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Reiseblatt
Seite R 4 / Donnerstag, 20. Februar 2003, Nr. 43
Frankfurter Allgemeine Zeitung
Terminal
Stationen
Niemand fragt nach dem Bahnhofsplatz,
wozu also ein Name?
Und man würde sich deshalb nicht wundern, wenn Grass und Enzensberger wieder mit ihren Friedenauer Nachbarn
Johnson und Frisch an den Tischen vor
dem „S-Café“ über Mittelmaß von Politik
und Medien parlieren würden. Und man
hat sich daran gewöhnt, daß nebenan im
„Blumenladen“ Axel Schultes und Giorgio Grassi mit Gianni Panzetta, Wirt und
Architekt in einem, über das Bauen in
Berlin diskutieren. Derlei Diskussionen
reichen hier weit zurück.
Am 29. Oktober 1838 wurde die erste
preußische Eisenbahnstrecke vom Potsdamer Bahnhof in Berlin über Zehlendorf
nach Potsdam eröffnet. An den Dörfern
Schöneberg, Friedenau und Steglitz fuhren die Dampfzüge vorbei. Die erste Vorortbahn sollte die Städte näherbringen,
„ohne sie je zu verschmelzen in einen Residenzkoloß“.
Nach der Reichsgründung 1871 wurden vor allem die Sonderzüge für „die Beförderung der Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften“ zum Problem. Bei unterschiedlichen Geschwindigkeiten „der
zu befördernden Schnellzüge, Personenzüge und Güterzüge und den dadurch bedingten vielfachen Zugüberholungen verlangt ein derartiger Zugverkehr die ange-
Friedenau bietet viel, notierte Günter
Grass vor dreißig Jahren in sein „Tagebuch einer Schnecke“. Da wohnte er in
der Niedstraße, über ihm die Flugzeuge
der PanAm und BEA nach Tempelhof,
unter ihm die U-Bahn nach Steglitz.
Drumherum Landhäuser, Villen und
Mietshäuser der Gründerzeit, Vorgärten
mit schmiedeeisernen Gittern, Parkanlagen, Springbrunnen, Gartenlokale, Wochenmarkt und ein Friedhof für den Komponisten Ferrucio Busoni, auf dem auch
Marlene Dietrich ihre letzte Ruhe gefunden hat.
Frieden-Au, wie die Landhauskolonie
ursprünglich genannt wurde, entwickelte
sich seit seiner Gründung 1871 zu einer
beliebten Wohngegend. Rosa Luxemburg
und Theodor Heuss, Karl Schmidt-Rottluff und Ernst Barlach, Erich Kästner,
Rainer Maria Rilke, Kurt Tucholsky und
Nicolas Born, auch Marlene Dietrich, Hildegard Knef und die „Comedian Harmonists“ waren hier zu Hause. Dennoch
blieb es ein ruhiges Viertel, das alle Wirren überstanden hatd – den Verlust des eigenen Rathauses ebenso wie 1920 den Anschluß an Schöneberg und 2001 die Dreingabe an den Großbezirk Schöneberg-Tempelhof. Verändert hat sich kaum etwas.
Anmutung von Sommerfrische auch im Winter: S-Café Friedenau
Foto Christian Thiel
strengteste Aufmerksamkeit der betheiligten Beamten“.
Da der Kaiser um das Wohl seiner Beamten besorgt war, sorgte das Eisenbahnanleihegesetz von 1887 dafür, daß auf der
zwölf Kilometer langen Strecke zwischen
Berlin und Zehlendorf parallel zu den
Hauptgleisen ein neues Gleispaar gelegt
wurde. Während die sogenannte „Stammbahn“ für die Direktzüge zwischen den
Residenzen und den Fernverkehr nach
Magdeburg reserviert war, wurden auf
der „Neuen Wannseebahn“ die Zwischenstationen bedient.
Friedenau hatte für seine 1104 Einwohner und 258 Haushalte bereits am 1. November 1874 eine eigene Station mit Empfangsgebäude, Kiosk, Geräteschuppen
und einem überdachten Mittelbahnsteig
erhalten. Zur Ausstattung gehörten ein
Dienstraum für den Stationsbeamten, ein
beheizbares Wartehäuschen, Sitzbänke
mit hohen Rückenwänden, Zugrichtungsweiser, Trinkbrunnen, Bahnsteiguhr und
„Schilder zur Bezeichnung der Stelle, wo
die Wagen der II. Klasse zum Stillstand
kommen“. Am Treppenausgang wurde
ein Schaffnerstand „zur Ausübung der
Fahrkartenprüfung“ installiert. Das alles
hat die Zeiten in wesentlichen Teilen
überstanden.
Wer hier ankommt, erreicht den Bahnhofsvorplatz über Treppen und durch Tunnel. Einsichtig und übersehbar ist er auch
dann, wenn sich ringsum Linde, Kastanie
und Ahorn üppig entfaltet haben. Von
vier Gebäuden wird er umhüllt und markiert: Drei eingeschossigen Bahnhofsbauten aus leichtem Fach- und Mauerwerk
im „Schweizer Stil“ steht das repräsentative vierstöckige Eckwohnhaus aus dem
Jahre 1892 mit Stuckfassade gegenüber.
Dieses Nebeneinander von ländlichem
Idyll und luxuriöser Gründerzeit ist typisch für Friedenau.
