Programmheft - Münchner Stadtmuseum

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Programmheft - Münchner Stadtmuseum
2015 | Heft 29
münchen
Stummfilmtage
Jean Paul Gaultier
Ingrid Bergman
Hollywood ohne Schranken
Wahn und Kunst
Film und Psychoanalyse
Flucht und Zuflucht
Wolf-Eckart Bühler
Rumänisches Filmfestival
Retrospektive Shi Hui
Zuschauerkino
Francesco Rosi
Jean-Marie Straub
François Truffaut
Heynowski & Scheumann
FilmWeltWirtschaft
Eintrittspreise
4 € (3 € für MFZ-Mitglieder). Ab 120 Minuten Filmlänge oder mit Gästen: 1 € Aufschlag. Ab 180 Minuten,
mit Live-Musik oder bei 3D: 2 € Aufschlag. Die Kasse
öffnet jeweils 60 Minuten vor und schließt 30 Minuten
nach Beginn der Vorstellung. Bei allen öffentlichen
Veranstaltungen verbleibt ein Kartenkontingent für den
freien Verkauf an der Abendkasse.
Kartenreservierung
Kartenreservierungen sind bis zu vier Wochen im voraus möglich und können unter der Telefonnummer
089 / 233 96450 auf Band gesprochen werden. Vorbestellte Karten müssen bis 20 Minuten vor Vorstellungsbeginn an der Kasse abgeholt worden sein, ansonsten
verfällt die Reservierung.
Kartenvorverkauf
Karten können bis zu vier Wochen im voraus gekauft
werden. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass unmittelbar vor Vorstellungsbeginn bei starkem Besucherandrang kein Kartenvorverkauf erfolgt. Karten behalten
ihre Gültigkeit nur bis Vorstellungsbeginn. An der
Abendkasse können vorverkaufte Karten bis 20 Minuten
vor Vorstellungsbeginn gegen Kostenerstattung wieder
zurückgegeben werden.
Programmabonnement
Das Kinoprogrammheft und unseren Newsletter können Sie unter www.muenchner-stadtmuseum.de/film
kostenlos abonnieren. Das Programmheft wird an
Mitglieder des MFZ auf Wunsch kostenlos versandt.
Ansonsten bitten wir um die Zusendung eines adres-
sierten und mit 1,45 € frankierten DIN A5-Briefumschlages an die Adresse des Filmmuseums. Den
täglich aktualisierten Spielplan finden Sie auch auf
Twitter: @filmmuseummuc.
Mitgliedschaft
Wer sich für die Arbeit des Filmmuseums interessiert,
kann Mitglied im Verein der Freunde des Filmmuseums
München, dem Münchner Filmzentrum e.V. (MFZ) werden. Mitgliedsanträge sind an der Kinokasse erhältlich.
Der Jahresbeitrag beträgt 20 € und berechtigt zum
ermäßigten Eintritt ins Filmmuseum sowie zur Teilnahme an den Mitgliederversammlungen des MFZ, in
denen die Programmplanungen des Filmmuseums diskutiert und Projekte entwickelt werden. Weitere
Informationen erhalten Sie unter Tel. 089 / 271 33 54
und www.muenchner-filmzentrum.de.
Rollstuhlfahrer / Hörgeschädigte
Der Kinosaal im Untergeschoss ist über einen Aufzug
für Rollstuhlfahrer zugänglich. Die Behindertentoilette
befindet sich im Untergeschoss neben dem Kinoeingang. Das Kino ist mit einer Induktionsschleife für Hörgerätebesitzer ausgestattet.
Saalmikrofon
Das Kino verfügt über ein Saalmikrofon zur Kontrolle
des Kinotons durch die Filmvorführer.
Verkehrsverbindung
Sie erreichen das Filmmuseum in 5 Gehminuten vom
U/S-Bahnhof Marienplatz oder in 7 Gehminuten vom
U-Bahnhof und der Trambahnhaltestelle Sendlinger Tor.
Mitgliederversammlungen des Münchner Filmzentrums e.V. (MFZ)
Die für alle Interessierten öffentlichen Mitgliederversammlungen des Fördervereins des Filmmuseums finden
einmal im Monat montags um 19 Uhr im Gotischen Zimmer des Ignaz-Günther-Hauses (St.-Jakobs-Platz 20,
80331 München, 1. Stock) statt. Termine: 14. September 2015, 12. Oktober 2015, 9. November 2015, 14. Dezember 2015, 11. Januar 2016 und 15. Februar 2016. Informationen: kontakt@muenchner-filmzentrum.de.
»Open Scene« am Donnerstag
Die Termine am Donnerstag sind teilweise für aktuelle Sonderveranstaltungen reserviert. Das Programm wird etwa acht Tage vorher festgelegt und in den Schaukästen an der Kinokasse, im E-Mail-Newsletter, unter
www.muenchner-stadtmuseum.de/film/open-scene.html, auf Facebook, auf Twitter und durch Ankündigungen in
der Tagespresse bekannt gegeben.
Impressum
Landeshauptstadt München. Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum, St.-Jakobs-Platz 1, 80331 München,
089/233 20538, E-Mail: filmmuseum@muenchen.de · Redaktion: Stefan Drößler, Claudia Engelhardt, Christoph
Michel, Klaus Volkmer · Gestaltung: Heiner Gassen, München · Druck: BluePrint AG, München
Shi Hui, Stummfilmtage, Jean Paul Gaultier
Auch wenn chinesische Filme inzwischen regelmäßig an Filmfestivals teilnehmen und auch gelegentlich im Kinoverleih auftauchen, so ist über die
Geschichte des chinesischen Kinos im Westen nur sehr wenig bekannt.
2014 hat das Filmmuseum zum ersten Mal im direkten Kontakt mit dem
China Film Archive in Beijing chinesische Stummfilme gezeigt, im neuen Programm gibt es nun zum ersten Mal überhaupt eine größere Retrospektive
eines der wichtigsten Schauspieler und Filmemacher aus dem Shanghai der
1940er- und 1950er-Jahre: Shi Hui, der vor 100 Jahren geboren wurde. Er
starb im Alter von nur 42 Jahren, nachdem er, der schon im vorrevolutionären China für engagierte, sozial geprägte Kunst stand und 1950 mit
MEIN LEBEN einen der ganz großen Klassiker der Filmgeschichte gedreht
hat, sich 1957 während der »Anti-Rechts-Kampagne« heftigster Kritik ausgesetzt sah. Seine Filme waren in China lange Zeit nicht zu sehen. Nun
laufen sie in neu restaurierten digitalen Fassungen erstmals in Europa, als
Kooperation zwischen China Film Archive, China Film Consult, Filmmuseum
München und Filmarchiv Austria.
3 Stummfilmtage . . .
6 Jean Paul Gaultier . . .
11 Ingrid Bergman . . .
22 Hollywood ohne Schranken . . .
33 Wahn und Kunst . . .
38 Underdox . . .
39 Film und Psychoanalyse . . .
41 Flucht und Zuflucht . . .
43 Wolf-Eckart Bühler . . .
Ein weiteres Meisterwerk des chinesischen Films ist der Stummfilm LIEBE
UND PFLICHTEN mit der großartigen Ruan Lingyu, der ebenfalls in einer
neuen digitalen Restaurierung des Taipei Film Archive erstmals in Europa
zu sehen ist. Die Stummfilmtage eröffnen wie gewohnt die neue Saison nach
der Sommerpause. Viele andere Archive steuern zu diesem Programm Raritäten und Beispiele ihrer Restaurierungsarbeiten bei. Die deutsche Komödie
DOKTOR SATANSOHN mit Ernst Lubitsch in der Titelrolle ist der Beitrag des
Filmmuseums München und ist das Resultat einer Arbeit, die weniger in der
Öffentlichkeit steht. Sie ermöglicht uns den internationalen Austausch von
Filmen mit anderen Archiven und Kinematheken, ohne die unser Programm
nicht zu realisieren wäre. 2015 laufen vom Filmmuseum restaurierte Filme
auf Filmfestivals, in Archivkinos und Museen in Moskau, Barcelona, Paris,
London, New York, Tokyo, Venedig, Seoul, Belgrad, Athen, Buenos Aires,
Stockholm – um nur einige der wichtigsten Orte zu nennen.
47 Rumänisches Filmfestival . . .
Mit Jean Paul Gaultier widmen wir erstmals eine Filmreihe einem Modeschöpfer und Kostümdesigner, dem die Hypo-Kunsthalle eine große Ausstellung widmet. Wir freuen uns, dass Jean Paul Gaultier für unser Programmheft eigene Texte verfasst hat und an einem Abend ins Filmmuseum kommen wird. Weitere Gäste erwarten wir auch bei den anderen Reihen, insbesondere bei unserem Rumänischen Filmfestival, das in diesem Jahr im
November/Dezember stattfindet, sowie beim Programm FilmWeltWirtschaft
im Januar, das erstmals in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für
Arbeit und Soziales organisiert wird.
82 Kalenderübersicht . . .
Wir freuen uns, wenn unser vielfältiges Programm, das von Stummfilmen
mit Live-Musik, ungezügeltem Hollywoodkino der frühen 1930er-Jahre, den
großen Retrospektiven zu Ingrid Bergman und François Truffaut, den agitatorisch-polemischen Werken von Heynowski & Scheumann bis hin zu den
neuen Filmen von Jean-Marie Straub reicht, Ihr Interesse findet. Das Filmmuseum versucht, Filmgeschichte im Kino lebendig zu halten, und zu großartigen Kinoerlebnissen gehört natürlich auch ein interessiertes Publikum.
Ihr Filmmuseum
51 Shi Hui . . .
57 Zuschauerkino . . .
58 Francesco Rosi . . .
61 Jean-Marie Straub . . .
64 François Truffaut . . .
76 Heynowski & Scheumann . . .
81 FilmWeltWirtschaft . . .
R = Regie · B = Drehbuch · K = Kamera · M = Musik · S = Schnitt · D =
Darsteller · P = Produktion · OF = Originalfassung · OmU = Originalfassung
mit deutschen Untertiteln · OmeU =
Originalfassung
mit
englischen
Untertiteln · OmfU = Originalfassung
mit französischen Untertiteln · OmÜ =
Originalfassung mit deutscher Übersetzung · dtF = deutsche Synchronfassung · \ = Live-Musikbegleitung ·
2 = Einführung · / = Zu Gast
Stummfilmtage
Rückblick
2
13. März 2015: Der Leiter des Tschechischen Zentrums Ondřej
Černy, Filmemacherin Jasmina Bralić-Blažević und Produzentin
Kateřina Černá präsentieren CESTA – PORTRéT VĚRY CHYTiLOVé.
20. März 2015: Publikumsdiskussion nach der Vorführung von
iM LABYRiNTH DES SCHWEiGENS mit Drehbuchautorin Elisabeth
Bartel und Regisseur Giulio Ricciarelli.
24. April 2015: Regisseur Eugène Green mit seinem Film LA SAPiENZA und der Architekturhistoriker Mathieu Wellner sind Gäste
der 15. Architekturfilmtage im Filmmuseum.
11. Juni 2015: Dunja Bialas stellt den britischen Künstler John
Smith vor, der im Rahmen der underdox-Halbzeit seine experimentellen Kurzfilme im Filmmuseum präsentiert.
23. Juni 2015: Pedro Costa eröffnet im Filmmuseum mit OSSOS
(HAuT uND KNOCHEN) ein Programm mit allen Filmen seiner
»Fontainhas-Tetralogie« .
27. Juni 2015: Alexander Payne, dem das Filmfest München seine
Retrospektive gewidmet hat, ist bei vielen Vorführungen im Filmmuseum anwesend und diskutiert mit dem Publikum seine Filme.
Stummfilmtage
Internationale Stummfilmtage
THE WAY OF THE STRONG
3
Das Filmmuseum München beginnt sein neues Programm traditionsgemäß mit einer Auswahl von seltenen und neu rekonstruierten Stummfilmen aus dem
Programm der »Bonner Stummfilmtage«, des größten
deutschen Stummfilmfestivals. Zur Aufführung gelangen die besten Kopien der jeweiligen Filme, oft wertvolle Unikate, für die namhafte Stummfilmmusiker
neue Musikbegleitungen ausarbeiten und live einspielen. Die einzelnen Filme werden ausführlicher auf der
Website der Bonner Veranstaltung (www.internationalestummfilmtage.de) und in einem Programmheft vorgestellt, das an der Kinokasse ausliegt.
Die Auswahl für das Programm des Münchner Filmmuseums konzentriert sich auf Raritäten, die in München
lange nicht mehr oder noch nicht zu sehen waren. Es
sind sehr unterschiedliche Filme aus verschiedenen
Ländern und Kontinenten, die die Vielfältigkeit und
hohe Qualität des Stummfilmschaffens dokumentieren.
Die meisten Filmkopien sind das Ergebnis aufwändiger
Restaurierungsarbeiten der Filmarchive, die in der Fédération Internationale des Archives du Film (FIAF) zusammengeschlossen sind.
Stefan Drößler
Doktor Satansohn | Deutschland 1916 | R+B: Edmund Edel | K: Ernst Krohn | D: Ernst Lubitsch, Hans
Felix, Yo Larte, Marga Köhler, Erich Schönfelder | 44 min
| Ernst Lubitsch spielt die Titelrolle in diesem unterhaltsamen Verwechslungsspiel mit gelungenen Trickaufnahmen. Die alternde Ilona hat ein Auge auf ihren
Schwiegersohn geworfen und will sich deshalb verjüngen. Satansohn verwandelt sie daraufhin in ihre Tochter. – Synthetic Sin (Erfahrene Frau gesucht) | USA
1929 | R: William A. Seiter | B: Thomas J. Geraghty,
nach dem Stück von Fanny und Frederic Hatton | K: Sidney Hickox | D: Colleen Moore, Antonio Moreno, Kathryn
McGuire, Getrude Astor | 72 min | OF | Ein unerfahrenes
Mädchen kommt nach New York, um das sündhafte
Großstadtleben kennenzulernen. Die äußerst unterhaltsame Komödie lebt vom Stummfilmstar Colleen Moore,
Inbegriff des flapper girl der roaring twenties.
▶ Donnerstag, 3. September 2015, 19.00 Uhr | Live-
Musik: Richard Siedhoff | Einführung: Stefan Drößler
Činy i ljudi (Auf den Hund gekommen) | SU 1929 | R:
Michail Doller, Jakov Protazanov | B: Oleg Leonidov,
Stummfilmtage
4
Jakov Protazanov, nach den Kurzgeschichten »Anna
am Halse«, »Der Tod des Beamten« und »Ein Chamäleon« von Anton Čechov | K: Konstantin Kuznecov | D:
Michail Tarchanov, Marija Strelkova, Ivan Moskvin,
Vladimir Jeršov, Vladimir Popov | 73 min | OmU | Drei
Erzählungen von Anton Čechov in einem exzellenten
Episodenfilm mit exquisiten Bildkompositionen, gutem
Timing und zwei berühmten Darstellern des Moskauer
Künstlertheaters in Hauptrollen: Michail Tarchanov und
Ivan Moskvin. Eine Frau aus der Unterschicht heiratet
einen reichen Mann, ein Büroangestellter muss während einer Opernaufführung dauernd niesen, ein Hündchen verursacht Aufregung und einen Polizeieinsatz.
Einer der wenigen Episodenfilme, in denen alle drei Geschichten gleichwertig gelungen sind und sich ergänzen.
▶ Freitag, 4. September 2015, 18.30 Uhr | Live-Musik:
Richard Siedhoff
The Sheik of Araby | USA 1927 | R: Dave Fleischer |
7 min | OF | Ein Zeichentrickfilm zum Mitsingen: Ein
hüpfender Ball über den Wörtern des Liedtexts gibt
dem Publikum den Rhythmus vor. – Beau Geste
(Blutsbrüderschaft) | USA 1926 | R: Herbert Brenon |
B: John Russell, Paul Schofield, Herbert Brenon, nach
dem Roman von P.C. Wren | K: J. Roy Hunt | D: Ronald
Colman, Neil Hamilton, Ralph Forbes, Alice Joyce, Mary
Brian | 125 min | OF | In der nordafrikanischen Wüste
wird ein verlassenes Fort entdeckt, dessen Bewohner
allesamt getötet wurden. In einer großen Rückblende
wird die Geschichte von drei englischen Brüdern erzählt, die der Fremdenlegion beitreten und sich gegen
einen sadistischen Kommandanten und gegen Angriffe
der Tuareg wehren müssen. Ein selten gezeigter Filmklassiker, von dem nur diese einzige, leider auf Tonfilmformat umkopierte und somit auf der linken Bildseite
leicht beschnittene 35mm-Filmkopie existiert.
▶ Freitag, 4. September 2015, 21.00 Uhr | Live-Musik:
Günter A. Buchwald
Norrtullsligan (Weibliche Junggesellen) | Schweden
1923 | R: Per Lindberg | B: Hjalmar Bergman, nach
dem Roman von Elin Wägner | K: Ragnar Westfelt | D:
Tora Teje, Inga Tidblad, Renée Björling, Linnéa Hillberg,
Egil Eide | 76 min | OmU | Ungewöhnlicher Stummfilm,
der vier Büroangestellte zeigt, die in einer Wohngemeinschaft leben und sich in einer von Männern dominierten Welt zu behaupten wissen. Dabei zeigt der Film die
sozialen Verhältnisse präzise und genau, ohne dabei
seine komödiantische Grundstimmung aufzugeben. Die
lakonischen Zwischentitel stammen direkt aus dem
Roman der Schriftstellerin und Journalistin Elin Wägner,
der dem Film zugrunde liegt. Das Schwedische Filminstitut hat den Film neu restauriert und die originalen
Zwischentitel wieder eingefügt sowie die zeitgenössischen Einfärbungen der Szenen wieder hergestellt.
▶ Samstag, 5. September 2015, 18.30 Uhr | Live-Musik:
Günter A. Buchwald
Varieté | Deutschland 1925 | R: Ewald André Dupont |
B: Leo Birinski, Ewald André Dupont, nach dem Roman
»Der Eid des Stephan Huller« von Felix Holländer | K:
Karl Freund | D: Emil Jannings, Lya de Putti, Warwick
Ward, Maly Delschaft, Georg John, Kurt Gerron |
104 min | Ein Trapezartist verlässt seine Familie wegen
einer verführerischen Tänzerin. Zusammen mit ihr und
einem italienischen Luftakrobaten bildet er ein Trio, das
als Sensation im Berliner Wintergarten auftritt. Der für
seine visuelle Gestaltung und entfesselte Kamera gerühmte Film war insbesondere in den USA ein großer
Erfolg. Die digitale restaurierte Fassung von Murnau-
Stiftung und Filmarchiv Austria, zu der das Filmmuseum München auch Szenen aus seiner Filmkopie
beisteuerte, läuft in einer leicht überarbeiteten Form
mit einer Musikbegleitung im Stil der Zeit.
▶ Samstag, 5. September 2015, 18.30 Uhr | Live-Musik:
Richard Siedhoff
Dva Dni (Zwei Tage) | Ukraine 1927 | R: Heorhii Stabovyi | B: Solomon Lazurin | K: Danylo Demutskyi | D:
Ivan Zamychkovskyi, Sergeiy Minin, Valeriy Hakkebush,
Olga Nazarova, Mili Taut-Korso | 66 min | OmU | Ein beeindruckendes Kammerspiel um einen alten Diener in
einer feudalen Villa, die im russischen Bürgerkrieg abwechselnd von den Weißen und den Roten besetzt wird.
Erstaunlich ungeschönt und fernab der stereotypischen
Klischees des russischen Revolutionsfilms beschreibt
der Film die Verhaltensweisen sowohl der Revolutionäre als auch der Verteidiger des alten Systems. Der
erst kürzlich wiederentdeckte Film wurde wegen seiner
Hauptfigur und seiner Kameraarbeit mit Murnaus DER
LETZTE MANN verglichen und war der erste Film aus
der Ukraine, der auch in den USA im Kino lief. Das Setdesign wurden vom Heinrich Beisenherz gestaltet, der
im deutschen Film von der Stummfilmzeit bis Ende der
1950er-Jahre aktiv war, von 1925 bis 1930 in der
Ukraine arbeitete und dort großen Einfluss auf die ukrainischen Filmtechniker ausübte.
▶ Sonntag, 6. September 2015, 18.30 Uhr | Live-Musik:
Joachim Bärenz
The Playhouse (Busters Bunte Bühne) | USA 1921 |
R+B: Buster Keaton, Edward F. Cline | K: Elgin Lessley |
D: Buster Keaton, Virginia Fox, Joe Roberts, Ford West,
Edward S. Cline | 23 min | OF | Ein ausgeklügeltes Spiel
mit Doppelungen, Symmetrien und Spiegelungen: Als
Bühnenabeiter in einem Vaudeville-Theater verliebt
sich Buster in ein Mädchen, das eine Zwillingsschwester hat. – The Way of the Strong (Der Weg des Starken) | USA 1928 | R: Frank Capra | B: Peter Milne | K:
Ben F. Reynolds | D: Mitchell Lewis, Alice Day, Margaret
Livingston, Theodor Von Eltz, William Bailey | 61 min |
OF | »Handsome« Williams, dessen Spitzname sich ironisch auf sein hässliches Gesicht bezieht, betreibt ein
Café, verdient sein Geld aber mit Alkoholschmuggel.
Nach einer Schießerei mit einer konkurrierenden Gang
kümmert er sich um eine blinde Straßenmusikerin, die
sich in ihn verliebt. Ein spannender Gangsterfilm, der
geschickt mit den Klischees des Genres spielt.
▶ Sonntag, 6. September 2015, 21.00 Uhr | Live-Musik:
Günter A. Buchwald
Oi peripeteies tou Villar (Die Abenteuer des Vilar) |
Griechenland 1924 | R+K: Joseph Hepp | B: Nikos Sfakianakis | D: Nikos Sfakianakis, Nitsa Filosofou | 23 min
| OmU | Der früheste erhaltene griechische Film mit
Spielhandlung zeigt einen seinerzeit populären Komi-
▶ Dienstag, 8. September 2015, 18.30 Uhr | Live-Musik:
Joachim Bärenz
Lian ai yu yi wu (Liebe und Pflichten) | China 1931 |
R: Wancang Bu | B: Shilin Zhu, nach einem Roman von
Stephanie Rosen-hua | K: Shaofen Huang | D: Lingyu
Ruan, Yan Jin, Jiqun Liu, Yanyan Chen | 152 min |
OmeU | Berühmte Verfilmung eines chinesischen Bestseller-Romans, den die mit einem Chinesen verheiratete Polin Stephanie Rosen 1924 unter dem Namen
Hua Louchen veröffentlichte. In dem Familiendrama
geht es um eine Frau, die sich selbst treu bleibt, sich
gegen die feudalen Traditionen stellt und ein selbstbestimmtes Leben führen möchte. Der legendäre Star des
chinesischen Stummfilms, die früh verstorbene Ruan
Lingyu, brilliert als Studentin, Mutter, und am Ende
sogar in einer Doppelrolle als alte Frau und Tochter. Die
Außenaufnahmen des vom taiwanesischen Filmarchiv
digital restaurierten und in dieser Form zum ersten Mal
in Europa gezeigten Meisterwerks des chinesischen
Stummfilms entstanden in den Straßen von Shanghai.
▶ Mittwoch, 9. September 2015, 19.00 Uhr | Live-Musik:
Joachim Bärenz
Stummfilmtage
ker, der sich in eine Frau verliebt und ihr durch ganz
Athen nachjagt. – La proie du vent (Die Beute des
Windes) | Frankreich 1927 | R+B: René Clair, nach
dem Roman »L’aventure amoureuse de Pierre Vignal«
von Armand Mercier | K: Nicolas Roudahoff, Emile Gondois | D: Charles Vanel, Lillian Hall-Davis, Sandra Milovanoff, Jean Murat, Jim Gérald | 83 min | OmU | Ein
Flugzeugpilot gerät in einen Sturm und muss auf einem
slowenischen Anwesen mit Schloss notlanden. Der verletzte Pilot wird von der verführerischen Gräfin gepflegt.
Er stellt ihr nach und entdeckt, dass sie noch eine verrückte Schwester hat, die ebenfalls in dem Schloss
wohnt. Ein stilistisch eleganter Abenteuerfilm mit erotischen Szenen, die sich über das Rauchen von Zigaretten vermitteln.
5
Pedro Almodóvar, Victoria Abril und Jean Paul Gaultier bei den Dreharbeiten zu KiKA.
Jean-Paul Gaultier
Das Kino des Jean Paul Gaultier
6
Es gibt einen Film, der mich stark geprägt hat – mein
Leben, meinen Werdegang, meine Träume. Er heißt
FALBALAS, stammt aus dem Jahr 1945 und handelt
von einem Modemacher. Ich sah ihn als kleiner Junge
im Fernsehen, es war ein Erweckungserlebnis. Die
Kostüme der Darsteller und die Arbeit des Couturiers
faszinierten mich. Ich wusste sofort: Genau das will ich
auch machen!
Von da an träumte ich jede Nacht davon, Modedesigner
zu werden. Ich war mir sicher, dass mir die Mode ein
besseres Leben ermöglichen würde. Mit 18 fing ich bei
Pierre Cardin an. Von diesem Punkt an wurde mein
Traum Wirklichkeit. Viel mehr noch: Ich fand darin die
totale Erfüllung.
Ich liebe meine Arbeit. Sie hält jeden Tag Überraschungen bereit. Der kreative Prozess ist kaum vorhersagbar,
das motiviert mich immerzu aufs Neue. Heute fühle ich
mich wie ein Kind, das den ganzen Tag spielen darf.
Das ist natürlich ein großer Luxus, ein wahrer Traum.
Was ich mache, kommt mir nicht wie Arbeit vor. Und
dieses Gefühl will ich mir unbedingt bewahren.
38 Jahre lang habe ich Prêt-à-porter-Mode entworfen.
Im Laufe der Zeit hat sich dieses Segment stark ver-
ändert. Es geht nicht mehr nur um eine gute Kollektion,
sondern vor allem um cleveres Marketing. Das interessiert mich aber nicht. Prêt-à-porter hat nichts mehr mit
meinem Traum zu tun, mit diesem Couturier aus FALBALAS. Deshalb habe ich mich voriges Jahr davon verabschiedet und beschlossen, künftig nur noch HauteCouture-Mode zu entwerfen.
In meinen Tagträumen sehe ich manchmal Dinge, die
nicht existieren. So lief ich einmal, von der Realität entrückt, durch Paris und kam an einem Plakat vorbei. Es
zeigte ein Model mit einer Häkelmütze, einem Schal
und Handschuhen. Kurz entstand der Eindruck, die drei
Teile gingen ineinander über. Ich blieb verwundert
stehen und musste erkennen, dass ich geträumt und
mich getäuscht hatte. Gleichzeitig fand ich die Idee
eines solchen Bekleidungsstücks toll. Auf diese Art entsteht zumindest ein Teil meiner Entwürfe.
Mittlerweile wird meine Mode im Museum gezeigt. Als
man mit dieser Idee auf mich zukam, war ich zunächst
wenig begeistert. Museen feiern in der Regel tote Menschen. Was soll das mit meiner Mode zu tun haben?
Meine Einstellung dazu hat sich jedoch geändert. Weil
mir die Möglichkeit gegeben wurde, meine Werke sehr
Jean-Paul Gaultier
lebhaft zu inszenieren: mit Puppen, denen per Hologramm echte Gesichter auf den Kopf projiziert werden.
Dadurch entsteht beim Zuschauer der Eindruck, sie
wären lebendig und würden mit ihm sprechen.
Zu Beginn meiner Karriere hätte ich nie davon zu träumen gewagt, dass meine Entwürfe eines Tages von
weltberühmten Popstars getragen werden. Die Arbeit
mit diesen kreativen Menschen verfolgt mich manchmal bis in meinen Schlaf. Vor einigen Jahren träumte
ich zum Beispiel von Madonna. Das war lange nach
ihrer »Blond Ambition«-Tour, für die ich die Bühnenkostüme entworfen hatte. In meinem Traum ging es um
Sex. Es war schräg, aber mehr verrate ich nicht. Ein
Gentleman schweigt.
Jean Paul Gaultier
ZEIT-Magazin 16/2015
7
Die Filmreihe begleitet die Ausstellung »Jean Paul Gaultier:
From the Sidewalk to the Catwalk« in der Kunsthalle der HypoKulturstiftung, die vom 18. September 2015 bis zum 14. Februar 2016 zu sehen ist.
The Fifth Element (Das fünfte Element) | Frankreich
1997 | R: Luc Besson | B: Luc Besson, Robert Mark
Kamen | K: Thierry Arbogast | M: Eric Serra | D: Bruce
Willis, Gary Oldman, Ian Holm, Milla Jovovich, Chris
Tucker | 126 min | OmU | Jean Paul Gaultier schuf die
Kostüme für diesen visuell beeindruckenden ScienceFiction-Thriller um einen Taxifahrer, der unfreiwillig in
den Kampf zur Rettung der Erde verwickelt wird. »Ich
hatte das große Privileg, in meiner Karriere nur mit Leuten zusammenzuarbeiten, die ich verehre, so wie Luc
Besson, Pedro Almodóvar oder Madonna. Die Arbeit mit
ihnen ist inspirierend wie ein Hauch frischer Luft, da ich
mich in den Dienst einer größeren Geschichte stellen
muss. Wenn ich meine Kollektionen kreiere, führe ich
gleichzeitig Regie, schreibe das Script, besetze die Rollen und wähle die Musik aus.« (Gaultier)
▶ Dienstag, 8. September 2015, 21.00 Uhr
Falbalas (Sein letztes Modell) | Frankreich 1945 | R:
Jacques Becker | B: Maurice Aubergé, Jacques Becker,
Maurice Griffe | K: Nicolas Hayer | M: Jean-Jacques
Grünenwald | D: Raymond Rouleau, Micheline Presle,
Jean Chevrier, Jeanne Fusier-Gir, Gabrielle Dorziat |
111 min | OmeU | Ein erfolgreicher Modeschöpfer und
Frauenheld verliebt sich in die Verlobte seines besten
Freundes. »Dieser Film zeigte mir, wie ich Mode machen wollte – als jemand, der permanent in Aktion ist,
die Kleider entwirft, die Ankleideproben selber ausführt
und eine Muse hat. Er zeichnete ein sehr gutes Bild des
Berufs.« (Gaultier) – Les falbalas de Jean Paul Gaultier (Die Rüschen von Jean Paul Gaultier) | Frank-
reich 2004 | R+B: Tonie Marshall | K: Gérard de Battista, Tonie Marshall, Nathan Miller | M: Labo Orchestra
| 54 min | OmeU | Dokumentarfilm von Tonie Marshall,
der Tochter von Micheline Presle (FALBALAS).
▶ Dienstag, 15. September 2015, 19.00 Uhr | Einführung: Jean Paul Gaultier
Madonna: Truth or Dare (In Bed with Madonna) |
USA 1991 | R: Alek Keshishian | K: Christophe Lanzenberg, Robert Leacock, Doug Nichol, Daniel Pearl, Toby
Phillips, Mark Reshovsky | 120 min | OmU | »Die Zusammenarbeit mit Madonna bei ihrer ›Blond Ambition‹Tour bleibt für mich eine der besten Zusammenarbeiten, die ich je erlebt habe. Wir waren Seelenverwandte.
Sie wusste genau was sie wollte, ließ mir aber gleichzeitig vollständige kreative Freiheit. Ich war ein Fan von
ihr schon bevor ich sie persönlich kennenlernte. Sie
trug eines meiner Korsettkleider bei der Premiere des
Films DESPERATELY SEEKING SUSAN. Als ich dann einige Jahre später die Nachricht erhielt, sie hätte angerufen, hielt ich das zunächst für einen Scherz meiner
Presseabteilung.« (Gaultier)
▶ Dienstag, 22. September 2015, 21.00 Uhr
Kind Hearts and Coronets (Adel verpflichtet) | GB
1949 | R: Robert Hamer | B: Robert Hamer, John
Dighton, nach dem Roman von Roy Horniman | K: Dou-
Jean-Paul Gaultier
8
glas Slocombe | M: Ernest Irving | D: Alec Guinness,
Dennis Price, Valerie Hobson, Joan Greenwood, Audrey
Fildes | 106 min | OmU | Die schwarzhumorige Lebensbeichte eines zum Tode Verurteilten, der adeligen Ursprungs ist, aber acht Thronanwärter beseitigen muss,
um selber Herzog zu werden. »Wer kann jemals Alec
Guinness vergessen, der in diesem Film acht Mal sterben muss? Als ich aufwuchs, war dies die exemplarische englische Komödie, die mich mit dem britischen
Humor vertraut machte, der sich vom französischen
deutlich unterscheidet.« (Gaultier)
▶ Dienstag, 29. September 2015, 21.00 Uhr
La cité des enfants perdus (Die Stadt der verlorenen Kinder) | Frankreich 1995 | R: Jean-Pierre Jeunet
& Marc Caro | B: Jean-Pierre Jeunet, Marc Caro, Gilles
Adrien | K: Darius Khondji | M: Angelo Badalamenti | D:
Ron Perlman, Daniel Emilfork, Judith Vittet, Dominique
Pinon, Jean-Claude Dreyfus | 112 min | OmU | Eine
skurrile, surreale schwarze Komödie um einen dementen Wissenschaftler, der Kinder kidnappen lässt, um
ihnen in seinem Laboratorium ihre Träume zu stehlen.
»Ich erinnere mich an den Schock, als ich Caro & Jeunets ersten Film DELIKATESSEN sah. Als die beiden
mich fragten, ob ich die Kostüme für ihren zweiten Film
gestalten wollte, zögerte ich nicht zuzusagen.« (Gaultier)
▶ Dienstag, 6. Oktober 2015, 21.00 Uhr
A Streetcar Named Desire (Endstation Sehnsucht) |
USA 1951 | R: Elia Kazan | B: Tennessee Williams, nach
seinem Stück | K: Harry Stradling | M: Alex North | D:
Vivien Leigh, Marlon Brando, Kim Hunter, Karl Malden |
122 min | OF | Blanche DuBois zieht bei ihrer Schwester Stella ein und wird konfrontiert mit dem New Orleans der 1940er-Jahre und ihrem rücksichtslosen
Schwager Stanley, der ihre Vergangenheit schonungslos aufdeckt. »Marlon Brando ist für mich die ultimative
männliche Mode-Ikone. Seine Darstellung in A STREETCAR NAMED DESIRE strahlt Sex und Gewalt aus, aber
auch eine gewisse Zerbrechlichkeit. In seinem verschwitzten T-Shirt in A STREETCAR NAMED DESIRE
oder in seiner Bikerjacke in THE WILD ONE machte er
einen unauslöschlichen Eindruck auf mich und wurde
zu einer konstanten Inspirationsquelle.« (Gaultier)
▶ Dienstag, 13. Oktober 2015, 21.00 Uhr
My Beautiful Laundrette (Mein wunderbarer
Waschsalon) | GB 1985 | R: Stephen Frears | B: Hanif
Kureishi | K: Oliver Stapleton | M: Ludus Tonalis | D:
Daniel Day-Lewis, Gordon Warnecke, Roshan Seth,
Saeed Jaffrey, Shirley Ann Field | 97 min | OF | Ein
junger Pakistani Omar und Johnny, ein Punk von der
Straße verlieben sich ineinander, als sie den heruntergekommenen Waschsalon von Omars Onkel renovieren. »Manchmal reicht ein Bild, um mein Interesse an
einem Film zu erwecken. Genau das passierte im Fall
von MY BEAUTIFUL LAUNDRETTE: Ich wusste nichts
von diesem Film als ich das Plakat sah, ihn unbedingt sehen musste und mich sofort in ihn verliebte.«
(Gaultier)
▶ Dienstag, 20. Oktober 2015, 21.00 Uhr
Behind the Candelabra (Liberace – Zu viel des
Guten ist wundervoll) | USA 2013 | R+K: Steven Soderbergh | B: Richard LaGravenese, nach dem Buch
von Scott Thorson und Alex Thorleifson | M: Marvin
Hamlisch | D: Michael Douglas, Matt Damon, Rob Lowe,
Scott Bakula, Dan Aykroyd | 118 min | OmU | Im Las
Vegas der 1970er-Jahre lernt der schwule exzentrische Star- und Showpianist Liberace den 17-jährigen
Scott kennen, beschäftigt ihn als Fahrer und führt ihn
in die Glamourwelt des Showbusiness ein. »Beeindruckende Schauspielleistungen von allen Beteiligten: Michael Douglas, Matt Damon und vor allem Rob Lowe
als Schönheitschirurg. Ich habe das Liberace Museum
in Las Vegas besucht. Als Persönlichkeit war Liberace
tatsächlich überlebensgroß.« (Gaultier)
▶ Dienstag, 27. Oktober 2015, 21.00 Uhr
Jean-Paul Gaultier
The Rocky Horror Picture Show | USA 1975 | R: Jim
Sharman | B: Jim Sharman, Richard O'Brien, nach
einem Bühnenstück von Richard O'Brien | K: Peter
Suschitzky | M: Richard O'Brien | D: Tim Curry, Susan
Sarandon, Barry Bostwick, Peter Hinwood, Patricia
Quinn | 100 min | OF | Ein frisch verheiratetes Paar
landet nach einer Autopanne in einem mysteriösen
Schloss. »Ich habe die originale ›Rocky Horror Show‹ in
einem Theater in der Kings Road gesehen, weil mir das
Plakat gefiel: Große rote Lippen und Blut. Tim Curry
spielte schon Dr. Frank-N-Furter. Ich mag auch den
Film, ich habe ihn oft gesehen, als er ein Mitternachtskultfilm wurde und die Besucher sich wie die Darsteller
kostümierten.« (Gaultier)
9
▶ Dienstag, 3. November 2015, 21.00 Uhr
Querelle – Ein Pakt mit dem Teufel | BRD 1982 | R:
Rainer Werner Fassbinder | B: Rainer Werner Fassbinder, Burkhard Driest, nach dem Roman von Jean Genet
| K: Xaver Schwarzenberger | M: Peer Raben | D: Brad
Davis, Franco Nero, Jeanne Moreau, Laurent Malet,
Hanno Pöschl | 108 min | engl. OF | Rainer Werner
Fassbinder setzt Genets Roman über Homosexualität,
Diebstahl und Verrat in einen surrealen Traum um, der
in einer phallusgespickten künstlichen Studiowelt
spielt. »QUERELLE inspirierte eine meiner Kollektionen.
In derselben, in der ich das erste Korsettkleid zeigte,
verwendete ich die Streifen der Matrosenhemden. Ich
habe sogar Teile der Filmmusik für den Soundtrack meiner Show genutzt. Matrosen und die Streifen der Matrosenhemden sind seitdem fester Bestandteil meines
Stils.« (Gaultier)
▶ Dienstag, 10. November 2015, 21.00 Uhr
The Cook, the Thief, His Wife and Her Lover (Der
Koch, der Dieb, seine Frau und ihr Liebhaber) | GB
1989 | R+B: Peter Greenaway | K: Sacha Vierny | M:
Michael Nyman | D: Michael Gambon, Richard Bohringer, Helen Mirren, Alan Howard, Tim Roth, Roger
Ashton Griffiths | 124 min | OmU | Manieristische Rachetragödie, die in einem Pariser Restaurant spielt.
»Dies war meine erste Arbeit fürs Kino. Peter Greenaway zeigte mir Gemälde von Rembrandt und fragte
mich, ob etwas machen könnte, das ähnlich aber modern sei. Ich sagte, dass ich mir das zutraue, und kam
mit meinen Zeichnungen. Als ich später einen Tag lang
am Set in den Pinewood-Studios verbrachte, war es
schrecklich kalt. Greenaway ließ Helen Mirren die
Szene, in der sie nackt im Kühlhaus ist, mindestens
zehn Mal wiederholen.« (Gaultier)
▶ Dienstag, 24. November 2015, 21.00 Uhr
Pink Flamingos | USA 1969 | R+B+K: John Waters |
D: Divine, David Lochary, Mary Vivian Pearce, Mink
Stole, Danny Mills | 107 min | OF | Ein Angriff auf den
»guten Geschmack«, eine Komödie mit grenzwertigen
Szenen: Der Transvestit Divine wird von einer Zeitung
zur »filthiest person alive« ernannt und fordert damit
die Marbles heraus, die einen Schwarzmarkt mit Babys
unterhalten und ihm den Titel entreißen möchten. »John
Waters und Divine, das war ein himmlisches Traumpaar
für die einen, und ein höllisches für andere. Als ich in
den frühen 1980ern nach New York flog, ging ich direkt
vom Flughafen aus ins Kino, um die Filme zu sehen, die
ich in Paris nicht sehen konnte. Die Filme von John
Waters gehörten zu meinen Favoriten.« (Gaultier)
▶ Dienstag, 1. Dezember 2015, 21.00 Uhr
Satyricon (Fellinis Satyricon) | Italien 1969 | R: Federico Fellini | B: Federico Fellini, Bernardino Zapponi,
nach dem Roman von Petronius | K: Giuseppe Rotunno
| M: Nino Rota | D: Martin Potter, Hiram Keller, Max
Born, Magali Noël, Alain Cuny | 128 min | OmU | Im derben, erotisch ausschweifenden und hedonistischen
Rom unter Kaiser Nero versuchen zwei Jünglinge, sich
bei der Werbung um die Gunst eines Lustknaben gegenseitig auszustechen. »Dies ist einer meiner absoluten Lieblingsfilme aller Zeiten. Fellinis fantastische Aus-
malung des dekadenten Roms. Ich weiß gar nicht, was
ich mehr liebe: die Schönheit der Schauspieler oder die
Schönheit der Setdesigns.« (Gaultier)
▶ Dienstag, 8. Dezember 2015, 21.00 Uhr
Jean-Paul Gaultier
All About Eve (Alles über Eva) | USA 1950 | R+B:
Joseph L. Mankiewicz | K: Milton R. Krasner | M: Alfred
Newman | D: Bette Davis, Anne Baxter, George Sanders,
Celeste Holm, Marilyn Monroe | 138 min | OmU | Mehrfach preisgekrönte, unter anderem mit sechs Oscars
ausgezeichnete böse Tragikomödie um eine Schauspielerin, die auf der Höhe ihres Ruhms am Broadway steht.
Sie begegnet einer glühenden Verehrerin und nimmt
sie unter ihre Fittiche. »Bette Davis als eine alternde
Schauspielerin wird von einer jungen Newcomerin
betrogen. Bette Davis ist die Verkörperung des Hollywood-Glamours. Ich widmete ihr eine Hommage mit
meiner Couture Collection ›The Cinema‹.« (Gaultier)
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SATYRiCON
▶ Dienstag, 15. Dezember 2015, 21.00 Uhr
La mala educación (Schlechte Erziehung) | Spanien
2004 | R+B: Pedro Almodóvar | K: José Luis Alcaine |
M: Aberto Iglesias | D: Gael García Bernal, Fele Martínez, Daniel Giménez Cacho, Lluís Homar, Francisco
Boira | 106 min | OmU | Der erfolgreiche Regisseur
Enrique Godet begegnet im Madrid der 1980er-Jahre
dem angeblichen ehemaligen Internatsfreund Ignacio,
der ihm eine selbstverfasste Novelle um einen Transvestiten überreicht. Diese wirft ihn in seine eigene Kindheit und Jugendzeit zurück. »Meine zweite Zusammenarbeit mit Almodóvar. Er bat mich, Gael García Bernal
als Frau zu kleiden. Ich stellte ihn mir vor in einem
Kleid, das mit sexuellen Attributen bestickt sein sollte,
doch Bernal war überhaupt nicht glücklich darüber,
einen schwulen Transvestiten zu spielen. Am Ende
passte dann doch alles, und seine Performance war
großartig.« (Gaultier)
▶ Samstag, 19. Dezember 2015, 21.00 Uhr
Kika | Spanien 1993 | R+B: Pedro Almodóvar | K:
Alfredo Mayo | D: Verónica Forqué, Peter Coyote, Victoria Abril, Àlex Casanovas, Rossy de Palma | 114 min |
OmU | »Dies war meine erste Zusammenarbeit mit
Pedro Almodóvar. Er ließ mir völlige Freiheit bei der
Gestaltung der Kostüme von Kika, einer Reporterin
eines trashigen Fernsehsenders. Seine einzige Vorgabe
war: eine Mischung aus Punk und Las Vegas. So entwarf ich das Kostüm aus Samt mit explodierenden
Brüsten und Blutstropfen. Die Ankleideproben mit Victoria und Pedro waren sehr speziell. Pedro äußerte eine
Idee, Victoria antwortete ihm und beide begannen
schon, die Szene zu spielen, während ich hinter ihnen
herlief und versuchte, die Nadeln zu setzen.« (Gaultier)
Les enfants du paradis (Kinder des Olymp) | Frankreich 1945 | R: Marcel Carné | B: Jacques Prévert | K:
Roger Hubert | M: Maurice Thiriet | D: Jean-Louis Barrault, Arletty, Pierre Brasseur, Pierre Renoir, Maria Casarès | 183 min | OmU | Im Paris des 19. Jahrhunderts
verlieben sich vier Männer in die schöne und charismatische Schauspielerin Garance: der Pantomime Baptiste Deburau, der angeberische Schauspieler Frédéric
Lemaître und der anarchistische Gauner Lacenaire und
Edouard, der Graf von Monteray. »LES ENFANTS DU PARADIS ist eine beeindruckende Saga aus der Pariser
Theaterwelt der 1820er- und 1830er-Jahre mit der
wunderschönen Arletty. Eine Liebeserklärung an eine
verschwundene Welt, die ich nicht kannte, aber gerne
erlebt hätte.« (Gaultier)
▶ Freitag, 18. Dezember 2015, 21.00 Uhr
▶ Sonntag, 20. Dezember 2015, 19.00 Uhr
Ingrid Bergman
Retrospektive Ingrid Bergman
CASABLANCA
11
Es mag der Mythos eines einzigen Filmes sein, dessen
schwarzweiße klare Strahlkraft ungebrochen bis in die
Gegenwart hinein wirkt und gemeinhin noch heute als
erstes mit ihrem Namen verbunden wird: CASABLANCA (1942). Diese weltumspannende, zeitlos wirkende Liebesgeschichte um Rick und Ilsa, die sich in
den Wirren des Zweiten Weltkriegs in der Stadt an der
Nordküste Marokkos wiederbegegnen, hat längt selbst
ikonographischen Charakter erlangt. Das tröstliche
»Wir haben immer noch Paris« ist ebenso zum allbekannten geflügelten Wort geworden wie das falsch
übersetzte »Ich seh dir in die Augen, Kleines!« (im Original klingt das natürlich etwas anders: »Here’s looking at
you, kid!«) und nicht zuletzt »Das ist der Beginn einer
wunderbaren Freundschaft«. Herman Hupfelds weltbekannter Song »As Time Goes By«, gesungen von
Dooley Wilson, ist von einem geradezu globalen Wiedererkennungseffekt. CASABLANCA ist in das kollektive
Weltgedächtnis eingegangen.
Ingrid Bergman selbst war über den Erfolg dieses Films
– dem zum Zeitpunkt der komplizierten Dreharbeiten
niemand größere Bedeutung beimaß und der beinahe
in dieser Besetzung mit ihr und Humphrey Bogart überhaupt nie gedreht worden wäre –, zeit ihres Lebens
immer sehr verwundert: »Während der Dreharbeiten
hatten wir absolut kein Vertrauen in den Film, weil das
Drehbuch so schlecht war. Es wurde ja auch Tag für Tag
geschrieben. Nichts daran war klar, und wir wussten
überhaupt nicht, wo es hinging. Ich wusste nicht einmal, welchen Mann ich wirklich lieben sollte. Bis zum
Schluss wusste also niemand, wie der Film werden
würde. Und dann, als alles geschnitten war, nach all
den Schwierigkeiten und den Streitereien und dem Umschreiben – da kommt dieser absolut wunderschöne
Film dabei heraus«, sagt sie einmal in einem ihrer selteneren Fernsehinterviews der CBC im Jahr 1971, selbst
immer noch ganz entgeistert. Man glaubt es ihr.
Ingrid Bergman – Ikone der Kinogeschichte, zeitloser
Weltstar, Weltbürgerin in fünf Ländern und einzige
Schauspielerin, die in fünf Sprachen drehte – ist weitaus mehr als die junge Protagonistin (sie ist zum Zeitpunkt der Dreharbeiten im Frühjahr 1942 gerade einmal 26 Jahre alt) aus dem Welterfolg CASABLANCA. Ihr
Schaffen umspannt von den frühen 1930er-Jahren bis
Alfred Hitchcock, ingrid Bergman
Ingrid Bergman
12
in die frühen 1980er-Jahre genau ein halbes Jahrhundert: Gustaf Molanders Dreiecksgeschichte INTERMEZZO (Schweden 1936; US-Remake, USA 1939),
Carl Froelichs UFA-Vorkriegs-Komödie DIE VIER GESELLEN (1938), Victor Flemings Literaturverfilmung DR. JEKYLL AND MR. HYDE (1941), Sam Woods epische Hemingway-Adaption FOR WHOM THE BELL TOLLS
(1943), George Cukors meisterlich-mystischer Film
noir GASLIGHT (1944), für den sie ihren ersten Oscar
erhält, Stanley Donens leichtfüßiger INDISCREET
(1957), Bernhard Wickis schwarzweiße DürrenmattVariation THE VISIT (1964), Gene Saks’ beschwingte
CACTUS FLOWER (1969). Und viele, viele andere mehr.
Hinzu kommen, insbesondere in den 1960er-Jahren,
Fernsehspiele sowie diverse Theaterauftritte.
Die drei wichtigsten Regisseure ihrer fünf Jahrzehnte
umspannenden Künstlerkarriere sind der Chronologie
nach der Schwede Gustaf Molander, der Brite Alfred
Hitchcock und der Italiener Roberto Rossellini. Alle drei
haben Ingrid Bergmans Werk maßgeblich geprägt und
geformt. Alfred Hitchcock hat Ingrid Bergman in dreien
seiner Filme besetzt, damit ist sie neben Grace Kelly
die einzige Schauspielerin, die der gewichtige Master
of Suspense wiederholt einsetzte und, ebenso wie
Grace Kelly, gerne noch viel öfter besetzt hätte. Doch
das Leben kam bei beiden Hitchcock-Heroinen dazwischen, in Gestalt zweier Männer: bei Grace Kelly
Fürst Rainier von Monaco, bei Ingrid Bergman Regisseur Roberto Rossellini.
In den drei Hitchcock-Filmen SPELLBOUND (ICH
KÄMPFE UM DICH, 1945), NOTORIOUS (WEISSES GIFT,
1946), und dem farbigen UNDER CAPRICORN (SKLAVIN DES HERZENS, 1949) ist sie so schön fotografiert
wie in keinem anderen Film. Bei Hitchcock ist Ingrid
anmutig und apart, ist sie verführerisch und verrucht,
ist sie Engel und Vamp. Ihre ganze Vielschichtigkeit und
Ambivalenz kommt unter Hitchcocks Regie zum Vorschein. Es sind mithin ihre komplexesten Filme.
NOTORIOUS – in dem sie an der Seite Cary Grants zu
sehen ist und Hitchcock mit ihnen beiden den längsten
Kuss der Filmgeschichte inszeniert und wider die
strenge US-Zensur durchsetzt – ist wahrscheinlich Ingrid Bergmans beste darstellerische Leistung, ihr Meisterstück. UNDER CAPRICORN hingegen zählt zu den
unbekanntesten und am wenigsten geschätzten Filmen
in beider Werk. Vollkommen zu Unrecht, ist in diesem
zweiten Technicolor-Film Hitchcocks doch eine große
Kraft in Ingrid Bergmans Darstellung spürbar, sind von
ihr betörende Close-ups zu sehen, ist die visuelle Struktur und Anlage dieses historischen Kammerspiels (Kamera: Jack Cardiff) ebenso komplex wie spannend.
Hitchcock sah Ingrid Bergman, er erkannte ihr Wesen.
Sie blieben ein Leben lang Freunde, bis zum Tod Hitchcocks am 29. April 1980, lediglich zwei Jahre vor ihrem
eigenen.
Ingrid Bergman, vor 100 Jahren am 29. August 1915
als Tochter eines schwedischen Vaters und einer deutschen, aus Hamburg stammenden Mutter in Stockholm
geboren, hat es von Anfang an nicht leicht in ihrem
Leben. Ihre Mutter, geborene Friedel Adler, stirbt bereits
im Januar 1918. Es bleibt ihr nur der Vater Justus. Und
auch Justus Bergman stirbt, da ist Ingrid gerade einmal
dreizehn. Sie ist mal bei der einen Tante, mal bei der
anderen, verbringt den Sommer immer in Hamburg bei
der deutschen Verwandtschaft, die restliche Zeit des
Jahres in ihrer Geburtsstadt Stockholm. Früh schon ist
da eine erste Zerrissenheit. Früh schon ist da das Fehlen von Halt, von Stabilität. Und die tiefe Sehnsucht
nach den Künsten, besonders dem Film und dem Theater. Spielen und Träumen als Lebensersatz. Sie sei wirklich besessen davon gewesen, sich bekannt zu machen
und berühmt zu werden, erzählen selbst Freunde von
ihr. Ingrid hat zeit ihres Lebens keinen festen Boden
unter den Füßen. Über ihr Aufnahme an der Schauspielschule des Stockholmer Königlichen Dramatischen
Theaters im Alter von 17 Jahren sagt sie später bezeichnenderweise: »Dies war meine Heimat, mein Zuhause.«
Diese Instabilität zieht sich wie ein roter Faden durch
ihr ganzes Leben und Arbeiten. Ohne das Filmen, ohne
die Arbeit, ohne die Kamera, kann sie nicht sein. Sie
Bergmans Leben. Sieben lange Jahre betritt sie keinen
amerikanischen Boden mehr. Acht lange Jahre sieht sie
ihre erste Tochter Pia Lindström nicht. In diesen Jahren
entstehen sechs gemeinsame Arbeiten der ungleichen
Eheleute: vom gemeinsamen Debüt STROMBOLI
(1950) und EUROPA 51 (1952) über den Episodenfilm
SIAMO DONNE (1953) und die abgefilmte Theateraufführung GIOVANNA D’ARCO AL ROGO (1954) bis hin zu
VIAGGIO IN ITALIA (1953) – dem wohl schönsten und
wichtigsten Bergman-Rossellini-Film – und abschließend der in München gedrehten, expressionistisch angelegten und unterschätzten Stefan Zweig-Adaption
ANGST (1954). Diese zunächst wenig beachteten Arbeiten, die in den 1950ern allesamt floppten, sind später zu anerkannten Klassikern avanciert.
