Familienrecht I
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Familienrecht I
Prof. Dr. Tobias Fröschle Familienrecht I Wintersemester 2005/06 Inhaltsverzeichnis I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Gegenstand des Familienrechts und dieser Vorlesung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Besonderer Schutz der Ehe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 3 3 4 II. Lebensgemeinschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Rechtsordnung der eheähnlichen Lebensgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Rechtsfolgen der Auflösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 6 6 8 III. Verlöbnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Rechtsnatur, Zustandekommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Beendigung des Verlöbnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Folgen der Beendigung des Verlöbnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 13 14 14 IV. Ehe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Eheschließung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Ehenichtigkeit und ihre Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Eheaufhebung und ihre Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Ehewirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Trennung und ihre Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . F. Scheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . G. Scheidungsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 16 19 20 27 37 52 55 V. Lebenspartnerschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Lebenspartnerschaftsversprechen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Begründung der Lebenspartnerschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Fehlerhafte Lebenspartnerschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Rechtswirkungen der Lebenspartnerschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Trennung und Trennungsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . F. Aufhebung der Lebenspartnerschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . G. Folgen der Aufhebung der Lebenspartnerschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 71 71 72 73 74 75 75 -3- I. Einführung A. Gegenstand des Familienrechts und dieser Vorlesung Das Familienrecht befaßt sich mit den Beziehungen sich besonders nahstehender Personen zueinander. Es findet seine Berechtigung darin, daß die Familie mit ihrer gegenüber dem sonstigen gesellschaftlichen Leben gesteigerten Nähe der gegenseitigen Kontakte besonderen Regeln zu unterwerfen ist, weil die gleichen Regeln, wie sie unter Fremden gelten, nicht ohne weiteres auch für enge Beziehungen passen. Historisch hat das staatliche Familienrecht lange im Schatten des kirchlichen Rechts gestanden. Die Kirchen hatten im Laufe des Mittelalters die Befugnis, über Ehe und Verwandtschaft, teilweise auch über das Erbe zu urteilen, an sich gezogen. Erst die erstarkenden Nationalstaaten haben ihnen dieses Recht wieder genommen und das Familienrecht wieder zu staatlichem Recht gemacht. Als letztes verloren in Deutschland die Kirchen die Hoheit über den Eheschließungsakt, nämlich erst im 19. Jahrhundert, als im sog. Reichskulturkampf die obligatorische Zivilehe allgemein eingeführt wurde. Das Familienrecht kann man grob gliedern in Regeln für S die Paarebene und S die Gruppenebene. Auf der Paarebene sind im Familienrecht gesetzlich geregelt: S die Rechtsbeziehungen zwischen Verlobten (§§ 1297 - 1302 BGB), S die Rechtsbeziehungen zwischen Ehegatten (§§ 1303 - 1588 BGB) und neuerdings auch zwischen gleichgeschlechtlichen Lebenspartner (LPartG). Nur ganz vereinzelt finden sich besondere Regeln über das außereheliche Zusammenleben. Das Recht der Lebensgemeinschaften, die weder Ehen noch Lebenspartnerschaften sind, ist keine einheitliche Rechtsmaterie, sondern setzt sich aus vielen Einzelfragen zusammen. Darauf werde ich später noch genauer eingehen. Auf der Gruppenebene finden sich Vorschriften über S die Verwandtschaft im Allgemeinen (§§ 1589, 1590, 1601 - 1615 BGB), S das Eltern-Kind-Verhältnis im Besonderen (§§ 1591 - 1600e, 1616 - 1772 BGB), S andere familienrechtliche Fürsorgeverhältnisse (§§ 1773 - 1921 BGB). Mit der Gruppenebene befassen sich andere Veranstaltungen. Diese Veranstaltung beschäftigt sich mit dem Recht von Verlöbnis, Ehe, Lebenspartnerschaft und außerehelichen Lebensgemeinschaften. B. Überblick Menschen, die als Paar zusammenleben, tragen Konflikte in aller Regel nicht vor Gericht aus. Vorschriften, die das Zusammenleben als solches regeln, sind daher selten. Erhebliches Streitpotential entsteht dagen bei der Auflösung der Paarbeziehung. Vor ihrem Hintergrund sind die meisten Vorschriften zu sehen. Hier stellen sich insbesondere Fragen der Verteilung der bisher gemeinsam genutzten Wohnung und sonstiger Gegenstände, S -4S der gerechten Aufteilung von finanziellen Vor- und Nachteilen, die in der Gemeinschaft entstanden sind, S fortwirkender Solidarpflichten. Mit all dem beschäftigt sich diese Vorlesung. Damit klar ist, wovon jeweils die Rede ist, folgt nunmehr ein Überblick über die verschiedenen Arten von Lebensgemeinschaften. Für Paare, deren Partner verschiedenen Geschlechts sind, bildet die Ehe das Leitbild, an dem sich die Regelungen orientieren. Die Ehe verpflichtet die Partner zur gelebten Gemeinschaft (§ 1353 I 2 BGB). Haben die Ehegatten die Lebensgemeinschaft nicht begründet oder aufgehoben, so leben sie getrennt (§ 1567 I BGB). Das ist zunächst eigentlich ungesetzlich. Aus § 1353 II BGB kann sich jedoch ergeben, daß die Verpflichtung zur Lebensgemeinschaft endet. Damit endet noch nicht zugleich die Ehe. Es entsteht die Situation getrenntlebender Ehegatten. Im Vorfeld der Ehe regelt das Gesetz das Verlöbnis als das Rechtsverhältnis eines Paares, das sich die Ehe versprochen hat. Eine Verpflichtung zur Lebensgemeinschaft kann außerhalb der Ehe nicht begründet werden. Ein entsprechender Vertrag wäre in Wahrheit eine formwidrige und damit nach § 125 S. 1 BGB nichtige Ehe. Wohl aber können Mann und Frau tatsächlich wie Ehegatten zusammenleben. Man spricht dann von einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft. Da sie ein rein tatsächliches Phänomen ist, endet sie, sobald sie von einem der Partner aufgegeben wird. Trennung und Aufhebung des Rechtsverhältnisses fallen bei ihr zusammen. Gleichgeschlechtliche Paare können seit dem 1. August 2001 eine Lebenspartnerschaft begründen. Das führt in vielen - aber nicht in allen - Aspekten ähnliche Rechtsfolgen herbei wie die Eheschließung. Anders als aus der Ehe folgt aus der Lebenspartnerschaft keine Verpflichtung zur Lebensgemeinschaft, sondern nur zur „gemeinsamen Lebensgestaltung“. Wohl aber geht das Gesetz davon aus, daß auch Lebenspartner regelmäßig eine echte Lebensgemeinschaft begründen. Tun sie dies ausnahmsweise nicht, kann man von einer atypischen Lebenspartnerschaft sprechen. Beenden Lebenspartner die von ihnen gelebte Lebensgemeinschaft, entsteht die Situation getrenntlebender Lebenspartner, die von der atypischen, aber intakten Lebenspartnerschaft unterschieden werden muß. Schließlich sind natürlich auch gleichgeschlechtliche Paare nicht daran gehindert, ohne Begründung einer Lebenspartnerschaft rein tatsächlich zusammenzuleben. Hier kann man von einer partnerschaftsähnlichen Lebensgemeinschaft sprechen. Für sie wird aber in vielerlei Hinsicht dasselbe gelten wie für die eheähnliche Lebensgemeinschaft, da es - genau wie bei dieser - an speziellen gesetzlichen Regelungen fehlt. Auch der Lebenspartnerschaft kann wiederum ein Verlöbnis vorgelagert sein. C. Besonderer Schutz der Ehe Nach Art. 6 I GG steht die Ehe unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung. Das unterscheidet sie von anderen Lebensgemeinschaften, deren Partner sich lediglich auf die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 I GG) berufen können. Art. 6 I GG hat drei Bedeutungen: 1. Institutsgarantie Zunächst garantiert Art. 6 I GG die Ehe als Rechtsinstitut in ihrem Bestand. Garantiert wird nicht nur -5die Existenz eines Rechtsinstituts mit dem namen „Ehe“. Art. 6 I GG verbietet es auch, dieses Rechtsinstitut inhaltlich so zu verändern, daß es dem gesellschaftlich akzeptierten Institut Ehe nicht mehr entspricht. Der gesellschaftliche Konsens davon, was eine Ehe ausmacht, wird als Fundamentalstruktur der Ehe bezeichnet. Art. 6 I GG entzieht diese Fundamentalstruktur der Disposition des Gesetzgebers. Zur Fundamentalstruktur der Ehe gehören jedenfalls: S das Prinzip des freien Zugangs, S das Konsensualprinzip, S die Monogamie, S das Prinzip der Verschiedengeschlechtlichkeit der Partner, S die Verpflichtung zur ehelichen Lebensgemeinschaft S das grundsätzliche Bekenntnis zur Unauflöslichkeit (Scheidung als Ausnahmefall); aber auch: die grundsätzliche Möglichkeit zur Ehescheidung, S die grundsätzliche Anerkennung einer jedem staatlichen Zugriff entzogenen ehelichen Intimsphäre. Umstritten ist, ob auch die obligatorische Zivilehe zur Fundamentalstruktur der Ehe gehört. Die Gleichberechtigung der Ehegatten wird man aber zur Fundamentalstruktur der Ehe rechnen müssen. Von Staats wegen dürfen Ungleichheiten freilich schon wegen Art. 3 II GG nicht an das Geschlecht anknüpfen. Art. 6 I GG dürfte aber auch die Anknüpfung von Ungleichheiten zwischen den Ehegatten an andere Merkmale verbieten (z.B. irgendwelche Privilegien des älteren Ehegatten). Die Bindung des Gesetzgebers an die Fundamentalstruktur der Ehe verhindert nicht etwa Reformen des Eherechts, auch nicht solche von grundlegender Bedeutung. Denn da die Fundamentalstruktur der Ehe an gesellschaftliche Überzeugungen anknüpft, unterliegt sie dem Wandel solcher Überzeugungen. Der Gesetzgeber darf die Ehe lediglich nicht gleichsam von oben verändern und damit die gesellschaftlichen Veränderungen vorwegnehmen oder überhaupt erst herbeiführen wollen. Er ist aber berechtigt, wenn nicht sogar verpflichtet, schon eingetretene Änderungen der gesellschaftlichen Überzeugungen auch gesetzgeberisch nachzuvollziehen. So stand die Anerkennung einer jedem staatlichen Zugriff entzogenen ehelichen Intimsphäre früher der Anwendung einer Reihe von Tatbeständen des Sexualstrafrechts auch auf den ehelichen Verkehr entgegen. Die Vergewaltigung der eigenen Ehefrau war nur als Nötigung und Körperverletzung strafbar, da die sexuellen Beziehungen zwischen Eheleuten den Staat nichts angingen. Hierzu hat sich im Laufe der Jahrzehnte die gesellschaftliche Auffassung gewandelt. Nach heutiger Auffassung gehören nur diejenigen sexuellen Vorgänge zur ehelichen Intimsphäre, an denen beide Eheleute freiwillig beteiligt sind. Demzufolge ist das Sexualstrafrecht entsprechend ausgeweitet worden. Dagegen wäre eine Norm, die selbst Eheleuten bestimmte Sexualpraktiken auch auf freiwilliger Basis verbietet (wie z.B. in manchen Ländern Oral- oder Analverkehr), nach wie vor als Verstoß gegen Art. 6 I GG zu betrachten. 2. Grundsatznorm Art. 6 I GG verpflichtet den Gesetzgeber außerdem dazu, das einfache Recht „ehefreundlich“ zu gestalten, und zwar in verschiedene Richtungen: S Er darf keine Bestimmungen erlassen, durch die das Leben in der Ehe unnötig erschwert wird -6(allgemeines Schädigungsverbot). S Ehegatten dürfen gegenüber Alleinstehenden und anderen Lebensformen nicht benachteiligt werden (Differenzierungverbot). Vorschriften, die nur für Ehegatten gelten, dürfen diese nur dann schlechter stellen, wenn dies gerade wegen der besonderen Bindungen zwischen Ehegatten geboten ist. S Der Staat muß Ehen und Familien fördern, das heißt, ihnen Vorteile gewähren, die er anderen Lebensformen nicht gewährt (Förderungs- oder Abstandsgebot). In der Ausgestaltung dieser Förderung hat er einen weiten Ermessensspielraum. Nicht zulässig ist die völlige Gleichbehandlung. Das steht z.B. einer ersatzlosen Streichung des Ehegattensplitting entgegen. Das BVerfG hat entschieden, daß das LPartG das Abstandsgebot selbst dann nicht verletzen würde, wenn es in der Sache kaum Unterschiede zwischen Ehe und Lebenspartnerschaft gäbe. Die Begründung hierfür, nämlich daß Ehe und Lebenspartnerschaft keine konkurrierenden Lebensmodelle seien, weil die Ehe nur heterosexuellen, die Lebenspartnerschaft nur homosexuellen Paaren offenstehe, überzeugt allerdings nicht ganz. 3. Individualgrundrecht Schließlich ist Art. 6 I GG auch ein echtes Grundrecht. Gegen Maßnahmen, die in der oben beschriebenen Weise Art. 6 I GG verletzen, hat der davon direkt Betroffene einen gegen den Staat gerichteten Abwehranspruch, den er notfalls mit der Verfassungsbeschwerde geltendmachen kann. Darüber hinaus kann aus dem Förderungsgebot auch ein Teilhabeanspruch entstehen, der aber nur in Extremfällen auf einen bestimmten Erfolg gerichtet sein kann, weil der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der Förderung einen weiten Ermessensspielraum hat. II. Lebensgemeinschaften A. Definition Eine klare Definition der Lebensgemeinschaft ist nicht möglich. Das Leben ist zu vielfältig, als daß alle Arten von denkbaren Gemeinschaften erfaßt werden könnten. Eheähnlich ist eine solche Gemeinschaft - und das ist die Abgrenzung zu schlichten Zweckgemeinschaften wie z.B. einer Wohngemeinschaft - wenn die Gemeinschafter tatsächlich wechselseitig füreinander einstehen und sich gegenseitig finanziell wie tatsächlich unterstützen, wenn sie - mit anderen Worten - das freiweillig leisten, wozu Ehegatten verpflichtet sind. Die wichtigste Gruppe bilden Liebende, die zwar „wie Mann und Frau” zusammenleben, aber den Eheschließungsakt nicht vollziehen, sei es, daß sie nicht heiraten können (weil sie z.B. noch anderweitig verheiratet sind) oder S nicht heiraten wollen. S Der wichtigste Unterschied zwischen einer echten Ehe und einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft ist der, daß letztere durch die Trennung beendet wird. Die Möglichkeit ihrer jederzeitigen Auflösung durch simple Trennung ist gerade ihr Kennzeichen. Vereinbarungen, die darauf hinauslaufen, dies auszuschließen oder zu erschweren, machen das ganze Rechtsverhältnis zu einer nach § 125 S. 1 BGB formnichtigen Ehe. -7- B. Rechtsordnung der eheähnlichen Lebensgemeinschaft 1. Gesetzliche Regelungen Manche nehmen an, durch Eingehung einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft stelle man sich außerhalb der Rechtsordnung. Das ist ein Irrtum. Es finden lediglich die familienrechtlichen Vorschriften keine Anwendung. Das bedeutet aber nicht, daß nicht Rechtsbeziehungen begründet würden. Die anwendbaren Vorschriften sind insoweit eben die des allgemeinen Schuld- und Sachenrechts. Vereinzelt werden Vorschriften außerhalb des Familienrechts, die an die Ehe oder Lebenspartnerschaft anknüpfen, auf Partner einer außerehelichen Lebensgmeinschaft analog angewendet. Das setzt aber stets voraus, daß es für den jeweiligen Gesetzeszweck gleichgültig ist, ob eine Verpflichtung zur Solidarität besteht und ob die Gemeinschaft jederzeit auflösbar ist. Außerdem darf die entsprechend angewendete Vorschrift auch nicht etwa den besonderen Schutz der Ehe bezwecken, sonst verstieße die entsprechende Anwendung gegen Art. 6 I GG (s.o.). Art. 6 I GG zwingt sogar zur entsprechenden Anwendung von Normen, die andernfalls Ehegatten gegenüber außerehelichen Partnern benachteiligen würden. Analog angewendet werden bestimmte Zeugnisverweigerungsrechte (z.B. aus § 52 StPO), wohl deshalb, weil das Gesetz sie ohnehin auch Verlobten zugesteht und die Verlobung letztlich ein lockereres Band als eine eheähnliche Gemeinschaft sein kann. Nicht analog anwendbar sind dagegen z.B. die §§ 844, 845 BGB, denn sie stellen auf den Wegfall einer Rechtspflicht zum Unterhalt ab. Der Partner einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft erhält aber den Unterhalt freiwillig und ohnehin unter dem Vorbehalt jederzeitigen ersatzlosen Wegfalls. Auf partnerschaftsähnliche Lebensgemeinschaften können Vorschriften analog angewendet werden, wenn auch für die gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft gelten (für das Zeugnisverweigerungsrecht aus § 52 StPO ist das z.B. der Fall). Die eheähnliche Lebensgemeinschaft ist - wie oben schon erwähnt - dadurch gekennzeichnet, daß die Partner einander das ohne Rechtspflicht gewähren, was Ehegatten einander schulden. Dazu gehört insbesondere, daß sie zum gemeinsamen Lebensunterhalt jeweils einen angemessenen Beitrag leisten. Hierbei handelt es sich aber nicht um eine Pflicht, vielmehr um ein (essentielles) Merkmal der eheähnlichen Lebensgemeinschaft. Klagbare Ansprüche entstehen nicht. Dennoch werden die Partner sozialrechtlich wie Ehegatten behandelt. Die Rechtsprechung begründet das mit dem aus Art. 6 I GG folgenden Verbot, Ehen schlechter zu behandeln als andere Formen des Zusammenlebens. Für die Frage, ob die öffentliche Hand einspringen muß, sei es aber gleichgültig, ob der Bedürftige von einer ihm nahestehenden Person unterhalten wird, die hierzu rechtlich verpflichtet ist oder nur von einer, die sich hierzu moralisch für verpflichtet hält. 2. Vereinbarungen Die Beteiligten können hinsichtlich vermögensrechtlicher Fragen, jederzeit schuldrechtliche Verträge schließen. Höchstpersönliche Fragen (Kinderzahl / Empfängnisverhütung) können nicht verbindlich geregelt werden, wohl aber z.B. Unterhaltspflichten. Solche Vereinbarungen empfehlen die Juristen zwar, sie sind in der Praxis aber selten, weil ja meist beabsichtigt ist, die Gemeinschaft gerade nicht „juristischen Fesseln” zu unterwerfen. -8- C. Rechtsfolgen der Auflösung Bei der Auflösung einer Lebensgemeinschaft stellt sich immer die Frage nach Mein und Dein, also nach der Vermögensabwicklung. Hier sind drei Fragen zu unterscheiden, nämlich: a) die der sachenrechtlichen Zuordnung, also nach dem Schicksal der einzelnen konkreten Gegenstände, b) die nach einem finanziellen Ausgleich und c) die der Regulierung gemeinsamer Schulden. 1. Sachenrechtliche Zuordnung Die Lebensgemeinschaft als solche hat keine eigentumsrechtlichen Konsequenzen. Jedem Partner gehört das, was er in die Gemeinschaft einbringt oder erwirbt, so lange sie dauert. Damit ist er dem Grundsatz nach auch zum Alleinbesitz all dessen berechtigt, was ihm alleine gehört. So lange die Partnerschaft andauert, wird dieser Alleinbesitz zwar durch einen dem anderen freiwillig eingeräumten Mitbesitz überlagert. Mangels einer ausdrücklichen vertraglichen Regelung ist dieser Mitbesitz aber prekär, kann dem anderen also jederzeit entzogen werden. Aber selbst wenn sich die Partner vertraglich darauf verständigt haben, bestimmte Gegenstände (z.B. ein Auto) gemeinsam zu nutzen, gibt dies demjenigen, der kein Eigentum besitzt, keine Rechte, wenn die Gemeinschaft beendet wird. Außerdem ist während der bestehenden Gemeinschaft keiner der Partner gehindert, einen ihm allein gehörenden Gegenstand ganz zu veräußern und dadurch dem anderen zu entziehen. Spätestens bei der Trennung setzt sich das Alleineigentum in jedem Fall durch. Der Eigentümer kann vom anderen Partner nach § 985 BGB die Herausgabe des Gegenstandes verlangen. Eine ganz andere Frage ist die, wie der Kläger sein Alleineigentum beweisen kann. Einfach ist das nur bei Gegenständen, die in seinem Alleinbesitz stehen, denn für diese gilt nach § 1006 I 1 BGB, daß sein Eigentum vermutet wird. In einer Lebensgemeinschaft stehen aber nur solche Gegenstände im Alleinbesitz eines Partners, die offensichtlich zu dessen ausschließlichem Gebrauch bestimmt sind (wie z.B. der Rasierapparat des Mannes, der jeweilige Schmuck, Brille, Gebiß, Hörgeräte, auch Kleider usw.). Alles andere steht im gemeinsamen Besitz und deshalb wird nach § 1006 I 1 BGB auch gemeinsames Eigentum vermutet. Wer sich auf Alleineigentum z.B. eines Möbelstücks oder des Fernsehers beruft, muß daher im Streitfall die Vermutung des § 1006 I 1 BGB widerlegen. An die Widerlegung dieser Vermutung werden von den Gerichten unterschiedliche Anforderungen gestellt. Soweit die Partner dazu nicht irgendwelche ausdrücklichen Regelungen getroffen haben (und diese auch beweisen können), hat im Zweifel derjenige Eigentum erworben, der eine Sache alleine angeschafft und bezahlt hat. Das kann allerdings schon wieder zweifelhaft sein, wenn das Geld dazu vom anderen oder aus einem gemeinschaftlichen Topf stammte. Meiner Ansicht nach ist es sinnvoll, an die Widerlegung strenge Anforderungen zu stellen, soweit es nicht Gegenstände betrifft, die einer schon in die Beziehung eingebracht hat, weil alles was später zum gemeinsamen Gebrauch angeschafft wurde, letztlich immer irgendwie gemeinsam erwirtschaftet worden sein wird. Einfach ist die Rechtslage nur bei Immobilien, weil sie sich da aus dem Grundbuch ergibt. Besteht Miteigentum, so bedeutet das zunächst, daß keiner der Partner den Gegenstand ohne die Mitwirkung des anderen veräußern kann. Soweit es sich nicht um Geld oder Wertpapiere handelt, -9kann ein Dritter auch nicht etwa gutgläubig Eigentum von einem Partner nach § 932 BGB erwerben, weil der allein Veräußernde dem andern ja den Mitbesitz gegen dessen Willen entzogen hat, die Sache folglich dem anderen abhanden gekommen ist (§ 935 I 1 BGB). Immerhin kann aber jeder der Partner seinen Anteil an dem gemeinsamen Gegenstand an einen Dritten veräußern. Bei Miteigentum steht beiden Partnern ein Recht zum Mitbesitz zu. Jeder muß also zulassen, daß der andere den betreffenden Gegenstand ebenfalls nutzen kann. Das kann nach der Trennung schwierig sein. Es kann dann billigem Ermessen i.S.v. § 745 II BGB entsprechen, daß einer das Recht hat, den Gegenstand allein zu nutzen und dieser dem anderen eine Nutzungsentschädigung schuldet. Das Gesetz gibt außerdem jedem Miteigentümer das Recht, die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen (§ 749 I BGB). Zwar kann dieses Recht vertraglich ausgeschlossen werden, aus einer Lebensgemeinschaft folgt ein solcher Ausschluß aber höchstens bis zu deren Ende. Selbst wenn ausdrücklich etwas anderes vereinbart sein sollte, kann die Trennung einen wichtigen Grund i.S.v. § 749 II BGB darstellen, aus dem die Aufhebung immer verlangt werden kann. Die Aufhebung erfolgt durch Teilung in Natur, wenn sich ein Gegenstand ohne Wertminderung teilen läßt (§ 752 BGB). Das ist bei Hausrat selten. Meist wird daher die Aufhebung durch den Verkauf der Sache (§ 753 BGB) und zwar - wie bei beinem Pfand - durch öffentliche Versteigerung und anschließende Teilung des Erlöses zu erfolgen haben, falls die Partner sich nicht auf eine andere Lösung verständigen. Immerhin gibt es die Möglichkeit, die Teilung vertraglich abweichend zu regeln. Gerade die Aufhebung der Gemeinschaft gibt im Fall der Trennung nichtehelicher Partner oft Anlaß zu komplizierten und erbittert geführten Rechtsstreitigkeiten. Daher sind die Partner gut beraten, wenn sie, während sie sich noch vertragen, regelmäßig schriftlich festlegen, wem was gehört, bzw. wer was bei einer eventuellen Trennung behalten können soll. Denn so lange sie sich einig sind, sind sie darin frei, sich die vorhandenen Sachen wechselseitig zu übereignen. Da jeder schon (Mit-)besitz hat, genügt hierfür nach § 929 S. 2 BGB die schlichte Einigung. 2. Wohnung Besondere Probleme stellen sich bei der Auflösung des gemeinsamen Haushalts hinsichtlich der Wohnung. Hier sind mehrere Konstellationen denkbar. Die wichtigsten davon sind die folgenden vier: a) Die Wohnung steht im Eigentum eines der Partner. b) Die Wohnung steht im gemeinschaftlichen Eigentum beider Partner. c) Einer der Partner ist Mieter der Wohnung. d) Beide Partner sind gemeinsam Mieter der Wohnung. a) Wohnung im Alleineigentum eines Partners Wird die Lebensgemeinschaft beendet, kann der Eigentümer der Wohnung von dem anderen verlangen, daß dieser sie verläßt. Das folgt aus § 1004 I BGB, denn das Mitbewohnen der Wohnung stellt eine Eigentumsstörung dar. Er darf ihn aber nicht etwa eigenhändig vor die Tür setzen. Das wäre nämlich verbotene Eigenmacht i.S.v. § 858 BGB, so daß der vor die Tür gesetzte Partner das Recht hätte, sich durch Selbsthilfe (Aufbrechen des ausgewechselten Schlosses) wieder Zugang zur Wohnung zu verschaffen (§ 859 BGB) oder seinen sofortigen Wiedereinzug durch eine den Anspruch aus § 861 I BGB sichernde einstweilige Verfügung durchzusetzen. Der Eigentümer muß vielmehr den anderen Partner - wenn dieser sich weigert - auf Räumung - 10 der Wohnung verklagen. Der andere kann nach § 721 ZPO verlangen, daß ihm eine angemessene Räumungsfrist zwecks Suche neuen Wohnraums zugebilligt wird. Nicht anders liegen die Dinge, wenn der Eigentümer der Wohnung die Gemeinschaft zunächst dadurch beendet hat, daß er selbst ausgezogen ist. Auch in diesem Fall kann er vom anderen jederzeit verlangen, daß dieser die Wohnung verläßt und sie ihm wieder überläßt. Das Recht des Eigentümers auf Einräumung des Alleinbesitz kann zeitweilig durch eine Anordnung nach § 2 I GewSchG überlagert werden. Eine solche Anordnung kann beantragen, wer das Opfer von Gewalthandlungen oder von Drohungen seines Partners mit Gewalt geworden ist. Nach Ablauf der - gemäß § 2 II GewSchG auf insgesamt höchstens ein Jahr - befristeten Anordnung gelten allerdings dann doch die gewöhnlichen Regeln. b) Wohnung im gemeinschaftlichen Eigentum beider Partner Gehört die Wohnung den Partnern jeweils zu einem Bruchteil, verhalten sich die Dinge ähnlich wie bei gemeinsam angeschafftem Hausrat. Sie bilden eine Gemeinschaft nach Bruchteilen i.S.v. § 741 ff. BGB. Nach ihrer Trennung bleiben sie grundsätzlich zur gemeinsamen Nutzung berechtigt (§ 743 II BGB). Auch hier kann aus § 745 II BGB jedem Partner das Recht erwachsen, die Wohnung allein nutzen - und dem anderen eine entsprechende Entschädigung zahlen - zu dürfen, wenn dies billigem Ermessen entspricht. Auch hier entsteht spätestens mit der Trennung das Recht jedes Partners, vom anderen die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen (§ 749 I BGB). Dies geschieht hier durch einen Antrag auf Teilungsversteigerung nach § 180 I ZVG. Ist der andere auf die Wohnung angewiesen, kann er die Versteigerung durch einen Antrag auf Aufschub nach § 180 II ZVG noch etwas hinauszögern. Wer die Wohnung ersteigert, kann dann die bisherigen Eigentümer direkt vom Gerichtsvollzieher räumen lassen (§ 93 ZVG). Ist die Wohnung einem der Partner nach § 2 I GewSchG vorläufig zugewiesen worden, darf der andere in der Zwischenzeit die Teilungsversteigerung nicht betreiben, da er gemäß § 2 IV GewSchG alles unterlassen muß, was die Nutzung gefährden könnte. Die Partner können auch vertraglich vereinbaren, daß einer von ihnen das Recht hat, die Wohnung bei Trennung gegen Zahlung des halben Wertes ganz zu übernehmen. Wegen § 311b I 1 BGB ist eine solche Vereinbarung aber nur gültig, wenn sie notariell beurkundet worden ist. c) Mietwohnung eines der Partner Im Ergebnis entspricht die Rechtslage hier der Variante a, wenngleich dies weniger einfach aus dem Gesetz herzuleiten ist. Der Anspruch des Mieters auf Einräumung von Alleinbesitz muß hier letztlich aus einer vertraglichen Abrede zwischen den Partnern der Lebensgemeinschaft hergeleitet werden, die zwischen ihnen eine Art atypisches Untermietverhältnis entstehen läßt, das durch Beendigung der Lebensgemeinschaft ebenfalls beendet wird. Der Mieter der Wohnung hat freilich auch die Möglichkeit, das Mietverhältnis zu kündigen, was den Vermieter in den Stand setzt, notfalls beide Partner zwangszuräumen. Das ist allerdings ein gefährlicher Weg, denn der Mieter haftet nicht nur auf Rückgabe der Wohnung (§ 546 I BGB), er haftet dem Vermieter auch auf Schadensersatz für den Fall, daß er die Wohnung - wegen des Widerstands des anderen Partners - nicht zurückgeben kann (§§ 275 I, 283 S. 1, 280 I BGB). - 11 d) gemeinsame gemietete Wohnung Das ist die komplizierteste Variante. Hier ist zu unterscheiden: S Im Innenverhältnis der Expartner untereinander hat jeder von ihnen wiederum aus § 749 BGB das Recht, die Aufhebung der Gemeinschaft an der Wohnung zu verlangen. Das bedeutet, daß die Partner wechselseitig verpflichtet sind, daran mitzuwirken, daß das bisherige Mietvertrag aufgehoben wird. Das geht freilich in der Regel nur durch gemeinsame Kündigung oder durch gemeinsamen Abschluß eines Änderungsvertrages mit dem Vermieter. S Im Außenverhältnis zum Vermieter gilt dagegen, daß dieser regelmäßig zu nichts verpflichtet ist. Gegen den Willen des Vermieters, an einer anderen Lösung mitzuwirken wird daher regelmäßig nur der Weg einer von beiden Partnern gemeinsam ausgesprochenen Kündigung möglich sein. Das verpflichtet dann aber auch grundsätzlich beide zum Auszug. Wenn einer der Partner ausgezogen ist und es geschieht schlicht gar nichts, bleiben beide aus dem Mietvertrag verpflichtet. Das bedeutet, daß dem Vermieter gegenüber auch der Ausgezogene weiter für die Miete und alle Nebenkosten haftet, auch für eventuell übernommene Schönheitsreparaturen. Und wenn der Vermieter Schadensersatz für in der Wohnung angerichtete Schäden verlangt, liegt die Beweislast dafür, daß er sie nicht mitverursacht hat, bei dem Ausgezogenen (§ 280 I 2 BGB). Will er aus dieser Situation herauskommen und ist weder der Partner noch der Vermieter zur Mitwirkung bereit, so bleibt nur der steinige Weg eines abgestuften rechtlichen Vorgehens, nämlich zuerst den Partner auf Mitwirkung bei einer Kündigung zu verklagen und erst wenn dieser Prozeß gewonnen ist, kann der ausgezogene Partner den Mietvertrag allein kündigen. Eine gewisse Korrektur dieser prekären Rechtslage nehmen einige Mietgerichte auf der Basis von Treu und Glauben (§ 242 BGB) vor. Sie halten danach einen Vermieter grundsätzlich für verpflichtet, eine einverständliche Regelung der Partner über die Weiternutzung der Wohnung mitzutragen, also einer entsprechenden Vertragsänderung zuzustimmen, es sei denn, er kann sachliche Gründe vortragen, weshalb er hiermit nicht einverstanden ist (z.B. weil der in der Wohnung verbleibende Partner ein zu geringes Einkommen hat, um sich diese auf Dauer leisten zu können). Aber selbst wenn man dem folgen wollte, setzte es doch voraus, daß es eine solche einverständliche Regelung der Partner gibt. 3. Verteilung des Vermögenszuwachses Nicht selten ist bei Beendigung einer Lebensgemeinschaft festzustellen, daß einer der Partner hiervon finanziell in größerem Ausmaß profitiert hat als der andere. Daran knüpft sich die Frage an, ob und wie hier ein finanzieller Ausgleich geschaffen werden kann. Die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft profitieren vom Vermögenszuwachs des anderen dem Grundsatz nach nicht, es sei denn, sie hätten in einem Partnerschaftsvertrag festgelegt, inwieweit sie erzielte Vermögensvermehrungen intern als gemeinschaftliche ansehen und am Ende der Beziehung entsprechend aufteilen wollen. Nur in extrem liegenden Fällen hilft die Rechtsprechung zuweilen dadurch, daß sie einen solchen Vertrag (juristisch gesehen: ein Gesellschaftsvertrag i.S.v. § 705 BGB) als stillschweigend geschlossen annimmt. Das gilt aber keineswegs für den Normalfall. Notwendig sind dazu substantielle Beiträge zur Vermehrung des Vermögens des anderen Partners, die nicht der Förderung oder Aufrechterhaltung des Zusammenlebens gedient haben. Die finanzielle Beteiligung bei der Anschaffung eines Hauses auf den Namen des anderen - 12 Partners kann z.B. einen solchen stillschweigenden Gesellschaftsvertrag bedingen, wenn das Haus mehr als nur der bescheidenen gemeinsamen Lebensführung dient. Dient die Mitarbeit im Erwerbsgeschäft des anderen Partners nur zur Sicherstellung des vielleicht auch eines gehobenen - Lebensstandards, genügt dies nicht, wohl aber, wenn dadurch dieses Erwerbsgeschäft wesentlich erweitert werden soll. Eine andere - noch seltenere - Anspruchsgrundlage kann § 812 I 2, 2. Alt. BGB sein. Das setzt voraus, daß einer der Partner dem anderen eine Leistung erbracht hat, die den erkennbaren Zweck hatte, das Zusammenleben erst in der Zukunft, also nach der dann tatsächlich erfolgten Trennung, sicherzustellen. Wegen der Totalsanierung eines alten Hauses zwecks gemeinsamen Bewohnens kann u.U. ein solcher Anspruch entstehen, nicht jedoch wenn ein Partner immer wieder nur schlichte Reparaturen im Haus bezahlt hat, denn dafür läßt sich ein auf die Zukunft gerichteter Zweck nicht unterstellen. 