Newsletter Nr. 6/2014 Aktuelle Informationen zum französischen
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Newsletter Nr. 6/2014 Aktuelle Informationen zum französischen
NEWSLETTER Nr. 6/2014 AKTUELLE INFORMATIONEN ZUM FRANZÖSISCHEN WIRTSCHAFTSRECHT UNSER WIRTSCHAFTSRECHTSTEAM IN KÖLN: Die Kanzlei Epp & Kühl ist Ihr Partner im deutsch-französischen Rechtsverkehr. Mit über 30 zwei- oder mehrsprachigen Avocats und Rechtsanwälten an fünf Standorten (Köln, Paris, Straßburg, BadenBaden und Saargemünd) zählen wir zu den führenden Kanzleien im grenzüberschreitenden Rechtsverkehr. Gordian Deger, LL.M. Jeanne Ledig, LL.M. Edith Aupetit, LL.M. Partner/Associé Rechtsanwalt Avocat au Barreau de Paris Avocat au Barreau de Paris Attorney at law in New York Herr Deger berät unsere Mandanten in Fragen des gewerblichen Rechtsschutzes sowie des deutschen und französischen Wettbewerbs- und Kartellrechts. Daneben berät er im deutschen und französischen Zivil- und Handelsrecht, insbesondere im Bereich der Gestaltung internationaler Verträge. Frau Ledig ist im Bereich des Handelsrechts und des internationalen Privatrechts spezialisiert. Daneben berät sie unsere Mandanten im Bereich des grenzüberschreitenden Forderungseinzugs und Insolvenzrechts. Außerdem begleitet sie Mandanten bei Gerichtsverfahren in Frankreich. Frau Aupetit begleitet Mandanten bei Gerichtsverfahren in Frankreich. Sie ist im Bereich des Vertragsrechts, Handelsrechts und internationalen Privatrechts spezialisiert. Daneben berät sie unsere Mandanten im Bereich des grenzüberschreitenden Erb- und Immobilienrechts. deger[at]avocat.de ledig[at]avocat.de aupetit[at]avocat.de Christophe Klinkert, D.E.S.S. Rechtsanwalt Herr Klinkert ist im Bereich des Vertragsrechts spezialisiert. Er berät und betreut unsere Mandanten ins-besondere bei der Gestaltung handelsrechtlicher Verträge und AGB. Außerdem begleitet er deutsche Unternehmen im Bereich der erneuerbaren Energien in Frankreich. klinkert[at]avocat.de INHALT Wir beraten insbesondere Unternehmen aus dem deutschsprachigen Raum im Frankreichgeschäft und betreuen französische Niederlassungen deutscher, österreichischer und schweizer Unternehmen in allen rechtlichen Belangen. Büro Köln Konrad-Adenauer-Ufer 71 D-50668 Köln Ihr Ansprechpartner: Herr Dr. Christophe Kühl kuehl[at]vocat.de Tel. 00 49 - (0)2 21 - 1 39 96 96 0 Fax 00 49 - (0)2 21 - 1 39 96 96 69 www.avocat.de I. Vertriebsrecht 1. Haftung wegen Abbruchs gefestigter Geschäftsbeziehungen 2. Wichtige Entscheidungen zum Recht der Handelsvertreter Hinweis auf unsere Veranstaltungen: kommenden 27. November 2014 - Köln Die französische Tochtergesellschaft in der Krise II. Wettbewerbsrecht 1. Rechtswidrigkeit des von einem Hersteller hochpreisiger Hi-Fi-Geräte gegenüber seinen Händlern verhängten Verbots des Fernabsatzvertriebs Dr. Christophe Kühl Avocat au Barreau de Paris Rechtsanwalt 2. Erhebliches Ungleichgewicht bei Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmern Emilie Wider, LL.M. Partner/Assoscié Avocat au Barreau de Paris III. Gewerbliches Mietrecht 1. Frist für die außerordentliche Kündigung eines Gewerbemietvertrags 2. Reform des gewerblichen Mietrechts 02. Dezember 2014 - Köln Arbeitsrecht in Frankreich Emilie Wider, LL.M. Partner/Associé Avocat au Barreau de Paris Anne Brion, LL.M. Avocat au Barreau de Paris Rechtsanwältin 1 Dieser Newsletter dient ausschließlich der allgemeinen Information und ersetzt kein individuelles Beratungsgespräch. Ein Mandatsverhältnis kommt dadurch nicht zustande. Jegliche Haftung wird ausgeschlossen. IV. Kreditsicherungsrecht Wir bieten auch INHOUSESCHULUNGEN, unter anderem zu folgenden Themen, an: 1. Besitzloses Pfandrecht an Warenlagern: Das Berufungsgericht Paris stellt sich mit bankenfreundlicher Gesetzesauslegung gegen den Kassationsgerichtshof V. Subunternehmerrecht 1. Gesetzesreform bringt Schriftformerfordernis und inhaltliche Anforderungen für französische Werklieferverträge 2. Die Erteilung der Zustimmung zu der Beauftragung eines Subunternehmers durch den Bauherrn beinhaltet keinen Schuldbeitritt VI. Kurzmeldungen 1. Große französische Einzelhandelskonzerne kooperieren verstärkt beim Einkauf 2. Einführung einer Sammelklage in Frankreich Verkäufe nach Frankreich. Worauf hat der deutsche Verkäufer zu achten? Arbeitsrecht in Frankreich Internet im Frankreichgeschäft Haftung deutscher Manager im Frankreichgeschäft Kollektives französisches Arbeitsrecht Beendigung des französischen Arbeitsvertrages durch Aufhebungsvereinbarung Haftung des Produktherstellers im Frankreichgeschäft Mehr Informationen und unverbindliche Angebote erteilt Frau Vanessa Kampelmann unter 0221/139 96 96-0 oder inhouse[at]avocat.de. I. Vertriebsrecht 1. Haftung wegen Abbruchs gefestigter Geschäftsbeziehungen Eine Besonderheit des französischen Handelsrechts