unsere schule 2011 - Foerderverein Canisianum Lüdinghausen

Transcription

unsere schule 2011 - Foerderverein Canisianum Lüdinghausen
Chronogramm*
auf das Jahr
2011
qVI nVper saeVa VIoLentIa natVrae
CVnCtIs fortVnIs DVre spoLIatI
InopIa VICtVs aqVaeqVe VeXantVr
sVbsIDIone opIbVsqVe nostrIs InDIgent
[
]
Heinrich Hürfeld
Eine Zeit-Schrift, deren Ent-Zifferung sich
* durch die Addition der im Text hervorgehobenen
lateinischen Zahlbuchstaben ergibt.
Kapitel
Chronogramm
Die Menschen, die in jüngster Zeit
durch heftige Naturkatastrophen hart getroffen
all ihrer Habe beraubt worden sind
und von Nahrungs- und Wassermangel gequält werden,
bedürfen unserer tatkräftigen Hilfe.
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unsere schule 2011
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Träger und Förderer
Jahresbericht 2010
Cani lässt sie ungern ziehen 21 Jahre fürs Cani im Einsatz
7
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Abitur 2010
Cani-Airbus sicher gelandet
Die Abiturrede von H. Sturznäcker
Graecum zuerkannt
Top in Bio
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20
Schule und Projekte
Unsere neuen Fünftklässler
Hilfe für Kinderheim in Brasilien
Der Mensch ein „betender Affe?“
Tage religiöser Orientierung 2011
Heiteres Berufeschnuppern
Lernen, bewusster zu essen
Projekttage und -gruppen 2010
Journalisten für einen Tag
Redakteur auf den Zahn gefühlt
Schüler machen Fachschaft stolz
Finanzführerschein der 7er Gespräche, Spiele und Gemeinschaft
Über Platon zur Steinkohle
Alkohol – klare Grenzen setzen
Anerkennung für Mathematiker
SAMMS – was ist denn das ?
Es war ein hartes Stück Arbeit!
Oberprimaner bei „Jugend forscht“
Kontinuierliche Arbeit belohnt
Berufsorientierte Förderung 21
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Bewerbung als „Schule der Zukunft“ 59
Kreisverkehr ist umweltfreundlicher 61
Über eine faire Zukunft
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Kunst und Kultur
Der gute Mensch von Sezuan
Raphael Rehers Schauspielkunst
Oper hautnah erleben
Wer gut sein will, muss viel üben
Das ganze Empire am Cani
Die Sch‘tis und die Piaf
Cani-Physikräume als Galerie
Probenfahrt mit Musik und Spaß
Eindrücke vom Dreikönigs-Konzert Lesewettbewerb der 6. Klassen
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Sport und Spiel
Canisianer machten Sportabzeichen 80
Technik, Fitness und Etikette
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Zweifacher Vizekreismeister
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Von Union in die Nationalmannschaft84
Bronzemedaille für Cani-Volleyballer 85
Lautlos durchs Münsterland
86
Partner und Freunde
Mont St.-Michel und Kölner Dom
88
Sprachliche Herausforderungen 95
Schüleraustausch über zehn Wochen 95
Carolinum und Gastfreundschaft
96
Gast am Neisser Carolinum
102
Erster Schnee und neue Pläne
104
Empfang im eiskalten Schweden
106
Schüler genossen die britische Insel 108
Im Nomadenzelt
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Barr Beacon Language College
110
Anstehen für die Käselaugenstange 112
Reisen und Lernen
Let’s go and have fun
Begeistert von Studienangeboten
Die Kunst der Selbstverpflegung
London als Lichtermeer
TAIZÉ – Inspiration für Schule
„Loslassen ist ohne Hände!“
Tipps für die Nachfolger
Zwischen Salzach und Mozarteum
Kursfahrt an die Moldau
Through the streets of London
Technikmuseum und Nightlife
München, Mozart und mehr
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Menschen und Momente
Herzlichen Glückwunsch Veränderungen 2010
Nachruf auf Alfred Bertram
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144
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Hartmut Sturznäcker im Ruhestand
Wilhelm Sternemann im Ruhestand
Verabschiedung Klaus Heisterkamp
Besuch bei Julius Ehring
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148
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Vermischt und aufgeschrieben
Nachahmer willkommen!
Interview mit Schülersprechern
Canisianer spenden: Geld
Canisianer spenden: Blut
Geschichte des Canisianum I
Familie wurde vermisst
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159
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Cani-Community
Abitur – und was dann? 168
Mit der Sonne im Gepäck …
170
Nach dem Abitur durch Europa
174
Jens Wagner aus Afganistan
179
Interview mit Dr. Martin Dabrowski 181
Interview mit Prof. Michael Quante 186
Impressum 2011:
Herausgeber: Gymnasium Canisianum Lüdinghausen in Zusammenarbeit mit dem „Verein der
Freunde und Förderer des Gymnasium Canisianum e.V.“ und dem „Gymnasialverein St. Canisius e.V.“
Redaktion: Gerold Meischen, Wolfgang Urbaniak · Konzeption, Layout und Satz: Rudolf Müller, müller
mixed media · Druck: Druckerei Rave, Ottmarsbocholt · Fotos, sofern nicht im Innenteil benannt: CaniCommunity
Diese Ausgabe der Schulzeitung wird allen Freunden und Förderern des Gymnasium Canisianum
kostenlos zugestellt in der Hoffnung, dass unsere Schulgemeinschaft durch eine stetig zunehmende
Zahl von Mitgliedern auch in den kommenden Jahren blüht, wächst und gedeiht. Internet: www.
canisianum.de Email: info@canisianum.de
Inhalt
Inhalt
Vorwort der Redaktion
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6
Vorwort der Redaktion
Jahresbericht 2010
Es gibt nicht wenige Zeitgenossen, die
halten die bereits auf Cicero zurückgehende Aussage „variatio delectat“ (Abwechslung macht Freude) nach wie vor
für hochaktuell. Gerade der schulische
Raum könnte hierfür zahlreiche Beispiele
liefern – sei es der methodische Wechsel zur Steigerung der unterrichtlichen
Motivation oder der Bau einer Mensa zur
Verbesserung der Schüler-Versorgung.
Auch unsere Schulzeitung hat im Laufe
der letzten 33 Jahre mehrfach ihr Äußeres geändert, um das Auge des Lesers zu
erfreuen.
Dominierte in den ersten Jahren eine
ermüdende Textlastigkeit, so zeichnete
sich die Zeitung im letzten Jahrzehnt
nach Anschaffung einer speziellen Software doch zunehmend durch ein lebendigeres Layout aus. Im Zuge eines wachsenden Medienbewusstseins und dem
daraus resultierenden Bedürfnis, schulische Aktivitäten noch umfassender zu
dokumentieren, ist der Umfang unserer
Jahresschrift beständig angeschwollen.
In der Folge sind die Layout-Aktivitäten
von einer kleinen Redaktion im ohnehin
nicht ganz stressfreien Schulalltag kaum
noch zu bewältigen, so dass wir uns
gezwungen sahen, diesen Teil unserer
Arbeit in professionelle Hände zu legen.
Sehr geehrte Mitglieder, liebe Schulgemeinschaft, zunächst einmal darf ich
die neuen Mitglieder im Förderverein
mit einem „Herzlichen Willkommen!“
begrüßen. Erfreulicherweise hat in den
letzten Jahren das Interesse insbesondere der Eltern, deren Kinder neu in die
Schule aufgenommen wurden, zu einem
Mitgliederzuwachs geführt, so dass der
Verein jetzt etwa 550 Personen zählt. Ein
besonderer Dank gilt auch den Eltern,
die aus alter Verbundenheit fördernde
Mitglieder des Vereins geblieben sind,
obwohl ihre Kinder die Schule bereits
verlassen haben.