4. Unterhalt Wenn sich die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft trennen, entstehen hieraus keine Unterhaltsansprüche. Sind in einem Partnerschaftsvertrag Unterhaltspflichten ausdrücklich vereinbart, ist dabei folgendes zu beachten: Uneingeschränkt zulässig ist die Vereinbarung einer Rentenzahlung bei Trennung als Gegenleistung für eine vom Empfänger der Rente während der Partnerschaft erbrachten (bzw. zu erbringenden) Leistung - z.B. die Führung des Haushaltes bei Verzicht auf berufliches Fortkommen. Auch ohne eine solche Gegenleistung kann eine Leibrente einseitig durch Schenkungsversprechen begründet werden. Das muß - wegen § 518 I BGB - aber in notariell beurkundeter Form geschehen, andernfalls ist ein solches Versprechen nach § 125 S. 1 BGB nichtig. Nicht zulässig ist die Begründung wechselseitiger Unterhaltspflichten nach Maßgabe der Bedürftigkeit. Eine solche nachwirkende Solidarpflicht ist ehetypisch. Ein entsprechendes Versprechen ist deshalb als Versuch, eine formlose Ehe zu schließen, unwirksam. Gesetzliche Unterhaltsansprüche können unter außerehelichen Partnern vorkommen, wenn sie gemeinsame Kinder haben. Das Gesetz sieht zwei solche Ansprüche vor: 1. Der Vater muß der Mutter für die Zeit des gesetzlichen Mutterschutzes nach § 1615l I BG Unterhalt leisten, ferner, solange sie durch die Schwangerschaft und Geburt bedürftig ist (§ 1615l II 1 BGB. Meist ist dieser Zeitraum schon durch Lohnfortzahlung und Sozialleistungen abgedeckt. 2. Der das Kind allein betreuende Elternteil hat gegen den anderen Anspruch auf Unterhalt solange er durch die Kinderbetreuung an der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit gehindert ist (§ 1615l II 2, IV BGB). Für die Pflicht zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit gelten die gleichen Kriterien wie unter Ehegatten. Regelmäßig wird es unzumutbar sein, wieder erwerbstätig zu sein, so lange das Kind nicht drei Jahre alt ist. Danach kommt es auf die Zumutbarkeit nicht mehr an, sondern wird Unterhalt nur noch in „besonderen Ausnahmefällen” geschuldet, nämlich wenn es für das Kind eine unbillige Härte darstellen würde, müßte sein betreuender Elternteil arbeiten gehen (§ 1615l II 3 BGB). Das kann zum Beispiel bei einem behinderten Kind der Fall sein. - 13 Für die Bedarfsberechnung ist nach Nr. 18 HammLL die Lebensstellung des Unterhaltsgläubigers entscheidend. Das bedeutet, daß man regelmäßig auf das Nettoeinkommen abstellen muß, daß dieser erzielen könnte, würde er kein Kind betreuen würde, wobei der Erwerbstätigenbonus von 1/7 abgezogen werden muß. Mindestens ist ein Bedarf von € 770 für einen nicht erwerbstätigen, € 890 für einen erwerbstätigen Elternteil anzunehmen. Bei der Frage, ob der Unterhaltsschuldner leistungsfähig ist, ist der angemessene Eigenbedarf bei € 940 bzw. € 1.000 anzusetzen (Nr. 21.3.3 HammLL). Mit Art. 6 I GG wäre es m.E. nicht vereinbar, könnte der außereheliche Partner höheren Unterhalt verlangen als wenn er mit dem anderen verheiratet gewesen wäre. Der an einen getrenntlebenden oder ge Ehegatten in gleicher Lage zu zahlende Unterhalt bildet daher die Obergrenze des Unterhalts aus § 1615l II, IV BGB. III. Verlöbnis A. Rechtsnatur, Zustandekommen Das Verlöbnis ist ein Vertrag, durch den eine wechselseitige Pflicht zur Eingehung der Ehe begründet wird. Es kommt dadurch zustande, daß ein Partner dem anderen die Eheschließung anbietet und der andere dieses Angebot annimmt. Ein bestimmter Termin für die Eheschließung braucht nicht festzustehen. Sie muß nur ernsthaft beabsichtigt sein. Das Verlöbnis ist formfrei gültig. Es ist aber ein höchstpersönliches Rechtsgeschäft. Ein Vertreter - auch der gesetzliche Vertreter - kann nicht für einen der Beteiligten handeln. Ein Bote kann aber eingeschaltet werden, da der Vertragschluß nicht - wie die Eheschließung (§ 1311 S. 1 BGB) zwingend unter Anwesenden stattfinden muß. Auch durch Schriftwechsel kann man sich folglich verloben. Minderjährige können sich nach § 107 BGB nur mit Zustimmung ihres gesetzlichen Vertreters wirksam verloben, denn die Pflicht zur Eheeingehung ist ein Rechtsnachteil, auch wenn sie nicht durchsetzbar ist, da ja an ihre Verletzung dennoch nachteilige Folgen geknüpft werden (s.u.). Ohne vorherige Zustimmung ist das Verlöbnis nach § 108 I BGB schwebend unwirksam. Es kann später durch Genehmigung des gesetzlichen Vertreters (oder nach Erreichen der Volljährigkeit: des Verlobten selbst) wirksam werden. Das ist selbst dann noch möglich, wenn der andere Verlobte inzwischen vom Verlöbnis zurückgetreten ist, dagegen nicht mehr, wenn der andere zum Widerruf nach § 109 I BGB berechtigt war und von diesem Recht Gebrauch gemacht hat. Ob ein Verlöbnis wirksam begründet werden kann, wenn zwischen den Beteiligten ein dauerndes Ehehindernis besteht, ist nicht ganz klar. Schuldrechtliche Verträge sind auch gültig, wenn sie ein unmögliches Ziel gerichtet sind (§ 311a I BGB). Es läßt sich aber auch vertreten, daß ein z.B. auf eine Geschwisterehe gerichtetes Versprechen als gegen ein gesetzliches Verbot verstoßend gemäß § 134 BGB nichtig ist. Jedenfalls erfolgt der Rücktritt von einem solchen Verlöbnis nie ohne wichtigen Grund. Da Versprechen einer Ehe kann auch wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nach § 138 I BGB nichtig sein, so z.B. wenn zwei einander in dem Bewußtsein die Ehe versprechen, daß einer von ihnen noch verheiratet ist. - 14 Das Verlöbnis begründet eine Rechtspflicht zur Eheschließung, allerdings in der Form einer unvollkommenen Verbindlichkeit (d.h., sie ist nicht einklagbar: § 1297 I BGB). Eine Vertragsstrafe kann nicht wirksam vereinbart werden (§ 1297 II BGB). Ansonsten begründet das Verlöbnis - außer vereinzelten erb- und familienrechtlichen Folgen eine lediglich gering ausgeprägte gegenseitige Rücksichtnahmepflicht, die mit der Pflicht zur ehelichen Lebensgemeinschaft nicht annähernd vergleichbar ist. Sie genügt aber z.B., um zur Verhinderung des Selbstmords des andern verpflichtet zu sein. B. Beendigung des Verlöbnisses Das Verlöbnis wird aufgelöst durch S Eheschließung (= Erfüllung entsprechend § 362 I BGB), S Tod eines Verlobten (da das Verlöbnis kein vermögensrechtliches, also auch kein vererbliches Rechtsverhältnis ist - siehe § 1922 I BGB), S einvernehmliche Aufhebung durch Vertrag („Entlobung”), oder S einseitigen Rücktritt. Zurücktreten kann der minderjährige Verlobte auch ohne Zustimmung des gesetzlichen Vertreters. Der Rücktritt als solcher ist ein lediglich vorteilhaftes Geschäft, da er unmittelbar nur auf die Lösung von der Pflicht zur Eheschließung gerichtet ist. Die in §§ 1298 ff. BGB vorgesehenen Folgen sind mittelbare gesetzliche Folgen des Rücktritts. Die Entlobung bedeutet dagegen den Verzicht auf den Eheeingehungsanspruch des anderen (inklusive eventueller Rechte aus §§ 1298 ff. BGB) und ist daher ein Rechtsnachteil, so daß sie von dem minderjährigen Verlobten nur mit Zustimmung des gesetzlichen Vertreters wirksam vorgenommen werden kann. Ob das Verlöbnis wegen Irrtums oder Täuschung (§§ 118 ff. BGB) angefochten werden kann, ist umstritten. Einige Autoren sehen für hierfür kein rechtes Bedürfnis, weil ohnehin der einseitige Rücktritt zulässig sei und die bei der Anfechtung vorgesehene Rückwirkung (§ 142 I BGB) nicht passe. M.E. mag man rechtspolitisch über den Sinn der Anwendung der §§ 118 ff. BGB streiten. Nach dem Gesetz sind sie aber anwendbar, denn §§ 1298 ff. BGB enthalten schwerlich eine abschließende Regelung. C. Folgen der Beendigung des Verlöbnisses 1. Schadensersatz Wer grundlos vom Verlöbnis zurücktritt, schuldet dem anderen Verlobten Schadensersatz (§ 1298 I BGB), in Grenzen auch dessen Eltern oder Personen, die an Eltern Statt gehandelt haben. Nur der Vertrauensschaden ist zu ersetzen, also der Schaden, der durch das Vertrauen auf die Eheschließung entstanden ist, nicht der, der durch deren Unterbleiben entstanden sein mag. Im wesentlichen umfaßt dies: S angemessene Aufwendungen für die Verlobungsfeier, S nutzlos gewordene Aufwendungen für die bevorstehende Hochzeitsfeier, S Kosten für Miete und Einrichtung der (dann nutzlos gewordenen) Ehewohnung. Kein Vertrauensschaden i.S.v. § 1298 BGB sind dagegen Aufwendungen, die durch eine außereheli- - 15 che Lebensgemeinschaft der Verlobten entstanden sind, wenn diese - wie heute meistens - nicht von der späteren Eheschließung abhängig sein sollte. Durch ein solches voreheliches Zusammenleben wird dann nämlich die Ehe nicht vorbereitet, sondern vorweggenommen. Das geschieht für jeden auf eigenes Risiko. Der Verlobte selbst - nicht seine Angehörigen - kann auch einen eventuellen Erwerbsschaden ersetzt verlangen. Das ist heute sehr selten, weil kaum mehr jemand im Hinblick auf eine Eheschließung die Arbeitsstelle aufgibt. Immerhin kann dergleichen einmal vorkommen, wenn die Eheschließung mit einem Ortswechsel einhergehen sollte und eine deswegen schon ausgesprochene Kündigung nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Nach § 1298 III BGB schuldet keinen Schadensersatz, wer einen wichtigen Grund für den Rücktritt hatte. Als wichtige Gründe sind z.B. anerkannt worden: S eigene Krankheiten wie solche des anderen Verlobten, wenn sie für eine Ehe relevant sind (wie z.B. Geschlechtskrankheiten oder zur Unfruchtbarkeit führende Krankheiten), S Untreue, Mißhandlung oder andere Verfehlungen, S Täuschung über persönliche oder Vermögensverhältnisse. Kein wichtiger Grund im Sinne des Gesetzes ist dagegen die Erkenntnis, daß man nicht zusammenpaßt, erlahmte Zuneigung oder ähnliches. Das ist zwar eigentlich der beste Grund, nicht zu heiraten, wenn dergleichen aber unter § 1298 III BGB fiele, gäbe es praktisch keinen grundlosen Rücktritt. Außerdem ist dies ein Risiko, daß man mit dem Verlöbnis bewußt eingeht. Einen wichtigen Grund für den Rücktritt stellt es dagegen dar, wenn nachträglich ein Ehehindernis eingetreten ist. Schadensersatz schuldet ferner, wer dem anderen schuldhaft einen Grund für den Rücktritt geliefert hat (§ 1299 BGB). So schuldet z.B. der untreue Partner Schadensersatz, wenn der andere die Untreue zum Grund nimmt, zurückzutreten. § 1299 BGB ist analog anwendbar, wenn ein Verlobter aus einem wichtigen Grund zurücktritt, den er selbst schuldhaft herbeigeführt hat. Wenn z.B. ein Verlobter sich anläßlich eines Seitensprungs mit HIV infiziert, gibt ihm das zwar einen wichtigen Grund, um vom Verlöbnis zurückzutreten. Er muß aber analog § 1299 BGB dennoch Schadensersatz leisten, weil er seinen eigenen Rücktrittsgrund schuldhaft herbeigeführt hat. § 1298 I BGB gilt analog für einen Verlobten, der auf andere Weise als durch Rücktritt die Verlobung schuldhaft beendet, z.B., indem er den anderen Verlobten fahrlässig oder vorsätzlich tötet. 2. Rückgewähr von Geschenken Bei Auflösung der Verlobung sind Geschenke zurückzugewähren, die der eine Verlobte dem anderen gemacht hat (§ 1301 S. 1 BGB). Das ist ein Sonderfall der condictio ob rem (§ 812 I 2, 2. Alt. BGB). Die näheren Folgen sollen sich auch aus dem Recht der ungerechtfertigten Bereichung ergeben, also aus den §§ 813 ff. BGB. § 1301 S. 1 BGB erfaßt dem Wortlaut nach schematisch alle Geschenke, die die Verlobten sich während der Zeit zwischen Beginn und Ende des Verlöbnisses gemacht haben. Das geht viel zu weit. Richtigerweise ist anzunehme, daß er gegenüber § 812 I 2, 2. Alt. BGB nur die Beweislast umkehrt. - 16 § 1301 S. 1 BGB gilt demnach nicht für Geschenke, die nachweislich ohne Rücksicht auf die künftige Eheschließung gemacht worden sind. § 815 BGB ist nach richtiger Ansicht anwendbar. Wer die Eheschließung absichtlich und in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise vereitelt hat, kann seine Geschenke nicht zurückfordern. Dafür reicht ein normales Fehlverhalten freilich ebensowenig aus wie ein grundloser Rücktritt vom Verlöbnis. Wird die Verlobung durch Tod aufgelöst, schwächt das die Rückgabepflicht stark ab. Es sind dann nur Geschenke zurückzugewähren, von denen der Schenker wollte, daß sie im Todesfall zurückgegeben werden sollen. „Im Zweifel” wird nach § 1301 S. 2 BGB das Gegenteil angenommen. § 1301 BGB gilt nur für das Verhältnis der Verlobten zueinander. Für Geschenke, die ein Dritter den Verlobten gemacht hat, gilt nur § 812 I 2, 2. Alt. BGB. Der Schenker kann nur diejenigen Geschenke zurückfordern, deren für alle erkennbarer Zweck die Förderung der Eheschließung oder des ehelichen Zusammenlebens war. Das scheidet schon aus, wenn sie zumindest auch das voreheliche Zusammenleben fördern sollten. 3. Kurze Verjährung Für die Ansprüche aus §§ 1298 - 1301 BGB gilt eine Verjährungsfrist von zwei Jahren ab dem Tag, an dem das Verlöbnis aufgelöst wurde. Auf die Kenntnis des Anspruchsinhabers von den anspruchsbegründenden Tatsachen kommt es nicht an. IV. Ehe A. Eheschließung 1. Form Die Form der Eheschließung regeln die §§ 1310 bis 1312 BGB. Danach ist erforderlich: S die Erklärung, einander heiraten zu wollen (§ 1310 I 1 BGB); S die Anwesenheit der Erklärenden (keine Eheschließung durch Brief oder Boten); S ihre persönliche Abgabe (keine Einschaltung eines Stellvertreters - § 1311 I 1 BGB); S keine Bedingung oder Zeitbestimmung (§ 1311 I 2 BGB), die Ehe wird vielmehr „auf Lebenszeit geschlossen” (§ 1353 I 1 BGB); S die Abgabe der Erklärung vor dem Standesbeamten (§ 1310 I 1 BGB). Weitere Formalien sind: S die Anmeldung der Eheschließung (§§ 4, 5 PStG); S die Trauformel (§ 1312 I 1 BGB); S die Eintragung in das Heiratsbuch (§ 1312 II BGB); S die Zuständigkeit des Standesbeamten für die Eheschließung (§ 6 II PStG) oder aber das Vorliegen einer Bescheinigung über die Anmeldung beim zuständigen Standesbeamten (§ 6 IV PStG), wenn die Verlobten vor einem unzuständigen Standesbeamten heiraten wollen. - 17 Freigestellt sind den Eheschließenden: S die Anwesenheit von Trauzeugen (§ 1312 I 2 BGB) und S die Erklärung über die Führung eines Ehenamens (§ 6 I 3 PStG). Das alles rechnet zu den Formvorschriften, für die im übrigen gilt: S Heiraten Deutsche im Inland, müssen sie diese Vorschriften einhalten (Art. 13 III 1 EGBGB). S Heiraten Ausländer im Inland, können sie statt dessen auch vor einem hierzu ermächtigten Vertreter ihrer Regierung nach den Vorschriften ihres Heimatrechts heiraten (Art. 13 III 2 EGBGB), nicht jedoch in einer anderen nach ihrem Heimatrecht erlaubten Form (z.B. vor einem Geistlichen). S Für Heiraten im Ausland gilt dagegen Art. 11 I EGBGB: Sie sind wirksam, wenn entweder die am Ort der Eheschließung geltenden Formalien eingehalten sind oder die Formvorschriften des Landes, nach dessen Recht die Ehe insgesamt zu beurteilen ist. Deutsche, die im Ausland heiraten, sind also frei, in der dortigen oder in der deutschen Form zu heiraten. 2. Eheschließungsvoraussetzungen und Ehehindernisse Viele Autoren unterscheiden zwischen Ehevoraussetzungen und Ehehindernissen. In Wirklichkeit ist das jeweils nur eine Frage der (positiven oder negativen) Formulierung. Die Einteilung ist demnach ziemlich willkürlich. Von mir wird daher beides gemeinsam behandelt. Das Gesetz gliedert auf in Ehefähigkeit (§§ 1303, 1304 BGB) und Eheverbote (§§ 1306 1308 BGB). Im einzelnen gilt: Ehemündig ist, wer volljährig ist (§ 1303 I 1 BGB). Ausnahmsweise kann trotz Eheunmündigkeit heiraten, wer S das 16. Lebensjahr vollendet hat, S einen volljährigen Partner heiratet, und S vom Familiengericht auf seinen Antrag vom Erfordernis der Ehemündigkeit befreit worden ist (§ 1303 II BGB). Das Familiengericht soll von diesem Erfordernis nicht befreien, wenn der gesetzliche Vertreter oder ein sonst zur Personensorge Berechtigter der Eheschließung widerspricht und hierfür triftige Gründe angeben kann (§ 1303 III BGB). Die Eheschließung erfordert aber keine Mitwirkung des gesetzlichen Vertreters (§ 1303 IV BGB). Gesetzlicher Vertreter sind bei gemeinsamem Sorgerecht nur beide Eltern gemeinsam. Ein Widerspruch nur eines Elternteils ist jedoch deshalb beachtlich, weil jedem Elternteil die Personensorge zusteht. Die Befreiung nach § 1303 II BGB ist deshalb schon dann zu verweigern, wenn auch nur ein Elternteil mit triftigen Gründen widerspricht. Sonst lehnt das Familiengericht die Befreiung ab, wenn es der Auffassung ist, daß der Minderjährige die nötige Reife für eine Eheschließung nicht hat. Dazu muß das Jugendamt angehört werden (§ 49a I Nr. 1 FGG). Nach § 1304 BGB ist ferner Geschäftsfähigkeit für die Eheschließung notwendig. Geschäftsunfähig ist nach § 104 I BGB, wer S noch nicht 7 Jahre alt ist oder S sich in einem die freie Willensbestimmung nicht nur vorübergehend ausschließenden Zustand - 18 krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet. Es kommt hier auf die Ehegeschäftsfähigkeit an, d.h. auf die Fähigkeit, gerade die Bedeutung einer Ehe zu erkennen und nach dieser Erkenntnis zu handeln. Verboten ist nach § 1306 BGB die Doppelehe (und zwar für beide Seiten, was wegen Art. 13 I EGBGB von Bedeutung ist). Sie ist nach § 172 StGB außerdem unter Strafe gestellt. Zu beachten ist hierzu § 1319 II BGB: Wird jemand fälschlich für tot erklärt, löst das seine Ehe nicht auf. Wenn nun der andere Ehegatte wieder heiratet, ist das eigentlich eine von § 1306 BGB verbotene Doppelehe. § 1319 II BGB besagt jedoch, daß das nur gilt, wenn beide Eheschließenden wußten, daß der für tot Erklärte noch lebt. Sonst ist die neue Eheschließung gültig. Statt dessen wird durch sie die alte Ehe aufgelöst. Auch das Bestehen einer Lebenspartnerschaft bei einem der Eheschließenden ist für beide ein Ehehindernis. Enge Verwandte dürfen einander nicht heiraten (§ 1307 S. 1 BGB). Verboten ist das bei Verwandtschaft in gerader Linie (vgl. zu diesem Begriff § 1589 S. 1 BGB) und zwischen voll- und halbbürtigen Geschwistern. Maßgeblich ist die Blutsverwandtschaft (§ 1307 S. 2 BGB). Deshalb muß, wer als Kind adoptiert worden ist, bei der Anmeldung zur Eheschließung eine Abstammungsurkunde vorlegen (§ 5 I PStG), eine Geburtsurkunde genügt nicht. Nicht die Eheschließung, wohl aber der Geschlechtsverkehr unter Verwandten gerader Linie und unter Geschwistern ist nach § 173 StGB strafbar. Auch Adoptivverwandtschaft steht nach § 1308 I 1 BGB einer Eheschließung im Wege. Die Grenzen sind die gleichen wie unter Blutsverwandten. Vom Verbot der Eheschließung unter Adoptivgeschwistern kann das Familiengericht auf Antrag eines der Geschwister Befreiung erteilen (§ 1308 II BGB). Adoptivverwandte in gerader Linie dagegen müssen die Aufhebung der Adoption erreichen, damit sie einander heiraten können (vgl. § 1308 I 2 BGB). Weil sich die Ehevoraussetzungen und Eheverbote für jeden der Verlobten gemäß Art. 13 I EGBGB nach seinem Heimatrecht richten, das der deutsche Standesbeamte bei Ausländern regelmäßig nicht kennen wird, benötigen Ausländer, die in Deutschland heiraten wollen, ein Ehefähigkeitszeugnis, das von den Behörden ihres Heimatlandes ausgestellt sein muß (§ 1309 I BGB). Von diesem Erfordernis kann der Präsident des Oberlandesgerichts Befreiung erteilen (§ 1309 II BGB). Das tut er, wenn S dem Antragsteller die Beibringung eines Ehefähigkeitszeugnis unmöglich oder unzumutbar ist, und S die Prüfung seines Heimatrechts ergeben hat, daß keine Ehehindernisse bestehen. Deswegen ist diese Befreiung auch beim Oberlandesgericht angesiedelt. Die Oberlandesgerichte haben nämlich „IPR-Senate”, die sich mit der Anwendung ausländischen Rechts besonders auskennen. In sehr kniffligen Fällen muß das Oberlandesgericht ein Gutachten zum Inhalt des ausländischen Rechts, z.B. beim Max-Planck-Institut für internationales und ausländisches Privatrecht in Hamburg einholen. Das kann dann die Eheschließung allerdings um Jahre hinausschieben. Nach der „Für sie”-Entscheidung des BVerfG darf aber nicht jedes ausländische Ehehindernis in Deutschland beachtet werden. Hindernisse, die keinen ausreichenden sachlichen Grund haben, den - 19 wir auch im Inland anerkennen, verstoßen gegen das Grundrecht auf Eheschließungsfreiheit und sind gemäß Art. 6 EGBGB in Deutschland unanwendbar. Schließlich ist auch Gleichgeschlechtlichkeit ein Ehehindernis. Für Personen gleichen Geschlechts gibt es stattdessen die Lebenspartnerschaft. 3. Fehlerhafte Ehe a) Allgemeines Eine Eheschließung ist fehlerhaft, wenn eine Formvorschrift mißachtet wurde, eine Ehevoraussetzung nicht vorgelegen bzw. ein Ehehindernis bestanden oder die Eheschließungserklärung unter einem Willensmangel gelitten hat, den § 1314 Abs. 2 BGB für beachtlich erklärt. Das Familienrecht bestimmt abschließend, welche Rechtsfolgen welcher Fehler nach sich zieht. Die Vorschriften aus dem allgemeinen Teil über Nichtigkeit und Anfechtung von Rechtsgeschäften gelten für die Eheschließung nicht. Die Fehler kann man nach den Folgen, die sie nach sich ziehen, in drei Gruppen unterteilen, nämlich: 1. Nichtigkeitsgründe, die die Ehe vollkommen unwirksam machen (dazu S. 19), 2. Aufhebungsgründe, die die Ehe gültig sein lassen, aber Grund ihrer späteren Aufhebung durch Urteil sein können (dazu S. 20), und 3. Verstöße gegen Sollvorschriften, die die Wirksamkeit der Ehe überhaupt nicht berühren. b) Sollvorschriften Der Standesbeamte muß vor der Eheschließung die Einhaltung aller Formalien gewissenhaft prüfen. Einigen mißt das Gesetz aber so wenig Bedeutung bei, daß es folgenlos bleibt, wenn er die Eheschließung vornimmt, obwohl sie nicht eingehalten sind. Eine solche Ehe ist voll gültig. Sie kann allenfalls später geschieden werden, wenn sie gescheitert ist (dazu unten S. 52). Fehler dieser Art sind S eine bestehende Adoptivverwandtschaft der Ehegatten, S ein fehlendes Ehefähigkeitszeugnis, S die Nichteinhaltung der Vorschriften des § 1312 BGB oder der §§ 4 bis 6 PStG (also z.B. die Verwendung einer falschen Trauformel oder das Unterlassen einer vorherigen Anmeldung der Eheschließung oder auch die unterlassene Eintragung ins Heiratsbuch, wenn sie nicht wegen § 1310 II BGB ausnahmsweise zur Heilung der Nichtigkeit erforderlich ist). B. Ehenichtigkeit und ihre Folgen 1. Nichtigkeitsgründe Nichtigkeitsgründe sind: S Verstöße gegen § 1310 I 1 BGB, S Gleichgeschlechtlichkeit der Partner und S die Eheschließung mit einem Kind (siehe unten S. 21). 2. Heilung von nichtigen Ehen Ehen mit oder zwischen Kindern und zwischen Gleichgeschlechtlichen sind unheilbar nichtig. Eine Eheschließung, die nicht vor dem Standesbeamten stattgefunden hat, kann dagegen unter Um- - 20 ständen später geheilt werden. Das Gesetz unterscheidet zwei Fälle: Haben die Eheleute vor einer Person geheiratet, die sie für den Standesbeamten hielten (Scheinstandesbeamter), wird die Ehe wirksam, wenn diese Person sie in das (echte) Heiratsbuch einträgt (§ 1310 II BGB). Damit soll verhindert werden, daß sich Fehler bei der Ernennung eines Mitarbeiters zum Standesbeamten auf die vor ihm geschlossenen Ehen auswirken. Es kommt nur darauf an, daß die Eheschließenden gutgläubig sind. Es schadet nicht, wenn der Scheinstandesbeamte sich bewußt wahrheitswidrig als Standesbeamter ausgegeben hat. Haben die Eheleute vor irgendeiner anderen Person geheiratet, wird die Ehe wirksam, wenn sie in der in § 1310 III BGB beschriebenen Weise in eine öffentliche Urkunde (z.B. die Geburtsurkunde eines gemeinsamen Kindes) aufgenommen worden ist und die Eheleute danach zehn Jahre zusammengelebt haben. Stirbt einer von ihnen während des Zusammenlebens, tritt die Heilungswirkung in der juristischen Sekunde vor seinem Tod ein, wenn das Zusammenleben mindestens fünf Jahre gedauert hat. Relevant ist nur das Zusammenleben nach dem fristauslösenden Ereignis. Unerheblich ist, wie lange die Eheleute vorher schon zusammengelebt haben. 3. Feststellung der Nichtigkeit und ihre Folgen Die Nichtigkeit der Ehe braucht nicht besonders festgestellt werden. Liegt ein Nichtigkeitsgrund vor, ist die Ehe von Anfang an unwirksam. Jeder der Ehegatten, aber auch jeder Außenstehende, für den es von Bedeutung ist, kann sich ohne weiteres auf die Nichtigkeit berufen. Ist unklar, ob die Ehe nichtig ist, kann beim Familiengericht eine Klage auf Feststellung des Bestehens (oder Nichtbestehens) der Ehe erhoben werden (vgl. § 606 I 1 ZPO). Die nichtige Ehe entfaltet überhaupt keine Rechtsfolgen. Die Partner werden behandelt wie Fremde. Haben sie tatsächlich als Mann und Frau zusammengelebt, wird die Gemeinschaft nach denselben Regeln auseinandergesetzt, die für die nichteheliche Lebensgemeinschaft gelten. C. Eheaufhebung und ihre Folgen Eine aufhebbare Ehe ist zunächst wirksam. Sie kann jedoch ohne Scheidung in einem besonderen Verfahren durch Aufhebungsurteil des Familiengerichts aufgelöst werden. Die Auflösung der aufhebbaren Ehe hat keine Rückwirkung. Die Ehegatten sind bis zur Rechtskraft des Aufhebungsurteils miteinander verheiratet (§ 1313 S. 2 BGB). So lange sie zusammenleben, entfaltet die aufhebbare Ehe die gleichen Wirkungen wie jede andere Ehe (vgl. unten S. 27 ff.). Auch die Regeln für das Getrenntleben sind dieselben wie bei einer in jeder Hinsicht wirksamen Ehe (vgl. unten S. 37 ff.). 1. Aufhebungsgründe Aufhebungsgründe sind: S Verstöße gegen die in § 1311 BGB enthaltenen Formvorschriften, S Geschäftsunfähigkeit, S fehlende Ehemündigkeit, S Doppelehe und bestehende Lebenspartnerschaft, S Blutsverwandtschaft, S die in § 1314 Abs. 2 BGB aufgeführten Willensmängel. Bei der Eheschließung durch Minderjährige ist m.E. zu unterscheiden: - 21 Die Ehe eines Jugendlichen ist lediglich aufhebbar (§ 1314 I BGB). Auch wenn eine Befreiung nach § 1303 II BGB ausgeschlossen war, weil beide Ehegatten minderjährig oder einer von ihnen noch nicht 16 Jahre alt war, führt das nur dazu, daß die Heilung der Ehe vor Eintritt der Volljährigkeit beider Ehegatten nicht möglich ist (vgl. § 1315 I 1 Nr. 1 BGB). Insoweit wird man an dem klaren Wortlaut dieser Normen nicht vorbeikommen. Für die Eheschließung eines Kindes kann dasaber nicht gelten, denn die gesetzliche Folge, daß die Ehe bis zur Aufhebung voll wirksam ist, ist mit dem Verfassungsgebot des Schutzes von Kindern vor gravierenden Gefahren für ihre Entwicklung (Art. 6 II 2 BGB) schlechterdings unvereinbar. Daher ist die Ehe mit einem Kind oder zwischen Kindern unheilbar nichtig. Nicht ganz klar ist, welche Altersgrenze hierfür angenommen werden muß. Manches (z.B. § 176 StGB) spricht dafür, diese bei 14 Jahren zu ziehen. Z.T. wird aber auch angenommen, daß Ehen mit Personen unter 15 Jahren als Kinderehen nichtig sind. Diese Altersgrenze entspricht einer internationalen Übereinkunft über das Mindestheiratsalter. Eine Ehe, die im Zustand der Bewußtlosigkeit oder vorübergehenden Störung der Geistestätigkeit (z.B. im Vollrausch) geschlossen wurde, ist nach § 1314 II Nr. 1 BGB aufhebbar. Aufhebbar ist die Ehe ferner, wenn einer der Ehegatten nicht gewußt hat, daß es sich um eine Eheschließung handelt, also einem Inhaltsirrtum unterlag (§ 1314 II Nr. 2 BGB). Anfechtbar ist eine Ehe, die auf einer arglistigen Täuschung des einen durch den anderen Ehegatten beruht. Die Täuschung muß nach § 1314 II Nr. 3 BGB in einem doppeltem Sinn für die Eheschließung kausal geworden sein. Denn erstens muß feststehen, daß der Getäuschte die Ehe nicht geschlossen hätte, wenn er die Wahrheit gewußt hätte (subjektive Kausalität). Zweitens muß der Umstand, über den getäuscht wurde, einer sein, der geeignet war, auch einen objektiver Beobachter (nämlich: mit einer verständigen Auffassung vom Wesen der Ehe) von der Eheschließung abzuhalten (objektive Kausalität). Schließlich erklärt das Gesetz die Täuschung über Vermögensverhältnisse für in jedem Fall unbeachtlich. Durch Unterlassen täuscht, wer die Pflicht zur Offenbarung eines wichtigen Umstandes verletzt. Diese Pflicht besteht für alle Umstände, die für die Entscheidung zur Eheschließung erkennbar von grundlegender Bedeutung sind. Das wird zum Beispiel für die Infektion mit einer durch sexuelle Handlungen übertragbaren Krankheit angenommen. Aber auch, ob - und ggf. von wem - die Frau schwanger ist, gehört zu den offenbarungspflichtigen Umständen. Da das nach der Ehe geborene Kind von der Rechtsordnung ohne weiteres dem Ehemann zugeordnet wird (§ 1592 Nr. 1 BGB), muß die Frau es sogar schon offenbaren, wenn sie nur mit der Möglichkeit rechnet, daß das Kind nicht von ihrem Verlobten stammt. Auch eine Neigung zu homosexuellen Handlungen ist offenbarungspflichtig. Arglist setzt Vorsatz voraus. Bedingter Vorsatz genügt allerdings. Auch wer die Unwahrheit seiner Behauptung zwar nicht kennt, aber mit ihr rechnet, täuscht arglistig. Hat ein Außenstehender die Täuschung begangen, macht das die Ehe nur aufhebbar, wenn der andere Ehegatte davon gewußt hat. Die Ehe ist aufhebbar, wenn ein Ehegatte durch widerrechtliche Drohung dazu gebracht wurde, sie zu schließen (§ 1314 II Nr. 4 BGB). Im Unterschied zur Täuschung genügt es hier auch, wenn ein Außenstehender den einen Verlobten ohne Wissen des anderen (oder auch beide) bedroht hat. - 22 Widerrechtlich ist die Drohung, wenn sie entweder mit einem verbotenen Mittel (z.B. der Androhung einer Straftat) vorgenommen wird, oder das Mittel zwar grundsätzlich erlaubt, der Einsatz des Mittels zur Herbeiführung einer Ehe aber als verwerflich anzusehen ist. Das ist z.B. schon in einem Fall angenommen worden, in dem der Vater seinem Sohn die Enterbung für den Fall angdroht hat, daß er eine bestimmte Frau nicht heiratet. Aufhebbar ist schließlich eine Ehe, die nur zum Schein geschlossen worden ist. Eine Scheinehe schließen Ehegatten, wenn beide bei der Eheschließung beabsichtigen, keine eheliche Lebensgemeinschaft aufzunehmen. Schon die Absicht, als Ehegatten zusammenzuleben, schließt die Annahme einer Scheinehe aus, auch wenn die Verwirklichung der Absicht unrealistisch ist (z.B. bei der Heirat mit einem zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilten Massenmöder). 