Auf die darauffolgende künstlerische wie private Trennung von Ingrid Bergman und Roberto Rossellini folgt
die rehabilitierende Rückkehr in die USA. Für Anatole
Litvaks Kostüm-Melodram ANASTASIA (1956), ihr
Comeback, erhält sie gleich ihren zweiten Oscar. Ingrid
Bergman hat ein volles, »ein reiches Leben gehabt«,
wie sie selbst konstatiert, mit vielen Hochs und nicht
minder vielen Tiefs. Und, sie ist all das: Da ist einerseits
ihre Geradlinigkeit, ihre Natürlichkeit, ihre Bescheidenheit. Ihr Frohsinn und ihr lautes Lachen. Auch ihr Geerdet-Sein, ihre Bodenständigkeit, ihr Familiensinn.
Ihre eiserne, letztlich preußisch-deutsche Disziplin, ihre
Entschlossenheit. »Ich arbeite sehr hart, das ist wahrscheinlich die Basis von allem. Ich habe keine Angst
davor, viel zu tun. Ich muss wohl ziemlich viel Courage
haben, dass ich mich immer so aus dem Fenster lehne.
Ich habe so viel Glück gehabt«, sagt sie 1973 einmal.
»Ich erinnere mich an eine Person, die glücklich war
und einen großartigen Sinn für Humor hatte, aber auch
eine melancholische Seite. Daran erinnere ich mich bei
meiner Mutter sehr stark«, so Tochter Ingrid-Isotta Rossellini.
Am 29. August 1982, es ist der Tag ihres 67. Geburtstags, stirbt Ingrid Bergman in London. Acht Jahre hat
sie mit ihrer schweren Krebserkrankung gelebt, hat dagegen angekämpft, hat Theater und noch zwei für sie
sehr wichtige Kinofilme gedreht – Sidney Lumets starbesetzte, humorige Agatha Christie-Verfilmung MURDER ON THE ORIENT EXPRESS (1974), die ihr ihren dritten Oscar bringt, und Ingmar Bergmans mitreißendes
Mutter-Tochter-Kammerspiel HÖSTSONATEN (1978).
Sowie, schwerstkrank, ein letzter Fernsehfilm – A
WOMAN CALLED GOLDA (1982) über Israels Ministerpräsidentin Meir. Bis die Krankheit schließlich stärker
ist, der Krebs sie besiegt. Ihr Geburtstag wird zugleich
ihr Todestag. Auf der Kinoleinwand, auf dem Fernseh-
Ingrid Bergman
geht drei Ehen ein, die am Ende alle scheitern. Sie hat
Affären, mit ihren Schauspielkollegen und ihren Regisseuren, auch während ihrer drei Ehen, die sie ablenken
sollen. Die ihr das geben sollen, wonach sie ihr Leben
lang seit der unbehüteten Kindheit sucht: Liebe, Geborgenheit, Halt. Den Boden unter ihren Füßen. Mit ihren
vier Kindern versucht sie, so etwas wie ein Nest zu errichten. Doch auch hier ist es die Ambivalenz der Künstlerin und Mutter, die sich immer wieder entscheiden
muss zwischen ihrer Familie und ihrer anderen großen
Liebe, dem Kino, dem Theater. Leben oder Spielen? Oft
ist es die Arbeit, für die sie sich entscheidet. Auch für
Ingrid Bergmans eigene Kinder ist das Aufwachsen
nicht leicht, ist die häufige Abwesenheit der Mutter
schmerzlich und prägend.
Die Rolle der Johanna von Orléans ist lange Zeit ihre
Lieblingsrolle. Die will sie unbedingt spielen. Schon als
siebenjähriges Kind hat sie diesen Wunsch. Einer der
Beweggründe, warum sie sich 1939 vom mächtigen
Hollywood-Produzenten David O. Selznick (GONE WITH
THE WIND, REBECCA) nach Amerika holen lässt, allein
zunächst, ohne ihre junge Familie, ist die Aussicht,
dass dort auch die Verfilmung eines Johanna-Stoffes
angedacht ist. Mit ihr, versichert Mogul Selznick. Das
Projekt verschiebt sich mehrfach. Dann endlich inszeniert Victor Fleming 1948 den Kinofilm JOAN OF ARC
(JOHANNA VON ORLÉANS) mit ihr in der Titelrolle. Doch
das große breite farbige Historien-Epos enttäuscht Kritik und Publikum gleichermaßen. Regisseur Fleming,
mit dem Ingrid Bergman eine ihrer Affären hat, stirbt im
Januar 1949 wenige Wochen nach der New Yorker
Welturaufführung an einem Herzinfarkt. Dennoch: Aus
der Rolle ihres Lebens wird, unfreiwillig, ihre Lebensrolle. In den USA der 1940er-Jahre wird Ingrid Bergman gleichgesetzt mit der Jungfrau von Orléans.
Tugendhaft, rein, anständig. Die Kirchen wollen Marienstatuen mit Ingrid Bergmans Antlitz aufstellen. Sie wird
von den Menschen angehimmelt und verehrt, als
Heilige glorifiziert: Aus der Heiligen Johanna wird die
Heilige Ingrid.
Doch dann kommt das schicksalshafte Jahr 1949: Aus
der Begegnung mit dem italienischen Regisseur Roberto Rossellini wird eine Liebesbeziehung, dann eine
kurze Künstler-Ehe. Beide sind anderweitig verheiratet,
beide haben Kinder. Es ist der große internationale
Gesellschaftsskandal der 1950er-Jahre. Die Medien
stürzen sich auf das Paar und verfolgen es, US-Senatoren wollen Ingrid Bergman nicht mehr in ihrem Land
sehen. Es ist der Hochverrat der Johanna von Orléans
am prüden US-amerikanischen Volk und seinen moralischen Werten. Nichts mehr ist so wie zuvor in Ingrid
13
Ingrid Bergman
bildschirm, in ihren 50 Filmen, lebt Ingrid Bergman in
strahlender Schönheit weiter – als Ikone wie auch als
Mythos.
Thilo Wydra
14
Die Texte von Thilo Wydra in den Filmbeschreibungen entstammen dem Rohmanuskript seiner Biographie »Ingrid Bergman –
Ein Leben«, die am 1. Februar 2016 in der Deutschen VerlagsAnstalt (DVA) erscheint. Die weiteren, nicht namentlich gekennzeichneten Texte hat Andrea Kirchhartz verfasst.
Munkbrogreven (Der Graf von der Mönchsbrücke) |
Schweden 1935 | R: Edvin Adolphson, Sigurd Wallén |
B: Arthur Natorp, Siegfried Fischer, nach dem Stück
»Greven av Gamla Sta’n« von Siegfried und Arthur Fischer | K: Åke Dahlqvist | M: Jules Sylvain | D: Valdemar
Dahlquist, Julia Cæsar, Sigurd Wallén, Edvin Adolphson,
Ingrid Bergman | 93 min | OmeU | »Eine Komödie, die
einen Tag im Leben junger Tagediebe und arbeitsloser
Künstler beschreibt, die alkoholisiert durch die Altstadt
ziehen. Ingrid spielt hier, in einem gestreiften Kleid,
Elsa, das Zimmermädchen, das sich in einen der Kameraden verliebt hat.« (Thilo Wydra) Die noch junge
Schauspielschülerin im ersten Lehrjahr wurde schon
für ihre erste, kleine Rolle als kommender Star aufgebaut und machte auf sich aufmerksam. Als ihr gleich
darauf zwei Filmproduktionen Rollen anboten, beendete sie ihre Schauspielausbildung am Dramatischen
Theater – sehr zum Leidwesen von Theaterdirektor
Olof Molander, dem Bruder ihres ersten Lieblingsregisseurs Gustaf Molander.
▶ Freitag, 11. September 2015, 18.30 Uhr
Intermezzo | Schweden 1936 | R: Gustaf Molander | B:
Gustaf Molander, Gösta Stevens | K: Åke Dahlqvist | M:
Heinz Provost | D: Gösta Ekman, Inga Tidblad, Ingrid
Bergman, Erik Berglund, Hugo Björne, Emma Meissner
| 92 min | OmeU | Das erfolgreiche Melodram um eine
Klavierlehrerin, die die Tochter eines Violinvirtuosen un-
terrichtet, wurde drei Jahre später in Hollywood noch
einmal verfilmt – wieder mit Ingrid Bergman in der
Hauptrolle. »Molanders INTERMEZZO ist Ingrids sechster Kino-Spielfilm. Den ganzen Film durchweht eine
tiefe Melancholie. Stellenweise trägt Molanders
Dreiecksgeschichte etwas Düsteres in sich, eine Stimmung des Verlorenseins. Später einmal bekennt Regisseur Gustaf Molander: ›Schön, ich habe INTERMEZZO
für sie geschrieben, aber sie war es, die den Film zum
Erfolg führte. Sie konnte sprechen, sich bewegen, sie
füllte die Leinwand mit Leben. Die Wahrheit ist, dass
niemand sie entdeckt hat. Sie hat sich selbst entdeckt.‹« (Thilo Wydra)
▶ Samstag, 12. September 2015, 18.30 Uhr
Die vier Gesellen | Deutschland 1938 | R: Carl Froelich | B: Jochen Huth, nach seinem Stück | K: Reimar
Kuntze | M: Hanson Milde-Meißner | D: Ingrid Bergman,
Sabine Peters, Carsta Löck, Ursula Herking, Hans Söhnker | 96 min | »Eine überraschende Komödie über vier
junge Frauen in Berlin, die ihre Ausbildung an der Fachschule für Kunstgewerbe abgeschlossen haben und
vergeblich Arbeit suchen. Sie beschließen, gemeinsam
eine Werbeagentur zu gründen und zusammen zu wohnen. Der Film zeigt realistische Aufnahmen vom Leben
auf den Straßen Berlins, doch letztendlich siegt die
Komödie über den Realismus: Selbst wenn es den Protagonisten nicht gut geht, tragen sie stets tadellose
Kleider, und ihre gemeinsame Wohnung ist ungewöhnlich groß. Ingrid Bergmans Mutter war Deutsche, und
da sie als Kind und Jugendliche oft in Hamburg weilte,
war die deutsche Sprache kein Problem für sie.« (Jon
Wengström)
▶ Sonntag, 13. September 2015, 18.30 Uhr
En kvinnas ansikte (Das Gesicht einer Frau) |
Schweden 1938 | R: Gustaf Molander | B: Gösta
Stevens, Ragnhild Prim, nach dem Stück »Il était
une fois« von Francis de Croisset | K: Åke Dahlqvist |
M: Eric Bengtson | D: Ingrid Bergman, Tore Svennberg,
Anders Henrikson, Georg Rydeberg, Gunnar Sjöberg |
104 min | OmeU | Eine Frau mit entstelltem Gesicht ist
der Kopf einer Erpresserbande. Dieser Film lag Ingrid
Bergman besonders am Herzen – nicht erst in Hollywood fühlte sie sich früh auf ein zu harmlos-nettes
Image festgelegt und hat um Rollen gekämpft, die
abseits davon lagen. Hier darf sie nicht nur böse, sondern auch hässlich sein, wobei ihr Arztgatte bei der entstellenden Maske behilflich war. Bekannter als das
schwedische Original ist das Hollywood-Remake mit
Joan Crawford, das es jedoch mit seinem kitschigen
Happy End nicht mit der durchgehend düstereren
Vorlage aufnehmen kann: Nur in Hollywood reicht es
aus, dass eine Figur schön wird, um ihr jede Untat zu
verzeihen.
Intermezzo | USA 1939 | R: Gregory Ratoff | B: George
O’Neil | K: Gregg Toland | M: Max Steiner | D: Leslie
Howard, Ingrid Bergman, Edna Best, John Halliday,
Cecil Kellaway | 70 min | OF | INTERMEZZO war das
erste Meisterwerk von Molander-Bergman, ein klassisches Melodram. Die bittersüße Liebesgeschichte, der
keine Zukunft vergönnt ist, entsprach schon in der
schwedischen Fassung ganz dem amerikanischen
Geschmack und kam in den USA sehr gut an. Die USKritik bescheinigte der Hauptdarstellerin, Hollywoods
würdig zu sein. Kein Wunder, dass Selznick für ihr Hollywooddebüt zwei Jahre später ein ziemlich originalgetreues Remake dieser Geschichte wählte, bis darauf,
dass es stärker als das schwedische Original auf die
Figur der Anita ausgerichtet ist – und dass der Liebesurlaub 1939 nicht mehr im deutschsprachigen Tirol,
sondern in der französischsprachigen Schweiz stattfindet.
▶ Freitag, 18. September 2015, 18.30 Uhr
Juninatten (Eine Nacht im Juni) | Schweden 1940 |
R: Per Lindberg | B: Ragnar Hyltén-Cavallius, Pe Lindberg, nach dem Roman von Tora Nordström-Bonnier |
K: Åke Dahlqvist | M: Jules Sylvain | D: Ingrid Bergman,
Marianne Löfgren, Lill-Tollie Zellman, Marianne Aminoff
| 88 min | OmeU | »Mit seiner die Kontraste betonenden
Ausleuchtung, den ungewöhnlichen Kamerawinkeln
und einer Geschichte um Geheimnisse und Besessenheit kommt JUNINATTEN als einziger schwedischer
Film überhaupt dem Film noir nahe. Wieder einmal porträtiert Bergman eine Frau, die ihrer dunklen Vergangenheit zu entfliehen versucht.« (Jon Wengström) War
Ingrid Bergman in ihren ersten Filmen noch zeittypisch
geschminkt und onduliert, die Augenbrauen gezupft,
kam sie schon aus Deutschland mit deutlich reduziertem Make-up zurück und brachte von ihrem ersten Hollywoodfilm die neue kunstvolle Dauerwellenfrisur mit,
die einen natürlichen Eindruck macht: Fertig war die
neue, die »natürliche Schönheit«.
▶ Samstag, 19. September 2015, 18.30 Uhr
Dr. Jekyll and Mr. Hyde (Arzt und Dämon) | USA
1941 | R: Victor Fleming | B: John Lee Mahin, nach der
Novelle von Robert Louis Stevenson | K: Joseph Ruttenberg | M: Franz Waxman | D: Spencer Tracy, Ingrid Berg-
Ingrid Bergman
▶ Mittwoch, 16. September 2015, 18.30 Uhr
15
man, Lana Turner, Donald Crisp, Ian Hunter | 112 min |
OF | »Ich hätte jeden Preis gezahlt, um diesen Film zu
drehen. Kann ich je glücklicher in meiner Arbeit sein?
Werde ich je eine bessere Rolle als die der kleinen Ivy
Petersen bekommen, einen besseren Regisseur als
Victor Fleming, einen besseren Partner als Spencer
Tracy und einen besseren Kameramann als Joe Ruttenberg? Nie habe ich mich so völlig hingegeben. Zum ersten Mal bin ich aus dem Käfig ausgebrochen, der mich
umschlossen hält, und habe einen Spalt zur Welt geöffnet. Ich habe Dinge berührt, die in mir schlummerten
und die zu zeigen ich vorher nie gewagt hatte.« (Ingrid
Bergman)
▶ Sonntag, 20. September 2015, 18.30 Uhr
Casablanca | USA 1942 | R: Michael Curtiz | B: Julius
J. Epstein, Philip G. Epstein, Howard Koch | K: Arthur
Edeson | M: Max Steiner | D: Humphrey Bogart, Ingrid
Bergman, Paul Henreid, Claude Rains, Conrad Veidt,
Peter Lorre | 102 min | OmU | »Ein Grund für den außerordentlichen Erfolg von CASABLANCA war wahrscheinlich auch der Umstand, dass der Film direkt auf die
Ereignisse des Zweiten Weltkrieges ansprach, auf die
Millionen von Flüchtlingen, die verzweifelt versuchten,
dem Hitler-Regime zu entkommen. Selten hatten Filmschauspieler damals die Möglichkeit, in ihrer Arbeit so
direkt auf die aktuellen schrecklichen Geschehnisse in
der Welt einzugehen wie bei diesem Film.« (Ingrid Bergman) In der Bundesrepublik wurde der Film bis in die
1970er-Jahre nur in einer auf 76 Minuten gekürzten
Fassung gezeigt, in der keine Nazis mehr auftraten, ob-
wohl der fast vollständig aus dem Geschehen eliminierte Conrad Veidt im Vorspann noch an prominenter
Stelle genannt wird.
▶ Freitag, 25. September 2015, 18.30 Uhr ▶▶ Freitag,
Ingrid Bergman
2. Oktober 2015, 18.30 Uhr (Deutsche Fassung von
1952, 76 min) | Einführung: Andrea Kirchhartz
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For Whom the Bell Tolls (Wem die Stunde schlägt) |
USA 1943 | R: Sam Wood | B: Dudley Nichols, nach
dem Roman von Ernest Hemingway | K: Ray Rennahan
| M: Victor Young | D: Gary Cooper, Ingrid Bergman, Katina Paxinou, Akim Tamiroff, Arturo de Córdova, Vladimir
Sokoloff | 157 min | OF | »Was im Film nicht klar genug
herauskam, war die politische Situation, denn man war
man unvergleichlich anrührend leiden konnte, hatte sie
nicht erst seit INTERMEZZO unter Beweis gestellt, doch
GASLIGHT, in dem sie von ihrem juwelenbesessenen
Ehemann in den Wahnsinn getrieben werden soll, spielt
wie kaum ein anderer Film den Widerspruch zwischen
ihrer an sich robust-vitalen Erscheinung und der sich in
ihren Zügen spiegelnden inneren Verletzlichkeit aus.
Dafür bekam sie ihren ersten Oscar.
▶ Sonntag, 27. September 2015, 18.30 Uhr
The Bells of St. Mary’s (Die Glocken von St. Marien)
| USA 1945 | R: Leo McCarey | B: Dudley Nichols | K:
George Barnes | M: Robert Emmett Dolan | D: Bing
Crosby, Ingrid Bergman, Henry Travers, William Gargan,
Ruth Donnelly | 88 min | OF | »Ich war mit der Rolle
überglücklich, und der Film wurde ein großer Erfolg.
Am besten gefiel mir an der Nonnenrolle, dass man nur
mein Gesicht sah. Mein Körper war unter einem langen
schwarzen Gewand versteckt. Ich konnte soviel Eiscreme und so viele Süßigkeiten essen, wie ich nur
wollte. Niemand sagte mir, ich müsse auf meine Figur
achten.« (Ingrid Bergman) Auch in diesem Melodram
mit Bing Crosby als singendem Pfarrer wird die gesundheitsstrotzende Aura der Bergman durch ein schleichendes Gift (hier: Tuberkulose) bedroht, bevor sie sich
strahlend behaupten kann.
▶ Dienstag, 29. September 2015, 18.30 Uhr
in Hollywood ängstlich darauf bedacht, alle Seiten zu
jeder Zeit zufriedenzustellen. Also bezog man keine
Stellung. Mir machte es Spaß, und vor allem freute ich
mich über die Zusammenarbeit mit Gary Cooper. Der
Fehler war, dass ich diese Freude im Spiel zeigte – ich
war zu glücklich, um die Tragik, die in der Figur der
Maria liegt, deutlich werden zu lassen.” (Ingrid Bergman) Ein typisches Hollywood-Produkt, in dem die groß
gewachsene, kräftige Schwedin das traumatisierte spanische Bauernmädchen spielt, eine glamourös auf unglamourös getrimmte Schönheit mit jederzeit perfekt
frisiertem kurzem Haar.
▶ Samstag, 26. September 2015, 18.00 Uhr
Gaslight (Das Haus der Lady Alquist) | USA 1944 | R:
George Cukor | B: John Van Druten, Walter Reisch,
John L. Balderston, nach dem Stück von Patrick Hamilton | K: Joseph Ruttenberg | M: Bronislau Kaper | D:
Charles Boyer, Ingrid Bergman, Joseph Cotten, Dame
May Whitty, Angela Lansbury | 114 min | OmU | Laut
Hitchcock habe Victorien Sardou Theaterautoren den
Ratschlag gegeben, ein Stück sei dann Erfolg versprechend, wenn die Heldin gequält wird. Dass Ingrid Berg-
Spellbound (Ich kämpfe um dich) | USA 1945 | R:
Alfred Hitchcock | B: Ben Hecht, frei nach dem Roman
»The House of Dr. Edwardes« von Frances Beeding | K:
Georges Barnes | M: Miklós Rózsa | D: Ingrid Bergman,
Gregory Peck, Michael Chekhov, Leo G. Carroll, Rhonda
Fleming | 111 min | OF | Eine Psychiaterin in einer Nervenheilanstalt versucht, das Trauma eines neuen Arztes
zu entschlüsseln. »In späteren Jahren sollte Hitchcock
gelegentlich lästern: ›Ah, Ingrid. So beautiful, so stupid …‹ Ein Psychiater (so wie Bergman einen in SPELLBOUND spielt) würde dies zweifellos als das Bedürfnis
eines unsicheren Mannes deuten, sein Idol zu entweihen. Tatsächlich verstanden sich Hitchcock und Ingrid
von Anfang an blendend und blieben bis zu seinem Tod
gute Freunde. Er entdeckte in ihr die kühle nordische
Blondine mit unterschwelligem Feuer, dessen Ausbruch
umso aufregender ist, weil niemand damit rechnet.«
(John Russell Taylor)
▶ Mittwoch, 30. September 2015, 18.30 Uhr ▶▶ Frei-
tag, 16. Oktober 2015, 18.30 Uhr
Notorious (Weißes Gift) | USA 1946 | R: Alfred Hitchcock | B: Ben Hecht | K: Ted Tetzlaff | M: Roy Webb |
▶ Samstag, 3. Oktober 2015, 18.30 Uhr ▶▶ Mittwoch,
14. Oktober 2015, 18.30 Uhr
Joan of Arc (Johanna von Orleans) | USA 1948 | R:
Victor Fleming | B: Maxwell Anderson, Andrew Solt,
nach dem Stück »Joan of Lorraine« von Maxwell Anderson | K: Joseph Valentine | M: Hugo Friedhofer | D: Ingrid Bergman, Francis L. Sullivan, J. Carol Naish, Ward
Bond, Gene Lockhart, José Ferrer | 148 min | OF | »Als
der JOHANNA-Film kürzlich wieder im Fernsehen lief,
sah ich deutlich den ganzen bunten Zuckerguss, mit
dem er in Hollywood überzogen worden war. Alle
Arch of Triumph (Triumphbogen) | USA 1948 | R:
Lewis Milestone | B: Lewis Milestone, Harry Brown,
nach dem Roman von Erich Maria Remarque | K: Russell Metty | M: Louis Gruenberg | D: Ingrid Bergman,
Charles Boyer, Charles Laughton, Louis Calhern, Ruth
Warrick | 133 min | OF | »TRIUMPHBOGEN gehört zu
den wenigen Filmen, von denen ich nicht hundertprozentig überzeugt war. Ich wollte ihn eigentlich nicht machen, aber man überzeugte und überredete mich, und
schließlich sollten Charles Boyer und Charles Laughton
meine Partner sein. Ich wollte nicht gern auf die Zusammenarbeit verzichten, war aber meiner selbst nicht
sicher. Ich fürchtete, in der Rolle der Joan Madou unglaubwürdig zu wirken. Dann stellte sich heraus, dass
der Film zu lang geworden war, und man kürzte ihn
sehr grob zusammen. Als die Szenen herausgeschnitten waren, war der Film nur noch wenig glaubhaft.«
(Ingrid Bergman)
▶ Dienstag, 6. Oktober 2015, 18.30 Uhr
Under Capricorn (Sklavin des Herzens) | USA 1949 |
R: Alfred Hitchcock | B: James Bridie, nach dem Roman
von Helen Simpson | K: Jack Cardiff | M: Richard Addinsell | D: Ingrid Bergman, Joseph Cotten, Michael Wilding, Margaret Leighton, Cecil Parker | 111 min | OF |
Melodramatischer Kostümfilm, in dem Ingrid Bergman
die Ehefrau eines in Australien zu einem erfolgreichen
Landbesitzer aufgestiegenen Ex-Häftlings spielt. »Einige dieser verdammt langen Szenen sind ganz gut geworden. In einer Neuneinhalb-Minuten-Einstellung rede
ich ohne Pause; die Kamera lässt mich nie aus dem
Blick – und es ist tatsächlich gut. Ich muss sagen, viel
besser als geschnitten und bearbeitet.« (Ingrid Bergman) »Ein Film, der die vielen Facetten einer Frau untersucht. UNDER CAPRICORN ist die Geschichte eines Gesichts, des Gesichts von Ingrid Bergman. Diesem Gesicht dienen die schönsten Effekte des Films.« (Éric
Rohmer, Claude Chabrol)
▶ Mittwoch, 7. Oktober 2015, 18.30 Uhr ▶▶ Samstag,
17. Oktober 2015, 18.30 Uhr | Einführung: Thilo Wydra
Schlachtszenen waren im Studio entstanden, alle Orte
des Geschehens waren Kulissen aus Pappmaché. Ich
selbst sah überhaupt nicht wie ein Bauernmädchen
aus, sondern wie eine Diva, die ein Bauernmädchen
darstellt – sauberes Gesicht, adrette Frisur. Ich glaube,
wenn ich so zurückblicke, dass genau an diesem Punkt
meine langsame, stille Rebellion begann und sich
meine Vorstellungen veränderten.« (Ingrid Bergman)
▶ Sonntag, 4. Oktober 2015, 18.00 Uhr
Ingrid Bergman Rarities – Jon Wengström vom Swedish Film Archive präsentiert ein Programm mit Kurzfilmen und Filmausschnitten: Bakomfilm Höstsonaten
(Drehbericht Herbstsonate) | Schweden 1978 | R:
Ingmar Bergman | K: Arne Carlsson | 28 min (Ausschnitt) | OmeU – Med Ingrid Bergman på Berns (Mit
Ingrid Bergman bei Berns) | Schweden 1953 | 6 min
| OF – Santa Brigida | Italien 1952 | R: Roberto Rossellini | 9 min – Kort möte med familjen Rossellini
(Kurze Begegnung mit Familie Rossellini) | Schwe-
Ingrid Bergman
D: Cary Grant, Ingrid Bergman, Claude Rains, Louis
Calhern, Leopoldine Konstantin, Reinhold Schünzel |
101 min | OF | Eine deutschstämmige Amerikanerin
und ein FBI-Agent schleichen sich bei einem Geheimring untergetauchter Nazis ein. »Ein Leinwandkuss
durfte bis zu drei Sekunden dauern. Also küssten Cary
und ich uns, unterhielten uns, küssten uns wieder,
dann wurden wir durch das Läuten des Telefons gestört. Es war ein Kuss, der unterbrochen und wieder
fortgesetzt wurde. Und die Zensurbehörde konnte
nichts unternehmen, denn wir küssten uns nie länger
als jeweils drei Sekunden hintereinander. Wir knabberten am Ohrläppchen des anderen, küssten uns auf die
Wangen, und dadurch wirkte dieser Kuss endlos und
wurde zu einer Sensation auf der Leinwand.« (Ingrid
Bergman)
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Ingrid Bergman
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den 1953 | R: Gert Engström | 5 min | OF – Red Cross
Promo (Werbefilm für das Rote Kreuz) | USA 1944 |
3 min | OF – Smycket (Das Halsband) | Schweden
1967 | R: Gustaf Molander | B: Erland Josephson, nach
der Kurzgeschichte »La parure« von Guy de Maupassant | K: Gunnar Fischer | D: Ingrid Bergman, Gunnar
Björnstrand, Gunnel Broström | 27 min | OmeU | Eine
Episode des Films STIMULANTIA.
▶ Dienstag, 13. Oktober 2015, 18.30 Uhr | Einführung:
Jon Wengström
Stromboli | Italien 1950 | R: Roberto Rossellini | B:
Sergio Amidei, Gian Paolo Callegari, Art Cohn, Renzo
Cesana, Félix Morlión | K: Otello Martelli | M: Renzo
Rossellini | D: Ingrid Bergman, Mario Vitale, Renzo Cesana, Mario Sponzo, Angelo Molino | 105 min | engl. OF
| Eine junge Lettin findet sich bei Kriegsende in einem
italienischen Lager für displaced persons wieder und
nimmt den Heiratsantrag eines Ex-Soldaten an, der sie
auf seine Heimatinsel Stromboli mitnimmt. Gleich zu
Beginn von Ingrids Bergmans Zusammenarbeit mit
Roberto Rossellini ein Film über das Exil, über das
Anders- und Fremdsein in einer unbekannten, verständnislosen Welt. STROMBOLI nimmt Ingrid Bergmans Außenseitersituation der kommenden Jahre
quasi schon vorweg: verstoßen aus der »Heimat« Hollywood und unverstanden in Italien, wo Regisseur und
Hauptdarstellerin der Verrat am Neorealismus vorgeworfen wurde.
▶ Mittwoch, 21. Oktober 2015, 18.30 Uhr
Europa 51 | Italien 1952 | R: Roberto Rossellini | B: Roberto Rossellini, Sandro De Feo, Mario Pannunzio, Ivo
Perilli, Brunello Rondi | K: Aldo Tonti | M: Renzo Rossellini | D: Ingrid Bergman, Alexander Knox, Ettore Giannini, Guilietta Masina, Teresa Pellati | 118 min | OmeU |
Nach seinem heiteren Film FRANCESCO, GIULLARE DI
DIO (FRANZISKUS, DER GAUKLER GOTTES, 1949)
stellte Rossellini ernüchternde Überlegungen dazu an,
wie es einer Figur wie Franz von Assisi wohl in der europäischen Nachkriegszeit ergehen würde, ob ihr universeller Anspruch auf bedingungslose Nächstenliebe irgendwo auf Verständnis stoßen könnte. Ein sehr politischer Film, der Roberto Rossellini von den insgesamt
sechs Filmen, die er mit Ingrid Bergman gedreht hat,
der wichtigste gewesen sein soll. Bergman ist dabei
von mehr aufrichtigem Gefühl und Hingabe durchdrungen als in ihrer Hollywood-JOAN OF ARC – und nebenbei ist die 36-Jährige in keinem anderen RosselliniFilm so schön fotografiert wie in EUROPA 51.
▶ Freitag, 23. Oktober 2015, 18.30 Uhr
Ingrid Bergman | Italien 1953 | R: Roberto Rossellini |
B: Roberto Rossellini, Luigi Chiarini | K: Otello Martelli |
M: Alessandro Cicognini | D: Ingrid Bergman, Alba Scopelliti | 20 min | engl. OF | Rossellinis Beitrag aus dem
Episodenfilm SIAMO DONNE (WIR FRAUEN) ist eine ungemein gelungene und witzige Selbstparodie Ingrid
Bergmans, die ihre Rosenzucht vor einem Huhn zu
schützen versucht. – Viaggio in Italia (Liebe ist stärker) | Italien 1954 | R: Roberto Rossellini | B: Vitaliano
Brancati, Roberto Rossellini | K: Enzo Serafin | M: Renzo
Rossellini | D: Ingrid Bergman, George Sanders, Maria
Mauban, Anna Proclemer, Paul Muller | 86 min | engl.
OF | Ein fast handlungsloser, wie improvisiert entstandener Film über die Leere, die sich plötzlich in der
Beziehung eines englischen Ehepaares auftut, als es
nach Neapel reist und aus seiner gewohnten Umgebung gerissen wird. »Mit dem Erscheinen von VIAGGIO IN ITALIA sind alle Filme plötzlich um zehn Jahre
gealtert.« (Jacques Rivette)
▶ Samstag, 24. Oktober 2015, 18.30 Uhr
Angst | BRD 1954 | R: Roberto Rossellini | B: Sergio
Amidei, Franz Graf Treuberg, nach der Novelle von Stefan Zweig | K: Heinz Schnackertz, Carlo Carlini | M:
Renzo Rossellini | D: Ingrid Bergman, Mathias Wieman,
Renate Mannhardt, Kurt Kreuger, Elise Aulinger, Gabriele Seitz, Klaus Kinski | 81 min | Die Ehefrau eines
Arzneimittelfabrikanten gerät unter Druck, weil eine
Erpresserin ihre Affäre mit einem heimlichen Geliebten
zu verraten droht. »Die Atmosphäre in Rossellinis
München ist eine ambivalente: Kühl und streng und
sachlich sind Dekor und Ausstattung, kalt beinahe die
Oberfläche der Dinge. Erkaltet erscheinen auch die
Menschen. Außer Irene. An ihr ist all die emotionale
Erregung und Angespanntheit abzulesen, die sie in sich
trägt. Irene ist tief in sich zerrissen. Rossellini stellte
angesichts der sich zwischen ihm und Ingrid verdich-
▶ Sonntag, 25. Oktober 2015, 18.30 Uhr
Giovanna d’Arco al rogo (Johanna auf dem Scheiterhaufen) | Italien 1954 | R+B: Roberto Rossellini,
nach dem Oratorium von Paul Claudel | K: Gábor Pogány | M: Arthur Honegger | D: Ingrid Bergman, Tullio
Carminati, Giacinto Prandelli, Augusto Romani, Agnese
Dubbini | 80 min | OmeU | Johanna von Orléans war
seit früher Jugend das Idol von Ingrid Bergman, dies
war die Rolle, die das in sich gekehrte Waisenkind träumen ließ, Schauspielerin zu werden. Zweimal stand sie
als Johanna auf der Theaterbühne, einmal, unter der
Regie Rossellinis, in der Sprechrolle des Oratoriums
von Paul Claudel mit der Musik von Arthur Honegger. In
drei verschiedenen Sprachfassungen tourten Rossellini
und Bergman damit durch ganz Europa. Die italienische Aufführung an der Oper von Neapel hat Rossellini
aufgezeichnet. »Ich glaube, dass man das machen
muss, was man machen will, nicht was andere glauben, das man stattdessen machen sollte. Das ist die
einzige Art, wirklich zu leben.« (Ingrid Bergman)
▶ Dienstag, 27. Oktober 2015, 18.30 Uhr
Elena et les hommes (Weiße Margeriten) | Frankreich 1956 | R: Jean Renoir | B: Jean Renoir, Jean
Serge | K: Claude Renoir | M: Joseph Kosma | D: Ingrid
Bergman, Jean Marais, Mel Ferrer, Jean Richard, Juliette Gréco | 96 min | OmeU | Ingrid Bergman als
»Schöne Helena«, deren unwiderstehliche Ausstrahlung
auf die Männerwelt verheerend-komische Wirkungen
hat. Gegen Ende der aus Sicht Bergmans in punkto
Publikumsresonanz enttäuschenden Rossellini-Periode,
war Jean Renoir, den Bergman in Hollywood kennengelernt hatte, der erste, der ihr wieder eine »richtige«
Star-Rolle anbot. »Wenn ELENA ET LES HOMMES der
französische Film par excellence ist, so deshalb, weil er
der intelligenteste Film der Welt ist. Kunst und zugleich
Theorie der Kunst. Schönheit und zugleich das Geheimnis der Schönheit. Kino und zugleich Reflektion des
Kinos. Unsere schöne Helena ist nur eine Provinzmuse,
zweifellos, aber auf der Suche nach dem Absoluten.«
(Jean-Luc Godard)
▶ Freitag, 30. Oktober 2015, 18.30 Uhr
Anastasia | USA 1956 | R: Anatole Litvak | B: Arthur
Laurents, nach dem Stück von Marcelle Maurette | K:
Jack Hildyard | M: Alfred Newman | D: Ingrid Bergman,
Yul Brynner, Helen Hayes, Akim Tamiroff, Ivan Desny |
105 min | OF | Ingrid Bergman in der Rolle der angeblichen letzten überlebenden Zarentochter – die ideale
Rolle für ihr triumphales Comeback beim amerikanischen Publikum, erzählt der Film doch die Geschichte
Ingrid Bergman
tenden Anspannung fest: ›Es gab keinerlei autobiographische Absichten, doch ANGST reflektiert die Dinge
ein bisschen.‹« (Thilo Wydra)
19
einer ehemaligen Berühmtheit, die traumatisiert und
tief gestürzt durch Europa irrt, schließlich aber doch erkannt wird und mit allerlei Hilfe und Unterstützung wieder zu altem Glanz und Ruhm zurückkehren kann. »Es
war ein schöner Film, und ich hatte eine ausgezeichnete Partnerin – Helen Hayes spielte die Mutter des
Herrschers aller Reußen – und einen großartigen Regisseur. Yul Brynner stand am Beginn seiner Karriere, war
sehr verständnisvoll und hilfreich und wurde mir ein
guter Freund.« (Ingrid Bergman) Bergman erhielt ihren
zweiten Oscar.
▶ Samstag, 31. Oktober 2015, 18.30 Uhr
The Inn of the Sixth Happiness (Die Herberge zur
6. Glückseligkeit) | USA 1958 | R: Mark Robson | B:
Isobel Lennart, nach dem Roman »The Small Woman«
von Alan Burgess | K: Freddie Young | M: Malcolm Arnold | D: Ingrid Bergman, Curd Jürgens, Robert Donat,
Michael David, Athene Seyler | 158 min | OF | Ingrid
Bergman als Missionarin Gladys Aylward in China, die
hundert chinesische Waisen vor den Wirren des japanisch-chinesischen Krieges in Sicherheit bringt. Sie
strahlt Mut, Güte und Warmherzigkeit aus und konnte
damit wieder an den Erfolg ihrer ähnlich positiv besetzten Rollen aus der Zeit vor Rossellini anknüpfen. »Der
Film bietet Liebe, Krieg, Religion, Mord, Schauwerte,
Horror, Komik, Musik, Tanz, Rassenvermischung, Räuber und Gendarmen, Konkubinen, Kinder, Pferde, die
schönsten Gegenden von Wales, die schlimmste Chinoiserie, die man je auf der Leinwand sah, sowie eine
umwerfend feministische, aber doch für jedermann erhebende Erfolgsstory.« (Time)
▶ Sonntag, 1. November 2015, 18.00 Uhr
Ingrid Bergman
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Indiscreet (Indiskret) | USA 1958 | R: Stanley Donen |
B: Norman Krasna, nach seinem Stück »Kind Sir« | K:
Freddie Young | M: Richard Rodney Bennett, Ken Jones
| D: Cary Grant, Ingrid Bergman, Cecil Parker, Phyllis
Calvert, David Kossoff | 100 min | OF | Eine gefeierte
und reiche Schauspielerin beginnt eine Affäre mit
einem amerikanischen Bankier und Diplomaten, der
vorgibt, bereits verheiratet zu sein. Nicht nur der Titel,
fast alles an diesem Film ist eine mehr oder weniger
direkte Anspielung auf die Funken schlagende erste
Zusammenarbeit des Paares Cary Grant und Ingrid
Bergman zwölf Jahre früher in Alfred Hitchcocks NOTORIOUS. Aber diesmal findet sie ganz unbekümmert im
Gewand einer etwas altertümlichen Komödie statt. Die
Handlung an sich spielt kaum eine Rolle, solange Ingrid
Bergman nur einmal mehr unter Beweis stellen kann,
dass sie wie keine andere Schauspielerin die Liebe auf
den ersten Blick beherrscht.
▶ Mittwoch, 4. November 2015, 18.30 Uhr
Goodbye Again (Lieben Sie Brahms?) | USA 1961 |
R: Anatole Litvak | B: Samuel A. Taylor, nach dem
Roman von Françoise Sagan | K: Armand Thirard | M:
Georges Auric | D: Ingrid Bergman, Yves Montand,
Anthony Perkins, Jessie Royce Landis, Pierre Dux,
Michèle Mercier | 120 min | OF | Die Verfilmung des
seinerzeit skandalösen Romans von Françoise Sagan:
Ingrid Bergman als Frau mittleren Alters zwischen dem
heiratsunlustigen Yves Montand und dem deutlich jüngeren und hinreißend überschwänglichen Anthony Perkins, dem sie sich aus Frust zuwendet. Nach den eher
herkömmlichen Starrollen der ersten Comebackjahre,
machte sich Ingrid Bergman in den 1960ern wieder auf
die Suche nach unkonventionelleren Filmen. Diese in
Paris spielende US-Produktion hat nicht die unbekümmerte Verve der zeitgenössischen Nouvelle Vague, war
mit ihrer Darstellung wechselnder sexueller Beziehungen für das amerikanische Publikum aber schon sehr
gewagt. Die melancholische Schlusseinstellung ist unvergesslich.
▶ Freitag, 6. November 2015, 18.30 Uhr
The Visit (Der Besuch) | USA 1964 | R: Bernhard
Wicki | B: Ben Barzman, nach dem Stück »Der Besuch
der alten Dame« von Friedrich Dürrenmatt | K: Armando
Nannuzzi | M: Richard Arnell, Hans-Martin Majewski |
D: Ingrid Bergman, Anthony Quinn, Irina Demick, Paolo
Stoppa, Hans Christian Blech, Valentina Cortese |
100 min | OmU | »Ich sagte, ich hätte das Stück gewählt, und so müsse es verfilmt werden. Dennoch
wurde viel geändert. Sie wollten keine schwarze Komö-
die, sie dachten mehr an einen konventionellen Film.
Und Anthony Quinn sollte am Schluss auch nicht sterben. Als Quinn eintraf, erzählte ich ihm, dass er in dem
Stück hätte sterben müssen, und Tony antwortete, vermutlich hätte eigentlich Cary Grant die Rolle spielen sollen. Denn wenn die gewusst hätten, dass er den Part
spielte, hätten sie ihn ohne Zögern töten lassen.« (Ingrid Bergman)
▶ Samstag, 7. November 2015, 18.30 Uhr
Cactus Flower (Die Kaktusblüte) | USA 1969 | R:
Gene Saks | B: I.A.L. Diamond, nach dem Stück von
Abe Burrows | K: Charles Lang | M: Quincy Jones | D:
Walter Matthau, Ingrid Bergman, Goldie Hawn, Jack
Weston, Rick Lenz | 103 min | OmU | Die Geschichte
eines Schwerenöters von Zahnarzt, der sich seine Geliebten auf Distanz hält, indem er behauptet, schon verheiratet zu sein. Als er schließlich doch heiraten will,
gerät er in arge Bedrängnis, weil die Erwählte seine
Noch-Ehefrau kennenlernen will. Die Rolle der seit Jahren unglücklich in ihren Chef verliebten altjüngferlichen
Zahnarzthelferin, an die er sich in seiner Not wenden
muss, war Ingrid Bergmans größter Komödienerfolg.
»Ich fand die Rolle phantastisch. Ich hatte auf die
Chance verzichtet, sie auf der Bühne zu verkörpern.
Und ich war der Meinung, sie jetzt verdient zu haben.«
(Ingrid Bergman)
▶ Sonntag, 8. November 2015, 18.30 Uhr
Murder on the Orient Express (Mord im Orient-Express) | USA 1974 | R: Sidney Lumet | B: Paul Dehn,
nach dem Roman von Agatha Christie | K: Geoffrey Unsworth | M: Richard Rodney Bennett | D: Albert Finney,
Lauren Bacall, Ingrid Bergman, Jacqueline Bisset, Sean
Connery, John Gielgud, Anthony Perkins, Vanessa Redgrave, Richard Widmark | 128 min | OF | »Ich sollte die
Rolle einer russischen Prinzessin übernehmen. Sidney
schickte mir das Drehbuch, und je mehr ich las, desto
besser gefiel mir die Rolle einer schwedischen Missionarin. Sidney sagte, die Rolle sei längst nicht so gut.
Schließlich lenkte er ein. Ich hatte fast nur eine Szene
zu spielen, aber Sidney hat die ganze Zeit über die
Kamera nicht von meinem Gesicht gelassen.« (Ingrid
Bergman) Für diesen Auftritt gewann Ingrid Bergman
den Oscar als »Beste Nebendarstellerin«.
▶ Mittwoch, 11. November 2015, 18.30 Uhr
Höstsonaten (Herbstsonate) | Schweden 1978 |
R+B: Ingmar Bergman | K: Sven Nykvist | D: Ingrid
Bergman, Liv Ullmann, Lena Nyman, Gunnar Björnstrand, Erland Josephson | 100 min | OmeU | »HÖST-
Ingrid Bergman
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SONATEN ist die Geschichte einer weltberühmten Pianistin, die nach langer Abwesenheit nach Norwegen zurückkommt, um ihre beiden Töchter zu besuchen. Den
Höhepunkt des Films bildet die Diskussion zwischen Liv
und ihrer Mutter zu mitternächtlicher Stunde, eine der
erschütterndsten emotionalen Abrechnungen, die je im
Film gezeigt wurden. Ingmar war überzeugt, es sei ein
Film über die Liebe, über das Fehlen oder Vorhandensein von Liebe, die Sehnsucht, das Verlangen nach
Liebe, aber auch Abarten von Liebe und Liebe als die
einzige Möglichkeit, um zu überleben. Und ich glaube,
er hatte recht damit.« (Ingrid Bergman)
▶ Mittwoch, 25. November 2015, 18.30 Uhr | Einfüh-
rung: Thilo Wydra
A Woman Called Golda (Golda Meir) | GB 1982 | R:
Alan Gibson | B: Harold Gast, Steve Gethers | K: Adam
Greenberg | M: Michel Legrand | D: Ingrid Bergman,
Ned Beatty, Franklin Cover, Judy Davis, Leonard Nimoy
| 190 min | OF | »Es heißt immer wieder, Ingrid war in
erster Linie ein Star. Das schließt schauspielerisches
Können nicht aus, macht es aber weitgehend irrelevant.
Ingrid hat immer beteuert, schauspielern zu können,
wenn man ihr nur die Gelegenheit dazu bietet. Paradoxerweise tritt sie hier – vielleicht weil es die letzte wirkliche Herausforderung war – den Beweis an. Natürlich
weiß man irgendwie immer, dass es Ingrid Bergman ist,
die man sieht. Aber zum ersten Mal in ihrer ganzen
Laufbahn denkt man nicht daran. Ausgehend von der
Stimme – das Timbre einer Frau, die täglich drei Päckchen Zigaretten raucht, der Akzent einer russischen
Jüdin aus New York – wird die Figur so sicher und präzise aufgebaut, dass man nur noch die Darstellung
sieht und nicht die Darstellerin.« (John Russell Taylor)
▶ Mittwoch, 2. Dezember 2015, 19.00 Uhr
Jag är Ingrid (Ingrid Bergman in ihren eigenen Worten) | Schweden 2015 | R+B: Stig Björkman | K: Malin
Korkeasalo | M: Michael Nyman | 114 min | OmeU | Dieser Dokumentarfilm enthält noch nie gesehene Filmaufnahmen, die Ingrid Bergman selbst mit ihrer Amateurkamera in Schweden, Europa und Amerika gemacht
hat, und zitiert aus ihren Notizen, Briefen und Tagebüchern, die in der reichhaltigen Ingrid Bergman Collection der Wesleyan University Cinema Archives zugänglich waren. Zusammen mit neu gedrehten Interviews mit all ihren Kindern sowie mit Schauspielkollegen wie Liv Ullmann und Debra Winger gewähren die
Dokumente neue Einblicke in das Leben und die Karriere von Ingrid Bergman. »Die außergewöhnlichen,
meist von Ingrid Bergman selbst gedrehten Home
Movies sind eine wahre Freude und bestätigen die
warmherzigen Erinnerungen ihrer Kinder. Michael Nymans Musik mit ihrem unverkennbaren Ostinato knüpft
an die besten Arbeiten des Komponisten an.« (Jay
Weissberg)
▶ Termin steht noch nicht fest und wird kurzfristig bekannt gegeben.
Hollywood ohne Schranken
Hollywood ohne Schranken
RED DuST
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Filme der Jahre 1931–1934 vor der Einführung
des Production Code
Vom Anbeginn des Kinos hatten die Hüter der Moral in
den USA ein wachsames Auge auf den Film und dessen Beitrag zum Kulturverfall. Die Mächtigen in der
Filmindustrie dagegen befürchteten, dass Proteste
»von unten« letztlich ihren Weg in die Gesetzgebung finden und in einer staatlichen Zensur münden könnten –
mit katastrophalen Auswirkungen auf das Filmgeschäft.
Daher strebten sie stets eine Selbstregulierung an. Hierfür wurden im Lauf der Zeit diverse Institutionen ins
Leben gerufen, so die Motion Picture Producers and
Distributors of America (MPPDA, 1922), der Hays Code
(1930), die Motion Picture Association of America
(MPAA, 1968). Die drastischsten Folgen für Hollywood
ergaben sich aber aus der Einrichtung der Production
Code Administration (PCA) im Jahr 1934.
Der Begriff »Pre-Code« bezeichnet nicht ein Genre,
sondern den Zeitraum zwischen der Annahme des
Hays Code, die ohne größere Auswirkungen blieb, und
der Einführung der PCA, die den Code tatsächlich wirksam durchsetzen konnte. Dieser Abschnitt umfasst
einige wenige äußerst fruchtbare Jahre, in denen die
Studios immer offener und mutiger die Grenzen von
Anstand und Schicklichkeit erweiterten und auf die
Probe stellten. Es wäre jedoch wenig sinnvoll, jeden
Film, der zwischen 1930 und 1934 entstand, als »PreCode« zu bezeichnen; dazu ist noch etwas mehr nötig.
Das Kino der Weltwirtschaftskrise wird gerne als ein Ort
betrachtet, an dem das Publikum kurz die Alltagssorgen vergessen konnte, doch die Filme dieser Reihe
widerlegen diese Sichtweise eindeutig. Vielmehr zeichneten die Studios damals ein wesentlich realistischeres
Amerikabild als je zuvor. An erster Stelle ist hier Warner
Bros. mit tagesaktuellen Stoffen zu nennen, doch auch
bei der glamourösen MGM ließ man die unerbittliche
Realität des Alltags in die Traumfabrik hinein. Die Filme
lösten einen Entscheidungskampf über die Filmzensur
aus, der im Grunde auf einen Skandal aus früheren
Jahren zurückging.
Um die Jahreswende 1921/1922 war das Image der
Filmindustrie schwer angeschlagen. Wenige Monate
zuvor hatte ein Skandal um den beliebten Komiker Roscoe ›Fatty‹ Arbuckle die Industrie erschüttert. Weitere
über die Verzögerungen alles andere als erfreut waren.
Gerade die Unbeweglichkeit des bürokratischen Verfahrens in einer wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Krise wie der Great Depression ermöglichte also
ganz direkt eine besonders lebendige und kreative
Phase der Filmgeschichte, aus der zahlreiche Stars hervorgingen, deren Leinwandpersönlichkeiten für immer
in ihren Pre-Code-Filmen wurzelten.
Kein Hollywoodstudio fing den Zeitgeist so schwungvoll
und mitreißend ein wie Warner Bros. Unser Bild von diesem Studio ist so stark durch dessen sozial engagierte
Filme geprägt (Gangsterfilme, Gefängnisfilme, gesellschaftskritische Filme und so fort), dass die Annahme
nahe liegt, man hätte dort nur knallharte Gegenwartsstoffe aufgegriffen. Aber wir dürfen nicht vergessen,
dass die Warner Bros. der Weltwirtschaftskrise jede
Menge Fließbandware produzierten: Die Filme, die wir
mit dem Studio verbinden und die das Image heute prägen, stellen nur einen kleinen Anteil der Gesamtproduktion dar, doch diese wirklichkeitsnahen Dramen waren
dem Studio besonders wichtig, sie sind im kollektiven
Gedächtnis verankert, und ihnen widmet man Retrospektiven. Die Liste der Warner-Filme, die 1933 im
Strand Theater in New York und im Hollywood Theater
in Los Angeles liefen (den größten Warner-Kinos mit
jeweils 2800 Plätzen), spricht Bände. Neben gelegentlichen Ausreißern wie MARY STEVENS, M.D. mit Kay
Francis dominieren ganz andere Filme: 20,000 YEARS
IN SING SING mit Spencer Tracy, THE MAYOR OF HELL
mit James Cagney, WILD BOYS OF THE ROAD mit Frankie Darro, THE WORLD CHANGES mit Paul Muni und
die drei sagenhaften Musicals, die die Wirtschaftskrise
ins Zentrum stellen, 42ND STREET, GOLD DIGGERS OF
1933, FOOTLIGHT PARADE.
Bleibt die Frage: Warum? Wieso stellte Warner Bros.
diese Art Filme besonders heraus? Manche Gründe
waren wirtschaftlicher Natur: Gegenwartsstoffe verlangten nicht nach aufwändigen Kostümen oder Bauten. Es gab auch einen Rückkopplungseffekt: Biss das
Publikum bei bestimmten Stoffen oder Werbekampagnen an, dann produzierte das Studio mehr davon. Im
Warner-Universum wurde den Zuschauern eine Welt
gezeigt, die sie kannten (oder die sie zumindest über
Elemente wie moderne Städte, Kleidung, Moralvorstellungen wiedererkannten), und die Reaktion fiel durch
die Bank positiv aus. Der Kreis drehte sich weiter.
Außerdem waren Warner Bros. unter den Hollywoodstudios die stärksten Befürworter des New Deal. Die progressive Wirtschaftspolitik, die unter Franklin D. Roosevelt ab März 1933 ein vielfältiges Maßnahmenbündel
gegen die Wirtschaftskrise aufbot, baute auf Förderung,
Hollywood ohne Schranken
Geschichten von Orgien mit Drogen- und Alkoholexzessen füllten die Skandalblätter. Im Februar wurde der
Regisseur William Desmond Taylor ermordet; der Fall
ist bis heute nicht aufgeklärt.
Der US-Kongress berief einen Untersuchungsausschuss ein. Nichts bringt Industriebarone so schnell auf
Linie wie die Drohung staatlicher Aufsicht, und das galt
auch für die Filmmogule des Jahres 1922. Sie beriefen
einen unangreifbaren Vertreter der Wohlanständigkeit
zum Vorstand einer neu zu schaffenden Institution: Will
Hays, Diakon der presbyterianischen Kirche, ehemaliger Parteivorsitzender der Republikaner, Wahlkampfmanager des amtierenden Präsidenten Harding und zuletzt Postminister.
Als Leiter der Motion Picture Producers and Distributors of America (MPPDA) sollte Hays die drohende
staatliche Einmischung abwenden. Keine einfache Aufgabe, denn die Einzelstaaten hatten alle ihre eigenen
Zensurbehörden mit weit divergierenden Vorgaben.
Was in manchen Staaten locker durchging, war in anderen streng verboten. Oft waren Filmkopien, wenn sie
beispielsweise aus Kentucky zurückkamen, so zerstückelt, dass sie nicht mehr brauchbar waren. Dieses
Vorgehen kostete die Studios jedes Jahr viele Millionen
Dollar – ein weiteres gewichtiges Argument zugunsten
einer gemeinsamen Linie.