ist die im Artikel L. 442-6 Nr. 5 Code de commerce (französisches Handelsgesetzbuch) vorgesehene Haftung für die Beendigung einer gefestigten Geschäftsbeziehung ohne Einhaltung einer angemessenen Auslauffrist. Mehr darüber erfahren sie in unserem Merkblatt mit dem Titel „Abbruch gefestigter Geschäftsbeziehungen im französischen Recht“. Nachstehend möchten wir Ihnen einige wichtige neue Entscheidungen in diesem Bereich vorstellen. Zum Begriff der gefestigten Geschäftsbeziehung Mit Urteil vom 28.05.2014 (Az. 12/02282) hat das Berufungsgericht Paris festgestellt, dass im vorliegenden Fall die Geschäftsbeziehung zwischen einem Hotelier und einem Architekten nicht als gefestigt anzusehen war, obwohl Letzterem mehrfach und regelmäßig Aufträge erteilt worden waren. Den Grund für das Fehlen einer gefestigten Geschäftsbeziehung sah das Gericht darin, dass der Inhalt der Aufträge jeweils sehr unterschiedlich war, mithin die Geschäftsbeziehung keinen klar umrissenen Inhalt hatte: Die genannten Aufträge betrafen verschiedene Gebäude und Aufgaben unterschiedlicher Art (Anpassung von Zimmern an die Bedürfnisse von behinderten Menschen, Unterstützung bei der Projektleitung bezüglich eines Fitnessstudios, Einrichtung von diversen Räumern, etc.). Zur Dauer der angemessenen Kündigungs-/ Auslauffrist Nach ständiger Rechtsprechung hat das Gericht die Frage der Angemessenheit der Frist zur Beendigung einer gefestigten Geschäftsbeziehung nach freiem Ermessen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen und ist dabei nicht an eine vertraglich vereinbarte Kündigungsfrist gebunden. Oft führt dies dazu, dass Gerichte die vertraglich vereinbarte Kündigungsfrist für zu kurz erachten. Mit Urteil vom 22.10.2013 (Az. 1219.500) hat der französische Kassationsgerichtshof jedoch klargestellt, dass auch der umgekehrte Fall möglich ist und das Berufungsgericht auch eine kürzere als die vertraglich vereinbarte Kündigungsfrist für angemessen halten kann, falls es die Umstände des Einzelfalls (hier die Kürze der Geschäftsbeziehung) rechtfertigen. In einer Entscheidung vom 30.04.2014 hat das Berufungsgericht Paris (Az. 15/15119) festgestellt, dass für die Angemessenheit der Auslauffrist die Auswirkungen der Wirtschaftskrise auf die Branche, der die Vertragspartner angehören, zu berücksichtigen sind. Die Angemessenheit hängt nämlich vorwiegend davon ab, wie schnell der gekündigte Vertragspartner den Wegfall der Geschäftsbeziehung verkraften, bzw. diese durch neue Geschäfte kompensieren kann. In einer von der Krise betroffenen Branche muss die Auslauffrist deshalb länger sein. Dieser Newsletter dient ausschließlich der allgemeinen Information und ersetzt kein individuelles Beratungsgespräch. Ein Mandatsverhältnis kommt dadurch nicht zustande. Jegliche Haftung wird ausgeschlossen. 2 Zum anwendbaren Recht Nach der Rechtsprechung der Kammer für Handelssachen des französischen Kassationsgerichtshofs handelt es sich bei der in Artikel L.442-6 Nr. 5 Code de commerce vorgesehenen Haftung nicht um einen vertraglichen An1 spruch, sondern um einen Anspruch deliktischer Natur . Diese Qualifizierung hat insbesondere Auswirkungen auf die Frage des anwendbaren Rechts bei grenzüberschreitenden Sachverhalten. Das Urteil der genannten Kammer vom 25.03.2014 (Az. 12-29.534) betraf einen Fall, in welchem ein französischer Hersteller einen langjährigen Vertrag mit einem chilenischen Vertragshändler fristlos gekündigt hatte. Da die Kündigung vor dem Inkrafttreten der Rom-II VO ausgesprochen worden war, musste das anwendbare Recht nach den nationalen französischen Kollisionsregelungen bestimmt werden. Danach ist auf eine unerlaubte Handlung das Recht desjenigen Ortes anzuwenden, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist. Ausgehend davon hat das Gericht festgestellt, dass der Begriff "schädigendes Ereignis" sowohl die schadensbegründende Handlung als auch den Schaden selbst umfasst. Da diese Umstände hier sowohl in Frankreich als auch in Chile zu verorten sind, war zu ermitteln, ob das Schadensereignis eine engere Verbindung mit Chile oder Frankreich hatte. Da der gekündigte Vertrag in Frankreich geschlossen worden war, die Parteien den Vertrag dem französischen Recht unterworfen und einen französischer Gerichtsstand vereinbart hatten, sah der Kassationsgerichtshof insgesamt eine engere Verbindung zu Frankreich und erklärte den Artikel L.442-6 Nr. 5 Code de commerce für anwendbar. In einem anderen Fall (Urt. vom 20.05.2014, Az. 12-26705, 12-26970 und 12-29281) hatte eine niederländische Gesellschaft ihre bislang auf Grundlage eines Rahmenvertrags erfolgten Bestellungen bei einem französischen Lieferanten unvermittelt eingestellt. Nach der hier anwendbaren Rom-II-VO ist auf eine unerlaubte Handlung das Recht des Staates anzuwenden, in welchem der Schaden eingetreten