der massenhaften Abschlachtung von Menschen rühmt. DER LACHENDE MANN wurde von Festival zu Festival gereicht und kontrovers diskutiert wie selten ein Dokumentarfilm vorher. Auch viele andere, spätere Arbeiten von Heynowski und Scheumann machten in Ost wie West Furore, in Leipzig, Moskau, Oberhausen, Mannheim, Paris, Montreal. Ihr Studio H&S wurde international preisgekrönt; ihnen zu Ehren gab es Retrospektiven in mehr als vierzig Ländern. So war es jedenfalls bis in die späten 1980er-Jahre, als es mit »ihrem« Staat, der DDR, zu Ende ging und die beiden fast nur noch als Propagandisten des untergegangenen Systems in den Orkus des Vergessens verbannt wurden. Dabei gilt auch für dieses Œuvre, was sich Gerhard Scheumann 1988 fürs Werk seines großen Vorbilds Joris Ivens gewünscht hatte: »Dass Dokumentarfilme, deren Gegenstände historisch überlebt sind, deshalb nicht auch als ›überlebt‹ gelten und damit in der Versenkung verschwinden. Dialektischer Umgang mit solchem Material verlangt vielmehr, es immer wieder zu zeigen, auf dass sich der Zuschauer durch wenige Worte zuvor oder danach überzeugen könnte, dass die Geschichte sich tatsächlich bewegt.« Und ein jüngerer Regie-Kollege und Historiker urteilte Mitte der 1990erJahre: »Ich bin dafür, dass wir mit H&S sorgsam umgehen und sie vor dem zeitgeschichtlichen und biografischen Hintergrund behandeln. Immerhin sind sie gegenüber der Agitprop-Dutzendware aus dem Studio wenigstens Filme. Diese Filme zeichnet ein hoher Standard an Argumentation, Rhetorik und Inanspruchnahme künstlerischer Mittel aus. Sie haben in ihrer Zeit Wirkung gehabt und Zeichen gesetzt. Propagandafilm ist zunächst weder gut noch schlecht. Es gibt gute Propaganda, es gibt schlechte, und es gibt dies für gute und schlechte Sachen« (Günter Jordan). Wagen wir also einen neuen Blick auf Heynowski und Scheumann, die sich über mehr als zwei Jahrzehnte ve- kam als Elfjähriger auf eine »Nationalpolitische Erziehungsanstalt« (Napola), musste dann aus seiner ostpreußischen Heimat flüchten. Nach 1945 waren sie beide davon überzeugt, dass ein »radikaler Neuanfang« für Deutschland nötig sei: »Junge, auch ältere Deutsche kamen zu dem Entschluss, Deutschland müsse sehr anders werden, vor allem seine Eigentums-, Macht- und Kommandostrukturen. Auch der Internationalismus war immer auch Abtragen nationaler Schuld im Wissen um das, was geschehen war«, sagte der Publizist Klaus Wischnewski 1998 zum Tod von Scheumann. Und: »Man muss begreifen, dass es mit solcher Entscheidung und Haltung in der real existierenden Welt für ihn keine Varianten und Auswege gab, in keine Himmelsrichtung, weder bequeme, miese, noch spektakuläre, dramatische, als die Hoffnung verbraucht, die Utopie verbannt war.« Auf die Frage nach ihren einstigen Prinzipien erwiderte Scheumann 1997: »Natürlich waren wir von der Auffassung geprägt, dass wir uns in einer Epoche des weltweiten Übergangs vom Kapitalismus zum Sozialismus befinden. Vom Ende her betrachtet könnte man natürlich sagen, dass die Definition vom Charakter der Epoche durch die Geschichte widerlegt ist.« Doch es »bleiben einige Positionen, deren wir uns niemals zu schämen brauchen, sowohl was Chile als auch Vietnam und Kambodscha betrifft. Wir können sagen, wir sind mit unseren Filmen dabei gewesen.« Namentlich die Filme über den Krieg in Vietnam, so wie 100 (1971), DIE TEUFELSINSEL (1976) oder EIN VIETNAMFLÜCHTLING (1979), und der Chile-Zyklus gehörten zum Repertoire aller namhaften Festivals weltweit. Das Ende des Studios H&S erfolgte freilich nicht erst mit dem Ende der DDR. Schon 1982 wurde hier ein radikaler Schlussstrich gezogen. Was war geschehen? Den letzten Anlass für die Liquidierung des Studios bildete 1982 ein Diskussionsbeitrag Gerhard Scheumanns auf dem IV. Kongress des Verbandes der Filmund Fernsehschaffenden der DDR. Scheumann ritt eine scharfe Attacke gegen die Medienpolitik der SED unter dem dafür verantwortlichen Sekretär des Zentralkomitees Joachim Herrmann. Zu hören waren Sätze wie: »Die Qualität der Medienpolitik ist ein Gradmesser für die soziale Kultur eines Landes. In dem Maße, wie sich eine Gesellschaft über ihre Probleme öffentlich verständigt, bekundet sie entweder ihre Reife oder Unreife.« Oder: »Wenn der Dokumentarfilm nur als Vehikel der täglichen Medienpolitik benutzt werden soll, muss er verkommen. Wenn er sich entwickeln soll, muss er einen weiteren Radius ausschreiten dürfen als die auf den Tag und die Stunde orientierte Politik.« Heynowski & Scheumann hement, so streitbar wie umstritten, in die Debatten um Themen, Ästhetiken und die Ethik des internationalen Dokumentarfilms eingebracht haben. Walter Heynowski, geboren 1927, und Gerhard Scheumann, geboren 1930, kamen vom Journalismus und machten seit Mitte der 1960er-Jahre gemeinsam Filme für Kino und Fernsehen. Gerhard Scheumann starb 1998 an Krebs. Walter Heynowski trat erst 2003 wieder vor die Kamera: für ein fast zehnstündiges Zeitzeugen-Gespräch der DEFA-Stiftung. Ausschlaggebend für seine Zusage, dieses Gespräch zu führen, war die Tatsache, dass er kurz zuvor von der chilenischen Regierung für Chile-Filme wie MITBÜRGER, GELDSORGEN oder EL GOLPE BLANCO, die er ab 1973 gemeinsam mit Scheumann gedreht hatte, in Santiago mit einer hohen staatlichen Auszeichnung geehrt worden war. 2007 legte Heynowski dann den ersten Band seiner Memoiren vor: »Der Film meines Lebens«, ein Buch über seine Kindheit und Jugend. Am zweiten Band arbeitet er derzeit. Zu politischen Knotenpunkten im Schaffen von H&S wurden Westdeutschland, Vietnam, Chile und Kampuchea. H&S engagierten sich gegen den Krieg in Südostasien, gegen den faschistischen Militärputsch Pinochets, gegen alte und neue Nazis in der BRD. Die DDR interessierte sie nur sehr am Rande. Frühe, international viel beachtete Höhepunkte ihrer Arbeit waren neben DER LACHENDE MANN auch dessen Vorläufer-Film KOMMANDO 52 (1965) sowie GEISTERSTUNDE (1967) über die Wahrsagerin Buchela, die sich »Orakel von Bonn« nannte und bei der sich selbst hochrangige Politiker Rat und Beistand holten. In PILOTEN IM PYJAMA (1967-68) interviewten H&S US-amerikanische Flieger, die abgeschossen worden waren und nun in vietnamesischen Gefängnissen saßen. Diese Filme trugen dazu bei, dass den beiden Regisseuren von der DDR-Regierung genehmigt wurde, ab 1. Mai 1969 ein eigenes, von der DEFA unabhängiges Studio H&S einzurichten. Dieses Studio besaß Privilegien, von denen andere DDR-Filmemacher nur träumen konnten: ökonomische Autonomie (einschließlich Devisen), Reisepässe, Videotechnik, Druckkapazitäten für Begleitbücher und mehrsprachige Werbeprospekte. Das war alles andere als »normal« im ökonomisch chronisch schwächelnden Ländchen. Auf der Suche nach Wurzeln für ihr Engagement müssen die Biografien der beiden Regisseure befragt werden. Heynowski und Scheumann waren in der Nazizeit aufgewachsen, hatten den Krieg bewusst miterlebt. Heynowski war Luftwaffenhelfer und Soldat der Wehrmacht, geriet dann in Gefangenschaft. Scheumann 77 Heynowski & Scheumann Was Scheumann zu dieser Brandrede bewog, waren nicht zuletzt Querelen um einen neuen KampucheaFilm, den die SED-Agitationsabteilung aus Gründen einer neuen diplomatischen Annäherung an das chinesische Regime nicht gebrauchen konnte. Was für Scheumann nach dieser Rede folgte, war verheerend: Parteistrafe, Absetzung als Jurypräsident des Leipziger Dokumentarfilmfestivals einschließlich eines Reiseverbots zu diesem Festival, dann Auflösung des Studios. Beide Regisseure wurden in das DEFA-Studio für Dokumentarfilme re-integriert. Erst 1986 durften Heynowski und Scheumann das Kürzel H&S wieder benutzen; zu ihren späten Filmen gehörten dann DIE LÜGE UND DER TOD (1988) über ein Kapitel der Judenverfolgung in Nazi-Deutschland und KAMERAD KRÜGER (1989) über einen unbelehrbaren Altnazi. 