2. Heilung von aufhebbaren Ehen §§ 1315 BGB enthält eine sehr differenzierte Regelung zur Heilung von aufhebbaren Ehen. Die Heilung bewirkt, daß die Aufhebung danach nicht mehr verlangt werden kann. a) Zeitablauf Eine Heilung durch reinen Zeitaublauf ist für Verstöße gegen § 1311 BGB vorgesehen: Sie werden gemäß § 1315 II Nr. 2 BGB durch fünfjähriges Zusammenleben geheilt. Drei Jahre genügen, wenn die Ehegatten bis zum Tod zusammengelebt haben. Zwar kann nach dem Tod die Aufhebung ohnehin nicht mehr beantragt werden (§ 1317 III BGB), es ist aber nach § 1318 V BGB unter Umständen für das Erbrecht des überlebenden Ehegatten wichtig, ob die Ehe beim Tod des anderen aufhebbar war oder nicht. Für die Aufhebung wegen Irrtums, arglistiger Täuschung und Drohung gilt außerdem nach § 1317 I 1 BGB, daß sie nur innerhalb eines Jahres nach Wegfall des Willensmangels beantragt werden kann. Da in diesen Fällen auch nur der von dem Willensmangel betroffene Ehegatte antragsberechtigt ist, bewirkt der Ablauf der Antragsfrist ebenfalls die Heilung der Ehe. Wenn der Antragsberechtigte geschäftsunfähig ist, kann an seiner Stelle sein gesetzlicher Vertreter den Antrag stellen (§ 1316 II 1 BGB). Dann beginnt die Frist erst, wenn dieser Kenntnis von den maßgeblichen Umständen erlangt (§ 1317 I 2 BGB). Außerdem läuft für den Ehegatten eine neue Antragsfrist, wenn er später die Geschäftsfähigkeit wiedererlangt (§ 1317 II BGB). b) Bestätigung Alle Aufhebungsgründe, die darauf beruhen, daß einer der Eheschließenden in seiner freien Willensbildung beeinträchtigt war, verlieren ihre Berechtigung, wenn dieser Ehegatte nach Wiedererlangung der vollen Willenskraft deutlich macht, daß er an der geschlossenen Ehe festhalten möchte. Die von einem Minderjährigen geschlossene Ehe wird darum geheilt, wenn dieser sie als Volljähriger bestätigt (§ 1315 I 1 Nr. 1, 2. Alt. BGB). Die von einem Geschäftsunfähigen geschlossene Ehe wird geheilt, wenn er sie nach Wiedererlangung der Geschäftsfähigkeit bestätigt (§ 1315 I 1 Nr. 2 BGB). Dasselbe gilt, wenn ein Ehegatte die Ehe im Zustand vorübergehender Unzurechnungsfähigkeit geschlossen hat (§ 1315 I 1 Nr. 3 BGB). Schließlich wird die Ehe, die wegen Irrtums, arglistiger Täuschung oder Drohung aufhebbar ist, geheilt, wenn der sich Irrende, Getäuschte oder Bedrohte sie bestätigt, nachdem er seinen - 23 Irrtum bemerkt bzw. die Zwangslage, in der er sich bei der Eheschließung befunden hat, weggefallen ist (§ 1315 I 1 Nr. 4 BGB). Bestätigt wird eine Ehe dadurch, daß der Ehegatte, auf dessen Bestätigung es ankommt, nach außen zu erkennen gibt, daß er die Ehe fortsetzen will. Er muß zeigen, daß er die Ehe als gelebte Gemeinschaft will. Es reicht nicht, wenn er den Bestand der Ehe anerkennt, aber eine Lebensgemeinschaft ablehnt. Das Verlangen von Trennungsunterhalt stellt daher z.B. keine Bestätigung der Ehe dar. Die Bestätigung ist kein Rechtsgeschäft. Ein Erklärungsbewußtsein ist daher nicht erforderlich. Der Bestätigende muß darum auch nicht gewußt haben, daß seine Ehe aufhebbar ist. Die Bestätigung ist allerdings eine geschäftsähnliche Handlung und setzt Geschäftsfähigkeit voraus (§ 1315 I 2 BGB). Ein Minderjähriger kann die Ehe nur mit Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters wirksam bestätigen (§ 1315 I 3, 1. Hs. BGB), wobei das Familiengericht diese Zustimmung ersetzen kann, wenn der gesetzliche Vertreter sie grundlos verweigert (§ 1315 I 3, 2. Hs. BGB). c) Nachträgliche Beseitigung eines Ehehindernisses Nur in zwei Fällen wird eine Ehe ohne weiteren Willensakt der Ehegatten allein dadurch geheilt, daß ein ursprünglich bestehendes Ehehindernis später wegfällt: Die von einem Minderjährigen geschlossene Ehe wird nach § 1315 I 1 Nr. 1, 1. Alt. BGB geheilt, wenn das Familiengericht ihn nachträglich vom Erfordernis der Ehemündigkeit befreit. Das geht allerdings nur, wenn die Voraussetzungen für die Befreiung (§ 1303 II BGB) schon bei der Eheschließung vorgelegen haben. Es genügt nicht, wenn sie zum Zeitpunkt der Befreiung vorliegen. War bei der Eheschließung ein Ehegatte erst 15 Jahre alt, kommt eine Heilung nach § 1315 I 1 Nr. 1, 1. Alt. BGB folglich nicht in Betracht, auch nicht, nachdem der Ehegatte 16 geworden ist. Die Ehe bleibt bis zum 18. Geburtstag aufhebbar. (Danach kommt eine Heilung durch Bestätigung nach § 1315 I 1 Nr. 1, 2. Alt. BGB in Frage). Eine Doppelehe stellt normalerweise einen so gewichtigen Verstoß gegen die Sittenordnung dar, daß sie grundsätzlich zur unheilbaren Aufhebbarkeit der Ehe führt. Die später geschlossene Ehe bleibt aufhebbar, auch wenn die frühere Ehe durch Tod oder Scheidung aufgelöst oder später ihrerseits aufgehoben wird. Hiervon macht § 1315 II Nr. 1 BGB nur eine einzige Ausnahme: Wenn zum Zeitpunkt der späteren Eheschließung bereits ein Urteil existierte, in dem die Scheidung oder Aufhebung der früheren Ehe ausgesprochen wurde, wird die spätere Ehe durch Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils geheilt. Da die Lebenspartnerschaft schon wegen Art. 6 I GG nicht stärker als die Ehe geschützt sein kann, dürfte § 1315 II Nr. 1 BGB für sie entsprechend gelten. d) Herstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft Eine Scheinehe ist nach § 1315 I 1 Nr. 5 BGB geheilt, wenn die Ehegatten die eheliche Lebensgemeinschaft - gegen ihre ursprüngliche Absicht - tatsächlich herstellen. Dafür genügt - anders als für die Bestätigung - die bloße Absicht des Zusammenlebens nicht. e) Eheauflösung durch Tod oder Scheidung Schließlich ist die Aufhebung einer Ehe ausgeschlossen, wenn sie schon anderweitig - also durch Tod oder Scheidung - aufgelöst ist (§ 1317 III BGB). Wer den Eintritt der Scheidungsfolgen verhindern - 24 will, muß den Aufhebungsantrag daher vor Schluß der mündlichen Verhandlung im Scheidungsverfahren stellen. Bis dahin hilft ihm § 631 II 2 ZPO: Wird in demselben Verfahren Scheidung und Aufhebung der Ehe beantragt, muß das Gericht über den Aufhebungsantrag zuerst entscheiden. 3. Aufhebungsverfahren Die Aufhebung erfordert einen Antrag beim Familiengericht. Das dortige Verfahren richtet sich im wesentlichen nach denselben Vorschriften wie bei einer Scheidung (§ 631 ZPO). Besonderheiten können sich daraus ergeben, daß am Aufhebungsverfahren Dritte beteiligt sind. Wer antragsberechtigt ist, richtet sich nach der Art des Aufhebungsgrundes: S Die Aufhebungsgründe des § 1314 II Nr. 2 bis 4 BGB (Irrtum, arglistige Täuschung, Drohung) bezwecken nur den Schutz des von dem Willensmangel betroffenen Ehegatten. Konsequenterweise kann dann auch nur dieser den Antrag stellen (§ 1316 I Nr. 2 BGB). S Die anderen Aufhebungsgründe stellen alle zugleich einen Verstoß gegen die Sittenordnung dar. Deshalb können beide Ehegatten und die zuständige Verwaltungsbehörde die Aufhebung beantragen (§ 1316 I Nr. 1 S. 1 BGB). Welche Verwaltungsbehörde zuständig ist, wird durch Rechtsverordnung der Bundesländer geregelt (§ 1316 I Nr. 1 S. 2, 3 BGB). In NordrheinWestfalen ist die Bezirksregierung Köln für die Regierungsbezirke Köln und Düsseldorf, die Bezirksregierung Arnsberg für die Regierungsbezirke Arnsberg, Detmold und Münster zuständig. S Die Doppelehe schließlich stellt außerdem auch einen Eingriff in die Rechte des anderen Ehegatten der früheren Ehe dar. Daher ist auch dieser antragsberechtigt. Die Verwaltungsbehörde ist zur Antragstellung nicht nur berechtigt, sondern (außer für den Fall der Eheschließung durch Minderjährige) grundsätzlich auch verpflichtet (§ 1316 III BGB). Sie darf nur davon absehen, wenn die Aufrechterhaltung der Ehe zur Vermeidung einer besonderen Härte ausnahmsweise geboten ist. Das wird bei Doppel- oder Geschwisterehen kaum in Frage kommen. Für einen geschäftsunfähigen Ehegatten kann sein gesetzlicher Vertreter die Aufhebung beantragen (§ 1316 II 1 BGB). Er benötigt dazu die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts (§ 607 II 2, 2. Hs. BGB). Ein minderjähriger Ehegatte kann dagegen den Antrag nur selbst stellen. Er benötigt dazu die Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters (§ 1316 II 2 BGB). Obwohl die Eheschließung mit einem Minderjährigen in die Erziehungsbefugnis seiner Eltern nicht nur eingreift, sondern diese zum Teil sogar zum Erlöschen bringt (§ 1633 BGB), können diese die Aufhebung weder selbst beantragen, noch den minderjährigen Elternteil dabei vertreten. Da außerdem § 1316 III BGB nicht gilt, also auch die Verwaltungsbehörde nicht zur Antragstellung gezwungen werden kann, erscheint es mir zweifelhaft, ob dies mit Art. 6 II 1 GG vereinbar ist. Das Verfahren ist im übrigen dasselbe wie bei der Scheidung der Ehe (vgl. dazu unten S. 54). 4. Aufhebungsfolgen Die Folgen der Eheaufhebung sind in § 1318 BGB geregelt. Der Aufbau dieser Norm ist völlig verunglückt: Das beginnt schon damit, daß § 1318 V BGB etwas völlig anderes regelt als der Rest der Vorschrift. Während es in Abs. 1 bis 4 darum geht, welche Folgen die Aufhebung der Ehe hat, regelt - 25 Abs. 5, unter welchen Umständen schon ihre Aufhebbarkeit das Erbrecht des überlebenden Ehegatten (§ 1931 BGB) entfallen läßt, denn daß dieses Erbrecht spätestens mit der Aufhebung wegfällt (nach § 1933 S. 2 BGB manchmal sogar schon mit der Antragstellung), ist ohnehin klar. Abs. 5 hätte in einen gesonderten Paragraphen gehört. § 1318 I BGB bestimmt dann zunächst, daß die Folgen der Aufhebung dieselben wie die einer Scheidung sind, wenn die Abs. 2 bis 4 dies anordnen. Der Umkehrschluß aus § 1318 I BGB müßte dann eigentlich der sein, daß ansonsten sämtliche Ehewirkungen mit Rechtskraft des Aufhebungsurteils ersatzlos wegfallen. Wahrscheinlich ist das aber so nicht gemeint, sondern soll nur heißen, daß die in den Abs. 2 bis 4 erwähnten Scheidungsfolgen nicht eintreten, wenn diese Absätze das nicht vorsehen. Denn § 1318 BGB befaßt sich ersichtlich nur mit den vermögensrechtlichen Folgen der Eheaufhebung, nicht mit der zeitlichen Reichweite der allgemeinen Ehewirkungen. a) Ehename Da § 1355 V BGB die Eheaufhebung nicht erwähnt, ist gesetzlich völlig ungeregelt, welche Folge die Aufhebung der Ehe für den Ehenamen hat. Diese Lücke im Gesetz muß durch Rechtsfortbildung geschlossen werden. Vor der Reform des Eheschließungsrechts im Jahre 1998 ist § 1355 V BGB auch auf die Eheaufhebung angewendet worden. Damals bestimmte § 37 I EheG, daß die nichtvermögensrechtlichen Folgen einer Eheaufhebung denen einer Scheidung entsprechen. Es spricht wenig dafür, daß der Gesetzgeber beabsichtigt hat, dies zu ändern. Es dürfte daher richtig sein, auf die Aufhebung der Ehe § 1355 V BGB nunmehr analog anzuwenden. Die Alternative bestünde darin, anzunehmen, mit der Aufhebung der Ehe würde der Ehename kraft Gesetzes entfallen. Das wäre aber etwas, was in das System des deutschen Namensrechts nicht passen würde. Denn während der Ehe hatte der Ehename ja Bestand und sämtliche anderen Vorschriften des Namensrechts folgen dem Prinzip, daß einer Person von über fünf Jahren ein Name, den sie einmal zu Recht getragen hat, nicht mehr ohne ihre Mitwirkung entzogen werden kann. b) Hausrat und Ehewohnung Die Verteilung des Hausrats und der Ehewohnung erfolgt nach § 1318 IV BGB wie bei der Scheidung (vgl. unten S. 55). Der Katalog der in das richterliche Ermessen einzustellenden Umstände (vgl. dazu § 2 S. 2 HausratsVO) wird dabei jedoch um die Umstände der Eheschließung erweitert. Der Richter kann also z.B. bei der Zuteilung der Haushaltsgegenstände (§ 8 I HausratsVO) berücksichtigen, daß ein Ehegatte durch arglistige Täuschung zur Aufgabe seines eigenen Haushalts gedrängt worden ist. Wird die Ehe wegen Doppelehe aufgehoben, sind bei der Verteilung des Hausrats und der Zuteilung der Ehewohnung außerdem auch die Interessen des anderen Ehegatten der früheren Ehe zu berücksichtigen. c) Güterrecht § 1318 III BGB bestimmt, daß die §§ 1363 bis 1390 BGB entsprechend anwendbar sind, wenn dies nicht mit Rücksicht auf die Umstände der Eheschließung oder - bei der Doppelehe - die Interessen des anderen Ehegatten grob unbillig wäre. Auch das kann nicht so gemeint sein, wie es da steht, denn es würde ja bedeuten, daß die Vorschriften über die Zugewinngemeinschaft insgesamt nur Anwendung finden, wenn es nicht grob unbillig wäre, sie anzuwenden, dann aber - wohl - ohne Rücksicht darauf, ob die Ehegatten überhaupt im gesetzlichen Güterstand gelebt haben. Richtigerweise ist die Verweisung so zu verstehen, daß der Zugewinnausgleich nach den - 26 gleichen Vorschriften wie bei einer Scheidung stattfindet (dazu unten S. 57), falls seine Durchführung nicht grob unbillig wäre. Das wird man freilich nicht beurteilen können, wenn man nicht zunächst einmal berechnet hat, zu wessen Gunsten der Zugewinnausgleich ausfiele, falls er durchgeführt würde. Die Verweisung in § 1318 III BGB ist daher viel zu weit formuliert. Sie betrifft in Wahrheit nur die §§ 1363 II 2, 1372 bis 1384 und §§ 1389, 1390 BGB. Die §§ 1363 I, II 1, 1364 bis 1370 und §§ 1385 bis 1389 BGB betreffen die Zeit während der Ehe und gelten für die aufhebbare Ehe schon deshalb, weil sie bis zur Aufhebung voll wirksam ist. Wann § 1371 BGB für die aufhebbare Ehe, die durch Tod aufgelöst wird, gilt, dürfte sich nach § 1318 V BGB richten. § 1318 III BGB regelt nicht, was geschieht, wenn die aufhebbare Ehe einem Vertragsgüterstand unterlag. Für die Gütertrennung ist das kein Problem. Bei ihr findet eine spezifisch familienrechtliche Vermögensauseinandersetzung nicht statt. Was geschieht, wenn die Eheleute aber Gütergemeinschaft vereinbart haben, regelt § 1318 III BGB nicht. Nach der Grundregel des § 1318 I BGB findet demnach die Auseinandersetzung der Gemeinschaft nach den gewöhnlichen Regeln der §§ 1471 ff. BGB statt. In Extremfällen kommt wohl allerdings auch eine Rückabwicklung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage des Ehevertrages (entsprechend § 313 III 2 BGB) in Frage. d) Unterhalt Zur Vermeidung von Mißverständnissen muß vorausgeschickt werden, daß die aufhebbare Ehe bis zur Rechtskraft des Aufhebungsurteils voll gültig ist und dieselben Unterhaltsansprüche wie eine voll gültige Ehe auslöst. Es gelten die §§ 1360 - 1361 BGB. Insbesondere wird auch in einer aufhebbaren Ehe Trennungsunterhalt geschuldet (dazu im einzelnen unten S. 40 ff.). Unter Umständen kann der Aufhebungsgrund allerdings ein Härtegrund für die Herabsetzung des Trennungsunterhalt nach §§ 1361 III, 1579 Nr. 6 oder 7 BGB sein (zu diesen Gründen i.Ü. unten S. 64). Für den Unterhalt nach der Aufhebung gilt eine Regelung, die nach den Aufhebungsgründen, nach der Gutgläubigkeit der Ehegatten und nach der Situation des Unterhaltsbedürftigen unterscheidet: § 1318 I 1 BGB gibt einem Ehegatten nach der Eheaufhebung in bestimmten Fällen die gleichen Ansprüche wie nach einer Ehescheidung. Der Unterhaltsanspruch richtet sich dann nach den §§ 1569 ff. BGB, sowohl was den Grund als auch was die Höhe angeht (dazu unten S. 60 ff.). Wird die Ehe wegen Eheunmündigkeit, Eheunfähigkeit, Doppelehe, Geschwisterehe, Formfehlern, vorübergehender Unzurechnungsfähigkeit oder Irrtums aufgehoben, kann der gutgläubige Ehegatte vom anderen nach § 1318 I 1 Nr. 1, 1. Alt. BGB Unterhalt verlangen. Ob der Unterhaltsschuldner bösgläubig oder ebenfalls gutgläubig war, spielt hier keine Rolle. Das ist nur bedingt logisch. Es führt zum Beispiel zu dem merkwürdigen Ergebnis, daß der minderjährige Ehegatte dem volljährigen Unterhalt schulden kann, dagegen nicht umgekehrt, denn die eigene Minderjährigkeit dürfte einem Ehegatten kaum jemals verborgen bleiben. Ist die Ehe dagegen wegen arglistiger Täuschung oder widerrechtlicher Drohung aufhebbar, kann das Opfer dieser Handlungen nach § 1318 I 1 Nr. 1, 2. Alt. BGB von dem anderen Unterhalt verlangen, wenn dieser bösgläubig war, nämlich die Drohung selbst vorgenommen hatte oder wenigstens kannte. (Bei der Täuschung ist das ja schon Voraussetzung der Aufhebung.) Ist die Ehe wegen Doppelehe, Geschwisterehe oder Formfehlern aufhebbar, kann nach § 1318 I 1 Nr. 2 BGB auch ein bösgläubiger Ehegatte Unterhalt verlangen, wenn auch der andere - 27 Ehegatte bösgläubig war. Bei der Doppelehe darf der Unterhaltsanspruch allerdings die Unterhaltsansprüche des anderen Ehegatten der früheren Ehe nicht beeinträchtigen. Nach Aufhebung einer Scheinehe gibt es keinen nachehelichen Unterhalt nach § 1318 I 1 BGB. Wer ein gemeinsames, minderjähriges Kind betreut und keinen Anspruch aus § 1318 I 1 BGB hat, kann nach §§ 1318 I 2, 1570 BGB dennoch vom anderen Ehegatten Unterhalt nach der Aufhebung beantragen, wenn und soweit die Versagung dieses Unterhalts für das Kind eine unbillige Härte bedeuten würde. Auf die Aufhebungsgründe oder die Gut- oder Bösgläubigkeit der Ehegatten kommt es hier nicht an. Der Anspruch besteht aber nicht, soweit er bei der Doppelehe den Unterhaltsanspruch des anderen Ehegatten aus der früheren Ehe beeinträchtigen würde. Die Versagung des Unterhalts stellt für das Kind dann eine unbillige Härte dar, wenn sie zur Folge hätte, daß der Ehegatte entweder das Kind vernachlässigen oder von dessen Einnahmen leben müßte. Keinen Unterhalt nach §§ 1318 I 2, 1570 BGB bekommt daher, wer seinen Lebensunterhalt selbst sicherstellen kann, ohne die Betreuung des Kindes vernachlässigen zu müssen, wer z.B. Vermögen hat, das er verbrauchen kann oder einen neuen Partner, der ihn versorgt. Im übrigen besteht der Anspruch auch der Höhe nach nur, soweit es notwendig ist, um das Kind zu schonen. In der Regel wird das bedeuten, daß aus §§ 1318 I 2, 1570 BGB allenfalls der notwendige Unterhalt (B V DüssTab) in Höhe von € 770 bzw., wenn der Untrhaltsgläubiger erwerbstätig ist, die Aufstockung seines Einkommens auf € 890 verlangt werden kann. e) Versorgungsausgleich Für den Versorgungsausgleich (dazu S. 70) gilt nach § 1318 III BGB dasselbe wie für den Zugewinnausgleich. Er wird durchgeführt, wenn das nicht mit Rücksicht auf die Umstände der Eheschließung oder das Interesse des anderen Ehegatten aus der früheren Ehe grob unbillig wäre. D. Ehewirkungen 1. Name Der Name eines Menschen dient einerseits zu seiner Identifizierung im Rechtsverkehr, andererseits ist er Teil seiner Persönlichkeit, weshalb das Gesetz das Recht am eigenen Namen als absolutes Recht schützt (§ 12 BGB). In der deutschen Rechtstradition hat der Name außerdem die Aufgabe, Familienzusammengehörigkeit deutlich zu machen. Das ist freilich in einer auf die Gleichberechtigung von Mann und Frau verpflichteten Rechtsordnung nur sehr eingeschränkt möglich. Art. 3 II GG hat das Namensrecht kompliziert gemacht. Man unterscheidet den (oder die) Vornamen vom Familiennamen. Vom Familiennamen muß wiederum der Geburtsname abgegrenzt werden. Der Geburtsname eines Menschen ist zunächst zugleich auch sein Familienname. Durch die Wahl eines Ehe- (oder auch Lebenspartnerschaftsnamens) wird dieser zum Familiennamen. Der Geburtsname ändert sich dadurch jedoch nicht. Er „schlummert“ allerdings noch dahinter und kann später noch einmal rechtlich von Bedeutung sein. Wo die eindeutige Identifikation eines Menschen wichtig ist, wird deshalb in der Regel nicht nur der Vor- und Familienname, sondern auch der Geburtsname erfragt. - 28 a) Bestimmung eines Ehenamens Das Ehenamensrecht ist seit 1953 in ständiger Veränderung. Bisher hat das BVerfG jede vom Gesetzgeber beschlossene Fassung für verfassungswidrig erklärt. Seit Frühjahr 2005 gilt folgendes: § 1355 I 1 BGB ordnet an, daß Ehegatten bei der Eheschließung einen gemeinsamen Ehenamen bestimmen sollen. Tun sie es nicht, hat das weiter keine Konsequenzen. Jeder behält dann den Familiennamen, den er bis jetzt auch geführt hat (§ 1355 I 3 BGB). Zum Ehenamen kann nach § 1355 II BGB jeder Name gewählt werden, den einer der Ehegatten zur Zeit der Erklärung führt und auch der Geburtsname eines jeden Ehegatten. Einzig nicht möglich ist die Wahl eines Namens, den ein Ehegatte früher einmal geführt hat, ohne daß es sein Geburtsname ist. Wenn die Bestimmung bei der Eheschließung erfolgt, ist hierfür eine formlose Erklärung gegenüber dem Standesamt ausreichend (§ 1355 III 1 BGB). Der Ehename kann auch jederzeit während der Ehe noch bestimmt werden. Auch dann erfolgt die Bestimmung durch Erklärung gegenüber dem Standesbeamten. Die Erklärung muß dann aber öffentlich beglaubigt sein (§ 1353 III 2 BGB). Die Bestimmung des Ehenamens ist unwiderruflich, sobald sie beim Standesamt eingegangen ist (vgl. § 130 I 2 BGB). Von da an ist der gewählte Ehename Familienname beider Ehegatten (§ 1355 I 2 BGB). Ändert sich später der Geburtsname desjenigen Ehegatten, dessen Geburtsname Ehename geworden ist, so ändert sich nach § 1617c III BGB auch dieser, wenn der andere Ehegatte sich der Namensänderung anschließt. Im übrigen gibt es noch die Möglichkeit zur Änderung des Familiennamens (einschließlich des Geburtsnamens) im Wege der verwaltungsrechtlichen Namensänderung (§ 1 NamÄndG). Das setzt aber voraus, daß hierfür ein wichtiger Grund besteht (§ 2 I NamÄndG). Das wird in der Praxis sehr eng ausgelegt. b) Bildung eines Begleitnamens Um dem einen Ehegatten die Entscheidung für den Namen des anderen Partners zu erleichtern, erlaubt es ihm, dem Ehenamen einen Begleitnamen (durch einen Bindestrich getrennt) voranzustellen oder anzuhängen, durch den er seine fortdauernde Identität dokumentieren kann (§ 1355 IV 1 BGB). Begleitname kann entweder der Geburtsname oder der bis zur Bestimmung des Ehenamens dahin geführte Familienname sein. Derjenige, dessen Geburts- oder Familienname Ehename wird, kann keinen Begleitnamen bilden. Damit Trippelnamen oder nach längere Namensungetüme nicht mehr vorkommen, ist die Wahl eines Begleitnamens in zweifacher Weise eingeschränkt: S Gar kein Begleitname ist zulässig, wenn schon der zur Ehenamen bestimmte Geburtsname aus mehreren Teilen besteht (§ 1355 IV 2 BGB). S Besteht umgekehrt der Name, der Begleitname werden kann, aus mehreren Teilen, so darf nur einer dieser Namensteile zum Begleitnamen bestimmt werden (§ 1355 IV 3 BGB). Die Bestimmung des Begleitnamens erfolgt durch einseitige Erklärung des Ehegatten, der ihn führen will, gegenüber dem Standesbeamten (§ 1355 IV 1 BGB). Sie muß immer öffentlich beglaubigt - 29 sein, auch wenn sie schon bei der Eheschließung abgegeben wird (§ 1355 IV 5 BGB). Eine zeitliche Grenze gibt es auch hierfür nicht. So lange die Ehe besteht, ist die Erklärung noch möglich. Sie kann auch erst lange nach der Bestimmung des Ehenamens noch erfolgen. Die Wahl eines Begleitnamens kann - in der gleichen Form wie sie abzugeben ist - widerrufen werden (§ 1355 IV 4, 1. Hs. BGB). Das ist nicht auf die Zeit der Ehe oder Lebenspartnerschaft beschränkt. Der Widerruf kann auch danach noch erfolgen. Der Widerruf ist aber endgültig. Er kann nicht erneut widerrufen werden und schließt auch jede erneute Begleitnamensbildung während der Ehe aus (§ 1355 IV 4, 2. Hs. BGB). 2. Eheliche Lebensgemeinschaft Nach § 1353 I 2 BGB sind die Ehegatten einander zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet. Das Gesetz verzichtet auf eine nähere Definition der dazu gehörenden einzelnen Pflichten. § 1353 I 2 BGB enthält eine Generalklausel, die der Ausfüllung durch die Rechtsprechung bedarf. a) einzelne Pflichten aus § 1353 I 2 BGB Die Ehegatten sind einander zur Haushaltsgemeinschaft verpflichtet. Sie müssen einen gemeinsamen Wohnsitz begründen und aufrechterhalten, wenn nicht besondere Gründe die Beibehaltung verschiedener Wohnungen unumgänglich machen. Aber auch dann muß jedenfalls jeder Ehegatte dem andern den unbegrenzten Zugang zu seiner Wohnung ermöglichen. Ehegatten müssen ihr häusliches Leben teilen. Jeder Ehegatte hat ein Recht auf Mitbenutzung auch der Haushaltsgegenstände, die dem anderen gehören. Die Verpflichtung zur Haushaltsgemeinschaft verdrängt hinsichtlich der Haushaltsgegenstände die gewöhnliche Eigentumsordnung. Der Alleineigentümer kann vom anderen Ehegatten keine Herausgabe nach § 985 BGB, der Miteigentümer keine Aufhebung der Gemeinschaft nach § 749 I BGB verlangen. Dem steht jeweils § 1353 I 2 BGB als Einrede entgegen. Ehegatten schulden einander Beistand und Rücksicht sowohl in persönlichen Dingen (Pflege bei Krankheit), als auch in vermögensrechtlichen Fragen. Hier faßt die Rechtsprechung einiges unter § 1353 I 2 BGB, was sonst ungeregelt bliebe, aber offensichtlich der Regelung bedarf. Ehegatten haben Anspruch auf S Auskunft über die wesentlichen Vermögens- und Einkommensverhältnisse des anderen, eine detaillierte Aufstellung kann allerdings nicht verlangt werden; S Beteiligung an wesentlichen Entscheidungen des anderen im Vermögensbereich; S Unterlassung der Geltendmachung von existenzvernichtenden Forderungen, soweit dies unter Abwägung aller Umstände zu der Beistandspflicht in offenem Widerspruch stünde. § 1353 I 2 BGB verpflichtet auch zu Respekt vor der Persönlichkeit und den höchstpersönlichen Angelegenheiten des anderen Ehegatten, also z.B. der Wahrung seines Geheimbereichs (Tagebücher, Briefe). Außerdem folgt aus § 1353 I 2 BGB die Pflicht zur Geschlechtsgemeinschaft, also zu sexuellen Beziehungen inklusive des ehelichen Verkehrs. Nachdem es bei der Scheidung heute auf Eheverfehlungen meist nicht mehr ankommt, ist die - 30 Frage, wie weit diese Pflicht geht, nur noch selten Gegenstand von Gerichtsentscheidungen. Immerhin ging jüngst ein Urteil durch die Presse, daß es zumindest nicht als Eheverfehlung gelte, wenn die sexuellen Beziehungen „eintönig” sind. Das sei in vielen Ehen üblich. Jedenfalls sind die Ehegatten einander zu sexueller Treue verpflichtet. Das gilt selbst für den Fall, daß der andere Ehegatte seiner Pflicht zur Geschlechtsgemeinschaft nicht nachkommt. b) Durchsetzung dieser Pflichten Die Frage, ob und wie diese Pflichten gerichtlich geltend gemacht und durchgesetzt werden können, wird unterschiedlich beantwortet, je nachdem, ob es sich um Pflichten als solche oder um ihre Auswirkungen auf vermögensrechtliche Angelegenheiten handelt i) Eheherstellungsklage, Sekundäransprüche Die sich aus § 1353 I 2 BGB ergebenden Pflichten können mit der sogenannten Eheherstellungsklage beim Familiengericht geltend gemacht werden (vgl. § 606 I 1 ZPO). Ein auf Eheherstellung gerichtetes Urteil ist aber nicht vollstreckbar (§ 888 III ZPO). Es hat nur Appellcharakter. Wer eine Pflicht aus § 1353 I 2 BGB verletzt, schuldet dem anderen Ehegatten auch keinen Schadensersatz, weil andernfalls doch ein indirekter staatlicher Druck auf die Ehegatten ausgeübt würde, die eheliche Lebensgemeinschaft herzustellen, aus § 888 III ZPO aber folgt, daß das nur auf freiwilliger Basis geschehen soll. ii) vermögensrechtliche Folgewirkungen Auch wenn die Pflichten aus § 1353 I 2 BGB immer persönlichen Charakter tragen, können sich doch einzelne in den Vermögensbereich hinein auswirken. Hierzu wird insbesondere die Pflicht zur Auskunftspflicht über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse gerechnet. Wo aus der Rücksichtnahmepflicht folgt, daß ein Ehegatte darauf verzichten muß, eine existenzvernichtende Forderung gegen den anderen geltendzumachen, ist auch das eine vermögensrechtliche Wirkung der Pflichten aus § 1353 I 2 BGB. Für solche vermögensrechtliche Folgewirkungen ist nach allgemeiner Auffassung der Zivilrechtsweg eröffnet. Sie können mit einer normalen Zivilklage vor dem Amts- oder Landgericht verfolgt werden. Für die Vollstreckung aus einem solchen Urteil gilt § 888 III ZPO nicht. Schuldhafte Verstöße gegen solche Pflichten lösen außerdem einen Anspruch des anderen Ehegatten auf Schadensersatz analog §§ 241a II, 280 I 1 BGB aus. c) Ende der Pflichten aus § 1353 I 2 BGB Das Recht, die eheliche Lebensgemeinschaft zu verlangen, steht, wie jedes Recht, unter dem Vorbehalt, daß es nicht mißbräuchlich ausgeübt werden darf. Das ist eigentlich selbstverständlich, findet aber in § 1353 II, 1. Alt. BGB noch einmal ausdrücklich Erwähnung. Unterlassung eines Ehebruchs kann z.B. nicht fordern, wer selbst ehebrecherische Beziehungen unterhält, Auskunft über das Vermögen des anderen nicht, wer selbst zu keinerlei Auskünften bereit ist. Die Pflicht zur ehelichen Lebensgemeinschaft endet nach § 1353 II, 2. Alt. BGB