Da der Förderverein im vorletzten
Jahr einen relativ großen Beitrag im
Zusammenhang mit der Errichtung der
Mensa bereitgestellt hat, wurden im
letzten Jahr verschiedene Projekte mit
„nur“ etwa 8.500 Euro unterstützt. In
diesem Zusammenhang soll aber nicht
ohne Stolz darauf hingewiesen werden,
dass der Schule bisher seit Gründung
des Vereins fast 400.000 Euro zur Verfügung gestellt werden konnten. Der
Wir hoffen nun, dass sich das Ergebnis
sehen lassen kann und bitten um kritische Rückmeldungen.
Ungeachtet der äußeren Veränderung bietet unsere Chronik inhaltlich
in gewohnter Weise wieder Zahlreiches
zur Lektüre an – sei es, um es erstmalig zur Kenntnis zu nehmen oder um
sich schmunzelnd an Erlebtes und mit
berechtigtem Stolz an Gelungenes zu
erinnern. Zum Schluss bedanken wir uns
bei dem „Verein der Freunde und Förderer unserer Schule“ sowie dem Schulträger für ihre maßgebliche Unterstützung,
bei den zahlreichen Autorinnen und
Autoren der nachfolgenden Berichte, bei
der Lokalredaktion der „Westfälischen
Nachrichten“ für die Bereitstellung
wichtigen Text- und Bildmaterials und
nicht zuletzt bei unserem langjährigen
Redaktionsmitglied Willi Schmitt, das
uns ungeachtet seiner Pensionierung
tatkräftig unterstützt hat.
Und jetzt? Jetzt wünschen wir natürlich auch im 34. Jahr unseres Erscheinens
allen Leserinnen und Lesern viel Freude
bei der Lektüre des Jahresrückblicks.
Gerold Meischen, Wolfgang Urbaniak
Verwendung der Gelder in den Fachschaften:
Fachschaft Kunst:
Fachschaft Sport:
Fachschaft Biologie:
Fachschaft Physik:
Fachschaft Chemie:
Fachschaft Religion:
Fachschaft Erdkunde:
1.400 Euro
500 Euro
1.100 Euro
300 Euro
700 Euro
1.200 Euro
500 Euro
folgende Auszug aus dem Kassenbericht
von Herrn Franz-Josef Hörsken gibt
einen kleinen Einblick in die vielseitige
Verwendung der Gelder, die wie immer
in Abstimmung mit den Fachschaften
erfolgte.
Zusätzlich wurden das „Fair-Mobil“
als Beitrag zum sozialen Lernen in der
Jahrgangsstufe 5, die Kajak-AG und die
Trommel-AG bedacht. Für die Mitfinanzierung der Jahresschrift „Unsere Schule“
sind etwa 1.700 Euro verwendet worden.
Wir sind davon überzeugt, dass alle Beträge sinnvoll im Sinne eines positiven
Schulklimas und einer notwendigen
Außendarstellung der Schule eingesetzt
wurden.
Der Förderverein benötigt auch in Zukunft die tatkräftige Mithilfe und Spendenbereitschaft seiner Mitglieder. Wir
appellieren daher an alle Eltern und
Lehrer, sofern sie nicht bereits Mitglieder
sind, dem Verein beizutreten, um auch
so die Verbundenheit mit unserer Schule
zu dokumentieren. Hoffen wir alle auf
ein letztlich gutes Jahr 2011. Der Dank
des Vorstandes gilt allen, die den Verein
im Jahre 2010 ideell und materiell unterstützt haben.
Lüdinghausen, im März 2011
Robert Schulze Forsthövel
(Geschäftsführer)
Träger und Förderer
Vorwort
Verein der Freunde und Förderer des Canisianum e.V.
7
Links: Vertreter von Förderverein und
Kollegium auf der Jahreshauptversammlung (v.l.: Hartmut Stutznäcker,
Irmgard Rischen, Barbara Fellermann,
Robert Schulze Forsthövel, Günter Horn
und Franz-Josef Hörsken).
Rechts: Herr Horn freut sich über die
Aufmerksamkeit für seine 25-jährige
Mitgliedschaft im Förderverein.
Verein der Freunde und Förderer des Canisianum e.V.
Träger und Förderer
Auf der Hauptversammlung am 9.
Juni letzten Jahres war es für Barbara
Fellermann, die Vorsitzende des
Fördervereins am Canisianum, eine
große Freude, gemeinsam mit dem
Geschäftsführer Robert Schulze
Forsthövel die zahlreichen schulischen
Unterstützungsinitiativen Revue
passieren zu lassen.
8
Wie Robert Schulze Forsthövel in seinem
Jahresbericht im Einzelnen erläuterte,
konnten von den Geldern des Fördervereins nicht nur die Fachschaften profitieren, sondern auch Veranstaltungen wie
das Herbstforum, Projekte zur Förderung des sozialen Lernens wie das „Fair
Mobil“, DRK-Schulungen und der BoysDay. Mit über 10.000,- € floss der größte
Einzelbetrag in die Anschaffung einer
gastronomietauglichen Spülmaschine
für die neue Mensa, die ca. 100 Personen
Platz bietet. Im Einvernehmen mit dem
Lehrerkollegium erhielten im vergangenen Jahr die Fachschaften Chemie,
Mathematik, Musik, Religion, Biologie,
Geschichte und Sport umfangreiche Mittel, um die Lehr- und Lernmöglichkeiten
zu bereichern. Der Kassenverwalter
Franz-Josef Hörsken gab in seinem Bericht bekannt, dass die Mitgliederanzahl
wiederum durch die gezielte Ansprache
der Eltern der neuen Fünftklässler auf
550 Personen gesteigert werden konnte.
Er zeigte sich erfreut über die Tatsache,
dass viele Eltern auch nach dem Abgang
ihrer Kinder von der Schule im Förderverein verbleiben.
Die für die Schule insgesamt seit
Gründung des Vereins bereitgestellten
Mittel bezifferte er auf fast 400.000 Euro.
Josef Oberhaus, der mit Gisela Sebbel die
Kasse geprüft hatte, bescheinigte dem
Vorstand eine ordnungsgemäße Vereinsführung und beantragte die Entlastung,
die einstimmig erfolgte. Unter der Leitung von Hartmut Stutznäcker wurden
die Vorsitzende Barbara Fellermann, ihre
Stellvertreterin Irmgard Rischen, der
Kassenwart Franz-Josef Hörsken und der
Geschäftsführer Robert Schulze Forsthövel einstimmig wiedergewählt. Die Kasse
wird im nächsten Jahr von Klaus Jensen
und Josef Oberhaus geprüft.
Anschließend bedankte sich Frau
Fellermann mit einem Weinpräsent bei
Herrn Günter Horn für seine 25-jährige
Mitgliedschaft im Förderverein. Der
Geehrte berichtete aus dem Schulalltag
und versprach, im Lehrerkollegium für
den Förderverein zu werben.
