IMS Health Flashlight
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IMS Health Flashlight 49. Ausgabe – Oktober 2015 IMS Health Flashlight 49. Ausgabe - Oktober 2015 Liebe Leserinnen und Leser, von den vielen verschiedenen Aspekten, die im Healthcare-Bereich interessant sind, greifen wir in dieser Ausgabe unseres Newsletters in insgesamt fünf Beiträgen die Themen Innovation, Kosten, Versorgung und Digitalisierung auf. In der Sparte „Pharmamarkt“ befassen wir uns mit Medizinprodukten und zeigen auf, wie diese innovative Wachstumsbranche sich in Deutschland und international entwickelt. Innovationen, aber auch Kosten sind derzeit im Pharmakontext relevante Themen. Auf der diesjährigen IMS Health Kundentagung Ende September wurde das Thema im Kontext von Markt- und Versorgungsforschung auf verschiedene Weise beleuchtet. Lesen Sie dazu unseren Tagungsbericht in der Rubrik „Healthcare Welt“. Ein zweiter Artikel in dieser Sparte fokussiert auf Ressourcen, die Pharmaunternehmen einsetzen, um ihre ärztlichen Zielgruppen möglichst gut zu identifizieren und anzusprechen. Hierzu stellen wir einen holistischen Ansatz von IMS Health vor, der beim Targeting Unterstützung bietet. Die Digitalisierung des Gesundheitswesens schreitet unaufhörlich voran. Unternehmen und Institutionen, die in dem Markt weiter erfolgreich sein möchten, müssen veränderungsbereit sein. So lautete die Botschaft, die bei der diesjährigen IMS Health Veranstaltung „Next Generation Healthcare Technology“ das Fazit verschiedener Vorträge bildete. Wenn Sie mehr dazu erfahren möchten, lesen Sie in der Rubrik „Technology & Applications“ den Tagungsbericht. Ein zweiter Beitrag in dieser Sparte destilliert einige zentrale Ergebnisse aus einem neuen Report des IMS Institute for Healthcare Informatics, nämlich zum aktuellen Stand der Nutzung mobiler Apps. Ich wünsche Ihnen eine interessante Lektüre, Ihr Dr. Frank Wartenberg, President Central Europe Inhalt 3 8 11 14 17 20 Pharmamarkt Medizinprodukte – ein innovatives Feld mit Wachstumschancen Healthcare-Welt IMS Health Kundentagung 2015: Markt- und Versorgungsforschung – Entwicklungen und Trends Healthcare-Welt Mit holistischem Targeting Wettbewerbsvorteile sichern Technology & Applications IMS Health Veranstaltung „Next Generation Healthcare Technology“: Die Chancen der digitalen Technologie für die Gesundheitsversorgung nutzen Technology & Applications Akzeptanz von „Mobile Health“ bei Patienten Termine Branchen-Events: Treffen Sie IMS Health-Experten bei Seminaren und Konferenzen © IMS Health, Oktober 2015, 49. Ausgabe 2 PHARMAMARKT Medizinprodukte – ein innovatives Feld mit Wachstumschancen Die Medizintechnologie stellt ein weites und innovatives Feld dar. Neben stofflichen Medizinprodukten umfasst der Bereich auch die In-vitro Diagnostik, medizinisch bildgebende Verfahren und sog. eHealth-Lösungen. In der EU sind Medizinprodukte definiert1 als miteinander verbunden verwendete Instrumente, Apparate, Vorrichtungen, Software, Stoffe oder andere Gegenstände, einschließlich der vom Hersteller speziell zur Anwendung für diagnostische und/oder therapeutische Zwecke bestimmten und für ein einwandfreies Funktionieren des Medizinprodukts eingesetzten Software, die vom Hersteller zur Anwendung für Menschen für verschiedene Zwecke bestimmt sind2. Je nach Einsatzbereich lassen sich die Produkte in vier Risikoklassen3 (I, IIa, IIb, III) einteilen. Der untersten Ebene mit dem geringsten Risikopotenzial sind bspw. Verbandsmittel, Gehhilfen, Brillen und ähnliches zugeordnet4. Klasse IIa beinhaltet Produkte mit mittlerem Risikopotenzial, wozu z. B. Hörgeräte oder Kontaktlinsen, aber auch der diagnostische Ultraschall oder die Magnetresonanztomographie gehören. Klasse IIb umfasst Produkte mit erhöhtem Risikopotenzial (z. B. Stents, Dialysatoren, Nägel), in Klasse III sind Produkte mit hohem Risikopotenzial verortet (z. B. Herzschrittmacher, Herzklappen, Brustimplantate). Die Art der Produkte weist auf den unterschiedlichen Einsatz hin, der vom Patienten selbst über Heime und Arztpraxen bis hin zu Kliniken reicht. Den Markt der Medizinprodukte näher zu beleuchten, erscheint interessant, weil es sich um einen hoch produktiven und innovativen Bereich handelt, der die Hersteller jedoch auch vor neue Herausforderungen im Blick auf die Kommerzialisierung stellt. Kontinuierliche Umsatzsteigerung weltweit Im Jahr 2014 gab es beim europäischen Patentamt weltweit 11.124 Patentanmeldungen im Bereich Medizintechnologie, 3,2 % mehr als im Jahr davor5. Rund 12 % der Patentanmeldungen kamen aus Deutschland, das damit nach den USA (31 %) Platz 2 belegt. Frankreich besetzt Platz 3 mit 7 % der Anmeldungen, gefolgt von den Niederlanden und der Schweiz (jeweils 4 %). Der Bereich Medizintechnologie bildet mit einem Marktvolumen von knapp 100 Milliarden Euro, die von 25.000 Unternehmen mit mehr als 575 Tausend Beschäftigten erarbeitet werden, einen Motor der europäischen Wirtschaft6. Fast 95 % der Firmen sind kleine und mittlere Unternehmen, die sich durch Intensität 1 Quelle: https://www.vde.com/de/technik/vdemedtech/publikationen/documents/poster_klassifizierung_medizinprodukte-vde-pi.pdf 2 Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Medizinprodukt 3 Quelle: Eucomed (European Confederation of Medical Suppliers = Europäische Organisation der Medizinprodukte-Hersteller) 4 Quelle: http://www.svr-gesundheit.de/index.php?id=486 5 Quelle: Europäisches Patentamt 2014 Quelle: 1) Eucomed-Berechnungen auf Grundlage von Daten nat. Verbände für das letzte verfügbare Jahr; 15 Länder - Medical Technologie, einschließlich In-vitro-Diagnostik. Europa bezieht sich auf EU + Norwegen, der Schweiz // (2) WHO Weltgesundheitsausgaben Database, Eurostat, Eucomed-Berechnungen auf der Grundlage der von der Nationalverbände gewonnenen Daten // (3) Espicom, Eucomed Berechnungen. Hersteller Preise. Medizinprodukt ohne in-vitro-Diagnostika. 