Man muss Hays zugute halten, dass er die ganzen
1920er-Jahre hindurch den Einfluss der strengsten
Puritaner wirksam eindämmte. Gemeinsam mit den
Studios, den Kirchen und etlichen Reformbewegungen
konnte er am Ende des Jahrzehnts ein Regelwerk vorlegen, das offiziell als »Motion Picture Production Code«
bezeichnet wurde, im Volksmund den Namen »Hays
Code« trug und umgangssprachlich unter »Don’ts and
Be Carefuls« lief. »Don’ts« waren Inhalte wie Empfängnisverhütung, Geschlechtskrankheiten, Homosexualität,
»Rassenmischung«, Gotteslästerung oder »Verhöhnung
von Geistlichen«. Weitaus länger war die Liste der »Be
Carefuls«, darunter so unterschiedliche Dinge wir
Brandstiftung, chirurgische Eingriffe oder auch Verständnis für Kriminelle. Ferner galt: »Die Flagge ist
stets respektvoll zu behandeln« und »Die Arbeit der Gerichte sollte nicht als ungerecht dargestellt werden«.
Angesichts des Zusammenspiels von Production Code
und Zensurbehörden der Einzelstaaten möchte man annehmen, dass Filme ab 1930 Muster an Sauberkeit
und Anstand wären. Tatsächlich konnte die MPPDA rein
gar nichts ausrichten, hatte sie doch viel zu wenig Personal zur Überprüfung der Massen an Treatments,
Drehbüchern und fertigen Filmen, geschweige denn
zum Aushandeln von Kompromissen mit Studios, die
23
Hollywood ohne Schranken
24
Aufschwung und Umgestaltung (»relief, recovery, and
reform«). Die Unterstützung des New Deal mag teilweise mit den vergleichsweise linken Neigungen der
Gebrüder Warner zusammenhängen – höchst ungewöhnlich für Eigentümer an Produktionsmitteln – aber
auch wenn Roosevelts Kritiker seine Politik gerne als
»sozialistisch« zu diffamieren versuchten, stand in der
Warner-Variante des New Deal doch stets mehr die
Initiative des Einzelnen im Zentrum als die nationale
Einheit oder die gemeinsame Anstrengung eines Kollektivs. FIVE STAR FINAL (1931) und EMPLOYEES’ ENTRANCE (1933) üben beißende Kritik an Unternehmern
und Meinungsmachern, doch mit Aufrufen zur Revolution wird man sie kaum verwechseln. Letzten Endes
sind sie so pro-amerikanisch wie YANKEE DOODLE
DANDY (1943).
Warren William, der Hauptdarsteller in EMPLOYEES’
ENTRANCE, spielte oft lässig-amoralische, tyrannische
Unternehmertypen mit großem Geschäftssinn und
brachte in diesen Rollen den Hang der Zeit zum Zynismus perfekt zum Ausdruck. Anders als etwa bei
Edward G. Robinson, James Cagney, Barbara Stanwyck, William Powell oder Carole Lombard, deren
bleibende Leinwandpersönlichkeiten ebenfalls in der
Pre-Code-Ära etabliert wurden, ging es mit Williams
Karriere nach 1934 steil abwärts. Ein ähnliches Schicksal ereilte Ruth Chatterton (die in FEMALE die weibliche
Variante eines Warren-William-Tycoons verkörperte)
und, in etwas milderer Form, Miriam Hopkins (DR. JEKYLL & MR. HYDE, 1932, DESIGN FOR LIVING, 1933).
In der Post-Code-Ära fand Warner Bros. keine geeigneten Vehikel mehr für William und Chatterton, während
Hopkins ihre Karriere primär selber durch ihre Rollenwahl sabotierte – und durch ihre schwierige Persönlichkeit im wirklichen Leben.
Als DESIGN FOR LIVING im Dezember 1933 herauskam, wurde der Hays Code bereits offen missachtet,
was nicht jedem gefiel. Manche verzweifelten angesichts des verbotenen Treibens, das auf der Leinwand
verherrlicht wurde, und der Zorn auf eine Industrie, die
in ihren Augen aus Perversion Profit schlug, wuchs.
Etliche Volksbewegungen sollten Druck auf die Filmindustrie ausüben, die mächtigste und einflussreichste
unter ihnen war die Catholic Legion of Decency (CLOD,
»Katholische Tugendliga«), die der Erzbischof von Cincinnati einige Monate zuvor ins Leben gerufen hatte.
Ihr Ziel war die Reinigung des Kinos, dafür verlangte sie
von ihren Mitgliedern ein feierliches Versprechen, nur
wahrhaft tugendsame Filme zu besuchen, die durch ein
eigenes Einstufungssystem klassifiziert wurden. Da die
Mitglieder tatsächlich ihr Gelübde hielten, wuchs der
Einfluss der CLOD exponentiell: Erhielt ein Film das vernichtende »C« (»condemned«), so war sein Schicksal
an der Kinokasse besiegelt. (Sechs Filme in dieser
Reihe wurden so eingestuft.)
War im Jahr 1932 THE SIGN OF THE CROSS noch komplett darauf angelegt gewesen, die Zensoren zu provozieren (und auch in dieser Hinsicht ein Riesenerfolg),
so löste nun 1933 BABY FACE einen landesweiten
Ansturm der Entrüsteten auf die Legion of Decency aus,
die durchsetzen konnte, dass der Film komplett sinnentstellend umgearbeitet wurde. Erst vor wenigen Jahren wurde die ursprüngliche Fassung wiederentdeckt,
die in dieser Reihe läuft.
Schon 1934 befanden sich in den Reihen der CLOD so
viele protestantische Mitglieder, dass sich die Organisation in National Legion of Decency umbenannte. Auch
die MPPDA merkte, woher der Wind wehte. Mitte 1934
wurde Joseph Breen Vorsitzender der neu gebildeten
Production Code Administration, deren Code er mit
strenger Hand durchsetzte. Schon unter dem Hays
Code mussten die Studios Drehbücher einreichen, aber
nun war die PCA unnachgiebig in ihren Änderungswünschen. Jeder Film eines MPPDA-Mitglieds musste eine
Zulassung erwirken, ehe er in die Kinos gebracht werden konnte. Wer das Gros der Filme mit Zulassung
spielen wollte, musste sich verpflichten, keine Filme
ohne Zulassung zu spielen.
Der Code hielt sich im Wesentlichen bis Mitte der
1950er, ehe er unter der Last der Paranoia und des
Überdrusses der Nachkriegszeit zusammenbrach. Ein
weiteres Jahrzehnt bestand er wirkungslos fort, bis
Mitte der 1960er-Jahre das MPAA Rating System mit
Altersfreigaben an seine Stelle trat, das mit geringfügigen Modernisierungen noch heute gilt. Mike Mashon
Der Preis der Freiheit
The Sin of Nora Moran (Die Sünde der Nora Moran)
| USA 1933 | R: Phil Goldstone | B: W. Maxwell Goodhue, Frances Hyland | K: Ira Morgan | M: Heinz Roemheld | D: Zita Johann, John Miljan, Alan Dinehart, Paul
Cavanagh, Claire Du Brey | 65 min | OF | Nora Moran
erwartet die Hinrichtung für einen Mord, den sie nicht
begangen hat. Ihr schweres, tragisches Leben entfaltet
sich in widersprüchlichen Rückblenden verschiedener
Beteiligter, in Erinnerungen, Träumen, Erzählungen. Die
Grenzen zwischen Selbstaufopferung und Manipulation
verschwimmen, aus Erotik wird sexualisierte Gewalt,
hinter scheinbar hehren Idealen steht nichts als Doppelmoral. Der Film nutzt seine Rückblenden und mehr-
Elaine sorgen sich um ihre haltlose 20-jährige Tochter
Monica, die eine Affäre mit einem verheirateten Mann
hat. Dann lernen sie die berühmte Fliegerin Cynthia
Darrington kennen, deren Selbstsicherheit zuerst auch
Monica mitreißt. Das Plakat versprach: »Higher and
higher! Faster and faster! She gave herself to the great
God Speed, and tried to run away from the fires within
her!« Die Regisseurin Dorothy Arzner hatte die längste,
stabilste und erfolgreichste Karriere einer Regisseurin
im von Männern dominierten Hollywood. Sie hatte sich
zunächst beim Produzenten David O. Selznick für
Katharine Hepburn eingesetzt, deren zweiter Filmauftritt und erste Hauptrolle dies war. Später drohte sie
Selznick, sie werde die Regie niederlegen, wenn die
eigensinnige Hepburn weiterhin ihre Regieanweisungen ignoriere.
▶ Sonntag, 13. September 2015, 21.00 Uhr
geformt und fließenden Veränderungen unterworfen.
Mal erscheint Noras Freundin und verkündet, »diesmal«
werde sie Nora nicht mit Geld aushelfen, vielleicht gehe
»es« dann anders aus. Dann wieder stellt Nora nach
einer traumatischen Szene die Frage »habe ich es diesmal richtig gemacht?«
▶ Freitag, 11. September 2015, 21.00 Uhr
Night Nurse (Nachtschwester) | USA 1931 | R: William A. Wellman | B: Oliver H. P. Garrett | K: Barney
McGill | D: Barbara Stanwyck, Ben Lyon, Joan Blondell,
Clark Gable, Blanche Friderici | 72 min | OF | Die Krankenschwester Lora Hart befolgt den Rat ihrer besten
Freundin Maloney: »Such Dir einen reichen Patienten
mit hohem Fieber und niedrigem Puls«. Sie findet eine
private Stellung in einem Haushalt mit zwei kranken
Kindern, deren Mutter ständig betrunken ist. Der brutale Chauffeur Nick scheint mit dem dubiosen Hausarzt
unter einer Decke zu stecken. Zu ihr hält neben ihrer
Freundin einzig ein Gangster, den sie während ihrer
Ausbildung in der Notaufnahme versorgt hatte. William
Wellman führt den Film durch drei grundverschiedene
Stimmungen: Zu Anfang scheint es vorwiegend darum
zu gehen, die Krankenschwestern beim An- und Auskleiden zu beobachten. Dann wird ein ernster Thriller
mit gesellschaftskritischen Untertönen daraus, und die
Auflösung mit leichter Hand ist gänzlich subversiv.
Verdrängte Wünsche
Dr. Jekyll and Mr. Hyde (Dr. Jekyll und Mr. Hyde) |
USA 1932 | R: Rouben Mamoulian | B: Samuel Hoffenstein, Percy Heath nach der Novelle von Robert Louis
Stevenson | K: Karl Struss | D: Fredric March, Miriam
Hopkins, Rose Hobart, Holmes Herbert, Halliwell Hobbes, Edgar Norton | 96 min | OF | Dr. Jekyll versucht,
»dunkle«, verdrängte Seiten der Psyche mittels einer
Droge an die Oberfläche zu bringen, um sich von ihnen
»reinigen« zu können. Als Mr. Hyde kann er endlich
alles ausleben, was dem braven Dr. Jekyll versagt war.
Mit subjektiver Kamera und sensationellen Verwandlungen in atmosphärischen Sets bindet Rouben Mamoulian uns unmittelbar ins Geschehen ein, doch dass wir
die Geschichte akzeptieren, ist primär das Verdienst
der Darsteller, allen voran Miriam Hopkins und Fredric
March. Mit drei Dutzend Sets, über 80 Schauspielern
und 500 Statisten drehte Mamoulian eine echte Prestigeproduktion, keinen kleinen Horrorfilm. Die Proteste
des Hays Office über »brutale und allzu suggestive«
Passagen wurden abgewiegelt, erst später wurde insgesamt eine Viertelstunde für Wiederaufführungen entfernt. Diese Szenen sind heute wieder vorhanden.
▶ Samstag, 12. September 2015, 21.00 Uhr
▶ Freitag, 18. September 2015, 21.00 Uhr ▶▶ Dienstag,
22. September 2015, 18.30 Uhr
Christopher Strong | USA 1933 | R: Dorothy Arzner |
B: Zoe Akins | K: Bert Glennon | M: Max Steiner | D:
Katharine Hepburn, Colin Clive, Billie Burke, Helen
Chandler, Ralph Forbes | 78 min | OF | Der Parlamentsabgeordnete Sir Christopher Strong und seine Gattin
Red Dust (Dschungel im Sturm) | USA 1932 | R:
Victor Fleming | B: John Lee Mahin | K: Harold Rosson |
D: Clark Gable, Jean Harlow, Mary Astor, Gene Raymond, Donald Crisp | 83 min | OF | Eine Kautschukplantage im schwülen Dschungel Indochinas. Das Verhält-
Hollywood ohne Schranken
fachen Erzählebenen zu einem unvergleichlich offenen
Blick auf seine Figuren; die Rückschau ist nie »objektiv«, sondern immer vom Bewusstsein der Gegenwart
25
Hollywood ohne Schranken
26
nis zwischen der Prostituierten Vantine und dem Plantagenbetreiber Dennis ist locker und unverbindlich. Die
Situation ändert sich mit dem Eintreffen seines neuen
Ingenieurs Gary, der unerwarteterweise von seiner Frau
Barbara begleitet wird. Die elegante, damenhafte Barbara ist für Dennis wie eine Verheißung. Er schickt Gary
prompt in die Wildnis, um Barbara für sich zu haben.
Eine kleine, enge, heiße Welt: Außer dem Beziehungsgeflecht existiert nur die Arbeit auf der Plantage und
das tropische Klima; selbst die Kautschukproduktion
wird zur sinnlichen Erfahrung. Monsun, Stürme, Tiger
im Dschungel – die erotischen Spannungen manifestieren sich in expressionistischer Form. RED DUST ist
einerseits ausgesprochen progressiv und verurteilt
keine seiner Hauptfiguren für ihre »unsittlichen« Handlungen; andererseits ist der Blick auf die Einheimischen
offen rassistisch und kolonialistisch.
▶ Samstag, 19. September 2015, 21.00 Uhr
King Kong (King Kong und die weiße Frau) | USA
1933 | R: Merian C. Cooper, Ernest B. Schoedsack | B:
James Creelman, Ruth Rose | K: Eddie Linden, Vernon
Walker, J. O. Taylor | M: Max Steiner | D: Fay Wray, Robert Armstrong, Bruce Cabot, Frank Reicher, Noble
Johnson | 100 min | OmU | Eine Filmcrew reist auf eine
abgelegene Insel und entdeckt dort »das achte Weltwunder«: Kong, einen riesigen Affen, der als Gott gefürchtet und verehrt wird. KING KONG ist durchdrungen
vom Geist der Weltwirtschaftskrise: Ein Filmemacher
unternimmt eine beschwerliche Expedition, weil den
Kinogängern das Geld nicht mehr so locker sitzt. Seine
Darstellerin entdeckt er, als sie vor Hunger kurz davor
ist, einen Apfel zu stehlen. Die Dschungelwelt der Insel
wirkt wie eine Allegorie auf sozialdarwinistische Thesen
der 1930er. Die rücksichtslose Jagd auf den Dollar
reduziert sogar eine Gottheit auf eine Ware. Die reichen
erotischen Anspielungen und die teils erstaunlich drastische Gewaltdarstellung wurden 1933 akzeptiert; erst
für Wiederaufführungen wurden mehrere Szenen entfernt, die dann für Jahrzehnte verloren waren und
heute wieder Teil des Films sind.
▶ Sonntag, 20. September 2015, 21.00 Uhr ▶▶ Mitt-
woch, 23. September 2015, 18.30 Uhr
Verlockung des Verbrechens
Little Caesar (Der kleine Cäsar) | USA 1931 | R:
Mervyn LeRoy | B: Francis Edwards Faragoh, Robert N.
Lee nach dem Roman von W. R. Burnett | K: Tony Gaudio | M: Erno Rapee | D: Edward G. Robinson, Douglas
Fairbanks Jr., Glenda Farrell, William Collier Jr., Sidney
Blackmer | 79 min | OF | Aufstieg und Niedergang des
rücksichtslosen Gangsters Rico Bandello. »Erstes großes Werk des amerikanischen Gangsterfilmkinos der
1930er-Jahre. Die herausragende Gestaltung der Titelrolle, der wache Blick für soziale Hintergründe und der
temporeiche, sachlich-knappe Inszenierungsstil machten den Film zum Prototyp eines Genres, in dem die gesellschaftlichen Umbrüche zur Zeit der Weltwirtschaftskrise beispielhaft zum Ausdruck kommen: Wo Politik
und Verwaltung versagen, wird der Gesetzlose zum
Antihelden, dessen Selbsthilfemaßnahmen wie eine
doppelbödige Umkehrung unternehmerischer Ideale erscheinen.« (Lexikon des Internationalen Films) Das
Hays Office war empört über die beiläufige Gewalt und
die erotische Zweideutigkeit, gab sich aber letztlich mit
ein paar Euphemismen zufrieden: Statt »Mother of
God« stöhnt Rico nun »Mother of Mercy«.
▶ Freitag, 25. September 2015, 21.00 Uhr
Scarface (Narbengesicht) | USA 1932 | R: Howard
Hawks | B: Ben Hecht, Seton I. Miller, John Lee Mahin,
W. R. Burnett | K: Lee Garmes, L. W. O’Connell | M:
Adolph Tandler | D: Paul Muni, Ann Dvorak, Karen
Morley, George Raft, Boris Karloff | 99 min | OmU | Tony
Camonte erkennt, dass Entschlossenheit und Konsequenz die Schlüssel zum Erfolg sind – auch im Organisierten Verbrechen: »Do it first, do it yourself, and keep
doing it.« Für SCARFACE, ein Amalgam aus dem
Capone-Mob und den Borgias, holten die Schöpfer Rat
bei echten Gangstern ein. Das Resultat war der formal
und stilistisch einflussreichste Gangsterfilm überhaupt,
seine strukturellen Mittel finden sich noch in Coppolas
THE GODFATHER. Für George Raft war die Rolle als
Tonys Partner Guino das Filmdebüt und zugleich der
Höhepunkt seiner Karriere. Dreh- und Angelpunkt der
Geschichte ist Tonys neurotische Beziehung zu seiner
Schwester Cesca. Dem Hays Office entging der in-
▶ Samstag, 26. September 2015, 21.00 Uhr
The Public Enemy (Der öffentliche Feind) | USA
1931 | R: William A. Wellman | B: Harvey Thew, Kubec
Glasmon, John Bright | K: Dev Jennings | D: James
Cagney, Jean Harlow, Edward Woods, Joan Blondell,
Mae Clarke, Beryl Mercer | 84 min | OF | Tom Powers
und Matt Doyle machen von klein auf krumme Geschäfte. Ihre große Chance kommt mit der Prohibition:
Sie steigen ins illegale Biergeschäft ein, bald ist Tom
ein gefürchteter Gangster. Tom und Matt waren ursprünglich umgekehrt besetzt; Cagney wurde während
der Dreharbeiten »befördert« und war eine Sensation
als Tom Powers. THE PUBLIC ENEMY schildert die Prohibitionszeit in ungekünstelten, authentisch wirkenden
Szenen und ist vielleicht nicht nur der ehrlichste, direkteste Film der Gangsterwelle, sondern auch – obwohl
die Gewalttaten allesamt außerhalb des Bildes stattfinden – der härteste, weil Cagney sich so in die Figur des
entbrannten Soziopathen Tom hineinwirft, dass er in
seiner Unerbittlichkeit unaufhaltsam wirkt: »Cagney
steps on the screen and modern screen acting begins.«
(Martin Scorsese)
determinierte und urteilsfreie Richtung weiterstrebt, die
Pflichtvorgaben der PCA von Schuld und Sühne als vollkommen irrelevant verwirft. Premiere einer neuen Restaurierung der Library of Congress.
▶ Donnerstag, 1. Oktober 2015, 19.00 Uhr | Einführungsvortrag: Mike Mashon
Baby Face | USA 1933 | R: Alfred E. Green | B: Gene
Markey, Kathryn Scola | K: James Van Trees | D: Barbara Stanwyck, George Brent, Donald Cook, Margaret
Lindsay, Alphonse Ethier, John Wayne | 76 min | OF |
Nick Powers betreibt eine Flüsterkneipe in einer Arbeiterstadt. Seine Tochter Lily vermietet er an seine
Kunden. Lily flieht nach Manhattan und beginnt, sich in
einer Großbank buchstäblich »hochzuschlafen«. Das
27
▶ Sonntag, 27. September 2015, 21.00 Uhr
Aufsteiger und Abhängige
A Modern Hero | USA 1934 | R: G. W. Pabst | B: Gene
Markey, Kathryn Scola nach dem Roman von Louis
Bromfield | K: William Rees | M: Heinz Roemheld | D:
Richard Barthelmess, Jean Muir, Marjorie Rambeau,
Verree Teasdale, Hobart Cavanaugh | 71 min | OF | Der
Kunstreiter und Frauenschwarm Pierre Radier verlässt
den Zirkus und folgt seinem unternehmerischen Ehrgeiz. Als Paul Rader wird er dank einer Reihe von Gönnerinnen, die seine Ideen finanzieren, zum erfolgreichen Geschäftsmann. Er lernt den Sohn der Frau kennen, die ihn nicht halten wollte, als sie schwanger
wurde, und versucht dessen »selbstloser« Mentor und
Förderer zu werden. Eine Geschichte von Ausbeutung
und Missbrauch (sowohl anderer als auch seiner
selbst) im Namen von Zielen, die sich als leer erweisen.
A MODERN HERO hätte wenig später nicht mehr so realisiert werden können, weil die Geschichte, die an
ihrem vermeintlichen Schlusspunkt in eine gänzlich un-
Hollywood ohne Schranken
zestuöse Unterton nicht; der Film wurde in mehreren
Bearbeitungen abgelehnt und hatte endlose Schwierigkeiten, da einzelne Bundesstaaten dazu übergegangen
waren, Gangsterfilme automatisch aus den Kinos zu
verbannen.
Hays Office war fassungslos und verlangte massive Eingriffe. Kürzungen und die Anfügung eines reumütigen
»Endes nach dem Ende« waren nicht genug. Es wurden
auch sinnentstellende Nachbearbeitungen vorgenommen. Mit minimalem Aufwand wurde so aus dem Nietzsche-besessenen Schuster Cragg, der Lily fit für die
Großstadt macht (»You must use men, not let them use
you! Be strong, defiant! Use men to get the things you
want!«) ein wohlmeinender älterer Herr (»There is a
right and a wrong way. Remember the price of the
wrong way is too great! Be clean, be strong, defiant!«).
Gezeigt wird die verloren geglaubte ursprüngliche Fassung des Films, Mike Mashon wird in seiner Einführung
zeigen, wie der Film seinerzeit verändert wurde.
▶ Freitag, 2. Oktober 2015, 21.00 Uhr | Einführung: Mike
Mashon
Red-Headed Woman (Feuerkopf) | USA 1932 | R:
Jack Conway | B: Anita Loos | K: Harold Rosson | D:
Jean Harlow, Chester Morris, Lewis Stone, Leila Hyams,
Una Merkel, Charles Boyer | 79 min | OF | Lil Andrews
arbeitet als Stenographin, weil sie es auf ihren Chef Bill
Hollywood ohne Schranken
28
Legendre jr. abgesehen hat. Es gelingt ihr, ihn herumzukriegen und sogar seine Ehe zu ruinieren, aber obwohl sie ihn heiratet, bleibt ihr die feine Gesellschaft
verschlossen. Als sie einen geachteten älteren Unternehmer verführt und erpresst, um Zugang zu den »besseren Kreisen« zu erhalten, setzt ihr Mann einen Detektiv auf sie an. Wäre RED-HEADED WOMAN keine Komödie (der erste Entwurf stammte von F. Scott Fitzgerald),
dann wäre Jean Harlows durchtriebene, selbstsüchtige
Lil ein abscheuliches Geschöpf. So aber ist sie gerissen, schlagfertig und nahezu unzerstörbar. Sie ist kein
Lustobjekt, sie hat den Männern etwas entgegenzusetzen, und was sie mit ihrer Sexualität anfängt, ist ihre
eigene Entscheidung. Erst nach 17 Schnitten wurde
der Film in den USA zugelassen; in Großbritannien und
in Deutschland war er seinerzeit verboten.
▶ Samstag, 3. Oktober 2015, 21.00 Uhr
Of Human Bondage (Der Menschen Hörigkeit) | USA
1934 | R: John Cromwell | B: Lester Cohen, nach dem
Roman von W. Somerset Maugham | K: Henry W. Gerrard | M: Max Steiner | D: Leslie Howard, Bette Davis,
Frances Dee, Reginald Owen, Reginald Denny | 83 min
| OF | Der Brite Philip ist als Maler in Paris gescheitert.
Er nimmt ein Medizinstudium in London auf und verliebt sich in die ordinäre Kellnerin Mildred, die ihn verachtet und ausnimmt. Eine faszinierende Studie in
Abhängigkeit. Mildred ist nicht etwa die Stärkere der
beiden, wir merken deutlich, dass sie nach Aufmerksamkeit und Zuwendung mindestens ebenso hungert
wie nach dem Geld, das sie Philip abpresst. Nach
22 Rollen für verschiedene Studios bescherte OF
HUMAN BONDAGE Bette Davis endlich den Durchbruch
bei der Kritik. Ihre furchtlose Darstellung ist eine absolut überzeugende tour de force. Die frisch eingesetzte
PCA erteilte OF HUMAN BONDAGE das Zertifikat mit
der Nummer 34. »Nicht akzeptable« Elemente in Maughams autobiographisch gefärbtem Roman (Prostitution,
Syphilis) sind im Film trotzdem vorhanden, freilich in
kodierter Form (Obdachlosigkeit, Tuberkulose).
▶ Sonntag, 4. Oktober 2015, 21.00 Uhr
Soziale Klüfte
I Am a Fugitive from a Chain Gang (Jagd auf James
A.) | USA 1932 | R: Mervyn LeRoy | B: Robert E. Burns,
Howard J. Green, Brown Holmes | K: Sol Polito | M:
Bernhard Kaun | D: Paul Muni, Glenda Farrell, Helen
Vinson, Preston Foster, Allen Jenkins | 92 min | OF | Der
Weltkriegsheimkehrer James Allen hofft Ingenieur zu
werden und Karriere zu machen. Doch er findet nur Ablehnung und Gleichgültigkeit. Arbeitslos und bettelarm,
wird er unschuldig in einen Raubüberfall verwickelt und
zu zehn Jahren Zwangsarbeit verurteilt. Er durchlebt
als Kettensträfling die Hölle auf Erden. Die unmenschlichen Zustände in den Strafeinrichtungen des Südens
waren keine Hollywood-Fantasie; das Drehbuch beruht
auf den realen Erfahrungen des Autors Robert E. Burns,
der das brutale System der Chain Gang in Georgia einzig durch Flucht überlebte. Diesmal entzündete sich die
Kontroverse um einen Film nicht an Sex oder Gewalt,
sondern an der ungeschönten Darstellung der Realität
im Strafvollzug. Mervyn LeRoys Film ist eines der wenigen Werke, die tatsächlich etwas bewegten: Die Proteststürme mündeten letztlich nach fünf Jahren in einer
Gefängnisreform.
▶ Freitag, 16. Oktober 2015, 21.00 Uhr
Man’s Castle (Ein Schloss in New York) | USA 1933
| R: Frank Borzage | B: Jo Swerling, nach dem Stück
von Lawrence Hazard | K: Joseph August | M: Frank
Harling | D: Spencer Tracy, Loretta Young, Marjorie
Rambeau, Glenda Farrell, Walter Connolly | 71 min |
OmU | Zwei Randexistenzen tun sich gegen alle Widrigkeiten zusammen, verlieben sich, versuchen sich mit
allen Mitteln durchzuschlagen und sind nicht bereit,
ihren Lebensmut aufzugeben. In Frank Borzages Film
existiert all das, was der Code als nicht darstellbar deklarierte: Ausbeutung, Not und Obdachlosigkeit, Promiskuität, Verbrechen ohne Sühne. MAN’S CASTLE ist
an Moralurteilen nicht interessiert, denn über allem
schwebt die Liebe: »Eine uneingeschränkte, betont
unbürgerliche Liebe, die zugleich Objekt und Subjekt
von Borzages ganzer Filmografie ist und je nach Story
die Zeit, den Raum, möglicherweise den Tod transzendiert.« (Hervé Dumont). Um den Film, der von der Legion of Decency als »condemned« eingestuft wurde,
1938 mit einer Freigabe der Production Code Adminis-
▶ Samstag, 17. Oktober 2015, 21.00 Uhr ▶▶ Dienstag,
20. Oktober 2015, 18.30 Uhr
Wild Boys of the Road (Kinder auf den Straßen) |
USA 1933 | R: William A. Wellman | B: Earl Baldwin | K:
Arthur L. Todd | D: Frankie Darro, Edwin Phillips,
Rochelle Hudson, Dorothy Coonan, Sterling Holloway |
68 min | OF | »You read in the papers about giving
people help. The banks get it. The soldiers get it. The
breweries get it. And they’re always yelling about giving
it to farmers. What about us? We’re kids.« Obdachlose
Kinder und Jugendliche wurden in der Great Depression ein Massenphänomen. Hunderttausende waren
auf sich gestellt, weil ihre Familien sie nicht ernähren
konnten. Keiner stürzte sich mit so viel Verve und Elan
auf die Themen seiner Tage wie William Wellman: WILD
BOYS OF THE ROAD ist Hollywoods lautester Aufschrei
gegen die Härten und Ungerechtigkeiten im Gefolge
der Wirtschaftskrise. Der Film verdankt seine elementare Wucht und seinen nahezu dokumentarischen Realismus den authentischen Schauplätzen. Als der Production Code kurz darauf wirksam wurde, ließen die
großen Studios die Finger von fundamental gesellschaftskritischen, politisch riskanten Stoffen.
▶ Sonntag, 18. Oktober 2015, 21.00 Uhr
Jenseits der Normen
The Sign of the Cross (Im Zeichen des Kreuzes) |
USA 1932 | R: Cecil B. de Mille | B: Waldemar Young,
Sidney Buchman nach dem Theaterstück von Wilson
bert, Ian Keith | 123 min | OF | Rom in Neros Tagen: Ein
römischer Offizier konvertiert zum Christentum. Wir
nehmen direkt Teil an den verkommenen Vergnügungen bei Hofe und den grauenerregenden Schrecken
der Arena. Aus einem muffigen Stück Erbauungstheater wurde ein unvergleichliches Spektakel, das die Zensur so offen herausforderte wie kein anderer Film: THE
SIGN OF THE CROSS war der unmittelbare Anlass zur
Gründung der Catholic Legion of Decency. Der Circus
Maximus verheißt die amüsante und abwechslungsreiche Hinrichtung von 60 Christen, Kämpfe zwischen
Pygmäen und Amazonen, wilde Raubtiere und einiges
mehr. Eine Orgiensequenz mit einem lesbischen Verführungstanz trug DeMille einen Anruf von Will Hays persönlich ein: »Cecil, what are you going to do about that
dance?« – »Not a damn thing.« DeMille blieb standhaft.
▶ Freitag, 23. Oktober 2015, 21.00 Uhr
Duck Soup (Die Marx Brothers im Krieg) | USA 1933
| R: Leo McCarey | B: Bert Kalmar, Harry Ruby | K: Henry
Sharp | M: John Leipold | D: Groucho Marx, Harpo Marx,
Chico Marx, Zeppo Marx, Margaret Dumont | 66 min |
OF | Auf Druck der reichen Witwe Mrs. Teasdale, die
den Kleinstaat Freedonia finanziert, wird Rufus T. Firefly
zum Präsidenten ernannt. Seine Regierungserklärung
verspricht umfassende Ausbeutung, Korruption und
zynische Selbstbereicherung. Da ist der Krieg nicht
weit. Die Marx Brothers stehen gewöhnlich für anarchischen Witz und absurden Humor, nicht für Satire.
Groucho zufolge war die satirische Ebene zur Gänze
dem Regisseur Leo McCarey zu verdanken, der ursprünglich auf keinen Fall mit den anstrengenden Marxens arbeiten wollte. DUCK SOUP ist von einer völligen
Verachtung für staatliche und gesellschaftliche Institutionen durchdrungen. Selbst die Reflexe der Zensoren
werden vorgeführt: Eine Schlafzimmerszene, vor dem
Bett liegen ein Paar Männerschuhe, ein Paar Frauenschuhe, zwei Paar Hufeisen – Harpo und sein Pferd liegen gemeinsam in einem Bett, die Frau züchtig in
einem anderen Bett daneben.
▶ Samstag, 24. Oktober 2015, 21.00 Uhr
Barrett | K: Karl Struss | M: Frank Harling | D: Fredric
March, Elissa Landi, Charles Laughton, Claudette Col-
It’s a Gift (Das ist geschenkt) | USA 1934 | R: Norman
Z. McLeod | B: Jack Cunningham | K: Henry Sharp | M:
John Leipold | D: W.C. Fields, Kathleen Howard, Jean
Rouverol, Julian Madison, Tommy Bupp, Baby LeRoy |
73 min | OF | Harold Bissonnette ist ein unerschöpflicher Quell der Enttäuschung für seine Gattin. Mit seinem kleinen Tante-Emma-Laden in New Jersey wird
sie nie eine Society-Dame sein, seine Tochter nie eine
gute Partie machen, sein Sohn nie den richtigen Um-
Hollywood ohne Schranken
tration wieder in die Kinos bringen zu können, wurde er
massiv gekürzt. Gezeigt wird die selten aufgeführte
ursprüngliche Fassung des Films.
29
Hollywood ohne Schranken
30
gang pflegen. Harolds Wunschtraum ist eine Orangenplantage, und so macht sich die Familie auf nach Kalifornien. Fields lieferte die Vorlage für das Drehbuch.
Seine Breitseite auf bürgerliche Wohlanständigkeit
überstand wider Erwarten die Einsetzung der PCA. Die
Zensoren forderten zwar die Streichung des Satzes:
»Father, please stop at the first clean gas station«, weil
er Körperfunktionen suggerierte, doch dass die geheiligten Institutionen von Ehe und Familie als innerster
Kreis der Hölle geschildert werden, fiel ihnen nicht auf.
Am Ziel der Reise wartet die vollständige Demontage
des Amerikanischen Traumes. Fields’ genüssliche Untergrabung aller Anstandsregeln ist geradezu lebensgefährlich komisch.
den Kundinnen Kleider vorführen, sind für ihn gleichzeitig Verfügungsware. EMPLOYEES’ ENTRANCE ist so fazinierend, weil der völlig reuelose Antiheld Anderson
nicht verteufelt wird, obwohl er fraglos ein Mistkerl ist.
Bei allem bleibt er entwaffnend unverstellt: »Oh, it’s you
▶ Sonntag, 25. Oktober 2015, 21.00 Uhr
Freies Unternehmertum
Five Star Final (Spätausgabe) | USA 1931 | R:
Mervyn LeRoy | B: Robert Lord, Byron Morgan, nach
dem Stück von Louis Weitzenkorn | K: Sol Polito | D:
Edward G. Robinson, Marian Marsh, H. B. Warner, Aline
MacMahon, Boris Karloff | 89 min | OF | Aus Angst um
seinen Job wärmt der Lokalredakteur einer Boulevardzeitung einen 20 Jahre alten Skandal wieder auf,
obwohl er weiß, dass er dadurch Existenzen ruinieren
wird. Sein Reporter gelangt als Geistlicher an intime
Informationen, die die Zeitung weidlich ausschlachtet.
Der Production Code untersagte es ausdrücklich:
»Ministers of religion … should not be used for comedy, as villains, or as unpleasant persons«. FIVE STAR
FINAL verstößt im Grunde gegen alle drei Verbote, doch
die Verfilmung erfüllt den Buchstaben der Vorschrift
dadurch, dass der Reporter kein »echter« Geistlicher
mehr ist, sondern sich nur als solcher ausgibt. In knappen Bildern skizziert der Anfang des Films, wie sich der
Redakteur mit seiner ausbeuterischen Existenz arrangiert hat: Er trinkt, er misshandelt seine Untergebenen,
er versucht sich den Schmutz von den skandalbefleckten Händen zu waschen.
▶ Freitag, 30. Oktober 2015, 21.00 Uhr
Employees’ Entrance (Personaleingang) | USA 1933
| R: Roy Del Ruth | B: Robert Presnell | K: Barney McGill
| D: Warren William, Loretta Young, Alice White, Wallace
Ford, Allen Jenkins | 75 min | OF | Für Kurt Anderson,
den diktatorischen Geschäftsführer eines großen Kaufhauses, steht der Profit stets an erster Stelle. Anderson
fördert neue Talente, aber als sich ein Angestellter das
Leben nimmt, lässt ihn das völlig kalt. Die Models, die
– I didn’t recognize you with all your clothes on.« Seine
drakonischen Maßnahmen funktionieren: Das Kaufhaus kann sich in der Wirtschaftskrise behaupten, ohne
Massenentlassungen vorzunehmen. Dazu bemüht Anderson weder eine pseudophilosophische Verbrämung
à la Ayn Rand, noch die Hassrhetorik neuzeitlicher Deregulierungsfanatiker.
▶ Samstag, 31. Oktober 2015, 21.00 Uhr
Female (Der Boss ist eine schöne Frau) | USA 1933
| R: Michael Curtiz | B: Gene Markey, Kathryn Scola | K:
Sid Hickox | D: Ruth Chatterton, George Brent, Lois
Wilson, Johnny Mack Brown, Ruth Donnelly | 60 min |
OF | Alison Drake wusste schon früh, dass sie die Automobilwerke ihres Vaters übernehmen würde und entschließt sich, mit Männern genauso umzugehen wie
diese mit Frauen. Wenn ihr ein Mitarbeiter gefällt, lässt
sie ihn sich nach Hause kommen. Wenn er lästig wird,
wird er versetzt. »Most women consider a man a household necessity. Myself, I’d rather have a canary.« FEMALE feiert eine Frau, die auf die Konventionen pfeift,
weil sie es sich leisten kann. Der aufgepfropfte Schluss,
der Alison Drake einem plötzlichen Persönlichkeitswandel unterzieht, mochte die Zensur trösten, das Publikum täuschte er nicht. Atmosphärische Schwankungen
sind aber auch Teil des Charmes von FEMALE. Den
Großteil inszenierte William Dieterle; als der erkrankte,
sprang William Wellman ein. Weil der Produzent mit
dem Darsteller eines der jungen Männer unzufrieden
war, drehte Michael Curtiz zwei Sequenzen neu und
wurde der nominelle Regisseur des Films.
▶ Sonntag, 1. November 2015, 21.00 Uhr
Bird of Paradise (Luana) | USA 1932 | R: King Vidor |
B: Wells Root | K: Clyde DeVinna | M: Max Steiner | D:
Joel McCrea, John Halliday, Dolores del Rio, Skeets Gallagher | 82 min | OF | Auf einem Schiff in der polynesischen Inselwelt geht der junge Amerikaner Johnny
über Bord. Die Einheimische Luana rettet ihn, sie verlieben sich ineinander, doch Luana ist nach altem Brauch
dafür bestimmt, dem zürnenden Vulkan geopfert zu
werden. King Vidors Film ist eine Perle unter den zahllosen Südsee-Idyllen Hollywoods. Max Steiners faszinierend-geheimnisvolle Musik unterstützt den gesamten Film fast ununterbrochen, die Photographie ist
stimmungsvoll und vor allem wird die Romanze überraschend unverklemmt dargestellt. Die sexuelle Initiative geht von Luana aus, was Kirche und Zensoren vermutlich mehr störte als der eigentliche sexuelle Gehalt.
Sie lockt Johnny von Bord, indem sie nackt an seinem
Schiff erscheint, sie befiehlt ihm, sie weiter zu küssen.
Die Nacktszenen beim Schwimmen litten am meisten
unter der Zensur. Gezeigt wird eine ungekürzte Fassung des Films.
▶ Freitag, 6. November 2015, 21.00 Uhr
Tarzan and His Mate (Tarzans Vergeltung) | USA
1934 | R: Cedric Gibbons | B: James Kevin McGuinness, frei nach Edgar Rice Burroughs | K: Charles G.
Clarke, Clyde DeVinna | D: Johnny Weissmuller, Maureen O’Sullivan, Neil Hamilton, Paul Cavanagh, Nathan
Curry | 104 min | OF | Von einem großen Eingeborenentross begleitet, suchen zwei Männer nach Elfenbein
und zugleich nach der Tochter eines im Busch verschollenen Jägers, die als Tarzans Geliebte freiwillig bei
ihrem Beschützer geblieben ist. Der Kultstatus des
Films beruht zu einem guten Teil auf der Freizügigkeit,
die Jane lebt. Ihr Kostüm ist knapp, sie schläft nackt
und schwimmt nackt mit Tarzan – und all das unverheiratet und obendrein (anders als in den Romanen) als
Dame englischer Herkunft. Als 1953 eine von der Zensur um 17 Minuten gekürzte deutsche Fassung des
Films in deutsche Kinos kam, meldete der Katholische
Film-Dienst trotzdem heftige Vorbehalte an: »Raffiniert
durchgeführter Urwald-Film, der durch drastische Grausamkeiten, aber auch in erotischer Hinsicht aus dem
Rahmen der üblichen Tarzan-Unterhaltung fällt.« Gezeigt wird die ursprüngliche Fassung des Films.
▶ Samstag, 7. November 2015, 21.00 Uhr
The Emperor Jones (Kaiser Jones) | USA 1933 | R:
Dudley Murphy | B: DuBose Heyward, nach dem Thea-
Hollywood ohne Schranken
Das Gesetz des Dschungels
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terstück von Eugene O’Neill | K: Ernest Haller | M: Frank
Tours | D: Paul Robeson, Dudley Digges, Frank Wilson,
Fredi Washington, Ruby Elzy | 105 min | OF | Auf seiner
Flucht verschlägt es den schwarzen Sträfling Brutus
Jones auf eine Insel in der Karibik. Dort ergreift er die
Chance seines Lebens und wird in kürzester Zeit zum
gefürchteten Diktator. Mit zynischer Rücksichtslosigkeit
setzt er die kapitalistischen Lektionen um, die er verinnerlichte, als er noch »ganz unten« war. Eugene O’Neill
knüpfte zwei Bedingungen an die Verfilmung: Paul
Robeson, der in dem Stück auf internationalen Bühnen
triumphiert hatte, müsse die Titelrolle spielen; und der
Name des Darstellers müsse noch über dem Titel stehen. Zum ersten Mal hatte ein schwarzer Darsteller
eine Hauptrolle im Mainstream-Kino. In Nebenrollen treten Billie Holiday und Rex Ingram auf. Vor allem in den
Südstaaten wurde der Film um über eine halbe Stunde
gekürzt. Gezeigt wird eine Rekonstruktion der ursprünglichen Fassung.
▶ Sonntag, 8. November 2015, 21.00 Uhr
Verführung & Verführte
Design for Living (Serenade zu dritt) | USA 1933 | R:
Ernst Lubitsch | B: Ben Hecht nach dem Theaterstück
von Noël Coward | K: Victor Milner | M: John Leipold | D:
Gary Cooper, Fredric March, Miriam Hopkins, Edward
Everett Horton, Franklin Pangborn | 90 min | OF | Eine
Hollywood ohne Schranken
Werbegrafikerin, ein Kunstmaler und ein Schriftsteller
beginnen eine Beziehung zu dritt. »DESIGN FOR LIVING
handelt von ganz direkten Dingen, ohne direkt davon zu
sprechen. Von Sex beispielsweise. Oder von Wut und
Zorn. Als Lubitsch zeigen muss, welche Kämpfe in der
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Frau über die beiden Männer toben, von denen sie keinen aufgeben will, genügen ihm eine Tür und ein Blumentopf, der zwei Blüten trägt. Bei Lubitsch ist immer
das Unsichtbare so wichtig wie das Sichtbare. In den
nebensächlichen Details, die zu sehen sind, schimmert
das Unsichtbare besonders akzentuiert durch, um das
es ihm häufig vor allem anderen geht. Im Grunde bietet
DESIGN FOR LIVING eine der vergnüglichsten Lehren
darüber, was Kino sein kann, darüber, wie hinter dem
Trivialen des oberflächlich Sichtbaren die Kunst der
sichtbaren Oberflächen beginnt.« (Norbert Grob)
▶ Freitag, 13. November 2015, 21.00 Uhr
Jewel Robbery (Ein Dieb mit Klasse) | USA 1932 | R:
William Dieterle | B: Erwin Gelsey | K: Robert Kurrle |
M: Bernhard Kaun | D: William Powell, Kay Francis,
Hardie Albright, André Luguet, Henry Kolker | 68 min |
OF | Die junge Baronin Teri von Hohenfels hat nicht
nur einen reichen langweiligen Gatten und eine Reihe
Liebhaber. In ihrer Residenz im schönen Wien lässt sie
sich von einer Schar von Dienerinnen morgens baden,
massieren, ankleiden und in ihrem privaten Schönheitssalon für einen anstrengenden Mußetag in Form bringen. Ihr erster Termin führt sie zu ihrem Juwelier, wo
sie einen charmanten Fremden trifft, der prompt mit
seiner Bande das Juweliergeschäft ausraubt. Sein Stil
und seine Eleganz bezaubern die Baronin: »This is
becoming delightful!« – »As a matter of fact, I’m opposed to the American school of banditry. I studied in
Paris.« An nervöses Wachpersonal und Polizisten verteilt er zur Entspannung »funny cigarettes« (Joints).
William Dieterle verlieh seiner geistreichen Komödie
ein irrwitziges Tempo mit Regelverstößen im Minutentakt: Die Ehe ist nur ein Witz, Räuber sind besser als
Bankiers, und das Rauchen von »Gras« scheint ein
Wahnsinnsspaß.
▶ Samstag, 14. November 2015, 21.00 Uhr
I’m No Angel (Ich bin kein Engel) | USA 1933 | R:
Wesley Ruggles | B: Mae West | K: Leo Tover | D: Mae
West, Edward Arnold, Cary Grant, Gregory Ratoff, Gertrude Howard | 87 min | OF | Die Tänzerin und Löwenbändigerin Tira macht ihren Weg vom Zirkuszelt ins
Penthouse an der Park Avenue. Die Männer liegen ihr
zu Füßen, denn: »When I’m good I’m very good, but
when I’m bad I’m better.« Schnell, schamlos und unwiderstehlich, ist Tira stets Herrin der Lage. I’M NO
ANGEL verkündet stolz: »Story, Screen Play and all Dialogue by Mae West«. Zensoren konnten das Entfernen
von Wörtern wie »jeez« oder »punk« oder »Lawdy« verlangen, aber gegen Mae Wests Intonation war nichts zu
machen, egal wie harmlos der Wortlaut auf dem Papier
schien. Im Jahr darauf hatte Mae West den 5. Platz auf
der Beliebtheitsskala der Filmstars inne, sie verdiente
mehr Geld als jede andere Frau in den USA. Und was
hielt sie von den Zensurbeflissenen? »Tell them they
made me what I am today. I hope they’re satisfied.«
▶ Samstag, 14. November 2015, 21.00 Uhr
Gold Diggers of 1933 (Goldgräber von 1933) | USA
1933 | R: Mervyn LeRoy | B: Erwin Gelsey, James
Seymour | K: Sol Polito | M: Harry Warren, Al Dubin | D:
Warren William, Joan Blondell, Aline MacMahon, Ruby
Keeler, Dick Powell, Ginger Rogers | 97 min | OF | Das
Musical, in dem die drei Showgirls Carol, Trixie und
Polly auftreten, wird schon vor der Premiere durch den
Gerichtsvollzieher geschlossen. Pollys Freund Brad
schreibt Songs für eine neue Show und finanziert das
Vorhaben – gegen den Widerstand seiner reichen Familie. Die Show, die am Ende herauskommt, ist das genaue Gegenteil von eskapistischer Ablenkung – die
Wirtschaftskrise selbst ist Inhalt des Musicals. Das
harte Los der vergessenen Weltkriegsveteranen in der
Krise bildet das Thema der Schlussnummer »Remember My Forgotten Man«. Besonderen Anteil am Gelingen dieses Meta-Musicalfilms haben die Choreographien von Busby Berkeley. Die junge Ginger Rogers hat
eine herausragende Nebenrolle, in der sie weitaus provokanter und forscher auftritt als später neben Fred
Astaire.
▶ Sonntag, 15. November 2015, 21.00 Uhr
Übersetzungen und Kurztexte: Christoph Michel
Wahn und Kunst
Wahn und Kunst
KiNSKi PAGANiNi
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»Es hat mich angefasst«
Ein sensibler Sturm-&-Drang-Dichter, der sich in seiner
Paranoia verläuft (LENZ), ein gekränkter Maler, der sich
im Absinthrausch ein Ohr abschneidet (LUST FOR LIFE),
ein Regisseur, der sich aufgrund fehlender Inspiration
in Wahnvorstellungen flüchtet (OTTO E MEZZO), eine
neuseeländische Lyrikerin, die als Außenseiterin für
schizophren gehalten wird und nur durch Zufall einer
drohenden Lobotomie entkommt (AN ANGEL AT MY
TABLE) sowie ein genialer Popkompositeur, den seine
schwere Depression ans Bett fesselt (LOVE AND
MERCY): Schon immer hielt man die Grenzen zwischen
Genie und Wahnsinn für fließend und schon immer gestand man Künstlern zu, dass sie nicht ganz richtig im
Kopf sind und unangepasst durch die Welt irren dürfen.
Künstlerische Kreativität und Wahn scheinen ein Bündnis einzugehen, fast wie einen Teufelspakt, wie ihn Legenden um Bluesmusiker oder den Teufelsgeiger Paganini spinnen. So haben Literatur, Theater und Film über
das Verhältnis von Wahn und Kunst bereits früh eine
Diskussion über die Mitglieder der Gesellschaft angestoßen, die von den sozialen Normen abwichen und
als geistig krank abgesondert wurden. Heute dagegen
scheint die Inklusion von Menschen mit psychischen
Störungen bereits im Mainstream von Film und Fernsehen angekommen zu sein, wenn in TV-Serien Asperger
mit Manien (MONK) oder schizophrene Psychologen
mit Halluzinationen (PERCEPTION) die Polizei bei ihren
Arbeit unterstützen, als psychopathische und heroinsüchtige Privatdetektive ermitteln (ELEMENTARY) oder
als bipolare CIA-Agenten auf Terroristenjagd gehen
(HOMELAND). In der wahren Wirklichkeit wird dagegen
im Wirtschaftsteil der Tageszeitung diskutiert, inwieweit
die Führungskräfte in Wirtschaft und Konzernen nicht
alle gefühllose Psychopathen sind, während umgekehrt
ein paar Seiten weiter Unternehmen der IT-Branche auf
der Suche nach »Aspergern« mit ihrer Leidenschaft für
Zahlen und Mathematik sind.
Genie und Wahnsinn
In den vorgestellten Filmen erscheinen kreative Hochbegabung und Wahnsinn als die zwei Seiten der künstlerischen Genies. Im Film LOVE AND MERCY über die
Poplegende Brian Wilson wird im ersten Teil der mani-
nauso lässt sich darüber streiten, ob der an der Medizin
orientierte Versuch eine Objektivierung zu einer Entstigmatisierung der Betroffenen beiträgt. Die Einweisung
der Protagonisten in die Psychiatrie in DAS LEBEN DES
SCHIZOPHRENEN DICHTERS ALEXANDER MÄRZ und
AN ANGEL AT MY TABLE führt umgekehrt zur Verschlechterung oder sogar zum Scheitern.
Innenwelt und Außenwelt
Der Typus des Künstler und Genies, wie er auch heute
immer noch vorkommt, entsteht erst mit der Goethezeit. Er fällt seitens der Künstler mit dem Wunsch zusammen, in Zukunft nur noch von der künstlerischen
Arbeit leben zu können und nicht mehr einem lästigen
Broterwerb nachgehen zu müssen. Das Bild vom Genie
ist geprägt von seinen außergewöhnlichen Talenten, die
ein Geschenk Gottes sind, und seiner Inspiration, die er
durch den Kuss der Musen erhält. Krankheit und Wahn,
auch durch Drogen hervorgerufen, sind dabei Nachweis der Auserwählung als Künstler. Die Krankheit als
Form der Auserwählung erinnert nicht von ungefähr an
die Initiation der Schamanen, wie sie Mircea Eliade in
»Schamanismus und archaische Ekstasetechnik« beschreibt.
LuST FOR LiFE
Wahn und Kunst
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sche Perfektionist und junge Erfinder eines neuen
Sounds von dem jungen Schauspieler Paul Dano gespielt, während der depressive, sich im Drogenkonsum
auflösende ältere Musiker im zweiten Teil von John
Cusack dargestellt wird. Damit findet LOVE AND
MERCY ein eindringliches Bild für das allen Filmen dieser Reihe gemeinsame Modell der gespaltenen Persönlichkeiten, in dem das Genie nicht ohne den Wahnsinn
als seinen Doppelgänger existieren kann, quasi das
eine ohne das andere nicht zu haben ist. Der Künstler
als Grenzgänger zwischen Genie und Wahnsinn droht
zudem ständig abzustürzen.
Inwieweit sich Wahn und Kunst bedingen oder sie Geistesverwandte sind, beschäftigt die europäische Kultur
bereits seit den Griechen. Dabei erklärte erstaunlicherweise der Rationalist Platon im »Phaedros« den irrationalen Zustand der »Mania«, wie er in der »erotischen«
Form eines entrückenden, göttlichen Enthusiasmus vorkommt, für unabdingbar zur Erlangung des wahren
Wissens. Ähnlich positive Konnotationen finden sich
noch bis ins hohe Mittelalter des Abendlandes bei den
christlichen Mystikern wie Bonaventura oder Hildegard
von Bingen, bei denen Universalgelehrtentum und mystisches Gotteserleben vereinbar sind. Mit der Neuzeit
und der Vorherrschaft des rationalen Denkens ändert
sich auch das Verhältnis zum Wahnsinn grundlegend.
Der französische Philosoph und Psychologe Michael
Foucault beschreibt in »Wahnsinn und Gesellschaft«
(1961) wie seit dem Mittelalter die »Wahnsinnigen« zunehmend und systematisch mittels Spitälern, Gefängnissen und Zuchthäusern vom als normal betrachteten
Teil der Gesellschaft ausgeschlossen werden. Dabei
wurden unter »Wahnsinn«, als der »Ver-rücktheit« von
der Mitte der Gesellschaft, im Laufe der Geschichte die
unterschiedlichsten Abweichungen von den Konventionen subsumiert und als Bedrohung für die Normalen
verstanden.