ist. Diesbezüglich hat das Gericht festgestellt, dass der Lieferant, der hier „Opfer“ der unerlaubten Handlung geworden ist, in Frankreich tätig ist. Da der Schaden somit in Frankreich eingetreten sei, finde auf die Beendigung der Geschäftsbeziehung das französische Deliktsrecht Anwendung, ungeachtet des Ortes, an dem die Beendigung der Geschäftsbeziehung ausgesprochen worden ist. Praxistipp: Um eine mögliche Haftung nach französischem Recht wegen des Abbruchs einer Geschäftsbeziehung zu vermeiden, sollten deutsche Unternehmen mit französischen Vertragshändlern die Geltung des deutschen Rechts für vertragliche und außervertragliche Ansprüche sowie die ausschließliche Zuständigkeit der deutschen Gerichte vereinbaren. 2. Wichtige Entscheidungen zum Recht der Handelsvertreter Viele Unternehmen vertreiben ihre Produkte über Handelsvertreter, die gegen Zahlung einer umsatzabhängigen Provision Bestellungen von Kunden an sie vermitteln. Die Kehrseite dieses Modells ist der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters bei Vertragsbeendigung. Nach französischem Recht hat der Handelsvertreter bei Vertragsende einen Schadenersatzanspruch („indemnité compensatrice en réparation du préjudice subi“), der im Gegensatz zum deutschen Ausgleichsanspruch unabhängig davon geschuldet ist, ob das Unternehmen aus der Geschäftsbeziehung weiter Vorteile zieht (Art. L.134-12 Code de commerce). Das Berufungsgericht Rouen hatte in zwei Verfahren gegen dasselbe Unternehmen (Urteile vom 20. März 2014, Az. 13/03293 bzw. 13/01040) darüber zu befinden, ob überhaupt Handelsvertreterverträge vorlagen. Das beklagte Unternehmen hatte sich darauf berufen, dass es sich bei den als „Handelsvertretervertrag“ unterschriebenen Verträgen nicht um solche handelte, da die Kläger nicht befugt gewesen seien, mit den Kunden zu verhandeln. Gemäß Artikel 134-12 Code de commerce ist der Handelsvertreter nämlich als selbständiger Auftragnehmer definiert, der ständig damit betraut ist, Kaufverträge im Namen von Produzenten, Industrieunternehmen oder Kaufleuten zu verhandeln und ggf. abzuschließen. Nach Rechtsprechung des französischen Kassationsgerichtshofes ist es für das Kriterium des „Verhandelns“ nicht ausreichend, dass der Auftragnehmer Angebote des Unternehmens an Kunden weitergibt und Kundenbesuche durchführt (vgl. Urteil vom 27. 04.2011, Az. 10-14851). Das Berufungsgericht Rouen hielt es jedoch im vorliegenden Fall für ausreichend, dass die klagenden Vermittler die Befugnis gehabt hatten, mit den Kunden über gewisse Nebenbedingungen zu verhandeln, z.B. Rabatte bis zu 3 % einzuräumen, kostenfreie Lieferungen anzubieten, Zahlungsfristen zu verändern, etc., auch wenn die Preise von dem Unternehmen vorgegeben und nicht verhandelbar waren. Daraus ergibt sich, dass der Begriff des „Verhandelns“ weit auszulegen ist und insbesondere nicht voraussetzt, dass der Vermittler die Befugnis hat, über den Preis der Ware zu verhandeln. In einem weiteren Fall lag unstreitig ein Handelsvertretervertrag vor. Die Besonderheit bestand jedoch darin, dass der Handelsvertreter nur einen einzigen Kunden bedient hatte, der Ende 2008 seine Bestellungen bei dem Unternehmen eingestellt hatte. Da der Handelsvertreter keine Provisionen mehr bekam, hielt er den Vertrag für beendet und verlangte den Handelsvertreterausgleich. 1 Nach der Rechtsprechung der ersten Zivilkammer des Kassationsgerichtshofs handelt es sich dagegen um eine Haftung vertraglicher Natur. Dieser Newsletter dient ausschließlich der allgemeinen Information und ersetzt kein individuelles Beratungsgespräch. Ein Mandatsverhältnis kommt dadurch nicht zustande. Jegliche Haftung wird ausgeschlossen. 3 Das Unternehmen berief sich dagegen darauf, dass der Vertrag nicht gekündigt, sondern durch höhere Gewalt beendet wurde und folglich kein Schadensersatzanspruch geschuldet sei. Das Berufungsgericht Versailles hatte in seinem Urteil vom 20.03.2014 (Az.12/06455) also darüber zu befinden, ob eine Beendigung durch höhere Gewalt den Schadensersatzanspruch des Handelsvertreters ausschließen kann und wenn ja, ob das Abspringen des einzigen Kunden hier einen solchen Fall darstellte, d.h. ein externes, unerwartetes und unabwendbares Ereignis. Überraschenderweise hat das Gericht die erste Frage ohne Begründung bejaht, obwohl Artikel L.134-13 Code de commerce - der dem § 89b Abs. 3 des deutschen HGB sehr ähnlich ist - diese Ausnahme nicht vorsieht. Die zweite Frage verneinte das Gericht dagegen und verwies darauf, dass der Kunde seine Bestellungen deshalb eingestellt hatte, weil die Leistungen des Unternehmens nicht mehr wettbewerbsfähig waren. Dies sei jedoch für das Unternehmen kein äußeres, unabwendbares Ereignis. Außerdem seien die Bestellungen seit 2007 progressiv zurückgegangen, so dass die Beendigung des Vertrages hätte vorausgesehen werden