6 © IMS Health, Oktober 2015, 49. Ausgabe 3 PHARMAMARKT bei Forschung und Entwicklung auszeichnen, denn 8 % der Umsätze werden hier investiert. Weltweit stieg der Umsatz der Medizintechnikindustrie im Jahr 2014 um 4,4 %. Damit setzt sich die Entwicklung der Vorjahre fort und es wird auch für die Zukunft ein weiteres Wachstum dieses Sektors erwartet (Abbildung 1). Abbildung 1: Kontinuierlicher Umsatzanstieg der weltweiten Medizintechnikindustrie zwischen 2005 und 2020 (Prognose) + 35% Umsatz in Milliarden US-Dollar 600 500 400 300 219 241 272 301 304 321 2008 2009 2010 347 357 364 380 2011 2012 2013 2014 401 423 445 467 490 514 200 100 0 2005 2006 2007 2015 2016 2017 2018 2019 2020 Quelle: Weltweit; 2005 bis 2014; STATISTA – http://de.statista.com/statistik/daten/studie/313457/umfrage/jaehrliche-ausgaben-fuer-forschung-und-entwicklung-der-weltweiten-medizintechnikindustrie Auch in Deutschland Wachstumstreiber und Innovator Mit Fug und Recht kann man auch die Medizintechnikindustrie in Deutschland als Wachstumstreiber und Innovator bezeichnen. Die Fakten sprechen für sich7: 12.000 Unternehmen, mehrheitlich mittelständisch geprägt, mit 170 Tausend Arbeitsplätzen, die ein Drittel ihres Umsatzes mit innovativen Produkten, die nicht älter als drei Jahre sind, erzielen. Einer Umfrage des Bundesverbands Medizintechnologie (BVMed) im Herbst 2014 zu Folge bilden vor allem die Kardiologie, Onkologie, Diagnostik, Neurologie und Chirurgie in dieser Rangfolge die am häufigsten genannten Forschungsbereiche. Gut zwei Drittel des Umsatzes im Jahr 2014 wurden durch Exporte erzielt, die wesentlich zur Umsatzsteigerung in Höhe von 26 % in den letzten fünf Jahren beitrugen (Abbildung 2). 7 Quelle: BVMed, 2014 © IMS Health, Oktober 2015, 49. Ausgabe 4 PHARMAMARKT Abbildung 2: Die deutsche Medizintechnikindustrie boomt wesentlich durch den Export Umsatz in Mrd. Euro 25,19 +26% 19,99 17,10 +36% 12,49 8,09 7,50 2009 2010 Gesamtumsatz 2011 2012 Auslandsumsatz 2013 +8% 2014 Inlandsumsatz Quelle: BVMed und Wirtschaftsstatistik, 2014; Investitionsgüter werden nicht berücksichtig sondern nur Verbrauchsgüter Verglichen mit dem Pharmamarkt spielt sich das Gros des Medizinprodukte-Geschäfts in Deutschland im Klinikbereich ab, während es sich bei Arzneimitteln genau andersherum verhält. 75 % des Umsatzes mit Medizinprodukten resultieren aus dem stationären Sektor. Das Volumen des gesamten Segments ist mit knapp 8 Milliarden Euro in Relation zum Pharmamarkt (36 Mrd.) indessen noch verhältnismäßig klein (Abbildung 3), jedoch stehen die Zeichen auf Wachstum in Anbetracht zukünftiger Entwicklungen, die auf hohe medizinische Bedarfe treffen und sich aus dem demografischen Faktor ergeben. Hinsichtlich der innovativen Medizinproduktentwicklung benennen BVMed und VDE8 fünf Richtungen: die Miniaturisierung im Sinne der Verkleinerung von Systemen (bspw. Sensoren zur Überwachung oder minimalinvasive Chirurgie), die Biologisierung (z. B. Knorpel- oder Gefäß-Bioimplantate), die Computerisierung als Integration von Informations- und Kommunikationstechnik in medizinische Systeme, die Personalisierung (patientenindividuell abgestimmte Komponenten für Diagnostik und Therapie) und die Vernetzung im Sinne der informationstechnischen Integration von Medizinprodukten in bestehende Daten- und Kommunikationsnetzwerke (z. B. Vernetzung unterschiedlicher Geräte im Operationssaal). 8 Quelle: http://www.bvmed.de/de/technologien/trends/innovationsfelder © IMS Health, Oktober 2015, 49. Ausgabe 5 PHARMAMARKT Abbildung 3: Drei Viertel des Umsatzes mit Medizinprodukten in Deutschland wird in Kliniken erzielt Inlandsumsatz in Milliarden Euro im Jahr 2014 7,6 Mrd. € +7,3% 5,8 +1,2% 1,9 36,0 Mrd. € Medizinprodukte 4,6 -1,5% 31,4 +6,4% Arzneimittel Hospital Retail Quelle: Medizinprodukte = IMS® DKB (Deutscher Krankenhaus Sachbedarf) & IMS MSA (Medizinischer Sachbedarf); Arzneimittel = IMS PharmaScope® National & IMS® DKM (Deutscher Krankenhausmarkt) jeweils CalYear 2014; Retail Umsatz nach ApU und Hospital Umsatz bewertete Euro Unterschiede im Klinik- und Apothekensegment Die eingangs aufgezeigte Einteilung von Medizinprodukten nach Risikopotenzial schlägt sich in der Unterschiedlichkeit der Produkte nieder, die über die Offizinapotheken eingekauft bzw. in den Kliniken verbraucht werden. So dominieren Artikel aus dem Niedrig- bis Mittelrisikopotenzialbereich die Einkäufe der Apotheken, während Produkte aus der Klasse erhöhten und hohen Risikopotenzials im Klinikbereich vorherrschen (Abbildung 4). Herausforderungen für Medizinprodukte-Hersteller Ist der zukünftige Erfolg der Medizinprodukte-Industrie angesichts innovationsstarker Produkte und vorhandener Bedarfe fast vorprogrammiert? Nein, denn es gibt auch Hürden hinsichtlich der Kommerzialisierung der Produkte zu überwinden. Diese sind zum einen regulatorischer Art, da bspw. auch für einige Medizinprodukte inzwischen eine positive Nutzenbewertung die Basis für die Erstattung bildet. Sicherheitsaspekte werden außerdem für die Zulassung wichtiger und rücken in den Fokus der Öffentlichkeit wie der in 2010 entstandene Skandal um minderwertige Brustimplantate eines französischen Herstellers zeigte. Zum anderen verschärft sich der Wettbewerb, indem neue Produkte und Wettbewerber in den Markt drängen. Beteiligt sind hier Startup-Unternehmen ebenso wie Global Player, und die Angebotspalette elektronischer Geräte zur unterstützenden Gesundheitsversorgung reicht von der einzelnen App bis hin zur kompletten Systemlösung. © IMS Health, Oktober 2015, 49. Ausgabe 6 PHARMAMARKT Bei all dem wächst der Kostendruck und es kommt für Anbieter der Produkte darauf an, die relevanten Stakeholder und Kunden zu identifizieren sowie diese anzusprechen. Dabei gilt es nicht selten ein ganzes Ökosystem zu beachten, da meist mehrere Akteure einzubinden und aufeinander abzustimmen sind. Ein sicherer elektronischer Datenaustausch und verlässliche digitale Kommunikation stellen wichtige Elemente dar, um Geschäftsprozesse effizient abzuwickeln. Abbildung 4: Artikel niedriger Risikoklassen dominieren Apothekeneinkäufe, Produkte mit höherem Risikopotenzial den Verbrauch in Kliniken Umsatz in Mio. Euro im Jahr 2014 Einkauf öffentl. Apotheken 656 DIAGNOSTIKA VERBANDMITTEL UND PFLASTER 501 PATIENTENPFLEGE-UND HYG.BED 223 INFUS., TRANSF., INJEKT.ZUBEH. DIAETETIKA UND SONDENTECHN. ALLE ANDEREN Verbrauch in dt. Akutkliniken 170 IMPLANTATE INF.