ganz, wenn die Ehe gescheitert ist. Was das konkret bedeutet, wird später (S. 52) behandelt. § 606 I 1 ZPO sieht die Klage beim Familiengericht auf Feststellung des Bestehens der Voraussetzungen des § 1353 II, 2. Alt. BGB vor. Diese sog. negative Eheklage kommt in der Praxis nicht vor. - 31 3. Haushaltsführung und Sicherstellung des Unterhalts a) Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit Für die Haushaltsführung in der Ehe gilt nach § 1356 I 1 BGB das Konsensprinzip: Die Ehegatten müssen sich über die Haushaltsführung einigen. Das gilt zunächst für die grundsätzliche Frage, wer von ihnen die Haushaltsführung übernehmen soll. Haben sie sich darauf geeinigt, daß der Haushalt von einem von ihnen geleitet werden soll, kann dieser alle weiteren den Haushalt betreffenden Entscheidungen nach § 1356 I 2 BGB allein treffen. Entscheiden sich die Ehegatten dagegen, sich die Verantwortung für den Haushalt gleichberechtigt zu teilen, müssen sie sich auch wegen der weiter zu treffenden Entscheidungen wieder nach § 1356 I 1 BGB einigen. Nach § 1356 II 1 BGB entscheidet jeder Ehegatte selbst darüber, ob er erwerbstätig sein will oder nicht. Er muß nur auf die Belange des anderen Ehegatten und der Familie die gebotene Rücksicht nehmen (§ 1356 II 2 BGB). Das kann bedeuten, daß ein Ehegatte verpflichtet ist, eine Erwerbstätigkeit aufzugeben (oder nicht erst anzunehmen), die eine dauernde räumliche Trennung mit der Familie bedeuten würde. Freilich kann nur derjenige ohne Erwerbstätigkeit bleiben, der auch ohne sie in der Lage ist, der Pflicht aus § 1360 S. 1 BGB nachzukommen. § 1360 S. 1 BGB kann auch ganz ausnahmsweise einen Ehegatten dazu verpflichten, auf eine eigene Erwerbstätigkeit zu verzichten, nämlich, wenn der Unterhalt der Familie im wesentlichen durch die Einkünfte aus dem Erwerbsgeschäft des anderen Ehegatten fließt und dessen Bestand nicht ohne die Mitarbeit des Ehegatten sichergestellt werden kann. b) Beiträge zum Familienunterhalt § 1360 S. 1 BGB bestimmt, daß die Ehegatten einander wechselseitig verpflichtet sind, durch ihre Arbeit und mit ihrem Vermögen die Familie angemessen zu unterhalten. Unter „Familie“ sind hier nur die Ehegatten und ihre gemeinsamen Kinder zu verstehen. Für Kinder, die nicht zugleich Kinder des anderen Ehegatten sind, muß jeder Ehegatte allein sorgen. Allerdings kann der Umstand, daß ein Ehegatte ein solches Kind versorgt, dennoch Bedeutung erlangen, weil das seine Leistungsfähigkeit einschränkt, folglich die Pflicht des anderen, zum Unterhalt beizuträgen relativ erhöht. § 1360 S. 1 BGB gibt jedem Ehegatten einen eigenen Anspruch auf Unterhalt für die gemeinsamen Kinder. Das ist ein von dem Unterhaltsanspruch der Kinder zwar abhängiger, ihn aber nicht verdrängender Anspruch. Die beiden Ansprüche treten vielmehr nebeneinander. Die Kinder müssen nur unterhaltsberechtigt, nicht etwa minderjährig (oder privilegiert i.S.v. § 1603 II BGB) sein, um in den Anwendungsbereich von § 1360 S. 1 BGB zu fallen.Sie brauchen auch nicht im Haushalt zu leben. Die Beiträge müssen nach § 1360a I BGB so bemessen sein, daß damit der gemeinsame Haushalt bestritten und der Lebensbedarf der Familie gesichert ist. Auf welche Weise der Unterhalt zu gewähren ist, überläßt das Gesetz wiederum der freien Einigung der Partner. So weit sie sich nicht einigen können, kann der Schuldner die Art und Weise des Unterhalts grundsätzlich selbst bestimmen. Er muß dies nur so tun, daß es zusammen mit den Beiträgen des anderen auch tatsächlich zu einer angemessenen Lebensgestaltung ausreicht (§ 1360a II 1 BGB). Ob er das durch die Bereitstellung von Geld oder - 32 Naturalien oder durch unmittelbaren Arbeitseinsatz tun, bleibt dann ihm überlassen. Es muß nur rechtzeitig geschehen, nämlich so, daß die Familie für einen angemessenen Zeitraum im voraus abgesichert ist (§ 1360a II 2 BGB). Unter Umständen kann sich der Anspruch aus § 1360 S. 1 BGB zu einem bestimmten Anspruch konkretisieren. Nur zwei dieser Fälle stehen im Gesetz, die anderen sind von der Rechtsprechung entwickelt worden: Nach § 1360a IV BGB ist jeder Ehegatte verpflichtet, dem anderen die Kosten für einen Prozeß vorzuschießen, den dieser in einer persönlichen Angelegenheit führen will, und für den er die Kosten nicht selbst aufbringen kann. Das gilt ohne Rücksicht darauf, wer der Gegner in dem Prozeß ist, kommt aber am häufigsten zum Tragen, wenn Ehegatten gegeneinander familienrechtliche Verfahren führen und nur einer von ihnen über ausreichendes Einkommen verfügt. Das Gericht kann über die Verpflichtung zur Zahlung eines Prozeßkostenvorschusses dann im Wege der einstweiligen Anordnung entscheiden. § 1360a IV BGB gilt nicht für rein vermögensrechtliche Streitigkeiten wie z.B. die Rückzahlung eines Darlehens. Er gilt aber für Schadensersatzklagen wegen Verletzung persönlicher Rechte. Nach §§ 1360a III, 1615 II BGB muß außerdem jeder Ehegatte die Beerdigung des anderen bezahlen, wenn der Nachlaß dafür nicht ausreicht. Für den Fall, daß die Ehegatten eine Einigung iS.v. § 1356 I 2 BGB getroffen haben - man spricht dann häufig von einer Hausfrauenehe , obwohl der haushaltsführende Ehegatte natürlich auch der Mann sein kann - gelten folgende Besonderheiten: S Der haushaltsführende Ehegatte ist nach § 1360 S. 2 BGB grundsätzlich nicht verpflichtet, aus seinem Einkommen oder Vermögen zum Unterhalt beizutragen. Das gilt nur ausnahmsweise dann nicht, wenn der andere Ehegatte zur Unterhaltsleistung außerstande ist oder die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des haushaltsführenden Ehegatten weit besser sind als die des anderen. S Die Verpflichtung aus § 1360a II 2 BGB verdichtet sich dahin, daß der haushaltsführende Ehegatte vom anderen monatlich im Voraus Zahlung eines angemessenen Wirtschaftsgeldes verlangen kann. S Darüber hinaus hat der haushaltsführende Ehegatte, wenn er selbst keinerlei Einkünfte hat, Anspruch auf Zahlung eines angemessenen Taschengeldes zur Befriedigung seiner persönlichen Bedürfnisse nach eigenem Gutdünken. Die Höhe des Taschengeldes wird von der Rechtsprechung auf 5% des anrechenbaren Nettoeinkommens des anderen Ehegatten bemessen. 4. Sonstige vermögensrechtliche Ehewirkungen Eheleute werden vermögensrechtlich grundsätzlich wie Fremde - oder die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft - behandelt. Die allgemeinen Regeln des Schuld- und Sacherechts gelten daher zunächst auch für sie. In einigen Punkten modifiziert das Gesetz diese Regeln jedoch: a) Recht am räumlich-gegenständlichen Bereich der Ehe Was Eingriffe in absolute Rechte angeht, stehen Ehegatten oder Lebenspartner auch untereinander und neben deren familienrechtlichen Folgen - dieselben Instrumente wie beliebigen Dritten zur Verfügung. Gegen einen Partner, der in in ein solches Recht widerrechtlich eingreift, hat der von dem - 33 Eingriff betroffene Partner die Ansprüche auf Beseitigung des Eingriffs und Unterlassung künftiger Eingriffe (aus bzw. analog § 1004 I BGB) und auf Schadensersatz bei Verschulden (§ 823 I BGB), einschließlich des Ersatzes immaterieller Schäden, wenn das verletzte Recht zu den in § 253 II BGB aufgezählten gehört. Diese Rechte sind mit einer normalen Zivilklage vor dem Amts- oder Landgericht zu verfolgen. Erfüllt der Eingriff die entsprechenden Voraussetzungen, kommt ferner auch eine Gewaltschutzanordnung nach § 1 GewSchG in Frage. § 2 GewSchG gilt für Ehegatten aber nicht. Er wird durch die Sonderregelung in § 1361b II BGB verdrängt. Zu den absoluten Rechten, die jedem Ehegatten zustehen gehört auch ein besonderes Recht am räumlich-gegenständlichen Bereich der Ehe , das die Rechtsprechung als verletzt ansieht, wenn ehewidrige Beziehungen in der gemeinsamen Ehewohnung stattfinden. Da es sich um ein absolutes Recht handelt, entstehen die skizzierten Ansprüche auch gegen einen Dritten, der hieran beteiligt ist. Das bedeutet für die Konsequenzen eines Ehebruchs: S Findet dieser außerhalb der Ehewohnung statt, kann sich der andere Ehegatte dagegen nicht effektiv zur Wehr setzen. Er könnte zwar den treulosen Ehegatten auf Unterlassung verklagen, aber nur mit der Eheherstellungsklage, die nur zu einer nicht vollstreckbaren Entscheidung führt. Gegen den anderen Beteiligten hat er überhaupt keine Anprüche. S Findet er dagegen in der Ehewohnung statt, kann der andere Ehegatte sowohl den treulosen Ehegatten als auch den anderen Beteiligten analog § 1004 I BGB auf Unterlassung weiterer ehebrecherischer Handlungen in der Ehewohnung verklagen und ein (nach § 890 ZPO) vollstreckbares Urteil erwirken. b) Eigentumsvermutungen Nach § 1006 I 1 BGB wird vermutet, daß der Besitzer einer Sache auch sein Eigentümer sei. Daraus folgt für Ehegatten und Lebenspartner, die in häuslicher Gemeinschaft leben - und folglich Mitbesitz an den Haushaltsgegenständen haben - die Vermutung für gemeinschaftliches Eigentum. § 1362 I 1 BGB modifiziert dies für den Fall, daß ein Gläubiger gegen Ehegatten vollstrecken will, zu dessen Gunsten. In anderen Zusammenhängen (z.B. bei der Vermögensauseinandersetzung) bleibt es dagegen bei der gewöhnlichen Folge. § 1362 II BGB stellt keine wirkliche Besonderheit dar. Denn da man bei den dort genannten Gegenständen wohl aufgrund von § 854 I BGB ohnehin Alleinbesitz des betreffenden Ehegatten wird annehmen können, führt § 1006 I 1 BGB zum selben Ergebnis. c) Schlüsselgewalt § 1357 BGB bestimmt, daß aus Rechtsgeschäften, die ein Ehegatte zur Deckung des angemessenen Lebensbedarfs der Familie abschließt, beide Ehegatten berechtigt und verpflichtet werden. Man nennt das die Schlüsselgewalt der Ehegatten. § 1357 BGB enthält einen Fall des Vertreterhandelns . Der Ehegatte, der das Schlüsselgewaltgeschäft vornimmt, vertritt hierbei zugleich den anderen. Anders als § 164 I BGB es eigentlich vorsieht, ist aber die Offenlegung des Vertretungsverhältnisses nicht erforderlich. Die Wirkung des § 1357 BGB tritt ipso iure ein. Ob die Parteien des Rechtsgeschäfts dies wollen oder nicht, spielt keine Rolle. Zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie dienen alle Verträge, mit denen etwas beschafft wird, was ein Familienmitglied zur gemeinsamen privaten Lebensführung braucht oder - 34 zu verwenden beabsichtigt, so lange sich das Geschäft von seinem Zuschnitt her im Rahmen desjenigen bewegt, was mit Rücksicht auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Ehegatten noch angemessen ist. Geschäfte die ein Ehegatte ausschließlich zur Pflege seines alleinigen Hobbys oder gar zur Deckung seines beruflichen Bedarfs abschließt, fallen nicht darunter. Außerdem nimmt die Rechtsprechung an, daß § 1357 BGB für größere Anschaffungen, die Eheleute üblicherweise nur gemeinsam vornehmen (Pacht eines Gartens, Kauf eines Pkw) nicht gilt. Da § 1357 BGB keine Beschränkung auf schuldrechtliche Verträge enthält, nimmt der BGH an, daß er auch die zur Erfüllung von entsprechenden Geschäften vorgenommenen Verfügungen erfaßt. Damit gilt § 1357 BGB z.B. beim Kauf eines neuen Fernsehers nicht nur für den Kaufvertrag (so daß beide Ehegatten für die Raten haften), sondern auch für die Übereigung des Fernsehers, so daß beide Ehegatten schon direkt bei der Übergabe an einen von ihnen Miteigentum i.S.v. §§ 741, 1008 BGB erwerben. d) Haftungsprivileg Bei Schadensersatzansprüchen unter Ehegatten ist die in § 1359 BGB bestimmte Haftungserleichtung zu beachten. Ehegatten haften einander nicht - wie sonst die Regel (§ 276 I 1 BGB) - für jede Fahrlässigkeit, sondern nur für die sog. diligentia quam in suis (§ 277 BGB). Das bedeutet, daß Ehegatten einander für einfach fahrlässige Verletzungshandlungen nicht haften, sondern nur für vorsätzlich oder grob fahrlässige Handlungen oder wenn sie mit den Angelegenheiten des Ehegatten weniger sorgfältig umgegangen sind als mit ihren eigenen. § 1359 BGB wird allerdings einschränkend ausgelegt. Er findet seine Berechtigung nämlich in dem besonders engen Sozialkontakt, in dem Ehegatten durch die häusliche Gemeinschaft stehen. Er gilt daher nicht, wenn die Schadenszufügung ihre Ursache nicht in diesem gesteigerten Sozialkontakt hat, sondern es nur eher „zufällig” den Ehegatten getroffen hat, jeden Dritten aber hätte genausogut treffen können. Das gilt vor allem für Unfälle im Straßenverkehr. Hier haften Ehegatten einander nach den gleichen Maßstäben wie jeder andere Verkehrsteilnehmer. 5. Auswirkungen des Güterstandes Neben diesen allgemeinen vermögensrechtlichen Ehewirkungen haben die Ehegatten die Möglichkeit, ihre Vermögensverhältnisse durch Ehevertrag zu regeln (§ 1408 I BGB). Der Ehevertrag unterliegt einer strengen Form (§ 1410 BGB). Den Inhalt können die Ehegatten nicht so frei gestalten, wie es nach dem Wortlaut des § 1409 BGB den Anschein haben mag: Das Gesetz gibt den Ehegatten die Wahl zwischen drei gesetzlich näher geregelten Güterständen, nämlich S der Zugewinngemeinschaft (§§ 1363 - 1390 BGB), S der Gütertrennung (§ 1414 BGB) und S der Gütergemeinschaft (§§ 1415 - 1518 BGB). Alle Eheleute, die keinen Ehevertrag schließen, unterwerfen ihre Ehe damit automatisch den Regeln der Zugewinngemeinschaft (vgl. § 1363 I BGB), weshalb man diese auch den gesetzlichen Güterstand nennt. Weil das Sachenrecht dem Formenzwang unterliegt, müssen die Ehegatten sich für einen dieser Güterstände entscheiden, was die Zuordnung der zu ihrem Vermögen gehörenden Sachen und Rechte angeht. Insoweit herrscht keine Vertragsfreiheit. Sie sind aber darin frei, wechselseitige Ansprüche, die - 35 durch den Güterstand begründet sind, zu modifizieren oder auch Ansprüche eigener Art zu schaffen, da das Schuldrecht keinen Typenzwang kennt. Insoweit besteht Vertragsfreiheit. a) Gütertrennung Der einfachste Güterstand ist die Gütertrennung. Sie bedeutet, daß die Ehe außerden oben beschriebenen allgemeinen keine weiteren vermögensrechtlichen Wirkungen hat. Auch die Auseinandersetzung erfolgt lediglich nach den allgemeinen Bestimmungen, die für alle Ehen gelten. b) Gütergemeinschaft Vereinbaren die Eheleute Gütergemeinschaft, bewirkt das die Entstehung von unterschiedlichen Vermögensmassen: 1. Das Gesamtgut gehört beiden Ehegatten gemeinsam (§ 1417 BGB) und wird entweder von ihnen gemeinsam verwaltet oder von einem von ihnen alleine, wenn dies durch Vertrag so bestimmt wurde (§ 1421 BGB). 2. Gegenstände, die unveräußerlich sind (Sondergut - § 1418 BGB) und alles, was die Ehegatten durch Ehevertrag zu Vorbehaltsgut erklärt haben (§ 1419 II Nr. 1 BGB) gehört einem Ehegatten allein und wird auch von diesem allein verwaltet (§ 1418 III BGB). Vorbehaltsgut kann auch anläßlich einer Schenkung oder durch Testament entstehen (§ 1418 II Nr. 2 BGB). In das Vorbehaltsgut findet dingliche Surrogation statt (§ 1418 II Nr. 3 BGB). Eigentlich kommt die Gütergemeinschaft dem Ideal der Ehe am nächsten. In der Praxis kommt sie kaum noch vor. Das liegt an dem für die Ehegatten ausgesprochen ungünstigen Haftungsregime der §§ 1437, 1438 BGB. Während in jedem anderen Güterstand jeder Ehegatte nur für seine eigene Schulden einstehen muß, haftet in der Gütergemeinschaft für Schulden eines jeden Ehegatten in der Regel das komplette Gesamtgut. Die weiteren Einzelheiten sollen hier nicht besprochen werden. Die Vorschriften sind sehr umfangreich. Es soll nur noch darauf hingewiesen werden, daß die Ehegatten sich gutgläubigen Außenstehenden gegenüber auf die aus der Gütergemeinschaft folgenden Verfügungsbeschränkungen nur berufen können, wenn sie den Ehevertrag in das Güterrechtsregister eintragen lassen (§ 1412 BGB). c) Zugewinngemeinschaft Die Zugewinngemeinschaft ist eine modifizierte Gütertrennung. Die sachenrechtliche Zuordnung der einzelnen Vermögensgegenstände bleibt - weitgehend - von der Eheschließung unberührt (§§ 1363 II 1, 1364 BGB). Erst die Eheauflösung bewirkt, daß ein Ausgleich zwischen den Ehegatten stattfindet (§ 1363 II 2 BGB). Die einzigen Folgen, die der gesetzliche Güterstand während der Ehe hat, sind bestimmte Verfügungsbeschränkungen (§§ 1365 - 1369 BGB) und die dingliche Surrogation an Hausratsgegenständen (§ 1370 BGB). i) Verfügungensbeschränkungen Ein Ehegatte kann gemäß § 1365 I BGB nur mit Zustimmung des anderen Ehegatten über sein Vermögen im Ganzen verfügen. Probleme hat die Auslegung des Begriffs „Vermögen im Ganzen” bereitet. Hier hat sich inzwischen die etwas großzügigere Auffassung durchgesetzt. Es ist für die Anwendbarkeit von § 1365 BGB nicht - 36 erforderlich, daß der Vertrag als solcher über das „Vermögen” des Ehegatten lautet, es genügt, wenn ein einzelner Gegenstand veräußert werden soll, der das Vermögen im wesentlichen (ca. 85% bei kleinen, ca. 90% bei großen Vermögen) ausmacht. Meist wird es sich um Grundstücke handeln. Das ist aber nicht nötig. Auch ein Bargeldbetrag kann das Vermögen im wesentlichen ausmachen. Es ist daher z.B. gleichgültig, ob der Ehegatte, der sonst nur noch € 25.000 besitzt, sein Haus, das € 475.000 verkaufen oder umgekehrt, von den € 500.000, die er hat, € 475.000 für die Anschaffung eines Hauses ausgeben will. Damit der Rechtsverkehr nicht unnötig belastet wird, hat die Rechtsprechung den Anwendungsbereich der Norm dann aber in zwei Punkten wieder eingeschränkt: a) Ein Geschäft fällt nur dann unter § 1365 BGB, wenn der andere Vertragspartner weiß, daß der Ehegatte über sein Vermögen im ganzen bzw. im wesentlichen verfügt oder wenn er jedenfalls die Umstände kannte, aus denen sich das ergab (also z.B. wußte, daß der Ehegatte außer dem Haus nichts wesentliches hat). Entscheidend ist der Zeitpunkt des Vertragschlusses, nicht etwa der späteren Übereignung der Gegenstände. Nichts gewußt zu haben braucht der Vertragspartner dagegen von der Ehe, denn ob jemand verheiratet ist, ist leicht herauszufinden. b) Nicht jede Verfügung über einen Gegenstand, der das Vermögen im wesentlichen ausmacht, wird von § 1365 BGB erfaßt, sondern nur eine, die den Wert dieses Vermögensgegenstandes ausschöpft. Soll das Grundstück, das der einzige wertvolle Vermögensgegenstand ist, mit einer Hypothek belastet werden, so fällt das also nur unter § 1365 BGB, wenn damit der Kreditwert des Grundstücks (ganz oder im wesentlichen) erschöpft ist. Sein Haus, das € 500.000 wert ist, kann ein Ehegatte also ohne Zustimmung des anderen mit € 50.000 belasten, es sei denn, es wäre bereits vorher mit annährend € 450.000 belastet gewesen. Das Vormundschafsgericht kann die Zustimmung des andern Ehegatten ersetzen, wenn dieser nicht zustimmen kann oder sich ohne vernünftigen Grund weigert (§ 1365 II BGB). Ist das Geschäft ein Vertrag, so ist er ohne die Zustimmung schwebend unwirksam (§ 1366 I BGB). Er wird durch nachträgliche Erteilung der Zustimmung oder nachträgliche Ersetzung durch das Vormundschaftsgericht wirksam (§ 1366 III BGB). Durch Verweigerung dieser Genehmigung wird er endgültig unwirksam (§ 1366 IV BGB). Unter gewissen Umständen kann der andere Vertragspartner ihn während des Schwebezustandes widerrufen (§ 1366 II BGB). Ein einseitiges Rechtsgeschäft ist ohne Zustimmung nichtig (§ 1367 BGB). Einseitige Verfügungen sind z.B. die Erbausschlagung oder die Eigentumsaufgabe Der Ehegatte, gegen dessen Zustimmung gehandelt wurde, hat ein eigenes Klagerecht auf Rückgabe des Gegenstandes der Verfügung an den anderen Ehegatten (§ 1368 BGB). Das ist eine Ausnahme von dem Grundsatz, daß regelmäßig nur der Inhaber eines Anspruchs diesen auch gerichtlich einklagen kann (eine sog. Prozeßstandschaft). Andernfalls würde der Rückgewähranspruch oft gar nicht verwirklicht werden, weil sein Inhaber ja an ihm u.U. keinerlei Interesse hat. Dieselben Einschränkungen wie für das Vermögen im ganzen gelten nach § 1369 BGB auch für Verfügungen über einzelne Haushaltsgegenstände . Haushaltsgegenstände sind alle beweglichen Sachen der Eheleute, die der gemeinsamen privaten Lebensgestaltung der Familie zu dienen bestimmt sind. Sie müssen sich dazu nicht in der - 37 Ehewohnung befinden und brauchen auch keinen Bezug zur eigentlichen Haushaltsführung zu haben. Am besten läßt sich der Kreis der Haushaltsgegenstände negativ eingrenzen: Kein Haushaltsgegenstand ist, was S keinem der Eheleute gehört, wobei es schon genügt, wenn einer von ihnen Miteigentum oder eine Anwartschaft an dem Gegenstand hat, S keine bewegliche Sache ist (sondern ein Grundstück, ein beschränktes dingliches Recht an einer Sache, eine Forderung), S ausschließlich einem der Ehegatten zu dienen bestimmt ist, S ausschließlich oder überwiegend der Berufs- oder Gewerbeausübung dient, S nicht benutzt werden soll, sondern nur als Kapitalanlage dient. Auf den Wert der Sache kommt es dagegen nicht an. Auch recht wertvolle Gegenstände wie das überwiegend privat genutzte Familienauto oder die Yacht, auf der die Familie die Freizeit verbringt, sind Haushaltsgegenstände. Bei Gegenständen, die der Ausübung eines Hobbys dienen, kommt es darauf an, ob das Hobby nur von einem Ehegatten betrieben wird oder von beiden gemeinsam. Bei Gegenständen, die der Berufsausübung dienen, ist das dagegen nicht von Bedeutung. Sie sind auch dann keine Haushaltsgegenstände, wenn sie von den Ehegatten gemeinsam benutzt werden. Die einem Ehegatten gehörende Ehewohnung ist kein Haushaltsgegenstand, da sie keine bewegliche Sache ist. Wenn sie nicht von § 1365 I BGB erfaßt wird, kann der Ehegatte über sie wirksam verfügen. Daß er das wegen § 1353 I 2 BGB ohne das Einverständnis des anderen nicht darf, ändert an der Wirksamkeit der Verfügung nichts. Im Prinzip gelten die §§ 1365 ff. BGB bis zur Rechtskraft der Scheidung. Haushaltsgegenstände kann es aber begrifflich nur geben, so lange es auch einen „ehelichen Haushalt“ gibt. Das ist dann nicht mehr der Fall, wenn einer der Ehegatten aus der Ehewohnung endgültig ausgezogen ist. So lange die Ehegatten aber sich über die Wohnungsverteilung noch nicht einig sind und auch eine gerichtliche Zuweisung nach § 1361b I 1 BGB nicht existiert, oder wenn sie gar in der Ehewohnung getrennt leben, bleibt § 1369 BGB auch nach der Trennung anwendbar. ii) Dingliche Surrogation Wird für einen verlorenen oder unbrauchbar gewordenen Haushaltsgegenstand Ersatz beschafft, so gehört der neue Gegenstand demjenigen, dem der alte gehört hat. Diese „dingliche Surrogation” hebelt sowohl die allgeinen Eigentumsvermutungen als auch die dingliche Wirkung von § 1357 I BGB aus. Sie gilt aber nur für Haushaltsgegenstände in dem oben beschriebenen Sinn. Für alle anderen Sachen bleibt es bei den gewöhnlichen Regeln. E. Trennung und ihre Folgen 1. Trennung Das Gesetz definiert die Trennung in § 1567 BGB. Danach leben Ehegatten getrennt, wenn die eheliche Lebensgemeinschaft nicht (mehr) besteht, und S (mindestens) ein Ehegatte ihre Wiederherstellung ablehnt. S Unerheblich ist, ob ein Sinneswandel dieses Ehegatten - und damit die Wiederaufnahme der ehelichen Lebensgemeinschaft - denkbar oder wahrscheinlich ist. Das spielt vielmehr nur für die Frage eine Rolle, ob die Ehe gescheitert ist und demnach schon gar keine Pflicht zur Aufhebung der Trennung - 38 mehr besteht (§ 1353 II, 2. Alt. BGB). Rein räumliche Trennung (selbst über große Distanzen) genügt für die Annahme des Getrenntlebens nicht, so lange beide Ehegatten noch beabsichtigen, die Lebensgemeinschaft wiederherzustellen, mag es auch unwahrscheinlich sein, daß das je möglich sein wird. Inhaftierung oder Zwangseinweisung in die Psychiatrie bewirken daher noch kein Getrenntleben. Ohne den Willen zumindest eines Ehegatten, die Lebensgemeinschaft zu beenden, kann kein noch so zwingendes äußeres Hindernis die Trennung im Rechtssinne bewirken. Der Wille, die eheliche Lebensgemeinschaft zu beenden, muß außerdem nach außen erkennbar geworden sein. Oft wird dies durch die Umstände der räumlichen Trennung geschehen, wenn z.B. ein Ehegatte unter Mitnahme all seiner Sachen auszieht. Wo jedoch die räumliche Trennung nach den oben genannten Grundsätzen nichts bedeutet, bedarf es einer anderen Willensdokumentation (z.B.: Zurückfordern der Schlüssel, Erteilung eines „Hausverbots” oder ähnliches). Die Trennung ist damit eine geschäftsähnliche Handlung, die vom natürlichen Trennungswillen getragen sein muß. Sie ist kein rein tatsächlicher Vorgang. Geschäftsfähigkeit ist nicht erforderlich. Wer aber nicht einmal mehr zur natürlichen Willensbildung in der Lage ist, kann sich nicht trennen. Das kann dann nur noch der andere Ehegatte tun. Nicht unproblematisch, aber sogar vom Gesetz (§ 1567 I 2 BGB) anerkannt ist die Möglichkeit, in der gemeinsamen Wohnung getrennt zu leben. Dazu muß die eheliche Lebensgemeinschaft zu einer schlichten Wohngemeinschaft mutiert sein, etwas, was für Außenstehende kaum nachprüfbar ist. Die Gerichte sind sich auch bewußt, daß sie in keinem Punkt so oft angelogen werden wie in diesem. Gehemmt wird das allenfalls durch die Notwendigkeit, konsistent zu handeln. Eine „Rückdatierung“ der Trennung verhilft unter Umständen zur schnelleren Scheidung, bedeutet aber auch den früheren Wegfall des Ehegattensplittings bei der Einkommensteuer. Auch hier ist der schiere Wille, die eheliche Lebensgemeinschaft nicht mehr fortzusetzen, nicht ausreichend, sondern er muß sich in äußeren Merkmalen manifestieren. Wohl nicht notwendig ist die völlige Aufgabe aller Gemeinsamkeiten. Sie dürfen aber nicht über das von der Situation Diktierte hinausgehen. Teilen die Ehegatten noch das Schlafzimmer, kocht und wäscht der eine noch für den andern und nehmen sie auch die Mahlzeiten noch gemeinsam ein, so fehlt es zumindest an der Manifestation eines Trennungswillens, selbst wenn jeder der genannten Umstände für sich betrachtet noch nichts bedeuten mag, sondern einfach aus der Not geboren sein kann. Nicht ausreichend - aber wohl jedenfalls erforderlich - ist die Beendigung der sexuellen Beziehungen. Nach § 1567 II BGB unterbrechen kurzfristige Versöhnungsversuche die nach dem Scheidungsrecht an das Getrenntleben anknüpfenden Fristen nicht. Inwieweit auch andere Rechtsfolgen solchen Versöhnungsversuche überdauern, wird je nach dem Zweck der konkreten Norm bestimmt. 2. Allgemeine vermögensrechtliche Folgen der Trennung Durch die Trennung entfällt die Schlüsselgewalt (§ 1357 III BGB). Es entfällt außerdem die aus der Verpflichtung zur ehelichen Lebensgemeinschaft folgende Pflicht, die Ehewohnung und den Hausrat ungeachtet der Eigentumsverhältnisse mit dem anderen zu teilen. Es gelten wieder die allgemeinen Regeln, soweit sie nicht für die Zeit der Trennung durch §§ 1361a, 1361b BGB überlagert werden (siehe sogleich unter 3). - 39 3. Hausrat und Ehewohnung Jeder Ehegatte kann von dem anderen die ihm gehörenden Haushaltsgegenstände herausverlangen (§ 1361a I 1 BGB). Er muß sie dem anderen aber ausnahmsweise zur Benutzung überlassen, soweit und so lange dieser sie zur Führung eines abgesonderten Haushalts dringend benötigt und die Überlassung nach den Umständen des Falles der Billigkeit entspricht (§ 1361a I 2 BGB). Im Streitfall entscheidet hierüber das Familiengericht. Für Haushaltsgegenstände, die beiden Ehegatten gemeinsam gehören, bleibt das Recht, die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen (§ 749 BGB) weiterhin suspendiert. Stattdessen werden sie zwischen den Ehegatten „nach den Grundsätzen der Billigkeit“ verteilt (§ 1361a II BGB). Auch darüber entscheidet im Streitfall das Familiengericht. Das Familiengericht kann, wenn es Gegenstände nach § 1361a I 2 oder II BGB verteilt, zugleich anordnen, daß für die Benutzung ein angemessenes Entgelt gezahlt werden soll (§ 1361a III 2 BGB). Es kann aber an der Eigentumslage nichts ändern (§ 1361a IV BGB). Die nach § 1361a I 2 BGB zugewiesenen Gegenstände bleiben Eigentum des anderen Ehegatten, die nach § 1361a II BGB verteilten Gegenstände bleiben gemeinschaftliches Eigentum. Wenn die Ehegatten eine einvernehmliche Verteilung vornehmen, sind sie nicht daran gehindert, die Gegentsände auch gleich zu übereignen. Man wird dies unterstellen, wenn der Wille erkennbar ist, eine endgültige Regelung zu treffen. Wenn die Ehegatten getrennt leben oder einer von ihnen dies will, greift für die Ehewohnung § 1361b I 1 BGB: Jeder Ehegatte kann vom andern verlangen, daß er ihm die ganze Wohnung oder einen Teil davon allein überläßt, wenn dies zur Vermeidung einer unbilligen Härte erforderlich ist. Zu berücksichtigen sind dabei die Belange des anderen Ehegatten. Ferner ist es zu berücksichtigen, wenn einem der Ehegatten ein dingliches Nutzungsrecht an der Wohnung zusteht. Bei einer Mitwohnung ist dagegen völlig ohne Belang, wer sie gemietet hat. Der Anspruch hat damit folgende Voraussetzungen: S Die Ehegatten müssen getrennt leben oder der Antragsteller muß die Trennung herbeiführen wollen. S Der Antragsteller muß Gründe geltendmachen können, aus denen es ihm nicht mehr zugemutet werden kann, sämtliche Räume der Wohnung mit dem anderen zu teilen. Dafür reicht es nicht, daß ihm das nur lästig ist. Es muß objektiv unzumutbar sein. S Dem Antragsgegner muß - unter Abwägung der Gründe, die der Antragsteller für seinen Antrag hat - der Auszug oder der Verzicht auf einige Räume zumutbar sein. S Es darf auch nicht etwa eher dem Antragsteller als dem Antragsgegner der Auszug zugemutet werden können. S Ein dinglichen Nutzungsrecht, das nur einem der Ehegatten zusteht, verschiebt die Gewichte zugunsten seines Inhabers, ob das nun der Antragsteller oder der Antragsgegner ist. Es schließt aber die Entscheidung zugunsten des anderen Ehegatten nicht aus. Dessen Gründe müssen nur auch im Lichte dieser dinglichen Berechtigung noch die besseren sein. § 1361b II 1 BGB besagt, daß ein Ehegatte, der das Opfer eines Angriffs des anderen Ehegatten auf seinen Körper oder seine Freiheit geworden oder der vom anderen mit einem solchen Angriff bedroht worden ist, regelmäßig die alleinige Zuweisung der gesamten Wohnung verlangen kann. Das ist eine Spezialvorschrift, die den entsprechenden Anspruch aus § 2 GewSchG ausschließt. § 1361b IV BGB ist zu entnehmen, daß der Anspruch auf Überlassung der Wohnung nicht dadurch ausgeschlossen wird, das der Antragsteller zunächst selbst die Wohnung verlassen hat. Erst - 40 wenn seit seinem Auszug sechs Monate vergangen sind, ohne daß er eine ernstliche Rückkehrabsicht bekundet hat, wird unwiderlegbar vermutet, daß die Ehegatten sich damit auf die alleinige Nutzung durch den noch in der Wohnung befindlichen Ehegatten geeinigt haben. Von da an sind Anträge nach § 1361b I BGB ausgeschlossen. Nach § 1361b III 2 BGB hat ein Ehegatte, der dem andern die Wohnung ganz überlassen muß, Anspruch auf eine Nutzungsvergütung, es sei denn, dies wäre im Einzelfall unbillig. Das gilt über den Wortlaut der Vorschrift hinaus auch für Fälle, in denen die Ehegatten nicht das Gericht entscheiden lassen, sondern eine einverständliche Regelung treffen. Auch eine Wohnungszuweisung nach § 1361b I 1 BGB ändert an der Rechtslage im Verhältnis der Ehegatten zu Dritten nichts. Ist ein Ehegatte alleiniger Mieter der Wohnung, bleibt er dies auch, so lange sich nicht beide Ehegatten mit dem Vermieter über eine Vertragsänderung geeinigt haben. Dasselbe gilt, wenn die Eheleute die Wohnung gemeinsam gemietet haben. 