können. Interessant war das Urteil auch unter dem Gesichtspunkt der Höhe des Schadenersatzanspruches, der nach gefestigter französischer Rechtsprechung zwei durchschnittlichen Jahresvergütungen entspricht. Das Berufungsgericht sprach dem Handelsvertreter hier jedoch ausnahmsweise einen geringeren Betrag zu und begründete dies mit der relativen Kürze der Vertragsbeziehung, der fehlenden Entwicklung der Kundschaft und der negativen Umsatzentwicklung. Neben den Ausgleichsansprüchen beschäftigt die Gerichte häufig das nachvertragliche Wettbewerbsverbot. Nach deutschem Recht ist eine solche Abrede für längstens zwei Jahre nach Beendigung des Handelsvertretervertrages gültig. Außerdem muss sie sich auf bestimmte Produkte und einen bestimmten Kundenkreis oder Bezirk beschränken. Schließlich ist der Handelsvertreter „angemessen“ zu entschädigen. Das französische Recht verlangt dieselben Beschränkungen, sieht jedoch grundsätzlich kein Erfordernis einer angemessenen Entschädigung vor. Interessanterweise befand das Berufungsgericht Nancy jedoch in einem Urteil vom 07.01.2014, dass eine aufgrund fehlender geographischer Begrenzung nichtige Wettbewerbsklausel dadurch wirksam werden könne, dass sie eine angemessene Entschädigung für den Handelsvertreter vorsieht (Az.13-01021). In dem zu entscheidenden Fall war eine solche Entschädigung jedoch gerade nicht vereinbart, so dass die Klausel nichtig war. Ob sich diese Rechtsprechung in Zukunft durchsetzen wird, bleibt abzuwarten. Praxistipp: Um die Umdeutung bestehender Verträge oder die Nichtigkeit von Klauseln zu vermeiden, ist beim Einsatz von Handelsvertretern Vorsicht geboten. Es gilt nicht nur auf die sorgfältige Formulierung der Verträge zu achten, sondern auch auf die tatsächliche Ausführung des Vertrages, da Handelsvertreterverträge von den Gerichten im Streitfall in Arbeitsverträge oder Beraterverträge in Handelsvertreterverträge umgedeutet werden können. Aufgrund der Unterschiede betreffend den Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters empfiehlt es sich für deutsche Unternehmen zumeist, mit französischen Handelsvertretern eine Rechtswahl zugunsten des deutschen Rechts und die Zuständigkeit der deutschen Gerichte zu vereinbaren. II. Wettbewerbsrecht 1. Rechtswidrigkeit des von einem Hersteller hochpreisiger Hi-Fi-Geräte gegenüber seinen Händlern verhängten Verbots des Fernabsatzvertriebs Nach einer Gesamtverfahrensdauer von über zehn Jahren hat das Berufungsgericht Paris mit Urteil vom 13.03.2014 (Az. Nr. 13/00714) ein Wettbewerbsverfahren gegen die Fa. Bang & Olufsen A/S beendet. Mit diesem Urteil hat es die vorangegangene Entscheidung der französischen Wettbewerbsbehörde (Autorité de la concurrence) zum Teil abgeändert und zum Teil bestätigt. Diese hatte mit Beschluss vom 12.12.2012 (Az. 12-D-23) festgestellt, dass ein von der Fa. Bang & Olufsen gegenüber ihren Händlern verhängtes Verbot jeglichen Fernabsatzes ihrer Produkte eine Einschränkung des Wettbewerbs bezweckt und ein Bußgeld von 900.000 € verhängt. Das Berufungsgericht Paris hat nun die Rechtswidrigkeit dieses Verbots im Ergebnis bestätigt, nachdem es geprüft hatte, ob eine individuelle Freistellung nach Artikel 101 Absatz 3 AEUV i.V.m. Artikel L.420-4 Code de commerce in Betracht kommt, etwa weil die Vereinbarung Effizienzgewinnen mit sich bringt. Dies hat das Gericht aber schon deshalb verneint, da den Händlern hier jedenfalls Beschränkungen auferlegt worden waren, die für die Verwirklichung des von der Fa. Bang & Olufsen angestrebten Ziels - nämlich die individuelle technische Beratung der Kunden im Ladengeschäft - nicht unerlässlich waren. Das Gericht stellte fest, dass das fragliche Verbot unterschiedslos alle Produkte des Herstellers betreffe, obwohl sich darunter auch Produkte von geringer Komplexität befinden, die sich für den Internetvertrieb ohne Beratung eignen, wie z.B. Kopfhörer und anderes Zubehör. Ob dem Verbot ausreichende Effizienzgewinne gegenüberstehen, konnte das Gericht daher letztlich offenlassen. Dieser Newsletter dient ausschließlich der allgemeinen Information und ersetzt kein individuelles Beratungsgespräch. Ein Mandatsverhältnis kommt dadurch nicht zustande. Jegliche Haftung wird ausgeschlossen. 4 Erwähnenswert ist weiter der Umstand, dass das Berufungsgericht Paris das von der Wettbewerbsbehörde verhängte Bußgeld von 900.000 € auf „nur“ 10.000 € reduziert hat. Als strafmindernden Umstand hat es das Berufungsgericht angesehen, dass die Rechtslage betreffend das Verbot des Internetvertriebs in den vergangenen Jahren unklar war, was etwa anhand der Wendungen im Rechtstreit zwischen der Gruppe Pierre Fabre Dermo und drei ihrer Vertragshändler (Kassationsgerichtshof, Az.12-14344) erkennbar war. Darüber hinaus dürfte das Gericht zugunsten der Fa. Bang & Olufsen auch berücksichtigt haben, dass die lange Verwendungsdauer der strittigen Klausel vor allem dadurch zustande kam, dass zwischen der Ablehnung von Verpflichtungszusagen des Herstellers und der Einleitung des Bußgeldverfahrens sechs Jahre verstrichen sind, angeblich weil die Wettbewerbsbehörde den endgültigen Abschluss der Sache „Pierre Fabre Dermo“ abwarten wollte. 