-,TRANSF.-,INJ.-ZUB., GEFAESSKATH. 215 1.129 ENDOTHERAPIEBEDARF UND ZUBEHOER 395 BEATMUNG, KATHETER, SONDEN UND DRAINAGEN 367 VERBANDMITTEL UND PFLASTER 99 2.599 ALLE ANDEREN 304 987 Quelle: IMS® MSA (Medizinischer Sachbedarf); sowie IMS DKB (Krankenhaus Sachbedarf); führende Produktgruppen im Kalenderjahr 2014 Dr. Gisela Maag /Marlen Pechstein © IMS Health, Oktober 2015, 49. Ausgabe 7 HEALTHCARE-WELT IMS Health Kundentagung 2015: Markt- und Versorgungsforschung – Entwicklungen und Trends Die diesjährige Kundentagung von IMS HEALTH am 30. September in Offenbach/Main war dem Thema „Markt- und Versorgungsforschung“ gewidmet. Dazu wurden Trends und Entwicklungen aus dem deutschen und internationalen Pharma- und Gesundheitsmarkt vorgestellt. Innovationen und Kosten: im Pharmakontext bestimmende Themen Dr. Frank Wartenberg, President Central Europe von IMS Health, zeigte anhand von Beispielen aus dem Markt auf, dass Innovation und Kosten im Pharmakontext derzeit die bestimmenden Themen sind. So hat eine Studie des IMS Institute for Healthcare Informatics zu Kostenstrukturen und Anforderungen an die Industrie gezeigt, dass Unternehmen aus dem Bereich Life Sciences in den nächsten fünf Jahren 35 Mrd. US$ Kosten einsparen müssen, um weiterhin konstante Margen zu erzielen. Ursächlich hierfür seien eine steigende Komplexität hinsichtlich Markt- und Wettbewerbsveränderungen, eine erweiterte Stakeholderlandschaft und ein erheblicher Kostendruck. Die Patent Cliff-Dividende schrumpfe, so sei z. B. in Deutschland in den nächsten fünf Jahren (2015 bis 2020) mit 27 % weniger Umsatz durch Patentabläufe im Vergleich mit den letzten fünf Jahren (2009 bis 2014) zu rechnen. Für den Welt-Pharmamarkt geht IMS Health aktuell von einem jährlichen Zuwachs von 4 bis 6 % aus, was für das Jahr 2019 ein Umsatzvolumen von 1,3 Billionen US$ erwarten lässt. Dabei ist für die entwickelten Länder vielfach von einem Wachstum im niedrigen bis mittleren einstelligen Bereich auszugehen. Für Deutschland bewegt sich die Prognose der Wachstumsraten bspw. zwischen 2 und 5 %. Für die sog. „Pharmerging“ Märkte wird das Wachstum im höheren einstelligen Bereich beziffert. Im internationalen Vergleich fallen die Wachstumsraten damit nicht mehr so unterschiedlich aus, wie dies noch vor einigen Jahren der Fall war. Wesentliche Gründe hierfür liegen in stärkeren Kostendämpfungsmaßnahmen und einer weniger prosperierenden Wirtschaft in diesen Ländern. © IMS Health, Oktober 2015, 49. Ausgabe 8 HEALTHCARE-WELT Sowohl global als auch in Deutschland spielen Spezialarzneimittel und im Besonderen Biologika für die Entwicklung des Pharmamarktes eine immer bedeutendere Rolle. In Europa wird nach IMS Health-Ergebnissen fast das gesamte Wachstum (94 %) durch Spezialarzneimittel generiert wie Wartenberg aufzeigte. Biologika machten einen zunehmenden Anteil am globalen Umsatz aus: im Jahr 2014 handelte es sich bei sechs der Top 10-Medikamente um Biologika, in 2015 befinden sich bereits zwei innovative Hepatitis C-Präparate unter den führenden Medikamenten. In Deutschland stellt sich die Entwicklung ähnlich dar. Da Innovationen pharmazeutischer Produkte immer mehr durch technologische Entwicklungen beeinflusst sind, resultiere daraus die Notwendigkeit, große Datenmengen, wie sie etwa in der Krebsforschung anfallen, schnell analysieren zu können, erläuterte Wartenberg. Die Zukunft seien leistungsfähige Algorithmen in Verbindung mit tiefen medizinischen Daten. Unternehmen, die es schafften, mehr analytische Reife zu gewinnen – bis hin zur prädiktiven Analyse – könnten dadurch Wettbewerbsvorteile erzielen. Fotos: IMS Health Dr. Frank Wartenberg (Foto links) beim Eröffnungsvortrag, angeregte Gespräche in den Pausen (Foto rechts) Globale Trends im OTC-Segment: Marktwachstum, mündige Patienten und soziale Medien Andy Tisman, Senior Principal im Bereich Consumer Health bei IMS Health, gab einen Überblick auf einige globale Markttrends in diesem Feld. Er zeigte, dass der OTC-Markt (OTC: over the counter = rezeptfrei) in den letzten Jahren in vielen Ländern gewachsen ist. Vor allem die „emerging markets“ hätten sich als Wachstumstreiber erwiesen, ihr Beitrag am gesamten Marktwachstum habe in 2013 bei 76 % gelegen. Unterschiede gebe es in der Kurz- und Langzeitbetrachtung. Lateinamerika bspw. zeige in der Langzeitbetrachtung ein besonders starkes Wachstum. Hingegen verbuchten die meisten Länder in Westeuropa kurzfristige Zuwächse, die auf eine besonders starke Erkältungssaison zurückzuführen seien. In der Detailbetrachtung einzelner Regionen und Länder verdeutlichte Tisman, dass es für multinational präsente Unternehmen darauf ankommt, zu verstehen, welche Merkmale lokale Märkte kennzeichnen, welche speziellen Bedarfe dort bestehen und wie es jeweils um die wirtschaftliche Situation bestellt ist. Tisman macht einen übergreifenden Trend zum mündigen Patienten aus. Patienten bzw. Verbraucher interessierten sich immer mehr für das Thema Gesundheit und verfolgten ihre diesbezüglichen Interessen in wachsendem Maße auch über das Internet. Vor diesem Hintergrund und befördert durch den Spardruck von Kostenträgern erweitere sich das Portfolio pharmazeutischer Unternehmen, es sei ein Umdenken von © IMS Health, Oktober 2015, 49. Ausgabe 9 HEALTHCARE-WELT „konsumnahen Pharmazeutika“ zu „Verbraucherprodukten