78 Eine enge Mitarbeiterin an der Akademie der Künste, Regine Herrmann, schrieb nach Scheumanns Tod: »Der Konflikt zwischen selbst gewählter Pflicht und Neigung wurde im Aushalten für ihn unerträglich. Das Fortschreiten innerer Abneigung und auch die Verachtung gegenüber politischer Kleingeisterei habe ich oft bemerken können. Um welchen Preis aber glaubte er, dem offiziösen Erwartungsdruck standhalten zu müssen, so wie es sein preußisches Pflichtbewusstsein ihm gebot? Warum übte er wider besseres Wissen Loyalität …?« In vielen ihrer Filme nutzten H&S die Möglichkeit, sich auch künstlerisch-ästhetisch zu beweisen, ja vielleicht sogar eine Vollkommenheit von Inhalt und Form zu erreichen. Dass ihnen osteuropäische Kollegen wie der Moskauer Regisseur Roman Karmen dafür Lob spende- ten, lag auf der Hand, aber auch im Westen bescheinigte man ihnen, bei aller politischer Distanz, die »Schlagkraft und Brillanz ihrer Filme«, eine »formale Virtuosität« (Wilhelm Roth). Der Westberliner Filmhistoriker Hans-Joachim Schlegel erkannte »filmsprachlich bewusst kalkulierte, bis ins Detail genau eingeplante Erfolge«. Wilhelm Roth schrieb über Chile-Filme wie PSALM 18 (1974), »ihre Methode der emotionalen oder satirischen Zuspitzung (funktioniere hier) am besten, das treffende Detail steht stellvertretend für die Totalität der Wirklichkeit«. In dem wohl diffizilsten, vielleicht auch schmerzhaftesten Filmprojekt, dem sich H&S widmeten, DIE ANGKAR (1981) über das Terrorregime des Henkers Pol Pot, wurden die Auswüchse der eigenen Ideologie beschrieben: Ein Kritiker nannte ihn »eine kurze, aber nachhaltige Lektion über Austauschbarkeit von Worten, Parolen, Emblemen, auch über die Verführbarkeit durch Oberflächen, das Verhältnis von ›einfacher‹ und komplizierter Wahrheit. Das Finden der Wahrheit ist nicht einfacher geworden – im Gegenteil« (Fred Gehler). Allein DIE ANGKAR sowie die kurzen Chile- und Vietnam-Filme, darunter der berührende filmische Aufruf, Blut für Vietnam zu spenden (400 CM3, 1966), mit einem originalen, a cappella gesungenen Chorwerk von Paul Dessau, geben genug Material für eine eingehende filmästhetische Analyse der Arbeit und Lebensleistung von H&S. Der Filmhistoriker Olaf Möller schrieb: »Die Trennung von Propaganda und Dokument ist Walter Heynowski & Gerhard Scheumann fremd. Eine Wahrheit, also die Meinung, ist etwas, worum man kämpfen muss; Wahrheit muss man schaffen.« H&S besäßen, wie ihre westdeutschen TV-Kollegen Dieter Ertel oder Roman Brodmann, den »Charme eines marodierenden Meinungslandsknechts, der sinnstiftend durch Feindesland stapft, der den Feind konfrontiert, nie wirklich getarnt, lügend, nur einfach nicht alles sagend …« Bis heute gibt es viele Fragen, die an die Filme von H&S zu stellen sind. Fragen nach Mut und Angst, nach dem Wechselspiel von Hoffnungen und Illusionen, Stolz und Arroganz, Fragen zu ihren Zweifeln und ihrem Opportunismus, zu Wahrheit und Lüge – überhaupt zum Ethos des Filmemachens. Was hatte es mit dem oft konstatierten Sarkasmus (oder Zynismus?) in den Filmkommentaren von H&S auf sich? Wie gingen die beiden Regisseure hinter der Kamera und am Schneidetisch mit den Protagonisten ihrer Filme um, was blendeten sie aus, was legten sie bloß, was übersahen sie; was wollten, was mussten sie übersehen? Wo standen sich Realität, Wahrhaftigkeit und Propaganda im Wege? Und wo Mitbürger | DDR 1974 | R+B: Walter Heynowski, Gerhard Scheumann | K: Peter Hellmich | 8 min | Salvador Allendes Abschiedsrede während des Militärputsches am 11. September 1973, unterlegt mit Fotos und Filmaufnahmen. – Psalm 18 | DDR 1974 | R+B: Walter Heynowski, Gerhard Scheumann | K: Peter Hellmich | 6 min | Die Kirche und das Militär – Bilder einer unheiligen Allianz, zur Realsatire verdichtet. – Geldsorgen | DDR 1975 | R+B: Walter Heynowski, Gerhard Scheumann | K: Peter Hellmich | 6 min | Chilenische Geldscheine, auf die regimekritische Parolen gekritzelt wurden. Und was der Direktor der chilenischen Zentralbank dazu zu sagen weiß. – El Golpe Blanco (Der weiße Putsch) | DDR 1975 | R+B: Walter Heynowski, Gerhard Scheumann | K: Peter Hellmich, Horst Donth, Winfried Goldner | M: Reiner Bredemeyer | 70 min | Spektakuläre Analyse der Hintergründe des Militärputsches gegen die Unidad Popular, einschließlich der Rolle des US-amerikanischen Geheimdienstes CIA, der seit den Wahlen vom Herbst 1970 und der Regierungsübernahme des linken Präsidenten Salvador Allende »ein ganzes Heer von Provokateuren« finanzierte. ▶ Dienstag, 12. Januar 2016, 21.00 Uhr | Zu Gast: Ralf Schenk Der Mann an der Rampe | DDR 1989 | R+B: Walter Heynowski, Gerhard Scheumann | K: Horst Donth, Winfried Goldner | M: Georg Katzer | 13 min | Porträt eines Schreibtischtäters aus dem KZ Auschwitz, der nach dem Zweiten Weltkrieg einen neuen Platz in der Bundeswehrverwaltung fand. – Kamerad Krüger | DDR 1989 | R+B: Walter Heynowski, Gerhard Scheumann | K: Horst Donth, Peter Hellmich | 94 min | Die Geschichte des früheren SS-Oberscharführers Walter Krüger, Mitglied der »Leibstandarte Adolf Hitler«, der noch 1988 ein Jahrestreffen von SS-Veteranen im bayerischen Nesselwang organisiert und ohne jede Reue das NS-System und seine eigene Rolle darin glorifiziert. Heynowski und Scheumann nähern sich ihm auf altbewährte Art und Weise, geben sich als westdeutsche Journalisten aus und entlocken ihm entlarvende Geständnisse. »Vielschichtige Montage von historischen Bilddokumenten und aktuellem Material sowie Musikakzenten, die die Erregung steigern.« (Elke Schieber) ▶ Dienstag, 19. Januar 2016, 21.00 Uhr 400 cm3 | DDR 1966 | R: Walter Heynowski | B: Walter Heynowski, Gerhard Scheumann | K: Werner Bergmann, Horst Donth | M: Paul Dessau | 6 min | Aufruf zur Blutspende für Vietnam, montiert zu Hölderlins Ode »Der Tod fürs Vaterland«. – 100 | DDR 1971 | R+B: Walter Heynowski | K: Thomas Billhardt, Horst Donth | 6 min | Hundert Liegestütze: Strafe für jene US-Soldaten, die sich weigern, Vietnamesen als »Schweine« zu bezeichnen. – Eintritt kostenlos | DDR 1976 | R+B: Walter Heynowski, Gerhard Scheumann, Peter Hellmich | K: Peter Hellmich, Horst Donth, Winfried Goldner | 11 min | Ein Jahr nach Kriegsende: Besuch in Hanoier Museen, in denen Exponate zur US-Invasion ausgestellt sind. – Die Teufelsinsel | DDR 1976 | R+B: Walter Heynowski, Gerhard Scheumann | K: Peter Hellmich, Horst Donth, Winfried Goldner | M: Sergio Ortega | 61 min | Die Folterwerkstatt in einem südvietnamesischen Gefängnis für politische Gefangene. – Am Wassergraben | DDR 1978 | R+B: Walter Heynowski, Gerhard Scheumann | K: Peter Hellmich | 16 min | Erinnerung an das US-Massaker von My Lai. – Ein Vietnamflüchtling | DDR 1979 | R+B: Walter Heynowski, Gerhard Scheumann | 4 min | Ein südvietnamesischer Polizeigeneral als Restaurantbesitzer in den USA. – Amok | Heynowski & Scheumann flossen sie ineinander über – im Ringen um die viel beschworene, aus konkreten historischen Umständen gewachsene Idee einer »besseren Welt«? Die Filme von H&S sind und bleiben markante politische Zeichen ihrer Ära – und spannende ästhetische Versuchsanordnungen. Ralf Schenk 79 DDR 1984 | R+B: Walter Heynowski, Gerhard Scheumann | K: Horst Donth, Winfried Goldner | M: Rainer Böhm | 14 min | Ein Vietnam-Veteran als Amokläufer. ▶ Dienstag, 26. Januar 2016, 21.00 Uhr Piloten im Pyjama: Hilton-Hanoi | DDR 1968 | R+B: Walter