2. Erhebliches Ungleichgewicht bei Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmern Nach L.442-6 I 2° Code de commerce ist derjenige Unternehmer zum Schadensersatz verpflichtet, der einen Geschäftspartner einer Verpflichtung unterwirft oder zu unterwerfen versucht, die zu einem signifikanten Ungleichgewicht (déséquilibre significatif) der Rechte und Pflichten der Parteien führt. Verstöße gegen dieses Verbot können außerdem mit einem Bußgeld von bis zu 2 Mio. € geahndet werden. Ziel des Gesetzgebers war es bei Einführung dieser Vorschrift im Jahr 2008 insbesondere, die Verhandlungsposition der Lieferanten gegenüber den großen Handelsketten zu stärken. Im Zuge mehrerer Bußgeldverfahren hatten die Gerichte in der jüngeren Vergangenheit Gelegenheit auszuloten, wann ein solches signifikantes Ungleichgewicht vorliegt. Mit einem Urteil vom 18.09.2013 (Az. 12/03177) hat das Berufungsgericht Paris die Fa. Leclerc zu einem Bußgeld in Höhe von 2 Mio. € verurteilt, da sie 21 ihrer Lieferanten einer Bestimmung unterworfen hatte, wonach diese auf die Rückerstattung rechtsgrundlos gezahlter Beträge verzichteten. Zu Beurteilung des Ungleichgewichts hat das Gericht nicht nur die streitgegenständliche Bestimmung selbst betrachtet, sondern den Vertrag als Ganzes. Entscheidend ist danach, ob die Nachteile der fraglichen Klausel anderweitig durch Vorteile ausgeglichen wurden. Mit einem Urteil vom 20.05.2014 (Az. 2013070793) hat das Handelsgericht Paris eine Klausel für nichtig erklärt, mit welcher sich die Lieferanten der Fa. Leclerc verpflichtet hatten, sich an jedem von Dritten in Bezug auf die von ihnen gelieferte Ware eingeleiteten Gerichtsverfahren zu beteiligen. Dabei hat das Handelsgericht im Ergebnis festgestellt, dass das erforderliche Ungleichgewicht der Kräfte bereits dann vorliegt, wenn sich eine der Vertragsparteien de facto in einer wirtschaftlich schwächeren Position befindet, so dass sie bereits durch Vorschläge, Angebote oder impliziten Druck beeinflusst werden kann. Druckmittel müssen also nicht unbedingt konkret angewandt oder angedroht worden sein, damit ein Unterwerfen des schwächeren Vertragspartners angenommen werden kann. In diesem Fall hat das Gericht die Klausel für rechtswidrig gehalten, von der Verhängung eines Bußgeldes jedoch abgesehen, da es der Meinung war, Leclerc sei in Bezug auf die Klausel nicht bösgläubig gewesen. Es bleibt abzuwarten, inwieweit diese Auslegung des Artikels L.442-6 I und III des Code de commerce in den kommenden Jahren durch die Rechtsprechung verfeinert werden wird. Künftige Entscheidungen dürften dazu beitragen, Fallgruppen des erheblichen Ungleichgewichts herauszuarbeiten. Praxistipp: Das französische Recht kennt im B2B-Bereich keine allgemeine Inhaltskontrolle allgemeiner Geschäftsbedingungen, wie sie etwa von deutschen Gerichten praktiziert wird. Allerdings findet der Artikel L.442-6 I 2° des Code de commerce auf alle Vertragsbeziehungen zwischen Unternehmern (Hersteller, Lieferanten, Importeure, Kaufleute, etc.) Anwendung. Daher sollten die Unternehmen bei der Erstellung von Verträgen mit französischen Partnern darauf achten, dass darin keine übermäßig nachteiligen Vertragsklauseln enthalten sind, die nicht durch anderweitige Vorteile aufgewogen werden. III. Gewerbliches Mietrecht 1. Frist für die außerordentliche Kündigung eines Gewerbemietvertrags Der Gewerbemietvertrag (bail commercial) ist in Frankreich in den Artikeln L.145-1 ff Code de commerce gesetzlich geregelt. Dieser Vertragstyp weist einige Besonderheiten auf: So hat er grundsätzlich eine Mindestdauer von neun Jahren. Während der Laufzeit ist eine ordentliche Kündigung durch den Vermieter ausgeschlossen. Der Mieter hat dagegen das Recht zur Kündigung nach Ablauf von jeweils 3 und 6 Jahren. Darüber hinaus hat der Mieter bei Vertragsende einen Anspruch auf Abschluss eines Anschlussvertrages, der vom Vermieter nur gegen Zahlung einer Entschädigung abgewendet werden kann. Außerordentliche Kündigungen können frühestens einen Monat nach Zugang einer erfolglosen Abmahnung ausgesprochen werden (Artikel L.145-41 Code de Commerce) und dies auch nur dann, wenn der Vertrag diese Möglichkeit ausdrücklich vorsieht. Dieser Newsletter dient ausschließlich der allgemeinen Information und ersetzt kein individuelles Beratungsgespräch. Ein Mandatsverhältnis kommt dadurch nicht zustande. Jegliche Haftung wird ausgeschlossen. 