Heute ist das Phänomen Wahnsinn als eine die Gesellschaft bedrohende »Krankheit« dem Begriff Psychische
Störung gewichen. In Klassifikationssystemen der klinischen Psychologie (ICD-10 und DSM-V) werden alle
heute bekannten Störungen mit ihren möglichen Symptomen beschrieben. So verwandelt sich der Wahnsinn
in Symptome wie Halluzinationen und andere Wahnphänomene, die neben der Schizophrenie auch bei
bipolaren affektiven Störungen auftreten können. Derartige Wahnsymptome spielen in den Filmen eine
bedeutsame Rolle, weil sie audiovisuell eindringlich umgesetzt werden können. Die Komplexität einer psychischen Störung läuft dabei aber auch Gefahr, auf
einen bedrohlichen Charakter reduziert zu werden. Ge-
Manchmal scheint wie bei LUST FOR LIFE noch der alte
Genieglaube durch, demzufolge das Ausnahmetalent
van Gogh von der Muse geküsst wird. Oder es wird in
grandiosen Landschaftsbildern geschwelgt, die den
Künstler zu seinen Werken inspirieren. Immerhin steckt
oder ohne künstlerisches Potential, in ihrem Anderssein respektiert würden, vielleicht würde sich dann
auch ihrer häufig tödlichen Verzweiflung, die die Filme
zeigen, entgegen wirken lassen. Im Gegenzeug würden
wir Einblicke in die komplexe und vielschichtige Welt
der Psyche gewinnen, könnten mit dem Anderssein im
Fremden leben und bräuchten keine Angst mehr vor
dem Anderen in uns selbst haben.
Bernhard und Karin Springer
Lust for Life (Vincent van Gogh – Ein Leben in Leidenschaft) | USA 1956 | Regie: Vincente Minnelli | B:
Norman Corwin, nach dem Roman von Irving Stone | K:
Freddie Young, Russell Harlan | M: Miklós Rózsa | D:
Kirk Douglas, Anthony Quinn, Everett Sloane, James
Donald, Pamela Brown | 122 min | OmU | In leuchtenden Farben und CinemaScope gedrehte Filmbiografie
des holländischen Malers Vincent van Gogh (1853 –
1890). In einem Anfall von Wahnsinn schneidet er sich
ein Ohr ab und wird auf eigenen Wunsch in die Psychiatrie eingeliefert. Der Film spiegelt nicht nur Vincente
Minnellis Beschäftigung mit ästhetischen Fragen wider,
sondern ist auch eine sehr gelungene Auseinandersetzung mit Kunst und Kreativität überhaupt. Der Film
wurde an Originalschauplätzen gedreht: in den Niederlanden, in der belgischen Industrielandschaft Borinage
und im französischen Département Bouches-duRhône.
▶ Mittwoch, 16. September 2015, 21.00 Uhr
Otto e mezzo (Achteinhalb) | Italien 1963 | R: Federico Fellini | B: Ennio Flaiano, Tullio Pinelli, Brunello
Rondi, Federico Fellini | K: Gianni Di Venanzo | M: Nino
Rota | D: Marcello Mastroianni, Anouk Aimée, Sandra
Milo, Claudia Cardinale, Barbara Steele | 138 min |
OmU | Autobiografisch gefärbte Darstellung der Schaffenskrise des Star-Regisseurs Guido Anselmi, der nicht
mehr weiß, ob und wie und warum überhaupt er seinen
nächsten Film drehen will. »Zu Beginn der berühmte
Angsttraum: Guido entkommt einem schrecklichen Verkehrsstau und fliegt durch die Wolken, bis ihn ein Seil,
befestigt an seinem Fußgelenk, auf die Erde zurückholt.
Fellinis erste ausdrückliche Hinwendung zu Traum, Imagination, Erinnerung, inspiriert von C. G. Jungs Traumtheorie. Auch die erste große Entfaltung seiner visionären Bildschöpfungen. Reale Begegnungen werden
imaginär fortgesponnen, verweben sich mit Kindheitserinnerungen und Wunschfantasien, aber doch so,
dass sich die erstaunlich präzise Beschreibung einer
Impotenz-Neurose ergibt.« (Rainer Gansera)
▶ Mittwoch, 23. September 2015, 21.00 Uhr
Wahn und Kunst
darin eine beschreibbare Wahrheit über die künstlerische Kreativität. Neben der Beschreibung der Elemente
des kreativen Zustandes, zu denen die Besessenheit
von dem Gegenstand, die Ekstase des Schaffensrausches und das Entrücktsein von Raum und Zeit gehören, kann der kreative Prozess auf der Ebene der Relation von Individuum und Umwelt als Wechselwirkung
von Innenwelt und Außenwelt, als Austausch von Innen
und Außen dargestellt werden. Im kreativen Prozess
verarbeitet der Künstler seine Eindrücke aus der Außenwie Innenwelt, indem er sie sich aneignet, verarbeitet
und im Prozess der Symbolisierung transformiert, um
damit in der Außenwelt wiederum Artefakte zu schaffen. Auch Wahnsymptome können über das Verhältnis
von Innen und Außen beschrieben werden, als Störungen im Austausch zwischen Innenwelt und Außenwelt
und der menschlichen Interaktion. Tatsächlich kann
man hier eine Gemeinsamkeit zwischen Wahn und
Kunst finden, denn auch im Wahn kann eine Verschiebung der Realität stattfinden, Und umgekehrt gilt für
Künstler und kreative Ausnahmetalente: Nur wer außerhalb der Masse steht, eine Außenperspektive einnimmt,
kann anders denken und neues entwickeln, eben kreativ sein.
Die Filme zeigen, dass Ausnahmepersönlichkeiten Dispositionen sowohl zum künstlerischen Schaffen als
auch zu psychischen Störungen wie Schizophrenie und
affektiven Störungen haben. Sie verdeutlichen jedoch
auch, dass soziale Probleme, traumatische Erlebnisse,
Kindheitsentwicklungen oder Drogenmissbrauch die
Auslöser für Wahnphänomene und andere Störungssymptome sind. Ob aber die beschriebenen Dispositionen unabdingbar für ein künstlerisches Schaffen sind,
können sie nicht beantworten. Sie zeigen in der Gesamtheit vielmehr, wie Künstler mit den beschrieben
Veranlagungen an dem Missverstehen und der Ablehnung durch ihre soziale Umgebung leiden oder an ihr
zugrunde gehen können, weil ihr Anderssein häufig
Angst und Abwehr auslöst. Der amerikanische Neurologe Oliver Sacks schildert in seiner Arbeit »Der Mann,
der seine Frau mit einem Hut verwechselte« an anschaulichen Fallbeispielen, wie Patienten durch neurologische Krankheiten aus der Normalität herausfallen.
So definiert er neurologischen Störungen nicht wie
üblich als »Ausfälle«, die als Defizite behandelt werden,
sondern als ein Zuviel oder Zuwenig von physischen
und psychischen organischen Normalzuständen. Aber
wenn man ehrlich ist, haben auch wir »Normalen« hin
und wieder ein Zuviel oder Zuwenig. Es fällt nur nicht
so auf. Wenn die Angst vor psychischen Störungen, die
jeden treffen können, wegfällt, wenn Betroffene, ob mit
35
Wahn und Kunst
Welt nicht mehr zurechtfindet. Seit elf Jahren befindet
er sich in der Psychiatrischen Landesanstalt Lohberg,
Diagnose »paranoide Schizophrenie«. Als Dr. Kofler den
Patienten kennenlernt, ist dieser bereits seit sechs Jahren hospitalisiert und ein aufgegebener Fall. Kofler
steht der Institution der traditionellen Psychiatrie kritisch gegenüber und will März zur Selbstbestimmung
verhelfen. Wichtig für die Therapie sind Gedichte, die
Alexander März auf Anregung von Dr. Kofler verfasst.
Sie offenbaren nicht nur das Trauma aus seiner Kindheit, sie erweisen sich darüber hinaus als sprachschöpferische Leistungen von eigenem Wert. »Für den Film
empfing ich Anregungen aus den Veröffentlichungen
psychopathologischer Texte des Psychiaters Leo Navratil. Besonders beeindruckt haben mich die von ihm publizierten Gedichte des kranken Dichters Herbrich
(Pseudonym [= Ernst Herbeck]).« (Heinar Kipphardt)
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▶ Mittwoch, 7. Oktober 2015, 21.00 Uhr
Lenz | BRD 1971 | R+B: George Moorse, nach der Novelle von Georg Büchner | K: Gérard Vandenberg | M:
David Llewellyn | D: Michael König, Louis Waldon,
Sigurd Bischoff, Klaus Lea, Kristin Peterson | 130 min |
Im Winter 1778 reist der junge Dichter Jakob Michael
Reinhold Lenz ins Gebirge, um bei dem Landpfarrer
Oberlin und seiner Familie Ruhe und Frieden zu suchen. Doch Lenz hat Anfälle von Angst und Depressionen, die immer heftiger werden. Seine intellektuelle
Überempfindlichkeit steht im Gegensatz zur naturbezogenen Welt der Bauern und Waldmenschen, die ihn umgeben. »LENZ ist ein langsamer Film, aber dieses
Tempo ist eines der Ziele des Films, damit wir daran
denken, dass unser Zeitgefühl historisch bestimmt ist
und dass wir in einen ständig sich beschleunigenden
Wirbel der Zeit geraten sind, der uns zerstören könnte.
Für mich handelt LENZ von der Zeit und der Erde und
davon, wie diese bestimmend für die Mittelpunkte
menschlicher Beziehungen sind.« (George Moorse)
▶ Mittwoch, 30. September 2015, 21.00 Uhr
Das Leben des schizophrenen Dichters Alexander
März | BRD 1975 | R: Vojtěch Jasný | B: Heinar Kipphardt | K: Igor Luther | D: Ernst Jacobi, Michael Hinz,
Rudolf Wessely, Susanne Schaefer, Otto A. Buck |
115 min | Der Dichter Alexander März steckt sich vor
den Augen seines Arztes in Brand, weil er sich in dieser
Love & Mercy | USA 2014 | Regie: Bill Pohlad | B: Oren
Moverman, Michael A. Lerner, nach den Aufzeichnungen von Brian Wilson | K: Robert D. Yeoman | M: Atticus
Ross | D: John Cusack, Paul Dano, Elisabeth Banks,
Paul Giamatti, Dee Wallace | 120 min | OmU | Das
Leben von Brian Wilson, dem legendären Kopf der
Beach Boys, sein Aufstieg mit der Band und sein durch
Drogen beförderter Absturz, der ihn in eine Angstpsychose trieb und mental und auch legal von seinem dubiosen Psychiater abhängig werden ließ. Die Panikattacken, die Empfindlichkeit gegen Lärm, die immer
lauter werdenden Stimmen in seinem Kopf siegen über
seinen Verstand. Erst die Begegnung mit einer selbstbewussten Autoverkäuferin kann ihn aus seinem Gefängnis befreien. Brian Wilson ist der Held, das Opfer,
das verspielte Genie, das von seinem Vater nie akzeptiert und von seiner Familie nie verstanden wurde – besonders nicht, als er musikalische Experimente wagt.
▶ Mittwoch, 14. Oktober 2015, 21.00 Uhr
Kinski Paganini | Italien 1989 | R+B: Klaus Kinski | K:
Pier Luigi Santi | M: Niccolò Paganini | D: Klaus Kinski,
Debora Caprioglio, Nikolai Kinski, Dalila di Lazzaro,
Tosca d’Aquino | 81 min | OmU | Parma, 1834: Der Geigenvirtuose Niccolò Paganini gibt ein Konzert, das
durch die Naturgewalt seiner Musik das (vorwiegend
weibliche) Publikum in Ekstase versetzt. Paganini
selbst durchlebt, initiiert durch diesen furiosen Auftritt,
Stationen seines Lebens, erinnert sich an die Vergangenheit, nimmt die Zukunft vorweg. Zu sehen ist, wie er
als Getriebener einsam durch die Lande reist, wie er in
sexueller Gier über Frauen geradezu herfällt, wie er mit
seiner größten Liebe, Antonia Bianchi, lebt, wie er seinen Sohn Achille – sein einziger Ruhepol – in den
Schlaf musiziert. Klaus Kinski, mit wehender schwarzer
Mähne, verinnerlicht diese radikale Person vollkommen: mal leidenschaftlich, wild, brutal, dann liebevoll,
fast zärtlich.
An Angel at My Table (Ein Engel an meiner Tafel) |
Neuseeland 1990 | R: Jane Campion | B: Laura Jones,
nach der Autobiografie von Janet Frame | K: Stuart Dryburgh | M: Don McGlashan | D: Kerry Fox, Alexia Keogh,
Karen Fergusson, Iris Churn, Kevin J. Wilson | 158 min
| OmU | Die Lebensgeschichte der neuseeländischen
Schriftstellerin Janet Frame: ihre von Ängsten geprägte
Kindheit, die Einweisung in eine Nervenheilanstalt, in
der sie fälschlich wegen Schizophrenie behandelt wird,
und der Reifeprozess als Frau und Schriftstellerin bis zu
ihrer gesellschaftlichen Anerkennung. Als Mädchen
vom Lande kann sie sich für Literatur und klassische
Musik begeistern, schreibt bereits als Kind erste
Gedichte. Jane Campion reiht behutsam die kleinen
Tragödien einer schwierigen Kindheit aneinander,
immer auch mit dem Blick für die absurde Komik des
Alltags. Kein verzweifelter Schrei nach Freiheit wird
laut, aber der Wunsch danach durchdringt spürbar Lebensabschnitt für Lebensabschnitt, bis der Weg über
die Literatur freigekämpft ist.
▶ Mittwoch , 28. Oktober 2015, 19.00 Uhr
Dialogues with Madwomen (Gespräche mit verrückten Frauen) | USA 1994 | R+B: Allie Light | K:
Irving Saraf | M: Rachel Bagby, Larry Seymour | 90 min
| OmU | Sieben Frauen legen ihre Erfahrungen mit manischer Depression, multipler Persönlichkeitsstörung und
Schizophrenie, aber auch mit Kreativität und Genesung
offen. Regisseurin Allie Light selbst erzählt von ihrer Depression und ihren Erfahrungen in der Psychiatrie. Die
Frauen öffnen sich vor der Kamera, sie reden humorvoll
und leidenschaftlich. Es gibt keine sogenannten Experten, die ihre Sicht auf die Dinge einordnen. Unter Verwendung von Homevideos, Archivmaterial und Re-enactment zeichnet Allie Light ein komplexes und bewegendes Porträt von Frauen, deren seelische Krankheit
mit inspirierender Energie und Kreativität einhergeht.
Der Film selbst, der nicht mit Schockbildern argumentiert, aber Schockierendes aus dem Familienleben der
Frauen berichtet, gibt sich als eine Form der Therapie
zu erkennen und appelliert an die Würde und das Recht
auf Selbstbestimmung seelisch kranker Menschen.
▶ Mittwoch, 4. November 2015, 21.00 Uhr
Die Unberührbare | Deutschland 2000 | R+B: Oskar
Roehler | K: Hagen Bogdanski | M: Martin Todsharov |
D: Hannelore Elsner, Vadim Glowna, Tonio Arango, Michael Gwisdek, Jasmin Tabatabai, Charles Regnier |
110 min | Die letzten Monate der Schriftstellerin Gisela
Elsner alias Hanna Flanders, der Mutter von Regisseur
Oskar Roehler. »Geradezu grandios ist das Spiel von
Hannelore Elsner in der Titelrolle: fahrige Bewegungen
und Blicke, Gesten der Unstetigkeit verdichten sich
zum schonungslosen Porträt einer Frau, die sich zeit
ihres Lebens von einer imaginären Nacht umgeben
fühlte (der Arbeitstitel hieß: DIE UMNACHTETE). Immer
wieder das Unverständnis gegenüber der Realität, in
verschiedenen Abstufungen: Warum feiern die Ostdeutschen den Mauerfall? Warum wollen sie nichts vom
Sozialismus wissen? Und warum nehmen die Verkäufer
der Münchner Boutique den teuren, kaum getragenen
Mantel nicht zurück?« (Ralf Schenk)
▶ Mittwoch, 11. November 2015, 21.00 Uhr
Frances | USA 1984 | R: Graeme Clifford | B: Eric Bergren, Christopher DeVore, Nicholas Kazan | K: Laszlo
Kovacs | M: John Barry | D: Jessica Lange, Sam Shepard, Kim Stanley, Bart Burns, Christopher Pennock |
140 min | OmU | Die Lebensgeschichte der HollywoodSchauspielerin Frances Farmer (1913 –1970), die mit
ihrem unangepassten Lebensstil das Missfallen ihrer
Umwelt erregte und durch Intrigen und mit Hilfe der
Psychiatrie diszipliniert wurde. In einem High SchoolEssay verteidigt sie den Kommunismus, sie will Schauspielerin werden, sich aber nicht den Regeln Hollywoods beugen. Kein Make-up vor der Kamera! Nach
einer gescheiterten Affäre mit dem Bühnenautor
Clifford Odets wird sie alkoholabhängig und beginnt
sich systematisch selbst zu zerstören. In der psychiatrischen Anstalt wird sie mit Elektroschocks und einer unmenschlichen Insulin-Therapie »behandelt«.
▶ Mittwoch, 25. November 2015, 21.00 Uhr
Wahn und Kunst
▶ Mittwoch, 21. Oktober 2015, 21.00 Uhr
37
Die Zukunft des Kinos
Inmitten der gegenwärtigen Krise entwirft eine neue
Generation von spanischen Filmemachern und Künstlern die Zukunft des Kinos. EL FUTURO heißt der Film
von Luis López Carrasco, aus dem Umfeld des Filmemacherkollektivs Los Hijos, mit dem 2014 die Zukunft,
unter Rückbesinnung auf den Aufbruch vor 30 Jahren,
neu begann.
Einen Bogen von Tradition zu Gegenwart zu spannen,
aus dem sich die Zukunft des Kinos neu denken lässt,
unternimmt seit zehn Jahren das internationale Filmfestival Underdox. Grenzgängerisch und visionär lässt es
die Konventionen hinter sich, nach denen sich Filme
nach Genres, Länge oder Produktionsjahren einordnen.
Underdox ist seit seinem ersten Jahr für die unterschiedlichsten Spiel- und Zwischenformen des Dokumentar-, Experimental- und Spielfilms offen.
Inmitten einer Krise neue Formen der Kunst aufzufächern, fällt seit jeher der Avantgarde zu. Wir verbinden
deshalb in unserem Eröffnungsprogramm den Experimental- mit dem Spielfilm und verweisen darauf, dass
in die Zukunft nur mit der Kenntnis der Vergangenheit
gereist werden kann, wie der Angelus Novus von Walter
Benjamin. Wilhelm Hein, einer der zentralen Protagonisten der europäischen Avantgarde, präsentiert im Rahmen einer Ausstellung sein 1989 begonnenes und bis
2013 fortgeführtes Monumentalwerk YOU KILLED THE
UNDERGROUND FILM OR THE REAL MEANING OF
KUNST BLEIBT … BLEIBT … und eröffnet das Festival
mit seinem experimentellen Kurzfilm DER KÖNIG DER
FROSCHSCHENKEL (1996). Dem stellen wir DER GELDKOMPLEX (EL COMPLEJO DE DINERO) zur Seite, einen
experimentellen Spielfilm des Spaniers Juan Rodrigáñez, der auf den gleichnamigen anarchischen Roman
der Schwabinger »Skandalgräfin« Fanny zu Reventlow
von 1916 zurückgeht. Der schwankhafte Blick auf die
prekäre Geldsituation der Bohème vor 100 Jahren umfasst auch heute noch die Künstlerexistenzen Europas
sowie diejenigen, die sie zeigen. Underdox geht seit
nunmehr zehn Jahren das Risiko ein, die Kunst und die
kuratorische Arbeit vor den kommerziellen Erfolg zu
stellen – gleich einer zeitgemäßen Ausdrucksform der
einstigen Münchner Bohème.
Im Geiste Underdox verwandt und maßgeblich inspirierend sind die Festivals von Rotterdam, Wien, Lissabon
und das Festival International de Cinéma Marseille
(FID). Sein visionärer und unangepasster Leiter ist der
Filmkritiker und -theoretiker Jean-Pierre Rehm, den wir
eingeladen haben, bei unserer Jubiläumsausgabe ein
Carte Blanche-Programm zu gestalten, das unseren
gemeinsamen Weg ein Stück weit dokumentiert.
Jean-Pierre Rehm war auch der erste, der uns mit dem
filmischen Werk des französischen Künstlers Nicolas
Boone bekannt machte, den wir als Artist in Focus mit
seiner MOVING THE WORLD-Trilogie präsentieren, die
sich in drei filmischen Plansequenzen durch die utopischen und dystopischen Welten fremder und vertrauter
Kulturen bewegt.
Dunja Bialas
EL COMPLEJO DE DiNERO
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YOu KiLLED THE uNDERGROuND FiLM © Annette Frick
Underdox
10. Underdox Filmfestival
▶ Donnerstag, 8. Oktober 2015, bis Sonntag, 11. Okto-
ber 2015 | Zu Gast: Wilhelm Hein, Juan Rodrigáñez, Eloy
Enciso, Nicolas Boone, Jean-Pierre Rehm
Borderline – Borderland
Die epochale Signatur Borderland bezeichnet einen
Umbruch in der kulturellen Identität. Unsichere, diffuse
Grenzziehungen sind ein Signum der Gegenwart. Nicht
nur in Drogenterritorien wie South-Arizona und an der
tödlichen Schengen-Grenze, nicht nur im atavistischen
Territorialkrieg in der Ukraine – sondern im Niemandsland der virtuellen Topographie des Global Village.
Wenn im Spatial Turn Lebensräume wieder in den Blick
geraten, dann gerade deshalb, weil dort nichts mehr
wirklich entschieden wird. Mitte der 1970er-Jahre
wurde das psychoanalytische Paradigma der Borderline-Persönlichkeit prominent, geprägt von Grenzdiffusion und Spaltung. Das Borderline-Konzept bietet einen
Schlüssel zum Film als psychoanalytische Deutung der
postmodernen globalen Gesellschaft. Borderland-Filme
wirken, weil sie Zuschauer mit sich selbst konfrontieren, die leibhaftig in einen wirtschaftlichen, sozialen
und kulturellen Grenz- und Identitätsverlust verstrickt
sind.
Andreas Hamburger
Beit Lechem (Bethlehem) | Israel 2013 | R: Yuval Adler
| B: Yuval Adler, Ali Wakad | K: Yaron Scharf | M: Ishai
Adar | D: Tsahi Halevi, Shadi Mar’i, Hitham Omari, Tarik
Kopty, Michal Shtamler | 99 min | OmU | Der auf mehrjährigen Recherchen basierende Spielfilm bietet weder
Lösungsvorschläge noch Visionen für den chronischen
israelisch-palästinensischen Konflikt. Erstaunlicherweise kann der Film jedoch sämtliche von den Protagonis-
ten vertretenen Positionen – und es sind aufgrund der
miteinander rivalisierenden palästinensischen Gruppen
viele – verstehbar machen. Die psychologische Spannung entsteht weniger durch den an Action nicht
armen Plot, als durch die Vermischung von Zuneigung,
Empathie und Ausbeutung in der engen Beziehung zwischen einem sympathisch dargestellten israelischen
Geheimdienstler und einem jugendlichen palästinensischen Informanten, dem eigentlichen Sympathieträger,
für dessen innere Zerrissenheit nur der ihn instrumentalisierende Israeli Verständnis hat. Das in seiner Archaik »pasolineske« Finale verdeutlicht die individuelle
wie auch kollektive Verstricktheit in einen nicht auflösbar erscheinenden Konflikt.
▶ Sonntag, 18. Oktober 2015, 17.30 Uhr | Einführung:
Salek Kutschinski, Katharina Leube-Sonnleitner
No Country for Old Men | USA 2007 | R+B: Ethan und
Joel Coen, nach dem Roman von Cormack McCarthy |
K: Roger Deakins | M: Carter Burwell | D: Tommy Lee
Jones, Javier Bardem, Josh Brolin, Woody Harrelson,
Kelly Macdonald | 122 min | OmU | Die erste Romanverfilmung der Coen-Brüder gleicht einem »intertextuellen
Tanz«, in dem die Vorlage von Cormack McCarthy eine
postmoderne Reinszenierung findet, ein Spiel mit dem
Genre. Der Film unterläuft die klassische Westerntradition, die sich ja immer auf einen hintergründigen Moraldiskurs bezieht, indem er Relikte vertrauter Westernfiguren zitiert wie den Lawman, den Cowboy und den Hit-
Film und Psychoanalyse
BABEL
Film und Psychoanalyse: Borderlands
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Film und Psychoanalyse
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man, und sie zugleich dekonstruiert. Sheriff Bell, der
positive Held des Films, ist von Anfang an der Unterlegene – nicht nur weil er der Kälte des Killers Chigurh
nicht gewachsen ist, sondern weil seine eigene Identität im Borderland der texanischen Wüste sich ins Absurde verwandelt. Ist Chigurh Repräsentant der affektfreien, eiskalten Rationalität, so werden die klassischen
Cowboys neben ihm zur entleerten Folklore. Frauen
werden als einzig authentisch Liebende gezeigt, aber
auch sie haben kaum eine Chance des Überlebens. Die
filmpsychoanalytische Lektüre des raffiniert komponierten Films und seiner subliminalen Botschaften zeigt,
wie er im Zuschauer die Verlassenheit des Säuglings
auslöst, der sich der Dürre ausgeliefert wähnt und
keine Beziehung zu einer leben- und sinnspendenden
Brust aufnehmen kann.
um Frankfurt/Oder. Der preisgekrönte, fast dokumentarisch anmutende Film lässt uns eintauchen in die notgeborenen Verwicklungen von Menschen, die versuchen, sich durch Schlepperei, Schmuggel, Prostitution
▶ Sonntag, 22. November 2015, 17.30 Uhr | Einführung:
und Hehlerei über Wasser zu halten. Grenzgebiet und
Grenzsituationen der Akteure und die zwischenmenschliche Gewalt werden verstörend eindringlich abgebildet,
ohne uns den Ausweg einer billigen Identifikation oder
Bewertung anzubieten.
Andreas Hamburger
Sadilishteto (Judgment – Grenze der Hoffnung) |
Bulgarien 2014 | R: Stephan Komandarev | B: Stephan
Komandarev, Marin Damjanov | K: Krasimir Andonov |
M: Stefan Valdobrev | D: Assen Blatechki, Ovanes Torosjan, Ina Nikolova, Predrag Manojlovic, Paraskeva Djukelova | 107min | OmU | Der Milchfahrer Mityo lebt in
einem kleinen bulgarischen Dorf unweit der Grenze zur
Türkei. Seit dem kürzlichen Tod seiner Frau hat er ein
schwieriges Verhältnis zu seinem 18-jährigen Sohn
Vasko. Als dann auch noch die Hypothek eingefordert
wird und er zusätzlich seinen Job verliert, scheint sein
Leben endgültig aus den Fugen zu geraten. Widerstrebend nimmt er das Angebot eines Ex-Armee-Hauptmanns an, illegale Einwanderer über die Grenze zu
schmuggeln. Verdrängte Erinnerungen und Schuldgefühle kommen hoch – denn schon früher hat Mityo an
dieser Grenze gedient. Ein Film um Fragen von Vergangenheitsbewältigung und Vergebung. Aus psychoanalytischer Sicht wird der Vater-Sohn-Konflikt in einer »vaterlosen Gesellschaft« thematisiert.
▶ Sonntag, 13. Dezember 2015, 17.30 Uhr | Zu Gast:
Stephan Komandarev | Einführung: Vivian PramataroffHamburger, Katharina Leube
Lichter | Deutschland 2003 | R: Hans-Christian
Schmid | B: Hans-Christian Schmid, Michael Gutmann |
K: Bogumil Godfrejow | M: The Notwist | D: August
Diehl, Herbert Knaup, Julia Krynke, Henry Hübchen,
Maria Simon, Devid Striesow | 105 min | In diesem
wirklichkeitsnahen Episodendrama erzählt Hans-Christian Schmid auf lakonisch-bedrückende Weise Geschichten aus dem deutsch-polnischen Grenzgebiet
▶ Sonntag, 17. Januar 2016, 17.30 Uhr | Einführung:
Mathias Lohmer, Corinna Wernz
Babel | USA 2006 | R: Alejandro González Iñárritu | B:
Guillermo Arriaga | K: Rodrigo Prieto | M: Gustavo Santaolalla | D: Brad Pitt, Cate Blanchett, Mohamed
Akhzam, Peter Wight, Harriet Walter | 143 min | OmU |
Nicht nur in der verstiegenen Höhe und der Enge des
mythologischen Turmes zu Babel, nach dem der Film
seinen Titel trägt, auch in der globalen Weite von Ländern und Kontinenten gibt es Konflikte durch Sprachverwirrung und Missverstehen. Verschiedene Kulturen,
Lebensformen sowie Lebensstandards liegen nebeneinander, sind getrennt und doch führen Begegnungen
an inneren und äußeren Grenzen zu unvorhersehbaren
Ereignissen, die miteinander verbunden sind. Der Unfall
stellt das Bindeglied in Inárrritus Episodenfilm dar und
führt vier Schicksale, die an und über Grenzen gehen,
zusammen. Ein amerikanischer Tourist kämpft um das
Leben seiner Frau in der Wüste Marokkos, eine mexikanische Kinderfrau will unbedingt wieder mit ihren beiden Zöglingen in die USA einreisen, eine taubstumme
Jugendliche versucht den Tod ihrer Mutter und die Verwicklung des Vaters darin in der Glitzerwelt Tokios zu
bewältigen. Erst die existenzielle Bedrohung zwingt
Protagonisten und Zuschauer dazu, die »Störung«
wahrzunehmen. Sie ermöglicht und fordert aber auch
Veränderung.
▶ Sonntag, 21. Februar 2016, 17.00 Uhr | Einführung:
Eva Friedrich, Heidi Spanl
Die Menschheit ist in Bewegung. Grenzüberschreitend.
Jeden Tag verfolgen uns die gleichen medialen Abbilder der Flüchtlingsbewegungen, die viele Schauplätze
kennt, wenngleich die Rolle der Flüchtlinge dabei meist
die gleiche bleibt, die des gestrandeten Opfers. Die
entsprechenden Bilder haben sich in unser kollektives
Gedächtnis eingespeist: überladene Boote, skrupellose
Menschenhändler, anonyme Massen armer Flüchtlinge.
Die Dramaturgie der wiederkehrende Bilder, die Komposition der Einstellungen eine einzige Schleife ewiger
Wiederholungen. Was erzählen sie uns über die Menschen und über die Verhältnisse aus denen sie fliehen
und was über uns, die scheinbar unbeteiligten Beobachter, die glauben, zwischen Projektion und Realität
unterscheiden zu können? Ob wir Bewohner der westlichen Hemisphäre das Fluchtgeschehen voller Empathie oder eher mit Ablehnung betrachten, immer bleibt
es eine muntere Quelle unserer subjektiven wie kollektiven Imaginationen. Phantomschmerzen inklusive. Ein
Fall für den Psychiater oder für das Kino.
Die Beschäftigung mit Migrationsbewegungen und die
Suche nach einem vor politischer Unterdrückung,
Gewalt und Armut freiem Leben ist seit langem ein
wichtiges Thema für den Spiel- wie den Dokumentarfilm. Ein Stoff, der zumeist aus armen Flüchtlingen
Menschen mit Plänen und Strategien werden lässt. So
aktuell das Thema auch ist, die Qualität eines Films
über Flucht und Asyl lässt sich nicht auf die vermeintliche Authentizität der Darstellung oder die Korrektheit
der politische Message reduzieren. Differenzierte Bli-
cke auf Realitäten jenseits unser Erfahrungswelten sind
noch immer die Ausnahme. Und dann geht es vor allem
um »unsere« Projektionen und unser Befremden, mit
denen wir auf diese scheinbar unbekannte Welt schauen. Scheinbar, denn diese Welt ist uns nicht gar so unbekannt, denkt man daran, dass in den 1950er-Jahren
etwa 16 Prozent der westdeutschen Bevölkerung über
einen Flucht- oder Vertreibungshintergrund verfügten.
Bewegung, Entkommen, Fliehen – das sind Urmotive
der Filmgeschichte. Die Flucht ist die Bewegung des
Menschen (und des Tieres) in ihrer nackten Form: eine
Bewegung zum Überleben!
Klaus Blanc
De l’autre côté (Jenseits von Sonora – Mexiko) |
Frankreich 2002 | R+B: Chantal Akerman | K: Chantal
Akerman, Robert Fenz, Raymond Fromont | 103 min |
OmeU | Ganz unaufgeregt und unsentimental beobachtet Chantal Akerman den tagtäglichen Kampf an der
Grenze zwischen USA und Mexiko, einen Kampf, der
vor allem dem Feind »Flüchtling« gilt. Einer wahrlich
grenzenlosen Bedrohung. »Give a sense of time and
place«. Der aufgeregten Paranoia der Nachrichtensender, den endlosen Debatten über neue Strategien wie
Technologien der Abschottung stellt die belgische Regisseurin in ihrem sich betont langsam entwickelnden
Dokumentarfilm einen Film gegenüber, der zum Hinsehen zwingt. Akerman: »Sie behandeln sie wie Kriegsgefangene – mit dem Unterschied, dass die Einwanderer gar nicht wissen, dass sie sich im Krieg befinden.«
▶ Dienstag, 3. November 2015, 18.30 Uhr
Flucht und Zuflucht
HARRAGAS
Flucht und Zuflucht
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Flucht und Zuflucht
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Jaurès | Frankreich 2012 | R+B: Vincent Dieutre | K:
Vincent Dieutre, Jeanne Lapoitrie | Mit Eva Truffaut, Vincent Dieutre | 83 min | OmU | Ein Blick aus dem Fenster einer Pariser Wohnung: Was mag er über einen globalen Konflikt offenbaren? In Vincent Dieutres essayistischem Film JAURÈS gelingt es dem Regisseur, die aufdringlich lärmende Welt der Katastrophen und Kriege
mit den persönlichen Irrungen und Sehnsüchten eines
mitteleuropäischen Ichs zu verbinden. Der Blick auf die
»Anderen«, auf eine Schattenwelt aus Plastikbahnen
und Kartons am Ufer eines Seine-Kanals, gebaut von
Flüchtlingen, und die Klage über eine verlorengegangene Liebe verstehen sich im Sehnen nach einem anderen Zustand, einer anderen Welt. Gekonnt verschiebt
Dieutre die Ebenen, spielt virtuos mit sich überlagernden Tonspuren.
▶ Dienstag, 10. November 2015, 18.30 Uhr
Le Havre | Frankreich 2011 | R+B: Aki Kaurismäki | K:
Timo Salminen | D: André Wilms, Kati Outinen, JeanPierre Darroussin, Blondin Miguel, Elina Salo | 93 min |
OmU | Für Sozialreportagen sei er zu sensibel, so Aki
Kaurismäki in einem Interview. Die Abbildung dessen
was ist, überlässt der finnische Regisseur den Medien.
In LE HAVRE schafft er einen neuen Raum für das, was
sein könnte, sein sollte. Konsequent taucht er die Geschichte einer Suche nach einem entwischten Flüchtlingsjungen in der nordfranzösischen Hafenstadt in ein
hell-heiteres Sommerlicht. So verspielt, so greifbar nah
scheint hier die Möglichkeit eines solidarischen Miteinanders, ohne Pathosformel. So frei kann nur jemand
wie Aki Kaurismäki erzählen, der seinen politischen
Zorn über die demütigende Behandlung der afrikanischen Flüchtlinge in einen federleichten Tagtraum zu
transformieren weiß.
▶ Dienstag, 24. November 2015, 18.30 Uhr
La Pirogue (Die Piroge) | Senegal 2012 | R: Moussa
Touré | B: Eric Névé, David Bouchet nach einem Roman
von Abasse N’dione | K: Thomas Letellier | D: Souleymane Seye Ndiaye, Laïty Fall, Malaminé Dramé, Balla
Diarra, Salif Diallo | 93 min | OmU | »Im Senegal hat
sich eigentlich aus jeder Familie jemand mit einem
Boot auf den Weg gemacht, um sein Glück in Europa zu
suchen«, sagt Regisseur Moussa Touré. Wir kennen die
Bilder der unzähligen überfüllten Boote, die die Küsten
Europas zu erreichen versuchen. Eine gesichtslose
Masse von Elendsgestalten in Schlauchbooten. LA PIROGUE, entstanden nach dem gleichnamigen Buch von
Abasse N’dione, zeichnet ein anderes Bild: das Bild von
einem pragmatischen Kontinent und von jungen Män-
nern und Frauen, die uns nur deswegen fremd sind,
weil wir ihre Geschichte(n) nicht kennen und uns auch
bisher nicht für diese interessiert haben.
▶ Dienstag, 1. Dezember 2015, 18.30 Uhr | Zu Gast:
Abasse N'dione
Harragas | Algerien 2009 | R+B: Merzak Allouache | K:
Philippe Guilbert | M: David Hadjadj | D: Lamia Boussekine, Nabil Asli, Samir El Hakim, Seddik Benyagoub,
Mohamed Terekkat | 95 min | OmeU | Wörtlich übersetzt bedeutet »harraga« schlicht »verbrennen«. Die
»Harragas« nennt man in Algerien die Auswanderer, die
legal oder eben meist illegal als Bootsflüchtlinge das
Land verlassen oder am liebsten verlassen würden,
also die meisten der 33 Millionen Algerier. Flüchtlinge,
die hinter sich alle Brücken abreißen und im Falle, dass
sie geschnappt werden, ihre Papiere verbrennen. Rachid, Nasser und Imene teilen diesen Traum. Gemeinsam bezahlen sie einen Schmuggler, der sie in seinem
morschen Kahn nach Spanien bringen soll. Lieber
nehmen sie den möglichen Tod im Meer in Kauf, als
tatenlos in der erzwungenen Perspektivlosigkeit zu erstarren.
▶ Dienstag, 8. Dezember 2015, 18.30 Uhr
Sin nombre | Mexiko 2009 | R+B: Cary Fukunaga | K:
Adriano Goldman | M: Marcelo Zarvos | D: Paulina Gaitan, Edgar Flores, Kristian Ferrer, Tenoch Huerta Mejía,
Luis Fernando Peña | 96 min | OmU | Endlose Züge
schaufeln Tag und Nacht namenlose Tagelöhner durch
die mittelamerikanischen Ebenen bis vor den Grenzzaun der »Estados Unidos«. In Cary Fukunagas Erstlingsfilm SIN NOMBRE verbinden sich Elemente des
Genrefilms, vor allem des Gangsterfilms, mit semidokumentarischen Sequenzen. So verschafft der Regisseur
uns Zuschauern vielleicht die Möglichkeit, die schier
nicht enden wollenden Grausamkeiten auf dem Treck
der Verheißung zu ertragen. Auch wenn wir wissen,
dass der harte Realismus dieses Films letztendlich nur
das blasse Abbild einer Welt ist, deren Realität wir nicht
sehen wollen, nicht sehen können.
▶ Dienstag, 15. Dezember 2015, 18.30 Uhr
Wolf-Eckart Bühler
Die Filme von Wolf-Eckart Bühler
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Ein Münchner Filmregisseur, über 40 Jahre in Schwabing wohnhaft, wenn auch oft auf Reisen und mit großer Neugier auf die Welt, nie im Rampenlicht, immer
ein sehr eigener Kopf – das ist Wolf-Eckart Bühler, ehemals Redakteur der Filmkritik. Seine drei Kinofilme liegen über 30 Jahre zurück, sie haben den Ruf, man
würde sie nie vergessen. Jeder von ihnen ist anders.
Zum Filmemachen kam Wolf-Eckart Bühler, so seltsam
das klingen mag, eher unwillig. Er hatte Theaterwissenschaften und Philosophie studiert, war bereits in jungen
Jahren viel herumgekommen und war alles andere als
ein verhinderter Filmemacher. Sein Medium war das
gedruckte Wort. Bühler schrieb über Filme, mit Herz
und Verstand, ziemlich scharfem Verstand und dialektisch geschultem Blick. Ab 1972 war er Redakteur der
Filmkritik. Legendär sind seine Hefte über John Ford,
Howard Hawks oder Piratenfilme, das mit Felix Hofmann entstandene Heft über Polizei, sein Text »Tod und
Mathematik« über Irving Lerner. Dessen MURDER BY
CONTRACT (DER TOD KOMMT AUF LEISEN SOHLEN,
1958) war ihm Anlass für eine weit über diesen Film
noir hinausreichende Analyse. Bühler interessierte sich
für die dunkle Seite Amerikas, für die Zeit der Hexenjagd in Hollywood, der blacklist und der Berufsverbote,
für das Treiben des »Komitees gegen un-amerikanische Umtriebe« (House Committee on Un-American
Activities, kurz HUAC). Bühler wurde zu einem Advokaten der Gegengeschichte. Sein »Naming Names« galt
den Vergessenen und Verfemten, zwei seiner Kinofilme
porträtierten einen Mann zwischen allen Stühlen – den
Schauspieler Sterling Hayden.
Ohne Werner Dütsch vom Westdeutschen Rundfunk
aber wäre er wohl nie zum Filmemachen gekommen,
ihm sei er zu großem Dank verpflichtet, sagt Bühler.
Dütsch mochte Bühlers Texte und bat ihn, doch »etwas«
für ihn zu machen. Der schlug ihm einen Film über den
alten, völlig unbekannten amerikanischen Marxisten
und Dokumentarfilmer Leo Hurwitz (1909 –1991) vor.
Hurwitz hatte damals noch nicht DIALOGUE WITH A
WOMAN DEPARTED (1981) gemacht, war vergessen.
Dütsch zog sein Angebot nicht zurück. So entstand
FILME FÜR EIN ANDERES AMERIKA (1980). Es folgte INNERE SICHERHEIT (1981) über Abraham Polonsky, vom
FBI-Chef J. Edgar Hoover als »The Most Dangerous Ci-
Wolf-Eckart Bühler
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tizen« stigmatisiert und ebenfalls auf Hollywoods blacklist gesetzt. Beide Filme sind Musterbeispiele dessen,
was die Dritten Fernsehprogramme einmal geleistet
haben. Beide sind sie Prototypen, Bausteine eines kritischen Gedächtnisses, das die Zeiten zu überdauern
vermag. (So wie übrigens Bühlers Filmkritik-Texte
immer noch eminent lesbar sind.)
Anfang der 1980er-Jahre arbeitete er an einem Buch
über das »Komitee gegen un-amerikanische Umtriebe«,
ebenso wenig vollendet wie das epochale über »Marx &
Amerika«. Aus dieser Beschäftigung aber entstand ein
Interesse an dem damals vor dem HUAC-Tribunal als
»freundlicher Zeuge« aufgetretenen Sterling Hayden
und dessen Autobiografie »Wanderer«. Bühler fand das
Buch so aufregend, dass er daraus seinen Film DER
HAVARIST (1983) entwickelte. Konzept und Drehbuch
sahen vor, Haydens Stimme so ernst zu nehmen wie
Straub & Huillet ihren Pavese oder die griechischen
Klassiker – so groß ist tatsächlich das darin aufgewühlte Lebensdrama. Bühler wusste, dass Hollywood
sich bereits mehrfach für eine Verfilmung interessiert
hatte, sogar mit Robert Redford als Hauptdarsteller. Ihm
war klar, dass er Hayden persönlich überzeugen
musste. Ihn aufzuspüren, dauerte beinahe ein Jahr.
Hayden war damals 65 Jahre alt, hatte sich Hollywood
entzogen, trieb sich oft in Europa herum, wo Bertolucci
ihn etwa als Patriarch der Landarbeiter in NOVECENTO
(1976) inszenierte, ankerte mit seiner alten holländischen Barkasse auf dem Doubs bei Besançon. Hayden
las das Skript, war begeistert, schenkte Bühler die
Rechte, meinte dann am zweiten Abend, wie schade es
doch sei, dass niemand ihr Treffen in Bild und Ton festhalten würde. Binnen weniger Tage organisierte Bühler
eine telegrafische Zusage von Werner Dütsch für einen
45-Minuten-Film sowie ein Team, das die Gagen zurückstellte, und war eine Woche später zurück. Sie hatten ganze fünf Drehtage; eines Nachts fiel Hayden betrunken in den Fluss, wurde nur knapp gerettet.
Hayden war jede Minute des Drehs betrunken oder
bekifft, aber redet im Film mit der Klarheit eines Erzengels, sitzt da mit gewaltigem Bart und wilder Mähne,
wettergegerbt, barfuß, zugedröhnt. Ein König ohne
Land und Untertanen. Eine Shakespeare-Gestalt. »Pharos of Chaos« (Leuchtturm des Chaos), der Titel eines
unvollendet gebliebenen Hayden-Buches, gab dem aufwühlenden Dokumentarfilm den Titel. Hayden sah sich
den Film ein Jahr später an, alleine in einem Kino,
schwieg lange im Restaurant, wo er sich mit dem Regisseur traf, meinte dann, der Film sei gut, richtig gut
und wahrhaftig, nie mehr in seinem Leben aber wolle
er ihn sehen, sich auf solche Weise begegnen müssen,
derart auf dem Boden der Existenz. Schonungslos redet
Hayden im LEUCHTTURM über die Folgen seines Verrats, über die Unmöglichkeit, sich so etwas je verzeihen
zu können. »Shirley« nennt er sich immer wieder. Eine
Memme. Ronald Reagan, damals (erst) Präsident der
US-Schauspielergilde, hatte ihm nach der Aussage ein
Telegramm geschickt: »Sterling, ich bin stolz auf dich!«
Hayden war im Zweiten Weltkrieg OSS-Offizier gewesen, hatte Titos Partisanen mit einer von Süditalien aus
operierenden Nachschubflotte unterstützt und den Zusammenhalt der Kämpfer direkt erlebt, war 1946 für
ein halbes Jahr der Kommunistischen Partei Amerikas
beigetreten. »Quest« (Suche) hatte er das an diesem
Tag gekaufte Schiff getauft. »Nicht viele können von
sich sagen, diese zwei Dinge an einem Tag gemacht zu
haben«, meinte er dazu. 18 Schiffe besaß er im Lauf
seines Lebens, dreimal umrundete er den Globus. Er
liebte es, in rauester See zu segeln, er war ein Windjammermann, das Fieber der Schiffe hatte ihn schon
jung ergriffen, im entfesselten Nordatlantik, bei den Fischern von Neuengland, den Gloucestermen. Sein
Zweimaster Wanderer gab dem schonungslosen Buch
der Selbstabrechnung den Titel, literarisch hochrangig,
der Beat Generation ebenso zuzurechnen wie den großen Autoren der Ozeane. Bis heute hat sich dafür kein
deutscher Verlag gefunden. Ebenso wenig wie für
»Voyage. A Novel of 1896«, Haydens »großen amerikanischen Roman« über zwei Schiffspassagen, die eine
durch die Südsee nach Japan, die andere um Kap
Hoorn, zugleich eine Klassengeschichte Amerikas und
der Arbeiterbewegung.
Bühler widmete Hayden noch einen weiteren Film, in
dem er ganze Passagen aus »Wanderer« textgetreu inszenierte. Titel der Unternehmung: DER HAVARIST.
Heute noch beklemmend, die ebenso wörtlich übernommene szenische Inszenierung von Haydens Aussage vor dem HUAC-Komitee. Es war ein Low-BudgetFilm, produziert von einem jungen Martin Moszkowicz
am »Ende einer Epoche« (Rainer Gansera), im Herbst
des Neuen Deutschen Films, als das Autoren- durch
das Produzentenkino verdrängt wurde. Bühler weiß von
keiner Einmischung zu berichten, freilich sei Moszkowicz klar gewesen, dass hier kein Kassenschlager am
Entstehen sei.
Bühler wollte aus Haydens Drama kein Rührstück machen. DER HAVARIST ist ein politischer Film – heute
sogar mehr denn je. Der »McCarthyismus«, das macht
Bühler klar, ist kein historisches, sondern ein alltägliches Phänomen, Anpassung und Selbstverrat sind
überall. »Haydens Geschichte soll der Anlass sein, uns
selber in Frage zu stellen«, meinte Bühler, der die
Hauptrolle dreifach besetzte: mit dem damals umstrittenen Burkhard Driest (dialogische Ebene), mit dem bekennenden DKP-Mitglied Hannes Wader (erzählerische
Ebene) und mit Rüdiger Vogler (monologisch und reflektierend). Driest hielt seinen Sterling Hayden stets für
seine beste und sinnvollste Rolle. Hannes Wader in der
Zeit der Berufsverbote vor die Kamera zu holen, war ein
politisches Statement. Rüdiger Vogler muss man erlebt
haben, wenn er, von bodenloser Nachdenklichkeit erfüllt, einen der Schlüsselsätze des Films spricht: »Aber
was, wenn der Schauspieler den größten Teil seiner
Schauspielerei gar nicht vor der Kamera verrichtet –
wenn er vor der Kamera noch am allerwenigsten
Schauspieler ist?«
Bühler suchte nicht nach Stoffen, um daraus Filme machen zu können. Es sei immer umgekehrt gewesen.
»Erst ist ein Stoff da, ein Sujet, das mich fasziniert,
dann wird ein Film daraus«, beschreibt er den Prozess.
»Die Nachwirkungen des Krieges gegen Vietnam sichtbar machen« (Felix Hofmann), das unternimmt der mit
minimalstem Budget in Thailand gedrehte dokumentarische Spielfilm AMERASIA (1985). Bühler stellt darin
zwei ganz unterschiedliche Arten von Opfern dieses
Krieges einander gegenüber – die in Thailand gestrandeten amerikanischen Ex-GIs und die von US-Soldaten
gezeugten, in Waisenhäuser abgeschobenen Kinder,
die dem Krieg ihr Leben, aber auch ihre Heimatlosigkeit
verdanken.
In diesem Film spielen alle Darsteller sich selbst. Der
Vater der thailändischen Hauptdarstellerin war amerikanischer Soldat, alle anderen sind das, was sie wirklich
sind: Barbesitzer, Farmer, Nichtstuer, Journalisten, Tänzerinnen und Huren, Thai-Boxer, Söldner … jeder von
ihnen, und jeder auf seine Weise, ein Opfer des Vietnamkrieges. Heimlich-unheimliche Zeugen einer dort
wie hier unerwünschten und unterdrückten Vergangenheit, fremd und unbehaust in einem Land, das ihnen
niemals Heimat sein kann. Hauptdarsteller John Anderson war zwei Jahre Soldat in Vietnam gewesen, hatte in
Haile Gerimas ASHES AND EMBERS (1982) einen Veteranen gespielt, der in den USA keine Heimat mehr findet. Mit und in AMERASIA holte ihn diese Vergangenheit direkt ein. Bühler: »Es war für ihn wie ein Schock,
er war zurückversetzt in die Zeit des Krieges. Er schlief
nur noch angezogen, in Stiefeln, genau wie damals,
immer bereit zum Aufspringen beim leisesten Alarm.
Tagsüber wartete er entweder stumm und apathisch
auf Befehle – ein Schauspieler und Soldat, und beides
zusammen –, oder er rebellierte vehement und mit monologischen Wortkaskaden, sah den Film zunehmend
als ein linksradikales, kommunistisches Komplott, identifizierte sich immer mehr mit allem Amerikanischem
vor Ort, wurde paranoider und abgestumpfter zugleich.« Ein Schauspieler, der immer weniger über sich
verfügt, in dessen ratlosem Gesicht sich auch der Betrachter spiegelt.
Asien und vor allem Vietnam hat Bühler danach immer
wieder bereist, zusammen mit seiner Lebensgefährtin
Hella Kothmann verfasste er den weltweit ersten und
bis heute informiertesten Reiseführer über Vietnam,
dies vor den Recherchemöglichkeiten des Internets. Im
September 2014 erschien die 12., vollständig aktuali-
Wolf-Eckart Bühler
Laurens Straub, Hans Noever, Wolf-Eckart Bühler, Burkhard Driest, Michael Krüger, Enno Patalas bei den Dreharbeiten zu DER HAVARiST
45
Wolf-Eckart Bühler
sierte Auflage. Hartnäckigen Gerüchten zufolge war
Bühler übrigens lange Jahre in Saigon Miteigentürmer
einer Bar namens Apocalypse Now.
Neben seinen drei Kinofilmen entstand gut ein halbes
Dutzend Fernsehdokumentationen, darunter ein Film
über Paolo Conte, keine von ihnen Ware von der
Stange. Seine Haltung als Filmemacher artikulierte
Bühler so: »Die Qualität eines Filmes bemisst sich nicht
an der Anzahl der Probleme, die er ›aufwirft‹ oder zu beantworten versucht, noch an der Stringenz der vorgefassten Meinungen, die er bestätigt oder verwirft, sondern an der exemplarischen Tragweite der Fragen, die
er provoziert.«
Alf Mayer
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Leo T. Hurwitz: Filme für ein anderes Amerika | BRD
1980 | R: Wolf-Eckart Bühler | B: Wolf-Eckart Bühler,
Felix Hofmann | K: Andreas Köbner | 44 min | Leo T.
Hurwitz, 50 politische Filme ganz außerhalb der Filmindustrie, zeitweise Berufsverbot, Guerillakämpfer in
der kapitalistischen Welt, in keiner Filmgeschichte erwähnt. – Innere Sicherheit: Abraham Polonsky |
BRD 1981 | R+B: Wolf-Eckart Bühler | K: Carlos Bustamante, Karl Düttmann | 44 min | Abraham Polonsky, Regisseur und Drehbuchautor mit nur drei Filmen, aufgrund seiner Mitgliedschaft in der kommunistischen
Partei zwischen 1958 und 1968 auf der blacklist von
Hollywood. – Vietnam! Über den Umgang mit einer
leidvollen Vergangenheit | Deutschland 1994 | R+B:
Wolf-Eckart Bühler | K: Nguyen Cao Thanh, Nguyen
Thuoc | Mit Jim Steele, Dang Huu Phuc, Tran Bach
Dang, Le Minh Khue, Duong Quynh Hoa | 44 min | Die
Amerikaner gewannen Schlachten, verloren aber den
Krieg (den ersten ihrer Geschichte) und handelten sich
ein Trauma ein. Die Vietnamesen gewannen den Krieg,
verloren aber den Frieden.
▶ Donnerstag, 12. November 2015, 19.00 Uhr | Zu Gast:
Wolf-Eckart Bühler
Leuchtturm des Chaos I BRD 1982 I R: Wolf-Eckart
Bühler I B: Wolf-Eckart Bühler, Manfred Blank I K: Bernd
Fiedler I Mit Sterling Hayden I 118 min I Die New York
Times sah hier »documentary film making at its most
laissez faire«. Tatsächlich entstand der Film spontan
und aus der hohlen Hand, allerdings mit einem in der
Sache höchst vorbereiteten Filmemacher. Wolf-Eckart
Bühler hatte Hayden auf einer Barkasse in Frankreich
ausfindig gemacht, um sich die Filmrechte für dessen
Autobiografie »Wanderer« zu holen, hatte das darauf
beruhende Drehbuch dabei, was den ehemaligen Hollywoodstar dazu brachte, ihn zu einer schnellen Dokumentation einzuladen. So entstand ein schonungsloses
Porträt, das sich meilenweit von anderen unterscheidet.