im Bereich Health und Wellness“ festzustellen. Im Zuge der wachsenden Patienten-Emanzipation und stärkeren Ausrichtung auf den Kunden würden auch die Kundenbeziehungen und Kommunikationskanäle, die einen Zugang zum Verbraucher herstellten, erweitert, so der Referent. Bei Internetrecherchen bilde Wikipedia für Patienten oftmals die erste Informationsquelle und Ergebnisse aus IMS Health-Analysen wiesen eine hohe Korrelation zwischen Besuchen auf der Plattform und Käufen von rezeptfreien Arzneimitteln bspw. gegen Erkältungen oder Allergien aus. Unternehmen, so Tisman abschließend, müssten die neuen Trends aufnehmen und Verbraucher darin unterstützen, ihre Gesundheit zu managen anstelle nur ihre Krankheiten behandeln zu lassen. Biosimilars: Marktwachstum zu erwarten Dr. Dr. Richard Ammer, Geschäftsführer von MEDICE Arzneimittel Pütter, skizzierte den im Vergleich zu Generika komplexeren Weg bis zur Zulassung der Nachbauten von Biopharmazeutika. Prädiktoren für die Marktdurchdringung seien u.a. Erstattungsmodalitäten (Tendermodelle), Einkaufsgemeinschaften und Verordnungs-Guidelines. Für die Zukunft sei infolge von Patentabläufen, darauf folgenden Preisreduktionen, mehr Wettbewerbern und regulatorischen Entwicklungen von einem Marktwachstum auszugehen. Innovative Zell- und Gentherapien – neue Herausforderungen für die Kommerzialisierung Über das große Potenzial innovativer Zell- und Gentherapien zur Behandlung schwerer Erkrankungen referierten Sarah Rickwood, Vice President, und Dennis Kent, Analyst, aus dem Bereich Thought Leadership bei IMS Health. Nach Vorstellung der ermutigenden Forschungs-Pipeline auf diesem Sektor gingen sie auf die neuen Herausforderungen ein, vor denen Unternehmen stehen. Hürden für den Erfolg resultierten aus Besonderheiten im Hinblick auf Nutzenbewertung, Erstattungsfähigkeit, Kommerzialisierung sowie Fertigung und Logistik. Dabei spiele der Zeitfaktor eine wichtige Rolle. Denn Zell- und Gentherapien versprächen langfristig einen klinischen und ökonomischen Nutzen, seien jedoch kurzfristig erst einmal mit hohen Kosten verbunden. Innovative Preisbildungs- und Finanzierungsmodelle seien gefragt, um der von Kostenträgern hervorgehobenen monetären Belastung und auch möglichen Unsicherheiten wie z. B. der langfristigen Wirksamkeit der Therapeutika und ihrer Bewährung unter Alltagsbedingungen zu begegnen, erläuterte Rickwood. Beispiele für neue Wege der Finanzierung reichten je nach Ländergegebenheiten von nationalen Förderprogrammen über Annuitätenmodelle bis hin zu Pay for Performance-Vergütungen. Lesen Sie dazu auch den Beitrag in Ausgabe 48 des Newsletters Flashlight Das englische Whitepaper der Referenten zum Thema ist unter folgendem Link abrufbar: Dr. Gisela Maag © IMS Health, Oktober 2015, 49. Ausgabe 10 HEALTHCARE-WELT Mit holistischem Targeting Wettbewerbsvorteile sichern In Zeiten knapper werdender Ressourcen ist die Fokussierung des Außendienstes von hoher Bedeutung. Pharmazeutische Unternehmen nutzen regionale Abrechnungsdaten ebenso wie arztbezogene Informationen aus eigenen Systemen, um das Verordnungspotenzial von Ärzten zu bestimmen und sich einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Oft stellt IMS Health im Rahmen von Zielgruppenüberprüfungen mit der IMS Analytic Platform (Trust Center) fest, dass selbst erfahrene Unternehmen mit internen Targetings sowohl in klassischen als auch Spezialmärkten noch ein erhebliches Optimierungspotenzial haben. IMS Health bietet mit seinem holistischen Targetingansatz eine solide Lösung zur Optimierung der Zielgruppenselektion an. Hierbei werden nicht nur regionale anonymisierte Umsatzdaten genutzt, sondern arztbezogene Selbstauskünfte, Recherchen, soziodemographische Daten und Informationen aus dem jeweiligen Kunden-CRM-System (Customer Relationship Management) einbezogen. Nicht zuletzt durch die Integration der Cegedim Datenbasen (z. B. OneKey), kann die Güte der Analysen noch weiter verbessert werden. Eine weitere Neuerung ist hier auch die Abbildung einer qualitativen Dimension, die es ermöglicht Innovatoren und Meinungsbildner oder Netzwerkbeziehungen zwischen Ärzten und Krankenhäusern über Primärmarktforschung zu schätzen. Im Rahmen eines IMS Health Targeting-Projektes werden zunächst relevante Bezugsgrößen wie Marktdefinitionen, Patientenmerkmale oder Rechercheelemente bestimmt, bevor die eigentliche Targetinganalyse unter Zuhilfenahme von historischen Verordnungsmustern und aktuellen Umsatzdaten durchgeführt wird. Marktdefinition/Profiling Referenten der Pharmaindustrie beraten auf der Basis regionalisierter Abrechnungsdaten und Studien. Die Auswertung der anonymisierten Abrechnungsdaten dient den Pharmaherstellern und ihren Referenten dazu, allgemeines Verordnungsverhalten ebenso wie regionale Besonderheiten zu erkennen und Fehlentwicklungen entgegenzuwirken. Dies gilt besonders für den fehlerhaften Einsatz von Arzneimitteln, der eines der größten Risiken im Gesundheitswesen darstellt. Regionalisierte Verordnungsstatistiken und andere Studien, die mithilfe anonymisierter Daten aus den Apothekenrechenzentren erstellt werden, lassen solche Fehlentwicklungen erkennen und ermöglichen es, ihnen durch gezielte Beratung entgegenzuwirken. Auf diese Weise wird die Qualität der deutschen Gesundheitsversorgung stetig verbessert und Pharmahersteller können ihre hochspezialisierten Referenten effektiv einsetzen. Um Märkte zu definieren bzw. Zielgruppen zu profilieren, werden neben der Facharztgruppe, den direkten Wettbewerbern bzw. dem eigenen Produkt oft Markerprodukte gewählt, die einen Verhaltensaspekt (z. B. Impfaffinität) widerspiegeln. Auch werden Merkmale der Patienten und Ärzte definiert, die eine differenzierte Betrachtung des Marktes zulassen (z. B. Alter des Patienten, Ärzte als Meinungsbildner/ Innovatoren). © IMS Health, Oktober 2015, 49. Ausgabe 11 HEALTHCARE-WELT Diese