5 Der Kassationsgerichtshof hat mit einem Urteil vom 11.12.2013 eine Vertragsklausel für unwirksam erklärt, die eine außerordentliche Kündigung 30 Tage nach erfolgloser Abmahnung vorsah. Er hat dies damit begründet, dass die Monatsfrist des Artikels L.145-41 Code de Commerce je nach Fall zwischen 28 und 31 Tage umfassen kann. Daher entspreche die 30-Tage-Klausel nicht der gesetzlichen Mindestfrist von einem Monat. Praxistipp: Um sicherzustellen, dass eine Kündigungsklausel wirksam ist, sollte in gewerblichen Mietverträgen nach französischem Recht eine Kündigungsfrist von „einem Monat“ vorgesehen werden. 2. Reform des gewerblichen Mietrechts Durch das Gesetz Nr. 2014-626 vom 18.06.2014 („Loi Pinel“) haben die Regelungen der Artikel L145-1 ff. Code de commerce,welche Gewerbemietverträge in Frankreich betreffen, wichtige Änderungen erfahren. Ziel des Gesetzes ist es, bestehende Regelungen zu vereinfachen, mehr Flexibilität zu schaffen und ein Kräftegleichgewicht zwischen Mieter und Vermieter zu schaffen. Die bisher zwingende gesetzliche Vertragsdauer von 9 Jahren für Gewerberäume wird dahingehend gelockert, dass die Vertragspartner einmalig eine Vertragsdauer von 3 Jahren vereinbaren können, bevor die neunjährige Vertragsdauer anwendbar ist. Eingeführt wurden weiter eine Pflicht zur Erstellung eines gemeinsamen Übernahmeprotokolls bei Ein- und Auszug sowie die Erteilung einer jährlichen Nebenkostenabrechnung. Darüber hinaus enthält die Reform auch Neuerungen betreffend Indexmieten und ein Vorkaufsrecht des Mieters. Einige dieser Änderungen sind bereits zum 1.9.2014 in Kraft getreten, während andere erst zum 1.12.2014 in Kraft treten werden. Näheres zu diesem Thema erfahren Sie in unserem Artikel zu diesem Thema, der in Kürze auf unserer Internetseite veröffentlicht werden wird. IV. Kreditsicherungsrecht 1. Besitzloses Pfandrecht an Warenlagern: Das Berufungsgericht Paris stellt sich mit bankenfreundlicher Gesetzesauslegung gegen den Kassationsgerichtshof Im Jahr 2006 ist in Frankreich das Recht der Kreditsicherheiten umfassend reformiert worden. Dabei wurde ein besonderes besitzloses Pfandrecht an Warenlagern eingeführt, welches sich ausschließlich an Kreditinstitute richtet (Artikel 527-1 Code de commerce). Für dieses spezielle Pfandrecht verbietet das Gesetz den Parteien ausdrücklich, vertraglich zu vereinbaren, dass das Kreditinstitut bei Zahlungsausfall automatisch Eigentümer des Pfandgutes werden soll (sog. pacte commissoire, Art. L527-2 Code de commerce). Somit ist die Bank im Sicherungsfall gezwungen, die öffentliche Versteigerung der Pfandsache zu betreiben. Außerdem ist dieses Pfandrecht strengen Formalien und einer Veröffentlichungspflicht unterworfen, deren Nichteinhaltung zur Nichtigkeit der Pfandrechtsvereinbarung führt. Neben dem 2006 neu eingeführten, besonderen besitzlosen Pfandrecht existiert aber weiterhin ein allgemeines besitzloses Pfandrecht, welches in Artikel 2348 Code civil (französisches Zivilgesetzbuch) geregelt ist. Die Bedingungen dieses Pfandrechts sind weniger streng, insbesondere lässt es die Vereinbarung eines pacte commissoire zu, was die Verwertung der Sicherheit erheblich erleichtert. In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass die Sicherungsübereignung als Mittel zur Kreditsicherung in Frankreich nicht zur Verfügung steht. Es stellte sich daher in der Praxis schnell die Frage, ob Kreditinstitute weiterhin das besitzlose Pfandrecht nach Artikel 2348 Code civil nutzen können, um den Einschränkungen des neuen besitzlosen Pfandrechts zu entgehen. Der französische Kassationsgerichtshof hat diese Frage im Jahr 2013 mit der Begründung verneint, mit der Einführung des speziellen Pfandrechts der Artikel 527-1 ff. Code de commerce habe der Gesetzgeber den Kreditinstituten den Rückgriff auf das allgemeine Pfandrecht des Code civil verwehren wollen (Urteil vom 19.02.2013, Az. 11-21.763). Das Berufungsgericht Paris hat sich nun mit einem Urteil vom 27.02.2014 (Az. 13/03840) ausdrücklich gegen die Rechtsprechung des Kassationsgerichtshofs gestellt. Es vertritt die Auffassung, die Gesetzesauslegung ergebe nicht ausdrücklich, dass der Gesetzgeber mit der Reform im Jahr 2006 den Kreditinstituten den Rückgriff auf das besitzlose Pfandrecht nach Artikel 2348 Code civil untersagen wollte. Im Zweifel sei es den Kreditinstituten daher weiterhin gestattet, das für sie vorteilhaftere allgemeine Pfandrecht, einschließlich des pacte commissoire zu vereinbaren. Gegen das Urteil vom 27.02.2014 ist offenbar keine Revision eingelegt worden, so dass der Kassationsgerichtshof nicht die Möglichkeit haben wird, es aufzuheben. Es bleibt nun abzuwarten, ob dieser bei der nächsten Gelegenheit seine restriktive Haltung bekräftigen oder stattdessen auf die Linie des Berufungsgerichts Paris einschwenken wird. Praxistipp: Bis zur endgültigen Klärung der Frage ist die Vereinbarung eines besitzlosen Pfandrechts nach Artikel 2348 Code civil für Kreditinstitute mit erheblichen Unsicherheiten behaftet. Dieser Newsletter dient ausschließlich der allgemeinen Information und ersetzt kein individuelles Beratungsgespräch. Ein Mandatsverhältnis kommt dadurch nicht zustande. Jegliche Haftung wird ausgeschlossen. 