Herr Stutznäcker teilte als Vertreter
der Schulleitung mit, dass das Canisi-
anum weiterhin in moderne Technik
investieren werde, um noch effizienter
arbeiten zu können. In diesem Zusammenhang stelle das Schuljahr 2010/2011
auch das Cani vor große Herausforderungen, da dann die Oberstufe vier
Jahrgänge umfasse. Mit seinen vielseitigen Erfahrungen aus dem Berufsleben
bot im Weiteren Herr Roters der Schule
seine Hilfe an, jungen Menschen den
verantwortungsvollen Umgang mit Geld
näherzubringen.
Zum Abschluss der Versammlung
stellte Herr Stutznäcker die neue Mensa,
die als Multifunktionsraum konzipiert
worden ist, vor. Der helle, freundliche
und von der Schulgemeinschaft sehr gut
angenommene Raum begeisterte alle
Anwesenden. WN
Träger und Förderer
Ein erfolgreiches Unterstützungsjahr
9
Der Gymnasialverein St. Canisius
um die Vorsitzende
Renate Haltern (4.v.r.)
verabschiedete Peter
Schröder (6.v.r.) und
Heinz Hürfeld (2.v.l.).
Träger und Förderer
Cani lässt sie ungern ziehen
10
Auf zwei langjährige Mitglieder wird der
Gymnasialverein St. Canisius, der Träger
des Canisianum, künftig verzichten
müssen. Mit Heinz Hürfeld und Dr. Peter
Schröder verließen im letzten November
zwei Altvordere das Cani-Schiff. Sie wurden auf der Herbstsitzung des Gremiums
von Renate Haltern, der Vorsitzenden
des Gymnasialvereins, sowie von Schulleiter Hartmut Stutznäcker, den übrigen
Mitgliedern und von Bürgermeister
Richard Borgmann verabschiedet. Heinz
Hürfeld ist dem Cani auf vielfältige Weise verbunden, denn schließlich war er
von 1972 bis 1999 der Leiter des privaten
Gymnasiums. Zugleich übernahm er als
Vorsitzender des Trägervereins von 1976
bis 1984 zusätzlich Verantwortung, die
er im Zuge der wachsenden Heraus- und
Anforderungen an einen Schulleiter eines modernen Gymnasiums an Christian
Schausten übergab, wie Renate Haltern
in ihrer Danksagung erklärte. Gleich-
wohl sei er weiter Mitglied des Gymnasialvereins geblieben. Ferner bleibt Heinz
Hürfeld auch Mitglied im Kuratorium
der Stiftung Canisianum, dessen Vorsitz
der 75-Jährige nach neun Jahren im
letzten Sommer abgab. Dr. Peter Schröder sei vor allem mit seinen juristischen
Fachkenntnissen seit 1989 eine wichtige
Stütze im Gymnasialverein des Canisianum gewesen, sagte Renate Haltern in
ihrer Würdigung des Sendeners. Sein Rat
und seine Unterstützung seien vor allem
bei der „Durchforstung und Abwägung
im Dickicht von ministeriellen Erlassen,
Rechtsverordnungen, zivilrechtlichen
Feldern und Schulgesetzen“ gefragt
gewesen. Man werde sich vor allem an
seine „selbstlose Unterstützung sowie an
seine positive und weiterführende Kritik“
erinnern. Beide, Heinz Hürfeld wie auch
Peter Schröder, lasse man nur ungern aus
dem Trägerverein ziehen, erklärte Renate
Haltern abschließend. WN
Manfred Kussmann (2.v.l.) wurde nach 21 Jahren aus dem Gymnasial- und Internatsverein des Canisianums verabschiedet.
Verabschiedung von Manfred Kussmann
21 Jahre fürs Cani im Einsatz
Er habe maßgeblich an der Gestaltung
des Canisianum mitgewirkt, betonte die
Vorsitzende Renate Haltern Ende Juni
letzten Jahres bei der Verabschiedung
von Prof. Dr. Manfred Kussmann aus
dem Gymnasial- und Internatsvereins.
21 Jahre hat Kussmann diesem Gremium
angehört. Intensiv habe er sich – über die
eigene Schullaufbahn und die seines Sohnes – mit den Zielen und Methoden der
gymnasialen Ausbildung von Kindern
auseinandergesetzt. Dabei sei er nicht, so
Haltern, „in der nostalgisch verklärten
Wahrnehmung der eigenen Schulerfahrung“ stecken geblieben.
„Gespräche mit Dr. Kussmann über die
gymnasiale Bildung basieren immer auf
dem Nachdenken über der Anforderun-
gen unserer Gesellschaft und vor dem
Hintergrund seiner beruflichen Erfahrung in der Ausbildung von Studenten an
der Landesfachhochschule für Finanzen
in Nordkirchen“, betonte Renate Haltern.
So hätten nicht zuletzt seine ermutigenden Worte dazu geführt, dass im Jahr
2001 die Stiftung Canisianum ins Leben
gerufen wurde. Auch habe er „zuverlässig die Finanzlage“ des Vereins geprüft
und „uns allen Sicherheit in unserer
wirtschaftlichen Verantwortung“ gegeben.
Die Vorsitzende verabschiedete Manfred
Kussmann mit einem Präsent aus der
Riege des Gymnasial- und Internatsvereins. WN
Träger und Förderer
Verabschiedung von Heinz Hürfeld und Dr. Peter Schröder
11
93 Abiturienten erhielten ihre Abschlusszeugnisse
Die Abiturienten des Cani-Jahrgangs 2010 nach der Zeugnisausgabe bei strahlendem Sonnenschein.
12
Als sich kurz nach den Osterferien
zahlreiche Schüler-Augenpaare auf die
geballte Präsenz ihrer Deutschlehrer
richteten, die geheftete Kopien verteilten,
und das Ganze auch noch in der mit Einzeltischen versehenen Aula stattfand, da
hatte das Zentralabitur 2010 begonnen.
Mit intensiver Vorbereitung, Konzentration und vielleicht auch ein bisschen
Glück, ein besonders geeignetes Thema
zu erwischen, wurde der Prüfungszyklus
inzwischen bewältigt. 93 zufriedene und
auf sich selbst stolze Schülerinnen und
Schüler bestanden dabei die Abiturprüfung und erwarben somit die allgemeine
Hochschulreife. Im Rahmen der feierlichen Abschlussfeier erhielten sie dann
am 10. Juli letzten Jahres ihre Zeugnisse.
Vorausgegangen war ein gemeinsamer
Gottesdienst in der St. Felizitas-Kirche,
während die Feier musikalisch von der
Abiturientin Marie-Claire Junke auf der
Harfe sowie der Cani-Bigband begleitet
wurde. Den sommerlich heißen Festtag rundete schließlich der abendliche
Abiturball in der Mensa der Finanzhochschule Nordkirchen ab.
Gleich zu Beginn der Entlassungsfeier
versäumte es Schulleiter Hartmut
Stutznäcker nicht, an den erst wenige
Tage zuvor zu Grabe getragenen langjährigen Cani-Lehrer Alfred Bertram zu
erinnern, der einen bedeutenden Teil des
Weges mit den Abiturienten gemeinsam
gegangen sei. Im Weiteren stellte Hartmut Stutznäcker den Weg nach Ithaka in
den Mittelpunkt seiner philosophischen
Rede. Bei dieser Reise nach Ithaka ging
es nicht um die Odyssee. Es war vielmehr der genussvolle Weg, der gleichzeitig auch das Ziel sei. Diesen freiwillig
gewählten Weg einschlagen zu können,
stelle auch das höchste Gute dar – die
Freiheit. Der Schulleiter wünschte den
Jugendlichen viele Weg-Marken, die sie
auf dem Weg nach Ithaka leiten mögen.