4. Unterhalt a) Grundsatz Nach § 1361 I 1 BGB kann ein getrenntlebender Ehegatte vom anderen den nach den beiderseitigen Lebensverhältnissen und den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen des anderen angemessenen Unterhalt verlangen. Der Unterhalt ist durch eine monatlich im Voraus zu zahlende Rente zu gewähren (§ 1361 IV BGB). Das ist eine Generalklausel, denn die „Angemessenheit”ist ein unbestimmter Rechtsbegriff. Nimmt man die Vorschrift wörtlich, ist die konkrete Unterhaltshöhe eigentlich dem Ermessen des Gerichts überlassen, das über den Unterhalt entscheidet. Das entspricht der Rechtslage in anderen europäischen Ländern. Die Besonderheit in Deutschland besteht darin, daß die Gerichte mit deutscher Gründlichkeit versuchen, den Unterhalt „berechenbar” zu machen, in dem sie Richtlinien, Leitsätze und Tabellen entwerfen, aus denen sie bestimmte Unterhaltsbeträge „ermitteln”. Tatsächlich ist das aber angesichts der vielen darin enthaltenen Wertungen eine Scheingenauigkeit, die nicht wesentlich mehr Rechtssicherheit bringt, aber Zahl und Dauer der Unterhaltsprozesse erheblich vergrößert. Hätte der Richter der erster Instanz mehr wirkliche Ermessensfreiheit und würden sich die Obergerichte bei der Prüfung darauf beschränken, ob er etwa den Rahmen des ihm zustehenden Ermessens überschritten hätte, gäbe es weit weniger Rechtsmittel, kürzere Verfahren, kaum weniger Einzelfallgerechtigkeit, dafür aber mehr sinnvolle Ergebnisse. Mit den so „ausgerechneten” Beträgen gibt man sich international der Lächerlichkeit preis. Weshalb ein Anspruch von € 731 monatlich angemessen sein soll und nicht etwa € 700 oder € 750, ist nicht verständlich zu machen. Dabei gibt es aber Gerichte, die sogar noch Centbeträge auswerfen. Nur für den dynamisierten Kindesunterhalt ist das durch die Rundungsregel in § 1612a II 2 BGB ausgeschlossen. Ich bin der Auffassung, daß diese Vorschrift in allen anderen Fällen entsprechend angewendet werden sollte. Das wichtigste gerichtliche „Regelwerk” dieser Art ist die „Düsseldorfer Tabelle” (DüssTab). Sie beruht auf „Koordinierungsgesprächen” der nordrhein-westfälischen Oberlandesgerichte mit dem Deutschen Familiengerichtstag. Sie hat aber keinerlei Rechtsnormcharakter. Kein Richter in Deutschland ist an sie gebunden (auch nicht etwa die Amtsgerichte in NRW). Tatsächlich wendet auch - 41 kaum ein Familiensenat diese Tabelle ohne Modifikationen an. Von jedem Oberlandesgericht werden regelmäßig die an diesem Gericht angewandten Regeln als „Unterhalts-Leitlinien” veröffentlicht. Ich werde mich hier des öfteren auf die Unterhalts-Leitlinien des OLG Hamm (HammLL) in der Fassung vom 1. Juli 2005 beziehen. Mancherorts weichen die Leitlinien hiervon erheblich ab. Die Angaben in meiner Vorlesung sind auf die Gepflogenheiten anderer Oberlandesgerichte daher nur mit großer Vorsicht zu übertragen. Immer wieder entscheidet der BGH auch einmal, daß etwas in dieser Tabelle nicht rechtens sei, wobei das dann meistens in die nächste Düsseldorfer Tabelle eingearbeitet wird. Die Unterhaltsbeträge der Düsseldorfer Tabelle werden in regelmäßigen Abständen neu festgelegt und zwar immer dann, wenn auch eine neue Regelunterhaltsverordnung erlassen wird. Das ist nach § 1612a IV 1 BGB immer am 1. Juli der ungeraden Kalenderjahre der Fall. Derzeit gilt also die DüssTab vom 1. Juli 2005. Die nächste Anpassung wird am 1. Juli 2007 folgen. Die DüssTab ist jedenfalls insoweit Grundlage der Unterhaltsrechtsprechung in ganz Deutschland, als praktisch alle Gerichte von ihr ausgehen und lediglich in konkreten Einzelfragen von ihr abweichen. Auch ich werde, was das Unterhaltsrecht angeht, hier die Grundsätze der DüssTab unterrichten, ohne auf Eigenheiten anderer Gerichte einzugehen. b) Allgemeine Grundsätze der Unterhaltsberechnung Die Berechnung des Unterhalts erfolgt allgemein in folgenden Einzelschritten: S Festgestellt wird zunächst der angemessene Bedarf des Unterhaltsgläubigers. Sodann stellt man fest, welches eigene Einkommen der Unterhaltsgäubiger hat. Der Betrag, um den sein Bedarf sein Einkommen übersteigt (sein ungedeckter Bedarf) bestimmt seine Bedürftigkeit. S Im nächsten Schritt wird die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners festgestellt, indem man von dessen Einkommen das abzieht, was er für seine eigene Lebensführung benötigt - den Eigenbedarf. Entspricht die Leistungsfähigkeit des Schuldners der Bedürftigkeit des Gläubigers oder übersteigt sie sie sogar, so kann der Gläubiger in Höhe seiner Bedürftigkeit Unterhalt verlangen. Übersteigt dagegen die Bedürftigkeit des Gläubigers die Leistungsfähigkeit des Schuldners, wird der Anspruch durch letztere begrenzt. Der Gläubiger bekommt dann freilich nicht alles, was er zur Bedarfsdeckung braucht. Man nennt das einen Mangelfall. Verkompliziert wird die Rechnung bei Ehegatten dadurch ganz erheblich, daß man zwischen dem angemessenen Bedarf der Eheleute - nämlich demjenigen, der dem Lebensstandard in der Ehe entspricht - und ihrem notwendigen Bedarf - nämlich dem, was sie zum Leben unbedingt benötigen unterscheiden muß. Die unterschiedlichen Begriffe des Bedarfs ziehen nämlich auch zwei unterschiedliche Begriffe von Bedürftigkeit und Leistungsfähigkeit nach sich. Der Betrag, den der Gläubiger erhalten muß, um seinen angemessenen Bedarf zu decken, wird als voller Unterhalt bezeichnet, derjenige, den er erhalten muß, um gerade eben leben zu können, als notwendiger Unterhalt. (Besser würde man vom vollen bzw. notwendigen Bedarf sprechen.) Ebenso unterscheidet man beim Unterhaltsschuldner zwischen dem angemessenen Eigenbedarf und dem notwendigen Eigenbedarf, den man auch den Selbstbehalt nennt. Das ist also der Betrag, den der Unterhaltsschuldner unbedingt behalten können muß, um gerade eben noch selbst leben zu können. Vollen Unterhalt schuldet der Unterhaltsschuldner nur, so lange ihm sein angemessener - 42 Eigenbedarf verbleibt. Wäre das nicht der Fall, spricht man von einem relativen Mangelfall, der aber nur bedeutet, daß beide Ehegatten gleichmäßige Abstriche von ihrem bisherigen Lebenszuschnitt machen müssen. Der Unterhaltsgläubiger erhält dann weniger als den vollen, aber immer noch mehr als den notwendigen Unterhalt. Dem Unterhaltsschuldner verbleibt weniger als sein angemessener Eigenbedarf, aber immer noch mehr als sein Selbstbehalt. Erst wenn die Verhältnisse so beengt sind, daß der Unterhaltsschuldner nicht einmal den notwendigen Unterhalt zahlen kann, ohne seinen Selbstbehalt zu unterschreiten, ist eine absolute Grenze erreicht. Der Unterhaltsschuldner muß nur so viel zahlen, daß ihm noch genau der Selbstbehalt bleibt. Trotzdem kann der Unterhaltsgläubiger hiervon nicht leben. Man nennt das einen absoluten Mangelfall. c) Konkrete Berechnung des Getrenntlebensunterhalts Die Ehegatten sollen den Lebensstandard behalten, den sie auch ohne die Trennung innehätten. Der wird in erster Linie durch das Einkommen geprägt, weshalb das Einkommen der Ehegatten wiederum die Basis für die Berechnung des angemessen Bedarfs und des angemessenen Eigenbedarfs darstellt. Das Einkommen eines jeden Ehegatten taucht in der Rechnung deshalb zweimal auf. Es ist einmal für die Frage von Bedeutung, wie hoch sein angemessener Lebensbedarf ist und dann noch einmal für die Frage seiner Bedürftigkeit oder Leistungsfähigkeit. Die beiden Einkommensbegriffe sind aber nicht identisch. Sie treffen sich häufig, aber nicht immer. In die Bedarfsberechnung ist nämlich nur Einkommen einzubeziehen, das die ehelichen Verhältnis geprägt hat, das sog. eheprägende Einkommen. Dagegen kommt es bei der Berechnung von Bedürftigkeit und Leistungsfähigkeit hierauf nicht an. Entscheidend ist da nur das Einkommen, das von den Ehegatten jetzt erzielt wird. Während der Trennung decken sich beide Einkommensbegriffe der Höhe nach zunächst. Auch wenn sich die Einkommenshöhe ändert oder ein Einkommen hinzukommt, das vor der Trennung nicht erzielt wurde, bedeutet das nicht, daß dies nun nicht mehr eheprägend wäre. Die Rechtsprechung erkennt ein Einkommen nur dann nicht mehr als eheprägend an, wenn es nach der Trennung aufgrund einer unverhersehbaren, völlig außergewöhnlichen Entwicklung der Verhältnisse oder aber ausschließlich aufgrund der Trennung erzielt wird. Dabei nimmt die Rechtsprechung an, daß das Einkommen, daß durch die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit durch den bisher den Haushalt führenden Ehegatten immer bedarfsprägend ist (ob sie nun wegen der Trennung oder aufgrund einer vorher schon vorhanden Planung gechieht), weil es nur an die Stelle des geldwerten Vorteils tritt, der in der Haushaltsführung schon während der intakten Ehe zu sehen war. Vom Erwerbseinkommen eines Ehegatten nimmt man einen Abzug von 1/7 vor, bevor man es in die Bedarfsberechnung einstellt. Dieser Abzug, der sog. Erwerbstätigenbonus, soll die nicht in Geld meßbaren Nachteile ausgleichen, die ein Erwerbstätiger auf sich nimmt und gleichzeitig einen Anreiz dazu schaffen, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen oder aufrechtzuerhalten. Von jedem Erwerbseinkommen prägen daher nur 6/7 den Bedarf der Ehegatten (Nr. 15.2.1 HammLL). Im übrigen gilt aber die Regel, daß der Bedarf der Ehegatten, soweit er sich aus dem eheprägenden Einkommen berechnet, identisch ist, also nach der Trennung einfach halbiert wird. Da 3/7 die Hälfte von 6/7 sind, sind es immer 3/7, die dem Anteil des einen Ehegatten am eheprägenden Erwerbseinkommen des anderen Ehegatten entspricht, während sein Anteil an andersartigem Einkommen 1/2 ausmacht. - 43 Folgende Beispiele machen das deutlich: M ist erwerbstätig und verdient € 2.800. F ist Hausfrau. Nach der Trennung erhält sie € 1.200 Unterhalt, nämlich 3/7 von € 2.800. Denn von den € 2.800 rechnen nur 6/7, also € 2.400 zum gemeinsamen Bedarf der Ehegatten (die übrigen € 400 sind der Erwerbstätigenbonus von M), wovon ihr Bedarf die Hälfte, nämlich € 1.200 ausmacht. Sein angemessener Eigenbedarf beträgt ebenfalls € 1.200 zuzüglich des Erwerbstätigenbonus (1/7 von € 2.800). Zusammen sind das € 1.600, exakt das, was ihm verbleibt, wenn er € 1.200 Unterhalt zahlt. Das muß sich in dem Beispiel decken, denn es gibt ja nur eheprägendes Einkommen (siehe B I 1 a DüssTab). Ist M Rentner mit € 2.800 Rente im Monat und F Hausfrau, gibt es keinen Erwerbstätigenbonus. F bekommt genau die Hälfte, also € 1.400 (siehe B I 2 DüssTab). Verdient M € 2.100 durch Arbeit und € 700 als Reinerlös aus der Vermietung eines Hauses, steht ihm ein Erwerbstätigenbonus nur hinsichtlich des Arbeitseinkommens zu. M bekommt dann 3/7 von € 2.100 (also € 900) und 1/2 von € 700 (€ 350), mithin insgesamt € 1.250 an Unterhalt. Und auch hier ist das, was M verbleibt, genau sein angemessener Eigenbedarf, nämlich € 1.250 zuzüglich der € 300 Erwerbstätigenbonus aus seinem Arbeitseinkommen. Einkommen, das der Unterhaltsgläubiger erzielt, vermindert seine Bedürftigkeit. Auch hier gilt, daß ihm von einem Erwerbseinkommen 1/7 als Erwerbstätigenbonus allein zusteht, folglich nur 6/7 auf den angemessenen Bedarf anzurechnen sind. Im übrigen gilt auch da wieder das Prinzip der gleichmäßigen Beteiligung. Auch das ist anhand eines Beispieles am einfachsten zu verstehen: M ist erwerbstätig und verdient € 3.500. F ist ebenfalls erwerbstätig und verdient € 2.100. Nach der Trennung steht F 3/7 vom Einkommen des M zu (also € 1.500), wobei sie den Bedarf aber in Höhe von 3/7 ihres eigenen Einkommens (€ 900) selbst deckt. Sie kann folglich noch € 600 an Unterhalt verlangen. Da nach den Regeln der Mathematik (3/7)xa - (3/7)xb = 3/7x (a-b) ist, läßt sich das auch einfacher rechnen: Der Unterhaltsanspruch beträgt 3/7 der Einkommensdifferenz, also 3/7 von € 1.400, eben € 600 (siehe B I 1 b DüssTab). Man kann das auch ganz anders rechnen, ohne daß das Ergebnis anders aussieht: Der gemeinsame Bedarf der Ehegatten beträgt 6/7 von € 3.500 (also € 3.000) zuzüglich 6/7 von € 2.100 (also € 1.800), insgesamt folglich € 4.800. Ihr Bedarf ist die Hälfte davon (€ 2.400) zuzüglich ihres Erwerbstätigenbonus (€ 300), also € 2.700. Da sie € 2.100 verdient, fehlen ihr € 600 zum vollen Unterhalt. Sein angemessener Eigenedarf liegt bei € 2.400 zuzüglich seines Erwerbstätigenbonus von € 500, also bei € 2.900. Wenn er € 600 zahlt, bleibt ihm genau dieser. Man kann freilich nicht mehr einfach mit der Differenz rechnen, wenn sich in der Rechnung Erwerbs- und andere Einkommen mischen. Dann muß man die einzelnen Einkommen nach dem jeweils für sie geltenden Maßstab aufteilen: Wenn M Rentner ist mit € 2.100 Rente und F € 1.400 Arbeitseinkommen hat, beträgt der Unterhaltsanspruch von F € 450, nämlich 1/2 von € 2.100 abzüglich 3/7 von € 1.400. Hat M ein Arbeitseinkommen von € 2.800 und Mieteinnamen von € 700 und F erhält € 1.400 Rente, ist die Rechnung folgende: F stehen 3/7 von € 2800 (also € 1.200) und jeweils 1/2 von € 700 und € 1.400 zu, folglich insgesamt € 2.250, von denen sie € 1.400 selbst hat, so daß sie noch € 850 Unterhalt verlangen kann. Der Bedarf von M beträgt € 2.250 zuzüglich seines Erwerbstätigenbonus von € 400, also € 2.650, exakt so viel, wie er übrig hat, wenn er von seinen € 3.500 den berechneten Unterhalt zahlt. - 44 Bisher gehen die Beispiele immer davon aus, daß das Einkommen der Ehegatten dasselbe ist wie vor der Trennung. Die Rechnung sieht aber auch nicht anders aus, wenn das nicht so ist, es sei denn, es handelt sich um ein nicht eheprägendes Einkommen. Dann muß zwischen der Bedarfsberechnung einerseits und der Berechnung der Bedürftigkeit und Leistungsfähigkeit genauer unterschieden werden: M verdient € 2.100 durch Arbeit. F ist Hausfrau. Nach der Trennung gewinnt M im Lotto und hat nun außerdem € 10.000 monatliche Zinseinnahmen. F beginnt wieder zu arbeiten und verdient € 1.400. Ihr Unterhaltsanspruch beträgt € 600. Denn ihr Arbeitseinkommen prägt die ehelichen Verhältnisse, sein Lottogewinn nicht, da er ja auf einer unverhersehbaren, völlig außergewöhnlichen Entwicklung der Verhältnisse beruht. Wenn sie € 600 bekommt, ist folglich ihr angemessener Bedarf bedeckt. Sie bekommt den vollen Unterhalt. Mehr kann sie nicht fordern. M verdient € 2.100 durch Arbeit. F ist Hausfrau. Nach der Trennung gewinnt F im Lotto und verfügt nun über € 10.000 monatliche Zinseinnahmen. Niemand bekommt Unterhalt. Denn ihr Bedarf beträgt € 900 (nämlich 3/7 von € 2.100) und ihr Einkommen liegt weit darüber. Sein Bedarf beträgt da ja der Lottogewinn insoweit nicht zählt - € 1.200 (nämlich 4/7 von € 2.100) und da liegt auch er mit seinem Einkommen deutlich darüber. Erst im absoluten Mangelfall ändert sich diese Rechnung radikal: M verdient € 1.400 durch Arbeit. F ist arbeitsunfähig krank. Der angemessene Bedarf von F liegt bei € 600. Würde M so viel zahlen, blieben ihm aber nur noch € 800. Da ja aber sein Selbstbehalt in der kinderlosen Ehe regelmäßig mit € 1.000 anzunehmen ist (siehe Nr. 21.4.1 HammLL), braucht er nur € 400 Unterhalt zu zahlen. Nach der Rechtsprechung des BGH kann übrigens der notwendige Bedarf des Unterhaltsgläubigers nicht über dem vollen Unterhalt liegen. Das sog. „Existenzminimum“ in Nr. 21.4.2 HammLL spielt bei der Verteilung des eheprägenden Einkommens keine Rolle. M verdient € 1.750 durch Arbeit. F ist arbeitsunfähig krank. Der angemessene (und damit auch der notwendige) Bedarf von F liegt bei € 650. Mehr muß M nicht zahlen, obwohl er sogar € 750 zahlen könnte, ohnen seine Selbstbehalt anzugreifen. Nach Ansicht des BGH ist dies eben noch kein absoluter Mangelfall. d) Erwerbsobliegenheiten und fiktives Einkommen i) auf Gläubigerseite § 1361 II BGB bestimmt, daß der Unterhaltsgläubiger, der nicht oder nur teilweise erwerbstätig ist, nur dann darauf verwiesen werden darf, seinen Unterhalt durch eine Erwerbstätigkeit selbst zu verdienen, wenn das nach den Umständen des Falles von ihm erwartet werden kann. Es entsteht dann eine Erwerberbsobliegenheit. Wann das genau der Fall ist, läßt sich nicht exakt sagen. Es hängt von der Dauer der Ehe, der Länge der Zeit, während der er nicht erwerbstätig war und überhaupt von den wirtschaftlichen Verhältnissen der Eheleute ab. Je beengter diese sind, desto eher wird man erwarten, daß der bisher nicht erwerbstätige Ehegatte zur Entlastung beiträgt. Keine Erwerbsobliegenheit treffen einen Ehegatten, der gemeinsame minderjährige Kinder betreut, so lange eines davon noch die Grundschule besucht (Nr. 17.1 S. 1 HammLL). Jedenfalls nicht mehr als einer Halbtagstätigkeit muß nachgehen, wer gemeinsame minderjährige Kinder betreut, die noch nicht 16 Jahre alt sind (Nr. 17.1 S. 3 HammLL). Im übrigen besteht innerhalb des ersten Jahres der Trennung in der Regel auch sonst keine Obliegenheit, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen oder auszudehnen (Nr. 17.2 HammLL). - 45 Die Betreuung eines Kindes, das nicht zugleich das des anderen Ehegatten ist, schließt die Erwerbsobliegenheit nicht in der schematischen Weise aus wie ein gemeinsames Kind. Da ja aber die Betreuung dieses Kindes schon die ehelichen Verhältnisse geprägt hat, wird man auch da davon ausgehen können, daß auch in diesem Fall eine Erwerbsobliegenheit erst nach einer längeren Trennungszeit entsteht, falls das Kind noch entsprechend jung ist. Allgemein gilt: Je kürzer die erwerbslose Phase vor der Trennung war, je länger die Trennung schon über ein Jahr hinaus andauert, je beengter die wirtschaftlichen Verhältnisse insgesamt sind und je weniger Betreuungspflichten der nicht erwerbstätige Ehegatte hat, desto eher wird die Annahme einer Erwerbsobliegenheit in Betracht kommen. Besteht eine Erwerbsobliegenheit, und kommt der Unterhaltsgläubiger ihr nicht nach, bedeutet das nicht, daß er seinen Unterhaltsanspruch verliert. Er muß sich dann nur so behandeln lassen, als würde er die Obliegenheit erfüllen. Das geschieht dadurch, daß man ein fiktives Einkommen in die Berechnung einstellt (Nr. 9 HammLL), nämlich das Einkommen, das der Unterhaltsgläubiger erzielen würde, wenn er seiner Obliegenheit nachkäme. Dazu ein Beispiel: M ist Chefarzt und verdient € 7.000. F ist gelernte Krankenschwester, hat aber während der Ehe nicht gearbeitet. Nach eineinhalb Jahren Trennung wäre ihr eine Arbeit als Krankenschwester zuzumuten. Sie könnte dadurch € 1.400 im Monat verdienen. Während der ersten eineinhalb Jahre der Trennung erhält sie € 3.000 Unterhalt (nämlich 3/7 von € 7.000), danach nur noch € 2.400 (nämlich 3/7 der Differenz zwischen seinem wirklichen und ihrem fiktiven Einkommen). Nun liegt es ganz an ihr, ob sie tatsächlich arbeiten gehen oder aber sich mit € 2.400 zufrieden geben will. Umgekehrt kann es auch passieren, daß der Unterhaltsgläubiger einer Erwerbstätigkeit nachkommt, obwohl ihn eigentlich eine Erwerbsobliegenheit gar nicht trifft. Man spricht dann von überobligationsmäßigem Einkommen. Was dann geschieht, ist für den Trennungsunterhalt nicht näher geregelt. Die Rechtsprechung wendet darum § 1577 II BGB, der eigentlich für den nachehelichen Unterhalt gilt, analog an. Danach gilt: S Soweit der Unterhaltsschuldner weniger als den vollen Unterhalt leistet, bleibt der Teil des überobligationsmäßigen Einkommens, der notwendig ist, um das auszugleichen, anrechnungsfrei. S Im übrigen erfolgt eine Anrechnung „nach Billigkeit“. Je nach Lage des Falles kann das Gericht es ganz, gar nicht oder zu einem Teil anrechnen. Das hängt davon ab, was als gerecht erscheint. S Umstritten ist die Frage, ob das überobligationsmäßige Einkommen in dem Umfang, in dem es dann angerechnet wird, auch bedarfsprägend sein kann. Das OLG Hamm nimmt das inzwischen jedenfalls an (vgl. Nr. 17.3 HammLL). Freilich ist es bedarfsprägend nur unter den Voraussetzungen, unter denen das jedes andere Einkommen auch ist. Zwei Beispiele hierzu: M ist Chefarzt und verdient € 7.000. F ist gelernte Krankenschwester. Sofort nach der Trennung beginnt sie wieder, in ihrem Beruf zu arbeiten, weil ihr langweilig ist und verdient € 1.400. Das müßte sie nicht (Nr. 17.2 HammLL). Da ihr ihr Ehemann den vollen Unterhalt (nämlich € 3.000) zahlen kann, hängt es von der Billigkeit ab, inwieweit ihr Einkommen berücksichtigt wird. Soweit es berücksichtigt wird, ist es auch bedarfsprägend, da es wirtschaftlich an die Stelle ihrer Haushaltstätigkeit getreten ist. Das Gericht könnte nun zum Beispiel entscheiden, daß es dieses Einkommen im ersten Jahr der Trennung zur Hälfte anrechnet. Danach ist es nicht mehr überobligationsmäßig und wird voll - 46 angerechnet. Dann bekommt sie im ersten Jahr € 2.700 (nämlich 3/7 der Differenz zwischen € 7.000 und € 700) und im zweiten Jahr noch € 2.400 an Unterhalt. M arbeitet und verdient € 1.400. F ist arbeitsunfähig krank, arbeitet aber dennoch stundenweise und verdient € 320. Das müßte sie nicht. Da ihr voller Unterhalt € 600 betragen würde, M ihr aber ohnehin nur € 400 zahlen kann, sind € 200 von vornherein von der Anrechnung ausgenommen. Nur die übrigen € 120 könnten angerechnet werden, soweit das der Billigkeit entsprechen würde. Das kann nun vom Fall abhängen. Vermutlich würde das Gericht sie in einem solchen Fall nur in geringem Umfang anrechnen. Ist sie nur gezwungen zu arbeiten, weil er bis jetzt nichts zahlt, würde es vermutlich nichts anrechnen. Für andere Einkommensarten als Erwerbseinkommen gilt, daß der Unterhaltsschuldner alles Zumutbare unternehmen muß, um es zu erzielen. Hat er Vermögen, muß er es verzinslich anlegen. Hat er ein Grundstück, muß er es bewirtschaften oder verpachten. Wieder wird ein fiktives Einkommen in die Berechnung eingestellt, wenn er dies unterläßt (Nr. 9 HammLL). ii) auf Schuldnerseite In welchem Umfang der Unterhaltsschuldner verpflichtet ist, sich selbst leistungsfähig zu stellen, ist eines der großen Rätsel des Ehegattenunterhalts. Klar ist das nur privilegierten Kindern gegenüber (vgl. unten S. 50). Da Kinder und Ehegatten nach § 1609 II 1 BGB auf einer Rangstufe stehen, treffen den Schuldner, der Kindern und einem Ehegatten Unterhalt schuldet, beiden gegenüber auch die gleichen Erwerbsobliegenheiten. In anderen Fällen ist das nicht so klar. Klar ist aber, daß der Unterhaltsgläubiger seine Obliegenheiten immer dann verletzt, wenn er in Kenntnis seiner Unterhaltspflicht freiwillig auf ein erzielbares Einkommen verzichtet. Er wird dann so behandelt, als würde er dieses Einkommen erzielen, indem es ihm als fiktives Einkommen zugerechnet wird. Auch auf Schuldnerseite kann es überobligationsmäßiges Einkommen geben. Hier existiert überhaupt keine Vorschrift dazu, was damit zu geschehen hat. Die Rechtsprechung wendet § 1577 II BGB umgekehrt analog an und entscheidet auch dies nach Billigkeit im Einzelfall. Freilich ist nicht schon alles, was über eine Vollzeiterwerbstätigkeit hinausgeht, überobligationsmäßig. Überstunden und Nebentätigkeiten, die entweder nur in geringem Umfang anfallen oder berufstypisch sind, gehören noch zum „normalen“ Einkommen (Nr. 1.3 S. 1 HammLL). Alles was darüber hinaus geht, wird entsprechend dem überobligationsmäßigen Einkommen auf Schuldnerseite behandelt (Nr. 1.3 S. 2 HammLL). Es wird also nicht angerechnet, soweit der Schuldner es benötigt, um seinen angemessenen Eigenbedarf zu decken und im übrigen in dem Umfang, der nach den Umständen des Falles der Billigkeit entspricht. Dazu ein Beispiel: M ist Workoholic und arbeitet Tag und Nacht, wodurch er sein „normales“ Vollzeit-Erwerbseinkommen von € 2.800 auf € 4.200 nach oben treibt. F ist Hausfrau. Nach der Trennung schuldet er in jedem Fall 3/7 der € 2.800, also € 1.200 Unterhalt. Inwieweit er auch aus den weiteren € 1.400 Unterhalt zu zahlen hat, wird nach den Umständen des Falles entschieden. Da ja F unter seiner Manie auch immer gleichzeitig hat leiden müssen, wird man wohl einen Teil davon - z.B. die Hälfte - anrechnen. Es wären dann € 3.500 als Einkommen anzunehmen. Er müßte folglich € 1.800 Unterhalt zahlen. - 47 e) Berechnung des Einkommens Bisher ist in allen Beispielen das Monatseinkommen als gegebene Größe behandelt worden. Nun soll noch erläutert werden, wie man es berechnet: Für das Einkommen aus einer abhängigen Erwerbstätigkeit wird der Gesamtbetrag des letzten Jahres durch zwölf geteilt, jährliche Sonderzahlungen (Urlaubs-, Weihnachtsgeld), soweit es sie denn noch gibt, also auf alle Monate umgelegt (Nr. 1.1 HammLL). Gezahlte Steuern und bestimmte Vorsorgeaufwendungen werden abgezogen (Nr. 10 HammLL), erhaltene Steuererstattungen in dem Jahr dazugezählt, in dem sie geflossen sind (Nr. 1.7 HammLL), so daß im Ergebnis das durchschnittliche Monats-Nettoeinkommen des vergangen Jahres ausschlaggebend ist. Hiervon sind berufsbedingte Aufwendungen abzuziehen, wenn sie konkret dargelegt werden (Nr. 10.2.1 HammLL). Fahrten mit dem eigenen Pkw zum Arbeitsplatz können nach der in Nr. 10.2.2 HammLL genannten Formel pauschaliert werden (Entfernung in km x 2 x € 0,24 x 220/12). Bei selbständiger Tätigkeit wird der Durschnitts-Reingewinn der letzten drei Jahre - unter Umständen von noch mehr Jahren - durch zwölf geteilt (Nr. 1.5). Bei Sozialleistungen kommt es auf ihre Zweckbestimmung an. Stellen sie den Ersatz für ein Erwerbseinkommen dar, sind sie wie dieses Einkommen. Sonst sind sie es in der Regel auch, es sei denn, der Unterhaltsgläubiger bekommt sie gerade weil der Unterhaltsschuldner nicht leistet oder das entsprechende Sozialgesetz ordnet ausdrücklich das Gegenteil an (wie z.B. § 9 BErzGG). Arbeitslosengeld II und Sozialhilfe zählt nur dann als Einkommen, wenn der Leistungsträger daran gehindert ist, beim Unterhaltsschuldner Regreß zu nehmen. Das Zusammenleben mit einem Dritten kann - wenn es nicht nach §§ 1361 III, 1579 Nr. 7 BGB relevant ist (dazu unten S. 66) - auf zwei Arten Berücksichtigung finden: Führt derjenige, der mit einem Dritten zusammenlebt, diesem unentgeltlich den Haushalt, ist ihm hierfür ein verschleiertes Einkommen in Höhe des Geldwertes dieser Haushaltsführung anzurechnen. Nach Nr. 6.1 HammLL soll man zwischen € 250 und € 500 dafür ansetzen, allerdings nur, wenn der Dritte in dieser Höhe überhaupt leistungsfähig ist. Außerdem ist das Zusammenleben mit einem Dritten ein Umstand, der durch die damit verbundenen Ersparnisse den Bedarf des Betreffenen mindert. Das Gericht kann dann - je nachdem ob es sich um den Unterhaltsgläubiger oder den Unterhaltsschuldner handelt - entweder den vollen Unterhalt oder den angemessenen Eigenbedarf, im Mangelfall auch den Selbstbehalt niedriger festsetzen. Freiwillige Zuwendungen Dritter sind nur Einkommen, wenn der Dritte in der Absicht handelt, sie beiden Ehegatten zugutekommen zu lassen (Nr. 8 S. 1 HammLL). Im absoluten Mangelfall kann das Gericht sie auch ohne Einverständnis des Dritten als Einkommen behandeln (Nr. 8 S. 2 HammLL). Als Einkommen zählt es auch, wenn einem Ehegatten Wohnraum unentgeltlich zur Verfügung steht (Nr. 5.1 HammLL). Dann ist die ortsübliche Vergleichsmiete als Einkommen zu berücksichtigen (Nr. 5.3 HammLL). Der Ehegatte, der während der Trennung noch in der ehelichen Wohnung lebt, braucht sich jedoch nur die Miete für eine angemessene kleinere Wohnung anrechnen zu lassen, weil - 48 es vor der Scheidung nicht zumutbar ist, die Ehewohnung aufzugeben (Nr. 5.2 HammLL). Kindesunterhalt (dazu unten S. 49 ff.) ist vom Einkommen desjenigen abzuziehen, der ihn in bar zu entrichten hat (Nr. 10.5 HammLL). Dabei bleibt die Kindergeldanrechnung außer Betracht, weil sie einer gleichmäßigen Verteilung des Kindergeldes dient, die verfälscht würde, wenn man das Kindergeld wieder in die Einkommensverteilung mit einbezöge. Wer ein Kind betreut und ein Erwerbseinkommen erzielt, kann außerdem die konkret angefallenen Kinderbetreuungskosten - so weit sie mit der Erwerbstätigkeit zusammenhängen - von diesem Einkommen abziehen (Nr. 10.3 HammLL). Kann er solche konkreten Betreuungskosten nicht nachweisen, kann das Gericht ihm (zusätzlich zum Erwerbstätigenbonus) von seinem Einkommen einen Betreuungsbonus belassen, der die Höhe des im Falle der Barunterhaltspflicht zu zahlenden Betrages aber nicht erreichen darf. Wer ein Kind betreut und ihm den vollen Unterhalt gewährt, kann den Barbetrag dieses Unterhalts und Kinderbetreuungskosten vom seinem Einkommen abziehen. Vom Einkommen eines jeden Ehegatten können außerdem Zahlungsverpflichtungen aus Verbindlichkeiten abzuziehen sein, wenn die Schulden entweder noch vor der Trennung begründet worden sind, oder ihre Eingehung unumgänglich war. Dabei ist aber nur der Rückzahlungsbetrag anzurechnen, der unter Berücksichtigung der durch die Trennung beengten finanziellen Verhältnisse angemessen ist. Der Schuldner ist grundsätzlich verpflichtet, dieser Veränderung dadurch Rechnung zu tragen, daß er mit dem Gläubiger eine Streckung (oder gar zeitweilige Aussetzung) der Tilgung vereinbart. Nur wenn er dies versucht hat und sich der Gläubiger dagegen sperrt, sind die monatlichen Verpflichtungen in voller Höhe vom Einkommen abzuziehen. Die Berücksichtigung von Zahlungsverpflichtungen aus Schulden ist immer eine Frage der Billigkeit im Einzelfall (Nr. 10.4.1 S. 3 HammLL). Schulden, die schon