Heynowski, Gerhard Scheumann | K: Hans Eberhard Leupold, Gerhard Münch, Peter Hellmich, Horst Donth | M: Reiner Bredemeyer | 62 min | Ein Film, der seinerzeit weltweit Aufsehen erregte: Die nordvietnamesische Regierung gestattete es zum ersten Mal, dass abgeschossene US-amerikanische Bomberpiloten über ihre militärischen Aufträge und politischen Einstellungen befragt werden durften. »Vor der Kamera sieht man offensichtlich nervöse, unter psychischem Druck stehende Amerikaner, die eine Befragung über sich ergehen lassen, die mehr den Charakter einer Gerichtsverhandlung trägt; unablässig müssen sie bekunden, wie gut es ihnen in nordvietnamesischer Gefangenschaft gehe« (Ulrich Gregor). Mit viel Sympathie für das vietnamesische Volk und ebenso viel Hass auf die USInvasoren gedrehtes, propagandistisches Haupt- und Staatsprojekt von H&S. – Zeitzeugengespräch mit Walter Heynowski | Deutschland 2003 | R+B: Ralf Schenk | 32 min | Ausschnitte aus einem rund zehnstündigen Gespräch, das Walter Heynowski nach langem Schweigen der DEFA-Stiftung gewährte. Heynowski & Scheumann ▶ Dienstag, 2. Februar 2016, 21.00 Uhr 80 Kommando 52 | DDR 1965 | R+B: Walter Heynowski | K: Peter Hellmich, Horst Donth, Thomas Billhardt | M: Dieter Zechlin | 35 min | Westeuropäische Söldner im Kongo, die im Dienst des Diktators Tschombé in großem Umfang morden und deren Taten von »ihren« Regierungen gedeckt werden. Ein politischer Aufklärungsfilm, der nachzuweisen sucht, dass deutsche Kriegsverbrecher ihr schmutziges Handwerk auch nach dem Ende des NS-Regimes kontinuierlich fortsetzten. – Der lachende Mann | DDR 1966 | R+B: Walter Heynowski, Gerhard Scheumann | K: Peter Hellmich, Horst Donth | 65 min | Major Siegfried Müller, beteiligt am Genozid im Kongo, gibt vor der Kamera freimütig und selbstbewusst Auskunft über sein Seelenleben. Fotografiert vor dunklem Hintergrund, »um die ganze Aufmerksamkeit auf Kopf und Oberkörper des Scheusals zu richten« (Gerhard Scheumann). Abgefüllt mit Pernod, plaudert sich »Kongo-Müller« um Kopf und Kragen – und die internationale Kritik debattierte darüber, ob es ein legitimes Verfahren gewesen sei, dass die Dokumentaristen ihre »Jagdbeute« mit Alkohol gefügig machten. ▶ Dienstag, 16. Februar 2016, 21.00 Uhr Exercises | DDR 1981 | R+B: Walter Heynowski, Gerhard Scheumann | K: Peter Hellmich | 10 min | Besuch in der Schule der Schönen Künste in Phnom Penh, zwei Jahre nach dem Ende der mörderischen Herrschaft der Roten Khmer. – Die Angkar | DDR 1981 | R+B: Walter Heynowski, Gerhard Scheumann | K: Peter Hellmich, Horst Donth, Winfried Goldner | 91 min | Anhand der Häftlingskartei des Vernichtungslagers Toul Sleng / S 21 in Phnom Penh rekonstruiert der Film die Schreckensherrschaft des Pol-Pot-Regimes. Bilder von Opfern und Tätern. Der Versuch, Alltag und Tathergänge zu rekonstruieren – damit nichts vergessen wird, weder die Toten noch die Lebenden. »In diesem Film wird nichts verschwiegen, auch nicht, was die eigene Ideologie und politische Haltung beschädigte: Hammer und Sichel über dem Bilde Pol Pots; Lenin und eine Fahne mit Hammer und Sichel« (Elke Schieber). Zugleich eine selbstreflexive Parabel über Authentizität und Fälschung, Realismus und Lüge, das Verbiegen von Wahrheit im Dokumentarfilm. Eine der stärksten Produktionen von H&S. ▶ Dienstag, 23. Februar 2016, 21.00 Uhr o.k. | DDR 1964 | R+B: Walter Heynowski | K: Hans Eberhard Leupold, Claus Neumann, Peter Hellmich | M: André Asriel | 32 min | Eine junge Frau, die aus der DDR in die BRD übergesiedelt war und in einem Animierlokal für US-amerikanische Soldaten landete, entschließt sich zur Rückkehr. – Geisterstunde | DDR 1967 | R: Walter Heynowski | B: Walter Heynowski, Gerhard Scheumann | K: Peter Hellmich | M: Reiner Bredemeyer | 78 min | Gespräche mit Margarete Goussanthier, genannt »Die Buchela«, die in ihrem Haus in Remagen auch Bonner Politikern die Zukunft voraussagt. Eine ältere Dame, die scheinbar alles weiß, aber nicht erkennt, dass sie ostdeutschen Dokumentaristen in die satirische Falle ging. – Mit vorzüglicher Hochachtung | DDR 1967 | R: Walter Heynowski, Peter Voigt | B: Walter Heynowski | K: Hans Eberhard Leupold | 6 min | Auf einem Gastspiel in der BRD werden allen Mitgliedern des ostdeutschen Bach-Orchesters mysteriöse Zettel unter ihren Hoteltüren durchgeschoben. – Teufelszeug | DDR 1987 | R+B: Walter Heynowski, Gerhard Scheumann | K: Peter Hellmich | 12 min | Beobachtungen und Interviews während einer Demonstration im Hunsrück gegen die Stationierung von Cruise Missiles im Rahmen des NATO-Doppelbeschlusses. ▶ Dienstag, 1. März 2016, 21.00 Uhr Die Reihe FilmWeltWirtschaft kooperiert dieses Mal mit der Futurale, dem Filmfestival zum Thema Zukunft der Arbeit, das vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Rahmen des Dialogprozesses Arbeiten 4.0 initiiert wurde und das durch 25 Kinos und Städte tourt. Damit soll ein breiter Dialog über die Zukunft der Arbeit in Gang gesetzt werden: Wie wollen wir arbeiten? Wie verändert sich Arbeit vor dem Hintergrund des technischen und gesellschaftlichen Wandels? Die Digitalisierung verändert nicht nur Unternehmens- und Produktionsprozesse, sondern schafft auch neue Arbeitsformen und stellt neue Anforderungen sowohl an Beschäftigte als auch an Unternehmen. Die »digitale Revolution« schafft neue Märkte, Produkte und Arbeitsmodelle, sie bietet Chancen und birgt Risiken, weckt Hoffnungen und schürt Ängste. Sieben Dokumentarfilme bieten einen spannenden Einblick in eine Gegenwart, in der die Zukunft bereits sichtbar wird. Eine der faszinierendsten neuen Errungenschaften ist der 3D-Drucker, mit dem scheinbar fast alles schnell und kostengünstig selbst designt und hergestellt werden kann. PRINT THE LEGEND von Luis Lopez und Clay Tweel zeigt die rasante Entwicklung der Brooklyner Firma MakerBot Industries und porträtiert die Köpfe hinter dem erfolgreichen Start-up-Unternehmen. Neue Freiheiten in der Verbindung von Leben und Arbeiten untersucht der Hamburger Filmemacher Thorsten Kolsch, der in DIGITALE NOMADEN – DEUTSCHLAND ZIEHT AUS die Geschichten von fünf etablierten digitalen Nomaden erzählt und herausfinden will, ob dieses Lebensmodell – die selbstständige ortsunabhängige Erwerbsarbeit mit dem Laptop – auch für ihn denkbar wäre. PLEASE SUBSCRIBE von Dan Dobi porträtiert professionelle YouTuber, die von ihrem »Hobby« inzwischen leben können und von denen manche sogar zu Stars im Netz geworden sind. Der niederländische Film IK BEN ALICE von Sander Burger begleitet in Amsterdam das Projekt einer interdisziplinär aufgestellten Gruppe beim prototypischen Einsatz eines sogenannten Socio-Bots: Alice, ein 60cm großes Automatenwesen ist lernfähig, vernetzt und gesprächskompetent. Ihre Gegenüber sind drei allein lebende Seniorinnen, deren Tage nur selten durch den Besuch von Freunden und Pflegekräften unterbrochen werden. Alice, deren Software auf emotionale Intelligenz ausgerichtet ist, bleibt oft als einzige »Bezugsperson«. Nach jeder Filmvorführung bieten regionale Experten und Akteure eine Diskussionsrunde zur Zukunft der Arbeit. Das Festival wird am 21. Januar 2016 von der Bundesministerin für Arbeit und Soziales Andrea Nahles eröffnet. Über die Apps Greta+Starks werden alle Filme mit Audiodeskription und Untertiteln für Gehörlose angeboten. Zum Festival erscheint ein Flyer, in dem die genauen Termine bekanntgegeben werden. www.arbeitenviernull.de Claudia Engelhardt ▶ Donnerstag, 21. Januar bis Sonntag, 24. Januar 2016 FilmWeltWirtschaft iK BEN ALiCE FilmWeltWirtschaft – Arbeiten 4.0 81 f münchen Donnerstag, 3. September 