Jahrgangsstufenleiter Dr. Carstens
präsentierte den Zuhörern anschließend
einen USB-Stick, auf dem alle Daten
der Abiturientia gespeichert seien. Er
hoffe jedoch, dass die Schülerinnen und
Schüler sich vom Lehrerkollegium nicht
nur verwaltet gefühlt hätten, sondern
auch im pädagogischen Sinne geleitet.
„Es war eine schöne Zeit“, lautete sein
persönliches Resümee. Dem pflichtete
auch die Stufenleiterin Ulrike Smyra
bei, die darauf hinwies, dass es sich bei
den Anwesenden um einen Abiturjahrgang handele, der sich nicht nur intern
gut verstanden, sondern der auch ein
produktiv-positives Verhältnis zu den
Lehrern entwickelt habe, weshalb sie
hoffe, auch in Zukunft Kontakt zu den
Jugendlichen zu behalten. Gleichzeitig prophezeite sie den Schülerinnen
Abitur 2010
Abitur 2010
Cani-Airbus nach neun Jahren
sicher gelandet
13
Fortsetzung von Seite 13
Abitur 2010
Carsten Lamberth, der als Abiturient
für seine erfolgreiche Jahrgangsstufe
sprach, betonte, dass die in diesen Tagen
häufig geäußerte Aufforderung „Bleib’
wie du bist!“ zwar gut gemeint sei, aber
auch eine problematische Ambivalenz
beinhalte. Selbstverständlich wolle man
die nötige Bodenhaftung behalten, doch
andererseits müsse es auch bald Schluss
sein mit dem „Hotel Mama“. Er war
zuversichtlich, dass sich die Schülerinnen
und Schüler positiv weiterentwickelten,
denn dazu hätten sie von den Lehrern
am Canisianum das nötige Rüstzeug
bekommen. Daher könne das Abitur nur
eine Zwischenstation auf dem notwendigen Weg zur Veränderung sein.
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Dem Zentralen Abiturausschuss
gehörten der Schulleiter OStD Hartmut
Stutznäcker als Vorsitzender, StD Dr.
Uwe Carstens als Oberstufenkoordinator
und Jahrgangsstufenleiter sowie OStR’
Ulrike Smyra als weitere Jahrgangsstufenleiterin an.
Die Schülerinnen und Schüler des Abiturjahrganges wurden in den folgenden
Leistungskursen unterrichtet: Biologie:
OStR’ Sigrid Dorprigter und StD Dr.
Klemens Müller, Deutsch: StR Michael
Schmidt und StD Karl-Heinz Kocar,
Englisch: StR Ulrich Thoden und StD Dr.
Uwe Carstens, Erziehungswissenschaften: StD Ulrich Temme, Französisch:
StD’ Susanne Laudick, Geschichte: StR’
Barbara Imholz, Mathematik: StD Ulrich
Schweers, Physik: StR Martin Köller.
In Kooperation mit dem Antonius-Gymnasium: Chemie: StR’ Dr. Bettina Faust,
Erdkunde: OStR Winfried Weber.
Das Canisianum gratulierte folgenden
Schülerinnen und Schülern zum bestandenen Abitur:
Lukas Altenbockum (Lüdinghausen),
Jan Arntzen (Lüdinghausen), Nils
Bartels (Lüdinghausen), Katharina
Beckfeld (Lüdinghausen), Friederike Beerens (Nordkirchen), Philipp
Bengfort (Nordkirchen), Lara Bierschenk (Lüdinghausen), Klara Bohr
(Lüdinghausen), Neele Bohr (Lüdinghausen), Judith Bölke (Lüdinghausen),
Julia Bößing (Lüdinghausen), Julia
Bücker (Lüdinghausen), Anja Bünder
(Olfen), Jan Daldrup (Nordkirchen),
Hannah Dechering (Lüdinghausen),
Tina Egbringhoff (Ascheberg), Vivian
Ferchof (Lüdinghausen), Sabrina Fohrmann (Ascheberg), Hannah Frenken
(Olfen), Ann-Kathrin Frye (Lüdinghausen), Max Glaser (Lüdinghausen),
Lisa Glockner (Lüdinghausen), Irene
Götte (Lüdinghausen), Larissa Graute
(Lüdinghausen), Helena Große Feldhaus (Lüdinghausen), Michael Grund
(Lüdinghausen), Tobias Hänser-Overhage (Nordkirchen), Lara Heckmann
(Dülmen), Jan Christian Heidenreich
(Nordkirchen), Anne-Sophie Heitmann
(Olfen), Friederike Helmes (Selm), Tim
Holtmann (Lüdinghausen), Monika Ilves (Haltern), Jessica Imkamp
(Lüdinghausen), Marie-Claire Junke
(Lüdinghausen), Sandra Kasperczyk
(Ascheberg), Marco Kehrenberg
(Ascheberg), Tobias Kieser (Olfen),
Nina Kleine-Bley (Südkirchen),
Anja Kleykamp (Ascheberg), Felicia
Kneifel (Lüdinghausen), Stefanie Kock
(Lüdinghausen), Kristina Kolodeshnyi
(Lüdinghausen), Julia Kortenbusch
(Lüdinghausen), Sydney Kraska (Dortmund), Ben Kudla (Münster), Kristina
Kujehl (Lüdinghausen), Frederik Küpers (Nordkirchen), Carsten Lamberth
(Olfen), Florian Lenfers (Lüdinghausen), Marie Lipphardt (Lüdinghausen),
Julian Lips (Lüdinghausen), Theresa
Lohmann (Lüdinghausen), Björn
Matthies (Lüdinghausen), Carolin
Meyer (Lünen), Lisa-Maria Michel
(Lüdinghausen), Christine Müller
(Lüdinghausen), Nadine Mylonas
(Olfen), Kyra Naujocks (Olfen), Philipp
Neumann (Olfen), Andrea Oberhaus
(Lüdinghausen), Tamara Obst (Lüdinghausen), Julia Ohrt (Selm), Bernadette
Osthoff (Lüdinghausen), Laura Ott
(Olfen), Julia Pelster (Nordkirchen),
Laura Pott (Nordkirchen), Raphaele
Potts (Lüdinghausen), Jan Prohaszka
(Olfen), Raphael Reher (Lüdinghausen), Nico Reismann (Lüdinghausen),
Lydia Rischen (Olfen), Florian Rolfes
(Lüdinghausen), Matthias Rolfes
(Lüdinghausen), Felix Rusche (Lüdinghausen), Johannes Schlüter (Olfen),
Kim Schlüter (Lüdinghausen), Caroline
Schönenberg (Nordkirchen), Thorsten
Seifert (Ascheberg), Anne Sibbel (Lüdinghausen), Carolin Steffens (Nordkirchen), Theresa Stiefel (Lüdinghausen), Christina Tacken (Lüdinghausen),
Simone Tanski (Selm), Tobias Thüner
(Lüdinghausen), Christoph Vennemann (Selm), Sebastian Vieth (Nordkirchen), Barbara Vinnemann (Olfen),
Daniela Wacker (Lüdinghausen), Lucas
Wehlmann (Lüdinghausen), Julian
Westhoven (Lüdinghausen), Kristina
Winkler (Lüdinghausen) und Anna
Wohlfahrt (Lüdinghausen).
Im Rahmen der Zeugnisübergabe konnten
auch einige besonders erfolgreiche Schülerinnen und Schüler geehrt werden.