Ein einzigartiges Dokument der Filmgeschichte.
▶ Freitag, 13. November 2015, 18.30 Uhr | Zu Gast: WolfEckart Bühler
Der Havarist I BRD 1983 I R+B: Wolf-Eckart Bühler,
nach der Autobiografie »Wanderer« von Sterling Hayden I K: Peter Gauhe I M: Konstantin Wecker I D: Burkhard Driest, Rüdiger Vogler, Hannes Wader, Hans
Michael Rehberg, Edgar Selge, Kristina van Eyck I
100 min I Die selbstkritische Autobiografie des Seefahrers, Partisanenkämpfers, Hollywood-Stars, Kommunisten und FBI-Kollaborateurs Sterling Hayden als Literaturverfilmung, Tiefenanalyse, politisches Lehrstück, Exkurs in den Film noir, im Geiste von Straub & Huillet,
von Brecht, Peter Weiss und Kellers »Grünem Heinrich«.
Anders als der spontan entstandene LEUCHTTURM ist
dies ein geradezu symphonisch gefügtes Werk, die
Titelrolle auf drei Schauspieler aufgespalten, die Musik
von Konstantin Wecker komponiert, das heftige Klavierstück zu Beginn eine Deklination des wilden Ritts, der
die Zuschauer erwartet. Ein Low-Budget-Film, produziert von einem jungen Martin Moszkowicz, der ebenso
eine Rolle übernahm wie Klaus Emmerich, Michael Krüger, Dieter Schidor, Hans Noever, Enno Patalas, Laurens
Straub, Hans Günther Pflaum oder Roger Fritz.
▶ Samstag, 14. November 2015, 18.30 Uhr | Zu Gast:
Wolf-Eckart Bühler
Amerasia I BRD 1985 I R+B: Wolf-Eckart Bühler I K:
Bernd Fiedler I M: Terry Allen, Surachai Jantimatorn I D:
John Anderson, Gilian Tuyudee Hornett, Surachai Jantimatorn, Terry Allen, Alan Dawson I 97 min I engl. OF |
Bühler reflektiert den Vietnamkrieg dort, wo er komplexe Spuren hinterließ: auf dem ehemaligen US-Flugzeugträger Thailand. Dort, wo Babykiller Babys machten, die niemand haben will. Die Musik stammt von
Terry Allen, einem der größten Einzelgänger der Countrymusik. »Bühler vermeidet, seine Figuren zu diffamieren, obwohl er es sich und den Zuschauern damit hätte
leichter machen können. Aber der Weg zur Wahrheit ist
nie der leichteste. Bühler verstellt uns nicht den Blick
durch Vorurteile, erkundet statt dessen die verschiedenen Gesichter einer Wahrheit und weist nach, wie die
GIs und die Südostasierinnen, die sie mit ihren Kindern
haben sitzenlassen, von der gleichen Heimatlosigkeit
getrieben werden; wie Schuld und Verdrängung in
einen Teufelskreis münden, dem keiner entfliehen
kann.« (Michael Althen)
▶ Sonntag, 15. November 2015, 18.30 Uhr | Zu Gast:
Wolf-Eckart Bühler
Wird es irgendwann einmal besser? Diese Frage, die in
Radu Judes Film AFERIM! zum Ende hin resignierend
verneint wird, bestimmt in der Regel das Leben von
Menschen und Staaten gleichermaßen. Wenn man
nicht dazu verurteilt ist, einfach Tag für Tag das Allernötigste zum Überleben zusammenzukratzen, dann tauchen Horizonte und Perspektiven auf, und man beginnt,
Vergleiche anzustellen. Wie war es früher, wie ist es
jetzt, wie könnte es einmal sein? Judes List besteht
darin, dass er diese Frage weit in die Vergangenheit
verlegt. AFERIM! spielt 1835, die dazu gehörende
Ästhetik ist ein panoramatisches Schwarzweiß in
einem Historienfilm mit Hintersinn. Zwei Reiter jagen
einen entflohenen Sklaven. Sie durchqueren ein Land,
das noch tief im Feudalismus steckt, sind selbst aber
Agenten der Aufklärung. Vergleichbar den Pilgern in Buñuels MILCHSTRASSE, führen sie unterwegs allerlei
philosophierende Gespräche, vor allem der Polizist Costandin erweist sich als Humanist, ohne sich selbst darüber eigentlich Rechenschaft zu geben.
AFERIM!, der auch mit seinem Titel (ein altes türkisches
Wort für »Bravo«) auf die tiefe »orientalische« (osmanische) Verwurzelung Rumäniens anspielt, ist eine herausragende Ausnahme in einem neueren rumänischen Nationalkino, das in seinen Kernfächern nach
wie vor stark auf konsequent präsentisches Erzählen
setzt. Damit sind Filme von Radu Muntean, Corneliu Porumboiu, Dan Chişu oder Anatol Durbală gemeint, die
sich alle durch eine lineare Strukturierung auszeichnen:
sie beginnen an einem Punkt, und bewegen sich dann
Schritt für Schritt zu einem nächsten, sammeln dazwischen allerdings einen enormen Reichtum an Details
ein. Muntean ist dieses Mal der Position des Formalis-
ten Chişu näher, wenn er sich vor allem auf einen Mann
namens Patrascu konzentriert, der wichtige Beobachtungen zu einem Mordfall »ein Stockwerk tiefer« macht,
diese aber für sich behält. Man sieht im gleichnamigen
Film eine rumänische Mittelschicht, die sich mühsam
über Wasser hält, mit einem Service-Betrieb, der viel
Stress macht und dauerndes Improvisieren verlangt.
Und man sieht, wie eine Erzählung an allen Ecken und
Enden Einfallstore für Projektionen lässt, wenn sie bewusst sparsam »ausformuliert« ist, also sich eher an
der fragmentierten individuellen Wahrnehmung orientiert als an dem Überblicksversprechen des realistischen Romans. Chişu, der auch schon mit Echtzeit und
Subjektivität experimentiert hatte, widmet sich in BUKAREST NONSTOP einer klassischen Form: dem Vielpersonendrama mit zahlreichen Handlungsfäden, konzentriert auf eine Nacht und einen Imbiss neben einem
Wohngebäude, das zahlreiche Schicksale enthält.
Es ist aber einmal mehr Corneliu Porumboiu, der in
DER SCHATZ alle diese latent experimentellen Interessen des rumänischen Kinos in einer täuschend simplen
Geschichte zusammenfasst, die zugleich linear und voller Anspielungen auf Geschichtlichkeit ist. Ein verschuldeter Mann bringt seinen Nachbarn dazu, ihm bei einer
Grabung auf einem Grundstück in der Provinz zu helfen.
Es liegt zufällig in dem Ort, in dem Rumäniens erste
bürgerliche Revolution 1848 einen konstitutionellen Akt
vollzog. Was in Islaz aus der Erde kommt, hat den Charakter einer ganz anderen Pointe, spielt jedoch auf bürgerliche Zeitmaße an, die in Rumänien wie in so vielen
anderen Ländern durch Revolutionen, Regimewechsel,
imperiale Umbrüche immer wieder Zäsuren erlebten.
Die Frage, ob es irgendwann einmal besser wird, lässt
Rumänisches Filmfestival
Rumänisches Filmfestival
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Rumänisches Filmfestival
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sich jedenfalls nicht permanent durch die Hoffnung auf
ein Wunder (oder einen Schatz) verdrängen.
Für das rumänische Kino sind die Umstände etwa seit
der Jahrtausendwende definitiv besser geworden. Die
als Neue Welle bezeichnete Generation von Regisseuren begann damals, mit ersten Arbeiten auf sich aufmerksam zu machen. Zugleich ist dieses Datum aber
auch zu einer neuen Orthodoxie geworden, die dazu
beiträgt, dass das internationale Publikum längere Entwicklungslinien und Kontinuitäten übersehen könnte,
die vor 2000 zurückreichen. Die Begegnung mit Stere
Gulea in München im Jahr 2014 war ein Versuch, sich
nicht zu stark von den geläufigen Periodisierungen lenken zu lassen. Eine ähnliche Funktion kommt in diesem
Jahr der Präsentation zweier Filme von Nae Caranfil zu.
Er hat 2013 mit NÄHER ZUM MOND eine kommerzielle,
internationale Koproduktion vorgelegt, die doch in
hohem Maß mit spezifisch rumänischen Erfahrungen
zu tun hat: Vera Farmiga spielt die Hauptrolle in einer
Bande jüdischer ehemaliger Widerstandskämpfer, die
1959 in Bukarest einen spektakulären Geldraub begehen. Sie geben sich dabei als Filmteam aus und müssen später, angesichts ihrer drohenden Hinrichtung,
den Raub noch einmal für einen Propagandafilm »drehen«. So entsteht eine vielschichtige Reflexion auf bürokratischen Antisemitismus, inflationäre Finanzen und
das vergeudete Erbe des Antifaschismus. Caranfil hat
seinen ersten Film NICHT AUS DEM FENSTER LEHNEN!
schon 1993 als Koproduktion mit Frankreich gedreht,
er steht für eine Alternative zu den häufig konzeptuell
denkenden Stars der Nouvelle Vague Roumaine, und es
wird spannend zu beobachten sein, ob sich sein Begriff
von Mainstream zu behaupten vermag.
Eine vielfältige nationale Filmproduktion lässt sich natürlich nicht in eine simple Alternative zwischen reflektiertem Festivalkino und zugänglicherem Mainstream
zwängen. Das zeigt sich in diesem Jahr an Beispielen
wie EIN PASS FÜR DEUTSCHLAND von Răzvan Georgescu, einem klassischen Dokumentarfilm über ein Kapitel des späten Kommunismus, oder an DAS WEISSE
TOR von Nicolae Mărgineanu, einem Historienfilm über
Lagerinsassen, die 1949 die Repressionen des sich
etablierenden Regimes erleiden. Jugendliche Protagonisten bilden eine Verbindung zur heutigen Gegenwart,
denn sie würden heute zur aussterbenden Generation
der letzten Zeugen gehören. DAS WEISSE TOR könnte
so etwas wie der rumänische Archipel GULAG sein, und
gehört in den größeren Zusammenhang der Aufarbeitung der kommunistischen Verbrechen.
Eine weitere Möglichkeit, sich simplen Alternativen zu
entziehen, suchen die »Individualisten«. Dazu könnte
man Andrei Creţulescu zählen, der mit seiner Kurzfilmtrilogie, die 2015 mit RAMONA abgeschlossen wurde,
einen vertrackten Zusammenhang aus narrativen Fäden und populärkulturellen Anspielungen entwarf, der
ihm das Etikett eines rumänischen Tarantino eintragen
könnte. Auch Bogdan Mustaţă gehört dazu, der mit
WOLF einen ungewöhnlichen psychologischen Genrefilm vorgelegt hat, in dem die Phantasien eines Teenagers sich wuchernd über eine typische Nachbarschaftsgeschichte legen, wie sie durchaus ähnlich in
EIN STOCKWERK TIEFER angelegt ist, dort aber ganz
anders entwickelt wird.
Wird es irgendwann einmal besser? Diese Frage stellt
sich jungen Menschen mit anderer Dringlichkeit als älteren, weil sie die Zeitmaße noch nicht so abschätzen
können. Das rumänische Kino gibt mit seinem Reichtum an formalen Ansätzen eine Ahnung davon, dass die
Frage vielleicht falsch gestellt ist. Wenn es einem Menschen, einem Land irgendwann einmal besser geht,
dann wird es erst recht darauf ankommen, die vielen
Opfer nicht zu vergessen, die eine blinde Geschichte
immer wieder fordert. Das Kino bringt dieser Geschichte das Sehen bei, zahlt dafür aber oft einen Preis:
eine Melancholie, gegen die man nur in den besten
Momenten Witz aufbieten kann.
Bert Rebhandl
Ein Programm in Kooperation mit der Gesellschaft zur Förderung der Rumänischen Kultur und Tradition e.V., München und
dem Centrul Naţional al Cinematografiei, Bukarest.
O umbră de nor (Schatten der Wolken) | Rumänien
2013 | R: Radu Jude | B: Radu Jude, Florin Lăzărescu |
K: Marius Panduru | D: Alexandru Dabija, Mihaela Sîrbu,
Şerban Pavlu | 30 min | OmeU | Tragikomödie über
letzte Riten. – Trece şi prin perete (Es geht durch die
Wand) | Rumänien 2014 | R+B: Radu Jude | K: Marius
Panduru | D: Sofia Nicolaescu, Ion Arcudeanu, Gabriel
Spahiu | 16 min | OmeU | Der Film basiert auf einer
Kurzgeschichte von Anton Čechov und enthält den erzählerischen Kern zu AFERIM! – Aferim! | Rumänien
2015 | R: Radu Jude | B: Radu Jude, Florin Lăzărescu |
K: Marius Panduru | D: Teodor Corban, Mihai Comănoiu,
Cuzin Toma, Victor Rebengiuc, Luminița Gheorghiu |
108 min | OmU | Ein Western aus der Walachei: Die
beiden Hauptfiguren sind Kopfgeldjäger. Das Geld wird
schließlich für ein anderes Körperteil gezahlt.
▶ Donnerstag, 26. November 2015, 19.00 Uhr | Zu Gast:
Produzentin Ada Solomon, Teodor Corban
Pasaport de Germania (Ein Pass für Deutschland) |
Rumänien 2014 | R+B: Răzvan Georgescu | K: Alexan-
▶ Freitag, 27. November 2015, 18.30 Uhr | Zu Gast: Pro-
duzentin Ada Solomon
Un etaj mai jos (Ein Stockwerk tiefer) | Rumänien
2015 | R: Radu Muntean | B: Răzvan Rădulescu, Alexandru Baciu, Radu Muntean | K: Tudor Lucaciu | D:
Teodor Corban, Iulian Postelnicu, Oxana Moravec, Ionuț
Bora, Ioana Flora, Mihaela Sîrbu | 92 min | OmU | Rätselhafte Motivationen bilden das Gerüst dieses eigenwilligen Films, halb Psychothriller, halb typisches Stationendrama. Patrascu, ein Mann in mittleren Jahren mit
mittleren Sorgen und mittlerem Übergewicht, enthält
sich in einem entscheidenden Moment einer Zeugenaussage, nachdem sich in dem Haus, in dem er mit
Frau und Sohn wohnt, ein Todesfall ereignet hat, der
vermutlich ein Mord war.
▶ Freitag, 27. November 2015, 21.00 Uhr | Einführung:
Bert Rebhandl | Zu Gast: Teodor Corban
È pericoloso sporgersi! (Nicht aus dem Fenster lehnen!) | Rumänien 1993 | R+B: Nae Caranfil | K: Christian Comeaga | D: Nathalie Bonnifay, George Alexandru,
Marius Stanescu, Valentin Teodosiu, Florin Calinescu |
104 min | OmeU | Drei Figuren (der Student, der Schauspieler, der Soldat) vermitteln in drei Kapiteln einen Eindruck von der Situation in Rumänien in den 1980erJahren. Dass die Tage dieses Regimes gezählt sein
könnten, erscheint undenkbar nur deswegen, weil die
Alternativen kaum tragfähiger wirken. Nae Caranfils
erster Film ist vor allem ein Zeugnis für den subversiven Witz, mit dem die Menschen sich nicht zuletzt über
ihren eigenen Mangel an Heldentum lustig machten.
müssen den Überfall noch einmal »inszenieren«, für
einen Propagandafilm über Verbrechen, das sich nicht
lohnt. Unterhaltungskino, das die Enttäuschung heroischer Antifaschisten über das antisemitische kommunistische Rumänien nach dem Krieg anklingen lässt.
▶ Samstag, 28. November 2015, 21.00 Uhr | Zu Gast:
Nae Caranfil
Scor alb (Unentschieden) | Rumänien 2015 | R+B:
Marius Olteanu | K: Luchian Ciobanu | D: Ioana Flora,
Alexandru Potocean | 28 min | OmeU – In the House |
Rumänien 2015 | R+B: Ana-Maria Comănescu | K:
Tudor Platon | D: Alexandru Sinca, Lucian Ionescu, Cosmin Teodor Pană | 16 min | OmeU – Bad Penny |
Rumänien 2013 | R+B: Andrei Creţulescu | K: Andrei
Butică | D: Şerban Pavlu, Dorian Boguţă, Andi Vasluianu
| 12 min | OmeU – Kowalski | Rumänien 2014 | R+B:
Andrei Creţulescu | K: Andrei Butică | D: Şerban Pavlu,
Dorian Boguţă, Andi Vasluianu | 18 min | OmeU –
Ramona | Rumänien 2015 | R+B: Andrei Creţulescu |
K: Andrei Butică | D: Rodica Lazăr | 20 min – Fünf Kurzfilme, die in ihrer Abfolge einen Weg von latenter über
erzählte zu ausgelebter Gewalt beschreiten.
▶ Sonntag, 29. November 2015, 18.30 Uhr
Comoara (Der Schatz) | Rumänien 2015 | R+B: Corneliu Porumboiu | K: Tudor Mircea | D: Cuzin Toma,
Adrian Purcarescu, Corneliu Cozmei, Cristina Toma, Nicodim Toma | 90 min | OmeU | Die Geschichte verschiedener Spekulationen, mit einer brillanten Pointe. Ein
Nachbar klopft bei Costi an und will Geld leihen. Dann
macht er einen Vorschlag: Er besitzt ein Grundstück auf
dem Land, auf dem vielleicht etwas Wertvolles vergraben ist. Die beiden Männer mieten einen Experten
▶ Samstag, 28. November 2015, 18.30 Uhr | Zu Gast:
Nae Caranfil
Closer to the Moon (Näher zum Mond) | Rumänien
2014 | R+B: Nae Caranfil | K: Marius Panduru | M: Laurent Couson | D: Vera Farmiga, Mark Strong, Harry
Lloyd, Anton Lesser, Christian McKay, Monica
Bârlădeanu | 112 min | engl. OF | 1959 staunt ganz
Rumänien über einen spektakulären Geldraub. Der Geheimdienst schlägt mit seinem Waffen zurück: Die Täter
mit Metalldetektor, und bald wird gebuddelt. Corneliu
Porumboiu schuf eine tiefsinnige Reflexion über historische Zeitmaße und individuelles Augenmaß.
▶ Sonntag, 29. November 2015, 21.00 Uhr | Einführung:
Bert Rebhandl
Rumänisches Filmfestival
dru Solomon | M: Remus Georgescu | Mit Heinz-Günther Hüsch, Hans-Dietrich Genscher, Klaus Kinkel,
Horst Teltschik | 88 min | OmU | Freiheit gegen Devisen:
Dieser Handel ermöglichte zwischen 1968 und 1989
etwa 250.000 Rumäniendeutschen die Ausreise aus
dem kommunistischen Regime. Der Film rekonstruiert
dieses Kapitel deutscher Ostpolitik und sozialistischer
Wirtschaftspolitik unter Verwendung von Zeitdokumenten und Interviews mit Beteiligten und Betroffenen.
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Poarta albă (Das weiße Tor) | Rumänien 2015 | R: Nicolae Mărgineanu | B: Oana Cajal, Nicolae Mărgineanu
| K: Mihai Sărbuşca | D: Cristian Bota, Sergiu Bucur,
Mădălina Craiu, Bogdan Nechifor, Marius Turdeanu |
96 min | OmeU | 1949: Drei junge Leute versuchen
nachts über die Donau aus Rumänien zu flüchten. Der
überwiegende Teil des Films, gedreht in einem alles
andere als distanzierenden Schwarzweiß, spielt dann
in einem Straflager. Eine vielfältige Schicksalsgemeinschaft ist da zusammengewürfelt: alles Opfer der Kommunistischen Partei, die ihre Herrschaft etabliert, indem sie Religiöse und andere Abweichler drangsaliert.
Rumänisches Filmfestival
▶ Freitag, 4. Dezember 2015, 21.00 Uhr
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Ce lume minunată (What a Wonderful World) | Moldawien 2014 | R+B: Anatol Durbală | K: Ivan Grincenco
| D: Igor Babiac, Igor Caras-Romanov, Sergiu Bîtcă,
Tudor Țărnă, Elena Mocanu | 74 min | OmeU | Bosnien?
Nein, Boston. Aus Amerika kehrt ein junger Mann in
seine Heimatstadt Chișinău zurück, die Hauptstadt Moldawiens. Gleich in der ersten Nacht gerät er in eine
brenzlige Situation. Denn in dieser Nacht nach der Erstürmung des Parlaments schlagen die alten Mächte
zurück. Petru gerät in einen Alptraum, und Anatol Durbală macht keine Anstalten, die schonungslose Aufarbeitung der tatsächlichen Ereignisse von 2009 in irgendeiner Form zu beschönigen.
▶ Samstag, 5. Dezember 2015, 21.00 Uhr
Cai putere (Pferdestärken) | Rumänien 2014 | R+B:
Daniel Sandu | K: Alex Trăilă | D: Adrian Titieni, Marian
Popescu, Lucian Ifrim, Mihaela Sîrbu | 26 min | OmeU |
Ein in die Jahre kommender Mann liebt sein Motorrad
über alles. – București NonStop (Bukarest Nonstop)
| Rumänien 2015 | R+B: Dan Chişu | K: Liviu Pojoni Jr.
| D: Gheorghe Ifrim, Ion Besoiu, Dorina Lazăr, Olimpia
Melinte, Adrian Titieni, Dorian Boguţă | 86 min | OmeU |
Ein 24-Stunden-Kiosk neben einem Wohngebäude,
aus dem heraus und in das hinein verschiedene Geschichten um eine Prostituierte, eine schwangere Frau,
ein altes Ehepaar und einen Verkehrsunfall, der eigentlich ein Überfall ist, verknüpft werden.
Jahren gestorbenen Vaters nicht zu akzeptieren
scheint. Die Mutter und ihr neuer Lebensgefährte bleiben feindselig auf der anderen Seite der phantasmagorischen Schwelle, die Bogdan Mustaţă vor seinem mysteriösen, faszinierenden Film errichtet hat.
▶ Freitag, 11. Dezember 2015, 21.00 Uhr
Lumea e a mea (Die Welt gehört mir) | Rumänien
2015 | R: Nicolae Constantin Tănase | B: Raluca
Mănescu | K: Daniel Kosuth | D: Ana Maria Guran, Iulia
Ciochină, Oana Rusu, Ana Vătămanu, Florin Hriţcu |
104 min | OmeU | Ein Teenagerfilm mit sozialen Strukturen, die man ohne Weiteres auch in amerikanischen
High School-Vorbildern finden kann. Hier werden sie
auf rumänische Provinzverhältnisse übertragen. Larisa
(eine Entdeckung: Ana Maria Guran) hat viele Verpflichtungen für die Familie, sie muss zum Beispiel die Großmutter pflegen, nimmt es aber mit der privilegierten
Ana im Kampf um die Gunst des lokalen Mädchenschwarms Florin auf.
▶ Samstag, 12. Dezember 2015, 21.00 Uhr
Autoportretul unei fete cuminţi (Selbstporträt einer
gehorsamen Tochter) | Rumänien 2015 | R+B: Ana
Lungu | K: Silviu Stavila | D: Elena Popa, Emilian Oprea,
Andrei Enache, Iris Spiridon, Alexandru Lustig | 80 min
| OmeU | Gibt es eine nationale Semantik bei Oralsex?
Von dieser Art sind die Fragen, die in diesem Film (der
Titel spielt auf Simone de Beauvoirs »Memoiren einer
Tochter aus gutem Hause« an) verhandelt werden. Cristiana ist 30 Jahre alt, sie studiert Geologie mit Spezialisierung auf Erdbeben, ihre erotische Erfüllung sucht sie
▶ Sonntag, 6. Dezember 2015, 21.00 Uhr
Lupu (Wolf) | Rumänien 2013 | R+B: Bogdan Mustaţă
| K: Barbu Bălăşoiu | D: Mihai Vasilescu, Ada Condeescu, Costel Caşcaval, Carmen Ungureanu, Sergiu
Nicolaescu | 78 min | OmU | Lupu, ein 16-jähriger
Junge, lebt in einem Gebäude, das bessere Tage gesehen hat. Er phantasiert sich an die verführerische
Clara heran, während er den Verlust seines vor zwei
in einem Verhältnis mit einem verheirateten Mann. Als
sie von ihren wohlhabenden Eltern eine Wohnung bekommt, will sie sich einen Hund anschaffen. Eine Geschichte über Rollenzuweisungen und die Suche nach
Autonomie.
▶ Sonntag, 13. Dezember 2015, 21.00 Uhr | Zu Gast:
Ana Lungu
Im Januar 2015 hätte der umfassend talentierte Schauspieler, Regisseur, Autor und Kritiker Shi Hui seinen
hundertsten Geburtstag gefeiert. Shi Hui (1915 –1957)
wurde in den 1940er-Jahren in Shanghai als »Kaiser
der Bühne« gefeiert, spielte in über zwanzig Filmen,
führte Bühnen- und Filmregie, und engagierte sich in
allen Bereichen des Shanghaier Theater- und Filmwesens. 1957 fiel er der »Anti-Rechts-Kampagne« zum
Opfer und nahm sich im Alter von 42 Jahren das
Leben. Obwohl er nach 1979 rehabilitiert wurde und
sein Film MEIN LEBEN (1950) zu den Klassikern der
chinesischen Filmgeschichte gehört, bleibt sein Werk
weitgehend unbekannt. Ihm wurde noch nie eine Retrospektive gewidmet.
Shi Yutao, wie er mit Geburtsnamen hieß, wurde 1915
in Tianjin als viertes von fünf Kindern geboren. Seine
Kindheit und Jugend waren geprägt von Unruhe – einer
familiären wie gesellschaftlichen: mit dem Sturz des
Kaiserhauses geriet 1911 das gesamte Land in Aufruhr.
Provinzherrscher bildeten sich heraus, die mithilfe von
Schlägertruppen oder Armeen ganze Landstriche kontrollierten. In dieser Zeit der »Kriegsherren«, die offiziell
bis zur Gründung der nationalen Zentralregierung unter
Chiang Kai-shek 1928 dauerte und darüber hinaus,
war China fragmentiert und chaotisch.
Auch Shi Huis Familie blieb nicht verschont. Die Großfamilie ging bankrott, sein Vater übersiedelte 1916
nach Peking. Bald arbeitslos, starb er, als Shi Hui
drei Jahre alt war. Mit 15 Jahren begann Shi Hui eine
Lehre für Zugbegleiter im Nordosten Chinas, der nach
1931 unter japanischer Besatzung war. In den zwei
Jahren, in denen er in den Zügen unterwegs war, lernte
er alle Facetten des menschlichen Leids und der Grausamkeit kennen: Brände, Raub, Vergewaltigung und
Mord – es war ein rechtsfreier Raum mit politischer
Willkür.
1932 kehrte er nach Peking zurück, arbeitete als Assistent bei einem Zahnarzt, und als dieser die Praxis aufgeben musste, fand er im fortschrittlichen ZhenguangTheater einen Job als Budenverkäufer. Schon als Kind
hatte ihn die Peking-Oper fasziniert, nun verbrachte Shi
Hui die Freizeit damit, sein Wissen und seine Ausdrucksfähigkeit im Rahmen der strengen Regeln der
Peking-Opern-Kunst zu vertiefen; ebenso nutzte er
jede Gelegenheit, moderne Theaterstücke wie ausländische (vorwiegend amerikanische) Filme anzuschauen
und lernte im Selbststudium Englisch. Eine andere Arbeit in einer Theatergruppe nahm er zunächst vor allem
wegen der drei täglichen Mahlzeiten an. Shi Hui hatte
bereits zu oft Hunger gelitten.
Rasch entwickelte sich seine Karriere als AmateurSchauspieler. Entsprechend der unruhigen politischen
Situation in den 1930er-Jahren wechselte er immer
wieder die Theatertruppen. Zunehmend bekam er
Hauptrollen und wurde ab 1940, als er sich in Shanghai niederließ, über professionelle Kreise hinaus bekannt und beliebt. Shi Huis moderne und ergreifende
Interpretation des Helden Wen Tianxiang aus der SongDynastie im gleichnamigen Stück, der sich gegen die
mongolischen Invasoren wehrt, wurde begeistert als
politisches Statement gegen die japanischen Aggressoren aufgenommen. Shanghai war seit 1937 unter japanischer Besatzung, mit dem Eintritt der USA in den
Zweiten Weltkrieg verschärfte sich die davor durch den
Sonderstatus der internationalen Konzessionen relativ
entspannte Situation Shanghais.
Eines der erfolgreichsten Stücke, in denen Shi Hui in
diesen Jahren brillierte, war »Der große Zirkus« – in der
74. Aufführung in 38 Tagen wurde Shi Hui auf der
Bühne ohnmächtig. Auslöser waren Erschöpfung, Hunger und eine Disziplin und Professionalität, die ihresgleichen suchen. Man könnte auch sagen: eine Besessenheit. Neben Auftritten und akribischer Vorbereitung
Shi Hui
Retrospektive Shi Hui
51
Shi Hui
analysierte Shi Hui das Schauspiel an sich, übersetzte
Fachliteratur und publizierte eigene Texte.
Im Oktober 1941 kam der Film SHIJIE ERNV (KINDER
DER WELT) heraus. Es ist der einzige Film aus dem
Shanghaier Exil und der erste erhaltene Film, in dem
Shi Hui in einer Nebenrolle zu sehen ist. Seine Leinwandpräsenz ist hier schon erkennbar. Die österreichischen Filmpioniere Luise Fleck (1873 –1950) und
Jakob Fleck (1881–1953) waren 1939 als mittellose
jüdische Flüchtlinge nach Shanghai gekommen. Trotz
der widrigen Bedingungen unter japanischer Besatzung
gelang es ihnen, mit dem herausragenden chinesischen Regisseur Fei Mu (1906 –1951) einen Film zu
drehen, der die gemeinsamen Werte aller drei zum Ausdruck bringt: KINDER DER WELT erzählt eine einfache
chinesische Geschichte von Freundschaft, von persönlichem Leid und Hoffnung, von Opferbereitschaft und
dem Kampf für Recht und Freiheit. Als letzter Film der
Flecks, die im Laufe ihres Lebens weit über 50 Filme
gedreht hatten, ist er zugleich ihr filmisches Vermächtnis. Luise und Jakob Fleck, in Zusammenarbeit mit Luises erstem, 1922 verstorbenen Ehemann Anton Kolm,
waren die Gründer der ersten bedeutenden österreichischen Produktionsgesellschaft und ebenso Gründer
WO ZHE Yi BEiZi (MEiN LEBEN)
52
der Wiener Rosenhügel-Studios, die bis Frühjahr 2015
vom ORF genutzt wurden. 1941 war Shi Hui u. a. mit
Regisseur Huang Zuolin Mitbegründer der Professional
Drama Company, die sich von 1943 bis 1946, umbenannt in Kugan Truppe (wörtlich »hart arbeitend«),
größter Popularität erfreute. Manche ihrer besten Theaterproduktionen wurden nach 1947 verfilmt, als der
Hongkonger Industrielle Wu Xingzai mit den Künstlern
von Kugan das Wenhua Film Studio gründete. Huang
Zuolin entwickelte sich zu einem erstklassigen Filmregisseur, dessen Reputation über China hinausreichte:
Die erste Produktion des neuen Filmstudios, JIA FENG
XU HUANG (FALSCHE PHÖNIXE), eine Verwechslungskomödie mit Shi Hui in der seltenen Hauptrolle des jugendlichen Liebhabers, wurde aufgrund des enormen
Erfolges in China und Südostasien auch in den USA vertrieben. Anschließend erschien Shi Hui in beinahe
jedem Film der Firma Wen Hua, er war einer der wenigen Bühnenschauspieler, die keine Probleme mit dem
Medium Film hatte: er spielte Haupt- und Nebenrollen,
er war komisch, tragisch, sympathisch oder der Böse,
ernsthaft oder humorvoll. Alle Figuren, die Shi Hui darstellte, luden zur Identifikation ein und blieben den
Zuschauern in lebhafter Erinnerung.
Zukunft zu ermöglichen. Shi Hui hatte sein Leben lang
eine sehr enge Beziehung zu seiner Mutter. Der Film
zeugt von einer humanitären Einstellung, seiner Auffassung, dass Benachteiligten geholfen werden muss.
Im Oktober 1949 wurde nach dem vierjährigen Bürgerkrieg die Volksrepublik China ausgerufen. Die Kommunistische Partei Chinas (KPCh) hatte den Kampf endgültig für sich entschieden. Alle Sparten der Kunst mussten nun den Grundsätzen Mao Zedongs, des Vorsitzenden der KPCh, entsprechen, die aus seinen »Reden zur
Literatur und Kunst« (1942) hervorgingen: Kunst und
Literatur hatten dem Volk zu dienen, also den Arbeitern,
Bauern und Soldaten. Von 1949 bis 1952, im Zuge der
Verstaatlichung der Industrie, wurden alle Filmfirmen in
neugegründete staatliche Filmstudios umgewandelt
oder eingegliedert. Obwohl die Firma Wen Hua erst
1952 verstaatlicht wurde und in das Shanghai Film Studio überging, zeigt sich bereits ab 1949 in ihren Werken der Einfluss der neuen Machthaber.
Shi Huis Arbeit an seiner zweiten Regiearbeit WO ZHE
YI BEIZI (MEIN LEBEN) nach dem Roman des Schriftstellers Lao She fiel in die Zeit der Transformation. Lao
Shes Werk über einen einfältigen Polizisten, dessen
Ziel es ist, seine Arbeit gut auszuführen und seine Kinder großzuziehen, der aber durch die politischen Umstände so herunterkommt, dass er letzten Endes auf
der Strasse verhungert, ist eine teils bittere, teils tragisch-humorvolle Schilderung des Lebens der einfachen Chinesen. Lao She schrieb seinen Roman im Jahr
1937. Die Adaption dieses Monologs, die Shi Hui gemeinsam mit seinem Bruder vornahm, zeugt von seiner
ungeheuren dramatischen Begabung. MEIN LEBEN umfasst Jahrzehnte chinesischer Geschichte, beschrieben
anhand des Schicksals eines Einzelnen. Entsprechend
der neuen Ideologie wurde ein kommunistischer Revolutionär eingefügt, und der Sohn des Polizisten, der
dem Revolutionär gefolgt war, erscheint siegreich zum
Schluss des Filmes, um anzudeuten, dass nun eine
neue Zeit angebrochen ist. Es heißt, dass Shi Hui versuchte, sich gegen diese Änderungen zu wehren. Das
Ergebnis ist ein halbherziges Bekenntnis zur glorreichen Zukunft – der Film wurde in der Folge mehrfach
aus politischen Gründen kritisiert.
1951 wählte Shi Hui, verantwortlich auch hier für Buch,
Regie und Darstellung, im Sinne der neuen Richtlinien
ein Mitglied der Volksbefreiungsarmee zum Helden seiner Geschichte: Für GUAN LIANZHANG (KOMPANIEFÜHRER GUAN) verbrachte er mit seinen Kollegen zur Vorbereitung zwei Monate mit einer Kompanie. Das Ergebnis ist ein spielerisch brillianter, von der damaligen Regierung scharf kritisierter Film, dessen Hauptfigur in
Shi Hui
Shi Huis Schauspiel lebte von Mimik und Gestik. Seiner
Meinung nach sei Talent wie ein ungeschliffener Stein,
nur nach entsprechender Bearbeitung könne daraus
Jade werden. Ein guter Schauspieler brauche zudem
umfassende Lebenserfahrung. Bei der Vorbereitung zu
einer Rolle verbrachte er Stunden und Tage damit, andere Menschen und ihre Verhaltensweisen zu beobachten. Sensibel und humorvoll, auch mit Ironie, ging er
dabei vor. Gesichtsausdruck wie Gesten wurden in der
Präsentation so lang ausgefeilt, bis sie repräsentativ
und natürlich waren, ausdrucksstark und nicht manieriert. In der Stilisierung der Figuren erkennt man Grundzüge der klassischen chinesischen Oper wieder, im
Gegensatz dazu aber ist Shi Huis Spiel bemüht um eine
Natürlichkeit, die aus den einstudierten Gesten, aus mimischen, sprachlichen und stimmlichen Mitteln entsteht. Aus seiner Kunst kommt Reales hervor. So gelingt es ihm, Rollen in jeder Alters- und Berufsgruppe
glaubhaft darzustellen, bei ihm werden gute und böse
Figuren gleichermaßen menschlich, mit Stärken und
Schwächen und vor allem mit ausgeprägter Persönlichkeit. Für Shi Hui gilt als oberstes Gebot, das Publikum
auf sich zu konzentrieren (ohne diese Aufmerksamkeit
der Zuschauer sei jedes Spiel doppelt so anstrengend).
Man müsse Techniken erarbeiten, damit das Publikum
gleich beim ersten Auftritt in den Bann gezogen werde
und diese Spannung im Laufe der Szene nicht nachlasse. Entscheidend sei hier, dass der Schauspieler
immer das richtige Maß an Ausdruck findet: Das
Versteckte, Zurückgehaltene müsse immer mehr und
tiefer sein als das Gezeigte. Beim Abgang solle der
Schauspieler das Publikum in gespannter Erwartung
des nächsten Auftritts zurücklassen. Angeblich beherrschte Shi Hui die Bühne dermaßen, dass selbst
wenn er dem Publikum den Rücken zukehrte, alle
Augen auf ihn gerichtet blieben.
Daneben war Shi Hui ein Mann des Wortes: Neben seinen Tätigkeiten als Schauspieler und Drehbuchautor
verfasste er theoretische Abhandlungen zu Schauspiel
und Drama, nahm zu Fragen der Behandlung von
Schauspielern Stellung und veröffentlichte, vor allem
nach Ende des Zweiten Weltkriegs, meinungsbildende
Artikel zur Tagespolitik. Er plädierte gegen einen Bürgerkrieg, ermunterte die Shanghaier Bevölkerung, sich
politisch zu äußern, verlangte nach demokratischen
Prinzipien und verurteilte die korrupten Profiteure des
Kriegs.
Sein Regiedebüt gab Shi Hui 1949. In MUQIN (MUTTER), dessen Drehbuch er selbst verfasste, geht es um
die Mühen einer Mutter, trotz Armut und politischer
Unruhen, ihrem Sohn eine Ausbildung und eine gute
53
GuAN LiANZHANG (KOMPANiEFüHRER GuAN)
Shi Hui
54
seiner natürlichen Unkultiviertheit – er spricht mit starkem Dialekt, ist weder groß noch schön noch unnahbar,
sondern beliebt und kinderfreundlich – dem offiziellen
Bild der Soldaten in keiner Weise entspricht. So gehörte
auch Shi Hui zu den Opfern der ersten Runde öffentlicher Kritik, die in einer monatelangen Kampagne
gegen den Film DAS LEBEN DES WU XUN (1951) von
Sun Yu gipfelte.
Als Mitglied des Shanghai Film Studios erhielt Shi Hui
ab 1952 nur noch wenige Angebote. Dies lag daran,
dass nunmehr die Aufträge im Filmschaffen von den
Leitern der Filmstudios vorwiegend nach politischen
Gesichtspunkten vergeben wurden. Shi Hui war negativ
aufgefallen und war nicht Mitglied der KPCh. Er konnte
nur noch bei dem international ausgezeichneten Kinderfilm JI MAO XIN (BRIEF MIT FEDER, 1954) und der
innovativ verfilmten Huangmei-Oper TIAN XIANPEI
(HIMMLISCHE HOCHZEIT, 1955) Regie führen und in
Nebenrollen anderer Filme auftreten.
In den 1950er-Jahren ging die Filmproduktion Chinas
stark zurück, die Filmeinnahmen sanken. Im Zuge der
»Hundert-Blumen-Kampagne«, die die Bürger 1956
aufrief, sich über die Situation ihrer jeweiligen Berufssparten zu äußern, veröffentlichte die neugegründete
Fachzeitschrift China Film – Vorläufer der heute noch
existierenden Film Art – eine Reihe von Artikeln namhafter Experten aus allen Bereichen des Filmschaffens,
die sich in einem einig waren: Es sei falsch, nur für
»Arbeiter, Bauern und Soldaten« Filme zu machen und
dabei die Erfahrungen erprobter Filmemacher außer
Acht zu lassen. Man müsse der Kunst ihren kreativen
Freiraum lassen. Shi Hui nahm an der Diskussion teil
und verfasste einen kritischen Beitrag. 1956 gründete
er mit Kollegen die Fünf-Blumen-Werkstatt, eine
Arbeitsgruppe zur Entwicklung von Stoffen und Drehbüchern. Ähnliche kreative Gruppen im Rahmen des
Shanghai Film Studios folgten – in den paar Monaten
ihrer Existenz entstanden einige der bemerkenswertesten Produktionen der 1950er-Jahre.
Bereits im August 1957 begann die »Anti-Rechts-Kampagne«, die dem Aufbruch ein Ende bereitet. Ihr Ziel
war die politische Säuberung der Gesellschaft von
»rechts-gerichteten« Personen, darunter viele Künstler
und Intellektuelle. Shi Hui, der zu dieser Zeit seinen letzten Film WU HAI YE HANG (SCHIFFSFAHRT IM NEBEL)
abgedreht hatte und auf das Zensurergebnis wartete,
wurde wegen seiner drei großen Regiewerke kritisiert:
In allen wäre eine »rechte« Einstellung erkennbar. Ihm
Shijie ernv (Kinder der Welt) | China 1941 | R+B:
Luise und Jakob Fleck, Fei Mu | K: Fei Junxiang, Zhou
Lianming | D: Ying Yin, Zhang Yi, Lan Lan, Sima Yingcai,
Shi Hui | 90 min | OmU | Lee und Chen wachsen wie
Brüder auf. Als Erwachsene verlieben sich beide in das
frühere Nachbarsmädchen Lian, die von ihrem Stiefvater (Shi Hui) in die Prostitution geschickt werden soll.
Da entscheidet sich Lee in den Krieg zu ziehen. Als
gemeinsames Werk der österreichischen Filmpioniere
Jakob und Luise Fleck und des chinesischen Regisseurs Fei Mu (1906-1951) entstand KINDER DER WELT
während der japanischen Besatzung Shanghais.
▶ Mittwoch, 9. Dezember 2015, 21.00 Uhr | Einführung:
Isabel Wolte
Taitai wan sui (Die Ehefrau lebe hoch) | China 1947
| R: Sang Hu | B: Zhang Ailing (Eileen Chang) | K: Huang
Shaofen, Xu Qi, Ge Weiqing | M: Zhang Zhengfan | D:
Zhang Tianliu, Zhang Fa, Shi Hui, Shangguan Yunzhu,
Lin Zhen | 107 min | OmU | Die glückliche Ehe der hübschen, klugen und allseits beliebten Sizhen gerät ins
Wanken, als ihr Ehemann auf eine schöne Trickbetrügerin hereinfällt, die immer höhere Anforderungen
stellt. Die sich stilistisch an zeitgenössischen Hollywood-Vorbildern orientierende Komödie lebt von geistreichen Dialogen, überraschenden Wendungen und
schauspielerischen Glanzleistungen. Shi Hui brilliert als
geiziger Schwiegervater.
▶ Mittwoch, 16. Dezember 2015, 21.00 Uhr
Ye dian (Nachtasyl) | China 1947 | R: Huang Zuolin |
B: Ke Ling, nach dem Stück von Maksim Gorkij | K: Xu
Qi | M: Wu Renzhi | D: Shi Hui, Tong Zhenglin, Zhang Fa,
Zhou Xuan, Shi Yu | 108 min | OmU | Verschiedene Ge-
stalten fristen ihr Dasein in einem Nachtasyl. Angefacht
von seiner Liebe zur hübschen Xiaomei, fasst der junge
Yang Qi den Mut, sein Schicksal zu ändern – bis die
Tragödie durch die Bosheit und Gier des Besitzers des
Nachtasyls (Shi Hui) ihren Lauf nimmt. Das Publikum
identifizierte sich mit den tragischen Figuren von Gorkijs Schauspiel, das in China sehr erfolgreich war. Der
Klassiker des linken Kinos der Nachkriegszeit.
▶ Mittwoch, 13. Januar 2016, 21.00 Uhr
Muqin (Mutter) | China 1949 | R+B: Shi Hui | K: Ge
Weiqing | D: Qin Yi, Wei Shuping, Cheng Zhi, Yu Zhongying, Tong Baoling | 100 min | OmU | Nachdem sie
ihren Mann infolge des Krieges gegen die japanischen
Besatzer verloren hat, muss Chen Suzhen Tochter und
Sohn alleine aufziehen. Als auch die Tochter infolge der
Armut stirbt, bleibt der Mutter nur mehr ihr Sohn Niu
Niu, für dessen Ausbildung sie alle Mühen auf sich
nimmt. MUTTER beschreibt die Probleme der chinesischen Gesellschaft in einem optimistischen, leichten
Ton zu einem Zeitpunkt, als die revolutionären Kräfte
der kommunistischen Partei schon bereitstanden, die
Macht zu übernehmen.
▶ Mittwoch, 20. Januar 2016, 21.00 Uhr
Wo zhe yi beizi (Mein Leben) | China 1950 | R: Shi
Hui | B: Yang Liuqing, nach dem Roman von Lao She |
Shi Hui
wurde sogar seine Mitwirkung in QING CHANG YI SHEN
(ECHTE FREUNDSCHAFT) vorgeworfen, da sich in dem
Drama unter Wissenschaftlern kein Arbeiter auflehnt
und zur Revolution aufruft. Nach einer »Kritiksitzung«
im November 1957 verschwand der damals 42-jährige
Shi Hui. Einige Zeit später wurde seine Leiche gefunden.
MEIN LEBEN gilt heute als sein Meisterwerk und legt in
eindringlicher Form auch von Shi Huis persönlichem Dilemma Zeugnis ab: Trotz seiner herausragenden künstlerischen Leistungen als Schauspieler, Regisseur und
Autor und seines Engagements für die neue Gesellschaft
endete er, ähnlich dem von ihm im Film dargestellten
Polizisten, elendiglich mit »einer Leere in seinem Herzen«. Shi Huis Filme dokumentieren sein Talent, seinen
Humor und seinen kritischen Blick.
Isabel Wolte
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K: Ge Weiqing, Lin Fa | M: Huang Yijun | D: Shi Hui, Wei
Heling, Wang Min, Li Wei, Cheng Zhi | 108 min | OmU |
Das Leben eines einfachen Pekinger Polizisten im politischen Wandel der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Der Film beschreibt schonungslos Korruption
und Karrierismus im China nach der Revolution von
1911, enttäuschte Erwartungen der Bewegung des
4. Mai und die Verwerfungen durch den chinesisch-japanischen Krieg. Ein Meisterwerk der chinesischen
Filmkunst, beeindruckend, humorvoll, berührend und
weise.
Shi Hui
▶ Mittwoch, 27. Januar 2016, 21.00 Uhr
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Guan lianzhang (Kompanieführer Guan) | China
1951 | R: Shi Hui | B: Yang Liuqing | K: Ge Weiqing | D:
Shi Hui, Yu Zhongying, Yu Ding, Cheng Zhi, Cao Zhaoming | 108 min | OmU | Unter Anleitung eines »Kulturausbilders« soll die Kompanie von Führer Guan ihr Bildungsniveau erhöhen. Lebenserfahrung und angelerntes Wissen stehen im Konflikt zueinander. Bis endlich
der Angriffsbefehl kommt: Die Kommandozentrale der
Feinde muss innerhalb von drei Stunden vernichtet werden. Für die realistische Darstellung des Lebens in der
Kompanie, die sich nicht mit dem geschönten Bild der
offiziellen Kriegspropaganda deckt, wurde Regisseur
Shi Hui schärfstens kritisiert.
▶ Mittwoch, 3. Februar 2016, 21.00 Uhr
Meiguo zhichuang (Amerika im Visier) | China 1952
| R: Huang Zuolin, Shi Hui | B: Huang Zuolin, nach
einem Stück von Vladimir Dichovičnij und Moris Slobodskoj | K: Zhang Xiling, Xu yi | D: Shi Hui, Lin Zhen,
Chen Shu, Hong Xia, Yu Zhongying | 62 min | OmU |
Eine absurde Farce um einen Fensterputzer in New
York, der seinem Leben ein Ende setzen und aus dem
Fenster eines Hochhauses springen will. Shi Hui spielt
Mr. Butler, einen Aktienmakler, der den angekündigten
Selbstmord medial zu vermarkten versucht und ein großes Geschäft wittert. Eine sehr unterhaltsame Karikatur
der kapitalistischen amerikanischen Gesellschaft, die
zur Gänze in Shanghai gedreht wurde und in der die
»Amerikaner« ausschließlich von Chinesen dargestellt
werden.
▶ Mittwoch, 10. Februar 2016, 21.00 Uhr
Ji mao xin (Brief mit Feder) | China 1954 | R: Shi Hui
| B: Zhang Junxiang | K: Luo Congzhou | M: Huang Yijun
| D: Cai Yuanyuan, Shu Shi, Jiang Rui, Tian Long, Zhou
Boxun | 68 min | OmU | Im Norden von China, während
des Krieges mit Japan: Dem zwölfjährigen Hai Wa gelingt es mit List, Mut und seiner Schafherde, wichtige
Informationen rechtzeitig den Widerstandskämpfern zu
überbringen und noch dazu die japanische Armee in
die Falle zu locken. Ein sehr populärer und erfolgreicher
Film, der auch außerhalb Chinas gezeigt wurde und
1955 auf dem internationalen Filmfestival in Edinburgh
als »bester Film« ausgezeichnet wurde.
▶ Mittwoch, 17. Februar 2016, 21.00 Uhr
Tian xianpei (Himmlische Hochzeit) | China 1955 |
R: Shi Hui | B: Sang Hu | K: Luo Congzhou | M: Shi Bailin
| D: Yan Fengying, Wang Shaofang, Zhang Yunfeng, Hu
Lulin, Ding Zichen | 100 min | OmU | Klassische chinesische Opernverfilmung des exotischen Märchens von
der siebten Tochter des Jade-Kaisers, des Herrscher
des Himmels: Auf ihrem Erden-Spaziergang entdeckt
sie den armen Dong Yang, verliebt sich in ihn und entscheidet sich, auf Erden zu bleiben. Als der Jade-Kaiser
davon erfährt, verlangt er in seiner Wut, dass sie sofort
in den Himmel zurückkehre. In den Hauptrollen sind die
Künstler zu sehen, die die Huangmei-Oper im Shanghai
der 1950er-Jahre berühmt machten.
▶ Mittwoch, 24. Februar 2016, 21.00 Uhr
Qing chang yi shen (Echte Freundschaft) | China
1957 | R+B: Xu Changlin | K: Yao Shiquan | M: Chen
Gexin | D: Shu Shi, Xiang Kun, Shangguan Yunzhu, Shi
Hui, Zhang Ziliang | 99 min | OmU | Letzter Auftritt von
Shi Hui in einer Nebenrolle als wissenschaftlicher Assistent, der langsam erblindet. Der in der von Shi Hui
mitgegründeten Fünf-Blumen-Werkstatt produzierte
Film erzählt vom akademischen Streit zwischen zwei
befreundeten Wissenschaftlern eines mikrobiologischen Forschungsinstituts, der beinahe vielen Patienten das Leben kostet. Es ist einer der seltenen chinesischen Filme dieser Zeit, in denen es um Lebens- und
Denkweise von Intellektuellen geht, was zur Zeit der
Anti-Rechts-Kampagne verpönt war.
▶ Mittwoch, 2. März 2016, 21.00 Uhr
Kurzfilmabend des Münchner Filmzentrums
können an der Kasse bis zu fünf Freikarten für den
Zuschauerkino-Filmabend erhalten. Darüber hinaus
bestehen keine weiteren Verpflichtungen des Filmmuseums. Es wird vorausgesetzt, dass die Einreichenden
über die Rechte an ihren Filmen verfügen und diese am
Abend vor der Projektion kurz vorstellen.
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BEYOND THE FRAMES
Zum Kurzfilmabend des Münchner Filmzentrums e.V.
(MFZ) können Amateure, Enthusiasten und Profis
zweimal im Jahr ihre Filme auf der Leinwand des Filmmuseums einem interessierten Publikum präsentieren
und sich mit anderen Filmemachern vernetzen.
Vor jedem Film erzählen Beteiligte von Hintergründen,
Entstehungsgeschichte oder Besonderheiten ihres
Werks. Im Anschluss an die Vorführung bietet das MFZ
eine Begegnungsmöglichkeit, damit alle Anwesenden
miteinander ins Gespräch kommen und sich austauschen können (für Erfrischungen ist gesorgt).
Filme einreichen können alle, die einen Kurzfilm gedreht haben, unabhängig von Inhalt oder Format des
Films, ob Spielfilm oder Dokumentation, Real-, Kunstoder Animationsfilm. Das MFZ wählt unter den eingereichten Filmen aus und stellt ein etwa anderthalbstündiges Programm zusammen.
Die Filme müssen bis zum Donnerstag, den 26. November 2015 im Filmmuseum eingereicht werden. Möglich
sind die Formate 35mm, 16mm, DigiBeta, BetaSP,
DVD-Video, Blu-ray und DCP. Dateien wie mov, mp4
etc. müssen auf USB-Stick oder Festplatte vorliegen
(keine Speicherkarten oder Downloadlinks). Zugelassen
werden nur Filme bis zu 12 Minuten Länge. Alle Einreichenden, deren Filme im Programm gezeigt werden,
Zuschauerkino
?
Kontakt: Post (Filmmuseum München, St.-Jakobs-Platz
1, 80331 München), Telefon (089-233 27718), E-Mail
(zuschauerkino@yahoo.de).
▶ Donnerstag, 10. Dezember 2015, 19.00 Uhr | Die
Filmemacher und Filmemacherinnen sind anwesend
Francesco Rosi – Poeta del reale
Francesco Rosi
Geboren in Neapel am 15. November 1922 und gestorben in Rom am 10. Januar 2015, war Francesco Rosi
in seiner Jugend mit den neapolitanischen Intellektuellen der Nachkriegszeit (Raffale La Capria, Antonio Ghirelli, Giuseppe Patroni Griffi und Giorgio Napolitano)
eng befreundet. Vor seinem ersten Film LA SFIDA (DIE
HERAUSFORDERUNG, 1958) hatte Francesco Rosi
seine Filmkarriere als Co-Regisseur mit Luchino Visconti bei LA TERRA TREMA (DIE ERDE BEBT, 1948) und
dann bei SENSO (SEHNSUCHT, 1954) begonnen, später
arbeitete er auch mit Michelangelo Antonioni und Mario
Monicelli zusammen.