anonymisierten Informationen bezieht IMS Health aus verschiedenen Quellen. So stellen regionale Umsatzdaten nur eine Informationsquelle dar. Zusätzlich werden soziodemographische Datenquellen, arztbezogene Selbstauskünfte, Datenbanken mit beschreibenden Merkmalen sowie Daten aus dem CRM des jeweiligen Kunden (z. B. Kampagnen-Informationen) herangezogen (Abbildung 1). Abbildung 1: Grundlagen des IMS Health Targeting Targeting Potenzialschätzung Kundenindividuelle Zusatzanalysen / Segmentierung Bewährte Methodik • Kombination verschiedener Methodiken • Unterschiedliche Methodik bei Spezialmärkten Regionale Marktdaten • granular zugänglich für die interne Verwendung • Optimale Nutzung der regionalen Daten durch IMS Methodik Modellierte Potentialschätzung (Volumen Targeting) • Hohe Flexibilität bei Anzahl der Klassen • Zusatzanalysen für Implementierung (z.B. FTE Kalkulation, Workload Verteilung auf Regionalstruktur etc.) Kunden Know-how • alte Zielgruppe • Anzahl Besuche etc. IMS Recherche Datenbank • Spezialisierungen • DMP • Onkologie Datenbank (Literatur, Studien) • PMR (z.B. Icomed) • Desk Research Quelle: IMS Health, öffentlich zugängliche Daten Targetingmodellierung Die erhobenen Daten fließen nun in ein oder mehrere Targetingmodelle ein, die eine Schätzung des Verordnerpotenziales zulassen. Hierbei werden mit Hilfe der IMS Analytic Platform das Potenzial der Ärzte modelliert und validiert. Die Analytic Platform gibt hierbei eine Rückmeldung zur Güte des Targetings und IMS Health optimiert in iterativen Schleifen darauf basierend die Schätzung. Regionale Umsatzdaten helfen in einem nachgelagerten Schritt die Schätzungen der Ärzte bezüglich regionaler Unterschiede anzupassen und erhöhen somit die Güte der Schätzung. Neben der quantitativen Bewertung spielen qualitative Aspekte eine immer wichtigere Rolle bei der holistischen Betrachtung der Zielgruppe. Mit Hilfe von Desk Research und Primärmarktforschung können diese qualitativen Aspekte erhoben und modelliert werden. Mögliche Beispiele einer qualitativen Dimension sind „Meinungsführerschaft“ oder die Netzwerkbeziehung zwischen einem Arzt und dem Krankenhausbereich. Die Kombination der quantitativen Potenzialschätzung und der qualitativen Dimension führt zu einer holistischen Bewertung der Ärzte. © IMS Health, Oktober 2015, 49. Ausgabe 12 HEALTHCARE-WELT Segmentierung und Klassifizierung Sind einmal die Modelle optimiert, werden die Zielgruppen in einer Liste priorisiert und in Segmente (A, B, C oder D – je nach Wunsch) eingeteilt. Diese Klassifizierung erfolgt auf Basis des Potenzials und in Abstimmung mit dem Kunden. Diese kundenspezifizierte Klassifizierung kann nun dem Außendienst zum einen helfen die ‚richtigen‘ Verordnungsstellen zu kontaktieren, aber darüber hinaus liefert sie dem Management eine Diskussionsbasis für Ressourcenallokation im Außendienst und erste Optimierungshinweise im Außendienstgebietsdesign. So kann anhand der Arztklasse und der Verordnerkonzentration der Einfluss unterschiedlicher Marktabdeckungen auf Umsatz und Gewinn berechnet werden. Aber auch die geographische Verteilung des Potenziales und der Abgleich mit der aktuellen Gebietsstruktur zeigen Möglichkeiten auf, Arbeitslast und Marktpotenzial in ein Gleichgewicht zu bringen (Abbildung 2). Informationen aus einem Targeting werden in entsprechenden Managementpräsentationen aufbereitet. Abbildung 2: Aspekte der Zielgruppenklassifikation Zusatzanalysen 5 1 Konzentrationsanalyse „Heat Map“ „Specialty Value“* Verteilung der Ärzte auf Mitarbeitergebiete Projekt Analysen 4 ZielgruppenValidierung Wie viel Prozent der Ärzte verordnen im definierten Markt? 2 FTE Kapazitätsabschätzung („effort based“) Kardio HAPI 2x Fachgruppenwichtigkeit Quelle: IMS Health 3 Wie viele ADM benötige ich um die neue Zielgruppe zu betreuen? Wie hoch ist der Overlap zwischen bestehender und neuer Zielgruppe? Ein Unternehmen, das regelmäßig seine Arztselektion hinterfragt und sich stetig optimiert, kann zusätzliche Umsatzpotenziale sichern bzw. Kosten reduzieren und somit die Produktivität des Außendienstes nachhaltig steigern. Steffen Brehmer / Christoph Haeger © IMS Health, Oktober 2015, 49. Ausgabe 13 TECHNOLOGY & APPLICATIONS IMS Health Veranstaltung „Next Generation Healthcare Technology“: Die Chancen der digitalen Technologie für die Gesundheitsversorgung nutzen Die digitale Transformation des Gesundheitswesens ist in vollem Gange. Unternehmen und Institutionen, die in diesem Markt weiter erfolgreich agieren wollen, müssen zu grundlegenden Veränderungen bereit sein. So lautete der Tenor bei der IMS Health Veranstaltung „Next Generation Healthcare Technology“ am 29. September 2015 in Offenbach am Main. Externe Experten und Referenten von IMS Health stellten aktuelle Trends und zukunftsweisende Lösungen digitaler Technologien für den Einsatz in der Gesundheitsversorgung vor. Die Bandbreite der Themen reichte von der nächsten Generation an CRM-Systemen über digitale Lösungen für Multichannel-Marketing bis zur effizienten Nutzung von Social-Media-Kanälen. Einsatz digitaler Technologie zur ganzheitlichen Kundenbindung In seinem Eröffnungsvortrag verdeutlichte Dr. Frank Wartenberg, President Central Europe von IMS Health, die Durchdringung des Gesundheitsmarktes durch digitale Technologien. Ob es darum gehe, klinische Studien zu unterstützen, Daten aus Arztpraxen zu Real-World-Evidence zu verarbeiten, genetische Daten zu erheben oder Pharmaunternehmen bei der Ansprache im Konzert verfügbarer Kommunikationskanäle zu unterstützen – kein Bereich verzichte mehr auf die Unterstützung fortgeschrittener digitaler Technologie. Als aktuellsten Trend sieht Wartenberg den Einsatz von Technologien, um Kundenbindung neu zu gestalten. „Es ist unsere feste Überzeugung, dass es darum geht, Customer Engagement in Zukunft über viele Kanäle hinweg zu orchestrieren“, betonte er. Er skizzierte