die ehelichen Verhältnisse geprägt haben oder aus Gründen eingegangen worden sind, die durch die ehelichen Verhältnisse schon angelegt waren, sind eheprägend und deshalb bei der Bedarfsberechnung und bei der Bemessung von Leistungsfähigkeit und Bedürftigkeit vom Einkommen abzuziehen, andere Schulden sind - wenn sie überhaupt berücksichtigt werden können - nur bei letzterem wichtig. Das ist so ähnlich wie auch beim Einkommen. Anhand von Abzügen, die die ehelichen Verhältnisse nicht geprägt haben, läßt sich nun auch der relative Mangelfall erklären: M arbeitet und verdient € 2.800. F ist Hausfrau. Nach der Trennung erleidet M einen Unfall und muß, da nicht ausreichend krankenversichert, eine Therapiemaßnahme durch Kredit finanzieren. Diesen zahlt er in monatlichen Raten von € 350 ab. Daß ist der günstigte Tilgungsplan, mit dem der Gläubiger einverstanden war. Die Schulden sind, da erst nach der Trennung entstanden, zwar nicht bedarfsprägend, andererseits aber, da notwendig, trotzdem berücksichtigungsfähig. Das bedeutet: Der volle Unterhalt für F würde € 1.200 betragen (3/7 von € 2.800), denn für die Bedarfsberechnung sind die Schulden nicht relevant. Wenn M € 1.200 zahlen würde, blieben ihm selbst aber nur € 1.250 übrig. Da ja aber auch sein angemessener Eigenbedarf € 1.200 beträgt - und ihm überdies ein Erwerbstätigenbonus in Höhe von 1/7 von 2.450 €, also € 350 - zusteht, er also eigentlich € 1.550 übrig haben müßte, liegt ein relativer Mangelfall vor. § 1361 BGB schweigt dazu, wie der behandelt werden soll. Daher wird § 1581 S. 1 BGB hierauf analog angewendet. Der in der gemeinsamen Kasse fehlende Betrag ist nach Maßgabe der Billigkeit zu aufzuteilen. Die insgesamt fehlenden € 300 - 49 müssen also zwischen M und F aufgeteilt werden. Nach welchem Maßstab, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab, z.B. auch davon, ob M den Unfall verschuldet hat, ob F ihn gar mitverursacht hat usw. Im Zweifel wird man das Manko gleichmäßig verteilen, so daß F statt € 1.200 nur € 1.050 Unterhalt bekommt, wobei dann auch M statt € 1.550 nur € 1.400 übrig behält. f) trennungsbedingter Mehrbedarf Im Prinzip kann jeder Ehegatte verlangen, daß er so leben kann wie vor der Trennung. Eigentlich müßte der Unterhaltsgläubiger daher den Mehrbedarf, den die Trennung für ihn mit sich bringt, zusätzlich verlangen dürfen, während der Unterhaltsschuldner umgekehrt ihn seinem angemessenen Eigenbedarf hinzurechnen müssen dürfte. So lange nur eheprägendes Einkommen existiert, kann das freilich nicht funktionieren. Es wird daher so verfahren, daß der trennungsbedingte Mehrbedarf vernachlässig wird, so lange das vorhandene Einkommen mit dem eheprägenden Einkommen identisch ist. Wenn aber - auf einer Seite - nichtprägendes Einkommen vorhanden ist, ist der konkret nachgewiesene Mehrbedarf zu berücksichtigen (Nr. 15.5 HammLL). Außerdem ist derjenige, der überobligationsmäßiges Einkommen erzielt, analog § 1577 II BGB berechtigt, zunächst seinen eigenen trennungsbedingten Mehrbedarf davon zu decken. g) Herabsetzung des Unterhalts aus Billigkeitsgründen Nach § 1361 III BGB kann der Unterhaltsanspruch herabgesetzt - nicht ganz ausgeschlossen werden, wenn einer der in § 1579 Nr. 2 bis 7 BGB genannten Härtegründe vorliegt. Die Nr. 1 (kurze Ehedauer) ist auf den Trennungsunterhalt nicht anwendbar, weil die Ehe ja noch andauert. Zu den einzelnen Herabsetzungsgründen des § 1579 BGB wird unten S. 64 ff. näheres ausgeführt. h) Kindesunterhalt Der Kindesunterhalt ist im Fall der Trennung nicht nur als Abzugsposten beim Einkommen des Unterhaltsschuldners von Interesse. Er ist es auch deshalb, weil unter getrenntlebenden Ehegatten § 1629 III BGB eine gesetzliche Prozeßstandschaft vorsieht: Derjenige Elternteil, bei dem sich ein minderjähriges Kind nach der Trennung gewöhnlich aufhält, kann den Unterhalt für dieses Kind im eigenen Namen vom anderen Elternteil verlangen. Das gilt nur, so lange die Eltern miteinander verheiratet sind. Es gilt außerdem nur, wenn der Aufenthalt rechtmäßig begründet wurde, nämlich entweder mit dem Einverständnis des anderen Elternteils oder gestützt auf eine gerichtliche Verfügung. Der Unterhaltsanspruch der Kinder gegen ihre Eltern gründet sich auf § 1601 BGB. Unter Verwandten gerader Linie wird bei Bedürftigkeit des einen und Leistungsfähigkeit des anderen Unterhalt geschuldet. Normalerweise muß der Unterhaltsschuldner keine besonderen Anstrengungen unternehmen, um sich leistungsfähig zu stellen. Ihn trifft keine gesteigerte Erwerbsobliegenheit. Er muß lediglich das Einkommen erzielen, daß er ohne größere Anstrengungen erzielen kann und darf nicht im Bewußtsein der Unterhaltsverpflichtung auf ein solches Einkommen verzichten. Außerdem braucht er nicht zu leisten, wenn er dadurch seinen eigenen angemessenen Unterhalt gefährden würde (§ 1603 I BGB). Diesen sog. großen Selbstbehalt setzt man mit € 1.100 an (Nr. 21.3.1 HammLL). Manchmal wird er auch als angemessener Eigenbedarf bezeichnet, was ich vermeide, weil das sehr leicht mit dem nach - 50 den ehelichen Verhältnissen angemessenen Eigenbedarf verwechselt werden kann. § 1603 II BGB bestimmt aber daß Eltern unter bestimmten Voraussetzungen ihren Kindern gegenüber verpflichtet sind, alle verfügbaren Mittel einzusetzen, um sie zu unterhalten. Das verpflichet sie zu allen auch nur entfernt zumutbaren Anstrengungen. Unternehmen sie diese nicht, ist ihnen wieder das nicht erzielte Einkommen als fiktives Einkommen anzurechnen. Es besteht also eine gesteigerte Erwerbsobliegenheit. Außerdem können die Eltern ihnen gegenüber nur den kleinen, notwendigen Selbstbehalt (Nr. 21.2 HammLL) von € 890 oder € 770 geltend machen. Man kann die Kinder, die unter § 1603 II BGB fallen, daher auch als privilegierte Kinder bezeichnen. Das sind: S minderjährige unverheiratete Kinder, S volljährige, unverheiratete Kinder, die noch im Haushalt mindestens eines Elternteils leben und eine allgemeinbildende Schule besuchen, Nicht privilegiert sind solche Kinder, wenn und so lange sie eigenes Vermögen besitzen. Eigentlich müssen beide Eltern anteilig - nach Maßgabe ihrer jeweiligen wirtschaftlichen Verhältnisse zum Kindesunterhalt beitragen (§ 1606 III 1 BGB). § 1606 III 2 BGB bestimmt aber, daß die Leistung, die in der Betreuung und Erziehung eines minderjährigen Kindes liegt, der Sicherstellung von dessen Lebensbedarf als gleichwertig erachtet wird. Der ein minderjähriges Kind betreuende Elternteil muß daher nur ausnahmsweise auch dessen Lebensunterhalt sicherstellen, nämlich wenn der andere dazu - trotz gesteigerter Erwerbsobliegenheit - nicht in der Lage ist oder wenn der betreuende Elternteil in weit besseren wirtschaftlichen Verhältnissen lebt als der andere. Der Lebensbedarf eines Kindes kann theoretisch auch konkret nachgewiesen werden. Üblicherweise wird er jedoch anhand des Einkommens des Unterhaltspflichtigen ermittelt. Dahinter steckt der Gedanke, daß der Lebenszuschnitt eines Kindes in der Regel mit dem Einkommen seiner Eltern korrellieren wird. Zur Bestimmung des Lebensbedarfs des Kindes anhand des Einkommens dient Teil A der Düsseldorfer Tabelle: So weit § 1606 III 2 BGB greift, geschieht die Einordnung ausschließlich nach dem Einkommen des barunterhaltspflichtigen Elternteils. Dabei ist immer das aktuelle Einkommen einzusetzen. Ob es eheprägend war, spielt keine Rolle, da die Beziehung zu dem Kind ja vom Bestand der Ehe nicht abhängig ist. Von dem Einkommen wird kein Erwerbstätigenbonus abgezogen, denn der ist in den Tabellensätzen schon berücksichtigt. Sonst gilt für die Ermittlung des Einkommens dasselbe wie beim Ehegattenunterhalt. Anschließend muß nach A Anm. 1 DüssTab verglichen werden, für wieviele Personen der Einkommensempfänger unterhaltspflichtig ist. Die Tabelle geht von drei Unterhaltsberechtigten aus. Sind es mehr, kann er in eine niedrigere Einkommensgruppe eingestuft werden, als sich aus der Tabelle ergibt. Sind es dagegen weniger, kann er höher eingestuft werden (vgl.Nr. 11.2 S. 1 HammLL). Manche Gerichte interpolieren die Tabelle auch und bilden so Zwischengruppen. Die Höherstufung beträgt meist eine Stufe; sie kann zwei Stufen betragen, wenn der Unterhaltspflichtige überhaupt nur einem einzigen Kind unterhalt schuldet. Wer nur über ein Einkommen in der untersten Einkommensgruppe (also am Rande des Existenzminimums) verfügt, darf nur in Ausnahmefällen überhaupt höhergestuft werden (Nr. 11.2.1 S. 2 HammLL). Bei der Niederstufung gibt es (außerer dem Erreichen der untersten Stufe) keine Grenze, weil es ja keine Obergrenze für die Anzahl der Unterhaltsberechtigten gibt. Der Bedarfskontrollbetrag dient der Gegenprobe. Behält der Schuldner nach Abzug der - 51 Unterhaltspflichten weniger als diesen Betrag übrig, ist er falsch eingruppiert. Wenn die Stufe feststeht, ergibt sich der Bedarf aus dem Betrag für die betreffende Altersklasse. Nach § 1612a BGB kann das Kind, statt sich den Geldbetrag des Unterhalts ins Urteil schreiben zu lassen, auch die Dynamisierung wählen. Dann steht im Urteil keine Summe, sondern ein Prozentsatz des Regelunterhalts. Dieser Dynamisierung dient die Spalte „Vomhundertsatz” der Tabelle. Bei Kindern, für die § 1606 III 1 BGB gilt, bestimmt sich der Bedarf nach den zusammengezählten Einkommen ihrer Eltern. Er wird dann im Verhältnis der verfügbaren Einkommen der Eltern (abzüglich ihres Selbstbehalts) unter den Eltern wieder aufgeteilt. Kein Elternteil schuldet jedoch mehr, als er schulden würde, wäre er alleine zum Unterhalt verpflichtet (Nr. 13.1.1 HammLL). Das ist eine relativ komplizierte Rechnung. Leben volljährige Kinder bei den Eltern (oder einem Elternteil), richtet sich ihr Bedarf nach der vierten Spalte der Düsseldorfer Tabelle. Sind sie dagegen zuhause ausgezogen, gilt ein einheitlicher Satz von € 640 (Nr. 13.1.2 HammLL). Auch der Kindesunterhalt setzt Bedürftigkeit voraus. Hat das Kind eigenes Einkommen, ist dies daher von seinem Bedarf abzuziehen. Ein Erwerbstätigenbonus steht dem Kind hierbei nicht zu. Ein in Ausbildung befindliches Kind darf allerdings € 85 als ausbildungsbedingten Mehrbedarf von seinem Einkommen abziehen (Nr. 10.2.3 HammLL), wenn sich der Bedarf nach der Tabelle berechnet. In den € 640 nach Nr. 13.1.2 HammLL sind die ausbildungsbedingten Aufwendungen dagegen schon enthalten. Auf den Kindesunterhalt wird schließlich das Kindergeld nach den in § 1612b BGB bestimmten Regeln angerechnet. Weil es die Spezialvorschrift des § 1612b BGB gibt, ist Kindergeld nicht als Einkommen zu behandeln. Das bedeutet: Die Kindergeldanrechnung erfolgt immer als allerletzter Schritt einer Unterhaltsberechnung. Es gilt dazu: Kindergeld soll in erster Linie Eltern entlasten. Es steht daher Eltern zu, die für das Wohlergehen ihrer Kinder sorgen, gleichgültig, ob sie die Kinder persönlich betreuen oder ihnen Unterhalt zahlen. Tun das beide Elternteile, steht ihnen grundsätzlich das Kindergeld im Ergebnis hälftig zu, wobei nur einer von ihnen es bekommen kann. Sorgt nur ein Elternteil für das Kind, steht im das ganze Kindergeld zu. Nur wenn kein Elternteil für das Kind sorgt, ist es das Kind selbst, dem das Kindergeld zusteht. Deshalb gilt: S Ein Elternteil, der Unterhalt zahlt und kein Kindergeld erhält, kann Kindergeld vom Unterhalt abziehen und zwar das halbe Kindergeld, wenn auch der andere Elternteil für das Kind sorgt (§ 1612b I BGB) und das ganze Kindergeld, wenn das nicht der Fall ist (§ 1612b III BGB). S Ein Elternteil, der Unterhalt zahlt und Kindergeld erhält, muß, wenn auch der andere Elternteil für das Kind sorgt, das halbe Kindergeld als zusätzlichen Unterhalt zahlen (§ 1612b II BGB). Ist das nicht der Fall, darf er das Kindergeld ganz behalten. Bei beengten wirtschaftlichen Verhältnissen ist das Kindergeld ausnahmsweise für den Lebensunterhalt der Kinder zu verwenden. Hierfür stellt die sechste Einkommensstufe der DüssTab eine „magische Grenze“ dar. Wird sie unterschritten, ändert das die Kindergeldanrechnung. Sie unterbleibt in dem Umfang, in dem der zu zahlende Unterhalt hinter den Sätzen der sechsten Stufe zurückbleibt (§ 1612b V BGB). Das, was eigentlich angerechnet werden könnte, wird also verwendet, um den Unterhalt auf den jeweiligen Satz der sechsten Einkommensstufe aufzustocken. - 52 Um die ganze Rechnung und ihren Zusammenhang mit dem Getrenntlebensunterhalt deutlich zu machen, folgt nun ein Beispiel: M arbeitet und verdient € 3.500. F ist Hausfrau und versorgt die beiden Kinder S (9) und T (5). M trennt sich von F und zieht in eine eigene Wohnung. Die Kinder bleiben (im Einvernehmen beider Eltern) bei F. F verlangt Unterhalt für sich (§ 1361 I BGB) und die Kinder (§ 1601 i.V.m. § 1629 III BGB). Das Kindergeld von jeweils € 154 wird an F ausgezahlt. Da der Unterhalt, den M seinen Kindern schuldet, ein Abzugsposten für das Einkommen ist, aus dem der Ehegattenunterhalt sich berechnet, muß man den Kindesunterhalt zuerst berechnen, dann den Getrenntlebensunterhalt und dann erst das Kindergeld anrechnen: S Es gilt § 1606 III 2 BGB. Nur M muß zahlen. Nur sein Einkommen zählt also. Damit ist der Bedarf der Kinder der Stufe 10 zu entnehmen, denn es gibt ja drei Unterhaltsberechtigte, so daß weder eine Höher- noch eine Niederstufung in Betracht kommt. S Der Bedarf von S (2. Altersstufe) liegt bei € 420, der von T (1. Altersstufe) bei € 347. S Nun erst kann der Bedarf von F berechnet werden. Zu diesem Zweck ist vom Einkommen des M der Kindesunterhalt abzuziehen. Dann bleiben € 2.733. Der Bedarf von F liegt bei 3/7 hiervon, also € 1.171. S Wenn M an F insgesamt € 1.939 zahlt, bleiben ihm selbst € 1.561. Das entspricht seinem angemesssenen Eigenbedarf (€ 1.172) zuzüglich seines Erwerbstätigenbonus (1/7 von € 2.733, also € 390). Er ist also voll leistungsfähig. Auch der Bedarfskontrollbetrag der Stufe 10 (€ 1.450) ist überschritten. S Da die Kinder über der sechsten Einkommensstufe liegen, ist von dem an sie zu zahlenden Unterhalt nunmehr gemäß § 1612b I BGB noch das halbe Kindergeld (je € 77) abzuziehen. F bekommt dann für S noch € 343, für T noch € 270. M muß an an F insgesamt € 1.171 + € 343 + € 270 = € 1.784 zahlen. F. Scheidung Die Ehe wird durch Urteil des Familiengerichts geschieden (§ 1564 BGB). Sie besteht so lange, bis dieses Urteil rechtskräftig ist, d.h. mit einem ordentlichen Rechtsmittel (Berufung, Revision) nicht mehr angefochten werden kann, weil entweder die Rechtsmittelfrist abgelaufen ist, die Parteien auf Rechtsmittel verzichtet haben oder der Rechtsweg erschöpft ist. 1. Scheidungsgrund Einziger gesetzlicher Scheidungsgrund ist das Scheitern der Ehe (§ 1565 I 1 BGB). Gescheitert ist die Ehe, wenn die eheliche Lebensgemeinschaft nicht mehr besteht und auch nicht zu erwarten ist, daß sie wiederhergestellt werden wird (§ 1565 I 2 BGB). Eigentlich ist das keine ganz so niedrige Hürde. Es erfordert die sichere Prognose, daß die Ehegatten sich auf keinen Fall mehr versöhnen werden. Zumindest einer von ihnen muß sich endgültig vom Partner abgewandt haben. In der Praxis ist diese Hürde aber sehr niedrig. Denn die Gerichte nehmen die Voraussetzungen des § 1565 I BGB recht bereitwillig an. Nur etwa drei von 1.000 Scheidungsanträgen werden abgewiesen. Wenn die Ehegatten beide geschieden werden wollen, ist das den Familienrichtern meist Beweis genug dafür, daß die Ehe gescheitert ist. Ob das realistisch ist, ist eine andere Frage. Das Scheitern der Ehe muß von dem Ehegatten bewiesen werden, der geschieden werden will. Auch das nehmen die Gerichte meist nicht ernst. Sind sich die Eheleute einig, fragen sie gar nicht weiter nach. - 53 Sind sie es nicht, reicht es ihnen oft auch schon, wenn der Antragsteller erklärt, für ihn sei es endgültig vorbei. Nur selten wird verlangt, daß dies durch Tatsachen untermauert wird. Dann kann der Antragsteller alles anführen, was eine Versöhnung unwahrscheinlich macht, z.B. schwere Verfehlungen des anderen, aber auch den Umstand, daß einer der Ehegatten (auch er selbst) schon in einer neuen festen Beziehung lebt. Nicht bewiesen werden muß, was gesetzlich vermutet wird. § 1566 BGB beschreibt zwei Fälle, in denen das Scheitern der Ehe unwiderlegbar vermutet wird. Der Gegenbeweis ist nicht zulässig. Nach § 1566 I BGB wird das Scheitern der Ehe vermutet, wenn die Ehegatten ein Jahr getrennt leben und beide die Scheidung beantragen oder der eine dem Scheidungsantrag des andern zustimmt. Außerdem muß der Ehegatte, der den Scheidungsantrag auf § 1566 I BGB stützen will, dem Gericht durch entsprechende Erklärungen (§ 630 I ZPO) nachweisen, daß die Ehegatten sich auch über alle wesentlichen Scheidungsfolgen einig sind (§ 630 III ZPO). Nach § 1566 II BGB wird das Scheitern der Ehe vermutet, wenn die Ehegatten drei Jahre getrennt leben. 2. Trennungsjahr oder Härtefall Das Scheitern der Ehe alleine reicht aber für eine Scheidung noch nicht aus. Es muß ferner eine Trennungszeit von einem Jahr hinzukommen oder aber ein besonderer Härtegrund, der die Fortsetzung der Ehe dem Antragsteller unzumutbar macht (§ 1565 II BGB). Die Ehe als solche muß für ihn unzumutbar geworden sein. Es reicht nicht, wenn ihm lediglich die Wiederaufnahme der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht zugemutet werden kann. Besondere Härtegründe sind selten. In Frage kommen schwere Mißhandlungen, beharrlicher Ehebruch (aber nur vor der Trennung) oder andere schwerwiegende Verfehlungen. Wer die besondere Härte auf Eheverfehlungen des anderen stützen will, darf nicht selbst vergleichbar schwere Verfehlungen begangen haben. Gründe, die nicht in der Person des anderen Ehegatten wurzeln, sind niemals Härtegründe. Der Wunsch, einen im Sterben liegenden neuen Partner noch heiraten zu wollen, macht das Trennungsjahr nicht entbehrlich. 3. Keine Scheidung bei besonderer Härte Umgekehrt kann nach § 1568 I BGB eine Ehe trotz Scheiterns und Einhaltung des Trennungsjahres nicht geschieden werden, wenn die Aufrechterhaltung der Ehe aus besonderen Härtegründen in der Person des Antragsgegners oder der gemeinsamen Kinder notwendig ist. Zum Tragen kommt diese Norm nur ganz selten. Vor allem wegen minderjähriger Kinder wird sie so gut wie nie angewendet, obwohl es da vielleicht noch am ehesten vernünftig wäre. Aber auch Härtegründe in der Person des Antragsgegners (psychische Labilität mit Suizidalität) sind selten. Der Härtegrund sollte ursprünglich nach § 1568 II BGB höchstens bis zu einer fünfjährigen Trennung geltend gemacht werden können. Das hat das BVerfG aber wegen Unvereinbarkeit mit Art. 6 I GG für nichtig erklärt. Die Ehe kann aus solchen Härtegründen theoretisch bis zum Tod aufrechterhalten werden. 4. Verfahren Das Scheidungsverfahren ist eine Ehesache (§ 606 I ZPO). Es unterliegt einigen Besonderheiten: - 54 Es ist kein Prozeß mit Kläger und Beklagten, denn die Ehegatten können den Antrag auch gemeinsam oder übereinstimmend stellen. Dann gibt es (sozusagen) nur Kläger und keinen Beklagten. Anders als sonst muß das Gericht alle Tatsachen von Amts wegen ermitteln (§ 616 ZPO). Auch minderjährige Ehegatten sind schon prozeßfähig (§ 606 I ZPO). Die wichtigste Besonderheit ist allerdings, daß im Scheidungsverfahren zugleich alle sogenannten Folgesachen miterledigt werden sollen (Scheidungsverbund). Damit soll erreicht werden, daß die Ehe in einem einzigen Prozeß abgewickelt wird. Tatsächlich beschäftigen die Gerichte die Folgesachen in der Praxis weit stärker als die - meist unstreitige - Scheidung selbst. Häufig wird auch der Scheidung nur widersprochen bzw. die Scheidung nur deshalb auf besondere Pflichtverstöße gestützt, um damit hinsichtlich der Folgesachen Zeitaufschub oder Vorteile zu erlangen. Zum Scheidungsverbund gehören: S nach § 623 I 1 ZPO Anträge auf: S nachehelichen Unterhalt, S Verteilung von Ehewohnung und Hausrat, S güterrechtliche Ansprüche, S nach § 623 II 1 ZPO außerdem Anträge auf S Alleinübertragung der elterlichen Sorge, S Regelung des Umgangs, S Herausgabe eines Kindes. Nur zwei Arten von Verfahren gehören auch dann in den Scheidungsverbund, wenn keiner der Ehegatten dazu einen Antrag stellt, nämlich S der Versorgungsausgleich (§ 623 I 1 ZPO ) S eine von Amts wegen zur elterlichen Sorge zu treffende Entscheidung (§ 623 III 1 ZPO), v.a. nach §§ 1666, 1666a BGB. In bestimmten Ausnahmefällen kann das Gericht Folgesachen abtrennen (§ 623 I 2, II 2, III 2 ZPO), über sie vorwegentscheiden (§ 627 ZPO) oder über sie erst nach dem Scheidungsurteil entscheiden (§ 628 ZPO). Hinsichtlich vieler Folgesachen kann das Gericht schon vor der Entscheidung in der Sache eine nur für die Dauer des Verfahrens gültige einstweilige Anordnung erlassen (§ 620 ZPO). Für die einstweilige Anordnung ist aber ein Antrag (genauer zwei: nämlich in der Hauptsache und auf die einstweilige Anordnung) erforderlich. Wichtig ist, einstweilige Anordnungen von Regelungen zu trennen, die für das Getrenntleben getroffen werden. Eine Entscheidung, durch die z.B. ein Ehegatte zum Trennungsunterhalt verpflichtet wird, ist eine Hauptsacheentscheidung für die Dauer des Getrenntlebens. Sie verliert ihre Wirkung, wenn das Getrenntleben endet, also wenn die Ehegatten wieder zusammenziehen oder die Scheidung rechtskräftig wird. Eine einstweilige Anordnung gilt dagegen bis zum Abschluß des Verfahrens in der Hauptsache, wie immer das auch endet. Zuständig ist für alle Familiensachen der Familienrichter beim Amtsgericht. Gegen seine Urteile findet Berufung zum Oberlandesgericht statt und gegen die Urteile des Familiensenats des OLG Revision zum Bundesgerichtshof. In Folgesachen, für die die Regeln über die freiwillige Gerichtsbarkeit gelten (§ 621a ZPO), heißen die Rechtsmittel befristete und weitere Beschwerde. Der Instanzenzug ist aber derselbe (vgl. § 621e ZPO). - 55 - G. Scheidungsfolgen 1. Name Die Auflösung der Ehe oder Lebenspartnerschaft hat keine unmittelbare Auswirkung auf den Familiennamen. § 1355 V 1 BGB bestimmt im Gegenteil, daß der geschiedene Ehegatte den Ehenamen behält. Nach § 1355 V 2 BGB kann er durch Erklärung gegenüber dem Standesamt auch seinen Geburtsnamen wieder annehmen, S den Familiennamen wieder annehmen, den er bis zur Bestimmung des Ehenamens geführt S hat, oder seinen Geburtsnamen dem Ehenamen als Begleitnamen voranstellen oder anhängen. S Für eine Erklärung nach § 1355 V 2 BGB gibt es keine Zeitgrenze . Freilich ist die Begleitnahmensbildung mit dem Ehenamen nicht mehr möglich, wenn ein Ehegatte erst einmal von der Möglichkeit, ihn abzulegen, Gebrauch gemacht hat. Auch die Erklärung nach § 1355 V 2 BGB muß notariell beglaubigt sein (§ 1355 V 3, IV 5 BGB). Auch die Begleitnamensbildung nach § 1355 V 2 BGB kann widerrufen werden (§ 1355 V 3, IV 4, 2. Hs. BGB). Die Möglichkeit zur Begleitnamensbildung nach Auflösung der Ehe besteht unabhängig davon, ob ein Ehegatte während der Ehe schon einen Begleitnamen gebildet (und dann widerrufen) hat. Der Widerruf des während der Ehe gebildeten Begleitnamens schließt daher die erneute Bildung eines Begleitnamens nur für die Dauer der Ehe aus. Streitig ist allerdings, ob ein neuer Begleitname auch dann noch gebildet werden darf, wenn der während der Ehe gebildete Belgeitname erst nach ihrer Auflösung widerrufen wird. Dagegen wird angeführt, daß an einer solchen „Umstellung“ des Begleitnamens kein wirklich schützenswertes Interesse besteht. Indessen folgt das Namensrecht auch sonst nicht immer sehr logischen Prinzipien. 2. Hausrat und der Ehewohnung a) Hausrat Die Verteilung der Haushaltsgegenstände bei der Scheidung regelt eine Verordnung vom Oktober 1944, die sog. HausratsVO. Der Unterschied zu § 1361a BGB besteht darin, daß der Richter bei der Scheidung nicht nur vorläufige Regelungen hinsichtlich der Besitzverhältnisse treffen, sondern direkt in das Eigentum der Ehegatten eingreifen kann. Im übrigen gilt, daß eine eventuell für die Zeit der Trennung erfolgte Regelung durch die Scheidung automatisch ihre Grundlage verliert, wenn nicht die Parteien selbst diese Regelung zugleich schon für den Fall der Scheidung vereinbart haben. Also ein Besitzrecht am Kühlschrank aus § 1361a I 2 BGB endet mit Rechtskraft der Scheidung. Danach kann der Eigentümer den Kühlschrank nach § 985 BGB herausverlangen, wenn nicht mit der Scheidung eine Regelung nach der HausratsVO erfolgt. Wird ein Antrag nach der HausratsVO gestellt, während die Scheidung anhängig ist, gehört die Entscheidung in den sog. Scheidungsverbund, muß also zusammen mit dem Scheidungsurteil erfolgen. Der Antrag kann aber auch später gestellt werden, sofern die Ehegatten immer noch keine Regelung - 56 getroffen haben. (Andernfalls gilt die von ihnen inzwischen getroffene Regelung.) Nach § 2 HausratsVO trifft der Richter seine Entscheidung nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung der Lebensverhältnisse der Beteiligten und der Interessen der Kinder. Im einzelnen gelten die §§ 8 bis 10 HausratsVO. Dabei sind folgende Konstellationen denkbar: S Ein Haushaltsgegenstand, der beiden Ehegatten gemeinsam gehört, wird „gerecht und zweckmäßig” verteilt (§ 8 I HausratsVO). Der Richter begründet Alleineigentum (ändert also die Eigentumsrechte) des Ehegatten, dem er den Gegenstand zuteilt (§ 8 III HausratsVO). Er kann eine Ausgleichszahlung vorsehen, wenn dies der Billigkeit entspricht (ist selten). Nach § 8 II HausratsVO wird von allen Haushaltsgegenständen bis zum Beweis des Gegenteils vermutet, daß sie beiden Ehegatten gemeinsam gehören. (Das würde nach § 1006 I 1 BGB ohnehin gelten.) S Einen Haushaltsgegenstand, der einem der Ehegatten allein gehört, kann der Richter dem anderen zuteilen, wenn dieser auf ihn angewiesen und die Zuteilung jenem zugemutet weren kann (§ 9 I HausratsVO). Er kann dann wahlweise ein Mietverhältnis begründen oder das Eigentum umverteilen (§ 9 II HausratsVO). Ein finanzieller Ausgleich ist hier zwingend vorgeschrieben. S Gehört ein Gegenstand keinem der Ehegatten, so gehört er eigentlich auch nicht zum Hausrat. Etwas anderes gilt aber bei auf Eigentumsvorbehalt gekauften Sachen, denn da steht den Ehegatten schon eine sog. Anwartschaft zu, die entsprechend §§ 8, 9 HausratsVO verteilt werden kann. Dabei ist dann allerdings § 10 II HausratsVO zu beachten: Ist nur einer der Ehegatten Käufer, soll das Anwartschaftsrecht dem andern nur zugeteilt werden, wenn der Verkäufer einverstanden ist. Entsprechend werden andere Gegenstände behandelt, an denen keinem der Ehegatten Eigentum zusteht, jedoch zumindest einer von ihnen eine Option auf Erwerb des Eigentums hat (Leasing mit Kaufoption, sicherungsübereignete Sachen). b) Ehewohnung Nach der Scheidung können auch die Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung neu geregelt werden. Anders als beim Hausrat kann das Familiengericht aber hierbei Eigentum oder sonstige dingliche Rechte nicht verändern, sondern nur in die schuldrechtlichen Beziehungen zwischen den Ehegatten und zu Dritten - vor allem einem eventuellen Vermieter - gestaltend eingreifen. Im einzelnen gibt es folgende Möglichkeiten: Gehört die Wohnung einem der Ehegatten, so wird sie dem anderen nur zugewiesen, falls dies notwendig ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden (§ 3 HausratsVO). Der Richter kann zwischen den Eheleuten ein ordentliches Mietverhältnis begründen (§ 5 II HausratsVO). Eine beiden Ehegatten gehörende Wohnung verteilt das Gericht zur Nutzung nach den Grundsätzen von § 2 HausratsVO. Das entzieht den Ehegatten aber nicht das Recht, die Aufteilung zu verlangen (§ 749 I BGB) und hierzu die Teilungsversteigerung zu beantragen. Der Richter kann auch hier nach § 5 II HausratsVO ein Mietverhältnis begründen, in das der Ersteigerer des Grundstücks nach § 566 I BGB als Vermieter eintritt. Dieser kann es jedoch mit der gesetzlichen Frist außerordentlich kündigen (§ 57a ZVG). Eine Mietwohnung verteilt der Richter nach den Grundsätzen des § 2 HausratsVO. Dabei kann er ein gemeinsames Mietverhältnis auch mit Wirkung gegen den Vermieter auf einen der Ehegatten über- - 57 tragen oder auch das von einem von ihnen eingegangene Mietverhältnis auf den anderen (§ 5 I HausratsVO). Eine Dienst- oder Werkswohnung soll der Richter nach § 4 HausratsVO möglichst nur dem zuweisen, der in dem entsprechenden Dienst- oder Arbeitsverhältnis steht, es sei denn, der Dienstherr oder Arbeitgeber wäre mit dem Zuweisung an den anderen einverstanden. Bei einer Entkopplung des Mietverhältnisses vom Arbeits- oder Dienstverhältnis verliert der Vermieter nämlich das Sonderkündigungsrecht des § 576 BGB. Ist den Ehegatten die Wohnung unentgeltlich überlassen worden, so verteilt der Richter sie ebenfalls nach § 2 HausratsVO, er kann auch dann ein Mietverhältnis begründen (§ 5 II HausratsVO). Schließlich kann der Richter nach § 6 HausratsVO auch unabhängig von den anderen Rechtsverhältnissen die Teilung der Ehewohnung in Natur anordnen und danach die Rechte an den Teilwohnungen regeln, was in der Praxis kaum vorkommt, weil teilbare Wohnungen sehr selten sind und es kaum Ehegatten gibt, die nach der Scheidung noch so dicht nebeneinander wohnen wollen. 