Ich stieß in München eher zufällig auf Rosis dritten Film
SALVATORE GIULIANO (WER ERSCHOSS SALVATORE
G.?, 1962). Ich hatte etwas ganz anders erwartet, vielleicht eine Mischung aus Western und Gangsterfilm,
stattdessen wurde ich mit einer Seite der Geschichte
Italiens konfrontiert. Rosis Stil, immer mutig in der Erzählung, kompromisslos auf der Suche nach der Wahrheit, dokumentarisch genau, ohne auf Leidenschaft
und moralische Tiefe zu verzichten, hat mich sofort fasziniert. Alles war für mich neu und innovativ, vor allem
Francesco Rosi bei den Dreharbeiten zu TRE FRATELLi
58
die Verwendung von flashbacks, einer Methode, die virtuos versucht, die Ereignisse der Geschichte wie eine
Reportage zu rekonstruieren.
Für Francesco Rosi war die Illusionsmaschinerie des
Kinos immer ein Mittel, die Gegenwart besser zu verstehen und die Wahrheit aufzuspüren. IL CASO MATTEI
(DER FALL MATTEI, 1971) entstand unter großen
Schwierigkeiten, weil »seine Realisation von Politik und
Wirtschaft als nicht opportun angesehen wurde«, wie
Rosi selbst in seinem letzten Interview anlässlich der
Dreharbeiten zu Michele Doiomàs Dokumentarfilm
BORN IN U.S.E. (2014) sagte. Der Film ist ein Musterbeispiel für Rosis cinema impegnato: ein neues revolutionäres Kino der Recherche und Erforschung, das die
Grenzen zwischen Dokumentarfilm und Fiktion ineinanderfließen lässt. Auch Filme wie LE MANI SULLA CITTÀ
(HÄNDER ÜBER DER STADT, 1963), LUCKY LUCIANO
(1973), CADAVERI ECCELLENTI (DIE MACHT UND IHR
PREIS, 1976) und DIARIO NAPOLETANO (NEAPOLITANISCHES TAGEBUCH, 1992), blicken hinter die Fassaden,
zeigen soziale Missstände und enthüllen Machtmechanismen und deren Dynamik.
Salvatore Giuliano (Wer erschoss Salvatore G.?) |
Italien 1962 | R: Francesco Rosi | B: Francesco Rosi,
Suso Cecchi d’Amico, Franco Solinas, Enzo Provenzale
| K: Gianni di Venanzo | M: Piero Piccioni | D: Pietro
Cammarata, Salvo Randone, Frank Wolff, Sennuccio
Benelli, Bruno Ukmar | 120 min | OmeU | Das Wirken
des sizilianischen Banditen Salvatore Giuliano, der zwischen 1943 und 1950 der Schrecken seines Landes
war. »Man sieht den Helden fast nur als Toten und das
in einer Erzählung, bei der ich die zeitliche Abfolge der
Ereignisse ständig unterbrochen habe. Ohne mich um
eine durchgehende Linie zu kümmern, wechsele ich
von 1950 zu 1954 oder 1944 oder 1948, weil ich Ereignisse ins Gedächtnis zurückrufen will, die ihre Spuren hinterlassen haben und an die sich das italienische
Publikum erinnert. Mein wirkliches Thema ist ein unglückliches, unterdrücktes, verirrtes und sich revoltierendes Land. Ich will Giuliano weder feiern noch verdammen. Ich will zeigen, dass er das Produkt seiner
Heimat war, das Ergebnis der sozialen und politischen
Bedingungen der 1940er-Jahre.« (Francesco Rosi)
▶ Freitag, 4. Dezember 2015, 18.30 Uhr
C’era una volta (Schöne Isabella) | Italien 1967 | R:
Francesco Rosi | B: Tonino Guerra, Raffaele La Capria,
Giuseppe Patroni Griffi, Francesco Rosi, nach neapolitanischen Volksmärchen | K: Pasquale De Santis | M:
Piero Piccioni | D: Sophia Loren, Omar Sharif, Dolores
del Rio, Georges Wilson, Leslie French | 99 min | OmeU
| Ein junger spanischer Fürst, der eine Adelige zur Frau
nehmen soll, verliebt sich in ein Bauernmädchen, das
er nach allerlei Abenteuern und Verwicklungen schließ-
Francesco Rosi
iL CASO MATTEi
Neben seinen berühmten politischen Filmen hat Rosi
auch »leichtere« Werke geschaffen wie das zauberhafte Märchen C’ERA UNA VOLTA (SCHÖNE ISABELLE,
1967), das von den Novellen »Lo cunto de li cunti« von
G. B. Basile inspiriert war und eine wundervolle Version
der CARMEN (1984) nach der Oper von Georges Bizet.
Er adaptierte wichtige Werke von Carlo Levi (CRISTO SI
È FERMATO A EBOLI – CHRISTUS KAM NUR BIS EBOLI,
1979), Andrej Platonov (TRE FRATELLI – DREI BRÜDER,
1981), Gabriel García Márquez (CRONACA DI UNA
MORTE ANNUNCIATA – CHRONIK EINES ANGEKÜNDIGTEN TODES, 1987), Edmonde Charles-Roux (DIMENTICARE PALERMO – PALERMO VERGESSEN, 1990) und
Primo Levi (LA TREGUA – DIE ATEMPAUSE, 1997). Mit
diesem, seinem letzten Spielfilm kehrte Rosi wieder
zum Thema Krieg zurück, mit dem sich schon UOMINI
CONTRO (BATAILLON DER VERLORENEN, 1970) beschäftigt hatte: »Wir leben in einer Welt, in der die Menschen leider nicht aufhören, sich gegenseitig zu vernichten und wahrscheinlich nie aufhören werden.«
Am 31. August 2012 erhielt Francesco Rosi im Alter
von neunzig Jahren während des 69. Festivals von
Venedig den Goldenen Löwen als verdiente Anerkennung für sein Lebenswerk. Er gehörte einer Generation
an, die mit Begeisterung die Nachkriegszeit erlebt hat
und deren Hoffnung auf eine Wiedergeburt einer gerechten Gesellschaft enttäuscht wurde. Für Francesco
Rosi bedeutete Kino zu machen immer auch Politik zu
machen. Seine Filme haben uns geprägt. Rosi war und
ist wie ein Licht, das unseren Weg begleitet, ein Vorbild
für Zivilcourage ohne Angst, unbequem zu sein.
Ambra Sorrentino-Becker
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lich heiratet. Der aufwändige Kostümfilm ist Rosis Huldigung an die populäre Volkskultur, wie sie sich in Fabeln, Märchen und Legenden niederschlägt. Seine
Absicht war es, Archetypen dieses traditionellen Märchens mit originellen Figuren und Allegorien in einer
Mischung aus Realismus und Phantastik auf die Leinwand zu bringen. Der Regisseur musste allerdings
deutliche Kompromisse mit seinem Produzenten Carlo
Ponti schließen, um seine Hommage an die »vorkapitalistische Volkskultur« zu realisieren. Die sozialkritischen
Untertöne sind kaum noch wahrnehmbar.
Francesco Rosi
▶ Samstag, 5. Dezember 2015, 18.30 Uhr
60
Il caso Mattei (Der Fall Mattei) | Italien 1971 | R:
Francesco Rosi | B: Francesco Rosi, Tonino Guerra,
Nerio Minuzzi | K: Pasqualino de Santis | M: Piero
Piccioni | D: Gian Maria Volonté, Renato Romano,
Franco Graziosi, Gianfranco Ombuen, Luigi Squarzina |
116 min | OmeU | Das Porträt des italienischen Wirtschaftsmanagers und Erdölmagnaten Enrico Mattei,
der 1962 auf ungeklärte Weise bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam, fügt sich zu einem Bild der italienischen Gesellschaft und Politik. Die innere Struktur
von SALVATORE G. wird wieder aufgenommen, d. h. die
Sequenzen sind nicht in chronologischer Reihenfolge,
sondern nach thematischen Gesichtspunkten montiert.
»Ich wollte Mattei in seiner ganzen Problematik und
unter den verschiedenen Aspekten zeigen und gleichzeitig die Fragen, die seine Aktivität aufwarf. Zweifellos
waren es zunächst positive Aspekte, die dann zu beunruhigenden Aspekten wurden, je mehr er aus der Rolle
des ›Staatsdieners‹, wie er sich selber gerne bezeichnete, in die eines Staatschefs hineinwuchs. Damit wurden vielfältige Fragen aufgeworfen.« (Francesco Rosi)
▶ Sonntag, 6. Dezember 2015, 18.30 Uhr
Tre Fratelli (Drei Brüder) | Italien 1980 | R: Francesco
Rosi | B: Tonino Guerra, Francesco Rosi frei nach Andrej
Platonov | K: Pasqualino de Santis | M: Piero Piccioni |
D: Charles Vanel, Michele Placido, Philippe Noiret, Andréa Ferréol, Vittorio Mezzogiorno | 111 min | OmeU |
Drei Brüder kehren nach dem Tod der Mutter in ihr Heimatdorf im südlichen Italien zurück – und bringen
damit Italiens Gegenwart mit sich. In der Nacht vor der
Beerdigung prallen ihre unterschiedlichen politischen
Meinungen aufeinander. »Das war der Wunsch, das Gefühl, das mich angetrieben hat, DREI BRÜDER zu machen. Alle Bürger – von welchem Standort, von welcher
Ideologie aus auch immer – müssen heute versuchen,
einen Punkt der Begegnung zu finden, um aufzubauen,
nicht um zu zerstören. Das war mein Bedürfnis. Aber,
wie ich meine, ein Bedürfnis nach Neuaufbau. Denn
wenn es nichts Konstruktives gibt, herrscht Tod. Und
wenn der Tod herrscht, gibt es keine Möglichkeit mehr,
an einen Neuaufbau zu denken.« (Francesco Rosi)
▶ Mittwoch, 9. Dezember 2015, 18.30 Uhr
La Tregua (Atempause) | Italien 1997 | R: Francesco
Rosi | B: Francesco Rosi, Tonino Guerra, nach dem
Roman von Primo Levi | K: Marco Pontecorvo, Stefano
Coletta | M: Luis Bacalov | D: John Turturro, Rade Serbedzija, Massimo Ghini, Stefano Dionisi, Teco Celio |
113 min | OmeU | Rosis letzter Spielfilm erzählt von der
Odyssee des aus KZ-Haft befreiten jüdischen Chemikers und späteren Schriftstellers Primo Levi während
seiner Rückkehr in seine italienische Heimat. Behutsam
werden dabei die Stationen einer emotionalen und geistigen Öffnung reflektiert. »Wie Levis Buch vorgibt, zeigt
Francesco Rosi nicht den Schrecken der Vernichtung
selbst, sondern den Umgang mit den unmittelbar zurückliegenden traumatischen Erlebnissen während der
Heimkehr per Fußmarsch durch Osteuropa. Der Druck
des täglichen Überlebens ist vom Ich-Erzähler Primo
gewichen, aber wie lässt sich von nun an das Leben
führen? John Turturro spielt diese Hauptfigur reduziert:
Vor allem seine großen staunenden Augen bleiben in
Erinnerung.« (Rüdiger Suchsland)
▶ Freitag, 11. Dezember 2015, 18.30 Uhr
Cristo si è fermato a Eboli (Christus kam nur bis
Eboli) | Italien 1979 | R: Francesco Rosi | B: Raffaele La
Capria, Francesco Rosi, Tonino Guerra, nach dem
Roman von Carlo Levi | K: Pasqualino de Santis | M:
Piero Piccioni | D: Gian Maria Volonté, Paolo Bonacelli,
Alain Cuny, Léa Massari, Irene Papas | 150 min | OmeU
| Carlo Levi, Arzt, Maler und Schriftsteller aus Turin,
wird 1935 vom Mussolini-Regime in ein süditalienisches Bergnest verbannt, wo er eine von Zeit und
Geschichte gleichsam vergessene Welt entdeckt. »Das
Dorf Gagliano, seine Häuser, Gassen und Treppen, der
Dorfplatz, auf dem sich abends die signori versammeln;
der schattenhafte Zug der Bauern zur Feldarbeit im ersten Morgengrauen; die düsteren, beinahe oder ganz
fensterlosen Wohnräume, in denen sich um die Feuerstelle alles Leben von Mensch und Kleingetier und, in
den hohen schmalen Betten, auch das Sterben abspielt … – all das zeigt Rosi mit der Empfänglichkeit,
dem Staunen, auch mit der Neugier dessen, der es
zum erstenmal wahrnimmt, und bei allem Detailreichtum verfällt seine Schilderung nie ins kalte Registrieren
des Ethnographen.« (Alexander J. Seiler)
▶ Samstag, 12. Dezember 2015, 18.00 Uhr
Leseerlebnisse
Wer viel liest, muss nicht unbedingt gut lesen – es
käme darauf an, wie einer mit dem Text umgeht. Der
gute Leser (der »wahre Leser« nach Ludwig Hohl) wird
»hängenbleiben« – es wird immer wieder Stellen geben, über die er nicht hinweggehen kann, auch einzelne Sätze, Worte, die ihn erfassen und weiterbeschäftigen. Ich stelle mir vor, dass Jean-Marie Straub so ein
Leser ist. – Ein Filmemacher, der liest: Hat der nicht,
recht besehen, die Möglichkeit, die Texte und Stellen,
die ihm ins Auge fallen, umzusetzen und einen kleineren oder größeren Film daraus zu machen? Bedarf es
dazu einer bestimmten Abgeklärtheit, die sich erst nach
einem langen Filmemacher-Leben einstellt, einer erworbenen Freiheit? Die Lebensreife kann sich jedenfalls mit der Gelassenheit paaren, einfach das umzusetzen (umstandslos, ohne »falsche Vorbereitung«), was
man im Sinn hat.
In Jean-Marie Straubs Fall muss das erklärt werden. Es
geht hier nicht ums Ausschau-Halten nach irgendeiner
Verfilmbarkeit eines literarischen Sujets, sondern um
die Wertigkeit und Wichtigkeit des Texts oder des
Stücks Literatur selbst. Was so ein Text – aus welcher
Vergangenheit auch immer – für die Gegenwart oder
gerade für die Gegenwart zu sagen hat. Also auch darüberhinaus. Da ist die politische Dimension immer mit
eingeschlossen, die polis mitgemeint, nicht im Sinn
einer unmittelbaren Nützlichkeit oder gar Handlungsanweisung, sondern als Zustandsbeschreibung, dem wie
von außen kommenden, deshalb genaueren, Blick. Ob
dieser Text, als Literatur oder als Film, die res publica
heute überhaupt noch erreicht, ist allerdings fraglich –
das Volk scheint sich in der Konsumgesellschaft aufgelöst zu haben. Wie kann ein Film, der kein Konsumgegenstand sein will, der ästhetisch und ideell Widerstand leistet, sein Publikum finden, zu den Menschen
gelangen – den von Günther Anders schon 1960 so genannten »Dauerkonsumenten«? Ein Filmemachen, das
sich dem schnellen Bilderverzehr und der »Technik des
Illusionismus« widersetzt, ist heute in einer ziemlich verzweifelten Lage.
Das Umstandslose – dieses Weitermachen, Durchhaltevermögen trotz allem – ist gerade deshalb umso bemerkenswerter. Ist eine Stelle – ein einleuchtender klei-
Jean-Marie Straub
KOMMuNiSTEN
Neue Filme von Jean-Marie Straub
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Jean-Marie Straub
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nerer oder größerer Textzusammenhang – einmal gefunden, kann sie auch mit relativ geringem technischem Aufwand umgesetzt werden. Straubs Inszenierungsideen können durchaus mit dem unmittelbar Vorhandenen und Erreichbaren auskommen, die nächste
oder weitere Umgebung (gemäß der Vorlage) zu einer
straubschen machen. Die Örtlichkeit kann die eigene
Wohnung sein oder ein Ort draußen, die digitale Technik lässt sich, bei ähnlicher Sorgfalt für Bild und Ton wie
früher, leichter handhaben; als Darsteller, mit denen intensive Proben möglich sind, eignen sich auch Personen aus der eigenen Umgebung. Der Zusammenhang
von ein paar wenigen Leuten ist allerdings hilfreich und
nötig, der Einsatz von Produzenten, auch eines Vertriebs (Barbara Ulrich / Belva Film, Arnaud Dommerc /
Andolfi, Pierre Grise, jhr Films; die Dienste des Studios
in Le Fresnoy). Das Ansehen, das Straub bei einem kleinen Freundeskreis genießt, trägt zu dieser »Bedingung
der Möglichkeit« bei.
Aber was passiert eigentlich bei diesem »ins-Bild-undin-den-Ton-setzen«? Wenn ein Text aus seinem auf Papier fixierten Zustand zu Wort und in eine Umgebung
gebracht wird? Das ist natürlich auch eine Fixierung,
eine neue Anschaulichkeit – ein Vorschlag, wie der Text
wieder Sprache werden, wie er verstanden werden
kann. (Bei Konrad Bänninger lese ich: »Es ist die Sprache wie ein Lebendiges, das in der Schrift begraben ist
und daraus immer wieder erlöst sein will; nur wer die
Schrift so braucht, diese Auferstehung des Wortes erlebt, noch während er die Zeichen setzt, nutzt sie
recht.«) Die Körperlichkeit der Darsteller kommt ins
Spiel: der Text muss durch sie hindurchgehen. Erarbeitet und vorgetragen werden. Das »Vorgesetzte« des
Textes muss zusammengehen – übereinstimmen – mit
der Äußerung ihrer je besonderen Physis (der Art ihres
Daseins, der Klangsubstanz ihrer Stimmen, ihrem
Atem, ihren Gesten): ein körperlich-geistiger, fast wie
bei einem Musikstück herzustellender Ablauf.
Es geht Straub um das, was in einem Text steckt – wie
ein Text auf das Leben, die Fragen und Probleme, die
es aufwirft, reagiert, welche Erhellung in ihm enthalten
ist. (Also fernab des Literaturbetriebs, der es mit »Resultaten« zu tun hat, nicht mit »Vorgängen« – das Literarische vorzieht, Texte konsekriert und verdammt.) Die
Entdeckung und Indienstnahme eines Textes berührt
für ihn immer ein vitales Interesse – was auch heißt,
dass dieser Text auf möglichst einfache und direkte
Weise, die Textgestalt des Autors respektierend, weitergegeben werden soll. Vielleicht liegt am Grund dieser
»unten« ansetzenden Haltung das, was André Bazin
1951 – anhand von LE JOURNAL D’UN CURÉ DE CAM-
PAGNE – über die Stilistik von Bresson festgestellt hat:
Bresson verhalte sich dem Roman von Bernanos gegenüber dokumentarisch und könne gerade darum,
weil er das Kino »opfere«, die Vorlage intakt halten und
eine neue Dimension hinzugewinnen.
Wenn die Auseinandersetzung, das Gespräch mit
einem Text im Vordergrund steht, ist auch klar, weshalb
Huillet & Straub jeweils Schriftsteller des Landes, in
dem sie lebten, gewählt haben. Für Deutschland also
Böll, Bruckner, Brecht, Schönberg, Engels, Kafka,
Hölderlin; für Italien Fortini, Pavese, Vittorini; für Frankreich Corneille, Mallarmé, Duras, Cézanne, Gasquet,
Barrès. Nach Danièle Huillets Tod (2006) kommen
hinzu: Rousseau, Dante, Montaigne, Bernanos, Malraux, was nicht heißt, dass nicht einige der bereits Genannten (Pavese, Corneille, Brecht, Kafka) mit neuen
Sujets darunter wären oder nicht auch ein Zeitschriftenartikel Ausgangspunkt sein könnte (für LA GUERRE
D’ALGÉRIE!).
In einen Film mit dem Titel KOMMUNISTEN gehört
natürlich auch ein Kapitel über den frühen Widerstand
gegen den Nationalsozialismus – das hat Straub bei
André Malraux gefunden: »Le temps du mépris«
(1935). Darin ist der Bericht über die Haft und Konzentrationslager-Erfahrung von Willi Bredel mitverarbeitet
(die beiden haben sich beim Schriftstellerkongress
L’aquarium et la nation (Das Aquarium und die Nation) | Frankreich 2015 | R+B: Jean-Marie Straub,
nach »Les noyers de l’Altenburg« von André Malraux |
K: Christophe Clavert | Mit Aimé Agnel | 34 min | OmU |
Der Dispositiv wird nochmals vereinfacht und fundamental: eine subtile Untersuchung der Grundlagen unserer Wahrnehmung und unserer Vorstellung der Welt.
– Lothringen! | Frankreich 1994 | R+B: Danièle Huillet
& Jean-Marie Straub, nach »Colette Baudoche« von
Maurice Barrès | K: Christophe Pollock | D: Emmanuelle
Straub | 22 min | OmU – Un héritier (Ein Erbe) | Südkorea 2011 | R+B: Jean-Marie Straub, nach »Au service de l’Allemagne« von Maurice Barrès | K: Renato
Berta | D: Joseph Rottner, Jubarite Semaran, Barbara
Ulrich | 21 min | OmU – À propos de Venise – Geschichtsunterricht (Über Venedig) | Schweiz 2013 |
R+B: Jean-Marie Straub, nach »La mort de Venise« von
Maurice Barrès | K: Christophe Clavert | Mit Barbara Ulrich | 23 min | OmU – Straubs Auseinandersetzungen
mit dem reaktionären Maurice Barrès. Wissen und Gewissheiten, die sich entfestigen, nationale Gefühle, die
in den wilden Nationalismen ihre Wahrheit reklamieren.
»Die heute sichtbaren und hörbaren Geschichtsspuren
und die vom Kino aufgerufenen – nicht direkt darzustellenden – archaischen Schwingungen.« (Frieda Grafe)
Europa 2005 – 27 Octobre | Frankreich 2006 |
10 min | OmU – Joachim Gatti | Frankreich 2009 |
2 min | OmU – La mort de Venise (Der Tod von Venedig) | Italien 2013 | 2 min | OmeU – La guerre d’Algérie! (Der Algerienkrieg!) | Frankreich 2014 | 2 min |
OmU – Vier ciné-tracts von Jean-Marie Straub: kurze
Interventionen der Anklage und der Trauer. – Dolando |
Italien 2002 | R+B: Danièle Huillet & Jean-Marie
Straub, nach Torquato Tasso | K: Renato Berta | Mit Dolando Bernardini | 8 min | OmU | Ein Geschenk an
Schauspieler und Crew, zum Abschluss der Dreharbeiten von UMILIATI. – Renato | Schweiz 2015 |
R+B: Jean-Marie Straub | K: Renato Berta | 8 min |
OmU | Dank und Gruß an Renato Berta, zum 70. Geburtstag. – Geschichtsunterricht | BRD 1972 | R+B:
Danièle Huillet & Jean-Marie Straub, nach »Die Geschäfte des Herrn Julius Caesar« von Bertolt Brecht | K:
Renato Berta | D: Gottfried Bold, Johann Unterpertinger,
Henri Ludwigg, Carl Vaillant, Benedikt Zulauf | 88 min |
»Ein Bankier, ein Bauer, ein Anwalt, ein Dichter und eine
Stadt stellen sich einem jungen Mann vor. Der Film handelt von Handel und Demokratie, das heißt schließlich
vom Imperialismus. Und übrigens ist das der erste
echte, richtige Straubfilm.« (Jean-Marie Straub)
▶ Freitag, 18. Dezember 2015, 18.30 Uhr | Zu Gast:
Barbara Ulrich
▶ Mittwoch, 16. Dezember 2015, 18.30 Uhr | Zu Gast:
Barbara Ulrich
A Corner in Wheat | USA 1909 | R+B: D.W. Griffith | K:
G.W. Bitzer | D: James Kirkwood, Linda Arvidson, Frank
Powell | 16 min | OF – Kommunisten | Schweiz 2014
| R+B: Jean-Marie Straub, nach »Le temps du mépris«
von André Malraux | K: Christophe Clavert | D: Arnaud
Dommerc, Jubarite Semaran, Gilles Pandel, Barbara Ulrich | 70 min | OmU – »Der vermutlich kommunistischste Film überhaupt ist A CORNER IN WHEAT von
D. W. Griffith, der im Verdacht steht, alles Mögliche,
aber gewiss nicht, ein Kommunist gewesen zu sein. –
Als ob er jeweils den ›kommunistischen Moment‹ herauspräparieren wollte, hat Jean-Marie Straub Szenen
aus fünf seiner mit Danièle Huillet gedrehten Werke
aufgegriffen und mit einer neuen Szene (nach Malraux)
kombiniert. Schon immer ließen sich reiche Beziehungen der einzelnen Straubfilme untereinander, aber
auch solche auf die Filmgeschichte herstellen. Doch
das selbstreferenzielle Verfahren, das Straub hier anwendet, ist neu für ihn. Es ist ein Rückblick, es ist, wie
Straub selbst sagt, ein ›Testament‹, jedenfalls im wörtlichen Sinn: ein Zeugnis.« (Stefan Ripplinger)
▶ Samstag, 19. Dezember 2015, 18.30 Uhr | Zu Gast:
Barbara Ulrich
Jean-Marie Straub
1934 in Moskau getroffen), der dann in Romanform als
»Die Prüfung« 1934 im Malik-Verlag in London erschienen ist. L’AQUARIUM ET LA NATION beruht ebenfalls
auf Malraux (»Les noyers de l’Altenburg«, 1948).
Straub setzt hier den letzten Abschnitt in diesem Panorama über Stadien der menschlichen Evolution so
wörtlich um, dass man frappiert ist: »Es ist nicht leicht
für einen Fisch, sein eigenes Aquarium zu sehen …
Die Nation zuerst, nicht?« Er führt drastisch vor, wie
limitiert die Vorstellungskraft des Menschen und die
»besondere Evidenz« des eigenen Lebens sein kann
und ist.
Jean-Marie Straub lässt sich sehr wohl als passeur
(wie ihn Serge Daney gefasst hat) beschreiben: Er hat
übergesetzt (über den Strom, über Landesgrenzen),
Texte zugänglich gemacht, die ohne seine Filme im öffentlichen Bewusstsein gar nicht mehr existieren würden. Deshalb ist seine Rede von der »Gabe« oder dem
»Geschenk« (an das jeweilige Land) auch völlig berechtigt: Er hat mit OTHON Corneille an Frankreich zurückgegeben, mit SICILIA! Vittorini an Italien, mit EMPEDOKLES und SCHWARZE SÜNDE Hölderlin an Deutschland
– die nicht mehr Gelesenen in neuer Form wieder zugänglich gemacht.
Johannes Beringer
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François Truffaut bei den Dreharbeiten zu L’HiSTOiRE D’ADèLE H.
François Truffaut
Die Schule des Lebens – François Truffaut
Der Schluss seines Debütfilms bereitete ihm Kopfzerbrechen. In welches Schicksal sollte er den kleinen Antoine Doinel entlassen, nachdem er aus dem Erziehungsheim geflohen war? Ein optimistisches Ende
wäre unehrlich gewesen, aber ein niederschmetterndes hätte ebenso wenig gestimmt. François Truffaut
(1932–1984) entschied, dass er keine Drehbuch-, sondern eine plastische, filmische Lösung finden musste.
So läuft Jean-Pierre Léaud nun in der letzten Einstellung von SIE KÜSSTEN UND SIE SCHLUGEN IHN erwartungsvoll aufs Meer zu, bis das Bild einfriert und der
Gesichtsausdruck des Jungen das Publikum mit
ebenso viel Zweifel wie Zuversicht zurücklässt.
Das Drehbuch, in dem Truffaut von den Verletzungen erzählt, die ihm selbst in seiner Kindheit zugefügt wurden,
endete noch ganz anders: mit einem Blick auf Antoine
und seinen Freund René, die durch die Straßen von
Paris schlendern; eine Erzählstimme aus dem Off schilderte ihren weiteren Lebensweg. Um jene allzu gefällige Poesie zu vermeiden, mit der Kinder im Kino sonst
gezeigt werden, hatte Truffaut das Buch humorvoll angelegt. Bei den Dreharbeiten schlichen sich dann Ernst
und Gravität ein – sein väterlicher Mentor, der Kritiker
André Bazin, war in der Nacht des ersten Drehtages gestorben –; er gab sich alle Mühe, seinem jungen Hauptdarsteller das Lächeln auszutreiben.
Ein großzügig Liebender
Als Truffauts Film 1959 in Cannes Premiere hatte, besiegelte er den Siegeszug der Nouvelle Vague. Eine
ausgelassene, unkonventionelle und zitierfreudige Art
des Filmemachens brach sich Bahn. Wie die meisten
Regisseure der Bewegung posierte er auf Fotos gern
mit der Kamera, hatte tatsächlich aber ein eher platonisches Verhältnis zur Technik: ein stolzer Autodidakt, der
überzeugt war, als aufmerksamer Zuschauer mehr gelernt zu haben, als er es auf dem damals traditionellen
Weg über die Regieassistenz getan hätte.
Truffaut hatte als ehrgeiziger, enthusiastischer und polemischer Filmkritiker begonnen, der in seinen Rezensionen für die Cahiers du cinéma, Arts und andere Publikationen insgeheim schon die Filme vorausahnte, die
er gern selber drehen wollte. Eine Retrospektive seines
Werks wäre nicht vollständig ohne einen Blick in das fil-
Harmonie der Widersprüche
In seinem Debütfilm kündigte sich ein Arbeitsprinzip an,
dem er fortan treu bleiben sollte: Die Inszenierung
sollte stets eine Kritik am Drehbuch sein und der
Schnitt eine Kritik am gedrehten Material. Dieses Prinzip gibt auch seiner Karriere ihren besonderen Rhythmus. Bereits mit seinem zweiten Film vollzog François
Truffaut einen überraschenden Registerwechsel:
SCHIESSEN SIE AUF DEN PIANISTEN ist ein Gangsterfilm mit Slapstick-Elementen. Fortan folgte er der Strategie, die Wehmut eines Films mit der ausgelassenen
Fröhlichkeit des nächsten zu kompensieren. Auf diese
Weise stellte jeder Film für ihn einen Neuanfang dar: Er
drehte mit einem jugendlichen, demütigen Enthusiasmus, der ihn bis zum Ende seines Lebens nicht verlassen sollte. Es scheint fast so, als würde er nach dem
Welterfolg von JULES UND JIM noch einmal in die
Lehre gehen wollen, denn mit DIE SÜSSE HAUT beginnt
er systematisch Hitchcocksche Erzähltechniken zu erproben. Filme wie DIE BRAUT TRUG SCHWARZ legte er
als eine Wette mit dem Genrekino an: Wie viele persönliche Obsessionen, Lyrik und Humor lassen sich in
dessen Konventionen hineinschmuggeln? Offenbar
brauchte er das Gegeneinanderwirken der Kräfte: Bei
der Arbeit an dem düsteren DAS LEBEN DER ADELE H.
etwa dachten er und sein Drehbuchautor Jean Gruault
unablässig an Szenen aus Chaplin-Filmen; jede Se-
quenz des Films korrespondiert mit einem Moment aus
dessen Stummfilmen.
Das Selbstbewusstsein seines Kinos lässt nicht darauf
schließen, aber tatsächlich war er ein großer Zweifler.
Er haderte mit der Farbe im Kino. ZWEI MÄDCHEN AUS
WALES UND DIE LIEBE ZUM KONTINENT wirkt, als läge
ein dunkler Schleier über den kräftigen Farben. Zugleich hatte er Angst vor Schwarztönen; um sie endgültig zu überwinden, drehte er AUF LIEBE UND TOD, der
sein letzter Film sein sollte, in Schwarzweiß. Seine
größte Furcht war es, sich selbst und seine Geldgeber
zu enttäuschen. Seine Filme sollten ihr Publikum erreichen. Die größte Angst vorm Scheitern hatte er bei DIE
LETZTE METRO (»Wer will einen Film über einen Kerl
sehen, der sich zwei Stunden in einem Keller verstecken muss?«), der dann sein größter kommerzieller Erfolg wurde. Im Gegenzug beschäftigen bei ihrem Start
ungeliebte Filme wie DAS GEHEIMNIS DER FALSCHEN
BRAUT oder DAS GRÜNE ZIMMER bis heute die Phantasie von Zuschauern, Kritikern und Filmemachern.
Sind Filme wichtiger als das Leben?
Im Nachhinein wird deutlich, dass Truffauts Werk nicht
von gegensätzlichen, sondern komplementären Tendenzen geprägt ist. Die Filme fügen sich zu Zyklen zusammen – etwa den über Antoine Doinel, in dem man
gleichzeitig das Heranreifen der Figur, ihres Darstellers
und Regisseurs mitverfolgen kann – oder antworten
einander, oft Jahre später. Das schönste Beispiel für
eine solche Replik ist gewiss ZWEI MÄDCHEN AUS
WALES UND DIE LIEBE ZUM KONTINENT, seine nach
JULES UND JIM zweite Adaption eines Romans von
Henri-Pierre Roché. Sein zentrales Thema, den Widerspruch zwischen vorläufigen und endgültigen Gefühlen,
hat er kaum je so schön ausformuliert wie in diesem
Meisterwerk der Melancholie.
Elegant treten beide Filme den Beweis an, dass die
Liebe zur Literatur die zum Film nicht zwangsläufig verraten muss. Der Akt des Schreibens nimmt in seinem
Kino, angefangen mit den beharrlich scheiternden Versuchen des kleinen Antoine in SIE KÜSSTEN UND SIE
SCHLUGEN IHN, Schulaufsätze zu verfassen, eine zentrale Rolle ein. Seine Figuren halten ihre Erfahrungen in
Briefen, Tagebüchern und Romanen fest und lassen sie
dadurch andauern. Dominik Graf hat sich daran erinnert, als er DIE GELIEBTEN SCHWESTERN drehte.
Das Kino war für den jungen François Truffaut ein Ort
der Zuflucht. Das Heranwachsen ist in seinen Filmen
seither emphatisch mit der Aneignung von Kultur verbunden. DER WOLFSJUNGE ist eine der berückendsten
Chroniken gelungener Erziehung im europäischen Kino.
François Truffaut
mische Universum seiner Idole Jacques Becker, Alfred
Hitchcock, Ernst Lubitsch, Max Ophüls, Jean Renoir,
Roberto Rossellini und Jean Vigo. Seine Liebe zum Kino
war nicht dogmatisch: Claude Sautet, der von seinen
Nachfolgern in der Cahiers-Redaktion sträflich unterschätzt wurde, pries er als den französischsten aller Regisseure.
François Truffaut wurde der erfolgreichste unter den
Protagonisten der Nouvelle Vague. Seine persönlichen,
intimen Filme sind die zugänglichsten und lebendigsten
der Bewegung. Er ist vielleicht der einzige Regisseur,
dessen Filme schon einem Kind einen Eindruck davon
vermitteln, was Autorenschaft im Kino ist. Seine Erzählhaltung, die Charaktere niemals mit Herablassung zu
zeichnen, brachte ihm Bewunderer und Nachahmer in
aller Welt ein. Seine Lust am Stilbruch prägte das New
Hollywood nachhaltig; sein Einfluss zeigt sich im Werk
von Arthur Penn und Paul Mazursky. So unterschiedliche Regisseure wie Leos Carax, Arnaud Desplechin,
Cédric Klapisch und Tsai Ming-liang beziehen sich auf
ihn. Quentin Tarantino zitiert ihn in KILL BILL. Und noch
in Noah Baumbachs FRANCES HA zeigen sich Spuren
seines Stils und seiner Themen.
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Die Kunst ist bei Truffaut keine Flucht aus der Wirklichkeit, sondern ein Mittel, das Leben zu meistern. Nach
DIE AMERIKANISCHE NACHT sei er endgültig mit seiner
Lebensweise versöhnt und mit sich selbst im Reinen,
schrieb er 1974 einem Kritiker. Der Film demonstriert
auf triumphale Weise, wie sehr Truffauts Leidenschaft
fürs Kino eine Öffnung für das Leben war.
Gerhard Midding
Die Zitate von François Truffaut zu seinen eigenen Filmen und
zu seinen Lieblingsfilmen sind folgenden Büchern entnommen: Peter W. Jansen / Wolfram Schütte: François Truffaut;
München 1985 | François Truffaut: Briefe 1945 –1984; Köln
1990 | Robert Fischer: Monsieur Truffaut, wie haben Sie das
gemacht?; Köln 1991 | Heiner Gassen: Vivement Truffaut;
München 1994 | François Truffaut: Die Filme meines Lebens;
München 1997 | François Truffaut: Die Lust am Sehen; München 1999.
François Truffaut
Les mistons (Die Unverschämten) | Frankreich 1957
| R+B: François Truffaut, nach einer Kurzgeschichte
von Maurice Pons | K: Jean Malige | M: Maurice Leroux
| D: Gérard Blain, Bernadette Lafont, Robert Bulle, Dimitri Moretti, Alain Baldy | 18 min | OmU | »LES MISTONS
war für mich der Film der Unbekümmertheit und der
Entdeckung, ich habe damit ein bisschen die Mittel des
Kinos für mich entdeckt.« (Truffaut) – Les quatre
cents coups (Sie küssten und sie schlugen ihn) |
Frankreich 1959 | R: François Truffaut | B: François
Truffaut, Marcel Moussy | K: Henri Decaë | M: Jean
Constantin | D: Jean-Pierre Léaud, Claire Maurier, Albert Rémy, Guy Decomble, Georges Flamant | 99 min |
OmU – »Ich bemühe mich bei einem Film immer, etwas
zu erreichen, was am Anfang überhaupt nicht offensichtlich ist. Das war auch bei LES QUATRE CENTS
COUPS der Fall. Die Herausforderung bestand darin,
dem Zuschauer einen Jungen ans Herz zu legen, der
JuLES ET JiM
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alle fünf Minuten etwas anstellt. Man sagte mir: Sie
sind verrückt! Die Leute werden den Jungen unerträglich finden!« (Truffaut)
▶ Freitag, 8. Januar 2016, 21.00 Uhr | Einführung: Serge
Toubiana ▶▶ Dienstag, 12. Januar 2016, 18.30 Uhr
Tirez sur le pianiste (Schießen Sie auf den Pianisten) | Frankreich 1960 | R: François Truffaut | B: François Truffaut, Marcel Moussy, nach dem Roman »Down
There« von David Goodis | K: Raoul Coutard | M:
Georges Delerue | D: Charles Aznavour, Marie Dubois,
Nicole Berger, Michèle Mercier, Serge Davri | 78 min |
OmeU | »Mit TIREZ SUR LE PIANISTE wollte ich meine
Schuld gegenüber dem amerikanischen Film einlösen.
Was nicht heißt, dass ich einen amerikanischen Film
machen wollte, es ging mir eher um die Atmosphäre,
den Ton. Ich wollte die Poesie der Schwarzen Serie
nachempfinden. Deshalb wohl auch dieser Anfang: Er
sollte den Ton angeben und zeigen, dass im folgenden
zwar Revolverschüsse fallen könnten, es aber dennoch
hauptsächlich um die Beziehung zwischen Männern
und Frauen gehen wird, um Gefühle und die seltsamen
Arten, wie sich Leute kennenlernen und wieder verlassen können.« (Truffaut)
▶ Samstag, 9. Januar 2016, 21.00 Uhr
Jules et Jim (Jules und Jim) | Frankreich 1962 | R:
François Truffaut | B: François Truffaut, Jean Gruault,
nach dem Roman von Henri-Pierre Roché | K: Raoul
Coutard | M: Georges Delerue | D: Jeanne Moreau,
Oskar Werner, Henri Serre, Marie Dubois, Serge Rezvani | 102 min | OmU | »Diesem Roman gehörte meine
besondere Liebe, ich konnte ihn wirklich auswendig,
und manchmal machte ich etwas Bestimmtes auf
Grund einer einzigen Zeile im Text. Was mich ursprüng-
▶ Sonntag, 10. Januar 2016, 21.00 Uhr ▶▶ Mittwoch,
13. Januar 2016, 18.30 Uhr
La peau douce (Die süße Haut) | Frankreich 1964 | R:
François Truffaut | B: François Truffaut, Jean-Louis
Richard | K: Raoul Coutard | M: Georges Delerue | D:
Jean Desailly, Françoise Dorléac, Nelly Benedetti, Daniel Ceccaldi, Laurence Badie | 113 min | OmeU | »Bei
LA PEAU DOUCE habe ich mir gesagt: Das ist eine Ehebruchsgeschichte, und davon hat man schon zweitausend im Kino gesehen, aber normalerweise wird darin
die Ehefrau zur Nebenfigur degradiert, die Geliebte
steht im Vordergrund, die Geliebte strahlt Sinnlichkeit
aus und die Ehefrau nicht, also werde ich es genau anders herum machen und zeigen, dass die Beziehung zu
der Jüngeren eher intellektueller Natur ist, und dass in
Wirklichkeit die Beziehung zur Ehefrau, die der Protagonist im Begriff ist zu verlassen, eine sehr sinnliche ist.
So gesehen erschien mir die Geschichte originell.«
(Truffaut)
▶ Freitag, 15. Januar 2016, 21.00 Uhr ▶▶ Dienstag,
19. Januar 2016, 18.30 Uhr
Fahrenheit 451 | GB 1966 | R: François Truffaut | B:
François Truffaut, Jean-Louis Richard, nach dem
Roman von Ray Bradbury | K: Nicolas Roeg | M: Bernard Herrmann | D: Julie Christie, Oskar Werner, Cyril
Cusack, Anton Diffring, Jeremy Spenser | 112 min | OF
| »Ich wollte, dass in FAHRENHEIT 451 alles noch einigermaßen realistisch wirkt, damit es nur ein wirklich
anormales Element in diesem Film gibt: die Tatsache,
dass Bücher verboten sind, dass sie verbrannt werden
und dass sie schließlich, im dritten und letzten Teil des
Films, von einer bestimmten Gruppe von Menschen
auswendig gelernt werden. Der ganze Film sollte etwas
Opernhaftes bekommen, und deshalb war die Musik
von Bernard Herrmann sehr wichtig, etwas Opernhaftes, aber zugleich Kindliches: Der Film hat einen bewusst kindlichen Aspekt. Kinder spielen sehr gern mit
roten Feuerwehrautos!« (Truffaut)
▶ Samstag, 16. Januar 2016, 21.00 Uhr ▶▶ Mittwoch,
20. Januar 2016, 18.30 Uhr | Einführung: Christoph
Michel
La mariée était en noir (Die Braut trug schwarz) |
Frankreich 1968 | R: François Truffaut | B: François
Truffaut, Jean-Louis Richard, nach dem Roman »The
Bride Wore Black« von William Irish | K: Raoul Coutard |
M: Bernard Herrmann | D: Jeanne Moreau, Michel Bouquet, Jean-Claude Brialy, Charles Denner, Claude Rich |
107 min | OmU – »Mich reizte es, einen Film mit
Jeanne Moreau zu machen, in dem absolut nichts an
JULES ET JIM erinnern würde. Es war auch kein Liebesfilm, denn die Liebe hatte schon vor der Geschichte
stattgefunden. Im Detail orientieren sich die Regeln, die
ich hier verfolge, schon ziemlich an Hitchcock, aber das
Gesamtkonzept des Films hat wenig mit Hitchcock zu
tun. Bei Hitchcock identifiziert man sich normalerweise
mit einer Person, die unschuldig eines Verbrechens bezichtigt wird. Wir haben es hier aber mit einer tatsächlichen Mörderin zu tun, und ich versuche zu erreichen,
dass der Zuschauer sie dennoch akzeptiert.« (Truffaut)
▶ Sonntag, 17. Januar 2016, 21.00 Uhr ▶▶ Dienstag,
26. Januar 2016, 18.30 Uhr
Antoine et Colette (Antoine und Colette) | Frankreich
1962 | R+B: François Truffaut | K: Raoul Coutard | M:
Georges Delerue | D: Jean-Pierre Léaud, Marie-France
Pisier, Rosy Varte, François Darbon, Patrick Auffay,
Jean- François Adam | 29 min | OmeU – Baisers volés
(Geraubte Küsse) | Frankreich 1968 | R: François Truffaut | B: François Truffaut, Claude de Givray, Bernard
Revon | K: Denys Clerval | M: Antoine Duhamel | D:
Jean-Pierre Léaud, Delphine Seyrig, Claude Jade,
Claire Duhamel, Daniel Ceccaldi | 90 min | OmeU |
»BAISERS VOLÉS ist die Entsprechung zu dem, was
man in der Literatur einen Initiationsroman nennen
würde. Das schien mir die einzige Möglichkeit, diese
Figur wieder aufzugreifen, die man in LES QUATRE
CENTS COUPS kennengelernt hatte. Hier geht es jetzt
um seine ersten Schritte hinaus ins Leben, man erlebt,
wie er verschiedene Milieus durchläuft, wie er versucht,
einen Platz in der Gesellschaft zu finden, wie er sich in
verschiedenen Berufen probiert und wie er, was sein
Liebesleben angeht, zwischen zwei Frauentypen
schwankt: dem jungen Mädchen in seinem Alter und
der verheirateten, reifen Frau.« (Truffaut)
▶ Mittwoch, 27. Januar 2016, 18.30 Uhr ▶▶ Freitag,
29. Januar 2016, 21.00 Uhr
La sirène du Mississippi (Das Geheimnis der falschen Braut) | Frankreich 1969 | R+B: François Truffaut, nach dem Roman »Waltz Into Darkness« von William Irish | K: Denys Clerval | M: Antoine Duhamel | D:
Jean-Paul Belmondo, Catherine Deneuve, Nelly Bor-
François Truffaut
lich an JULES ET JIM reizte, war die Tatsache, dass es
sich um einen Roman eines alten Mannes handelte,
der sich am Ende seines Lebens befand. Genau das ist
das Originelle an diesem Buch: der Blick aus der zeitlichen Distanz auf Charaktere, deren Beziehung von
einer großen Spannung gekennzeichnet ist, diese
Distanz, die auf einem halben Jahrhundert an Weisheit
beruht.« (Truffaut)
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LA SiRèNE Du MiSSiSSiPPi
François Truffaut
geaud, Martine Ferrière, Michel Bouquet | 123 min |
OmeU | »Das Konzept von LA SIRÈNE DU MISSISSIPPI
beruhte auf einer Umkehrung. Es war eine Geschichte,
in der die Frau sich wie ein Mann und der Mann sich
wie eine Frau verhält. Das habe ich den Schauspielern
nicht auf die Nase gebunden, aber genau das war
meine Theorie: Marion ist eine Gaunerin, die im Erziehungsheim war, und er ist immer noch Jungfrau und
versucht, über Zeitungsannoncen eine Partnerin zu finden. In meiner Vorstellung hatte ich die Geschlechter
der beiden Helden vertauscht, und ich sagte mir: So
werde ich bei diesem Film vorgehen. Das hat die Leute
dann später ungeheuer schockiert.« (Truffaut)
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▶ Samstag, 30. Januar 2016, 21.00 Uhr ▶▶ Dienstag,
2. Februar 2016, 18.30 Uhr
L’enfant sauvage (Der Wolfsjunge) | Frankreich 1970
| R: François Truffaut | B: François Truffaut, Jean Gruault, nach dem Dokumentarbericht »Mémoires et rapport sur Victor l’Aveyron« von Jean Itard | K: Néstor
Almendros | M: Antoine Duhamel | D: Jean-Pierre Cargol, François Truffaut, Françoise Seigner, Jean Dasté,
Annie Miller | 83 min | OmU | »Alles in allem ist dieser
Film voller Zuversicht in die Erziehung. Was ich damit
vor allem zeigen wollte, ist, dass unser alltägliches
Leben eine Reihe von Wundern ist, dass man aufrecht
geht, dass man sich zu Essen an einen Tisch setzt etc.
Das fällt einem erst dann wieder auf, wenn man jemanden beobachtet, der das alles zum ersten Mal macht.
Der Grund, die Rolle des Dr. Itard selbst zu übernehmen, war sicher der, mich auf diese Weise selbst um
das Kind kümmern zu können. Ein Schauspieler wäre
immer nur eine hinderliche, eigentlich auch eine völlig
überflüssige Mittelsperson gewesen.« (Truffaut)
▶ Sonntag, 31. Januar 2016, 21.00 Uhr ▶▶ Mittwoch,
3. Februar 2016, 18.30 Uhr
Domicile conjugal (Tisch und Bett) | Frankreich
1970 | R: François Truffaut | B: François Truffaut,
Claude de Givray, Bernard Revon | K: Néstor Almendros
| M: Antoine Duhamel | D: Jean-Pierre Léaud, Claude
Jade, Hiroko Berghauer, Barbara Laage, Danièle Girard
| 100 min | OmeU | »Es gab bei DOMICILE CONJUGAL
den Wunsch, sich an den Methoden klassischer Hollywood-Komödien zu orientieren, das heißt, komische
Szenen auf mechanischen Gags aufzubauen, zum Beispiel durch die Metamorphose bestimmter Objekte. So
zieht sich das Blumenmotiv, glaube ich, durch den ganzen Film, am Ende gibt es die japanischen Blumen. Die
interessantesten Szenen sind die, in denen es eindeutig um die Charaktere, um die Figuren geht, der Krach
zwischen den Jungverheirateten zum Beispiel. Antoine
Doinel braucht Situationen, die nah an der Wirklichkeit
sind.« (Truffaut)
▶ Freitag, 5. Februar 2016, 21.00 Uhr ▶▶ Mittwoch,
10. Februar 2016, 18.30 Uhr
Les deux anglaises et le continent (Zwei Mädchen
aus Wales und die Liebe zum Kontinent) | Frankreich 1971 | R: François Truffaut | B: François Truffaut,
Jean Gruault, nach dem Roman von Henri-Pierre Roché
| K: Néstor Almendros | M: Georges Delerue | D: JeanPierre Léaud, Kika Markham, Stacey Tendeter, Sylvia
Marriott, Marie Mansart | 116 min | OmeU | »Ich wollte,
dass der Film sehr viel körperlicher, physischer wirkt
als JULES UND JIM. Man sollte das Fieber spüren, das
Kranksein. Wenn Muriel sich übergibt, wenn sie in Ohnmacht fällt. Ich wollte, dass das alles direkter wird. Von
dem Moment an, wo das Sentimentale ins Physische
übergeht, finde ich es spannend. Am liebsten hätte ich
Menschen gezeigt, die an der Liebe sterben. Ich habe
kein Interesse daran, physische Gewalt zu filmen, aber
ich liebe es, innere Gewalt auf die Leinwand zu bringen,
▶ Samstag, 6. Februar 2016, 21.00 Uhr ▶▶ Dienstag,
16. Februar 2016, 18.30 Uhr
Une belle fille comme moi (Ein schönes Mädchen
wie ich) | Frankreich 1972 | R: François Truffaut | B:
François Truffaut, Jean-Loup Dabadie, nach dem Roman »Such a Gorgeous Kid Like Me« von Henry Farrell
| K: Pierre-William Glenn | M: Georges Delerue | D: Bernadette Lafont, Claude Brasseur, Charles Denner, Guy
Marchand, André Dussollier | 98 min | OmeU | »UNE
BELLE FILLE COMME MOI war ein Film, der mir sehr
großen Spaß gemacht hat. Auch in diesem Fall war es
wieder die Freude beim Lesen eines Romans, die mich
dazu brachte, einen Film daraus zu machen. Ich fand
die Sache äußerst witzig, vor allem die Sprache, und die
energiegeladene Protagonistin gefiel mir sehr. Der Film
funktioniert über weite Strecken sehr gut, und Bernadette Lafont ist phantastisch. Ähnlich wie in LA MARIÉE
ÉTAIT EN NOIR haben wir wieder eine Frau, die es mit
den verschiedensten Männertypen zu tun bekommt,
denen man im Leben begegnen kann.« (Truffaut)
▶ Sonntag, 7. Februar 2016, 21.00 Uhr
La nuit américaine (Die amerikanische Nacht) |
Frankreich 1973 | R: François Truffaut | B: François
Truffaut, Jean-Louis Richard, Suzanne Schiffman | K:
Pierre-William Glenn | M: Georges Delerue | D: Jacque-
line Bisset, Jean-Pierre Léaud, Valentina Cortese, JeanPierre Aumont, François Truffaut | 115 min | OmU | »Ich
wollte einen Film nur über die Dreharbeiten machen,
und dieser Film sollte soviel wie möglich Informationen
darüber, wie man einen Film dreht, enthalten. Ein Seminar über Filmarbeit sollte mit ihm eröffnet werden können. Es war auch ein sehr »demokratischer« Film, ge-
messen an dem, was man auf der Leinwand sieht: Der
Regisseur ist ganz und gar nicht die Hauptfigur, und
sogar die Stars sind nicht die Hauptfiguren, denn das
Scriptgirl, der Requisiteur und so weiter sind ebenso interessant wie sie. Es gibt in diesem Film eine Art von
Gleichheit, die mir sehr gefällt, eine Gleichheit des
Blicks.« (Truffaut)
▶ Freitag, 12. Februar 2016, 21.00 Uhr ▶▶ Mittwoch,
17. Februar 2016, 18.30 Uhr
L’histoire d’Adèle H. (Die Geschichte der Adèle H.) |
Frankreich 1975 | R: François Truffaut | B: François
Truffaut, Jean Gruault, Suzanne Schiffman, Frances
Vernor Guille | K: Néstor Almendros | M: Maurice Jaubert | D: Isabelle Adjani, Bruce Robinson, Sylvia Mariott,
Joseph Blatchley, Ivry Gitlis | 96 min | OmeU | »Ich
sagte mir, ich will einen Kostümfilm machen, der sich
die ganze Zeit nur auf ein Gesicht konzentriert. Es gab
also von Anfang an den klaren Entschluss und eindeutigen Vorsatz, in ADELE H. alles Pittoreske auszuklammern. Darauf lief alles hinaus: eine Liebesgeschichte
zu machen, in der der Partner nicht zählt, die Geschichte einer Vereinsamung also. Und wenn es funktioniert hat, dann dank der Fakten, dank Isabelle Adjani,
die eine hochinteressante Schauspielerin ist, und sicher auch dank der Musik Maurice Jauberts.« (Truffaut)
▶ Samstag, 13. Februar 2016, 21.00 Uhr ▶▶ Dienstag,
23. Februar 2016, 18.30 Uhr
L’argent de poche (Taschengeld) | Frankreich 1976 |
R: François Truffaut | B: François Truffaut, Suzanne
Schiffman | K: Pierre-William Glenn | M: Maurice Jaubert | D: Nicole Félix, Chantal Mercier, Jean-François
Stévenin, Virginie Thévenet, Tania Torrens | 104 min |
OmU | »Praktisch war jedem Kind einer bestimmten
Altersstufe eine Episode gewidmet. Es gab die Einheit
des Ortes, da wir ausschließlich in der Stadt Thiers gedreht haben, und durch die Ferien im Juli und August
auch die Einheit der Zeit. Zwei der jungen Darsteller
hatte ich aus Paris mitgebracht, alle anderen haben wir
an Ort und Stelle engagiert. Es machte Spaß, die vielen
kleinen Episoden eine nach der anderen zu realisieren,
und dabei wurde mehr oder weniger improvisiert. Es
ist ein ziemlich optimistischer Film. Wie in LES QUATRE
CENTS COUPS tauchen die Erwachsenen allenfalls am
Rande auf.« (Truffaut)
▶ Sonntag, 14. Februar 2016, 21.00 Uhr
L’homme qui aimait les femmes (Der Mann, der die
Frauen liebte) | Frankreich 1977 | R: François Truffaut
| B: Michel Fermaud, Suzanne Schiffman, François Truf-
François Truffaut
so wie in LES DEUX ANGLAISES. Ich habe versucht,
einen körperlichen Film über die Liebe zu machen, keinen Film über die körperliche Liebe.« (Truffaut)
69
auf dem Prinzip der fixen Idee und auf Variationen zu
diesem Thema aufgebaut sind. Außerdem hat es mir
Spaß gemacht, einen Film zu machen, in dem zur Sprache kommt, dass man für Verstorbene, die man geliebt
hat oder die einen interessiert haben, noch sehr lebendige Gefühle hegen kann. Das Eigenartige ist, dass ich
nicht sehr religiös bin, eigentlich überhaupt nicht, aber
ich mag trotzdem eine gewisse Religiösität, so etwas
verträgt sich gut mit dem Kino.« (Truffaut)
François Truffaut
▶ Samstag, 20. Februar 2016, 21.00 Uhr ▶▶ Mittwoch,
24. Februar 2016, 18.30 Uhr
70
faut | K: Néstor Almendros | M: Maurice Jaubert | D:
Charles Denner, Brigitte Fossey, Nelly Borgeaud, Geneviève Fontanel, Nathalie Baye, Sabine Glaser, Leslie
Caron | 120 min | OmU | »Ich dachte schon lange an
den MANN, DER DIE FRAUEN LIEBTE, aber das Thema
des Donjuanismus genügte mir nicht. Ich sprang ins
Wasser, als mir der Gedanke kam, Bertrand ein Buch
schreiben zu lassen, womit wir das zweite, parallele
Thema hätten: man sieht ihn die Sätze mit dem Mund
formen, dann auf der Maschine tippen, die Fahnen korrigieren, zur Druckerei gehen, und am Schluss kommt
das Buch gerade zu dem Zeitpunkt heraus, als er in der
Klinik stirbt, weil er versucht, die Beine der Krankenschwester zu erwischen.« (Truffaut)
▶ Donnerstag, 7. Januar 2016, 19.00 Uhr | Einführungsvortrag in englischer Sprache: Serge Toubiana ▶▶ Frei-
tag, 19. Februar 2016, 21.00 Uhr
La chambre verte (Das grüne Zimmer) | Frankreich
1978 | R: François Truffaut | B: Jean Gruault, François
Truffaut, nach den Erzählungen »The Altar of the Dead«,
»The Beast in the Jungle« und »The Friends of the
Friends« von Henry James | K: Néstor Almendros | M:
Maurice Jaubert | D: François Truffaut, Nathalie Baye,
Jean Dasté, Patrick Maléon, Jean-Pierre Moulin |
94 min | OmU | »Ich habe Julien Davenne immer als
einen Zwillingsbruder von Adèle Hugo und die beiden
Filme als zusammengehörig betrachtet, da sie beide
L’amour en fuite (Liebe auf der Flucht) | Frankreich
1979 | R: François Truffaut | B: François Truffaut, MarieFrance Pisier, Jean Aurel, Suzanne Schiffman | K: Néstor Almendros | M: Georges Delerue | D: Jean-Pierre
Léaud, Marie-France Pisiser, Claude Jade, Dani, Dorothée | 94 min | OmeU | »Ich sagte mir: Ich werde es
diesmal so machen, dass das neue Kapitel wirklich der
Abschluss ist, eine Rekapitulation. So entstand die Idee,
einen kürzeren neuen Film von rund fünfzig Minuten zu
drehen, dieses Material dann um Erinnerungen zu ergänzen und alles kräftig miteinander zu vermengen.