die Entwicklung der Kundenbeziehung von vertriebsorientierten Kontakten hin zu einer vollständigen kundenzentrierten Sicht. „Unternehmen müssen in der Lage sein, in jedem Moment ihre Erkenntnisse über die Bedürfnisse eines bestimmten Kunden so zu nutzen, um in Echtzeit individuell reagieren zu können“, erläuterte er. Hier entscheide gegenwärtig noch der Einsatz der Technologien über den Erfolg der Unternehmen, sagte Wartenberg. „Digitale Technologien öffnen einen neuen, gezielten und effizienten Zugang zum Markt. Deshalb können sie den © IMS Health, Oktober 2015, 49. Ausgabe 14 TECHNOLOGY & APPLICATIONS Unternehmen heute noch Wettbewerbsvorteile verschaffen“, sagte er. Dieser Vorteil verschwinde mit zunehmender Verbreitung der Technik. Insgesamt müssten sich Gesundheitsunternehmen darauf einstellen, in Zukunft mehr Entscheidungsträger über eine zunehmende Zahl an Interaktions- und Kommunikationskanälen zu adressieren. „Zwar werden sich auch in der digitalen Welt persönliche Kontakte durch nichts ersetzen lassen; sie werden jedoch mehr und mehr durch andere Kanäle ergänzt“, sagte Wartenberg. So werde beispielsweise ein Arzt es weiterhin vorziehen, persönlich mit einem Außendienstvertreter über Therapieoptionen zu sprechen, Einladungen zu Seminaren aber lieber per E-Mail erhalten. Diesen komplexen Beziehungen individueller Interaktionsbedürfnisse gelte es gerecht zu werden. „Erfolgreiche Unternehmen im digital transformierten Gesundheitsmarkt ermöglichen jedem Kunden eine optimierte Kommunikations- und Informationsreise“, betonte Wartenberg abschließend. Diese Entwicklung, die von der digitalen Technik vorangetrieben werde, bedeute letztlich für die Unternehmen eine tiefgreifende Veränderung ihrer Organisation und Kultur. Change Management werde innerhalb der digitalen Transformation zu einem entscheidenden Erfolgsfaktor. Fotos: IMS Health Plenumsvorträge: Dr. Frank Wartenberg, IMS Health (Foto links) und Valerie Zylka, Google Germany GmbH (Foto rechts) Digitale Transformation - den Kunden einbinden, verstehen und exzellent bedienen Die kulturelle Veränderung in den Unternehmen im Zuge der technologischen Entwicklung stand auch im Zentrum des Vortrags von Stefan Riedel, Vice President, Industry Unit Insurance bei IBM Deutschland. Als wesentlichen Treiber dieser Veränderung identifizierte Riedel die zentrale Stellung des Kunden. Dieser fordere, sei schnell unterwegs und vor allem mit einem Klick bei der Konkurrenz, wenn er das, was er wolle, nicht sofort bekomme. Einbinden, individuelle Bedürfnisse verstehen und reibungslosen Service bildeten die Imperative, an denen sich Unternehmen im digitalen Zeitalter ausrichten müssten. „Das Verständnis des einzelnen Kunden als Individuum und antizipierte und kontextabhängige Bedienung seiner Bedürfnisse steht im Zentrum jeden Handelns“, sagte Riedel. Technologien seien dabei nur Mittel zum Zweck. „Digitalisierung ist kein IT-Thema“, betonte der Referent. „Die technologische Entwicklung führt vielmehr zu veränderten Geschäftsmodellen. Kunden und Wettbewerber fordern Unternehmen, Schritt zu halten.“ © IMS Health, Oktober 2015, 49. Ausgabe 15 TECHNOLOGY & APPLICATIONS Die Verfügbarkeit analytischer Daten zum richtigen Zeitpunkt sei dabei von großer Bedeutung, erklärte Riedel. Die Quelldaten liefern die Kunden bereits heute über die verschiedensten Kanäle, angefangen von Suchanfragen im Internet über autorisierte Trackingsysteme bis zu Erhebungen. Das Problem: Die schiere Datenmenge macht es ohne technische Unterstützung unmöglich, sinnvolle Erkenntnisse zu extrahieren. So übersteigt die Anzahl der Studien längst die Kapazität der Ärzte. Kognitive „lernende“ Systeme wie der IBM Supercomputer Watson ermöglichen es Unternehmen, diese enormen Datenmengen sinnvoll auszuwerten. „Die Erkenntnis aus Daten verändert die Wertschöpfungsketten aller Marktteilnehmer radikal“, sagte Riedel. Kognitive Systeme sind zum Beispiel in der Lage, Ärzte bei der Auswahl individueller Therapien zu unterstützen. Im Bereich der Pflege können sie in Kombination mit entsprechender Sensorik Routineaufgaben übernehmen, etwa an die pünktliche Einnahme von Medikamenten erinnern, ausreichende Flüssigkeitsaufnahme sicherstellen usw. „Angesichts der demografischen Entwicklung und steigenden Gesundheitsausgaben eröffnen kognitive Systeme vielversprechende Sparpotenziale für das Gesundheitssystem“, sagte Riedel. Der Einsatz solcher Supercomputer verändere auch die Forschung und Entwicklung neuer Therapien, indem mithilfe lernender Systeme die Zahl der Entdeckungen aktiver Substanzen erhöht werden könne. Frag Dr. Google - Digitale Kundenkommunikation im Zeitalter der Selbstdiagnose Was die radikale Veränderung der Mediennutzung durch Internet und mobile Geräte für das Marketing im Gesundheitsmarkt bedeutet, skizzierte Valerie Zylka, Industry Manager Healthcare bei Google Germany. Auf der Suche nach Gesundheitsinformationen ist das Internet längst die Nummer 1 bei den Konsumenten. Dabei haben Smartphones inzwischen die Abfragen nach Gesundheitsthemen am Desktop abgelöst. Umso wichtiger sei es für Akteure im Gesundheitsmarkt, attraktive mobile Inhalte anzubieten, um die Kunden auf ihrer Informations- und Kommunikationsreise abzuholen. Gesundheit sei für jeden Menschen ein Thema von unmittelbarer Relevanz, betonte Zylka. Wer nach einem Gesundheitsthema suche, wolle in der Regel ohne Umschweife eine zufriedenstellende Antwort. Diese Relevanz-Momente ausfindig zu machen und dann mit substanziellen Inhalten die gesuchten Antworten zu liefern, sei die Herausforderung für die Akteure im digitalen Gesundheitsmarkt. Jeden Tag würden allein in Deutschland 14 Millionen Suchanfragen zu Gesundheitsthemen über Google abgesetzt, erklärte die Referentin – siehe Video. Die Google-Suche erweise sich dabei als Mega-Bibliothek menschlicher Bedürfnisse, die Unternehmen nutzen können, um