Für den besten Zeugnisdurchschnitt mit der
Note 1,0 durfte Carolin Steffens die Glückwünsche der Schulleitung entgegennehmen.
Beeindruckt zeigte sich das Lehrerkollegium
auch von der Leistung von Andrea Oberhaus
(Note: 1,1), Felicia Kneifel (Note 1,2), Florian
Rolfes (Note: 1,2), Matthias Rolfes (Note: 1,2)
und Carsten Lamberth (Note: 1,3). Von der
Deutschen Mathematiker-Vereinigung wurde
Andrea Oberhaus darüber hinaus wegen ihrer
besonderen Leistungen im Fach Mathematik geehrt. Ebenfalls würdigte der Verband
deutscher Bio-Wissenschaftler die Abiturienten Felicia Kneifel, Björn Matthies, Andrea
Oberhaus, Florian Rolfes, Matthias Rolfes
und Felix Rusche für besondere Leistungen
im Fach Biologie. WN
Abitur 2010
und Schülern, dass sie noch vor vielen
Schwellen stehen werden, denn das
Leben sei eine stete Entwicklung.
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Abitur 2010
Liebe Abiturientinnen, liebe Abiturienten, sehr geehrte Eltern und Angehörige
unserer Abiturientia 2010, liebe Kolleginnen und Kollegen!
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Von unserem Bundespräsidenten wird
erwartet, dass er moralische Schneisen in
das gesellschaftliche Wirrwarr von Politik und Eigennutz schlage. Sie erwarten
nach dem Ende Ihrer Schulzeit, eine weitere Wegstrecke für ihr Leben zu finden.
Menschen verwenden von jeher das Bild
des Weges, um sich ihr Dasein verständlich zu machen. In allen Religionen und
Weltanschauungen kommt dieses Bild
des Unterwegseins vor.
Der Philosoph Immanuel Kant
meint, dieses Bild sei durch Geburt a priori vor jeder Erfahrung in uns angelegt.
Der Mensch begreife sein Leben in dieser
Welt in den Kategorien Raum und Zeit.
Und so kommt es seit Tausenden von
Jahren immer zu den gleichen Topoi. Die
ältesten Bilder für unsere Welt finden wir
im Alten Testament der jüdisch-christ-
lichen Religion: so z. B. den Weg in das
gelobte Land.
In der Antike ist es die Entscheidung
für einen Weg, und zwar zwischen dem
beschwerlichen Weg, den der sozialen
Anerkennung, und dem bequemen Weg,
den der sozialen Bedürftigkeit. Das ist
ein Bild vom Weg, das auch in den
Volksweisheiten der Märchen wieder
auftaucht, z. B. in „Frau Holle“ mit der
Goldmarie und der Pechmarie. Auch
wird diese Bildauslegung gern in der
belletristischen Literatur (z. B. bei Entwicklungsromanen) verwendet, wenn
der Autor zwei verschiedene Charak­
tere auf ihrem Lebensweg begleitet. Die
Formen dieser Wege sind vielfältig. Es
können Kreuz- oder Spiralwege sein wie
zum Beispiel bei Janoschs Geschichte
„Oh, wie schön ist Panama!“. Der Weg
nur wenige finden, gegenüber dem breiten Weg, den viele gehen werden. Diese
Bilder bzw. diese Metaphern finden wir
in der gesamten Kulturgeschichte und in
vielen Religionen. Allen gemeinsam ist
die ethisch-moralische Maxime, einen
bestimmten Wertekanon zu kennen, zu
akzeptieren und praktisch umzusetzen.
In dem Moment, in dem dieser Wertekanon verloren geht, geht auch der Weg
verloren.
Die Zeit, in der dieses deutlich wird,
der Übergang vom 19. zum 20. Jahrhundert, gehörte bei Ihnen zum Pflichtprogramm im Fach Deutsch. Hier wird der
Verlust des Weges und damit also auch
der des Wertekanons häufig durch den
Verlust der Form, der Syntax oder der
Semantik in der Sprache dargestellt. Verursacht wird dieses Dilemma eigentümlicherweise durch einen unserer höchsten
Werte überhaupt: die Freiheit.
Werte unterliegen heute der freien
Entscheidung eines denkenden Menschen.
Nicht, dass wir der Werte verlustig gegangen wären, nein, wir verzeichnen in
der westlichen, freien wie globalen Welt
einen Boom, eine Überschwemmung an
Werten und damit ein Überangebot an
Lebensprogrammen, an Wegen. In ihrem
Verlauf der Parallelität, des sich Kreuzens, Annäherns und Entfernens können
sie von dem Suchenden, also Ihnen, liebe
Abiturientinnen und Abiturienten, kaum
noch klar ausgemacht werden. Was wir
für uns suchen, sind also Wegmarken.
Abitur 2010
Die Abiturrede von Hartmut Stutznäcker
in dieser Geschichte führt von zu Hause
weg in die Welt und nach Hause zurück,
um zu erkennen, was ein Zuhause ist.
Ähnliches gilt für Schillers philosophisches Gedicht „Der Spaziergang“ aus
dem Jahre 1795. Hier zeigt der Weg das
Bild eines geschlossenen Kreises. Der
Spaziergänger verlässt sein Haus, um mit
einem erweiterten Bewusstsein zurückzukehren.
Natürlich gibt es auch ganz andere
Wegebilder, die ein Scheitern oder eine
Perspektivlosigkeit verdeutlichen. Dies
ist, übertragen auf den Lebensweg eines
Menschen, oft als Verlust des Weges zu
verstehen, d.h., da kommt jemand vom
Wege ab. Das kann historisch gemeint
sein, es kann aber auch als Gang der
Menschheit gesehen werden.
Dies gilt gerade für uns heute und
insbesondere für Sie, liebe Abiturientinnen und Abiturienten, die Sie sich mit
der heutigen Verabschiedung auf etwas
völliges Neues in Ihrem Leben einstellen müssen. Der „Weg“ ist in unserer
Kulturgeschichte nicht zuletzt auch eine
Metapher für „Programm“, oder anders
formuliert, für die Festsetzung eines
ethisch-moralischen Ziels, verbunden
mit entsprechenden Handlungsanweisungen. Das gesamte Programm z. B.
des christlichen Weltverständnisses wird
im Johannes-Evangelium ausgedrückt
durch die verdichtete Aussage in Kapitel
14, Vers 6, wenn Jesus sagt, er sei der
alleinige Weg zu Gott, oder wenn der
Maßstab für das Verhalten gegenüber
dem Nächsten beschrieben wird mit dem
Suchen nach dem schmalen Weg, den
17
Fortsetzung von Seite 17
Abitur 2010
Der moderne Mensch in seiner Befreitheit von gegebenen, lebensbestimmenden Maximen ist ein Suchender
geworden.
18
Er sucht in der ihn umgebenden Welt
Wegmarken. Der Philosoph Martin
Heidegger bringt es ins Bild, wenn er
in der Mitte des letzten Jahrhunderts
formuliert, dass „Wegmarken“ einen Weg
erkennbar werden lassen, „der sich dem
Denken nur unterwegs andeutet, zeigt
und entzieht“. Das Abwechslungsreiche,
das Spannende und das Erlebnisreiche
dieser Lebensreise führt der griechische
Dichter Konstantinos Kavafis in einem
Gedicht von 1911 mit dem Titel „Ithaka“
so aus: „ITHAKA / Wenn du deine Reise
nach Ithaka antrittst, / So hoffe, dass der
Weg lang sei, / Reich an Entdeckungen
und Erlebnissen. / Die Lästrygonen und
die Zyklopen, / Den zornigen Poseidon,
fürchte sie nicht; / Solche findest du nie
auf deinem Weg, / Wenn deine Gedanken erhaben bleiben, wenn erlesene /
Gefühle deinen Geist und deinen Körper
beherrschen. / Den Lästrygonen und den
Zyklopen, / Dem wilden Poseidon, ihnen
wirst du nicht begegnen, / Wenn du sie
nicht in deiner Seele trägst, / Wenn deine
Seele sie nicht vor dich stellt.