2015 19.00 Stummfilmtage Doktor Satansohn D 1916 | Edmund Edel | 44 min Seite 3 Synthetic Sin (Erfahrene Frau gesucht) USA 1929 | William A. Seiter | 72 min | OF | \ Richard Siedhoff | 2 Stefan Drößler Freitag, 4. September 2015 18.30 Stummfilmtage Činy i ljudi (Auf den Hund gekommen) SU 1929 | Michail Doller, Jakov Protazanov | 73 min | OmU | \ Richard Siedhoff Seite 3 21.00 Stummfilmtage The Sheik of Araby USA 1927 | Dave Fleischer | 7 min | OF Beau Geste (Blutsbrüderschaft) USA 1926 | Herbert Brenon | 125 min | OF | \ Günter A. Buchwald Seite 4 18.30 Stummfilmtage Norrtullsligan (Weibliche Junggesellen) Schweden 1923 | Per Lindberg | 76 min | OmU | \ Günter A. Buchwald Seite 4 21.00 Stummfilmtage Varieté Deutschland 1925 | Ewald André Dupont | 104 min | \ Richard Siedhoff Seite 4 18.30 Stummfilmtage Dva Dni (Zwei Tage) Ukraine 1927 | Heorhii Stabovyi | 66 min | OmU | \ Joachim Bärenz Seite 4 21.00 Stummfilmtage The Playhouse USA 1921 | Buster Keaton, Edward F. Cline | 23 min | OF The Way of the Strong (Der Weg des Starken) USA 1928 | Frank Capra | 61 min | OF | \ Günter A. Buchwald Seite 5 18.30 Stummfilmtage Oi peripeteies tou Villar Griechenland 1924 | 23 min | OmU La proie du vent (Die Beute des Windes) Frankreich 1927 | René Clair | 83 min | OmU | \ Joachim Bärenz Seite 5 21.00 Jean Paul Gaultier The Fifth Element (Das fünfte Element) Frankreich 1997 | Luc Besson | 126 min | OmU Seite 7 Lian ai yu yi wu (Liebe und Pflichten) China 1931 | Wancang Bu | 152 min | OmeU | \ Joachim Bärenz Seite 5 Samstag, 5. September 2015 Sonntag, 6. September 2015 Dienstag, 8. September 2015 Kalenderübersicht Mittwoch, 9. September 2015 82 19.00 Stummfilmtage Donnerstag, 10. September 2015 19.00 Open Scene Freitag, 11. September 2015 18.30 Ingrid Bergman Munkbrogreven (Der Graf von der Mönchsbrücke) Schweden 1935 | Edvin Adolphson, Sigurd Wallén | 93 min | OmeU Seite 14 21.00 Hollywood ohne Schranken The Sin of Nora Moran (Die Sünde der Nora Moran) USA 1933 | Phil Goldstone | 65 min | OF Seite 24 Samstag, 12. September 2015 18.30 Ingrid Bergman Intermezzo Schweden 1936 | Gustaf Molander | 92 min | OmeU Seite 14 21.00 Hollywood ohne Schranken Night Nurse (Nachtschwester) USA 1931 | William A. Wellman | 72 min | OF Seite 25 Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450 f münchen Sonntag, 13. September 2015 18.30 Ingrid Bergman Die vier Gesellen Deutschland 1938 | Carl Froelich | 96 min Seite 14 21.00 Hollywood ohne Schranken Christopher Strong USA 1933 | Dorothy Arzner | 78 min | OF Seite 25 Dienstag, 15. September 2015 19.00 Jean Paul Gaultier Falbalas (Sein letztes Modell) Seite 7 Frankreich 1945 | Jacques Becker | 111 min | OmeU | / Jean Paul Gaultier Les falbalas de Jean Paul Gaultier (Die Rüschen von Jean Paul Gaultier) Frankreich 2004 | Tonie Marshall | 54 min | OmeU Mittwoch, 16. September 2015 18.30 Ingrid Bergman En kvinnas ansikte (Das Gesicht einer Frau) Schweden 1938 | Gustaf Molander | 104 min | OmeU Seite 14 21.00 Wahn und Kunst Lust for Life (Vincent van Gogh – Ein Leben in Leidenschaft) USA 1956 | Vincente Minnelli | 122 min | OmU Seite 35 Donnerstag, 17. September 2015 19.00 Open Scene Freitag, 18. September 2015 18.30 Ingrid Bergman Intermezzo USA 1939 | Gregory Ratoff | 70 min | OF Seite 15 21.00 Hollywood ohne Schranken Dr. Jekyll and Mr. Hyde (Dr. Jekyll und Mr. Hyde) USA 1932 | Rouben Mamoulian | 98 min | OF Seite 25 18.30 Ingrid Bergman Juninatten (Eine Nacht im Juni) Schweden 1940 | Per Lindberg | 88 min | OmeU Seite 15 21.00 Hollywood ohne Schranken Red Dust (Dschungel im Sturm) USA 1932 | Victor Fleming | 83 min | OF Seite 25 18.30 Ingrid Bergman Dr. Jekyll and Mr. Hyde (Arzt und Dämon) USA 1941 | Victor Fleming | 112 min | OF Seite 15 21.00 Hollywood ohne Schranken King Kong (King Kong und die weiße Frau) USA 1933 | Ernest B. Schoedsack, Merian C. Cooper | 100 min | OmU Seite 26 Sonntag, 20. September 2015 Dienstag, 22. September 2015 18.30 Hollywood ohne Schranken Dr. Jekyll and Mr. Hyde (Dr. Jekyll und Mr. Hyde) USA 1932 | Rouben Mamoulian | 98 min | OF Seite 25 21.00 Jean Paul Gaultier Madonna: Truth or Dare (In Bed With Madonna) USA 1991 | Alek Keshishian | 120 min | OmU Seite 7 Kalenderübersicht Samstag, 19. September 2015 83 Mittwoch, 23. September 2015 18.30 Hollywood ohne Schranken King Kong (King Kong und die weiße Frau) USA 1933 | Ernest B. Schoedsack, Merian C. Cooper | 100 min | OmU Seite 26 21.00 Wahn und Kunst Otto e mezzo (Achteinhalb) Italien 1963 | Federico Fellini | 138 min | OmU Seite 35 Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450 f münchen Donnerstag, 24. September 2015 19.00 Open Scene Freitag, 25. September 2015 18.30 Ingrid Bergman Casablanca USA 1942 | Michael Curtiz | 102 min | OmU Seite 15 21.00 Hollywood ohne Schranken Little Caesar (Der kleine Cäsar) USA 1931 | Mervyn LeRoy | 79 min | OF Seite 26 Samstag, 26. September 2015 18.00 Ingrid Bergman For Whom the Bell Tolls (Wem die Stunde schlägt) USA 1943 | Sam Wood | 157 min | OF Seite 16 21.00 Hollywood ohne Schranken Scarface (Narbengesicht) USA 1932 | Howard Hawks | 99 min | OmU Seite 26 18.30 Ingrid Bergman Gaslight (Das Haus der Lady Alquist) USA 1944 | George Cukor | 114 min | OmU Seite 16 21.00 Hollywood ohne Schranken The Public Enemy (Der öffentliche Feind) USA 1931 | William A. Wellman | 84 min | OF Seite 27 Sonntag, 27. September 2015 Dienstag, 29. September 2015 18.30 Ingrid Bergman The Bells of St. Mary’s (Die Glocken von St. Marien) USA 1945 | Leo McCarey | 88 min | OF 21.00 Jean Paul Gaultier Kind Hearts and Coronets (Adel verpflichtet) GB 1949 | Robert Hamer | 106 min | OmU Seite 16 Seite 7 Kalenderübersicht Mittwoch, 30. September 2015 84 18.30 Ingrid Bergman Spellbound (Ich kämpfe um dich) USA 1945 | Alfred Hitchcock | 111 min | OF Seite 16 21.00 Wahn und Kunst Lenz BRD 1971 | George Moorse | 130 min Seite 36 A Modern Hero USA 1934 | G.W. Pabst | 71 min | OF | 2 Mike Mashon Seite 27 18.30 Ingrid Bergman Casablanca USA 1942 / BRD 1952 | Michael Curtiz | 76 min | dt.F | 2 Andrea Kirchhartz Seite 15 21.00 Hollywood ohne Schranken Baby Face USA 1933 | Alfred E. Green | 76 min | OF | 2 Mike Mashon Seite 27 18.30 Ingrid Bergman Notorious (Weißes Gift) USA 1946 | Alfred Hitchcock | 101 min | OF Seite 16 21.00 Hollywood ohne Schranken Red-Headed Woman (Feuerkopf) USA 1932 | Jack Conway | 79 min | OF Seite 27 Donnerstag, 1. Oktober 2015 19.00 Hollywood ohne Schranken Freitag, 2. Oktober 2015 Samstag, 3. Oktober 2015 Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450 f münchen Sonntag, 4. Oktober 2015 18.00 Ingrid Bergman Joan of Arc (Johanna von Orleans) USA 1948 | Victor Fleming | 148 min | OF Seite 17 21.00 Hollywood ohne Schranken Of Human Bondage (Der Menschen Hörigkeit) USA 1934 | John Cromwell | 83 min | OF Seite 28 18.30 Ingrid Bergman Arch of Triumph (Triumphbogen) USA 1948 | Lewis Milestone | 133 min | OF Seite 17 21.00 Jean Paul Gaultier La cité des enfants perdus (Die Stadt der verlorenen Kinder) Frankreich 1995 | Jean-Pierre Jeunet & Marc Caro | 112 min | OmU Dienstag, 6. Oktober 2015 Seite 8 Mittwoch, 7. Oktober 2015 18.30 Ingrid Bergman Under Capricorn (Sklavin des Herzens) USA 1949 | Alfred Hitchcock | 111 min | OF Seite 17 21.00 Wahn und Kunst Das Leben des schizophrenen Dichters Alexander März BRD 1975 | Vojtěch Jasný | 115 min Seite 36 Donnerstag, 8. Oktober bis Sonntag, 11. Oktober 2015 Underdox – Festival für Dokument und Experiment Seite 38 18.30 Ingrid Bergman Ingrid Bergman Rarities Schweden 1944–1978 | 78 min | OmeU | 2 Jon Wengström Seite 17 21.00 Jean Paul Gaultier A