Gesundheitstrends schnell und einfach zu identifizieren. Solche Analysen machten deutlich, dass die Relevanz-Momente grundsätzlich zu jeder Tages- und Nachtzeit stattfinden. Für das Marketing bedeute das, weniger in zeitlich begrenzten Kampagnen zu denken, sondern für die Suchenden permanent sichtbar zu sein. Bei Analysen ökonometrischer Modelle zeigten die Google-Suche und die Videoplattform YouTube die höchste Profitabilität in Bezug auf den Absatz bei OTC-Produkten. Um die Chancen im Zeitalter der mobilen Selbstdiagnose zu nutzen, ermutigte Zylka die Unternehmen, schnelle Fortschritte zu wagen. Denn es sei besser, eine Lösung nachzujustieren, als durch Perfektionsstreben zu spät zu kommen. Dr. Gisela Maag Sehen Sie sich hier die Video-Zusammenfassung der Veranstaltung an. Sie möchten den nächsten IMS Health TechDay nicht verpassen? Dann registrieren Sie sich hier und erhalten automatisch die Terminankündigung und Einladung per E-Mail: IMSTechDay2016 © IMS Health, Oktober 2015, 49. Ausgabe 16 TECHNOLOGY & APPLICATIONS Akzeptanz von „Mobile Health“ bei Patienten Studie untersucht Nutzung, Erkenntnisse und bestehende Hürden für breite Akzeptanz Das IMS Institute for Healthcare Informatics hat einen neuen Bericht vorgelegt, in dem es die Rahmenbedingungen für die Akzeptanz von „Mobile Health“ (mHealth) bei Patienten bzw. Verbrauchern untersucht. Dabei geht es speziell um die Verfügbarkeit und Nutzung von mHealth-Apps vor allem in den USA. Die Studie kann im Apple iTunes store und via Google Play (Android) heruntergeladen werden. Nachfolgend einige zentrale Ergebnisse des Reports. Anstieg mobiler Gesundheits-Apps Inzwischen sind mehr als 165.000 mobile Gesundheitsanwendungen, sog. mHealth-Apps, für den Patienten bzw. Konsumenten verfügbar. Bei den iOS-Apps hat sich die Verfügbarkeit in den letzten beiden Jahren um mehr als 100 % erhöht. In den letzten Jahren hat sich auch das Verständnis verbessert, welche Hürden noch zu bewältigen sind, damit mHealth sich durchsetzt. Die meisten verfügbaren mHealth-Apps thematisieren immer noch, wie schon in einer IMS-Studie von 2013 berichtet, die Bereiche Wellness, Ernährung und körperliches Training (Abbildung 1). Fast ein Viertel der Apps ist auf Krankheits- und Behandlungsmanagement ausgerichtet, ein Beleg für das wachsende Interesse chronisch kranker Patienten an diesen Apps. Abbildung 1: Fast ein Viertel der Apps ist auf Krankheits- und Behandlungsmanagement ausgerichtet mHealth Apps nach Kategorien Sonstige Krankheits- und BehandlungsManagement Gesundheitsversorger/ Versicherungen Info & Reminder zur ArzneiEinnahme Frauengesundheit & Schwangerschaft Krankheitsspezifisch 2% Wellness 11% Fitness 6% 36% 7% Lifestyle & Stressmanagement Diät und Ernährung 9% 12% 17% Quelle: Mevvy, June 2015; IMS Health, AppScript July 2015; IMS Institute for Healthcare Informatics, August 2015 © IMS Health, Oktober 2015, 49. Ausgabe 17 TECHNOLOGY & APPLICATIONS Was den Funktionsumfang angeht, verfügen jedoch immer noch über 50 % der Apps nur über eine eingeschränkte Funktionalität, manche stellen auch „nur“ Informationen bereit (Abbildung 2). Eine von zehn Gesundheitsapps kann sich mit einem Gerät oder Sensor verbinden, was Präzision und Komfort der Datensammlung für mHealth-Apps deutlich verbessert. Die Fähigkeit von mHealth-Apps, mit sozialen Medien zu kommunizieren, ist inzwischen um 8 % gestiegen. Von den wichtigsten Apps können sich 65 % mit sozialen Medien verbinden. Das unterstreicht, wie wichtig dieses Feature für die Kundenbindung ist. Das Feature Vernetzung und Kommunikation mit den Systemen von Gesundheitsanbietern besitzen nur 2 % der mHealth-Apps für Konsumenten. Abbildung 2: Knapp zwei Drittel der Verbraucher-Apps dienen der Information Information Instruktion Aufnahme >50% der Apps verfügen über eingeschränkte Funktionalität Wiedergabe Anleitung Reminder/ Alarmsignal 2013 2015 Kommunikation 0 5.000 10.000 15.000 20.000 Quelle: IMS Health, AppScript, July 2015; IMS Institute for Healthcare Informatics, August 2015 Vielfältige Optionen Die Anzahl und Verschiedenartigkeit verfügbarer mHealth-Apps bieten dem Konsumenten eine unübersehbare Vielfalt von Möglichkeiten. Ohne Hilfestellung eines Leistungserbringers aus dem HealthcareBereich werden Patienten vermutlich die bekanntesten Apps wählen oder einige austesten, um herauszufinden, welche für ihre Situation die beste ist. Das geht aus allgemein zugänglichen Download-Informationen hervor, wonach fast die Hälfte aller Downloads auf nur 36 Apps entfallen, während 40 % der Apps weniger als 5.000 Downloads verzeichnen. Healthcare-Provider zeigen sich zunehmend interessiert bis begeistert, und mehr als ein Drittel der Ärzte berichten, dass sie Patienten Gesundheits-Apps empfehlen. Die übliche 30-Tage-Mindestnutzungsdauer für mHealth-Apps, die ein Provider fordert, wird bei mHealth-Apps um 10 %, bei Fitness-Apps um 30 % übertroffen. Nach wie vor gibt es aber Hürden, die einer regulierten und integrierten umfassenden Nutzung von Gesundheits-Apps im Weg stehen. © IMS Health, Oktober 2015, 49. Ausgabe 18 TECHNOLOGY & APPLICATIONS Hürden für integrierte Nutzung überwinden Zu diesen Hürden zählen mangelnde wissenschaftliche Evidenz und auch mangelnde Integration in Workflow-Systeme, Regulierungs- und Datenschutzunsicherheiten und fehlende Erstattungsregelungen. Ein komplexes Gesundheitssystem mit eingeschränkter Interoperabilität innerhalb von und über Healthcare-Organisationen hinweg erschwert die Situation zusätzlich. Das Datenmaterial, das den Nutzen von mHealth-Apps für die Verbesserung der Versorgung und die Begrenzung der Kosten belegt, wächst ständig. Einschätzungen der gewonnenen Ergebnisse aus quantitativer, qualitativer und Sicherheitsperspektive gibt es aber bisher zu wenige. Eine Analyse von 113 quantitativen Studien ergibt, dass gegenwärtig die bemerkenswertesten und positivsten Erkenntnisse