Hoffe, dass der Weg lang sei, /Voll
Sommermorgen, wenn du, / Mit welchem Vergnügen, mit welcher Freude, /
In bisher unbekannte Häfen einfährst. /
Unterbrich deine Fahrt in phönizischen
Handelsplätzen, / Und erwirb schöne
Waren, / Perlmutt, Korallen, Bernstein
und Ebenholz, / Allerlei berauschende Essenzen, / Soviel du vermagst an
berauschenden Essenzen. Besuche viele
ägyptische Städte, / Und lerne mehr und
mehr von den Gelehrten.
Bewahre stets Ithaka in deinen
Gedanken. / Dort anzukommen ist dein
Ziel. / Aber beeile dich auf der Reise
nicht. / Besser, dass sie lange Jahre dauert, / Dass du als alter Mann erst vor der
Insel ankerst, / Reich an allem, was du
auf diesem Weg erworben hast, / Ohne
die Erwartung, dass Ithaka dir Reichtum
schenkt.
Ithaka hat dir eine schöne Reise
beschert. / Ohne Ithaka wärest du nicht
aufgebrochen. / Jetzt hat es dir nichts
mehr zu geben.
Und auch wenn du es arm findest,
hat Ithaka dich nicht enttäuscht. / Weise
geworden, mit solcher Erfahrung / Begreifst du ja bereits, was Ithakas bedeuten.“
Nun, was bedeuten diese Ithakas
für uns, was bewirken sie in unserem
alltäglichen Leben? Ithaka ist Ziel und
damit auch Ende unseres Lebens. Das
Wissen um diese Begrenztheit in der Zu-
kunft bestimmt unsere Gegenwart, richtet die Aufmerksamkeit auf das Jetzt, auf
unseren Weg. Dieser Weg soll, so heißt
es „lang sein und reich an Entdeckungen
und Erlebnissen“. Gefahren werden uns
begegnen, aber mit „erhabenen Gedanken“, „erlesenen Gefühlen“ und wenn der
Geist den Körper beherrscht, werden wir
diesen entkommen, ja, wir werden ihnen
nicht einmal begegnen, wenn wir sie
nicht in unserer Seele tragen.
Vergnügen soll uns unser Weg bereiten, unterbrechen sollen wir die Fahrt
nach Ithaka, um an schönen Plätzen des
Lebens zu verweilen. Wir sollen lernen
von den Gelehrten, also z. B. die heutigen Wissenschaften beachten.
In der Mitte des Gedichtes erfolgt
der Hinweis, Ithaka in unseren Gedanken zu behalten, auch wenn Ithaka keine
Reichtümer für uns bereit hält. Die folgenden Verse verdeutlichen, ohne Ithaka
wären wir nicht aufgebrochen, ohne
Ithaka wären wir stehen geblieben, hätten die Reise des Lebens nicht gemacht,
hätten nichts erfahren, nichts gesehen,
nichts verstanden.
So idealistisch wie dieser griechische Dichter würden wir es wohl heute
nicht mehr ausdrücken. Vielleicht würde
jemand stattdessen formulieren: „Aha,
der Dichter will sagen: Das Ziel ist der
Weg“. Das wäre sicher richtig, aber für
diesen schönen Text wohl doch etwas
trocken und spröde. Einen Schlüssel für
das Verständnis dieses Gedichts fand ich
ganz woanders. Mit Heideggers existenzialistischem Denken gesprochen, eröffnete sich mir der Seinsinn beim Lesen
eines Artikels des Karlsruher Pädagogen
Jürgen Rekus über den Fachunterricht in
der Schule. Er geht davon aus, dass der
Mensch vor der Notwendigkeit steht, in
einer differenzierten und hochkomplexen Welt begründet Entscheidungen zu
treffen und dass er dabei verantwortlich
handeln muss. Das Vermitteln von wissenschaftlichen Kenntnissen allein reicht
heute in der Schule und auch danach
nicht mehr aus. Durch das Anwachsen
der Werte und der Sinnbereiche können wir nicht von nur einem Weltbild
ausgehen. Die transzendental-kritische
Pädagogik betont heute, dass wir lernen
und erkennen müssen, dass wir durch
das Bestimmen von Welt- und Sinnzusammenhängen uns jeweils selbst bilden.
Anders formuliert:
Die Welt existiert nicht an sich,
sondern geschieht durch uns in einer
Sinnvermittlung und in unserem Handeln in Bezug auf die uns begegnenden realen Gegebenheiten.
Hier schaffen wir unsere je eigene Welt.
Das ist das Wesen unserer Existenz. Das
ist das Wesen unseres je eigenen Weges,
und der geheimnisvolle Magnet, der
uns von Wegmarke zu Wegmarke zieht,
heißt Ithaka. Liebe Abiturientinnen und
Abiturienten, ich wünsche Ihnen in
diesem Sinne einen entdeckungsreichen,
erlebnisreichen und langen Weg nach
Ithaka. Leben Sie wohl, Gott schütze Sie
auf Ihrem Weg!
Abitur 2010
In einer sich ständig verändernden Welt
können wir heute nicht mehr sagen, wohin uns unser Weg führen wird.
Die Zeiten, in denen die Familie
mehr oder minder den Weg bestimmte,
die Zeiten, in denen die Familie, zumeist
die Großfamilie, als Nutzgemeinschaft
gesehen wurde und durch diese häufig
der Weg vorbestimmt war, sind vorbei.
Diese Voraussetzungen gelten heute
nicht mehr.
19
Unsere Neuen
Graecum zuerkannt
Abitur 2010
Top in Bio
20
Der Verband deutscher Bio-Wissenschaftler würdigte die Abiturienten
Felicia Kneifel, Björn Matthies, Andrea
Oberhaus, Florian Rolfes, Matthias
Rolfes und Felix Rusche für besondere
Leistungen im Fach Biologie.
5 a
Klassenleitung: Frau Meier
Obere Reihe, von links: Antonia Reißmann, Mareike
Borger, Rieke Escher, Nina Robbe, Simon Baumeister,
Nils Buran, Luca Kappenberg, Maximilian Spitzer, Jan
Moritz Aldenhövel
mittlere Reihe, von links: Laura Schürmann, Melina
Rekewitz, Tim Simon Hüser, Simon Volkert, Johannes Hüning, Leonard Bökkering, Leo Helfen, Sören
Hellkuhl, Jonas Richter, Paul Lars von OlleschikElbheim
untere Reihe, von links: Verena Sauer, Johanna
Hildebrandt, Vivianne Veronique Berau, Annika
Hahnebeck, Sina Grosfeld, Elisa Mitteldorf, Jan-Gerrit Deipenbrock, Tristan Chiva, Paul Bücken, Tamino
Zabel es fehlt: Niklas van Nahmen?