3. Zugewinnausgleich Lebten die Ehegatten im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft, so wird auf Antrag eines Ehegatten im Zuge des Scheidungsverfahrens der Zugewinnausgleich durchgeführt. Auch nachträglich ist ein solcher Antrag noch möglich, so lange der Anspruch nicht verjährt ist (vgl. § 1378 IV BGB). Ausnahmsweise kann der Zugewinnausgleich auch schon vor der Scheidung verlangt werden, wenn die Ehegatten seit mindestens drei Jahren getrennt leben (§ 1385 BGB) oder der Antragsgegner bestimmte vermögensschädigende Handlungen vorgenommen hat (§ 1386 BGB). Wie der Zugewinnausgleich im einzelnen durchgeführt wird, regeln die §§ 1372 - 1384 BGB. Hier sollen nur die Grundbegriffe erläutert werden, ohne daß auf zahlreiche verzwickte und umstrittene Detailprobleme eingegangen wird. Die Berechnung des Zugewinnausgleichs geschieht in vier Schritten: a) Berechnung des Anfangsvermögens Zunächst wird festgestellt, welches Vermögen beide Ehegatten am Tag der Eheschließung hatten (§ 1374 I BGB). Dieses sog. Anfangsvermögen ist die Summe aller positiven Vermögenswerte abzüglich der Verbindlichkeiten. Es kann aber nicht kleiner als Null sein, selbst wenn ein Ehegatte erheblich verschuldet ist. Es ist auch nicht zulässig, die Verbindlichkeiten von dem abzuziehen, was nach § 1374 II BGB dem Anfangsvermögen hinzugezählt werden muß. Zum diesem Anfangsvermögen wird nach § 1374 II BGB alles hinzugezählt, was ein Ehegatte später erbt oder geschenkt bekommt. Oft ist am Ende der Ehe nicht mehr genau feststellbar, was die Ehegatten zu Beginn besessen haben. Dem können sie vorbeugen, indem sie nach § 1377 I BGB ein Verzeichnis über das Anfangsvermögen anlegen. Dieses Inventar, auf das es nach § 1377 II BGB sogar einen Anspruch gibt, wird dann als richtig zugrundegelegt, so lange nicht bewiesen ist, daß es falsch war. Die wenigsten Eheleute legen aber ein Inventar an. Dann gilt § 1377 III BGB: Es wird vermutet, daß das Anfangsvermögen Null war. - 58 b) Berechnung des Endvermögens Dann folgt nach § 1375 I 1 BGB die Berechnung des Endvermögens beider Ehegatten. Das ist das Vermögen am Tag der Zustellung des Scheidungsantrags (§ 1384 BGB), denn eine Zivilsache wird rechtshängig, wenn sie dem andern Teil zugestellt wird. (Bei einem Antrag auf vorzeitigen Zugewinnausgleich kommt es auf dessen Zustellung an.) Auch das Endvermögen ist nach § 1375 I 1 BGB mindestens Null. § 1375 I 2 BGB betrifft einen Spezialfall, auf den hier nicht näher eingegangen werden soll. Dem Endvermögen werden nach § 1375 II BGB Vermögenswerte hinzugerechnet, die der Ehegatte verschenkt, verschwendet oder in der Absicht, den anderen Ehegatten zu benachteiligen, in irgendeiner anderen Weise aufgegeben hat. Das gilt nach § 1375 III BGB allerdings nicht, wenn der andere Ehegatte mit der entsprechenden Vermögensminderung einverstanden war oder wenn sie am Stichtag (§ 1384 BGB) mehr als zehn Jahre zurückliegt. § 1379 BGB gibt jedem Anspruch auf Auskunft über das Endvermögen des anderen Ehegatten, damit er seinen Anspruch auf Zugewinnausgleich auch verfolgen kann. (Über dessen Anfangsvermögen braucht er eine solche Auskunft wegen § 1377 BGB nicht.) c) Berechnung des Zugewinns Kennt man das Anfangs- und das Endvermögen beider Ehegatten, wird ihr Zugewinn berechnet. Das ist nach § 1373 BGB der Betrag, um den das Endvermögen das Anfangsvermögen übersteigt. Übersteigt das Endvermögen das Anfangsvermögen nicht, so ist der Zugewinn Null. Negative Werte kann auch er nicht annehmen. Ein Verlustausgleich findet unter Ehegatten nicht statt. Ausgeglichen werden soll nur der reale Zugewinn, nicht der durch die Geldentwertung herbeigeführte scheinbare Gewinn. Deshalb werden alle Vermögensbeträge anhand der Statistik über die allgemeinen Lebenshaltungskosten indiziert. Der Wert des Anfangsvermögens wird hochgerechnet auf die Kaufkraft, die ihm am Stichtag (§ 1384 BGB) entspricht. d) Berechnung der Ausgleichsforderung Zuletzt wird die Ausgleichsforderung berechnet. Sie steht demjenigen zu, der den geringeren Zugewinn erzielt hat. Er kann die Hälfte der Differenz als Ausgleich verlangen (§ 1378 I BGB). Es handelt sich dabei um eine reine Geldforderung. Es gibt keinen Anspruch auf die Herausgabe irgendwelcher konkreten Vermögensgegenstände. Das Gericht kann sie nach § 1383 BGB allerdings anordnen, wenn das notwendig ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden. Die Forderung ist der Höhe nach begrenzt auf das am Stichtag vorhandene Endvermögen des Schuldners (§ 1378 II BGB) ohne die nach § 1375 II BGB hinzugerechneten Beträge. e) Rechenbeispiel M besaß bei der Eheschließung lediglich ein Auto im Wert von € 4.000, von denen er noch € 2.500 abzuzahlen hatte. Außerdem hatte er noch € 5.000 weitere Schulden. F besaß Schmuck im Wert von € 500. Während der Ehe erhielt die Frau von ihren Eltern eine Eigentumswohnung im Wert von € 60.000 geschenkt. Am Tag der Zustellung des Scheidungsantrags hatte M Sachwerte im Wert von € 70.000, F immer noch ihre Eigentumswohnung, die jetzt € 75.000, und ihren Schmuck, der inzwischen € 1.000 wert war. Beide hatten für einen Umbau der Eigentumswohnung erhebliche Schulden aufgenommen, - 59 für die sie anteilig hafteten, so daß jeder von ihnen Schulden von € 20.000 hatte. Wir wollen annehmen, daß diese Werte nicht nur schon in Euro umgerechnet, sondern auch inflationsbereinigt sind. Dann ist die Rechnung nun folgende: M F Anfangsvermögen € 4.000 (Auto) € 7.500 (Schulden) = € 0 (§ 1374 I, 2. Hs.) € 500 (ursprünglich) + € 60.000 (§ 1374 II) = € 60.500 Endvermögen € 70.000 (Schmuck) € 20.000 (Schulden) € 50.000 € 76.000 (Werte) € 20.000 (Schulden) = € 56.000 Zugewinn € 50.000 € 0 (§ 1373) Der Zugewinn von M übersteigt den von F um € 50.000. F kann nach § 1378 I BGB von M daher € 25.000 verlangen. 4. Nachehelicher Unterhalt a) Allgemeines Mit der Rechtskraft der Scheidung endet das Getrenntleben und damit auch der uneingeschränkte Anspruch auf Unterhalt bei Bedürftigkeit aus § 1361 BGB. Stattdessen gilt nunmehr § 1569 BGB: Unterhalt wird nur geschuldet, wenn ein Ehegatten aus bestimmten, in den §§ 1570 bis 1576 BGB einzeln aufgezählten Gründen bedürftig ist. Die nacheheliche Solidarität ist begrenzt. Sie greift nur in Fällen, in denen die Bedürftigkeit mit der Ehe noch in einem Zusammenhang steht. Außerdem stellt die gesetzliche Regelung zum nachehelichen Unterhalt nachgiebiges Recht dar: Die Eheleute können eine abweichende Vereinbarung treffen (§ 1585c BGB). Sie können die nachehliche Solidarität verstärken, indem sie zusätzliche Unterhaltstatbestände schaffen oder vereinbaren, daß der Unterhalt bei Bedürftigkeit aus jedwedem Grund eintreten soll. Sie können aber auch umgekehrt die Zahl der Unterhaltstatbestände beschränken. Sie können ferner die Berechnung des Unterhalts abweichend regeln. Theoretisch läßt es § 1585c BGB sogar zu, den Anspruch auf nachehelichen Unterhalt vollkommen auszuschließen. Das BVerfG hat allerdings entschieden, daß Verträge über den nachehelichen Unterhalt sowohl einer Inhaltskontrolle durch die Gerichte unterliegen. Sie sind nach § 138 I BGB nichtig, wenn sie einseitig einen bestimmten Ehegatten zum Nachteil des anderen bevorteilen und dies schon bei Vertragschluß erkennbar ist. Wenn es das nicht der Fall ist, sich der Vertrag aber später entsprechend auswirkt, kann der durch den Vertrag begünstigte Ehegatte nach dem Prinzip von Treu und Glauben (§ 242 BGB) daran gehindert sein, sich auf ihn zu berufen (Ausübungskontrolle). Handelt es sich um einen Ehevertrag, der auch noch zu anderen Punkten Regelungen enthält, z.B. zum Zugewinn- und Versorgungsausgleich, ist er in seiner Gesamtheit zu betrachten. Dies führt dazu, daß Verträge, durch die nachehelicher Unterhalt ganz ausgeschlossen wird, meistens nicht wirksam sein dürften - es sei denn, daß dies der beiderseitigen Interessenlage sowohl bei Vertragschluß als auch im Zeitpunkt der Scheidung einigermaßen entspricht. Es ist aber auch schon umgekehrt ein Vertrag für sittenwidrig erklärt worden, der den Unterhaltsschuldner verpflichtet, - 60 nachehelichen Unterhalt unabhängig von seiner Leistungsfähigkeit zu zahlen. Immerhin erlaubt es § 1585c BGB fast uneingeschränkt, nach der Scheidung vertragliche Vereinbarungen über die künftigen Unterhaltspflichten zu treffen. Der nacheheliche Unterhalt ist, wenn er geschuldet wird, ein völlig neuer Anspruch und nicht mehr mit dem Trennungsunterhalt identisch. Das Urteil, das den Trennungsunterhalt regelt, verliert durch die Scheidung seine Grundlage. es darf aus ihm nicht mehr vollstreckt werden. b) Die einzelnen Unterhaltstatbestände Der wichtigste Grund für nachehelichen Unterhalt wird in § 1570 BGB genannt: Danach kann Betreuungsunterhalt verlangen, wer bedürftig ist, weil ihm infolge der Erziehung eines gemeinsamen Kindes die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden kann. Die Voraussetzungen für die Unzumutbarkeit der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit werden genau wie beim Trennungsunterhalt eingeschätzt: Es ist gar keine Erwerbstätigkeit zumutbar, so lange das betreute Kind die Grundschule besucht (Nr. 17.1.1 S. 1 HammLL). Es ist nur eine Vollzeittätigkeit erst zumutbar, wenn das Kind 16 Jahre alt ist (Nr. 17.1.1 S. 3 HammLL). Liegt das Alter dazwischen oder sind mehrere Kinder zu betreuen, hängt die Frage der Zumutbarkeit einer Erwerbstätigkeit von den Umständen des Einzelfalls ab (Nr. 17.1.1 S. 2 und 4 HammLL). Für den Betreuungsunterhalt ist die Unzumutbarkeit der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit wegen der Betreuung gemeinsamer Kinder nicht nur eine Frage der Erwerbsobliegenheit. Sie ist vielmehr Anspruchsvoraussetzung. Sobald eine Erwerbstätigkeit zumutbar ist, entfällt der Anspruch aus § 1570 BGB. Es kann dann höchsten noch (und wird auch häufig) einen Anspruch aus einem der anderen Gründe (vor allem aus § 1573 BGB) geben. Auch wer zwar ein minderjähriges Kind betreut, aber kein gemeinsames der Ehegatten, hat keinen Anspruch aus § 1570 BGB. Der Anspruch aus § 1570 BGB ist ein originärer Unterhaltsanspruch. Er ensteht, wann immer seine Voraussetzungen vorliegen. Sie müssen nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt schon vorgelegen haben. Nach § 1573 I BGB kann Überbrückungsunterhalt verlangen, wer bedürftig ist, weil es ihm bisher nicht gelungen ist, eine angemessen Beschäftigung zu finden. Da es nicht zur Pflicht geschiedener Ehegatten gehört, das allgemeine Arbeitsmarktrisiko tragen, setzt Überbrückungsunterhalt voraus, daß seine Voraussetzungen entweder zum Zeitpunkt der Scheidung schon vorliegen oder zu der Zeit, da ein Anspruch aus §§ 1570, 1572 oder 1575 BGB endet. Der Anspruch aus § 1573 I BGB ist damit ein Folgeanspruch. Er entsteht grundsätzlich nicht, wenn ein Ehegatte nachträglich arbeitslos wird. Hiervon macht § 1573 IV BGB eine Ausnahme: Überbrückungsunterhalt kann verlangen, wer zwar eine Erwerbseinkommen schon aufgenommen hatte, wem es aber nicht gelungen war, diese Einkommen nachhaltig zu sichen und es deshalb wieder verliert, wer z.B. in der Probezeit wieder entlassen wird oder nur eine befristete Beschäftigung gefunden hatte und nun keine Anschlußbeschäftigung findet. Der Anspruch aus § 1573 I BGB setzt voraus, daß der Ehegatte sich bemüht, seiner Erwerbsobliegenheit nachzukommen. Wie weit diese Obliegenheit reicht, ist in § 1574 II BGB näher geregelt: Die Erwerbstätigkeit muß der Ausbildung, den Fähigkeiten, dem Lebensalter und dem Gesundheitszustand des Unterhaltsgläubigers entsprechen. Ist eine solche Erwerbstätigkeit nicht zu finden, muß der Unterhaltsgläubiger sich nach § 1574 III BGB ausbilden, fortbilden oder umschulen lassen. Bei § 1573 - 61 I BGB führen Obliegenheitsverletzungen zum Verlust des Anspruchs. Freilich kann einer aus § 1573 II BGB dann an seine Stelle treten. Der Anspruch auf Überbrückungsunterhalt kann nach § 1573 V BGB zeitlich befristet werden. Maßstab dafür ist die Einschätzung, ab wann sich in der Arbeitslosigkeit des Ehegatten nicht mehr dessen mit der Arbeitsaufgabe in der Ehe eingegangenes Beschäftigungsrisiko, sondern nur noch das allgemeine Arbeitsmarktrisiko verwirklicht. Das ist vor allem von der Dauer des ehebedingten Verzichts auf eine Erwerbstätigkeit abhängig. Als ehebedingt zählt dabei nicht nur der Verzicht auf Erwerbstätigkeit während der Ehe, sondern auch der während der Betreuung eines gemeinsamen Kindes (§ 1573 V 2 BGB). Eine Befristung kommt in der Regel nicht in Frage, wenn ein Ehegatte wegen der Kinderbetreuung längere Zeit auf eine Erwerbstätigkeit verzichtet hat. In allen anderen Fällen wird sie dagegen regelmäßig zu prüfen sein. Dabei scheint eine Befristung auf einen Zeitraum von zwischen drei und fünf Jahren üblich zu sein. Lange Ehedauer (nämlich: von mehr als zehn Jahren) ist kein Hindernis. Bei sehr langer Ehedauer (nämlich: von mehr als 20 Jahren) wird sie aber kaum je in Betracht kommen. Nach § 1572 BGB erhält Gebrechlichkeitsunterhalt, wer wegen einer Krankheit oder eines Gebrechens keiner Erwerbstätigkeit nachgehen kann. Da es nicht Sache geschiedener Ehegatten ist, das allgemeine Krankheitsrisiko des anderen abzudecken, ist auch das als Folgeanspruch ausgestaltet: Die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit muß entweder schon bei der Scheidung vorgelegen haben oder zu dem Zeitpunkt, zu dem ein Anspruch aus § 1570 BGB oder § 1573 I BGB weggefallen ist. Wer erst später krank wird, trägt dieses Risiko selbst. Altersunterhalt nach § 1571 BGB kann ein Ehegatte verlangen, der bedürftig ist, weil ihm die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit wegen seines Alters nicht mehr zugemutet werden kann. Das ist spätestens nach Erreichen der allgemeinen Altersgrenze der Fall. Je nach Beruf kann es auch schon früher der Fall sein. Nicht unter § 1571 BGB, sondern unter § 1573 I BGB fällt es dagegen, wenn die Aufnahme der Erwerbstätigkeit zwar noch zumutbar wäre, der Unterhaltsgläubiger aber wegen seines Alters keine Arbeit mehr findet. Auch das ist ein Folgeanspruch, dessen Voraussetzungen schon im Zeitpunkt der Scheidung vorliegen müssen oder wenn ein Anspruch aus §§ 1570, 1573 I oder 1572 BGB wegfällt. Ausbildungsunterhalt nach § 1575 BGB kann verlangen, wer während oder in Erwartung der Ehe eine Ausbildung unterbrochen, abgebrochen oder gar nicht erst begonnen hat. § 1575 BGB setzt nicht voraus, daß die Ausbildung notwendig ist, damit der Unterhaltsgläubiger eine angemessene Beschäftigung befindet. Er greift auch ein, wenn der Berechtigte dies ohne die zusätzliche Ausbildung könnte. § 1575 III BGB stellt klar, daß dem Ehegatte, der Ausbildungsunterhalt bezogen hat, trotzdem auch danach eine Beschäftigung zugemutet werden kann, die seinem früheren Ausbildungsstand entspricht. Heute werden nur noch selten Ausbildungen mit Rücksicht auf die Ehe abgebrochen. Wenn dies mit Rücksicht auf ein gemeinsames Kind geschehen ist, genügt das, falls es während der Ehe geschehen ist. Ist das Kind aber geboren worden, bevor seine Eltern die Absicht hatten, zu heiraten, so fehlt dem Abbruch der Ausbildung der innere Zusammenhang mit der Ehe und es wird kein Ausbildungsunterhalt geschuldet. Der Anspruch auf Ausbildungsunterhalt ist zwar ein originärer Unterhaltsanspruch. Er setzt aber voraus, daß die Ausbildung so bald wie möglich aufgenommen oder fortgesetzt wird. Wer erst - 62 lange nach der Scheidung Ausbildungsunterhalt verlangt, muß daher nachweisen können, was ihn gehindert hat, die Ausbildung früher aufzunehmen. Nach § 1576 BGB kann Unterhalt aus Billigkeitsgesichtsgründen erhalten, wer aus anderen als den in §§ 1570 bis 1575 BGB genannten Gründen nicht erwerbstätig sein kann. Die Gründe müssen schwerwiegend sein. Der Fall muß außerdem so liegen, daß die Versagung von Unterhalt mit Blick auf die Interessen des Unterhaltsschuldners grob unbillig wäre. Das ist nur der Fall, wenn sie in engem inneren Zusammenhang mit der Ehe stehen. Die Anwendung von § 1576 BGB kommt z.B. in Betracht, wenn der Unterhaltsgläubigers etwa ein minderjähriges Kind des Unterhaltsschuldners nach der Trennung und Scheidung weiterbetreut oder dessen Eltern pflegt. § 1576 BGB ist ein originärer Unterhaltsanspruch. Er kann daher unter Umständen auch greifen, wenn ein anderer Anspruch daran scheitert, daß er ein Folgeanspruch ist, der Umstand, der die Erwerbstätigkeit verhindert, aber kausal auf die Ehe zurückzuführen ist. Das wird man z.B. bei einem Ehegatten annehmen, der sich in der Ehe mit HIV infiziert hat, dessen Krankheit aber erst ausbricht, nachdem er nach der Scheidung schon wieder eine volle Erwerbstätigkeit ausgeübt hat. c) Berechnung Unterhalts, Aufstockungsunterhalt Wenn einer der geschilderten Unterhaltsansprüche geschuldet greift, richtet sich dieser nach den ehelichen Verhältnissen (§ 1578 I 1 BGB). Die Berechnung entspricht vollkommen derjenigen, die auch für den Getrenntlebensunterhalt gilt (vgl. S. 42 ff.). Unterschiede kann es bei der Belastung mit anderweitigen Unterhaltspflichten geben, die ja vom Einkommen des Verpflichteten abzuziehen sind. Bei getrenntlebenden Ehegatten sind solche Unterhaltspflichten immer bedarfsprägend. Das nimmt die Rechtsprechung sogar für den Fall an, daß sie erst nach der Trennung, aber noch vor der Scheidung entstehen. Nach der Scheidung erst entstandene Unterhaltsverpflichtungen sind aber nicht mehr bedarfsprägend. Sie sind daher nur vom Einkommen abzuziehen, wenn es um die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners oder die Bedürftigkeit des Unterhaltsgläubigers geht, nicht jedoch, wenn der Bedarf berechnet wird. Das mag folgendes Beispiel illustrieren: M arbeitet und verdient € 3.500. F ist Hausfrau und versorgt das gemeinsame Kind S (9). Als die Ehe geschieden wird, lebt S im Einvernehmen mit M bei F. F ist außerdem Vater der nach der Scheidung neugeborenen T, die bei ihrer Mutter U lebt. F verlangt Unterhalt für sich und S. T verlangt ebenfalls Unterhalt. S S und T haben Ansprüche aus § 1601 BGB. Die Mütter erfüllen ihre Pflicht nach § 1606 III 2 BGB durch Pflege und Erziehung. M muß also alleine für den Lebensbedarf beider Kinder aufkommen. S Er liegt in Einkommensgruppe 10. Bei drei Unterhaltsberechtigten ist eine Umstufung nicht veranlaßt. Damit schuldet er F € 420 Unterhalt für S und der T € 347. S Bedarfsprägend ist nur der Unterhalt für S, denn T ist erst nach der Scheidung als Unterhaltsberechtigte dazugekommen. Der Bedarf von F liegt daher bei 3/7 von € 3.080, also € 1.320. S Wenn M insgesamt € 1.740 an F und dann noch € 347 an T zahlen würde, könnte er davon aber seinen angemessenen Eigenbedarf von € 1.320 - zuzüglich eines Erwerbstätigenbonus von € 390 (nämlich 1/7 von € 2733) - nicht mehr decken. Es liegt folglich ein relativer Mangelfall vor. Das Manko von € 297 muß nach § 1581 BGB zwischen M und F nach Maßgabe der Billigkeit aufgeteilt werden. Wenn M schon wieder ein Kind zeugt, noch bevor er endgültig geschieden ist, spricht viel dafür, ihn dieses Manko zum überwiegenden Teil selbst - 63 tragen zu lassen. F wird sich also nur eine geringfügige Kürzung - vielleicht um € 50 - gefallen lassen müssen. Der Unterhaltsgläubiger hat, wenn er anderen als Ausbildungsunterhalt erhält, außerdem Anspruch auf die Erstattung der Kosten einer angemessenen Altersvorsorge (§ 1578 III BGB). Auch das führt allerdings unweigerlich in den relativen Mangelfall, wenn keine zusätzlichen, nicht eheprägenden Einkünfte vorhanden sind. Die Rechtsprechung berechnet dies mit Hilfe der sog. „Bremer Tabelle“ in einem überaus komplizierten Verfahren, dessen Besprechung hier zu weit führen würde. Ähnliches gilt für die in § 1578 II BGB genannten zusätzlich erstattungsfähigen Kosten. Wenn das Fehlen einer Erwerbsobliegenheit nicht ohnehin schon zu den Anspruchsvoraussetzungen gehört, besteht diese jedenfalls nach § 1577 II BGB mit denselben Konsequenzen, wie sie für den Getrenntlebensunterhalt beschrieben worden sind. Auch darauf soll hier nicht noch einmal gesondert eingegangen werden. Auch wenn keiner der oben aufgeführten Unterhaltstatbestände eingreift, kann jeder Ehegatte verlangen, daß er den Lebensstandard der Ehe auch danach aufrechterhalten kann. Gelingt ihm dies auch mit einer Vollzeiterwerbstätigkeit nicht, hat er nach § 1573 II BGB Anspruch auf Aufstockungsunterhalt in Höhe der Differenz zwischen seinem eigenen Einkommen und dem angemessenen Lebensbedarf. Da in § 1573 II BGB nicht verlangt, daß der Unterhaltsgläubiger tatsächlich einer angemessenen Tätigkeit nachgeht, kann - wer nicht arbeiten will - auch die Aufstockung seines fiktiven Einkommens auf den vollen Unterhalt verlangen. Das läßt sich anhand des modifizierten Chefarztbeispiels erkläutern: M ist Chefarzt und verdient € 7.000. F ist gelernte Krankenschwester, nun aber Hausfrau. M trennt sich von ihr und beantragt ein Jahr später die Scheidung. F könnte, wenn sie eine Stelle findet, als Krankenschwester € 1.400 verdienen, hat dazu aber keine Lust. Bis zur Scheidung hat sie aus § 1361 I BGB Anspruch auf Getrenntlebensunterhalt in Höhe von € 3.000 (nämlich 3/7 von € 7.000). Während des ersten Jahres der Trennung braucht sie noch keine Arbeit aufzunehmen (Nr. 17.2 HammLL). Nach der Scheidung müßte sie eigentlich sofort eine Arbeit aunehmen, denn keiner der „gewöhnlichen“ Unterhaltstatbestände greift ein, auch § 1573 I BGB nicht, denn Überbrückungsunterhalt kann nicht verlangen, wer sich überhaupt nicht um Arbeit bemüht. Es ist daher auch nicht relevant, ob und wann sie eine Stelle fände, wenn sie sich darum bemühen würde. Da sie aber, auch wenn sie arbeiten würde, nur € 1.400 verdienen, und davon ihren angemessenen Lebensbedarf nicht decken könnte, hat sie Anspruch auf Aufstockungsunterhalt nach § 1573 II BGB in Höhe der Differenz. Das Schwesterneinkommen wäre, wenn sie es hätte, (als Ersatz für die Hausfrauentätigkeit) bedarfsprägend. Folglich beträgt ihr Anspruch aus § 1573 II BGB 3/7 der Einkommensdifferenz, also € 2.400. Wenn ihr das reicht, braucht sie auch weiterhin nicht zu arbeiten. Die Perpetuierung der ehelichen Lebensverhältnisse auch weit über die Scheidung hinaus ist vielfach kritisiert worden. Sie ist auch ein erhebliches Gerechtigkeitsproblem: Es ist nicht ganz leicht einzusehen, warum die Ehe an sich sehr leicht aufzuheben sein soll, die eheliche Solidarpflicht aber dem Grundsatz nach bis zum Lebensende andauern. Vor allem aber ist es zweifelhaft, ob es gerecht ist, daß ein Ehegatte auch Jahre nach der Scheidung noch einen Anspruch darauf hat, so leben zu können, als wäre diese nie erfolgt. Denn der Solidarität des anderen stehen ja kein Pflichten nach § 1353 I 2 BGB mehr gegenüber. - 64 Das hat insofern einen Niederschlag im Gesetz gefunden, als es § 1573 V BGB und § 1578 I 2 BGB dem Gericht erlauben, der Bedarfsberechnung nach den ehelichen Lebensverhältnissen eine zeitliche Grenze zu setzen: Unterhalt nach einem der anderen Unterhaltstatbestände wird danach nur noch in Höhe des Bedarfs gezahlt, der den eigenen Lebensverhältnissen des Unterhaltsgläubigers entspricht, das heißt, nach dem Einkommen, das der Ehegatte erzielen könnte, wenn er in seinem eigenen Beruf arbeiten würde. Aufstockungsunterhalt entfällt dann - logischerweise - ganz. Für die Befristung gibt es keine bestimmte Regel. Es sind verschiedene Kriterien, vor allem die Ehedauer, entscheidend. Hat die Ehe länger als zehn Jahr gedauert, wird eine Befristung in der Regel nicht vorgenommen, weil sich dann die eheliche Lebensstellung zu sehr verfestigt hat. Dasselbe gilt, wenn der Unterhaltsgläubiger - ob während oder nach der Ehe - längere Zeit gemeinsame Kinder allein oder überwiegend betreut hat. Im übrigen beträgt die von den Gerichten festgesetzte Frist üblicherweise zwischen fünf und zehn Jahren. Noch einmal läßt sich das oben genannte Beispiel dazu heranziehen: M ist Chefarzt und verdient € 7.000. F ist gelernte Krankenschwester, inzwischen aber arbeitsunfähig krank. Wäre sie das nicht, könnte sie € 1.400 in ihrem Beruf verdienen. Nach nur vier Jahren wird die Ehe geschieden. F kann nach § 1572 BGB Gebrechlichkeitsunterhalt verlangen. Dieser beträgt zunächst nach § 1578 I BGB € 3.000. Wenn sie nicht gerade durch die Ehe krank geworden ist, wird das Gericht ihren Anspruch auf Erhalt der ehelichen Lebensbedingungen zeitlich befristen, nehmen wir einmal an auf vier Jahre. Danach bekommt sie dann nach § 1578 I 2 BGB nur noch so viel, wie ihren eigenen Lebensverhältnissen entspricht. Das sind € 1.200. (Da sie tatsächlich ja nicht arbeitet, steht ihr auch der Erwerbstätigenbonus nicht zu.) Ist F vor Ablauf der vier Jahre gesund geworden und arbeitet trotzdem nicht, hat sie zunächst noch Anspruch auf Aufstockungsunterhalt nach § 1573 II BGB in Höhe von € 2.400. Der entfällt mit Ablauf der Frist nach § 1573 V BGB ganz. d) Ausschluß und Herabsetzung des Unterhalts in Härtefällen Der Unterhalt kann vom Gericht aus Billigkeitsgründen herabgesetzt oder ganz ausgeschlossen werden, wenn die Zahlung in voller Höhe für den Verpflichteten wegen einer besonderen Härte grob unbillig wäre (§ 1579 BGB). Das Gesetz zählt eine Reihe von Härtegrunden einzelne auf (Nr. 1 bis 6), um dann eine Generalklausel anzuschließen (Nr. 7): i) die einzelnen Härtegründe Kurze Ehedauer (§ 1579 Nr. 1 BGB) ist in der Regel bei weniger als zwei Jahren zwischen Eheschließung und Zustellung des Scheidungsantrags anzunehmen und kommt bei mehr als drei Jahren zwischen Eheschließung und Scheidung nicht mehr in Betracht. Im übrigen ist wertend auf den Einzelfall abzustellen. Entscheidend kommt es darauf an, ob bereits wirtschaftliche Abhängigkeiten entstanden sind. Zur Ehedauer sind Zeiten, in denen ein Anspruch aus § 1570 BGB bestand, hinzuzurechnen. Ein Verbrechen oder schweres vorsätzliches Vergehen (§ 1579 Nr. 2 BGB) sind z.B. Tötungsversuche und schwere oder andauernde körperliche Mißhandlungen. Fahrlässige Taten (z.B. die fahrlässige Tötung eines Kindes) genügen dagegen nicht. In Betracht kommt v.a. auch der Versuch eines Betruges im Unterhaltsprozeß (falsche Angaben über das eigene Einkommen, Verschweigen des Zusammenlebens mit einem neuen Partner). Auch schwerwiegende Verleumdungen und falsche Verdächtigungen sind schon unter Nr. 2 subsumiert - 65 worden. Es kommt entscheidend darauf an, daß die Tat die Weiterzahlung des (vollen) Unterhalts an den Täter unerträglich erscheinen läßt. Ob und weswegen der Täter vom Strafgericht verurteilt wurde, ist nicht entscheidend. Es ist aber erforderlich, daß die Tat schuldhaft begangen wurde, so daß eine im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20 StGB) begangene Tat nicht unter § 1579 Nr. 2 BGB fällt. Mutwilliges Herbeiführen der Bedürftigkeit (§ 1579 Nr. 3 BGB) liegt z.B. vor, wenn der Berechtigte seinen sicheren Arbeitsplatz aufgibt und in eine Gegend zieht, in der er nicht vermittelbar ist. Die Härteklausel darf aber immer erst angewandt werden, wenn die Anrechnung eines fiktiven Einkommens nicht möglich ist, oder selbst die Zahlung des dadurch reduzierten Unterhalts noch grob unbillig wäre. In der Praxis wird § 1579 Nr. 3 BGB zuweilen bei Alkohol- oder sonstiger Drogensucht angewandt. Das setzt aber immer voraus, daß der Berechtigte Hilfsangebote ausgeschlagen hat, obwohl er zu ihrer aussichtsreichen Annahme noch in der Lage gewesen wäre. § 1579 Nr. 3 BGB kann auch auf Fälle der Überschuldung des Anspruchstellers angewandt werden, aber nur, wenn die Schulden durch ein entsprechend vorwerfbares Verhalten entstanden sind. Verletzung schwerwiegender Vermögensintereressen des Verpflichteten (§ 1579 Nr. 4 BGB) betrifft vor allem Fälle des „Anschwärzens” des Unterhaltsschuldners. Dabei ist weder notwendig, daß der Hauptzweck einer solchen Handlung die Vermögensschädigung war, noch, daß überhaupt ein Schaden eingetreten ist, die Gefährdung des Vermögens genügt. Häufig ist das Schlechtmachen des Pflichtigen beim Arbeitgeber oder die Anzeige beim Finanzamt wegen Steuerhinterziehungen Grundlage für die Anwendung von Nr. 4. Bei der Verletzung der Unterhaltspflicht aus § 1360 BGB (§ 1579 Nr. 5 BGB) ist zu beachten, daß hierunter nur Pflichtverletzungen aus der Zeit vor der Trennung fallen. Es ist kein Härtegrund aus Nr. 5, wenn diese Pflichtverletzung durch die Trennung eintritt. In Betracht kommen Fälle, in denen der haushaltsführende Ehegatte diesen bis zur Verwahrlosung der Kinder vernachlässigt hat, aber auch solche, in denen ein Ehegatte praktisch den gesamten Lebensaufwand bestritten und der andere sein Geld für persönliche Interessen verbraucht hat. Wer dagegen den anderen Ehegatten mit den Kinder verlassen hat und spurlos verschwunden ist, hat zwar Unterhaltspflichten verletzt, aber nicht diejenige aus § 1360 BGB, sondern nur diejenigen aus §§ 1361 und 1601 BGB. Das fällt nicht unter Nr. 5. Das schwerwiegende Fehlverhalten (§ 1579 Nr. 6 BGB) bezieht sich auf die ehelichen Pflichten aus § 1353 I 2 BGB. Hier kommt manches in Frage. Immer ist aber notwendig, daß es sich um ein eindeutig beim Unterhaltsberechtigten liegendes, einseitiges Fehlverhalten handelt. Wer Herabsetzung oder Ausschluß des Unterhalts nach Nr. 6 verlangt, muß also eventuelle Gegenvorwürfe ausräumen. Beispiele aus der Rechtsprechung sind: anhaltende körperliche Mißhandlungen (die nicht schon unter Nr. 2 fallen, weil sie jeweils nicht schwer waren), das Unterschieben eines Kindes oder die grundlose Verweigerung der Aufnahme der ehelichen Lebensgemeinschaft. Besonders häufig wird § 1579 Nr. 6 BGB im Zusammenhang mit einem Ehebruch geltend gemacht. Hier gilt: Unter § 1579 Nr. 6 BGB fällt nur das nachhaltige, einseitige Ausbrechen aus äußerlich intakter Ehe. Nachhaltig bricht die Ehe, wer entweder eine dauerhafte sexuelle Beziehung zu einem anderen Partner unterhält oder nacheinander immer wieder andere Partner hat. Es fällt - 66 dagegen nicht unter § 1579 Nr. 6 BGB, wenn sich jemand aus einer schon durch andere Umstände (z.B. Alkoholkrankheit des anderen) zerstörten Ehe einem neuen Partner zuwendet. Auch eine Beziehung, die erst nach der Trennung aufgenommen wird, ist kein Härtegrund nach Nr. 6, es sei denn, es kämen zusätzliche negative Umstände hinzu. Auch der einmalige Seitenspruch fällt nicht unter die Nr. 6 und zwar selbst dann nicht, wenn er eine Schwangerschaft zur Folge hat. Auch das Fehlverhalten i.S.v. Nr. 6 muß dem Unterhaltsgläubiger vorgeworfen werden können. Das ist entsprechend §§ 276 I 2, 827, 828 BGB nicht der Fall, wenn er sich in einem deliktsunfähigen Zustand befunden hat. Anders als im Strafrecht entschuldigt Rausch hier allerdings nichts (vgl. § 827 S. 2 BGB). Schließlich erkennt das Gesetz auch andere Gründe (§ 1579 Nr. 7 BGB) an, wenn sie ebenso schwer wiegen wie die in Nr. 1 bis 6 genannten. Hier kommt theoretisch alles mögliche in Betracht. Es muß nur ähnliches Gewicht haben wie die in Nr. 1 bis 6 aufgezählten Fälle. Angewendet worden ist § 1579 Nr. 7 BGB schon auf sog. Ehefossile, die allerdings selten geworden sind. Darunter versteht man Ehen, bei denen auf eine sehr kurze Phase des Zusammenlebens eine sehr lange Zeit der