in den Bereichen Diabetes Typ 2, Herz-Kreislauf, Adipositas, Multiple Sklerose und psychische Gesundheit zu verzeichnen sind. Außerdem laufen 300 klinische mHealth-Studien, von denen 53 % die Gruppe der Senioren betreffen. Man gewinnt neue Erkenntnisse, doch sind noch zusätzliche Studien zu Subpopulationen und über längere Zeiträume hinweg nötig. Substanzielle Forschung zu den gewonnenen Erkenntnissen ist als Leitfaden für weitere Maßnahmen erforderlich, um den Nutzen von mHealth für ein effektiveres Gesundheitswesen aufzuzeigen. Zu diesen Erkenntnissen müssen klare Vorstellungen darüber kommen, wie man die Daten für bessere Ergebnisse und größere Patientenzufriedenheit pflegt, schützt und optimal nutzt. Weitere Anstrengungen vieler Stakeholder sind nötig, um ein höheres Niveau zu erreichen, auf dem mHealth-Apps von Leistungserbringern integriert und gezielt verordnet werden, statt vom Verbraucher selbst beurteilt oder von Versorgern nur informell empfohlen zu werden. So werden auch weitere Studien benötigt, die nachweisen, dass die Verbreitung von mHealth-Apps die Versorgung verbessern und Kosten reduzieren, um institutionelle Stakeholder und Kostenträger zu bewegen, Probleme der Kostenerstattung zu lösen und die Integration der Anwendungen auf allen Ebenen des Gesundheitssystems voranzutreiben. Seit zwei Jahren erzielt man Fortschritte in den Bereichen, die eine stärkere Akzeptanz von mHealth-Apps seitens der Leistungserbringer entscheidend fördern. Bei einigen Leistungserbringern ist das Verordnen von mHealth-Apps bereits üblich. Man geht davon aus, dass weiterhin große Anstrengungen unternommen werden und in dem Maße, wie Krankenhäuser wichtige Nutzungsanforderungen für eine bessere Integration und Erfassung von Daten erfüllen, sich die Erstattung zunehmend am Nutzen orientiert und der Zusatznutzen von mHealth für die Behandlung chronischer Erkrankungen noch stärker nachgewiesen wird. Alle Stakeholder im mHealth-Ökosystem müssen ein besonderes Interesse daran zeigen, die Hürden für eine umfängliche Akzeptanz von mHealth zu überwinden, damit das Potenzial von mHealth für ein leistungsfähigeres Gesundheitssystem und die effektivere Behandlung chronischer Erkrankungen zum Tragen kommt. Dies zu realisieren, ist mit hohen Anstrengungen verbunden, und wie schnell mHealth das Potenzial entfalten kann, hängt davon ab, welche Priorität die Stakeholder im mHealth-Ökosystem diesem Ziel einräumen. Technologielösungen und die erforderlichen Werkzeuge, die Healthcare-Providern helfen, die verfügbaren mHealth-Apps zuverlässig zu beurteilen und zu navigieren, werden ausschlaggebend dafür sein, ob sich mHealth schnell als Standard etabliert. Den Download zum Report finden Sie hier. © IMS Health, Oktober 2015, 49. Ausgabe 19 TERMINE Branchen-Events Treffen Sie IMS Health-Experten bei folgenden Seminaren und Konferenzen: 04./05.11.2015 „Cell & Gene Therapies“, Dr. Frank Wartenberg Handelsblatt Health (Euroforum), Berlin 05.11.2015 „Faktoren, die den Weg nach Deutschland bestimmen“, Frank Weißenfeldt Parallelimporte 2015 (Forum Institut), Offenbach 11./12.11.2015 „Trends in der Pharmaindustrie: Daten, Technologie und Patientenversorgung“, Dr. Frank Wartenberg Pharma Trends 2016 (Forum Institut), Berlin 13.11.2015 „IMS Health Strategietag Pharma 2020“ Strategietag Pharma 2020 (Forum Institut), Berlin 18.11.2015 „Biosimilars“, Susanne van der Beck Tagung Förderverein für Ärztliche Fortbildung in Rheinland-Pfalz e.V. und GPA-Mitte, Mainz 24.11.2015 „Marktentwicklung, Trends und Herausforderungen im Biologics-Markt und die Bedeutung von Biosimilars“, Susanne van der Beck Biosimilare Antikörper in der Rheumatologie (Euroforum), Berlin 09.12.2015 „Marketing authorisation for Generics and Biosimilars – the global trends“, Marlen Pechstein Global Harmonisation of Generic and Biosimilar Marketing Authorisation (Forum Institut), Frankfurt © IMS Health, Oktober 2015, 49. Ausgabe 20 IMPRESSUM Über IMS Health: IMS Health ist ein führender Anbieter von Informations- und Technologiedienstleistungen für Kunden aus dem Gesundheitswesen, u.a. Life-Science-Unternehmen, Leistungserbringer, Kostenträger und Regierungsbehörden. 15.000 Mitarbeiter in über 100 Ländern spannen ein globales Netz über die lokalen Märkte. Sie verbinden frische Ideen mit langjährigem Branchen-Know-how. Das Angebot von IMS Health reicht von vertrauenswürdigen und qualifizierten Datenerhebungen und -interpretationen über strategische Beratung bis hin zu technologischen Lösungen, die die Datenverarbeitung und -analyse vereinfachen. So unterstützt IMS Health seine Kunden dabei, wirtschaftlich erfolgreich zu sein und letztlich die Versorgung von Patienten zu verbessern. Grundlage der IMS Health Dienstleistungen sind valide und anonymisierte Daten aus dem Arzneimittelmarkt und Versorgungsalltag (Real-World Evidence). Datenschutz, Anonymität der Datenquellen sowie Neutralität sind dabei für IMS Health oberste Gebote. Weitere Informationen finden Sie unter www.imshealth.de. IMS | Intelligence applied. Copyright: Redaktion: IMS Health Flashlight ist ein regelmäßig erscheinender Newsletter. Alle Angaben und Informationen in diesem Newsletter wurden sorgfältig zusammengestellt und geprüft. Für die Richtigkeit, Aktualität und Vollständigkeit der Informationen wird keine Haftung übernommen. Dr. Gisela Maag IMS Health Pressestelle Tel.: 069 6604 4888 Alle Angaben und Inhalte sind ohne Gewähr. Irrtum und Änderungen vorbehalten. Herausgeber: IMS Health GmbH & Co. OHG, Registergericht Frankfurt am Main HR A 29291, Persönlich haftende Gesellschafter sind: IMS Health Beteiligungsgesellschaft mbH, Frankfurt am Main, Registergericht Frankfurt am Main, HR B 46001 Geschäftsführer: Dr. Frank Wartenberg (Vorsitzender), Jens Thumann E-Mail: GMaag@de.imshealth.com Kontakt: IMS Health GmbH & Co. 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