Streetcar Named Desire (Endstation Sehnsucht) USA 1951 | Elia Kazan | 122 min | OF Dienstag, 13. Oktober 2015 Seite 8 18.30 Ingrid Bergman Notorious (Weißes Gift) USA 1946 | Alfred Hitchcock | 101 min | OF Seite 16 21.00 Wahn und Kunst Love & Mercy USA 2014 | Bill Pohlad | 120 min | OmU Seite 36 Donnerstag, 15. Oktober 2015 19.00 Figurentheaterfestival L’image manquante (Das fehlende Bild) Kambodscha 2013 | Rithy Panh | 92 min | OmeU Freitag, 16. Oktober 2015 18.30 Ingrid Bergman Spellbound (Ich kämpfe um dich) USA 1945 | Alfred Hitchcock | 111 min | OF Seite 16 21.00 Hollywood ohne Schranken I am a Fugitive from a Chain Gang (Jagd auf James A.) USA 1932 | Mervyn LeRoy | 92 min | OF Seite 28 18.30 Ingrid Bergman Under Capricorn (Sklavin des Herzens) USA 1949 | Alfred Hitchcock | 111 min | OF | 2 Thilo Wydra Seite 17 21.00 Hollywood ohne Schranken Man’s Castle (Ein Schloss in New York) USA 1933 | Frank Borzage | 71 min | OmU Seite 28 Samstag, 17. Oktober 2015 Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450 Kalenderübersicht Mittwoch, 14. Oktober 2015 85 f münchen Sonntag, 18. Oktober 2015 17.30 Film und Psychoanalyse Beit Lechem (Bethlehem) Seite 39 Israel 2013 | Yuval Adler | 99 min | OmU | 2 Salek Kutschinski, Katharina Leube-Sonnleitner 21.00 Hollywood ohne Schranken Wild Boys of the Road (Kinder auf den Straßen) USA 1933 | William A. Wellman | 68 min | OF Seite 29 18.30 Hollywood ohne Schranken Man’s Castle (Ein Schloss in New York) USA 1933 | Frank Borzage | 71 min | OmU Seite 28 21.00 Jean Paul Gaultier My Beautiful Laundrette (Mein wunderbarer Waschsalon) GB 1985 | Stephen Frears | 97 min | OF Dienstag, 20. Oktober 2015 Seite 8 Mittwoch, 21. Oktober 2015 18.30 Ingrid Bergman Stromboli Italien 1950 | Roberto Rossellini | 105 min | engl. OF Seite 18 21.00 Wahn und Kunst Kinski Paganini Italien 1989 | Klaus Kinski | 81 min | OmU Seite 36 Donnerstag, 22. Oktober 2015 19.00 Open Scene Freitag, 23. Oktober 2015 18.30 Ingrid Bergman Europa 51 Italien 1952 | Roberto Rossellini | 118 min | OmeU Seite 18 21.00 Hollywood ohne Schranken The Sign of the Cross (Im Zeichen des Kreuzes) USA 1932 | Cecil B. DeMille | 122 min | OF Seite 29 18.30 Ingrid Bergman Ingrid Bergman Italien 1953 | Roberto Rossellini | 20 min | engl. OF Viaggio in Italia (Liebe ist stärker) Italien 1954 | Roberto Rossellini | 86 min | engl. OF Seite 18 21.00 Hollywood ohne Schranken Duck Soup (Die Marx-Brothers im Krieg) USA 1932 | Leo McCarey | 68 min | OF Seite 29 18.30 Ingrid Bergman Angst BRD 1954 | Roberto Rossellini | 81 min Seite 18 21.00 Hollywood ohne Schranken It’s a Gift (Das ist geschenkt) USA 1934 | Norman McLeod | 73 min | OF Seite 29 18.30 Ingrid Bergman Giovanna d’Arco al Rogo (Johanna auf dem Scheiterhaufen) Italien 1954 | Roberto Rossellini | 80 min | OmeU Seite 19 21.00 Jean Paul Gaultier Behind the Candelabra (Liberace – Zu viel des Guten ist wundervoll) USA 2013 | Steven Soderbergh | 118 min | OmU Kalenderübersicht Samstag, 24. Oktober 2015 86 Sonntag, 25. Oktober 2015 Dienstag, 27. Oktober 2015 Seite 8 Mittwoch, 28. Oktober 2015 19.00 Wahn und Kunst An Angel at My Table (Ein Engel an meiner Tafel) Neuseeland 1990 | Jane Campion | 158 min | OmU Seite 37 Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450 f münchen Donnerstag, 29. Oktober 2015 19.00 Open Scene Freitag, 30. Oktober 2015 18.30 Ingrid Bergman Elena et les hommes (Weiße Margeriten) Frankreich 1956 | Jean Renoir | 96 min | OmeU Seite 19 21.00 Hollywood ohne Schranken Five Star Final (Spätausgabe) USA 1931 | Mervyn LeRoy | 89 min | OF Seite 30 18.30 Ingrid Bergman Anastasia USA 1956 | Anatole Litvak | 105 min | OF Seite 19 21.00 Hollywood ohne Schranken Employees’ Entrance (Personaleingang) USA 1933 | Roy Del Ruth | 75 min | OF Seite 30 18.00 Ingrid Bergman The Inn of the Sixth Happiness (Die Herberge zur 6. Glückseligkeit) USA 1958 | Mark Robson | 158 min | OF Seite 19 21.00 Hollywood ohne Schranken Female (Der Boss ist eine schöne Frau) USA 1933 | Michael Curtiz | 60 min | OF Seite 30 18.30 Flucht und Zuflucht De l’autre côté (Jenseits von Sonora – Mexiko) Frankreich 2002 | Chantal Akerman | 103 min | OmeU Seite 41 21.00 Jean Paul Gaultier The Rocky Horror Picture Show GB 1975 | Jim Sharman | 100 min | OF Samstag, 31. Oktober 2015 Sonntag, 1. November 2015 Dienstag, 3. November 2015 Seite 9 18.30 Ingrid Bergman Indiscreet (Indiskret) USA 1958 | Stanley Donen | 100 min | OF Seite 20 21.00 Wahn und Kunst Dialogues with Madwomen (Gespräche mit verrückten Frauen) USA 1994 | Allie Light | 90 min | OmU Seite 37 Donnerstag, 5. November 2015 19.00 Open Scene Freitag, 6. November 2015 18.30 Ingrid Bergman Goodbye Again (Lieben Sie Brahms?) USA 1961 | Anatole Litvak | 120 min | OF Seite 20 21.00 Hollywood ohne Schranken Bird of Paradise (Luana) USA 1932 | King Vidor | 82 min | OF Seite 31 18.30 Ingrid Bergman The Visit (Der Besuch) USA 1964 | Bernhard Wicki | 100 min | OmU Seite 20 21.00 Hollywood ohne Schranken Tarzan and His Mate (Tarzans Vergeltung) USA 1934 | Cedric Gibbons | 104 min | OF Seite 31 Kalenderübersicht Mittwoch, 4. November 2015 87 Samstag, 7. November 2015 Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450 f münchen Sonntag, 8. November 2015 18.30 Ingrid Bergman Cactus Flower (Die Kaktusblüte) USA 1969 | Gene Saks | 103 min | OmU Seite 20 21.00 Hollywood ohne Schranken The Emperor Jones (Kaiser Jones) USA 1933 | Dudley Murphy | 105 min | OF Seite 31 18.30 Flucht und Zuflucht Jaurès Frankreich 2012 | Vincent Dieutre | 83 min | OmU Seite 42 21.00 Jean Paul Gaultier Querelle – Ein Pakt mit dem Teufel BRD 1982 | Rainer Werner Fassbinder | 108 min | engl. OF Dienstag, 10. November 2015 Seite 9 Mittwoch, 11. November 2015 18.30 Ingrid Bergman Murder on the Orient Express (Mord im Orient-Express) USA 1974 | Sidney Lumet | 128 min | OF Seite 20 21.00 Wahn und Kunst Die Unberührbare Deutschland 2000 | Oskar Roehler | 110 min Seite 37 Donnerstag, 12. November 2015 19.00 Wolf-Eckart Bühler Leo T. Hurwitz: Filme für ein anderes Amerika | Innere Sicherheit: Abraham Polonsky | Vietnam! Über den Umgang mit einer leidvollen Vergangenheit BRD/D 1980–1994 | Wolf-Eckart Bühler | 132 min | / Wolf-Eckart Bühler Seite 46 Freitag, 13. November 2015 18.30 Wolf-Eckart Bühler Leuchtturm des Chaos BRD 1982 | Wolf-Eckart Bühler | 119 min | / Wolf-Eckart Bühler Seite 46 21.00 Hollywood ohne Schranken Design for Living (Serenade zu dritt) USA 1933 | Ernst Lubitsch | 90 min | OF Seite 31 18.30 Wolf-Eckart Bühler Der Havarist BRD 1984 | Wolf-Eckart Bühler | 100 min | / Wolf-Eckart Bühler Seite 46 21.00 Hollywood ohne Schranken Jewel Robbery (Ein Dieb mit Klasse) USA 1932 | William Dieterle | 82 min | OF Seite 32 18.30 Wolf-Eckart Bühler Amerasia BRD 1985 | Wolf-Eckart Bühler | 100 min | engl. OF | / Wolf-Eckart Bühler Seite 46 21.00 Hollywood ohne Schranken I’m No Angel (Ich bin kein Engel) USA 1933 | Wesley Ruggles | 87 min | OF Seite 32 Kalenderübersicht Samstag, 14. November 2015 88 Sonntag, 15. November 2015 Montag, 16. November bis Samstag, 21. November 2015 Filmschoolfest Munich Sonntag, 22. November 2015 17.30 Film und Psychoanalyse No Country for Old Men USA 2007 | Joel & Ethan Coen | 122 min | OmU | 2 Andreas Hamburger Seite 39 21.00 Hollywood ohne Schranken Gold Diggers of 1933 (Goldgräber von 1933) USA 1933 | Mervyn LeRoy | 97 min | OF Seite 32 Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450 f münchen Dienstag, 24. November 2015 18.30 Flucht und Zuflucht Le Havre Frankreich 2011 | Aki Kaurismäki | 94 min | OmU 21.00 Jean Paul Gaultier The Cook, the Thief, His