Schließlich hatte ich das für einen Regisseur sehr seltene Glück, über einen Zeitraum von mehreren Jahrzehnten mehrfach mit demselben Schauspieler in derselben Rolle gearbeitet zu haben, und von dieser
Chance wollte ich noch einmal profitieren.« (Truffaut)
▶ Sonntag, 21. Februar 2016, 21.00 Uhr
Le dernier métro (Die letzte Metro) | Frankreich
1980 | R: François Truffaut | B: François Truffaut,
Suzanne Schiffman, Jean-Claude Grumberg | K: Néstor
Almendros | M: Georges Delerue | D: Catherine Deneuve, Gérard Depardieu, Jean Poiret, Andréa Ferréol,
Heinz Bennent, Paulette Dubost | 131 min | OmU | »Das
Theater als magischer Ort, das ist ein bekanntes Motiv.
Und dazu noch die Okkupation: Eigentlich war das eine
recht naheliegende Entscheidung, denn wie man in den
Autobiographien von Schauspielern immer wieder
nachlesen kann, war die Zeit der Okkupation für das
französische Theater eine besonders fruchtbare Periode, eine wesentlich fruchtbarere als die, die wir im
Moment erleben. Im Grunde ist es ein Film über eine
Ehe geworden, die Liebesgeschichte zwischen Marion
und Bernard ist weniger wichtig als die Beziehung zwischen Marion und ihrem Mann. Ohne mir dessen bewusst zu sein, hatte ich einen Film über ein verheiratetes Paar gemacht!« (Truffaut)
▶ Freitag, 26. Februar 2016, 21.00 Uhr ▶▶ Dienstag,
1. März 2016, 18.30 Uhr
Das Verhältnis zwischen Chef und Sekretärin funktioniert, weil Trintignant fünfzehn Jahre älter ist als Fanny
Ardant.« (Truffaut)
Sonntag, 28. Februar 2016, 21.00 Uhr
»War ich ein guter Kritiker? Ich weiß es
nicht; ich weiß aber, dass ich immer auf der
Seite der Ausgepfiffenen gegen die Auspfeifer war und dass mein Vergnügen oft da
anfing, wo das meiner Kollegen aufhörte:
bei Renoirs Stilbrüchen, bei Orson Welles’
Exzessen, bei Pagnols oder Guitrys Schlampereien, bei Cocteaus Anachronismen, bei
Bressons Nacktheit.« (François Truffaut)
▶ Samstag, 27. Februar 2016, 21.00 Uhr ▶▶ Mittwoch,
You Only Live Once (Gehetzt) | USA 1936 | R: Fritz
Lang | B: Gene Towne, C. Graham Baker | K: Leon
Shamroy | M: Alfred Newman | D: Sylvia Sydney, Henry
Fonda, Barton MacLane, Jean Dixon, William Gargan |
86 min | OF | »Der Film ist zugleich aufrührerisch und
menschlich, er folgt dem Prinzip: die ehrbaren Bürger
sind die wahren Schurken. Das nämlich ist die erste
Aufgabe des Künstlers: die Schönheit dessen zu beweisen, das als hässlich gilt, und umgekehrt. Fritz Lang
beweist den ganzen Film hindurch die niedere Denkungsart der ›guten Gesellschaft‹ und den Adel des
asozialen Paares. Wenn die Geschichte heute auch
etwas veraltet wirkt, so ist der Film selbst doch ohne
jede Falte, dank seiner außerordentlichen Nüchternheit,
seiner Strenge und seiner ehrlichen Gewalttätigkeit, die
auch heute noch überrascht.« (Truffaut)
2. März 2016, 18.30 Uhr
▶ Freitag, 8. Januar 2016, 18.30 Uhr
Vivement dimanche! (Auf Liebe und Tod) | Frankreich 1983 | R: François Truffaut | B: François Truffaut,
Jean Aurel, Suzanne Schiffman, nach dem Roman »The
Long Saturday Night« von Charles Williams | K: Néstor
Almendros | M: Georges Delerue | D: Fanny Ardant,
Jean-Louis Trintignant, Jean-Pierre Kalfon, Philippe
Laudenbach, Philippe Morier-Genoud | 110 min |
OmeU | »Mit diesem Film kehre ich zum Genre des
Thrillers zurück. Es ist aber ein Thriller ohne Gangster,
in dem Polizisten nur zweitrangig sind und in dem die
Intrige, Stück für Stück, von der Fantasie einer Frau gesponnen wird. Ich hatte Lust, Fanny Ardant als geheimnisvolle Heldin der Nacht zu filmen. Trintignant habe ich
ausgewählt, um das Paar ins Gleichgewicht zu bringen.
Selbst in einem fantastischen Film verlangt die Beziehung des Paares nach einer gewissen Glaubwürdigkeit.
Le roman d’un tricheur (Roman eines Schwindlers)
| Frankreich 1936 | R+B: Sacha Guitry | K: Marcel
Lucien | M: Adolphe Borchard | D: Sacha Guitry, Marguerite Moreno, Jacqueline Delubac, Roger Duchesne,
Rosine Deréan | 77 min | OmeU | »Eine Überlebensgeschichte, eine Eloge auf den Individualismus und die
Kunst des Sichdurchschlagens. Die große Originalität
von LE ROMAN D’UN TRICHEUR besteht darin, dass es
der einzige narrative Film in der Geschichte der Kinematographie ist, der zu neunzig Prozent von einer OffStimme kommentiert wird, aber sein immenses Verdienst ist es, dass das Publikum diese Besonderheit bald
vergisst, wie Umfragen belegen, bei denen Zuschauer
der Überzeugung waren, sie hätten einen Film mit normalen, gesprochenen Dialogen gesehen.« (Truffaut)
es das Gegenteil von Vergessen, Gleichgültigkeit oder
einer Normalisierung der Beziehung bedeutet. Verbitterung bekommt in diesem Zusammenhang fast etwas
Romantisches.« (Truffaut)
▶ Samstag, 9. Januar 2016, 18.30 Uhr
François Truffaut
La femme d’à côté (Die Frau nebenan) | Frankreich
1981 | R: François Truffaut | B: François Truffaut, Suzanne Schiffman, Jean Aurel | K: William Lubtchansky |
M: Georges Delerue | D: Gérard Depardieu, Fanny
Ardant, Henri Garcin, Michèle Baumgartner, Roger Van
Hool | 106 min | OmeU | »Ich wusste, dass ich irgendwann einmal einen Film drehen würde, in dem die Liebesgeschichte bereits Teil der Vergangenheit wäre; die
beiden Hauptpersonen würden davon sprechen, wie es
vor acht Jahren war, als sie noch zusammenlebten, und
man würde sehen, wie sie sich verhalten, nachdem sie
sich zufällig wiederbegegnet sind. Wenn eine Liebesbeziehung in die Brüche gegangen ist und es bleibt Verbitterung zurück, dann ist das ein positives Zeichen, weil
71
The Great Dictator (Der große Diktator) | USA 1940 |
R+B: Charles Chaplin | K: Karl Struss, Roland Totheroh
| M: Charles Chaplin, Meredith Willson | D: Charles
Chaplin, Paulette Goddard, Jack Oakie, Reginald Gardiner, Henry Daniell, Billy Gilbert | 125 min | OmU | »THE
GREAT DICTATOR ist nicht nur eine defensive Farce,
sondern auch ein außerordentlich präziser Essay über
das jüdische Drama und den Rassenwahn des Hitlerismus. So objektiv, wie es nur geht, wenn man seine
Haut verteidigt, stellt Chaplin zwei Welten gegenüber,
die des Hitlerpalasts und die des Ghettos, wobei er sich
rücksichtslos lustig macht über die erstere und liebevoll über die zweite und dabei die ethnische Wahrheit
genauestens respektiert; die Ghettoszenen sind gleitend, spöttisch, listig, fast getanzt, die des Hitlerpalasts
abgehackt, automatisch, bis auf den Gipfel des Hohns
getrieben.« (Truffaut)
▶ Sonntag, 10. Januar 2016, 18.30 Uhr
François Truffaut
Hitchcock/Truffaut | USA 2015 | R: Kent Jones | B:
Kent Jones, Serge Toubiana | K: Eric Gautier, Genta Tamaki | M: Jeremiah Bornfield | Mit Martin Scorsese,
Wes Anderson, James Gray, David Fincher, Kiyoshi
Kurosawa | 80 min | OF | »Der Film belegt, Truffauts
Interviewbuch mit Alfred Hitchcock habe mehr als alles
andere dazu beigetragen, dass Hitchcock nicht nur als
Unterhaltungsregisseur sondern als Künstler wahrgenommen und von der seriösen Kritik als Autorenfilmer
ernst genommen wurde. Indem er Aufnahmen von den
François Truffaut interviewt Alfred Hitchcock
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Dreharbeiten sowie Privatfilme so oft wie möglich nutzt,
gibt uns HITCHCOCK/TRUFFAUT einen Überblick über
Hitchcocks Anfänge in England und Truffauts Aufstieg
vom Kritker bis hin zu seinem hochgelobten Debütfilm
LES QUATRE CENTS COUPS. Insgesamt ist HITCHCOCK/TRUFFAUT eine gut recherchierte, aufschlussreiche und sehr sehenswerte Dokumentation über das Filmemachen und das Schreiben von Filmgeschichte.«
(Todd McCarthy)
▶ Freitag, 15. Januar 2016, 18.30 Uhr
Rear Window (Das Fenster zum Hof) | USA 1954 | R:
Alfred Hitchcock | B: John Michael Hayes, nach der
Kurzgeschichte von Cornell Woolrich | K: Robert Burks |
M: Franz Waxman | D: James Stewart, Grace Kelly,
Wendell Corey, Thelma Ritter, Raymond Burr | 112 min
| OmU | »Die Konstruktion des Films ist rein musikalisch, mehrere Themen greifen ineinander oder antworten aufeinander: Ehe, Selbstmord, Verkommenheit, Tod,
das Ganze im Licht einer raffinierten Erotik (so ist in den
Kuss-Szenen der Ton außerordentlich genau und realistisch). REAR WINDOW ist der Film der Indiskretion; er
enthüllt die intimsten Bereiche in ihren verletzlichsten
und peinlichsten Aspekten; es ist der Film des unmöglichen Glücks, der Film der schmutzigen Wäsche, die im
Hof gewaschen wird, der Film der moralischen Einsamkeit, eine außerordentliche Sympathie des Alltagslebens und der zerstörten Träume.« (Truffaut)
▶ Samstag, 16. Januar 2016, 18.30 Uhr
▶ Freitag, 29. Januar 2016, 18.30 Uhr
To Be or Not to Be (Sein oder Nichtsein) | USA 1941
| R: Ernst Lubitsch | B: Edwin Justus Mayer | K: Rudolph
Maté | M: Werner Richard Heymann | D: Carole Lombard, Jack Benny, Robert Stack, Felix Bressart, Lionel
Atwill | 92 min | OmU | »Auf dem Papier existiert eine
Lubitsch-Geschichte gar nicht, sie hat auch keinen
Sinn mehr nach der Vorführung, alles passiert während
man den Film sieht. Eine Stunde, nachdem Sie ihn gesehen haben oder ihn auch zum sechsten Mal wiedergesehen haben, wette ich mit Ihnen, dass es Ihnen absolut unmöglich ist, die Handlung von TO BE OR NOT
TO BE nachzuerzählen. Lubitschs Kino enthält keine
bloß dekorativen Einstellungen, nichts was nur da wäre,
um Eindruck zu schinden: nein, von Anfang bis Ende
steckt man bis zum Hals im Wesentlichen.« (Truffaut)
kannt, wird Ingmar Bergman mit dem großen Publikum
versöhnen.« (Truffaut)
▶ Sonntag, 31. Januar 2016, 18.30 Uhr
Casque d’or (Goldhelm) | Frankreich 1952 | R:
Jacques Becker | B: Jacques Becker, Jacques Companéez | K: Robert Lefebvre | M: Georges Van Parys | D:
Simone Signoret, Serge Reggiani, Claude Dauphin, Raymond Bussières, Odette Barencey | 100 min | OmU |
Liebesgeschichte aus dem Paris der Belle Époque. »Der
einzige Film des sonst so übertrieben sorgfältigen, peinlich genauen, detailbesessenen, nie zufriedenen und
manchmal unentschlossenen Jacques Becker, den er in
einem Anlauf, sehr schnell, in einem einzigen Schwung
geradewegs aufs Ziel los gedreht hat. Wenn man sich
für den Bau von Geschichten interessiert, kann man den
Einfallsreichtum des Drehbuchs nur bewundern. Wenn
wir einmal feststecken, mein Szenaristenfreund und ich,
kommt es nicht selten vor, dass wir uns sagen: ›Wie
wär’s mit einer Lösung à la CASQUE D’OR?‹« (Truffaut)
▶ Freitag, 5. Februar 2016, 18.30 Uhr
The Barefoot Contessa (Die barfüßige Gräfin) | USA
1954 | R+B: Joseph L. Mankiewicz | K: Jack Cardiff |
M: Mario Nascimbene | D: Ava Gardner, Humphrey Bogart, Edmond O’Brien, Marius Goring, Valentina Cortese
| 130 min | OF | »Unangebracht wäre der Einwand,
Mankiewicz habe mehrere Themen aufgegriffen, ohne
ein einziges richtig auszuführen, denn sein Vorhaben
war weniger eine Satire auf Hollywood (wiewohl es die
▶ Samstag, 30. Januar 2016, 18.30 Uhr
Viskningar och rop (Schreie und Flüstern) | Schweden 1972 | R+B: Ingmar Bergman | K: Sven Nykvist | M:
Pierre Fournier | D: Harriet Andersson, Kari Sylwan, Ingrid Thulin, Liv Ullmann, Erland Josephson | 91 min |
OmeU | »Für mich besteht die Lektion, die Bergman
uns erteilt, in drei Punkten: Befreiung des Dialogs, radikale Reinigung des Bildes, absolutes Primat des
menschlichen Antlitzes. Das menschliche Antlitz! Niemand nähert sich ihm so sehr wie Bergman. In seinen
letzten Filmen gibt es nur noch Münder, die reden,
Ohren, die lauschen, Augen, die Neugier, Begierde oder
Panik ausdrücken. Auf der großen weißen Leinwand ist
nichts, was Bergman dort nicht gewollt hat. SCHREIE
UND FLÜSTERN, einstimmig als Meisterwerk aner-
François Truffaut
Zéro de conduite (Betragen ungenügend) | Frankreich 1933 | R+B: Jean Vigo | K: Boris Kaufman | M:
Maurice Jaubert | D: Jean Dasté, Robert Le Flon, Pierre
Blanchar, Louis Lefebvre | 41 min | OmeU – L’Atalante
(Atalante) | Frankreich 1934 | R+B: Jean Vigo | K:
Boris Kaufman | M: Maurice Jaubert | D: Michel Simon,
Dita Parlo, Jean Dasté, Gilles Margaritis | 81 min |
OmeU – »Wie fast alle ersten Filme hat auch ZÉRO DE
CONDUITE etwas Experimentelles, alle möglichen mehr
oder weniger in die Handlung integrierten Einfälle. Als
Vigo kurz danach L’ATALANTE dreht, hat er selbstverständlich seine Lehren gezogen, und diesmal erreicht
er die Perfektion, das Meisterwerk. Er stellt vors Objektiv nur noch Reales, das er in Märchenhaftes verwandelt, er filmt Prosa und erreicht mühelos Poesie. ZÉRO
DE CONDUITE und L’ATALANTE genügen, um Vigo zum
größten Regisseur in der Geschichte des französischen
Films zu machen.« (Truffaut)
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schärfste ist, die je gedreht wurde), weniger ein Film
über die Impotenz (sie ist vor allem symbolisch), weniger ein Pamphlet gegen die Riviera und ihre Besucher
als das Porträt einer Frau, eines der schönsten, die das
Kino uns geboten hat, da die Frau Ava Gardner ist, die
schönste Schauspielerin Hollywoods.« (Truffaut)
▶ Samstag, 6. Februar 2016, 18.30 Uhr
NARAYAMA BuSHiKô
François Truffaut
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Narayama bushikô (Die Ballade von Narayama) |
Japan 1958 | R+B: Keisuke Kinoshita, nach Geschichten von Shichirô Fukazawa | K: Hiroshi Kusuda | M:
Chûji Kinoshita, Matsunosuke Nozawa | D: Kinuyo Tanaka, Teiji Takahashi, Yûko Mochizuki, Danko Ichikawa,
Seiji Miyaguchi | 98 min | OmeU | »Erstaunlich ist, wie
diese grausame und unmenschliche Geschichte nur in
ihrem menschlichen Aspekt gezeigt wird. Bei der verwegenen Verwendung des CinemaScope mit Kaschierungen, dem Einsatz farbiger Scheinwerfer und den
ausschweifenden Kamerafahrten muss man an Ophüls
denken. Diese japanischen Farbdrucke sind sicher
nicht das, was man sich zwischen fünf und sieben
anschaut, eher am späteren Abend, bevor man sich,
vielleicht für immer, zum Schlafen legt. Mein Gott, was
für ein schöner Film!« (Truffaut)
▶ Sonntag, 7. Februar 2016, 18.30 Uhr
Un condamné à mort s’est échappé (Ein zum Tode
Verurteilter ist entflohen) | Frankreich 1956 | R+B:
Robert Bresson, nach einem Tatsachenbericht von
André Devigny | K: Léonce-Henri Burel | M: Wolfgang
Amadeus Mozart | D: François Leterrier, Charles Le
Clainche, Maurice Beerblock, Roland Monod, Jacques
Ertaud | 100 min | OmeU | »Nicht nur Bressons schönster Film, sondern der wichtigste französische Film der
letzten zehn Jahre. Dabei geht es weder um eine Geschichte noch um eine Erzählung, noch um ein Drama.
Nur um die Beschreibung eines Ausbruchs durch die
skrupulöse Rekonstruktion einiger Gesten, die sie möglich machen. Der ganze Film ist gemacht aus den Großaufnahmen von Gegenständen und denen vom Gesicht
des Mannes, der mit den Gegenständen umgeht. Wir
leben wirklich mit Fontaine in seinem Gefängnis, nicht
nur neunzig Minuten, sondern zwei Monate lang, und
das macht es so aufregend.« (Truffaut)
Germania anno zero (Deutschland im Jahre Null) |
Italien 1948 | R: Roberto Rossellini | B: Roberto Rossellini, Carlo Lizzani, Max Colpet | K: Robert Juillard | M:
Renzo Rossellini | D: Edmund Moeschke, Ernst Pittschau, Ingetraud Hinze, Franz-Otto Krüger, Erich Gühne
| 72 min | dt. OF | »Rossellini liebt das Kino nicht, auch
nicht die Künste im allgemeinen. Er bevorzugt das
Leben, er bevorzugt den Menschen. Rossellini hasst
alles, was nicht der Idee des Films oder dem Charakter
der Person dient. Wenn ich in einigen meiner Filme
ganz einfach und ehrlich und auf eine fast dokumentarische Weise versucht habe, eine einzige Figur zu verfolgen, dann verdanke ich das ihm. Von Vigo abgesehen, ist Rossellini der einzige, der ohne Rührung das
Heranwachsen gefilmt hat, und LES QUATRE CENTS
COUPS verdankt seinem GERMANIA ANNO ZERO sehr
viel.« (Truffaut)
Ordet (Das Wort) | Dänemark 1955 | R+B: Carl-Theodor Dreyer, nach dem Stück von Kaj Munk | K: Henning
Bendtsen | M: Poul Schierbeck | D: Henrik Malberg,
Emil Hass Christensen, Cay Kristiansen, Preben Lerdorff Rye | 126 min | OmeU | »Jedes Bild in ORDET ist
von einer formalen Perfektion, die ins Sublime führt,
aber Dreyer ist bekanntlich mehr als ein bloßer ›Bildner‹, der Rhythmus ist sehr langsam, das Spiel der Darsteller hieratisch, aber dieser Rhythmus und dieses
Spiel sind außerordentlich kontrolliert, nicht ein Quadratzentimeter Zelluloid ist der Aufmerksamkeit Dreyers entgangen, der nach dem Tod Eisensteins zweifellos der anspruchsvollste Regisseur war, der, dessen fertige Filme am genauesten dem glichen, was zuvor im
Kopf dessen war, der sie konzipierte.« (Truffaut)
▶ Freitag, 12. Februar 2016, 18.30 Uhr
▶ Sonntag, 14. Februar 2016, 18.30 Uhr
▶ Samstag, 13. Februar 2016, 18.30 Uhr
Lola Montez | BRD 1955 | R: Max Ophüls | B: Jacques
Natanson, Annette Wademant, Franz Geiger, Max
Ophüls | K: Christian Matras | M: Georges Auric | D:
Martine Carol, Peter Ustinov, Adolf Wohlbrück, Oskar
Werner, Ivan Desny | 116 min | »Es geht hier weniger
darum, einer Geschichte zu folgen, als ein Frauenporträt zu betrachten; das Bild ist so voll und reich, dass
man nicht alles auf einmal sehen kann, aber so hat der
Autor es gewollt, und unseren Ohren bietet er gleich
mehrere Unterhaltungen auf einmal. Ophüls interessieren offensichtlich weniger die starken Momente der
Handlung als das, was dazwischen passiert. Der Text,
von dem wir nur Fetzen mitbekommen – was wir davon
hören, hilft uns, uns das Übrige dazuzudenken, wie im
Leben auch –, ist von einer kunstvollen Lakonik.« (Truffaut)
▶ Freitag, 19. Februar 2016, 18.30 Uhr
▶ Samstag, 27. Februar 2015, 18.30 Uhr
Annie Hall (Der Stadtneurotiker) | USA 1977 | R:
Woody Allen | B: Woody Allen, Marshall Brickman | K:
Gordon Willis | M: Carmen Lombardo, Isham Jones | D:
Woody Allen, Diane Keaton, Tony Roberts, Carol Kane,
Paul Simon | 93 min | OmU | »Es handelt sich um eine
gefilmte Autobiografie oder, wenn man das lieber mag,
um einen fiktiven, mit persönlichen Aspekten durchsetzten Film. Das Thema? Die Liebe natürlich! Warum
endet eine Liebe, wie hat sie begonnen, ist das nicht
das beste Sujet für einen Film und auch für tausend
Filme? ANNIE HALL ist ein New Yorker Liebesfilm,
gegen Hollywood gedreht, beeinflusst von Europa, aber
trotzdem ganz und gar ein amerikanischer Film. ANNIE
HALL schafft es, wahre Charaktere mit wahren Gefühlen auf die Leinwand zu bringen.« (Truffaut)
Citizen Kane | USA 1941 | R: Orson Welles | B: Orson
Welles, Herman J. Mankiewicz | K: Gregg Toland | M:
Bernard Herrmann | D: Orson Welles, Harry Shannon,
Agnes Moorehead, Joseph Cotten, George Coulouris |
119 min | OmU | »CITIZEN KANE ist zugleich eine Demonstration des Willens zur Macht, eine Hymne auf die
Jugend und eine Meditation über das Alter, ein Essay
über die Eitelkeit alles menschlichen Strebens und zugleich ein Gedicht über den Verfall, und hinter all dem
François Truffaut
Bonjour Tristesse | USA 1958 | R: Otto Preminger | B:
Arthur Laurents, nach dem Roman von Françoise
Sagan | K: Georges Périnal | M: Georges Auric | D:
Deborah Kerr, David Niven, Jean Seberg, Mylène Demongeot, Geoffrey Horne | 94 min | OF | »Otto Preminger ist ein nicht sehr kommerzieller Regisseur, wohl,
weil er sich der Suche nach einer besonders winzigen,
kaum wahrnehmbaren Wahrheit widmet: der Wahrheit
der Blicke, der Gesten und der Haltungen. Bei diesem
Maler, der verliebt ist ins kleine Detail, das nicht ins
Auge springt, dient der Aufwand des Rahmens dazu,
die vorsätzliche Belanglosigkeit der Zeichnung hervortreten zu lassen. Immer, wenn Jean Seberg auf der
Leinwand ist, das heißt, den ganzen Film über, hat man
nur Blicke für sie, so graziös ist sie noch in der beiläufigen Bewegung, so genau in jedem Blick.« (Truffaut)
▶ Samstag, 20. Februar 2016, 18.30 Uhr
La règle du jeu (Die Spielregel) | Frankreich 1939 | R:
Jean Renoir | B: Jean Renoir, Carl Koch | K: Jean Bachelet | M: Joseph Kosma | D: Nora Gregor, Paulette
Dubost, Roland Toutain, Julien Carette, Jean Renoir |
106 min | OmU | »LA RÈGLE DU JEU ist das Credo der
Cinephilen, der Film der Filme, der meistgehasste bei
seinem Erscheinen, der meistgeschätzte danach. Im
Rahmen dieses ›heiteren Dramas‹ behandelt Renoir unauffällig eine ganze Menge allgemeiner wie besonderer
Ideen und bringt seine große Liebe zu den Frauen zum
Ausdruck. LA RÈGLE DU JEU ist mit CITIZEN KANE bestimmt der Film, der am meisten junge Leute veranlasst
hat, sich dem Beruf des Regisseurs zuzuwenden; man
betrachtet diesen Film mit einem außerordentlich starken Gefühl von Komplizenschaft.« (Truffaut)
▶ Freitag, 26. Februar 2015, 18.30 Uhr
75
eine Reflexion über die Einsamkeit außergewöhnlicher
Menschen, Genies oder Monstren, monströser Genies.
CITIZEN KANE ist in all seinen experimentellen Aspekten ein Erstlingswerk und durch seine globale Sicht der
Welt ein Testament. In CITIZEN KANE steckt eine persönliche, großzügige und vornehme Philosophie der
Welt.« (Truffaut)
▶ Sonntag, 28. Februar 2015, 18.30 Uhr
Heynowski & Scheumann
Gerhard Scheumann (links) und Walter Heynowski (rechts)
Walter Heynowski & Gerhard Scheumann
76
Es schlug wie eine Bombe ein, als die beiden Regisseure Walter Heynowski und Gerhard Scheumann
1966 ihren Dokumentarfilm DER LACHENDE MANN
präsentierten. Ein aus der Bundesrepublik stammender
Söldner, genannt »Kongo-Müller«, der vor laufender
Kamera, mit einem Glas Pernod in der Hand, über seine
Mordtaten in Afrika schwadroniert und sich der massenhaften Abschlachtung von Menschen rühmt. DER
LACHENDE MANN wurde von Festival zu Festival gereicht und kontrovers diskutiert wie selten ein Dokumentarfilm vorher. Auch viele andere, spätere Arbeiten
von Heynowski und Scheumann machten in Ost wie
West Furore, in Leipzig, Moskau, Oberhausen, Mannheim, Paris, Montreal. Ihr Studio H&S wurde international preisgekrönt; ihnen zu Ehren gab es Retrospektiven
in mehr als vierzig Ländern. So war es jedenfalls bis in
die späten 1980er-Jahre, als es mit »ihrem« Staat, der
DDR, zu Ende ging und die beiden fast nur noch als
Propagandisten des untergegangenen Systems in den
Orkus des Vergessens verbannt wurden.
Dabei gilt auch für dieses Œuvre, was sich Gerhard
Scheumann 1988 fürs Werk seines großen Vorbilds
Joris Ivens gewünscht hatte: »Dass Dokumentarfilme,
deren Gegenstände historisch überlebt sind, deshalb
nicht auch als ›überlebt‹ gelten und damit in der Versenkung verschwinden. Dialektischer Umgang mit solchem Material verlangt vielmehr, es immer wieder zu
zeigen, auf dass sich der Zuschauer durch wenige
Worte zuvor oder danach überzeugen könnte, dass die
Geschichte sich tatsächlich bewegt.« Und ein jüngerer
Regie-Kollege und Historiker urteilte Mitte der 1990erJahre: »Ich bin dafür, dass wir mit H&S sorgsam umgehen und sie vor dem zeitgeschichtlichen und biografischen Hintergrund behandeln. Immerhin sind sie
gegenüber der Agitprop-Dutzendware aus dem Studio
wenigstens Filme. Diese Filme zeichnet ein hoher Standard an Argumentation, Rhetorik und Inanspruchnahme künstlerischer Mittel aus. Sie haben in ihrer Zeit
Wirkung gehabt und Zeichen gesetzt. Propagandafilm
ist zunächst weder gut noch schlecht. Es gibt gute Propaganda, es gibt schlechte, und es gibt dies für gute
und schlechte Sachen« (Günter Jordan).
Wagen wir also einen neuen Blick auf Heynowski und
Scheumann, die sich über mehr als zwei Jahrzehnte ve-
kam als Elfjähriger auf eine »Nationalpolitische Erziehungsanstalt« (Napola), musste dann aus seiner ostpreußischen Heimat flüchten. Nach 1945 waren sie
beide davon überzeugt, dass ein »radikaler Neuanfang«
für Deutschland nötig sei: »Junge, auch ältere Deutsche kamen zu dem Entschluss, Deutschland müsse
sehr anders werden, vor allem seine Eigentums-,
Macht- und Kommandostrukturen. Auch der Internationalismus war immer auch Abtragen nationaler Schuld
im Wissen um das, was geschehen war«, sagte der Publizist Klaus Wischnewski 1998 zum Tod von Scheumann. Und: »Man muss begreifen, dass es mit solcher
Entscheidung und Haltung in der real existierenden
Welt für ihn keine Varianten und Auswege gab, in keine
Himmelsrichtung, weder bequeme, miese, noch spektakuläre, dramatische, als die Hoffnung verbraucht, die
Utopie verbannt war.«
Auf die Frage nach ihren einstigen Prinzipien erwiderte
Scheumann 1997: »Natürlich waren wir von der Auffassung geprägt, dass wir uns in einer Epoche des weltweiten Übergangs vom Kapitalismus zum Sozialismus
befinden. Vom Ende her betrachtet könnte man natürlich sagen, dass die Definition vom Charakter der Epoche durch die Geschichte widerlegt ist.« Doch es »bleiben einige Positionen, deren wir uns niemals zu schämen brauchen, sowohl was Chile als auch Vietnam und
Kambodscha betrifft. Wir können sagen, wir sind mit
unseren Filmen dabei gewesen.« Namentlich die Filme
über den Krieg in Vietnam, so wie 100 (1971), DIE TEUFELSINSEL (1976) oder EIN VIETNAMFLÜCHTLING
(1979), und der Chile-Zyklus gehörten zum Repertoire
aller namhaften Festivals weltweit.
Das Ende des Studios H&S erfolgte freilich nicht erst
mit dem Ende der DDR. Schon 1982 wurde hier ein
radikaler Schlussstrich gezogen. Was war geschehen?
Den letzten Anlass für die Liquidierung des Studios bildete 1982 ein Diskussionsbeitrag Gerhard Scheumanns auf dem IV. Kongress des Verbandes der Filmund Fernsehschaffenden der DDR. Scheumann ritt eine
scharfe Attacke gegen die Medienpolitik der SED unter
dem dafür verantwortlichen Sekretär des Zentralkomitees Joachim Herrmann. Zu hören waren Sätze wie:
»Die Qualität der Medienpolitik ist ein Gradmesser für
die soziale Kultur eines Landes. In dem Maße, wie sich
eine Gesellschaft über ihre Probleme öffentlich verständigt, bekundet sie entweder ihre Reife oder Unreife.«
Oder: »Wenn der Dokumentarfilm nur als Vehikel der
täglichen Medienpolitik benutzt werden soll, muss er
verkommen. Wenn er sich entwickeln soll, muss er
einen weiteren Radius ausschreiten dürfen als die auf
den Tag und die Stunde orientierte Politik.«
Heynowski & Scheumann
hement, so streitbar wie umstritten, in die Debatten um
Themen, Ästhetiken und die Ethik des internationalen
Dokumentarfilms eingebracht haben.
Walter Heynowski, geboren 1927, und Gerhard Scheumann, geboren 1930, kamen vom Journalismus und
machten seit Mitte der 1960er-Jahre gemeinsam
Filme für Kino und Fernsehen. Gerhard Scheumann
starb 1998 an Krebs. Walter Heynowski trat erst 2003
wieder vor die Kamera: für ein fast zehnstündiges Zeitzeugen-Gespräch der DEFA-Stiftung. Ausschlaggebend
für seine Zusage, dieses Gespräch zu führen, war die
Tatsache, dass er kurz zuvor von der chilenischen Regierung für Chile-Filme wie MITBÜRGER, GELDSORGEN
oder EL GOLPE BLANCO, die er ab 1973 gemeinsam
mit Scheumann gedreht hatte, in Santiago mit einer
hohen staatlichen Auszeichnung geehrt worden war.
2007 legte Heynowski dann den ersten Band seiner
Memoiren vor: »Der Film meines Lebens«, ein Buch
über seine Kindheit und Jugend. Am zweiten Band
arbeitet er derzeit.
Zu politischen Knotenpunkten im Schaffen von H&S
wurden Westdeutschland, Vietnam, Chile und Kampuchea. H&S engagierten sich gegen den Krieg in Südostasien, gegen den faschistischen Militärputsch Pinochets, gegen alte und neue Nazis in der BRD. Die DDR
interessierte sie nur sehr am Rande. Frühe, international viel beachtete Höhepunkte ihrer Arbeit waren neben
DER LACHENDE MANN auch dessen Vorläufer-Film
KOMMANDO 52 (1965) sowie GEISTERSTUNDE (1967)
über die Wahrsagerin Buchela, die sich »Orakel von
Bonn« nannte und bei der sich selbst hochrangige Politiker Rat und Beistand holten. In PILOTEN IM PYJAMA
(1967-68) interviewten H&S US-amerikanische Flieger,
die abgeschossen worden waren und nun in vietnamesischen Gefängnissen saßen. Diese Filme trugen dazu
bei, dass den beiden Regisseuren von der DDR-Regierung genehmigt wurde, ab 1. Mai 1969 ein eigenes,
von der DEFA unabhängiges Studio H&S einzurichten.
Dieses Studio besaß Privilegien, von denen andere
DDR-Filmemacher nur träumen konnten: ökonomische
Autonomie (einschließlich Devisen), Reisepässe, Videotechnik, Druckkapazitäten für Begleitbücher und mehrsprachige Werbeprospekte. Das war alles andere als
»normal« im ökonomisch chronisch schwächelnden
Ländchen.
Auf der Suche nach Wurzeln für ihr Engagement müssen die Biografien der beiden Regisseure befragt werden. Heynowski und Scheumann waren in der Nazizeit
aufgewachsen, hatten den Krieg bewusst miterlebt.
Heynowski war Luftwaffenhelfer und Soldat der Wehrmacht, geriet dann in Gefangenschaft. Scheumann
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Heynowski & Scheumann
Was Scheumann zu dieser Brandrede bewog, waren
nicht zuletzt Querelen um einen neuen KampucheaFilm, den die SED-Agitationsabteilung aus Gründen
einer neuen diplomatischen Annäherung an das chinesische Regime nicht gebrauchen konnte. Was für
Scheumann nach dieser Rede folgte, war verheerend:
Parteistrafe, Absetzung als Jurypräsident des Leipziger
Dokumentarfilmfestivals einschließlich eines Reiseverbots zu diesem Festival, dann Auflösung des Studios.
Beide Regisseure wurden in das DEFA-Studio für Dokumentarfilme re-integriert. Erst 1986 durften Heynowski
und Scheumann das Kürzel H&S wieder benutzen; zu
ihren späten Filmen gehörten dann DIE LÜGE UND DER
TOD (1988) über ein Kapitel der Judenverfolgung in
Nazi-Deutschland und KAMERAD KRÜGER (1989) über
einen unbelehrbaren Altnazi.
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Eine enge Mitarbeiterin an der Akademie der Künste,
Regine Herrmann, schrieb nach Scheumanns Tod: »Der
Konflikt zwischen selbst gewählter Pflicht und Neigung
wurde im Aushalten für ihn unerträglich. Das Fortschreiten innerer Abneigung und auch die Verachtung
gegenüber politischer Kleingeisterei habe ich oft bemerken können. Um welchen Preis aber glaubte er,
dem offiziösen Erwartungsdruck standhalten zu müssen, so wie es sein preußisches Pflichtbewusstsein ihm
gebot? Warum übte er wider besseres Wissen Loyalität …?«
In vielen ihrer Filme nutzten H&S die Möglichkeit, sich
auch künstlerisch-ästhetisch zu beweisen, ja vielleicht
sogar eine Vollkommenheit von Inhalt und Form zu
erreichen. Dass ihnen osteuropäische Kollegen wie der
Moskauer Regisseur Roman Karmen dafür Lob spende-
ten, lag auf der Hand, aber auch im Westen bescheinigte man ihnen, bei aller politischer Distanz, die
»Schlagkraft und Brillanz ihrer Filme«, eine »formale Virtuosität« (Wilhelm Roth). Der Westberliner Filmhistoriker Hans-Joachim Schlegel erkannte »filmsprachlich
bewusst kalkulierte, bis ins Detail genau eingeplante
Erfolge«. Wilhelm Roth schrieb über Chile-Filme wie
PSALM 18 (1974), »ihre Methode der emotionalen
oder satirischen Zuspitzung (funktioniere hier) am
besten, das treffende Detail steht stellvertretend für die
Totalität der Wirklichkeit«. In dem wohl diffizilsten, vielleicht auch schmerzhaftesten Filmprojekt, dem sich
H&S widmeten, DIE ANGKAR (1981) über das Terrorregime des Henkers Pol Pot, wurden die Auswüchse
der eigenen Ideologie beschrieben: Ein Kritiker nannte
ihn »eine kurze, aber nachhaltige Lektion über Austauschbarkeit von Worten, Parolen, Emblemen, auch
über die Verführbarkeit durch Oberflächen, das Verhältnis von ›einfacher‹ und komplizierter Wahrheit. Das Finden der Wahrheit ist nicht einfacher geworden – im Gegenteil« (Fred Gehler).
Allein DIE ANGKAR sowie die kurzen Chile- und Vietnam-Filme, darunter der berührende filmische Aufruf,
Blut für Vietnam zu spenden (400 CM3, 1966), mit
einem originalen, a cappella gesungenen Chorwerk von
Paul Dessau, geben genug Material für eine eingehende filmästhetische Analyse der Arbeit und Lebensleistung von H&S. Der Filmhistoriker Olaf Möller
schrieb: »Die Trennung von Propaganda und Dokument
ist Walter Heynowski & Gerhard Scheumann fremd.
Eine Wahrheit, also die Meinung, ist etwas, worum man
kämpfen muss; Wahrheit muss man schaffen.« H&S
besäßen, wie ihre westdeutschen TV-Kollegen Dieter
Ertel oder Roman Brodmann, den »Charme eines marodierenden Meinungslandsknechts, der sinnstiftend
durch Feindesland stapft, der den Feind konfrontiert,
nie wirklich getarnt, lügend, nur einfach nicht alles
sagend …«
Bis heute gibt es viele Fragen, die an die Filme von H&S
zu stellen sind. Fragen nach Mut und Angst, nach dem
Wechselspiel von Hoffnungen und Illusionen, Stolz und
Arroganz, Fragen zu ihren Zweifeln und ihrem Opportunismus, zu Wahrheit und Lüge – überhaupt zum Ethos
des Filmemachens. Was hatte es mit dem oft konstatierten Sarkasmus (oder Zynismus?) in den Filmkommentaren von H&S auf sich? Wie gingen die beiden Regisseure hinter der Kamera und am Schneidetisch mit
den Protagonisten ihrer Filme um, was blendeten sie
aus, was legten sie bloß, was übersahen sie; was wollten, was mussten sie übersehen? Wo standen sich Realität, Wahrhaftigkeit und Propaganda im Wege? Und wo
Mitbürger | DDR 1974 | R+B: Walter Heynowski, Gerhard Scheumann | K: Peter Hellmich | 8 min | Salvador
Allendes Abschiedsrede während des Militärputsches
am 11. September 1973, unterlegt mit Fotos und Filmaufnahmen. – Psalm 18 | DDR 1974 | R+B: Walter
Heynowski, Gerhard Scheumann | K: Peter Hellmich |
6 min | Die Kirche und das Militär – Bilder einer unheiligen Allianz, zur Realsatire verdichtet. – Geldsorgen |
DDR 1975 | R+B: Walter Heynowski, Gerhard Scheumann | K: Peter Hellmich | 6 min | Chilenische Geldscheine, auf die regimekritische Parolen gekritzelt wurden. Und was der Direktor der chilenischen Zentralbank dazu zu sagen weiß. – El Golpe Blanco (Der
weiße Putsch) | DDR 1975 | R+B: Walter Heynowski,
Gerhard Scheumann | K: Peter Hellmich, Horst Donth,
Winfried Goldner | M: Reiner Bredemeyer | 70 min |
Spektakuläre Analyse der Hintergründe des Militärputsches gegen die Unidad Popular, einschließlich der
Rolle des US-amerikanischen Geheimdienstes CIA, der
seit den Wahlen vom Herbst 1970 und der Regierungsübernahme des linken Präsidenten Salvador Allende
»ein ganzes Heer von Provokateuren« finanzierte.
▶ Dienstag, 12. Januar 2016, 21.00 Uhr | Zu Gast: Ralf
Schenk
Der Mann an der Rampe | DDR 1989 | R+B: Walter
Heynowski, Gerhard Scheumann | K: Horst Donth, Winfried Goldner | M: Georg Katzer | 13 min | Porträt eines
Schreibtischtäters aus dem KZ Auschwitz, der nach
dem Zweiten Weltkrieg einen neuen Platz in der Bundeswehrverwaltung fand. – Kamerad Krüger | DDR
1989 | R+B: Walter Heynowski, Gerhard Scheumann |
K: Horst Donth, Peter Hellmich | 94 min | Die Geschichte des früheren SS-Oberscharführers Walter Krüger, Mitglied der »Leibstandarte Adolf Hitler«, der noch
1988 ein Jahrestreffen von SS-Veteranen im bayerischen Nesselwang organisiert und ohne jede Reue das
NS-System und seine eigene Rolle darin glorifiziert.
Heynowski und Scheumann nähern sich ihm auf altbewährte Art und Weise, geben sich als westdeutsche
Journalisten aus und entlocken ihm entlarvende Geständnisse. »Vielschichtige Montage von historischen
Bilddokumenten und aktuellem Material sowie Musikakzenten, die die Erregung steigern.« (Elke Schieber)
▶ Dienstag, 19. Januar 2016, 21.00 Uhr
400 cm3 | DDR 1966 | R: Walter Heynowski | B: Walter
Heynowski, Gerhard Scheumann | K: Werner Bergmann, Horst Donth | M: Paul Dessau | 6 min | Aufruf zur
Blutspende für Vietnam, montiert zu Hölderlins Ode
»Der Tod fürs Vaterland«. – 100 | DDR 1971 | R+B: Walter Heynowski | K: Thomas Billhardt, Horst Donth |
6 min | Hundert Liegestütze: Strafe für jene US-Soldaten, die sich weigern, Vietnamesen als »Schweine« zu
bezeichnen. – Eintritt kostenlos | DDR 1976 | R+B:
Walter Heynowski, Gerhard Scheumann, Peter Hellmich
| K: Peter Hellmich, Horst Donth, Winfried Goldner |
11 min | Ein Jahr nach Kriegsende: Besuch in Hanoier
Museen, in denen Exponate zur US-Invasion ausgestellt
sind. – Die Teufelsinsel | DDR 1976 | R+B: Walter
Heynowski, Gerhard Scheumann | K: Peter Hellmich,
Horst Donth, Winfried Goldner | M: Sergio Ortega |
61 min | Die Folterwerkstatt in einem südvietnamesischen Gefängnis für politische Gefangene. – Am Wassergraben | DDR 1978 | R+B: Walter Heynowski, Gerhard Scheumann | K: Peter Hellmich | 16 min | Erinnerung an das US-Massaker von My Lai. – Ein Vietnamflüchtling | DDR 1979 | R+B: Walter Heynowski, Gerhard Scheumann | 4 min | Ein südvietnamesischer Polizeigeneral als Restaurantbesitzer in den USA. – Amok |
Heynowski & Scheumann
flossen sie ineinander über – im Ringen um die viel
beschworene, aus konkreten historischen Umständen
gewachsene Idee einer »besseren Welt«? Die Filme von
H&S sind und bleiben markante politische Zeichen
ihrer Ära – und spannende ästhetische Versuchsanordnungen.
Ralf Schenk
79
DDR 1984 | R+B: Walter Heynowski, Gerhard Scheumann | K: Horst Donth, Winfried Goldner | M: Rainer
Böhm | 14 min | Ein Vietnam-Veteran als Amokläufer.
▶ Dienstag, 26. Januar 2016, 21.00 Uhr
Piloten im Pyjama: Hilton-Hanoi | DDR 1968 | R+B:
Walter Heynowski, Gerhard Scheumann | K: Hans Eberhard Leupold, Gerhard Münch, Peter Hellmich, Horst
Donth | M: Reiner Bredemeyer | 62 min | Ein Film, der
seinerzeit weltweit Aufsehen erregte: Die nordvietnamesische Regierung gestattete es zum ersten Mal, dass
abgeschossene US-amerikanische Bomberpiloten über
ihre militärischen Aufträge und politischen Einstellungen befragt werden durften. »Vor der Kamera sieht
man offensichtlich nervöse, unter psychischem Druck
stehende Amerikaner, die eine Befragung über sich ergehen lassen, die mehr den Charakter einer Gerichtsverhandlung trägt; unablässig müssen sie bekunden,
wie gut es ihnen in nordvietnamesischer Gefangenschaft gehe« (Ulrich Gregor). Mit viel Sympathie für das
vietnamesische Volk und ebenso viel Hass auf die USInvasoren gedrehtes, propagandistisches Haupt- und
Staatsprojekt von H&S. – Zeitzeugengespräch mit
Walter Heynowski | Deutschland 2003 | R+B: Ralf
Schenk | 32 min | Ausschnitte aus einem rund zehnstündigen Gespräch, das Walter Heynowski nach langem Schweigen der DEFA-Stiftung gewährte.
Heynowski & Scheumann
▶ Dienstag, 2. Februar 2016, 21.00 Uhr
80
Kommando 52 | DDR 1965 | R+B: Walter Heynowski |
K: Peter Hellmich, Horst Donth, Thomas Billhardt | M:
Dieter Zechlin | 35 min | Westeuropäische Söldner im
Kongo, die im Dienst des Diktators Tschombé in großem Umfang morden und deren Taten von »ihren« Regierungen gedeckt werden. Ein politischer Aufklärungsfilm, der nachzuweisen sucht, dass deutsche Kriegsverbrecher ihr schmutziges Handwerk auch nach dem
Ende des NS-Regimes kontinuierlich fortsetzten. – Der
lachende Mann | DDR 1966 | R+B: Walter Heynowski,
Gerhard Scheumann | K: Peter Hellmich, Horst Donth |
65 min | Major Siegfried Müller, beteiligt am Genozid im
Kongo, gibt vor der Kamera freimütig und selbstbewusst Auskunft über sein Seelenleben. Fotografiert
vor dunklem Hintergrund, »um die ganze Aufmerksamkeit auf Kopf und Oberkörper des Scheusals zu richten«
(Gerhard Scheumann). Abgefüllt mit Pernod, plaudert
sich »Kongo-Müller« um Kopf und Kragen – und die internationale Kritik debattierte darüber, ob es ein legitimes Verfahren gewesen sei, dass die Dokumentaristen
ihre »Jagdbeute« mit Alkohol gefügig machten.
▶ Dienstag, 16. Februar 2016, 21.00 Uhr
Exercises | DDR 1981 | R+B: Walter Heynowski, Gerhard Scheumann | K: Peter Hellmich | 10 min | Besuch
in der Schule der Schönen Künste in Phnom Penh, zwei
Jahre nach dem Ende der mörderischen Herrschaft der
Roten Khmer. – Die Angkar | DDR 1981 | R+B: Walter
Heynowski, Gerhard Scheumann | K: Peter Hellmich,
Horst Donth, Winfried Goldner | 91 min | Anhand der
Häftlingskartei des Vernichtungslagers Toul Sleng / S 21
in Phnom Penh rekonstruiert der Film die Schreckensherrschaft des Pol-Pot-Regimes. Bilder von Opfern und
Tätern. Der Versuch, Alltag und Tathergänge zu rekonstruieren – damit nichts vergessen wird, weder die
Toten noch die Lebenden. »In diesem Film wird nichts
verschwiegen, auch nicht, was die eigene Ideologie
und politische Haltung beschädigte: Hammer und Sichel über dem Bilde Pol Pots; Lenin und eine Fahne mit
Hammer und Sichel« (Elke Schieber). Zugleich eine
selbstreflexive Parabel über Authentizität und Fälschung, Realismus und Lüge, das Verbiegen von Wahrheit im Dokumentarfilm. Eine der stärksten Produktionen von H&S.
▶ Dienstag, 23. Februar 2016, 21.00 Uhr
o.k. | DDR 1964 | R+B: Walter Heynowski | K: Hans
Eberhard Leupold, Claus Neumann, Peter Hellmich | M:
André Asriel | 32 min | Eine junge Frau, die aus der
DDR in die BRD übergesiedelt war und in einem Animierlokal für US-amerikanische Soldaten landete, entschließt sich zur Rückkehr. – Geisterstunde | DDR
1967 | R: Walter Heynowski | B: Walter Heynowski, Gerhard Scheumann | K: Peter Hellmich | M: Reiner Bredemeyer | 78 min | Gespräche mit Margarete Goussanthier, genannt »Die Buchela«, die in ihrem Haus in Remagen auch Bonner Politikern die Zukunft voraussagt.
Eine ältere Dame, die scheinbar alles weiß, aber nicht
erkennt, dass sie ostdeutschen Dokumentaristen in die
satirische Falle ging. – Mit vorzüglicher Hochachtung | DDR 1967 | R: Walter Heynowski, Peter Voigt |
B: Walter Heynowski | K: Hans Eberhard Leupold |
6 min | Auf einem Gastspiel in der BRD werden allen
Mitgliedern des ostdeutschen Bach-Orchesters mysteriöse Zettel unter ihren Hoteltüren durchgeschoben. –
Teufelszeug | DDR 1987 | R+B: Walter Heynowski,
Gerhard Scheumann | K: Peter Hellmich | 12 min |
Beobachtungen und Interviews während einer Demonstration im Hunsrück gegen die Stationierung von Cruise
Missiles im Rahmen des NATO-Doppelbeschlusses.