Ganz und gar untypisch ist, daß dieser
Bahnhofsvorplatz keinen Namen hat. Er
braucht auch keinen, weil niemand nach
ihm fragt. Er ist ein Platz, der einfach
schon immer da ist, nichts ist besonders
an ihm, kein Museum, kein Denkmal,
kein Brunnen, nicht einmal eine Boutique. Unaufdringlich ist er und bescheiden. Markt und Feste hat er nie erlebt,
Großstadtverkehr übrigens auch nicht.
Das Leben mit der Station ist ihm genug. Alte und Junge kommen hierher,
halten ein, stehen herum, treffen sich,
reden, spielen, lesen, essen, trinken mitunter auch, was keineswegs bedeutet,
daß sie sich aus dem Alltag in die Arme
dieses Platzes retten. Sie entdecken
höchstens, was sie besitzen. Friedenau
PETER HAHN
bietet viel.
Kanada
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Abbildung aus dem besprochenen Band
Denn die Welt ist zum Skifahren da
Zum Skifahren braucht man Berge. Diese Erkenntnis könnte so etwas wie der
kleinste gemeinsame Nenner von AlpinEnthusiasten sein. Doch unmittelbar
nach der Feststellung tritt man ein ins eigene Reich der Pisten und Tourenabfahrten; denn jeder hat im Schnee sein Paradies. Ein Buch über schönste Ski-Resorts
muß also zwangsläufig subjektiv sein –
und Widersprüche reflexartig provozieren. Dennoch: Für ein solches Buch könnte kaum einer besser geeignet sein als Arnie Wilson. Der Engländer ist skiverrückt, seine Leidenschaft hat ihn sogar
ins „Guinness-Buch der Rekorde“ gebracht: Im Jahr 1994 stand er jeden Tag
auf Skiern, dafür hat er die Erde gleichsam auf Brettern umrundet. Sein Buch
über die vierzig besten Skigebiete bietet
die Klassiker in Europa und in Nordame-
rika sowie einige Exoten: in Argentinien
und Australien, dazu vier Reviere, die nur
mit dem Hubschrauber zu erreichen sind.
Doch es ist gar nicht entscheidend, welche
Gebiete er beschreibt. Was für das Buch
einnimmt, ist vielmehr die unbedingte Leidenschaft für den Skisport und wie Wilson das Gleiten im Schnee immer neu
preist, oft in eigentümlich trockener Diktion. Ihr entsprechen die Bilder, die den
Pistenklischees von anderswo auf angenehm unprätentiöse Weise ausweichen.
Letztlich geht es doch um nichts anderes
als „Skifahren bis zum Umfallen“. Unser
Foto zeigt den Moment davor – bei einer
Waldabfahrt in Vail.
A.O.
쐽 „Die 40 schönsten Ski-Resorts“ von Arnie
Wilson. Christian Verlag, München 2002.
160 Seiten mit zahlreichen Farbabbildungen.
Gebunden, 38,– Euro. ISBN 3-88472-532-7.
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Wenn demnächst die neue Formel-1-Saison beginnt, endet für Millionen vor allem
männlicher Menschen eine lange Leidenszeit. Jetzt wissen sie endlich wieder, was sie
am Wochenende zu tun haben und worüber sie werktags fachsimpeln können.
Doch haben selbst eingefleischte Rennwagenfreunde wirklich Ahnung vom Geschäft? Das wollen wir mal sehen: Was bedeutet die gelbrot gestreifte Flagge? Richtig, Rutschgefahr. Das war einfach, aber
jetzt: Was fällt Motorsportfreunden spontan zu Prinz Birabongse Bhanutej Bhanubandh ein? Nun, der Mann war Mitglied
der königlichen Familie von Siam und wurde 1950 beim Großen Preis der Schweiz in
Bremgarten Vierter.
Solche Wissenslücken, die des wahren
Formel-1-Fans unwürdig sind, kann man
auf der Homepage der Fédération Internationale de l’Automobile schließen (www.
fia.com). Dort findet man unter anderem
in einer Grand-Prix-Enzyklopädie alles
über Fahrer, Teams, Reifen, Rennstrecken,
Sponsoren, Motoren, Konstrukteure, dazu
ein Personenlexikon und als Krone Rennverläufe und Resultate sämtlicher Formel-1-Rennen aller Zeiten.
Auch sonst ist der Grand-Prix-Zirkus
im Netz bestens vertreten. Es wimmelt
dort von professionell gemachten Websites, die erschöpfend über jede Schraube,
jede Testfahrt und jedes neue Boxenluder
informieren. Oft gibt es auf Seiten wie
http://f1.racing-live.com,
www.f1ndex.de,
www.f1-plus.com, www.f1total.com, www.formel1saison.de oder www.t-online.ch/
f1-racing auch die Möglichkeit, Karten für
die Rennen zu bestellen, im FanartikelShop sehr viel Geld auszugeben, im ChatRoom Prinz Birabongses Karriere zu rekapitulieren oder sich SMS-News auf das
Mobiltelefon senden zu lassen. Andernorts kann man ein virtuelles Michael-Schumacher-Memory spielen (www.formulaone-power.de) und einem komischen Kerl
zuhören, der mit seiner Stimme einen Ferrari nachmacht (www.f1-corner.de).
Wenn man die Kopie mit dem Original
vergleichen möchte, sind Online-Reisebüros wie www.formel1-reisen.ch, www.f1-reisebuero.de oder www.gpticketshop.com
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