6 V. Subunternehmerrecht 1. Gesetzesreform bringt Schriftformerfordernis und inhaltliche Anforderungen für französische Werklieferverträge Mit dem Gesetz Nr. 2014-344 vom 17.03.2014 („Loi Hamon“) ist in das französische Handelsgesetzbuch unter anderem der neue Artikel L.441-9 eingefügt worden, der formelle und inhaltliche Anforderungen für bestimmte Werklieferverträge vorschreibt. Ein Vertrag, mit welchem sich der Lieferant zur Herstellung eines Produkts nach den Spezifikationen des Bestellers verpflichtet, gilt in Frankreich als Subunternehmervertrag (sog. contrat de sous-traitance industrielle). Als solcher unterliegt er nicht nur den Bestimmungen des Subunternehmergesetzes vom 31.12.1975 (siehe dazu unser Merkblatt), sondern in Zukunft auch den Bestimmungen des neuen Artikels L.441-9 Code de commerce. Dieser sieht vor, dass Verträge über Produkte, die der Besteller mit den Ziel anfertigen lässt, sie in seine eigene Produktion zu integrieren, schriftlich in einer einheitlichen Urkunde geschlossen werden und mindestens Regelungen zu folgenden Punkten enthalten müssen: 1. Der Gegenstand des Vertrages und die Pflichten der Parteien, 2. Der Preis oder die Modalitäten der Preisbestimmung, 3. Die Rechnungs- und Zahlungsbedingungen, 4. Die Haftung und Garantien der Parteien, 5. Die Bedingungen eines eventuell vereinbarten Eigentumsvorbehalts, 6. Reglungen betreffend das geistige Eigentum der Parteien, soweit die Natur der Vereinbarung dies rechtfertigt, 7. Die Vertragsdauer und die Kündigungsbedingungen, 8. Regelungen betreffend die Streitbeilegung und gegebenenfalls eine Mediationsvereinbarung. Diese Gesetzesänderung bezweckt einen besseren Schutz der Zulieferer, die laut der Gesetzesbegründung häufig in intransparenten Vertragsverhältnissen stehen, sei es, weil Verträge mündlich abgeschlossen werden oder weil der Vertragsinhalt über zahlreiche Einzeldokumente verstreut ist. Darüber hinaus will der Gesetzgeber die Parteien erklärtermaßen dazu zwingen, bestimmte Fragen vertraglich zu regeln. Ein Verstoß gegen den Artikel L.441-9 Code de commerce führt nicht zur Nichtigkeit des Vertrages, kann aber von der Wettbewerbsbehörde DGCCRF mit einem Bußgeld von bis zu 375.000 € geahndet werden. Bei wiederholtem Verstoß innerhalb einer Frist von zwei Jahren nach einer ersten Bestrafung verdoppelt sich der Bußgeldrahmen. Der neue Artikel L.441-9 Code de commerce ist noch nicht in Kraft getreten. Das Inkrafttreten hängt vom Erlass einer Ausführungsverordnung ab, die derzeit noch aussteht. Diese Verordnung wird voraussichtlich auch festlegen, dass die Regelung des Artikels L. 441-9 Code de commerce nur für Verträge gilt, deren Auftragswert eine bestimmte Schwelle übersteigt. 2. Die Erteilung der Zustimmung zu der Beauftragung eines Subunternehmers durch den Bauherrn beinhaltet keinen Schuldbeitritt Das Subunternehmerschutzgesetz vom 31.12.1975 sieht vor, dass der Hauptunternehmer für jeden Subunternehmer eine persönliche und selbstschuldnerische Bankbürgschaft stellen muss, welche die gesamten Ansprüche des Subunternehmers abdeckt. Alternativ zu einer Bankbürgschaft kann der Auftraggeber aber mit Zustimmung des Subunternehmers in die Schuld des Hauptunternehmers eintreten (délégation de paiement). Dieser Eintritt kann entweder eine befreiende Schuldübernahme (délégation parfaite) oder ein Schuldbeitritt (délégation imparfaite) sein. Nur im ersten Fall wird der Hauptunternehmer von der Leistung an den Subunternehmer frei. In beiden Fällen ist jedoch die Zustimmung des Auftraggebers, des Hauptunternehmers und des Subunterneh2 mers notwendig . In einem nun vom Kassationsgerichtshof entschiedenen Fall (Urteil vom 11.02.2014, Az. 13-10.146) verlangte der Subunternehmer vom Hauptunternehmer den Werklohn für seine Arbeit. Der Hauptunternehmer verweigerte die Zahlung jedoch mit dem Argument, der (private) Auftraggeber habe durch die (gesetzlich vorgeschriebene) Erteilung seiner Zustimmung zu den Zahlungsbedingungen des Subunternehmers eine befreiende Schuldübernahme erklärt. Hintergrund war, dass der Hauptunternehmer bei der Einholung der Zustimmung des Auftraggebers angegeben hatte, dass dieser direkt an den Subunternehmer zu leisten habe, was der Auftraggeber offenbar akzeptiert hatte. 2 Näheres zu den Besonderheiten des französischen Subunternehmerrechts finden Sie in unserem Merkblatt zu diesem Thema. Dieser Newsletter dient ausschließlich der allgemeinen Information und ersetzt kein individuelles Beratungsgespräch. Ein Mandatsverhältnis kommt dadurch nicht zustande. Jegliche Haftung wird ausgeschlossen. 