▶ Dienstag, 1. März 2016, 21.00 Uhr
Die Reihe FilmWeltWirtschaft kooperiert dieses Mal mit
der Futurale, dem Filmfestival zum Thema Zukunft der
Arbeit, das vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Rahmen des Dialogprozesses Arbeiten 4.0 initiiert wurde und das durch 25 Kinos und Städte tourt.
Damit soll ein breiter Dialog über die Zukunft der Arbeit
in Gang gesetzt werden: Wie wollen wir arbeiten? Wie
verändert sich Arbeit vor dem Hintergrund des technischen und gesellschaftlichen Wandels? Die Digitalisierung verändert nicht nur Unternehmens- und Produktionsprozesse, sondern schafft auch neue Arbeitsformen
und stellt neue Anforderungen sowohl an Beschäftigte
als auch an Unternehmen. Die »digitale Revolution«
schafft neue Märkte, Produkte und Arbeitsmodelle, sie
bietet Chancen und birgt Risiken, weckt Hoffnungen
und schürt Ängste.
Sieben Dokumentarfilme bieten einen spannenden
Einblick in eine Gegenwart, in der die Zukunft bereits
sichtbar wird. Eine der faszinierendsten neuen Errungenschaften ist der 3D-Drucker, mit dem scheinbar
fast alles schnell und kostengünstig selbst designt und
hergestellt werden kann. PRINT THE LEGEND von Luis
Lopez und Clay Tweel zeigt die rasante Entwicklung der
Brooklyner Firma MakerBot Industries und porträtiert
die Köpfe hinter dem erfolgreichen Start-up-Unternehmen. Neue Freiheiten in der Verbindung von Leben
und Arbeiten untersucht der Hamburger Filmemacher
Thorsten Kolsch, der in DIGITALE NOMADEN –
DEUTSCHLAND ZIEHT AUS die Geschichten von fünf
etablierten digitalen Nomaden erzählt und herausfinden will, ob dieses Lebensmodell – die selbstständige
ortsunabhängige Erwerbsarbeit mit dem Laptop – auch
für ihn denkbar wäre. PLEASE SUBSCRIBE von Dan
Dobi porträtiert professionelle YouTuber, die von ihrem
»Hobby« inzwischen leben können und von denen manche sogar zu Stars im Netz geworden sind. Der niederländische Film IK BEN ALICE von Sander Burger begleitet in Amsterdam das Projekt einer interdisziplinär
aufgestellten Gruppe beim prototypischen Einsatz eines
sogenannten Socio-Bots: Alice, ein 60cm großes Automatenwesen ist lernfähig, vernetzt und gesprächskompetent. Ihre Gegenüber sind drei allein lebende Seniorinnen, deren Tage nur selten durch den Besuch von
Freunden und Pflegekräften unterbrochen werden.
Alice, deren Software auf emotionale Intelligenz ausgerichtet ist, bleibt oft als einzige »Bezugsperson«.
Nach jeder Filmvorführung bieten regionale Experten
und Akteure eine Diskussionsrunde zur Zukunft der
Arbeit. Das Festival wird am 21. Januar 2016 von der
Bundesministerin für Arbeit und Soziales Andrea Nahles eröffnet. Über die Apps Greta+Starks werden alle
Filme mit Audiodeskription und Untertiteln für Gehörlose angeboten. Zum Festival erscheint ein Flyer,
in dem die genauen Termine bekanntgegeben werden.
www.arbeitenviernull.de
Claudia Engelhardt
▶ Donnerstag, 21. Januar bis Sonntag, 24. Januar 2016
FilmWeltWirtschaft
iK BEN ALiCE
FilmWeltWirtschaft – Arbeiten 4.0
81
f
münchen
Donnerstag, 3. September 2015
19.00 Stummfilmtage
Doktor Satansohn D 1916 | Edmund Edel | 44 min
Seite 3
Synthetic Sin (Erfahrene Frau gesucht)
USA 1929 | William A. Seiter | 72 min | OF | \ Richard Siedhoff | 2 Stefan Drößler
Freitag, 4. September 2015
18.30 Stummfilmtage
Činy i ljudi (Auf den Hund gekommen)
SU 1929 | Michail Doller, Jakov Protazanov | 73 min | OmU | \ Richard Siedhoff
Seite 3
21.00 Stummfilmtage
The Sheik of Araby USA 1927 | Dave Fleischer | 7 min | OF
Beau Geste (Blutsbrüderschaft)
USA 1926 | Herbert Brenon | 125 min | OF | \ Günter A. Buchwald
Seite 4
18.30 Stummfilmtage
Norrtullsligan (Weibliche Junggesellen)
Schweden 1923 | Per Lindberg | 76 min | OmU | \ Günter A. Buchwald
Seite 4
21.00 Stummfilmtage
Varieté
Deutschland 1925 | Ewald André Dupont | 104 min | \ Richard Siedhoff
Seite 4
18.30 Stummfilmtage
Dva Dni (Zwei Tage)
Ukraine 1927 | Heorhii Stabovyi | 66 min | OmU | \ Joachim Bärenz
Seite 4
21.00 Stummfilmtage
The Playhouse USA 1921 | Buster Keaton, Edward F. Cline | 23 min | OF
The Way of the Strong (Der Weg des Starken)
USA 1928 | Frank Capra | 61 min | OF | \ Günter A. Buchwald
Seite 5
18.30 Stummfilmtage
Oi peripeteies tou Villar Griechenland 1924 | 23 min | OmU
La proie du vent (Die Beute des Windes)
Frankreich 1927 | René Clair | 83 min | OmU | \ Joachim Bärenz
Seite 5
21.00 Jean Paul Gaultier
The Fifth Element (Das fünfte Element)
Frankreich 1997 | Luc Besson | 126 min | OmU
Seite 7
Lian ai yu yi wu (Liebe und Pflichten)
China 1931 | Wancang Bu | 152 min | OmeU | \ Joachim Bärenz
Seite 5
Samstag, 5. September 2015
Sonntag, 6. September 2015
Dienstag, 8. September 2015
Kalenderübersicht
Mittwoch, 9. September 2015
82
19.00 Stummfilmtage
Donnerstag, 10. September 2015
19.00 Open Scene
Freitag, 11. September 2015
18.30 Ingrid Bergman
Munkbrogreven (Der Graf von der Mönchsbrücke)
Schweden 1935 | Edvin Adolphson, Sigurd Wallén | 93 min | OmeU
Seite 14
21.00 Hollywood ohne
Schranken
The Sin of Nora Moran (Die Sünde der Nora Moran)
USA 1933 | Phil Goldstone | 65 min | OF
Seite 24
Samstag, 12. September 2015
18.30 Ingrid Bergman
Intermezzo
Schweden 1936 | Gustaf Molander | 92 min | OmeU
Seite 14
21.00 Hollywood ohne
Schranken
Night Nurse (Nachtschwester)
USA 1931 | William A. Wellman | 72 min | OF
Seite 25
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450
f
münchen
Sonntag, 13. September 2015
18.30 Ingrid Bergman
Die vier Gesellen
Deutschland 1938 | Carl Froelich | 96 min
Seite 14
21.00 Hollywood ohne
Schranken
Christopher Strong
USA 1933 | Dorothy Arzner | 78 min | OF
Seite 25
Dienstag, 15. September 2015
19.00 Jean Paul Gaultier
Falbalas (Sein letztes Modell)
Seite 7
Frankreich 1945 | Jacques Becker | 111 min | OmeU | / Jean Paul Gaultier
Les falbalas de Jean Paul Gaultier (Die Rüschen von Jean Paul Gaultier)
Frankreich 2004 | Tonie Marshall | 54 min | OmeU
Mittwoch, 16. September 2015
18.30 Ingrid Bergman
En kvinnas ansikte (Das Gesicht einer Frau)
Schweden 1938 | Gustaf Molander | 104 min | OmeU
Seite 14
21.00 Wahn und Kunst
Lust for Life (Vincent van Gogh – Ein Leben in Leidenschaft)
USA 1956 | Vincente Minnelli | 122 min | OmU
Seite 35
Donnerstag, 17. September 2015
19.00 Open Scene
Freitag, 18. September 2015
18.30 Ingrid Bergman
Intermezzo
USA 1939 | Gregory Ratoff | 70 min | OF
Seite 15
21.00 Hollywood ohne
Schranken
Dr. Jekyll and Mr. Hyde (Dr. Jekyll und Mr. Hyde)
USA 1932 | Rouben Mamoulian | 98 min | OF
Seite 25
18.30 Ingrid Bergman
Juninatten (Eine Nacht im Juni)
Schweden 1940 | Per Lindberg | 88 min | OmeU
Seite 15
21.00 Hollywood ohne
Schranken
Red Dust (Dschungel im Sturm)
USA 1932 | Victor Fleming | 83 min | OF
Seite 25
18.30 Ingrid Bergman
Dr. Jekyll and Mr. Hyde (Arzt und Dämon)
USA 1941 | Victor Fleming | 112 min | OF
Seite 15
21.00 Hollywood ohne
Schranken
King Kong (King Kong und die weiße Frau)
USA 1933 | Ernest B. Schoedsack, Merian C. Cooper | 100 min | OmU
Seite 26
Sonntag, 20. September 2015
Dienstag, 22. September 2015
18.30 Hollywood ohne
Schranken
Dr. Jekyll and Mr. Hyde (Dr. Jekyll und Mr. Hyde)
USA 1932 | Rouben Mamoulian | 98 min | OF
Seite 25
21.00 Jean Paul Gaultier
Madonna: Truth or Dare (In Bed With Madonna)
USA 1991 | Alek Keshishian | 120 min | OmU
Seite 7
Kalenderübersicht
Samstag, 19. September 2015
83
Mittwoch, 23. September 2015
18.30 Hollywood ohne
Schranken
King Kong (King Kong und die weiße Frau)
USA 1933 | Ernest B. Schoedsack, Merian C. Cooper | 100 min | OmU
Seite 26
21.00 Wahn und Kunst
Otto e mezzo (Achteinhalb)
Italien 1963 | Federico Fellini | 138 min | OmU
Seite 35
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450
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münchen
Donnerstag, 24. September 2015
19.00 Open Scene
Freitag, 25. September 2015
18.30 Ingrid Bergman
Casablanca
USA 1942 | Michael Curtiz | 102 min | OmU
Seite 15
21.00 Hollywood ohne
Schranken
Little Caesar (Der kleine Cäsar)
USA 1931 | Mervyn LeRoy | 79 min | OF
Seite 26
Samstag, 26. September 2015
18.00 Ingrid Bergman
For Whom the Bell Tolls (Wem die Stunde schlägt)
USA 1943 | Sam Wood | 157 min | OF
Seite 16
21.00 Hollywood ohne
Schranken
Scarface (Narbengesicht)
USA 1932 | Howard Hawks | 99 min | OmU
Seite 26
18.30 Ingrid Bergman
Gaslight (Das Haus der Lady Alquist)
USA 1944 | George Cukor | 114 min | OmU
Seite 16
21.00 Hollywood ohne
Schranken
The Public Enemy (Der öffentliche Feind)
USA 1931 | William A. Wellman | 84 min | OF
Seite 27
Sonntag, 27. September 2015
Dienstag, 29. September 2015
18.30 Ingrid Bergman
The Bells of St. Mary’s (Die Glocken von St. Marien)
USA 1945 | Leo McCarey | 88 min | OF
21.00 Jean Paul Gaultier
Kind Hearts and Coronets (Adel verpflichtet)
GB 1949 | Robert Hamer | 106 min | OmU
Seite 16
Seite 7
Kalenderübersicht
Mittwoch, 30. September 2015
84
18.30 Ingrid Bergman
Spellbound (Ich kämpfe um dich)
USA 1945 | Alfred Hitchcock | 111 min | OF
Seite 16
21.00 Wahn und Kunst
Lenz
BRD 1971 | George Moorse | 130 min
Seite 36
A Modern Hero
USA 1934 | G.W. Pabst | 71 min | OF | 2 Mike Mashon
Seite 27
18.30 Ingrid Bergman
Casablanca
USA 1942 / BRD 1952 | Michael Curtiz | 76 min | dt.F | 2 Andrea Kirchhartz
Seite 15
21.00 Hollywood ohne
Schranken
Baby Face
USA 1933 | Alfred E. Green | 76 min | OF | 2 Mike Mashon
Seite 27
18.30 Ingrid Bergman
Notorious (Weißes Gift)
USA 1946 | Alfred Hitchcock | 101 min | OF
Seite 16
21.00 Hollywood ohne
Schranken
Red-Headed Woman (Feuerkopf)
USA 1932 | Jack Conway | 79 min | OF
Seite 27
Donnerstag, 1. Oktober 2015
19.00 Hollywood ohne
Schranken
Freitag, 2. Oktober 2015
Samstag, 3. Oktober 2015
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450
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münchen
Sonntag, 4. Oktober 2015
18.00 Ingrid Bergman
Joan of Arc (Johanna von Orleans)
USA 1948 | Victor Fleming | 148 min | OF
Seite 17
21.00 Hollywood ohne
Schranken
Of Human Bondage (Der Menschen Hörigkeit)
USA 1934 | John Cromwell | 83 min | OF
Seite 28
18.30 Ingrid Bergman
Arch of Triumph (Triumphbogen)
USA 1948 | Lewis Milestone | 133 min | OF
Seite 17
21.00 Jean Paul Gaultier
La cité des enfants perdus (Die Stadt der verlorenen Kinder)
Frankreich 1995 | Jean-Pierre Jeunet & Marc Caro | 112 min | OmU
Dienstag, 6. Oktober 2015
Seite 8
Mittwoch, 7. Oktober 2015
18.30 Ingrid Bergman
Under Capricorn (Sklavin des Herzens)
USA 1949 | Alfred Hitchcock | 111 min | OF
Seite 17
21.00 Wahn und Kunst
Das Leben des schizophrenen Dichters Alexander März
BRD 1975 | Vojtěch Jasný | 115 min
Seite 36
Donnerstag, 8. Oktober bis Sonntag, 11. Oktober 2015
Underdox – Festival für Dokument und Experiment
Seite 38
18.30 Ingrid Bergman
Ingrid Bergman Rarities
Schweden 1944–1978 | 78 min | OmeU | 2 Jon Wengström
Seite 17
21.00 Jean Paul Gaultier
A Streetcar Named Desire (Endstation Sehnsucht)
USA 1951 | Elia Kazan | 122 min | OF
Dienstag, 13. Oktober 2015
Seite 8
18.30 Ingrid Bergman
Notorious (Weißes Gift)
USA 1946 | Alfred Hitchcock | 101 min | OF
Seite 16
21.00 Wahn und Kunst
Love & Mercy
USA 2014 | Bill Pohlad | 120 min | OmU
Seite 36
Donnerstag, 15. Oktober 2015
19.00 Figurentheaterfestival L’image manquante (Das fehlende Bild)
Kambodscha 2013 | Rithy Panh | 92 min | OmeU
Freitag, 16. Oktober 2015
18.30 Ingrid Bergman
Spellbound (Ich kämpfe um dich)
USA 1945 | Alfred Hitchcock | 111 min | OF
Seite 16
21.00 Hollywood ohne
Schranken
I am a Fugitive from a Chain Gang (Jagd auf James A.)
USA 1932 | Mervyn LeRoy | 92 min | OF
Seite 28
18.30 Ingrid Bergman
Under Capricorn (Sklavin des Herzens)
USA 1949 | Alfred Hitchcock | 111 min | OF | 2 Thilo Wydra
Seite 17
21.00 Hollywood ohne
Schranken
Man’s Castle (Ein Schloss in New York)
USA 1933 | Frank Borzage | 71 min | OmU
Seite 28
Samstag, 17. Oktober 2015
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450
Kalenderübersicht
Mittwoch, 14. Oktober 2015
85
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münchen
Sonntag, 18. Oktober 2015
17.30 Film und
Psychoanalyse
Beit Lechem (Bethlehem)
Seite 39
Israel 2013 | Yuval Adler | 99 min | OmU | 2 Salek Kutschinski, Katharina Leube-Sonnleitner
21.00 Hollywood ohne
Schranken
Wild Boys of the Road (Kinder auf den Straßen)
USA 1933 | William A. Wellman | 68 min | OF
Seite 29
18.30 Hollywood ohne
Schranken
Man’s Castle (Ein Schloss in New York)
USA 1933 | Frank Borzage | 71 min | OmU
Seite 28
21.00 Jean Paul Gaultier
My Beautiful Laundrette (Mein wunderbarer Waschsalon)
GB 1985 | Stephen Frears | 97 min | OF
Dienstag, 20. Oktober 2015
Seite 8
Mittwoch, 21. Oktober 2015
18.30 Ingrid Bergman
Stromboli
Italien 1950 | Roberto Rossellini | 105 min | engl. OF
Seite 18
21.00 Wahn und Kunst
Kinski Paganini
Italien 1989 | Klaus Kinski | 81 min | OmU
Seite 36
Donnerstag, 22. Oktober 2015
19.00 Open Scene
Freitag, 23. Oktober 2015
18.30 Ingrid Bergman
Europa 51
Italien 1952 | Roberto Rossellini | 118 min | OmeU
Seite 18
21.00 Hollywood ohne
Schranken
The Sign of the Cross (Im Zeichen des Kreuzes)
USA 1932 | Cecil B. DeMille | 122 min | OF
Seite 29
18.30 Ingrid Bergman
Ingrid Bergman
Italien 1953 | Roberto Rossellini | 20 min | engl. OF
Viaggio in Italia (Liebe ist stärker)
Italien 1954 | Roberto Rossellini | 86 min | engl. OF
Seite 18
21.00 Hollywood ohne
Schranken
Duck Soup (Die Marx-Brothers im Krieg)
USA 1932 | Leo McCarey | 68 min | OF
Seite 29
18.30 Ingrid Bergman
Angst
BRD 1954 | Roberto Rossellini | 81 min
Seite 18
21.00 Hollywood ohne
Schranken
It’s a Gift (Das ist geschenkt)
USA 1934 | Norman McLeod | 73 min | OF
Seite 29
18.30 Ingrid Bergman
Giovanna d’Arco al Rogo (Johanna auf dem Scheiterhaufen)
Italien 1954 | Roberto Rossellini | 80 min | OmeU
Seite 19
21.00 Jean Paul Gaultier
Behind the Candelabra (Liberace – Zu viel des Guten ist wundervoll)
USA 2013 | Steven Soderbergh | 118 min | OmU
Kalenderübersicht
Samstag, 24. Oktober 2015
86
Sonntag, 25. Oktober 2015
Dienstag, 27. Oktober 2015
Seite 8
Mittwoch, 28. Oktober 2015
19.00 Wahn und Kunst
An Angel at My Table (Ein Engel an meiner Tafel)
Neuseeland 1990 | Jane Campion | 158 min | OmU
Seite 37
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450
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münchen
Donnerstag, 29. Oktober 2015
19.00 Open Scene
Freitag, 30. Oktober 2015
18.30 Ingrid Bergman
Elena et les hommes (Weiße Margeriten)
Frankreich 1956 | Jean Renoir | 96 min | OmeU
Seite 19
21.00 Hollywood ohne
Schranken
Five Star Final (Spätausgabe)
USA 1931 | Mervyn LeRoy | 89 min | OF
Seite 30
18.30 Ingrid Bergman
Anastasia
USA 1956 | Anatole Litvak | 105 min | OF
Seite 19
21.00 Hollywood ohne
Schranken
Employees’ Entrance (Personaleingang)
USA 1933 | Roy Del Ruth | 75 min | OF
Seite 30
18.00 Ingrid Bergman
The Inn of the Sixth Happiness (Die Herberge zur 6. Glückseligkeit)
USA 1958 | Mark Robson | 158 min | OF
Seite 19
21.00 Hollywood ohne
Schranken
Female (Der Boss ist eine schöne Frau)
USA 1933 | Michael Curtiz | 60 min | OF
Seite 30
18.30 Flucht und Zuflucht
De l’autre côté (Jenseits von Sonora – Mexiko)
Frankreich 2002 | Chantal Akerman | 103 min | OmeU
Seite 41
21.00 Jean Paul Gaultier
The Rocky Horror Picture Show
GB 1975 | Jim Sharman | 100 min | OF
Samstag, 31. Oktober 2015
Sonntag, 1. November 2015
Dienstag, 3. November 2015
Seite 9
18.30 Ingrid Bergman
Indiscreet (Indiskret)
USA 1958 | Stanley Donen | 100 min | OF
Seite 20
21.00 Wahn und Kunst
Dialogues with Madwomen (Gespräche mit verrückten Frauen)
USA 1994 | Allie Light | 90 min | OmU
Seite 37
Donnerstag, 5. November 2015
19.00 Open Scene
Freitag, 6. November 2015
18.30 Ingrid Bergman
Goodbye Again (Lieben Sie Brahms?)
USA 1961 | Anatole Litvak | 120 min | OF
Seite 20
21.00 Hollywood ohne
Schranken
Bird of Paradise (Luana)
USA 1932 | King Vidor | 82 min | OF
Seite 31
18.30 Ingrid Bergman
The Visit (Der Besuch)
USA 1964 | Bernhard Wicki | 100 min | OmU
Seite 20
21.00 Hollywood ohne
Schranken
Tarzan and His Mate (Tarzans Vergeltung)
USA 1934 | Cedric Gibbons | 104 min | OF
Seite 31
Kalenderübersicht
Mittwoch, 4. November 2015
87
Samstag, 7. November 2015
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450
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Sonntag, 8. November 2015
18.30 Ingrid Bergman
Cactus Flower (Die Kaktusblüte)
USA 1969 | Gene Saks | 103 min | OmU
Seite 20
21.00 Hollywood ohne
Schranken
The Emperor Jones (Kaiser Jones)
USA 1933 | Dudley Murphy | 105 min | OF
Seite 31
18.30 Flucht und Zuflucht
Jaurès
Frankreich 2012 | Vincent Dieutre | 83 min | OmU
Seite 42
21.00 Jean Paul Gaultier
Querelle – Ein Pakt mit dem Teufel
BRD 1982 | Rainer Werner Fassbinder | 108 min | engl. OF
Dienstag, 10. November 2015
Seite 9
Mittwoch, 11. November 2015
18.30 Ingrid Bergman
Murder on the Orient Express (Mord im Orient-Express)
USA 1974 | Sidney Lumet | 128 min | OF
Seite 20
21.00 Wahn und Kunst
Die Unberührbare
Deutschland 2000 | Oskar Roehler | 110 min
Seite 37
Donnerstag, 12. November 2015
19.00 Wolf-Eckart Bühler
Leo T. Hurwitz: Filme für ein anderes Amerika | Innere Sicherheit: Abraham
Polonsky | Vietnam! Über den Umgang mit einer leidvollen Vergangenheit
BRD/D 1980–1994 | Wolf-Eckart Bühler | 132 min | / Wolf-Eckart Bühler
Seite 46
Freitag, 13. November 2015
18.30 Wolf-Eckart Bühler
Leuchtturm des Chaos
BRD 1982 | Wolf-Eckart Bühler | 119 min | / Wolf-Eckart Bühler
Seite 46
21.00 Hollywood ohne
Schranken
Design for Living (Serenade zu dritt)
USA 1933 | Ernst Lubitsch | 90 min | OF
Seite 31
18.30 Wolf-Eckart Bühler
Der Havarist
BRD 1984 | Wolf-Eckart Bühler | 100 min | / Wolf-Eckart Bühler
Seite 46
21.00 Hollywood ohne
Schranken
Jewel Robbery (Ein Dieb mit Klasse)
USA 1932 | William Dieterle | 82 min | OF
Seite 32
18.30 Wolf-Eckart Bühler
Amerasia
BRD 1985 | Wolf-Eckart Bühler | 100 min | engl. OF | / Wolf-Eckart Bühler
Seite 46
21.00 Hollywood ohne
Schranken
I’m No Angel (Ich bin kein Engel)
USA 1933 | Wesley Ruggles | 87 min | OF
Seite 32
Kalenderübersicht
Samstag, 14. November 2015
88
Sonntag, 15. November 2015
Montag, 16. November bis Samstag, 21. November 2015
Filmschoolfest Munich
Sonntag, 22. November 2015
17.30 Film und
Psychoanalyse
No Country for Old Men
USA 2007 | Joel & Ethan Coen | 122 min | OmU | 2 Andreas Hamburger
Seite 39
21.00 Hollywood ohne
Schranken
Gold Diggers of 1933 (Goldgräber von 1933)
USA 1933 | Mervyn LeRoy | 97 min | OF
Seite 32
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450
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Dienstag, 24. November 2015
18.30 Flucht und Zuflucht
Le Havre
Frankreich 2011 | Aki Kaurismäki | 94 min | OmU
21.00 Jean Paul Gaultier
The Cook, the Thief, His Wife and Her Lover (Der Koch, der Dieb,
seine Frau und ihr Liebhaber)
GB 1989 | Peter Greenaway | 124 min | OmU
Seite 42
Seite 9
Mittwoch, 25. November 2015
18.30 Ingrid Bergman
Höstsonaten (Herbstsonate)
Schweden 1978 | Ingmar Bergman | 100 min | OmeU | 2 Thilo Wydra
Seite 20
21.00 Wahn und Kunst
Frances
USA 1984 | Graeme Clifford | 140 min | OmU
Seite 37
Donnerstag, 26. November 2015
19.00 Rumänisches
Filmfestival
O umbra de nor (Schatten der Wolken) | Trece şi prin perete (Es geht Seite 48
durch die Wand) | Aferim !
Rumänien 2013–2015 | Radu Jude | 154 min | OmeU+OmU | / Ada Solomon, Teodor Corban
Freitag, 27. November 2015
18.30 Rumänisches
Filmfestival
Pasaport de Germania (Ein Pass für Deutschland)
Rumänien 2014 | Răzvan Georgescu | 88 min | OmU | / Ada Solomon
21.00 Rumänisches
Filmfestival
Un etaj mai jos (Ein Stockwerk tiefer)
Seite 49
Rumänien 2015 | Radu Muntean | 92 min | OmU | / Teodor Corban | 2 Bert Rebhandl
Seite 49
Samstag, 28. November 2015
18.30 Rumänisches
Filmfestival
È pericoloso sporgersi! (Nicht aus dem Fenster lehnen!)
Rumänien 1993 | Nae Caranfil | 104 min | OmeU | / Nae Caranfil
Seite 49
21.00 Rumänisches
Filmfestival
Closer to the Moon (Näher zum Mond)
Rumänien 2014 | Nae Caranfil | 12 min | engl. OF | / Nae Caranfil
Seite 49
18.30 Rumänisches
Filmfestival
Scor alb (Unentschieden) | In the House | Bad Penny | Kowalski | Ramona
Rumänien 2013–2015 | Marius Olteanu, Ana-Maria Comănescu, Andrei
Seite 49
Creţulescu | 94 min | OmeU
21.00 Rumänisches
Filmfestival
Comoara (Der Schatz)
Rumänien 2015 | Corneliu Porumboiu | 90 min | OmeU | 2 Bert Rebhandl
Seite 49
18.30 Flucht und Zuflucht
La pirogue (Die Piroge)
Senegal 2012 | Moussa Touré | 87 min | OmU | / Abasse N’dione
Seite 42
21.00 Jean Paul Gaultier
Pink Flamingos
USA 1972 | John Waters | 107 min | OF
Seite 9
A Woman Called Golda (Golda Meir)
GB 1982 | Alan Gibson | 190 min | OF
Seite 21
Dienstag, 1. Dezember 2015
Mittwoch, 2. Dezember 2015
19.00 Ingrid Bergman
Donnerstag, 3. Dezember 2015
19.00 Open Scene
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450
Kalenderübersicht
Sonntag, 29. November 2015
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münchen
Freitag, 4. Dezember 2015
18.30 Francesco Rosi
Salvatore Giuliano (Wer erschoss Salvatore G.?)
Italien 1962 | Francesco Rosi | 120 min | OmeU
Seite 59
21.00 Rumänisches
Filmfestival
Poarta albă (Das weiße Tor)
Rumänien 2015 | Nicolae Mărgineanu | 96 min | OmeU
Seite 50
18.30 Francesco Rosi
C’era una volta (Schöne Isabella)
Italien 1967 | Francesco Rosi | 99 min | OmeU
Seite 59
21.00 Rumänisches
Filmfestival
Ce lume minunată (What a Wonderful World)
Moldawien 2014 | Anatol Durbală | 74 min | OmeU
Seite 50
18.30 Francesco Rosi
Il caso Mattei (Der Fall Mattei)
Italien 1971 | Francesco Rosi | 116 min | OmeU
Seite 60
21.00 Rumänisches
Filmfestival
Cai putere (Pferdestärken)
Rumänien 2014 | Daniel Sandu | 26 min | OmeU
București NonStop (Bukarest NonStop)
Rumänien 2015 | Dan Chişu | 86 min | OmeU
Seite 50
18.30 Flucht und Zuflucht
Harragas
Algerien 2009 | Merzak Allouache | 95 min | OmeU
Seite 42
21.00 Jean Paul Gaultier
Satyricon (Fellinis Satyricon)
Italien 1969 | Federico Fellini | 128 min | OmU
Seite 9
18.30 Francesco Rosi
Tre Fratelli (Drei Brüder)
Italien 1980 | Francesco Rosi | 111 min | OmeU
Seite 60
21.00 Shi Hui
Shijie ernv (Kinder der Welt)
China 1941 | Luise & Jakob Fleck, Fei Mu | 90 min | OmU | 2 Isabel Wolte
Seite 55
Samstag, 5. Dezember 2015
Sonntag, 6. Dezember 2015
Dienstag, 8. Dezember 2015
Mittwoch, 9. Dezember 2015
Kalenderübersicht
Donnerstag, 10. Dezember 2015
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Kurzfilmabend des Münchner Filmzentrums
Amateure, Enthusiasten und Profis zeigen ihre Werke
/ Filmemacher und Filmemacherinnen 2 Matthias Mondon, Christoph Michel
Seite 57
18.30 Francesco Rosi
La Tregua (Atempause)
Italien 1997 | Francesco Rosi | 113 min | OmeU
Seite 60
21.00 Rumänisches
Filmfestival
Lupu (Wolf)
Rumänien 2013 | Bogdan Mustaţă | 78 min | OmU
Seite 50
18.00 Francesco Rosi
Cristo si è fermato a Eboli (Christus kam nur bis Eboli)
Italien 1979 | Francesco Rosi | 150 min | OmeU
Seite 60
21.00 Rumänisches
Filmfestival
Lumea e a mea (Die Welt gehört mir)
Rumänien 2015 | Nicolae Constantin Tănase | 104 min | OmeU
Seite 50
19.00 Zuschauerkino
Freitag, 11. Dezember 2015
Samstag, 12. Dezember 2015
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450
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Sonntag, 13. Dezember 2015
17.30 Film und
Psychoanalyse
Sadilishteto (Judgment – Grenze der Hoffnung)
Seite 40
Bulgarien 2014 | Stephan Komandarev | 112 min | OmU | / Stephan Komandarev
2 Vivian Pramataroff-Hamburger, Katharina Leube
21.00 Rumänisches
Filmfestival
Autoportretul unei fete cuminţi (Selbstporträt einer gehorsamen Tochter)
Rumänien 2015 | Ana Lungu | 80 min | OmeU | / Ana Lungu
Seite 50
Dienstag, 15. Dezember 2015
18.30 Flucht und Zuflucht
Sin nombre
Mexiko 2009 | Cary Fukunaga | 96 min | OmU
Seite 42
21.00 Jean Paul Gaultier
All About Eve (Alles über Eva)
USA 1950 | Joseph L. Mankiewicz | 138 min | OmU
Seite 10
Mittwoch, 16. Dezember 2015
18.30 Jean-Marie Straub
Europa 2005 – 27 Octobre | Joachim Gatti | La mort de Venise (Der
Seite 63
Tod von Venedig) | La guerre d’Algérie ! (Der Algerienkrieg!) | Dolando |
Renato | Geschichtsunterricht
1972–2015 | Jean-Marie Straub | 116 min | OmU | / Barbara Ulrich
21.00 Shi Hui
Taitai wan sui (Die Ehefrau lebe hoch)
China 1947 | Sang Hu | 107 min | OmU
Seite 55
Donnerstag, 17. Dezember 2015
19.00 Open Scene
Freitag, 18. Dezember 2015
18.30 Jean-Marie Straub
L’aquarium et la nation (Das Aquarium und die Nation) | Lothringen ! | Seite 63
Un héritier (Ein Erbe) | À propos de Venise – Geschichtsunterricht
1994–2015 | Jean-Marie Straub | 100 min | OmU | / Barbara Ulrich
21.00 Jean Paul Gaultier
Kika
Spanien 1993 | Pedro Almodóvar | 114 min | OmU
Seite 10
18.30 Jean-Marie Straub
A Corner in Wheat
USA 1909 | David Wark Griffith | 16 min | OF
Kommunisten
Schweiz 2014 | Jean-Marie Straub | 70 min | OmU | / Barbara Ulrich
Seite 63
21.00 Jean Paul Gaultier
La mala educación (Schlechte Erziehung)
Spanien 2004 | Pedro Almodóvar | 106 min | OmU
Seite 10
Les enfants du paradis (Kinder des Olymp)
Frankreich 1945 | Marcel Carné | 183 min | OmU
Seite 10
Sonntag, 20. Dezember 2015
19.00 Jean Paul Gaultier
Montag, 21. Dezember 2015 bis Mittwoch, 6. Januar 2016
Weihnachtspause
Donnerstag, 7. Januar 2016
19.00 François Truffaut
François Truffaut Today
Vortrag von Serge Toubiana in englischer Sprache | 60 min
L’homme qui aimait les femmes (Der Mann, der die Frauen liebte)
Frankreich 1977 | François Truffaut | 120 min | OmU | 2 Serge Toubiana
Seite 69
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450
Kalenderübersicht
Samstag, 19. Dezember 2015
91
f
münchen
Freitag, 8. Januar 2016
18.30 François Truffaut
You Only Live Once (Gehetzt)
USA 1936 | Fritz Lang | 86 min | OF
Seite 71
21.00 François Truffaut
Les mistons (Die Unverschämten)
Frankreich 1957 | François Truffaut | 18 min | OmU
Les quatre cents coups (Sie küssten und sie schlugen ihn)
Frankreich 1959 | François Truffaut | 99 min | OmU | 2 Serge Toubiana
Seite 66
18.30 François Truffaut
Le roman d’un tricheur (Roman eines Schwindlers)
Frankreich 1936 | Sacha Guitry | 77 min | OmeU
Seite 71
21.00 François Truffaut
Tirez sur le pianiste (Schießen Sie auf den Pianisten)
Frankreich 1960 | François Truffaut | 78 min | OmeU
Seite 66
18.30 François Truffaut
The Great Dictator (Der große Diktator)
USA 1940 | Charles Chaplin | 125 min | OmU
Seite 72
21.00 François Truffaut
Jules et Jim (Jules und Jim)
Frankreich 1962 | François Truffaut | 102 min | OmU
Seite 66
18.30 François Truffaut
Les mistons (Die Unverschämten)
Frankreich 1957 | François Truffaut | 18 min | OmU
Les quatre cents coups (Sie küssten und sie schlugen ihn)
Frankreich 1959 | François Truffaut | 99 min | OmU
Seite 66
21.00 Heynowski &
Scheumann
Mitbürger | Psalm 18 | Geldsorgen | El Golpe Blanco
(Der weiße Putsch)
DDR 1974–1975 | Walter Heynowski & Gerhard Scheumann | 90 min
2 Ralf Schenk
Seite 79
18.30 François Truffaut
Jules et Jim (Jules und Jim)
Frankreich 1962 | R: François Truffaut | 102 min | OmU
Seite 66
21.00 Shi Hui
Ye dian (Nachtasyl)
China 1947 | Huang Zuolin | 108 min | OmU
Seite 55
18.30 François Truffaut
Hitchcock/Truffaut
USA 2015 | Kent Jones | 80 min | OF
Seite 72
21.00 François Truffaut
La peau douce (Die süße Haut)
Frankreich 1964 | François Truffaut | 113 min | OmeU
Seite 67
18.30 François Truffaut
Rear Window (Das Fenster zum Hof)
USA 1954 | Alfred Hitchcock | 112 min | OmU
Seite 72
21.00 François Truffaut
Fahrenheit 451
GB 1966 | François Truffaut | 112 min | OF
Seite 67
Samstag, 9. Januar 2016
Sonntag, 10. Januar 2016
Dienstag, 12. Januar 2016
Kalenderübersicht
Mittwoch, 13. Januar 2016
92
Donnerstag, 14. Januar 2016
19.00 Open Scene
Freitag, 15. Januar 2016
Samstag, 16. Januar 2016
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450
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Sonntag, 17. Januar 2016
17.30 Film und
Psychoanalyse
Lichter
Seite 40
Deutschland 2003 | Hans-Christian Schmid | 105 min | 2 Corinna Wernz, Mathias Lohmer
21.00 François Truffaut
La mariée était en noir (Die Braut trug schwarz)
Frankreich 1968 | François Truffaut | 107 min | OmU
Seite 67
18.30 François Truffaut
La peau douce (Die süße Haut)
Frankreich 1964 | François Truffaut | 113 min | OmeU
Seite 67
21.00 Heynowski &
Scheumann
Der Mann an der Rampe | Kamerad Krüger
DDR 1988–1989 | Walter Heynowski & Gerhard Scheumann | 107 min
Seite 79
18.30 François Truffaut
Fahrenheit 451
GB 1966 | François Truffaut | 112 min | OF | 2 Christoph Michel
Seite 67
21.00 Shi Hui
Muqin (Mutter)
China 1949 | Shi Hui | 100 min | OmU
Seite 55
Dienstag, 19. Januar 2016
Mittwoch, 20. Januar 2016
Donnerstag, 21. Januar bis Sonntag, 24. Januar 2016
FilmWeltWirtschaft – Arbeiten 4.0
Seite 81
18.30 François Truffaut
La mariée était en noir (Die Braut trug schwarz)
Frankreich 1968 | François Truffaut | 107 min | OmU
Seite 67
21.00 Heynowski &
Scheumann
400 cm³ | 100 | Eintritt kostenlos | Die Teufelsinsel |
Am Wassergraben | Ein Vietnamflüchtling | Amok
DDR 1966–1984 | Walter Heynowski & Gerhard Scheumann | 118 min
Seite 79
18.30 François Truffaut
Antoine et Colette (Antoine und Colette) | Baisers volés
(Geraubte Küsse)
Frankreich 1962–1968 | François Truffaut | 119 min | OmeU
Seite 67
21.00 Shi Hui
Wo zhe yi beizi (Mein Leben)
China 1950 | Shi Hui | 108 min | OmU
Seite 55
18.30 François Truffaut
Zéro de conduite (Betragen ungenügend) | L’Atalante (Atalante)
Frankreich 1933–1934 | Jean Vigo | 122 min | OmeU
Seite 73
21.00 François Truffaut
Antoine et Colette (Antoine und Colette) | Baisers volés
(Geraubte Küsse)
Frankreich 1962–1968 | François Truffaut | 119 min | OmeU
Seite 67
18.30 François Truffaut
To Be or Not to Be (Sein oder Nichtsein)
USA 1941 | Ernst Lubitsch | 92 min | OmU
Seite 73
21.00 François Truffaut
La sirène du Mississippi (Das Geheimnis der falschen Braut)
Frankreich 1969 | François Truffaut | 123 min | OmeU
Seite 67
Dienstag, 26. Januar 2016
Donnerstag, 28. Januar 2016
19.00 Open Scene
Freitag, 29. Januar 2016
Samstag, 30. Januar 2016
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450
Kalenderübersicht
Mittwoch, 27. Januar 2016
93
f
münchen
Sonntag, 31. Januar 2016
18.30 François Truffaut
Viskningar och rop (Schreie und Flüstern)
Schweden 1972 | Ingmar Bergman | 91 min | OmeU
Seite 73
21.00 François Truffaut
L’enfant sauvage (Der Wolfsjunge)
Frankreich 1970 | François Truffaut | 83 min | OmU
Seite 68
18.30 François Truffaut
La sirène du Mississippi (Das Geheimnis der falschen Braut)
Frankreich 1969 | François Truffaut | 123 min | OmeU
Seite 67
21.00 Heynowski &
Scheumann
Piloten im Pyjama: Hilton-Hanoi
DDR 1968 | Walter Heynowski & Gerhard Scheumann | 62 min
Zeitzeugengespräch mit Walter Heynowski
Deutschland 2003 | Ralf Schenk | 33 min
Seite 80
18.30 François Truffaut
L’enfant sauvage (Der Wolfsjunge)
Frankreich 1970 | François Truffaut | 83 min | OmU
Seite 68
21.00 Shi Hui
Guan lianzhang (Kompanieführer Guan)
China 1951 | Shi Hui | 96 min | OmU
Seite 55
18.30 François Truffaut
Casque d’or (Goldhelm)
Frankreich 1952 | Jacques Becker | 100 min | OmU
Seite 73
21.00 François Truffaut
Domicile conjugal (Tisch und Bett)
Frankreich 1970 | François Truffaut | 100 min | OmeU
Seite 68
18.30 François Truffaut
The Barefoot Contessa (Die barfüßige Gräfin)
USA 1954 | Joseph L. Mankiewicz | 130 min | OF
Seite 73
21.00 François Truffaut
Les deux Anglaises et le continent (Zwei Mädchen aus Wales und die Liebe
Seite 68
zum Kontinent) Frankreich 1971 | François Truffaut | 116 min | OmeU
Dienstag, 2. Februar 2016
Mittwoch, 3. Februar 2016
Donnerstag, 4. Februar 2016
19.00 Open Scene
Freitag, 5. Februar 2016
Kalenderübersicht
Samstag, 6. Februar 2016
94
Sonntag, 7. Februar 2016
18.30 François Truffaut
Narayama bushikô (Die Ballade von Narayama)
Japan 1958 | Keisuke Kinoshita | 98 min | OmeU
Seite 74
21.00 François Truffaut
Une belle fille comme moi (Ein schönes Mädchen wie ich)
Frankreich 1972 | R: François Truffaut | 98 min | OmeU
Seite 69
18.30 François Truffaut
Domicile conjugal (Tisch und Bett)
Frankreich 1970 | François Truffaut | 100 min | OmeU
Seite 68
21.00 Shi Hui
Meiguo zhichuang (Amerika im Visier)
China 1951 | Huang Zuolin, Shi Hui | 62 min | OmU
Seite 56
Mittwoch, 10. Februar 2016
Donnerstag, 11. Februar 2016
19.00 Open Scene
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450
f
münchen
Freitag, 12. Februar 2016
18.30 François Truffaut
Germania anno zero (Deutschland im Jahre Null)
Italien 1948 | Roberto Rossellini | 72 min | dt. OF
Seite 74
21.00 François Truffaut
La nuit américaine (Die amerikanische Nacht)
Frankreich 1973 | François Truffaut | 115 min | OmU
Seite 69
Samstag, 13. Februar 2016
18.30 François Truffaut
Un condamné à mort s’est échappé (Ein zum Tode Verurteilter ist entflohen)
Frankreich 1956 | Robert Bresson | 100 min | OmeU
Seite 74
21.00 François Truffaut
L’histoire d’Adèle H. (Die Geschichte der Adèle H.)
Frankreich 1975 | François Truffaut | 96 min | OmeU
Seite 69
18.30 François Truffaut
Ordet (Das Wort)
Dänemark 1955 | Carl-Theodor Dreyer | 126 min | OmeU
Seite 74
21.00 François Truffaut
L’argent de poche (Taschengeld)
Frankreich 1976 | François Truffaut | 114 min | OmU
Seite 69
Sonntag, 14. Februar 2016
Dienstag, 16. Februar 2016
18.30 François Truffaut
Les deux Anglaises et le continent (Zwei Mädchen aus Wales und die Liebe
Seite 68
zum Kontinent) Frankreich 1971 | François Truffaut | 116 min | OmeU
21.00 Heynowski &
Scheumann
Kommando 52 | Der lachende Mann
DDR 1965–1966 | Walter Heynowski & Gerhard Scheumann | 97 min
Seite 80
18.30 François Truffaut
La nuit américaine (Die amerikanische Nacht)
Frankreich 1973 | François Truffaut | 115 min | OmU
Seite 69
21.00 Shi Hui
Ji mao xin (Brief mit Feder)
China 1954 | Shi Hui | 68 min | OmU
Seite 56
18.30 François Truffaut
Bonjour Tristesse
USA 1958 | Otto Preminger | 94 min | OF
Seite 75
21.00 François Truffaut
L’homme qui aimait les femmes (Der Mann, der die Frauen liebte)
Frankreich 1977 | François Truffaut | 120 min | OmU
Seite 69
18.30 François Truffaut
Annie Hall (Der Stadtneurotiker)
USA 1977 | Woody Allen | 93 min | OmU
Seite 75
21.00 François Truffaut
La chambre verte (Das grüne Zimmer)
Frankreich 1978 | François Truffaut | 94 min | OmU
Seite 70
Mittwoch, 17. Februar 2016
Donnerstag, 18. Februar 2016
Freitag, 19. Februar 2016
Samstag, 20. Februar 2016
Sonntag, 21. Februar 2016
17.00 Film und
Psychoanalyse
Babel
Seite 40
USA 2006 | Alejandro González Iñárritu | 143 min | OmU | 2 Eva Friedrich, Heidi Spanl
21.00 François Truffaut
L’amour en fuite (Liebe auf der Flucht)
Frankreich 1979 | François Truffaut | 94 min | OmeU
Seite 70
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450
Kalenderübersicht
19.00 Open Scene
95
f
münchen
18.30 François Truffaut
L’histoire d’Adèle H. (Die Geschichte der Adèle H.)
Frankreich 1975 | François Truffaut | 96 min | OmeU
Seite 69
21.00 Heynowski &
Scheumann
Exercises | Die Angkar
DDR 1981 | Walter Heynowski & Gerhard Scheumann | 102 min
Seite 80
18.30 François Truffaut
La chambre verte (Das grüne Zimmer)
Frankreich 1978 | François Truffaut | 94 min | OmU
Seite 70
21.00 Shi Hui
Tian xianpei (Himmlische Hochzeit)
China 1955 | Shi Hui | 100 min | OmU
Seite 56
18.30 François Truffaut
La règle du jeu (Die Spielregel)
Frankreich 1939 | Jean Renoir | 106 min | OmU
Seite 75
21.00 François Truffaut
Le dernier métro (Die letzte Metro)
Frankreich 1980 | François Truffaut | 131 min | OmU
Seite 70
18.30 François Truffaut
Lola Montez
BRD 1955 | Max Ophüls | 116 min
Seite 75
21.00 François Truffaut
La femme d’à côté (Die Frau nebenan)
Frankreich 1981 | François Truffaut | 106 min | OmeU
Seite 71
18.30 François Truffaut
Citizen Kane
USA 1941 | Orson Welles | 118 min | OmU
Seite 75
21.00 François Truffaut
Vivement dimanche! (Auf Liebe und Tod)
Frankreich 1983 | François Truffaut | 110 min | OmeU
Seite 71
Kalenderübersicht
Dienstag, 23. Februar 2016
Dienstag, 1. März 2016
18.30 François Truffaut
Le dernier métro (Die letzte Metro)
Frankreich 1980 | François Truffaut | 131 min | OmU
Seite 70
21.00 Heynowski &
Scheumann
o.k. | Geisterstunde | Mit vorzüglicher Hochachtung | Teufelszeug
DDR 1965–1987| Walter Heynowski & Gerhard Scheumann | 122 min
Seite 80
96
18.30 François Truffaut
La femme d’à côté (Die Frau nebenan)
Frankreich 1981 | François Truffaut | 106 min | OmeU
Seite 71
21.00 Shi Hui
Qing chang yi shen (Echte Freundschaft)
China 1957 | Xu Changlin | 99 min | OmU
Seite 56
Mittwoch, 24. Februar 2016
Donnerstag, 25. Februar 2016
19.00 Open Scene
Freitag, 26. Februar 2016
Samstag, 27. Februar 2016
Sonntag, 28. Februar 2016
Mittwoch, 2. März 2016
Donnerstag, 3. März 2016
19.00 Open Scene
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450
Für Unterstützung und Kooperation bei der Realisierung unseres Programms danken wir:
Stummfilmtage · Bonner Kinemathek (Bernhard Gugsch,
Franziska Kremser-Klinkertz, Sigrid Limprecht) · Cinémathèque
Française, Paris (Emilie Cauquy) · Filmarchiv Austria, Wien
(Fumiko Tsuneishi) · Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung,
Wiesbaden (Gudrun Weiss) · Greek Film Archive, Athen
(Phaedra Papadopoulou) · Gosfilmofond, Moskau (Petr Bagrov,
Oleg Bočkov) · Library of Congress / Motion Picture, Broadcasting and Recorded Sound Division, Culpeper (Mike Mashon,
Lynanne Schweighofer) · Taiwan Film Institute (Hao-Chun Yang,
Wenchi Lin)
Jean Paul Gaultier · Cinémathèque Suisse, Lausanne (André
Schäublin) · La Maison Jean Paul Gaultier, Paris (Jean Paul
Gaultier, Jelka Music) · Kinemathek Le Bon Film, Basel (Beat
Schneider) · Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung, München
(Stefan Schukowski) · Tonie Marshall, Paris · Les falbalas de
Jean Paul Gaultier © 2004 France 5 / A Prime Group
Ingrid Bergman · Bonner Kinemathek (Bernhard Gugsch) ·
British Film Institute, London (Fleur Buckley) · Cinémathèque
Française, Paris (Annick Girard) · Cinémathèque Suisse,
Lausanne (André Schäublin) · Friedrich-Wilhelm-MurnauStiftung, Wiesbaden (Gudrun Weiss) · Svenska Filminstituttet,
Stockholm (Jon Wengström) · UCLA Film & Television Archive,
Los Angeles (Todd Wiener, Steven K. Hill) · 35mm restored print
of Joan of Arc courtesy of the UCLA Film & Television Archive.
Funding provided by The Film Foundation, the David and Lucile
Packard Foundation, American Movie Classics, and the AFI/NEA
Film Preservation Grants Program · Andrea Kirchhartz, Hamburg
· Thilo Wydra, München
Hollywood ohne Schranken · Arsenal, Berlin (Annette
Lingg) · Bonner Kinemathek (Bernhard Gugsch) · British Film
Institute, London (Fleur Buckley) · Library of Congress / Motion
Picture, Broadcasting and Recorded Sound Division, Culpeper
(Mike Mashon, Lynanne Schweighofer) · UCLA Film & Television
Archive, Los Angeles (Todd Wiener, Steven K. Hill) · Warner Bros.
Pictures Germany, Hamburg (Jannah-Marie Elfert) · Théâtre du
Temple, Paris (Vincent Dupré)
Wahn und Kunst · CCC Filmkunst, Berlin (Sarah Polligkeit) ·
Cinémathèque Suisse, Lausanne (André Schäublin) · Edition
Salzgeber, Berlin (Jürgen Pohl, Hermann Lorsbach)
Wolf-Eckart Bühler · Deutsches Filminstitut, Frankfurt ·
Westdeutscher Rundfunk, Köln · Wolf-Eckart Bühler, München ·
Christiane Habich, Berlin
Rumänisches Filmfestival · Centrul Naţional al Cinematografiei, Bukarest (Alina Sălcudeanu) · Generalkonsulat von
Rumänien, München (Anton Nicolescu) · Gesellschaft zur
Förderung der Rumänischen Kultur und Tradition, München
(Brigitte Drodtloff) · HiFilm, Bukarest (Ada Solomon) · Kulturreferat der LH München (Christoph Schwarz) · Rumänisches
Kulturinstitut »Titu Maiorescu«, Berlin (Cristina Hoffman) · Bert
Rebhandl, Berlin
Film und Psychoanalyse · Akademie für Psychoanalyse und
Psychotherapie, München · (Matthias Baumgart, Eva Friedrich,
Andreas Hamburger, Vivian Pramataroff-Hamburger, Salek
Kutschinski, Mathias Lohmer, Katharina Leube-Sonnleitner,
Corinna Wernz) · Deutsches Filminstitut, Wiesbaden (Markus
Wessolowski)
Flucht und Zuflucht · Cinémathèque royale de Belgique,
Brüssel (Clémentine De Blieck) · Doc & Film International, Paris
(Hannah Horner) · Heinrich-Böll-Stiftung e.V., Berlin (Nils
Stelling) · Münchner Volkshochschule MVHS (Klaus Blanc) ·
Wallonie-Bruxelles International, Brüssel
Shi Hui · China Film Archive, Peking (Lan Zhang) · China Film
Consult, Wien (Isabel Wolte) · Filmarchiv Austria, Wien
Francesco Rosi · Cinecittà Luce, Rom (Rosaria Folcarelli) ·
Circolo Cento Fiori / Filmstadt München (Ambra SorrentinoBecker, Ulla Weßler) · Istituto Italiano, München (Giovanna
Gruber)
Jean-Marie Straub · Johannes Beringer, Berlin · Stefan
Ripplinger, Berlin · Jean-Marie Straub, Rolle · Barbara Ulrich,
Rolle
François Truffaut · Cinémathèque de la Ville de Luxembourg
(Claude Bertemes) · Cinémathèque Française, Paris (Serge
Toubiana) · Cinémathèque Suisse, Lausanne (André Schäublin)
· Institut Français, München (Julien Thorel, Christine Zurmeyer)
· Kinemathek Le Bon Film, Basel (Beat Schneider) · UCLA
Film & Television Archive, Los Angeles (Todd Wiener, Steven
K. Hill)
Heynowski & Scheumann · DEFA-Filmverleih / Deutsche
Kinemathek, Berlin (Anja Göbel) · DEFA-Stiftung, Berlin
(Johannes Roschlau) · DRA Deutsches Rundfunkarchiv,
Potsdam-Babelsberg (Martina Seidel)
FilmWeltWirtschaft – Arbeiten 4.0 · Bundesministerium
für Arbeit und Soziales, Berlin
Fotonachweis · Cinémathèque Suisse, Lausanne (Carina Carballo) · China Film Archive, Peking (Lan Zhang) · China Film Consult,
Wien (Isabel Wolte) · DEFA-Stiftung, Berlin (Johannes Roschlau) · Deutsches Filminstitut, Wiesbaden (André Mieles) · Filmmuseum
München (Claudia Engelhardt, Oleksandr Osherov, Gerhard Ullmann) · Wolf-Eckart Bühler, München · Thomas Hauzenberger, München
Das Kino der Stadt
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München
Tel 089/233 96450 · Fax 089/233 23931 · www.muenchner-stadtmuseum.de/film