Trennung gefolgt ist, einfach weil keiner der Ehegatten je einen Scheidungsantrag gestellt hat. § 1579 Nr. 1 BGB erfaßt das nicht, da die Ehe an sich ja nicht von kurzer Dauer war. Trotzdem wäre es in solchen Fällen oft grob unbillig, bei der dann doch noch beantragten Scheidung z.B. Altersunterhalt nach § 1571 BGB zuzubilligen, obwohl die Ehegatten vielleicht 20 Jahre lang nichts mehr miteinander zu tun hatten und Trennungsunterhalt nie verlangt worden ist. Die in der Praxis bei weitem häufigste Fallgruppe ist aber die Aufnahme einer neuen eheähnlichen Gemeinschaft. Es kann dem Ehegatten schlecht zugemutet werden, eine solche neue Partnerschaft mitzufinanzieren. Da die Frage, ob eine Gemeinschaft eheähnlich ist oder nicht, für Außenstehende kaum zu beurteilen ist (und die Beteiligten hier an einer Klärung nicht interessiert sein werden) läßt es die Rechtsprechung schon genügen, daß die neue Partnerschaft den äußeren Anschein einer eheähnlichen Gemeinschaft erweckt. Das kann z.B. der Fall sein, wenn die Partner auf allen Familienfesten gemeinsam auftreten, sich wechselseitig als Partner vorstellen oder die Frau sogar den Familiennamen des Mannes benutzt. Die Unterhaltung zweier Wohnungen schließt weder die Annahme einer solchen Gemeinschaft noch ihres äußeren Anscheins aus. Als eheähnlich kann die neue Beziehung allerdings erst gelten, wenn sie sich in einer Weise verfestigt hat, die dem Unterhaltsgläubiger einen neuen stabilen Rahmen zu geben imstande ist. Eine solche Verfestigung nimmt man frühestens nach einer Dauer von zwei bis drei Jahren an. Für die Anwendbarkeit von § 1579 Nr. 7 BGB ist es dagegen nicht entscheidend, ob der neue Partner finanziell leistungsfähig ist. Das kann aber für die Frage der Rechtsfolge von Bedeutung sein (Ausschluß oder nur Herabsetzung des Unterhalts). Reicht es danach nicht für die Anwendung von § 1579 Nr. 7 BGB, kann die neue Partnerschaft auch im Rahmen der schon besprochenen Nr. 6 HammLL Berücksichtigung finden. ii) Rechtsfolgen Liegt ein Fall des § 1579 BGB vor, eröffnet das dem Gericht ein Entscheidungsermessen. Es hat außer den Interessen der beiden Ehegatten - auch die Interessen gemeinsamer Kinder zu berücksichtigen. Das Gericht kann: S den Unterhalt gänzlich ausschließen, S ihn prozentual herabsetzen (auf 75%, 50%, 25%), S seine Berechnung nach den ehelichen Lebensverhältnissen ausschließen, - 67 S ihn auf das Existenzminimum (Nr. 21.4.2 HammLL) reduzieren, oder S im Interesse der Kinder davon absehen, eine dieser Folgen anzuordnen. Das Interesse der Kinder besteht in der Regel dahin, sicherzustellen, daß der betreuende Elternteil ein Auskommen hat und nicht auf den Kindesunterhalt zugreifen muß, um sich selbst mit dem Lebensnotwendigen zu versorgen. Daher wird, wenn kleinere Kinder zu betreuen sind, ein vollständiger Unterhaltsausschluß nur in Frage kommen, wenn der betreuende Elternteil sein Auskommen anderweitig sichern kann, z.B. durch die Inanspruchnahme seines eigenen Vermögens oder eines neuen Partners. e) Wiederverheiratung Wer eine neue Ehe eingeht - oder eine Lebenspartnerschaft begründet - verbindet sich mit einem anderen Menschen zu einer neuen Solidargemeinschaft. Das hat Konsequenzen für den nachehlichen Unterhalt: Die Wiederverheiratung des Unterhaltsgläubigers bringt dessen Ansprüche zum Erlöschen (§ 1586 BGB). Wird die neue Ehe auch wieder aufgelöst, so lange der Unterhaltsgläubiger immer noch gemeinsame Kinder aus der ersten Ehe betreut, kann er unter gewissen Umständen danach wieder Ansprüche gegen den ersten Ehegatten haben (§ 1586a BGB). Sonst sind diese endgültig erloschen. Die Wiederverheiratung des Unterhaltsschuldners bewirkt, daß sich dessen Lebensverhältnisse nun nach den Einkommens- und Vermögensverhältnisse der neuen Ehe richten. Hierbei ist zu berücksichtigen, daß die Unterhaltspflicht gegenüber dem früheren Ehegatten diese Lebensverhältnisse prägt. Der Unterhaltsgläubiger dagegen darf den Lebensstandard der früheren Ehe erwarten. Dazu ein Beispiel: M ist Chefarzt und verdient € 7.000. Er ist von F - nach zwölfjähriger Ehe - geschieden. Diese arbeitet mittlerweile wieder als Krankenschwester und verdient € 1.400. M zahlt an F Aufstockungsunterhalt nach § 1573 II BGB in Höhe von € 2.400. Nun heiratet er Z, eine Krankenschwester, die anläßlich ihrer Heirat ihren Beruf aufgibt und die er daher unterhalten muß. Auf den ersten Blick könnte man meinen, es läge nun ein relativer Mangelfall vor. Denn der Unterhalt an F aus § 1360 BGB, der mit 3/7 der zur Verfügung stehenden € 4.600 - demnach mit € 1.971 bewertet werden kann - steht ja M nicht mehr zur Verfügung. Würde sich sein angemessener Lebensbedarf immer noch nach den Verhältnissen er ersten Ehe berechnen, wäre er folglich unterschritten. M lebt aber nunmehr in einer zweiten Ehe und darf daher seinen Bedarf auch nur noch an deren Verhältnissen ausrichten. Weil die Zahlungen an die erste Frau die Verhältnisse der zweiten Ehe geprägt haben, beträgt sein angemessener Eigenbedarf nur noch 4/7 von € 4.600, also € 2.629. Just die hat er übrig. Er ist demnach beiden Ehefrauen gegenüber voll leistungsfähig. Die Tatsache, daß ein Ehegatte Unterhaltsverpflichtungen aus einer früheren Ehe hat, schränkt auch die Entscheidungsfreiheit des § 1356 I 1 BGB ein. Er darf nur dann auf eine Erwerbstätigkeit verzichten und in der neuen Ehe den Haushalt versorgen, wenn das insgesamt wirtschaftlich vernünftig ist. Das ist es nicht, so lange die Ehe kinderlos ist. Und auch wenn Kinder zu versorgen sind, ist es das nur, wenn auf diese Weise allen Beteiligten zusammengerechnet mehr Geld zur Verfügung steht als bei einer anderen Lösung - demnach nur, wenn der andere Ehegatte das deutlich höhere Einkommen erzielt. f) Geltendmachung von Kindesunterhalt Durch die Scheidung der Eltern ändert sich an der Rechtsgrundlage für den Kindesunterhalt nichts. - 68 Sie sind und bleiben mit beiden Eltern verwandt. Was sich aber ändert, ist die Art und Weise, wie der Kindesunterhalt geltendgemacht werden muß. Denn die gesetzliche Prozeßstandschaft aus § 1629 III BGB endet mit der Scheidung. Die Kinder müssen ihre Unterhaltsansprüche nunmehr selbst geltendmachen. Freilich werden sie, solange sie minderjährig sind, hierbei immer noch gesetzlich vertreten. Hier begünstigt § 1629 II 2 BGB wiederum den betreuenden Elternteil: Er kann die Kinder bei der Geltendmachung der Unterhaltsansprüche auch dann allein vertreten, wenn die elterliche Sorge den Eltern im übrigen gemeinsam zusteht. Der betreuende Elternteil muß die Klage auf Kindesunterhalt also umstellen: Er darf sie nun nicht mehr nach § 1629 III BGB im eigenen Namen erheben, sondern muß sie im Namen der nach § 1629 II 2 BGB von ihm vertretenen Kinder erheben. g) Zusammentreffen verschiedener Ansprüche Wenn mehrere Ansprüche zusammentreffen, hat der Unterhaltsschuldner so lange all diese Ansprüche zu befriedigen, als ihm allen Unterhaltsgläubigern gegenüber noch der Selbstbehalt bleibt. Die Frage der Rangordnung der unterschiedlichen Unterhaltsansprüche stellt sich dann noch nicht: M ist selbständig und erlöst durchschnittlich € 10.000 im Monat. Er war zunächst mit F verheiratet, mit der er die Kinder A (20), B (16) und C (13) hat. Danach hat er G geheiratet, die von ihm ein weiteres Kind, D (5) hat. Von G lebt er getrennt. A ist Student und lebt allein. Die anderen Kinder leben bei ihren Müttern. F arbeitet halbtags und verdient € 700. Wer bekommt wieviel Unterhalt? S Zunächst ist der Bedarf der Kinder zu berechnen, die alle nach § 1601 BGB Unterhalt verlangen können. Da das Einkommen von M weit jenseits der Düsseldorfer Tabelle liegt, müßte dieser eigentlich konkret dargelegt werden. Die Kinder können stattdessen aber auch auf die höchsten Tabellensätze (Stufe 13) zurückgreifen. Eine Niederstufung dürfte trotz der vielen Berechtigten nicht veranlaßt sein. Für B und C liegt der Bedarf also bei je € 582, für D bei € 408. Der Bedarf von A beträgt € 640 (Nr. 13.1.2 S. 1 HammLL). S F hat Anspruch auf Unterhalt nach § 1570 BGB, da ihr zumindest eine volle Berufstätigkeit nicht zugemutet werden kann, so lange sie noch ein nicht 16 Jahre altes Kind betreut. Maßgeblich sind die Verhältnisse aus ihrer Ehe mit M. Demnach sind für ihren Bedarf nur die Unterhaltsansprüche von A, B und C als bedarfsprägend vom Einkommen des M abzuziehen. Es bleiben € 8.196. 3/7 der Differenz zwischen diesen und den € 700, die sie selbst verdient, ergeben € 3.213. S G hat Anspruch auf Unterhalt nach § 1361 I BGB. Eine Erwerbstätigkeit kann ihr noch nicht zugemutet werden. Maßgeblich sind die Verhältnisse aus ihrer Ehe mit M, die durch die Unterhaltspflichten gegenüber A, B, C, D und F geprägt worden sind. Das Einkommen des M ist folglich um all diese Ansprüche zu reduzieren. Es bleiben dann noch € 4.575, von denen G wieder 3/7 zustehen, also € 1.961. S M bleiben nach Abzug der gesamten errechneten Beträge € 2.614 übrig. Das sind 4/7 von € 4.575 und entspricht damit exakt seinem angemessenen Eigenbedarf. Diese Rechnung ändert sich auch nicht wesentlich, wenn ein relativer Mangelfall vorliegt. Auch dann erhalten alle Berechtigten Unterhalt. Allenfalls müssen Ehegatten sich eine Kürzung nach Maßgabe der Billigkeit gefallen lassen. - 69 Die Rechnung ändert sich aber radikal, wenn ein absoluter Mangelfall entsteht. Dann gewinnt die gesetzliche Rangfolge der Unterhaltsgläubiger entscheidende Bedeutung. Zuerst werden die Ansprüche mit dem besseren Rang befriedigt. Nur wenn der Unterhaltsschuldner danach noch mehr als den Selbstbehalt zur Verfügung hat, bekommen auch diejenigen Gläubiger mit dem nächstschlechteren Rang noch Unterhalt. Teilen sich mehrere Berechtigte den besten Rang, so müssen sie sich auch das, was der Verpflichtete allenfalls zahlen kann, teilen. Ihr Bedarf wird nur noch anteilig gedeckt. i) Rangfolge der Verpflichtungen Für die hier behandelten Unterhaltsverpflichtungen gilt: 1. Den ersten Rang unter allen Unterhaltsgläubigern nehmen die privilegierten Kinder ein. Ihre Ansprüche gehen denjenigen aller anderen Verwandten vor (§ 1609 I BGB). 2. Der Ehegatte teilt grundsätzlich den Rang der privilegierten Kinder (§ 1609 II 1 BGB) und geht anderen Berechtigten vor (§ 1609 II 2 BGB). Das gilt unabhängig davon, ob die Ehe geschieden ist oder noch besteht und im letzteren Fall auch, ob die Ehegatten noch zusammenleben oder getrennt. 3. Zwischen mehreren Ehegatten geht der jeweils frühere dem späteren Ehegatten vor, wenn der frühere Ehegatte Betreuungsunterhalt oder Billigkeitsunterhalt erhält oder wenn die Ehe mehr als zehn Jahre gedauert hat (§ 1582 I 2 BGB) oder wenn der spätere Ehegatte im Falle einer sofortigen Scheidung nur Anspruch auf Ausbildungsunterhalt hätte (§ 1582 I 1 BGB). Trifft nichts davon zu, teilen sich beide Ehegatten den gleichen Rang. Die Ranggleichheit des Ehegatten mit den privilegierten Kindern (§ 1609 II 1 BGB) gilt, wenn mehrere Ehegatten unterhaltsberechtigt sind, nur für denjenigen Ehegatten, der unter ihnen den besten Rang einnimmt. 4. Der andere Elternteil eines unehelichen Kindes geht den privilegierten Kindern und dem Ehegatten nach (§ 1615l III, IV 2 BGB), anderen Verwandten dagegen vor. 5. Der ehemalige Lebenspartner steht nach § 16 II LPartG im Rang noch hinter dem anderen Elternteil, jedoch vor den sonstigen Verwandten. Unter mehreren Lebenspartnern geht immer der frühere dem späteren vor. Dies gilt unabhängig davon, ob die Lebenspartnerschaft besteht oder aufgehoben ist und auch unabhängig davon, ob die Lebenspartner zusammen oder getrennt leben (vgl. § 12 S. 2 LPartG). 6. Erst danach sind andere Verwandte, insbesondere also auch die nicht privilegierten Kinder berechtigt. ii) anteiliger Unterhalt bei gleichrangigen Berechtigungen Immer wenn in einer Rangklasse mehrere Berechtigte vorhanden sind, die nicht alle Unterhalt erhalten können, ohne daß dem Verpflichteten der Selbstbehalt nicht mehr verbliebe, wird das, was er leisten kann, anteilig unter sie aufgeteilt. Das ist eine Berechnung, die in vier Schritten erfolgt: S Zunächst wird die Verteilungsmasse ermittelt, das ist die Summe, die der Verpflichtete übrig hat, wenn man von seinem Einkommen den Selbstbehalt und den Unterhalt eventueller vorrangig Berechtigter abzieht. S Im zweiten Schritt stellt man die Einsatzbeträge für den Unterhalt der Berechtigten fest. Diese Einsatzbeträge haben mit dem Unterhaltsbedarf nichts zu tun. Sie sind lediglich Rechengrößen, die für eine gerechte Verteilung sorgen sollen. Einsatzbeträge sind: 1. für Kinder, die bei einem Elternteil leben, die Sätze der sechsten Einkommensstufe der - 70 - S S Düsseldorfer Tabelle, 2. für Ehegatten, andere Elternteile oder Lebenspartner die als Existenzminimum unter Nr. 21.4.2 HammLL angegebenen Beträge, 3. für volljährige, alleinlebende Kinder der Satz von € 640 (Nr. 13.1.2 HammLL). Im dritten Schritt ermittelt man die Unterhaltsquote dadurch, daß man die Verteilungsmasse durch die Summe aller Einsatzbeträge teilt. Zuletzt multipliziert man die Unterhaltsquote mit den Einsatzbeträgen und erhält so für jeden der gleichrangig Berechtigten den zu zahlenden Unterhalt. Wenn man richtig gerechnet hat, muß dem Verpflichteten exakt sein Selbstbehalt (+/- einer Rundungsungenauigkeit) bleiben. iii) Beispiele (1) X hat eine Frau (Y) und drei eheliche Kinder, A (14), B (11) und C (3). Er verdient als Krankenpfleger € 1.600. Hiervon lebt die gesamte Familie. Y hat kein Einkommen. Sie betreut die Kinder. X wird nunmehr Vater einer unehelich geborenen Tochter D, die bei ihrer Mutter M aufwächst. M und D fragen sich, ob sie Unterhalt verlangen können. Eigentlich haben alle einen solchen Anspruch, nämlich A, B und C aus § 1601 BGB, Y aus § 1360 S. 1 BGB und M aus § 1615l II 2 BGB. Schon bei einem Blick auf die Unterhaltssätze der geringsten Altersstufe wird aber deutlich, daß der Fall ein absoluter Mangelfall ist, denn diese würden zusammen schon € 946 ausmachen. Schon wenn er nur das zu zahlen hätte, bliebe X weniger als sein Selbstbehalt (€ 890). Damit ist zugleich klar, daß M nichts erhalten kann, denn sie hat gegenüber den anderen Berechtigten ja den schlechteren Rang (vgl. § 1615l III BGB). A, B, C und Y sind dagegen nach § 1609 II 1 BGB mit D gleichrangig berechtigt. Also ist die vierstufige Rechnung durchzuführen: S Die Verteilungsmasse beträgt € 1.600 - € 890 = € 710. S Die Einsatzbeträge sind: für A: € 393, für B: € 334, für C: € 276, für D: € 276, für Y: € 560 (Nr. 21.4.2 HammLL). Das macht zusammen € 1.839. S Die Unterhaltsquote beträgt somit € 760 : € 1.783 = 38,60% S Der Unterhalt, den M an D zahlen muß, liegt folglich bei 38,60% des Einsatzbetrages von € 276, das sind € 107. Kindergeld ist nach § 1612b V BGB nicht anzurechnen, weil D auch mit zusätzlichen € 77 nicht auf den Einsatzbetrag kommt. 5. Versorgungsausgleich Der Versorgungsausgleich (§§ 1587 - 1587p BGB und §§ 1 ff. VAHRG) ist zu kompliziert in seinen Details, als daß er hier erörtert werden könnte. Daher sei nur das Prinzip erwähnt: Anwartschaften auf Altersversorgung, die von den Ehegatten während der Ehe erworben wurden, sollen hälftig auf sie verteilt werden. Dazu ist die Ermittlung dieser Anwartschaften notwendig und dann die Feststellung, wer während der Ehe mehr erworben hat. Der muß dann die Hälfte davon an den anderen abtreten. In Fällen, in denen eine Übertragung rechtstechnisch ausgeschlossen ist, findet der Ausgleich in anderer Form statt. Dazu ist dann eine Bewertung der Anwartschaften notwen- - 71 dig. Der Versorgungsausgleich kann durch Ehevertrag ausgeschlossen werden (§ 1408 II 1 BGB). Innerhalb des letzten Jahres vor Stellung des Scheidungsantrags ist der Ausschluß des Versorgungsausgleichs nur noch durch eine vom Familiengericht genehmigte Scheidungsfolgenvereinbarung möglich (§ 1587o II BGB). Ist die Feststellung oder Bewertung der Anwartschaften sehr kompliziert, kann die Scheidung unter Umständen schneller vonstattengehen, wenn man den Versorgungsausgleich ausschließt und dann mit dem Scheidungsantrag noch ein Jahr wartet, als wenn man die Scheidung sofort beantragt und er durchgeführt werden muß. V. Lebenspartnerschaft Die gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft ist ein sehr junges Rechtsinstitut. Der Gesetzgeber hat sie im Jahre 2001 erst geschaffen. Sie soll es auch homosexuellen Paaren ermöglichen, in einem institutionalisierten Rahmen zusammenzuleben. Ob hierfür tatsächlich ein rechtliches Bedürfnis besteht, ist zweifelhaft. Die offizielle Begründung, es gehe hierbei um den Abbau von Diskriminierungen, trägt jedenfalls nicht. Eine Ehe ist etwas anderes als eine homosexuelle Verbindung. Daß das Gesetz homosexuellen Menschen verbietet, einander zu heiraten (und mehr tut es nicht), hat keine andere Qualität als etwa die Vorschrift, die einem Kunstmaler die Eintragung seiner Betätigung in das Handelsregister verwehrt. Der Gesetzgeber konnte sich denn - wohl auch mit Rücksicht auf Art. 6 I GG - nicht dazu durchringen, die Ehe gleichgeschlechtlichen Paaren zu öffnen. Stattdessen wurde ein Gesetz entworfen, das ein neues Rechtsinstitut - die Lebenspartnerschaft - schuf, das in so vielen Aspekten der Ehe gleichgestellt werden sollte, daß man Unterschiede kaum noch erkennen konnte. Aus rein pragmatischen Gründen - nämlich, weil der Bundesrat diesem Gesetz nicht zugestimmt hättte - wurde dann davon eine ganze Menge wieder herausgenommen. Was jetzt Gesetz geworden ist, ist ein Fragment, das schroffe Brüche aufweist. So erbt der Lebenspartner z.B. genau wie ein Ehegatte, nämlich neben Kindern, Eltern und Geschwistern des Erblassers und vor allen weiteren Verwandten. (Erbrecht muß nicht in den Bundesrat). Er ist aber in der schlechtesten Erbschaftssteuerklasse, da er im ErbStG nicht vorkommt und folglich zu den „sonstigen Erben“ gehört. Um das zu ändern, hätte das ErbStG geändert werden müssen und das geht nur mit Zustimmung des Bundesrats. Der folgende Abschnitt gibt einen Überblick über all das, was im Lebenspartnerschaftsrecht anders geregelt ist als im Eherecht. Auf die vielen parallelen Vorschriften werde ich dagegen nur am Rande eingehen. A. Lebenspartnerschaftsversprechen Gemäß § 1 III LPartG gelten für das wechselseitige Versprechen, eine Lebenspartnerschaft einzugehen, dieselben Vorschriften wie für das Verlöbnis. B. Begründung der Lebenspartnerschaft Die Lebenspartnerschaft wird im Prinzip in der gleichen Form begründet wie eine Ehe (§ 1 I 1 LPartG). Allerdings ist nicht überall das Standesamt für die Entgegennahme der Erklärung zuständig, - 72 denn § 1 I 3 LPartG überläßt es den Bundesländern, die zuständige Stelle zu bestimmen. Die meisten Bundesländern haben dies den Standesämtern übertragen (so auch Nordrhein-Westfalen). Ausnahmen sind Bayern (Notariat) und Thüringen (Landesverwaltungsamt Weimar). In Baden-Württemberg sind die unteren Verwaltungsbehörden (Land- und Stadtkreise) zuständig, die selbst bestimmen können, welche Stelle zuständig sein soll. Das führt dazu, daß in einigen Stadtkreisen doch wieder die Standesämter zuständig sind, während die Stadt Stuttgart z.B. zwei ihrer Bezirksämter für zuständig erklärt hat. Grund für diese merkwürdige Situation ist der Umstand, daß Verfahrensvorschriften, die die Länder auszuführen haben, ein Gesetz zustimmungspflichtig machen. C. Fehlerhafte Lebenspartnerschaft Für die Lebenspartnerschaft fehlt eine den §§ 1314 ff. BGB entsprechende abschließende Sonderregelung. § 15 II 2 LPartG regelt lediglich die Folgen von Willensmängeln, nicht jedoch die von anderen Fehlern. Im übrigen sind daher die allgemeinen Regeln über Rechtsgeschäfte anwendbar. Es gibt somit Fehler, die zur Nichtigkeit, und solche, die zur Aufhebbarkeit der Lebenspartnerschaft führen. 1. Nichtige Lebenspartnerschaft Eine Lebenspartnerschaft, die nicht in der von § 1 I LPartG vorgeschriebenen Form, insbesondere nicht vor der zuständigen Behörde, geschlossen wird, ist nach § 125 S. 1 BGB nichtig. Das dürfte sogar für den Fall gelten, daß die Partner geglaubt haben, die Partnerschaft vor der zuständigen Behörde einzugehen. denn eine § 1310 II BGB entsprechende Norm fehlt im LPartG. Besteht ein Partnerschaftshindernis nach § 1 II LPartG, so ist die dennoch geschlossene Lebenspartnerschaft wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nach § 134 BGB nichtig. Partnerschaftshindernisse sind: Minderjährigkeit (§ 1 II Nr. 1, 1. Alt. LPartG), wobei anders als bei der Ehe eine Befreiung S vom Erfordernis der Volljährigkeit nicht möglich ist, eine schon bestehende Ehe oder Lebenspartnerschaft (§ 1 II Nr. 1, 2. Alt. LPartG), S Verwandtschaft in gerader Linie (§ 1 II Nr. 2 LPartG) oder bis zum zweiten Grad in der S Seitenlinie (§ 1 II Nr. 3 LPartG), wobei das Gesetz nicht regelt, ob nur Bluts- oder auch Adoptivverwandtschaft gemeint sein soll, Scheinpartnerschaft, die als die fehlende Absicht, eine Verpflichtung nach § 2 LPartG S einzugehen definiert wird (§ 1 II Nr. 4 LPartG). Wird die Lebenspartnerschaft von einem Geschäftsunfähigen begründet, so ist desssen Erklärung und damit auch die Lebenspartnerschaft - nach § 105 I BGB nichtig. Eine Heilung der Nichtigkeit ist ausgeschlossen. Allenfalls kann die Lebenspartnerschaft nach Wegfall eines Nichtigkeitsgrundes durch Neuvornahme bestätig werden (§ 141 I BGB). Das muß aber in der für die Begründung der Lebenspartnerschaft vorgesehenen Form geschehen und hat nur schuldrechtliche Rückwirkung (§ 141 II BGB). Ist die Erklärung von einem der Partner im Zustand vorübergehender Unzurechnungsfähigkeit abgegeben worden, macht das die Lebenspartnerschaft dagegen nich § 15 II 2 LPartG i.V.m. § 1314 II Nr. 1 BGB nur aufhebbar. Heilung ist hier nach § 15 IV LPartG i.V.m. § 1315 I 1 - 73 Nr. 3 BGB möglich. 2. Aufhebung der Lebenspartnerschaft Eine Lebenspartnerschaft kann nach § 15 II 2 LPartG i.V.m. § 1314 II Nr. 1 bis 4 BGB aufgehoben werden wegen S vorübergehender Unzurechnungsfähigkeit (vgl. auch oben), S Inhaltsirrtums, S arglistiger Täuschung und S widerrechtlicher Drohung. Für die Einzelheiten - Heilung, Antragsrecht, Antragsfrist - gelten nach § 15 IV LPartG die gleichen Bestimmungen wie für die Aufhebung der Ehe. Die Folgen einer Aufhebung der Lebenspartnerschaft wegen Willensmängeln sind dagegen keine anderen als bei jeder anderen Aufhebung der Lebenspartnerschaft. Eine § 1318 BGB entsprechende Vorschrift fehlt. Die Aufhebbarkeit der Lebenspartnerschaft hat folglich auch keine Konsequenzen für das Erbrecht, falls nicht die Voraussetzungen von § 10 III LPartG vorliegen (der § 1933 BGB etwa entspricht). D. Rechtswirkungen der Lebenspartnerschaft 1. Name Lebenspartner können einen gemeinsamen Lebenspartnerschaftsnamen bestimmen (§ 3 I 1 LPartG), verpflichtet sind sie hierzu nicht, nicht einmal - wie Ehegatten - in Form einer sanktionslosen Sollvorschrift. Die Art und Weise der Bestimmung des Lebenspartnerschaftsnamens und deren sonstige Konsequenzen sind in § 3 LPartG fast wortgleich geregelt wie in § 1355 BGB für den Ehenamen. An die Stelle des Standesamtes tritt auch für die hier abzugebenden Erklärungen die für die Begründung der Lebenspartnerschaft durch Landesrecht bestimmte Behörde. 2. Partnerschaftliche Lebensgestaltung Für Lebenspartner existiert keine Verpflichtung zur Lebensgemeinschaft. Sie schulden einander nach § 2 S. 1 LPartG nur Fürsorge, Unterstützung und gemeinsame Lebensgestaltung. Die Verpflichtung geht also weniger weit als diejenige unter Ehegatten. Zwar sind sie einander in gleicher Weise wie Ehegatten zu Beistand und Rücksicht verpflichtet. Sie sind aber weder zur häuslichen, noch zur Geschlechtsgemeinschaft verpflichtet. Was unter „gemeinsamer Lebensgestaltung“ genau zu verstehen ist, ist bis jetzt nicht klar. Noch weniger klar ist, ob aus § 2 S. 1 LPartG eine Verpflichtung zu sexueller Treue folgt. Jedenfalls dürfte ein Partner, der selbst die Geschlechtsgemeinschaft ablehnt nicht berechtigt sein, vom anderen zu verlangen, sich jeder Sexualität zu enthalten. § 2 LPartG verpflichtet die Lebenspartner wohl nicht dazu, sich einen Haushalt zu teilen. Daß die §§ 1369, 1370 BGB für sie dennoch gelten (vgl. § 8 II LPartG) mutet da etwas merkwürdig an. Indessen ist zu bedenken, daß sie einfach ins Leere gehen, wenn ein gemeinsamer Haushalt nicht tatsächlich existiert. Man wird aus ihrer Geltung (und auch aus den Bestimmungen in § 13 und § 17 f. LPartG) aber wohl den Schluß ziehen müssen, daß § 2 LPartG die Eigentumsrechte (§§ 985, 749 - 74 I BGB) in ähnlicher Weise verdrängt wie § 1353 I 2 BGB, wenn die Lebenspartner in einem Haushalt zusammenleben. Die aus § 2 S. 1 LPartG folgenden Pflichten können beim Familiengericht eingeklagt werden (§ 661 I Nr. 3 ZPO). Da § 888 III ZPO die Lebenspartnerschaft nicht erwähnt, dürften entsprechende Urteile sogar vollstreckbar sein. Wenn das so ist, dürfte es nicht nötig sein, zwischen den eigentlichen persönlichen Pflichten und deren vermögensrechtlichen Folgewirkungen zu unterscheiden. Anders als bei der Ehe enden die Pflicht aus § 2 LPartG erst mit der Auflösung der Lebenspartnerschaft. Eine § 1353 II, 2. Alt. BGB entsprechende Bestimmung fehlt. 3. Beiträge zum Unterhalt Die Unterhaltsverpflichtung während der bestehenden Lebenspartnerschaft nach § 5 LPartG entspricht derjenigen in der Ehe. 4. Allgemeine vermögensrechtliche Wirkungen der Lebenspartnerschaft Ob auch Lebenspartner ein absolutes Recht am räumlich-gegenständlichen Bereich der Lebenspartnerschaft zugestanden werden kann, ist m.E. nicht klar. Bei Ehegatten wird dieses Recht ja stark an der Geschlechtsgemeinschaft und der Pflicht zur sexuellen Treuer orientiert, die man aus § 2 LPartG nicht so ohne weiteres entnehmen kann. Nach § 4 LPartG gilt für Lebenspartner dasselbe Hafungsprivileg wie für Ehegatten. Nach § 8 I LPartG gelten für die im Mitbesitz von Lebenspartnern stehenden Sachen dieselben Eigentumsvermutungen, die § 1362 BGB auch für Ehegatten aufstellt. Nach § 8 II LPartG gilt auch innerhalb von Lebenspartnerschaften die Schlüsselgewalt. Das Güterrecht entspricht vollkommen dem ehelichen (§§ 6, 7 LPartG). E. Trennung und Trennungsfolgen 1. Trennung Für die Lebenspartnerschaft fehlt eine § 1567 BGB vergleichbare Norm. Da das Gesetz aber auch bei ihnen Rechtsfolgen an das Getrenntleben knüpft, muß auch bei ihnen der Begriff der Trennung definiert werden. Man wird sich hierbei an § 1567 I 1 BGB anlehnen müssen, ohne die Unterschiede zwischen § 2 LPartG und § 1353 I 2 BGB zu verkennen. Danach leben Lebenspartner getrennt, wenn sie ihr Leben nicht mehr gemeinsam gestalten, weil mindestens einer von ihnen dazu nicht mehr bereit ist. Da aus § 2 LPartG keine Pflicht zum räumlichen Zusammenleben folgt, kommt es umgekehrt auch nicht auf die räumliche Trennung an. Gemeinsame Lebensgestaltung ist auch auf Distanz möglich. Getrennt leben Lebenspartner folglich erst, wenn sich einer von ihnen weigert, den anderen an seinem Leben noch teilhaben zu lassen und diese Weigerung auch deutlich zum Ausdruck bringt. § 1567 I 2 und II BGB dürften auf Lebenspartner entsprechend anwendbar sein. - 75 2. Trennungsfolgen Für die Behandlung des Hausrats und der gemeinsamen Wohnung der Lebenspartner bei der Trennung gelten die §§ 13, 14 LPartG, die mit §§ 1361a, 1361b BGB praktisch wörtlich identisch sind. Insoweit kann auf die Ausführungen S. 39 ff. verwiesen werden. Auch für den Anspruch auf Getrenntlebensunterhalt wird in § 12 S. 1 LPartG im wesentlichen auf § 1361 BGB verwiesen. Lediglich der Rang im Mangelfall ist nach § 12 S. 2 LPartG i.V.m. § 16 II LPartG ein wesentlich schlechterer: Der Lebenspartner nimmt den vorletzten Rang vor den „sonstigen Verwandten“ i.S.v. § 1609 II BGB ein. F. Aufhebung der Lebenspartnerschaft Die Aufhebung der Lebenspartnerschaft gibt es in zwei Varianten. Eine davon ist schon besprochen worden. Die Aufhebung wegen Willensmängeln bei ihrer Begründung (§ 15 II 2 LPartG) hat eine ähnliche Funktion wie die Eheaufhebung. Dagegen entspricht die Aufhebung nach § 15 II 1 LPartG funktional der Ehescheidung und ist ihr auch in den Voraussetzungen entsprechend ähnlich: Nach § 15 II 1 Nr. 1 LPartG kann eine Lebenspartnerschaft nach einem Jahr Trennung S aufgehoben werden, wenn beide Partner die Aufhebung wünschen oder zur Überzeugung des Gerichts feststeht, daß sie die Trennung nicht beenden werden. Nach § 15 II 1 Nr. 2 LPartG kann die Lebenspartnerschaft nach drei Jahren Trennung ohne S weiteres aufgehoben werden. Nach § 15 II 1 Nr. 3 LPartG kann die Lebenspartnerschaft ohne Einhaltung einer TrennungsS zeit aufgehoben werden, wenn ihre Aufrechterhaltung für den Antragsteller aus Gründen, die in der Person des Antragsgegners liegen, eine unzumutbare Härte wäre. Mit § 15 III LPartG ist außerdem auch eine § 1568 BGB entsprechende Regelung vorhanden. Das Verfahren für die Aufhebung von Lebenspartnerschaften ist in § 661 ZPO geregelt. Die Regelung entspricht dem Scheidungsverfahren weitgehend. G. Folgen der Aufhebung der Lebenspartnerschaft 1. Hausrat und Wohnung Für die Verteilung der gemeinsamen Wohnung und des Hausrats nach der Aufhebung der Lebenspartnerschaft gelten die §§ 17 bis 19 LPartG, die zum Teil den Inhalt der HausratsVO wörtlich wiedergeben, zum Teil auf ihn verweisen. Insgesamt entspricht die Regelung derjenigen für die Scheidung, so daß auf die Ausführungen S. 55 ff. verwiesen werden kann. 2. Versorgungsausgleich Nach § 20 LPartG findet bei der Aufhebung der Lebenspartnerschaft wie bei der Ehescheidung ein Versorgungsausgleich statt. Auch die Berechnungsmethode ist identisch. 3. Nachpartnerschaftlicher Unterhalt Schließlich verweit § 16 I LPartG auch wegen des nachpartnerschaftlichen Unterhalts wiederum auf - 76 die Vorschriften, die auch den nachehelichen Unterhalt regeln. Ausgenommen ist nur § 1582 BGB. Die Rangfrage wird in § 16 II LPartG vielmehr - wie auch beim Getrenntlebensunterhalt - dahin geregelt, daß der Ex-Lebenspartner lediglich späteren Lebenspartnern und den „übrigen Verwandten“ i.S.v. § 1609 II BGB vorgeht. Gegenüber allen anderen gesetzlich Unterhaltsberechtigten hat er den schlechteren Rang.