7 Die Vorinstanz konnte in dieser Zustimmung jedoch keine befreiende Schuldübernahme erkennen (Urteil des Berufungsgerichts Lyon vom 11.10.2012). Darüber hinaus habe auch der Subunternehmer einer befreienden Schuldübernahme nicht zugestimmt. Dieses Urteil hat der Kassationsgerichtshof bestätigt. Er führt aus, dass die befreiende Schuldübernahme eine ausdrückliche Vereinbarung erfordert, die in der gesetzlich vorgeschriebenen Zustimmung des Auftraggebers zu den Zahlungsbedingungen des Subunternehmers nicht enthalten ist. Praxistipp: Zwar gibt das französische Recht dem Subunternehmer in der Regel einen Direktanspruch gegen den Auftraggeber, jedoch kann dieser dem Subunternehmer die Einreden und Einwendungen entgegenhalten, die er gegen den Hauptunternehmer hat. Anders ist dies bei der befreienden Schuldübernahme (délégation parfaite): Der neue Schuldner übernimmt eine abstrakte Schuld gegenüber dem Subunternehmer und kann daher die Einreden und Einwendungen aus dem Vertragsverhältnis mit dem Hauptunternehmer nicht geltend machen (Cass. Urt. v. 07.10.1998, Az. 96-20566). VI. Kurzmeldungen 1. Große französische Einzelhandelskonzerne kooperieren verstärkt beim Einkauf Anfang September haben die großen französischen Handelskonzerne Système U und Auchan bekanntgegeben, dass Système U ab der Verhandlungsrunde 2015 einen Teil seiner Einkäufe über die Einkaufsgesellschaft von Auchan (Eurochan) abwickeln lassen wird. Diese Kooperation soll zunächst nur für Markenprodukte aus dem Lebensmittelbereich gelten. Kaum zwei Wochen später haben die Handelsriesen Intermarché und Casino nachgezogen und eine fast identische Kooperation bekanntgegeben. Im Unterschied zu der Kooperation zwischen Système U und Auchan sollen auch Markenprodukte aus dem Non-Food-Bereich betroffen sein. Mit dieser Kooperation rücken Intermarché und Casino mit einem Anteil von über 25 % am gesamten Handelsvolumen zum größten Einkäufer von Konsumgütern vor Carrefour (22 %) und Auchan/Système U (21 %) in Frankreich auf. Aber auch auf europäischer Ebene findet beim Einkauf eine zunehmende Kooperation zwischen den großen Handelskonzernen statt: Leclerc, Coop Italia und das belgische Unternehmen Delhaize hatten sich bereits 2006 zu der Einkaufsgemeinschaft Coopernic zusammengeschlossen. Im Oktober 2014 haben sich nun auch die Branchenriesen Auchan und Metro zu einem gemeinsamen Einkauf entschlossen. Dabei wollen die Konzerne allerdings keine Einkaufsgesellschaft gründen, sondern lediglich gemeinsam die Verhandlungen mit den Lieferanten führen, die in Luxemburg stattfinden werden. Die Kooperation betrifft Produkte im Lebensmittel- und NonFood-Bereich, einschließlich der Produkte unter Händlermarken. Erklärtes Ziel der Vereinbarung ist es, den Lieferanten auf internationaler Ebene Dienstleistungen zu verkaufen, um die Margen zu verbessern. An der Kooperation wird auf der Seite von Auchan auch Système U teilnehmen. Diese Kooperationen sind vermutlich eine Reaktion der Einzelhändler auf die anhaltende Konsumschwäche in Frankreich und Europa und den damit einhergehenden Preiskampf. Trotz gewisser Einschränkungen bei den Kooperationen scheint der Trend zu mehr und konzentrierter Nachfragemacht der großen Einzelhandelskonzerne zu gehen. Diese dürfte sich bereits in der bevorstehenden Verhandlungsrunde 2015 in aggressiveren Preisforderungen des Einzelhandels, insbesondere gegenüber den großen Herstellern von Markenware äußern. 2. Einführung einer Sammelklage in Frankreich Mit dem Verbraucherschutzgesetz vom 17. März 2014 (Nr. 2014-344) ist mit Wirkung zum 01.10.2014 in den Artikeln L.423-1 bis L.423-26 des französischen Verbrauchergesetzbuchs eine Sammelklage (action de groupe) eingeführt worden. Diese ermöglicht es zugelassenen Verbraucherschutzvereinen, Ansprüche einer Vielzahl von Verbrauchern gegenüber Unternehmen geltend zu machen, ohne diese Verbraucher im Verfahren einzeln benennen zu müssen. Mehr Informationen dazu finden Sie in unserem kürzlich veröffentlichten Artikel zum diesem Thema. ______________________________________________________________________________________ Diese Information wird Ihnen zur Verfügung gestellt von: Kühl Rechtsanwaltsgesellschaft mbH Konrad-Adenauer-Ufer 71, 50668 Köln www.avocat.de Dieser Newsletter dient ausschließlich der allgemeinen Information und ersetzt kein individuelles Beratungsgespräch. Ein Mandatsverhältnis kommt dadurch nicht zustande. Jegliche Haftung wird ausgeschlossen. KÖLN PARIS STRASBOURG BADEN-BADEN SARREGUEMINES Der Newsletter dient ausschließlich der generellen Information und ersetzt kein individuelles Beratungsgespräch. Jegliche Haftung wird hiermit ausgeschlossen. Ein Mandatsverhältnis kommt hierdurch nicht zustande. Die Haftung für den Inhalt wird ausgeschlossen. 8