Wife and Her Lover (Der Koch, der Dieb, seine Frau und ihr Liebhaber) GB 1989 | Peter Greenaway | 124 min | OmU Seite 42 Seite 9 Mittwoch, 25. November 2015 18.30 Ingrid Bergman Höstsonaten (Herbstsonate) Schweden 1978 | Ingmar Bergman | 100 min | OmeU | 2 Thilo Wydra Seite 20 21.00 Wahn und Kunst Frances USA 1984 | Graeme Clifford | 140 min | OmU Seite 37 Donnerstag, 26. November 2015 19.00 Rumänisches Filmfestival O umbra de nor (Schatten der Wolken) | Trece şi prin perete (Es geht Seite 48 durch die Wand) | Aferim ! Rumänien 2013–2015 | Radu Jude | 154 min | OmeU+OmU | / Ada Solomon, Teodor Corban Freitag, 27. November 2015 18.30 Rumänisches Filmfestival Pasaport de Germania (Ein Pass für Deutschland) Rumänien 2014 | Răzvan Georgescu | 88 min | OmU | / Ada Solomon 21.00 Rumänisches Filmfestival Un etaj mai jos (Ein Stockwerk tiefer) Seite 49 Rumänien 2015 | Radu Muntean | 92 min | OmU | / Teodor Corban | 2 Bert Rebhandl Seite 49 Samstag, 28. November 2015 18.30 Rumänisches Filmfestival È pericoloso sporgersi! (Nicht aus dem Fenster lehnen!) Rumänien 1993 | Nae Caranfil | 104 min | OmeU | / Nae Caranfil Seite 49 21.00 Rumänisches Filmfestival Closer to the Moon (Näher zum Mond) Rumänien 2014 | Nae Caranfil | 12 min | engl. OF | / Nae Caranfil Seite 49 18.30 Rumänisches Filmfestival Scor alb (Unentschieden) | In the House | Bad Penny | Kowalski | Ramona Rumänien 2013–2015 | Marius Olteanu, Ana-Maria Comănescu, Andrei Seite 49 Creţulescu | 94 min | OmeU 21.00 Rumänisches Filmfestival Comoara (Der Schatz) Rumänien 2015 | Corneliu Porumboiu | 90 min | OmeU | 2 Bert Rebhandl Seite 49 18.30 Flucht und Zuflucht La pirogue (Die Piroge) Senegal 2012 | Moussa Touré | 87 min | OmU | / Abasse N’dione Seite 42 21.00 Jean Paul Gaultier Pink Flamingos USA 1972 | John Waters | 107 min | OF Seite 9 A Woman Called Golda (Golda Meir) GB 1982 | Alan Gibson | 190 min | OF Seite 21 Dienstag, 1. Dezember 2015 Mittwoch, 2. Dezember 2015 19.00 Ingrid Bergman Donnerstag, 3. Dezember 2015 19.00 Open Scene Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450 Kalenderübersicht Sonntag, 29. November 2015 89 f münchen Freitag, 4. Dezember 2015 18.30 Francesco Rosi Salvatore Giuliano (Wer erschoss Salvatore G.?) Italien 1962 | Francesco Rosi | 120 min | OmeU Seite 59 21.00 Rumänisches Filmfestival Poarta albă (Das weiße Tor) Rumänien 2015 | Nicolae Mărgineanu | 96 min | OmeU Seite 50 18.30 Francesco Rosi C’era una volta (Schöne Isabella) Italien 1967 | Francesco Rosi | 99 min | OmeU Seite 59 21.00 Rumänisches Filmfestival Ce lume minunată (What a Wonderful World) Moldawien 2014 | Anatol Durbală | 74 min | OmeU Seite 50 18.30 Francesco Rosi Il caso Mattei (Der Fall Mattei) Italien 1971 | Francesco Rosi | 116 min | OmeU Seite 60 21.00 Rumänisches Filmfestival Cai putere (Pferdestärken) Rumänien 2014 | Daniel Sandu | 26 min | OmeU București NonStop (Bukarest NonStop) Rumänien 2015 | Dan Chişu | 86 min | OmeU Seite 50 18.30 Flucht und Zuflucht Harragas Algerien 2009 | Merzak Allouache | 95 min | OmeU Seite 42 21.00 Jean Paul Gaultier Satyricon (Fellinis Satyricon) Italien 1969 | Federico Fellini | 128 min | OmU Seite 9 18.30 Francesco Rosi Tre Fratelli (Drei Brüder) Italien 1980 | Francesco Rosi | 111 min | OmeU Seite 60 21.00 Shi Hui Shijie ernv (Kinder der Welt) China 1941 | Luise & Jakob Fleck, Fei Mu | 90 min | OmU | 2 Isabel Wolte Seite 55 Samstag, 5. Dezember 2015 Sonntag, 6. Dezember 2015 Dienstag, 8. Dezember 2015 Mittwoch, 9. Dezember 2015 Kalenderübersicht Donnerstag, 10. Dezember 2015 90 Kurzfilmabend des Münchner Filmzentrums Amateure, Enthusiasten und Profis zeigen ihre Werke / Filmemacher und Filmemacherinnen 2 Matthias Mondon, Christoph Michel Seite 57 18.30 Francesco Rosi La Tregua (Atempause) Italien 1997 | Francesco Rosi | 113 min | OmeU Seite 60 21.00 Rumänisches Filmfestival Lupu (Wolf) Rumänien 2013 | Bogdan Mustaţă | 78 min | OmU Seite 50 18.00 Francesco Rosi Cristo si è fermato a Eboli (Christus kam nur bis Eboli) Italien 1979 | Francesco Rosi | 150 min | OmeU Seite 60 21.00 Rumänisches Filmfestival Lumea e a mea (Die Welt gehört mir) Rumänien 2015 | Nicolae Constantin Tănase | 104 min | OmeU Seite 50 19.00 Zuschauerkino Freitag, 11. Dezember 2015 Samstag, 12. Dezember 2015 Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450 f münchen Sonntag, 13. Dezember 2015 17.30 Film und Psychoanalyse Sadilishteto (Judgment – Grenze der Hoffnung) Seite 40 Bulgarien 2014 | Stephan Komandarev | 112 min | OmU | / Stephan Komandarev 2 Vivian Pramataroff-Hamburger, Katharina Leube 21.00 Rumänisches Filmfestival Autoportretul unei fete cuminţi (Selbstporträt einer gehorsamen Tochter) Rumänien 2015 | Ana Lungu | 80 min | OmeU | / Ana Lungu Seite 50 Dienstag, 15. Dezember 2015 18.30 Flucht und Zuflucht Sin nombre Mexiko 2009 | Cary Fukunaga | 96 min | OmU Seite 42 21.00 Jean Paul Gaultier All About Eve (Alles über Eva) USA 1950 | Joseph L. Mankiewicz | 138 min | OmU Seite 10 Mittwoch, 16. Dezember 2015 18.30 Jean-Marie Straub Europa 2005 – 27 Octobre | Joachim Gatti | La mort de Venise (Der Seite 63 Tod von Venedig) | La guerre d’Algérie ! (Der Algerienkrieg!) | Dolando | Renato | Geschichtsunterricht 1972–2015 | Jean-Marie Straub | 116 min | OmU | / Barbara Ulrich 21.00 Shi Hui Taitai wan sui (Die Ehefrau lebe hoch) China 1947 | Sang Hu | 107 min | OmU Seite 55 Donnerstag, 17. Dezember 2015 19.00 Open Scene Freitag, 18. Dezember 2015 18.30 Jean-Marie Straub L’aquarium et la nation (Das Aquarium und die Nation) | Lothringen ! | Seite 63 Un héritier (Ein Erbe) | À propos de Venise – Geschichtsunterricht 1994–2015 | Jean-Marie Straub | 100 min | OmU | / Barbara Ulrich 21.00 Jean Paul Gaultier Kika Spanien 1993 | Pedro Almodóvar | 114 min | OmU Seite 10 18.30 Jean-Marie Straub A Corner in Wheat USA 1909 | David Wark Griffith | 16 min | OF Kommunisten Schweiz 2014 | Jean-Marie Straub | 70 min | OmU | / Barbara Ulrich Seite 63 21.00 Jean Paul Gaultier La mala educación (Schlechte Erziehung) Spanien 2004 | Pedro Almodóvar | 106 min | OmU Seite 10 Les enfants du paradis (Kinder des Olymp) Frankreich 1945 | Marcel Carné | 183 min | OmU Seite 10 Sonntag, 20. Dezember 2015 19.00 Jean Paul Gaultier Montag, 21. Dezember 2015 bis Mittwoch, 6. Januar 2016 Weihnachtspause Donnerstag, 7. Januar 2016 19.00 François Truffaut François Truffaut Today Vortrag von Serge Toubiana in englischer Sprache | 60 min L’homme qui aimait les femmes (Der Mann, der die Frauen liebte) Frankreich 1977 | François Truffaut | 120 min | OmU | 2 Serge Toubiana Seite 69 Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450 Kalenderübersicht Samstag, 19. Dezember 2015 91 f münchen Freitag, 8. Januar 2016 18.30 François Truffaut You Only Live Once (Gehetzt) USA 1936 | Fritz Lang | 86 min | OF Seite 71 21.00 François Truffaut Les mistons (Die Unverschämten) Frankreich 1957 | François Truffaut | 18 min | OmU Les quatre cents coups (Sie küssten und sie schlugen ihn) Frankreich 1959 | François Truffaut | 99 min | OmU | 2 Serge Toubiana Seite 66 18.30 François Truffaut Le roman d’un tricheur (Roman eines Schwindlers) Frankreich 1936 | Sacha Guitry | 77 min | OmeU Seite 71 21.00 François Truffaut Tirez sur le pianiste (Schießen Sie auf den Pianisten) Frankreich 1960 | François Truffaut | 78 min | OmeU Seite 66 18.30 François Truffaut The Great Dictator (Der große Diktator) USA 1940 | Charles Chaplin | 125 min | OmU Seite 72 21.00 François Truffaut Jules et Jim (Jules und Jim) Frankreich 1962 | François Truffaut | 102 min | OmU Seite 66 18.30 François Truffaut Les mistons (Die Unverschämten) Frankreich 