Schule und Projekte
Am Canisianum haben vom Abschlussjahrgang 2010 19 Abiturientinnen und Abiturienten mit der allgemeinen Hochschulreife auch das Graecum zuerkannt bekommen. Dabei handelt es sich um Katharina Beckfeld, Anne-Sophie Heitmann, Marco
Kehrenberg, Nina Kleine-Bley, Anja Kleykamp, Stefanie Kock, Sidney Kraska, Julian
Lips, Carolin Meyer, Lisa-Maria Michel, Kyra Naujoks, Jan Prohaszka, Florian Rolfes,
Matthias Rolfes, Anne Sibbel, Christoph Vennemann, Sebastian Vieth, Barbara Vinnemann und Lucas Wehlmann. Über diesen schönen und verdienten Erfolg seiner
Schülerinnen und Schüler freute sich mit ihnen ihr Griechischlehrer Edgar Domen.
21
Unsere Neuen
5 b
Schule und Projekte
5 c
22
Klassenleitung: Frau Dorprigter
obere Reihe, von links: Justus Roggenkamp, Sebastian Niehues, Noah Contino, Doreen Brune, Nele Bußkamp, Jule Rottmann, Ute Holtkamp, Sarah Potthoff, Johanna Bäumer, Fabiola
Kampert
mittlere Reihe, von links: Leo Walterbusch, Jan Kruse, Linus
Göldner, Malte Weckeck, Louisa Borns, Lena Heiermann, Meike Ernst, Felix Hanning, Fabian Lückener,
untere Reihe, von links: Jonas Richter, Luca Pochert, Jan Göhler, Lucas Roters, Raphael Berendes, Moritz Bluhm, Yusuf Zeadan, Paulina Nabbefeld, Laura Schweizer, Dominik Heitkamp
es fehlt: Justus Holzinger
Klassenleiter: Herr Sockoll
obere Reihe, von links: Robert Sebbel, Julius Klaverkamp,
Niklas Frede, Yannik Leon Krebber, Julius Jonathan Schwenken, Johanna Sibbel, Christin Sophie Göhler, Birte Kruse, Lara
Günther, Annika Mersmann
mittlere Reihe, von links: Simon Nöcker, Oliver Ruprecht,
Katharina Nentwig, Josefine Kerkloh, Juljane Rös, Lukas Brückner, Nina Hattrup, Janes-Luca Materne, Frederik Weber, Linus
Höring
untere Reihe, von links: Florian Hüser, Tonius Weiß, Jannik
Laakmann, Simon Paul Erpenbeck, Tom Havermeier, Sophia
Lenfers, Letizia Wegner, Bente Fritz, Marta Hülsbusch
23
12. Solidaritätslauf des Cani erbrachte 12 690 Euro
Hilfe für ein Kinderheim in Brasilien
Schule und Projekte
So mancher Radfahrer oder Fußgänger wird sich Ende September letzten
Jahres gewundert haben, denn rund
800 Cani-Schüler bevölkerten die
Wege rund um die Ostenstever, wobei
die Jugendlichen mit Engagement für
das Kinderheim „Casa do Beija Flor“
in Brasilien unterwegs waren.
24
„Lässig laufen oder feurig skaten“ – so
lautete das Motto. Doch ehe die Fünftbis Zwölftklässler die Sportschuhe oder
Inlineskates schnürten, fand für die
Schulgemeinde ein einführender Gottesdienst statt. „Wir wollen einen Impuls
geben und noch einmal die Frage auf uns
wirken lassen, warum wir das eigentlich
machen“, sagte Barbara Imholz, eine
der Organisatorinnen. Eine SchülerTrommelgruppe spielte daher passend
zu dem brasilianischen Hilfsprojekt
Samba-klänge. Beim zwölften Solidaritätslauf des Cani wurde das erlaufene
Geld von 12 690 Euro wieder für die
Arbeit des im Südosten von Brasilien
gelegenen Kinderhortes „Casa do Beija
Flor“ zur Verfügung gestellt.
Diese Einrichtung ist eine Anlaufstelle für misshandelte Kinder und
Jugendliche, die später wieder in ihre
eigenen Familien oder in Pflegefamilien eingegliedert werden sollen. Da
das Schulprogramm den Gedanken der
solidarischen Hilfe stark betone, unterstütze man dieses Projekt, erklärte Susanne Laudick, die zusammen mit Sigrid
Dorprigter, Barbara Imholz und dem
SV-Team den Sponsorenlauf organisiert
hatte. Nicht ohne Stolz hob Susanne
Laudick auch die Bedeutung des Tages
hervor: „Ein Drittel der Kosten für das
Heim in Brasilien kann durch den SoliLauf gedeckt werden.“
Bei der Siegerehrung vier Wochen
später fand Susanne Laudick dann für
die siegreiche Klasse 8c einen anschaulichen Vergleich: Die in zwei Stunden von
der Gruppe zurückgelegte Strecke von
372 km entspricht der Entfernung von
Lüdinghausen bis Karlsruhe in BadenWürttemberg. Diesem Spitzenwert kam
die Klasse 6b mit ihren 371 zurückgelegten Kilometern sehr nahe und auch
die Jungen und Mädchen der Klasse 5b
boten mit ihren 334 km auf dem dritten
Platz eine ausgezeichnete Leistung. Mit
Blick auf die durchschnittlich elf Kilometer pro Schüler meinte die langjährige
Organisatorin des Soli-Laufes: „Das ist
eine Menge. Mehr geht fast nicht.“ WN
Schule und Projekte
800 Schüler des Canisianum liefen und skateten für das brasilianische Kinderheim „Casa do
Beija Flor“.
25
Ist der Mensch ein „betender Affe?“
Schule und Projekte
Kinder brauchen Tiere, um sich emotional und intellektuell zu entwickeln.
Die natürliche Mitwelt aktiviert
in ihnen auch entscheidende soziale
Fähigkeiten, weil sie Respekt und
Verantwortung lernen, und sie lernen,
sich im Umgang mit Tieren selbst
intensiv als Mitgeschöpfe wahrzunehmen. Ein ständiges Eintauchen in
virtuelle Welten, wie sie der Computer
erschließt, lässt ihre Gefühle dagegen
schnell erkalten.
26
So eine der vielen aufschlussreichen
Feststellungen von Dr. Rainer Hagencord
aus Münster, der das an der Hochschule
der Kapuziner angesiedelte „Institut für
Theologische Zoologie“ leitet und im
letzten November im Gymnasium Canisianum zu Gast war.
Die Schule hatte ihn als Referenten für ihr letztjähriges „Herbstforum“
gewinnen können. Rund 100 Zuhörer
folgten dem didaktisch gut aufbereiteten
Vortrag, der das Ziel hatte, einen anderen
Blick auf das Verhältnis von Mensch und
Tier zu eröffnen.
Hagencord ist von Haus aus Theologe, Philosoph und Biologe und bewegt
sich mit Lust im Grenzgebiet zwischen
den drei akademischen Disziplinen. Das
Tier begreift er als eine ernste Anfrage an
die christliche Lehre vom Menschen, als
Infragestellung von verfestigten Positionen, die alle darauf beruhten, dass
der Mensch sich allzu selbstherrlich als
„Krone der Schöpfung“ begreift.
Im Institutslogo sieht man den alten
Kirchenvater Hieronymus auf Augenhöhe mit einem Löwen, den Theologen also
mit dem Gesicht zum Tier. Darin spiegelt
sich auch Hagencords Anliegen wider.