1957 | François Truffaut | 18 min | OmU Les quatre cents coups (Sie küssten und sie schlugen ihn) Frankreich 1959 | François Truffaut | 99 min | OmU Seite 66 21.00 Heynowski & Scheumann Mitbürger | Psalm 18 | Geldsorgen | El Golpe Blanco (Der weiße Putsch) DDR 1974–1975 | Walter Heynowski & Gerhard Scheumann | 90 min 2 Ralf Schenk Seite 79 18.30 François Truffaut Jules et Jim (Jules und Jim) Frankreich 1962 | R: François Truffaut | 102 min | OmU Seite 66 21.00 Shi Hui Ye dian (Nachtasyl) China 1947 | Huang Zuolin | 108 min | OmU Seite 55 18.30 François Truffaut Hitchcock/Truffaut USA 2015 | Kent Jones | 80 min | OF Seite 72 21.00 François Truffaut La peau douce (Die süße Haut) Frankreich 1964 | François Truffaut | 113 min | OmeU Seite 67 18.30 François Truffaut Rear Window (Das Fenster zum Hof) USA 1954 | Alfred Hitchcock | 112 min | OmU Seite 72 21.00 François Truffaut Fahrenheit 451 GB 1966 | François Truffaut | 112 min | OF Seite 67 Samstag, 9. Januar 2016 Sonntag, 10. Januar 2016 Dienstag, 12. Januar 2016 Kalenderübersicht Mittwoch, 13. Januar 2016 92 Donnerstag, 14. Januar 2016 19.00 Open Scene Freitag, 15. Januar 2016 Samstag, 16. Januar 2016 Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450 f münchen Sonntag, 17. Januar 2016 17.30 Film und Psychoanalyse Lichter Seite 40 Deutschland 2003 | Hans-Christian Schmid | 105 min | 2 Corinna Wernz, Mathias Lohmer 21.00 François Truffaut La mariée était en noir (Die Braut trug schwarz) Frankreich 1968 | François Truffaut | 107 min | OmU Seite 67 18.30 François Truffaut La peau douce (Die süße Haut) Frankreich 1964 | François Truffaut | 113 min | OmeU Seite 67 21.00 Heynowski & Scheumann Der Mann an der Rampe | Kamerad Krüger DDR 1988–1989 | Walter Heynowski & Gerhard Scheumann | 107 min Seite 79 18.30 François Truffaut Fahrenheit 451 GB 1966 | François Truffaut | 112 min | OF | 2 Christoph Michel Seite 67 21.00 Shi Hui Muqin (Mutter) China 1949 | Shi Hui | 100 min | OmU Seite 55 Dienstag, 19. Januar 2016 Mittwoch, 20. Januar 2016 Donnerstag, 21. Januar bis Sonntag, 24. Januar 2016 FilmWeltWirtschaft – Arbeiten 4.0 Seite 81 18.30 François Truffaut La mariée était en noir (Die Braut trug schwarz) Frankreich 1968 | François Truffaut | 107 min | OmU Seite 67 21.00 Heynowski & Scheumann 400 cm³ | 100 | Eintritt kostenlos | Die Teufelsinsel | Am Wassergraben | Ein Vietnamflüchtling | Amok DDR 1966–1984 | Walter Heynowski & Gerhard Scheumann | 118 min Seite 79 18.30 François Truffaut Antoine et Colette (Antoine und Colette) | Baisers volés (Geraubte Küsse) Frankreich 1962–1968 | François Truffaut | 119 min | OmeU Seite 67 21.00 Shi Hui Wo zhe yi beizi (Mein Leben) China 1950 | Shi Hui | 108 min | OmU Seite 55 18.30 François Truffaut Zéro de conduite (Betragen ungenügend) | L’Atalante (Atalante) Frankreich 1933–1934 | Jean Vigo | 122 min | OmeU Seite 73 21.00 François Truffaut Antoine et Colette (Antoine und Colette) | Baisers volés (Geraubte Küsse) Frankreich 1962–1968 | François Truffaut | 119 min | OmeU Seite 67 18.30 François Truffaut To Be or Not to Be (Sein oder Nichtsein) USA 1941 | Ernst Lubitsch | 92 min | OmU Seite 73 21.00 François Truffaut La sirène du Mississippi (Das Geheimnis der falschen Braut) Frankreich 1969 | François Truffaut | 123 min | OmeU Seite 67 Dienstag, 26. Januar 2016 Donnerstag, 28. Januar 2016 19.00 Open Scene Freitag, 29. Januar 2016 Samstag, 30. Januar 2016 Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450 Kalenderübersicht Mittwoch, 27. Januar 2016 93 f münchen Sonntag, 31. Januar 2016 18.30 François Truffaut Viskningar och rop (Schreie und Flüstern) Schweden 1972 | Ingmar Bergman | 91 min | OmeU Seite 73 21.00 François Truffaut L’enfant sauvage (Der Wolfsjunge) Frankreich 1970 | François Truffaut | 83 min | OmU Seite 68 18.30 François Truffaut La sirène du Mississippi (Das Geheimnis der falschen Braut) Frankreich 1969 | François Truffaut | 123 min | OmeU Seite 67 21.00 Heynowski & Scheumann Piloten im Pyjama: Hilton-Hanoi DDR 1968 | Walter Heynowski & Gerhard Scheumann | 62 min Zeitzeugengespräch mit Walter Heynowski Deutschland 2003 | Ralf Schenk | 33 min Seite 80 18.30 François Truffaut L’enfant sauvage (Der Wolfsjunge) Frankreich 1970 | François Truffaut | 83 min | OmU Seite 68 21.00 Shi Hui Guan lianzhang (Kompanieführer Guan) China 1951 | Shi Hui | 96 min | OmU Seite 55 18.30 François Truffaut Casque d’or (Goldhelm) Frankreich 1952 | Jacques Becker | 100 min | OmU Seite 73 21.00 François Truffaut Domicile conjugal (Tisch und Bett) Frankreich 1970 | François Truffaut | 100 min | OmeU Seite 68 18.30 François Truffaut The Barefoot Contessa (Die barfüßige Gräfin) USA 1954 | Joseph L. Mankiewicz | 130 min | OF Seite 73 21.00 François Truffaut Les deux Anglaises et le continent (Zwei Mädchen aus Wales und die Liebe Seite 68 zum Kontinent) Frankreich 1971 | François Truffaut | 116 min | OmeU Dienstag, 2. Februar 2016 Mittwoch, 3. Februar 2016 Donnerstag, 4. Februar 2016 19.00 Open Scene Freitag, 5. Februar 2016 Kalenderübersicht Samstag, 6. Februar 2016 94 Sonntag, 7. Februar 2016 18.30 François Truffaut Narayama bushikô (Die Ballade von Narayama) Japan 1958 | Keisuke Kinoshita | 98 min | OmeU Seite 74 21.00 François Truffaut Une belle fille comme moi (Ein schönes Mädchen wie ich) Frankreich 1972 | R: François Truffaut | 98 min | OmeU Seite 69 18.30 François Truffaut Domicile conjugal (Tisch und Bett) Frankreich 1970 | François Truffaut | 100 min | OmeU Seite 68 21.00 Shi Hui Meiguo zhichuang (Amerika im Visier) China 1951 | Huang Zuolin, Shi Hui | 62 min | OmU Seite 56 Mittwoch, 10. Februar 2016 Donnerstag, 11. Februar 2016 19.00 Open Scene Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450 f münchen Freitag, 12. Februar 2016 18.30 François Truffaut Germania anno zero (Deutschland im Jahre Null) Italien 1948 | Roberto Rossellini | 72 min | dt. OF Seite 74 21.00 François Truffaut La nuit américaine (Die amerikanische Nacht) Frankreich 1973 | François Truffaut | 115 min | OmU Seite 69 Samstag, 13. Februar 2016 18.30 François Truffaut Un condamné à mort s’est échappé (Ein zum Tode Verurteilter ist entflohen) Frankreich 1956 | Robert Bresson | 100 min | OmeU Seite 74 21.00 François Truffaut L’histoire d’Adèle H. (Die Geschichte der Adèle H.) Frankreich 1975 | François Truffaut | 96 min | OmeU Seite 69 18.30 François Truffaut Ordet (Das Wort) Dänemark 1955 | Carl-Theodor Dreyer | 126 min | OmeU Seite 74 21.00 François Truffaut L’argent de poche (Taschengeld) Frankreich 1976 | François Truffaut | 114 min | OmU Seite 69 Sonntag, 14. Februar 2016 Dienstag, 16. Februar 2016 18.30 François Truffaut Les deux Anglaises et le continent (Zwei Mädchen aus Wales und die Liebe Seite 68 zum Kontinent) Frankreich 1971 | François Truffaut | 116 min | OmeU 21.00 Heynowski & Scheumann Kommando 52 | Der lachende Mann DDR 1965–1966 | Walter Heynowski & Gerhard Scheumann | 97 min Seite 80 18.30 François Truffaut La nuit américaine (Die amerikanische Nacht) Frankreich 1973 | François Truffaut | 115 min | OmU Seite 69 21.00 Shi Hui Ji mao xin (Brief mit Feder) China 1954 | Shi Hui | 68 min | OmU Seite 56 18.30 François Truffaut Bonjour Tristesse USA 1958 | Otto Preminger | 94 min | OF Seite 75 21.00 François Truffaut L’homme qui aimait les femmes (Der Mann, der die Frauen liebte) Frankreich 1977 | François Truffaut | 120 min | OmU Seite 69 18.30 François Truffaut Annie Hall (Der Stadtneurotiker) USA 1977 | Woody Allen | 93 min | OmU Seite 75 21.00 François Truffaut La chambre verte (Das grüne Zimmer) Frankreich 1978 | François Truffaut | 94 min | OmU Seite 70 Mittwoch, 17. Februar 2016 Donnerstag, 18. Februar 2016 Freitag, 19. Februar 2016 Samstag, 20. Februar 2016 Sonntag, 21. Februar 2016 17.00 Film und Psychoanalyse Babel Seite 40 USA 2006 | Alejandro González Iñárritu | 143 min | OmU | 2 Eva Friedrich, Heidi Spanl 21.00 François Truffaut L’amour en fuite (Liebe auf der Flucht) Frankreich 1979 | François Truffaut | 94 min | OmeU Seite 70 Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450 Kalenderübersicht 19.00 Open Scene 95 f münchen 18.30 François Truffaut L’histoire d’Adèle H. (Die Geschichte der Adèle H.) Frankreich 1975 | François Truffaut | 96 min | OmeU Seite 69 21.00 Heynowski & Scheumann Exercises | Die Angkar DDR 1981 | Walter Heynowski & Gerhard Scheumann | 102 min Seite 80 18.30 François Truffaut La chambre verte (Das grüne Zimmer) Frankreich 1978 | François Truffaut | 94 min | OmU Seite 70 21.00 Shi Hui Tian xianpei (Himmlische Hochzeit) China 1955 | Shi Hui | 100 min | OmU Seite 56 18.30 François Truffaut La règle du jeu (Die Spielregel) Frankreich 1939 | Jean Renoir | 106 min | OmU Seite 75 21.00 François Truffaut Le dernier métro (Die letzte Metro) Frankreich 1980 | François Truffaut | 131 min | OmU Seite 70 18.30 François Truffaut Lola Montez BRD 1955 | Max Ophüls | 116 min Seite 75 21.00 François Truffaut La femme d’à côté (Die Frau nebenan) Frankreich 1981 | François Truffaut | 106 min | OmeU Seite 71 18.30 François Truffaut Citizen Kane USA 1941 | Orson Welles | 118 min | OmU Seite 75 21.00 François Truffaut Vivement dimanche! (Auf Liebe und Tod) Frankreich 1983 | François Truffaut | 110 min | OmeU Seite 71 Kalenderübersicht Dienstag, 23. Februar 2016 Dienstag, 1. März 2016 18.30 François Truffaut Le dernier métro (Die letzte Metro) Frankreich 1980 | François Truffaut | 131 min | OmU Seite 70 21.00 Heynowski & Scheumann o.k. | Geisterstunde | Mit vorzüglicher Hochachtung | Teufelszeug DDR 1965–1987| Walter Heynowski & Gerhard Scheumann | 122 min Seite 80 96 18.30 François Truffaut La femme d’à côté (Die Frau nebenan) Frankreich 1981 | François Truffaut | 106 min | OmeU Seite 71 21.00 Shi Hui Qing chang yi shen (Echte Freundschaft) China 1957 | Xu Changlin | 99 min | OmU Seite 56 Mittwoch, 24. Februar 2016 Donnerstag, 25. Februar 2016 19.00 Open Scene Freitag, 26. Februar 2016 Samstag, 27. Februar 2016 Sonntag, 28. Februar 2016 Mittwoch, 2. März 2016 Donnerstag, 3. März 2016 19.00 Open Scene Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450 Für Unterstützung und Kooperation bei der Realisierung unseres Programms danken wir: Stummfilmtage · Bonner Kinemathek (Bernhard Gugsch, Franziska Kremser-Klinkertz, Sigrid Limprecht) · Cinémathèque Française, Paris (Emilie Cauquy) · Filmarchiv Austria, Wien (Fumiko Tsuneishi) · Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung, Wiesbaden (Gudrun Weiss) · Greek Film Archive, Athen (Phaedra Papadopoulou) · Gosfilmofond, Moskau (Petr Bagrov, Oleg Bočkov) · Library of Congress / Motion Picture, Broadcasting and Recorded Sound Division, Culpeper (Mike Mashon, Lynanne Schweighofer) · Taiwan Film Institute (Hao-Chun Yang, Wenchi Lin) Jean Paul Gaultier · Cinémathèque Suisse, Lausanne (André Schäublin) · La Maison Jean Paul Gaultier, Paris (Jean Paul Gaultier, Jelka Music) · Kinemathek Le Bon Film, Basel (Beat Schneider) · Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung, München (Stefan Schukowski) · Tonie Marshall, Paris · Les falbalas de Jean Paul Gaultier © 2004 France 5 / A Prime Group Ingrid Bergman · Bonner Kinemathek (Bernhard Gugsch) · British Film Institute, London (Fleur Buckley) · Cinémathèque Française, Paris (Annick Girard) · Cinémathèque Suisse, Lausanne (André Schäublin) · Friedrich-Wilhelm-MurnauStiftung, Wiesbaden (Gudrun Weiss) · Svenska Filminstituttet, Stockholm (Jon Wengström) · UCLA Film & Television Archive, Los Angeles (Todd Wiener, Steven K. Hill) · 35mm restored print of Joan of Arc courtesy of the UCLA Film & Television Archive. Funding provided by The Film Foundation, the David and Lucile Packard Foundation, American Movie Classics, and the AFI/NEA Film Preservation Grants Program · Andrea Kirchhartz, Hamburg · Thilo Wydra, München Hollywood ohne Schranken · Arsenal, Berlin (Annette Lingg) · Bonner Kinemathek (Bernhard Gugsch) · British Film Institute, London (Fleur Buckley) · Library of Congress / Motion Picture, Broadcasting and Recorded Sound Division, Culpeper (Mike Mashon, Lynanne Schweighofer) · UCLA Film & Television Archive, Los Angeles (Todd Wiener, Steven K. Hill) · Warner Bros. Pictures Germany, Hamburg (Jannah-Marie Elfert) · Théâtre du Temple, Paris (Vincent Dupré) Wahn und Kunst · CCC Filmkunst, Berlin (Sarah Polligkeit) · Cinémathèque Suisse, Lausanne (André Schäublin) · Edition Salzgeber, Berlin (Jürgen Pohl, Hermann Lorsbach) Wolf-Eckart Bühler · Deutsches Filminstitut, Frankfurt · Westdeutscher Rundfunk, Köln · Wolf-Eckart Bühler, München · Christiane Habich, Berlin Rumänisches Filmfestival · Centrul Naţional al Cinematografiei, Bukarest (Alina Sălcudeanu) · Generalkonsulat von Rumänien, München (Anton Nicolescu) · Gesellschaft zur Förderung der Rumänischen Kultur und Tradition, München (Brigitte Drodtloff) · HiFilm, Bukarest (Ada Solomon) · Kulturreferat der LH München (Christoph Schwarz) · Rumänisches Kulturinstitut »Titu Maiorescu«, Berlin (Cristina Hoffman) · Bert Rebhandl, Berlin Film und Psychoanalyse · Akademie für Psychoanalyse und Psychotherapie, München · (Matthias Baumgart, Eva Friedrich, Andreas Hamburger, Vivian Pramataroff-Hamburger, Salek Kutschinski, Mathias Lohmer, Katharina Leube-Sonnleitner, Corinna Wernz) · Deutsches Filminstitut, Wiesbaden (Markus Wessolowski) Flucht und Zuflucht · Cinémathèque royale de Belgique, Brüssel (Clémentine De Blieck) · Doc & Film International, Paris (Hannah Horner) · Heinrich-Böll-Stiftung e.V., Berlin (Nils Stelling) · Münchner Volkshochschule MVHS (Klaus Blanc) · Wallonie-Bruxelles International, Brüssel Shi Hui · China Film Archive, Peking (Lan Zhang) · China Film Consult, Wien (Isabel Wolte) · Filmarchiv Austria, Wien Francesco Rosi · Cinecittà Luce, Rom (Rosaria Folcarelli) · Circolo Cento Fiori / Filmstadt München (Ambra SorrentinoBecker, Ulla Weßler) · Istituto Italiano, München (Giovanna Gruber) Jean-Marie Straub · Johannes Beringer, Berlin · Stefan Ripplinger, Berlin · Jean-Marie Straub, Rolle · Barbara Ulrich, Rolle François Truffaut · Cinémathèque de la Ville de Luxembourg (Claude Bertemes) · Cinémathèque Française, Paris (Serge Toubiana) · Cinémathèque Suisse, Lausanne (André Schäublin) · Institut Français, München (Julien Thorel, Christine Zurmeyer) · Kinemathek Le Bon Film, Basel (Beat Schneider) · UCLA Film & Television Archive, Los Angeles (Todd Wiener, Steven K. Hill) Heynowski & Scheumann · DEFA-Filmverleih / Deutsche Kinemathek, Berlin (Anja Göbel) · DEFA-Stiftung, Berlin (Johannes Roschlau) · DRA Deutsches Rundfunkarchiv, Potsdam-Babelsberg (Martina Seidel) FilmWeltWirtschaft – Arbeiten 4.0 · Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Berlin Fotonachweis · Cinémathèque Suisse, Lausanne (Carina Carballo) · China Film Archive, Peking (Lan Zhang) · China Film Consult, Wien (Isabel Wolte) · DEFA-Stiftung, Berlin (Johannes Roschlau) · Deutsches Filminstitut, Wiesbaden (André Mieles) · Filmmuseum München (Claudia Engelhardt, Oleksandr Osherov, Gerhard Ullmann) · Wolf-Eckart Bühler, München · Thomas Hauzenberger, München Das Kino der Stadt Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München Tel 089/233 96450 · Fax 089/233 23931 · www.muenchner-stadtmuseum.de/film