Diesen Blick wünscht er sich für alle
Menschen, insbesondere aber für diejenigen, die sich Christen nennen. Denn
der Verhaltensbiologe Hagencord sieht
keinen Graben zwischen Mensch und
Tier. Für ihn geht es deshalb darum, den
Menschen zu einem würdigen Umgang
mit seinen Mitgeschöpfen zu führen.
Wo aber liegen die Wurzeln für die
Verdinglichung von Tieren, die dem
Menschen das Recht zu geben scheint,
mit ihnen nach Gutdünken zu verfahren,
etwa in der Massentierhaltung oder da,
wo sie zu Versuchszwecken missbraucht
werden?
Hagencord sieht in dem Satz „Cogito, ergo sum!“, den René Descartes mit
seinem „mechanistischen Gottesbild“ im
frühen 17. Jahrhundert geprägt habe, die
Ursache für den folgenreichen Dualismus, der dann das neuzeitliche Denken
durchziehe: Der Mensch unterscheide
sich durch seine von Gott verliehene Vernunft wesensmäßig vom Tier. Immanuel
Kant – so der Referent – habe dann die
Philosophie „mit dem Rücken zum Tier“
weitergeführt: Für ihn seien Tiere nur
noch „Sachen“.
Hagencord erläuterte am so genannten
„Spiegeltest“, der für Verhaltensbiologen
einen Hinweis auf das Maß des Selbstbewusstseins eines Lebewesens liefert und
den etwa Delfine, Elefanten und Krähen
bestehen, dass es ein „präreflexives Mitsich-vertraut-Sein“ auch bei Tieren gebe,
das es diesen ermögliche, „angemessen
auf ihr jeweiliges Ökosystem zu reagieren“. Die Sonderstellung des Menschen
begründe sich vor allem aus seiner
Fähigkeit zur Religion: Der Mensch sei
– überspitzt ausgedrückt – „ein betender
Affe“.
Das Denken des Menschen sortiere
aber zunächst auf ähnliche Weise seine
sinnlichen Eindrücke wie das Tier. Und
Hagencord zitierte zustimmend den
spätmittelalterlichen Philosophen Nikolaus von Kues, der die menschliche Exis-
tenz ganz wesentlich in einem liebenden
Gott begründet sieht und eben nicht in
der Fähigkeit zum Denken: „Ich bin, weil
du (Gott) mich anschaust.“
In der Bibel werden die Tiere dem
„Menschen“ („Adam“) zuerst zugeführt,
später erst kommt „Eva“ als Partnerin
hinzu. Der Mensch wird vorgestellt als
eine Art König und guter Hirte zugleich:
Macht und Respekt halten sich die Waage. Wenn der Mensch dem Tier Namen
gibt – so Hagencord weiter – machten
sich beide miteinander vertraut. Und der
Mensch erkenne sich selbst im Umgang
mit dem Tier, da er immer wieder mit
seiner Seele (lat. anima) das Tier (lat.
animal) in sich selbst wahrnehme. Er
könne vom Tier lernen, mit allen Sinnen
den Augenblick zu erleben und im Umgang mit ihnen Geborgenheit neu erfahren, eine wichtige Voraussetzung für eine
vertiefte persönliche Gotteserfahrung.
Mit dieser Veranstaltung zeigte das Canisianum, dass es ethischen Fragen viel
Aufmerksamkeit widmet und und auch
neuere Ansätze einer christlichen Theologie in seine Bildungsarbeit einbeziehen
will. Eine Initiative, die auf eine veränderte gesellschaftliche Praxis abzielt, ist
in Vorbereitung. Karl-Heinz Kocar
Schule und Projekte
Dr. Rainer Hagencord sieht in
seinem Vortrag Mensch und
Tier auf Augenhöhe.
Herbstforum im Cani
27
Tage Religiöser Orientierung 2011
28
Wir, die Klasse 9a, hielten uns vom 25.
bis zum 28. Januar gemeinsam mit der
9b in der Kolpingbildungsstätte Coesfeld
auf, da unsere Tage Religiöser Orientierung anstanden. Die beiden Parallelklassen waren eine Woche später dran.
Dort angekommen, konnten wir
zuerst einmal unsere Zimmer beziehen.
Dann beschäftigten wir uns mit den von
uns ausgewählten Themen. Drei geschulte Teamer, die selbst noch Studenten
waren, unterstützten uns dabei herauszufinden, wie wir uns selbst sehen und wie
andere uns einschätzen. Als wir uns zur
ersten Runde zusammensetzten, erfuhren wir aber zunächst, dass jeder Tag aus
drei Einheiten bestehen sollte: Die Morgeneinheit begann nach dem Frühstück
und ging bis zur Mittagspause um 12.30
Uhr. Nach dem Essen hatten wir drei
Stunden Freizeit, um das Gelände zu erkunden oder einfach nur mit Klassenkameraden über den Tag zu reden. Einige
nutzten die Gelegenheit auch, um in die
Innenstadt Coesfelds zu gehen. Danach
begann die Nachmittagseinheit, die bis
zum Abendessen ging. Manchmal fand
auch noch nach dem Abendessen eine
Einheit statt, in der wir den Tag Revue
passieren ließen und unsere Eindrücke
miteinander teilten.
Zusätzlich wurden auch noch
Morgen- bzw. Abendimpulse angeboten,
an denen man vor der ersten oder nach
der letzten Einheit teilnehmen konnte.
Der Morgenimpuls stand immer unter
einem anderen Thema und sollte uns
erste Anregungen für den Tag geben. Der
Abendimpuls gab uns die Möglichkeit,
noch einmal über den Tag nachzudenken und ihn gemeinsam abzuschließen.
Dabei lief meist leise, nachdenkliche Musik, die oft zum Thema passte, und uns
wurde manchmal eine kurze Geschichte
vorgelesen. Obwohl es keine Pflicht gab,
zu den Impulsen zu erscheinen, waren
sie immer gut besucht. Im Unterschied
zu den normalen Tageseinheiten verliefen sie sehr ruhig, und es wurde gar nicht
oder nur wenig gesprochen. Wir beschäftigten uns in ihnen ausschließlich mit
uns selbst.
Der erste Tag stand ganz unter dem
Aspekt, sich kennenzulernen. Obwohl
mancher von uns vielleicht dachte, dass
wir uns nach fast fünf Jahren in einer
Klasse doch gut genug kannten, erfuhren
wir nicht nur mit Hilfe unserer Teamer
Dinge, die wir so wahrscheinlich nie erfahren hätten. Besonders an diesem
ersten Tag machten wir viele Spiele, die
uns einiges Neue übereinander verrieten,
Ende Januar 2011 vor der Kolpingbildungsstätte
Coesfeld: Die Klassen 9b und 9a präsentieren
sich mit ihren Klassenleitern Veronika Diers und
Karl-Heinz Kocar.
was natürlich bei allen gut ankam. Zum
Beispiel stellten die Teamer Thesen auf,
und jeder, auf den diese zutraf, musste
aufstehen. Am zweiten Tag versuchten
wir gemeinsam ein Thema zu bestimmen, mit dem wir uns besonders intensiv
beschäftigen wollten. Nachdem wir
uns über die Themen „Zukunft“, „Familienleben“ und „Freundschaft“ Gedanken
gemacht hatten, entschieden wir uns
letztendlich für „Selbsteinschätzung und
Fremdeinschätzung“. Von nun an arbei
teten wir fast immer zuerst in Kleingruppen, damit es uns einfacher fiel, uns zu
öffnen. Der Kontrast zwischen der
Selbst- und Fremdeinschätzung wurde
besonders beim „Eigenschaften-Versenken“ deutlich, einem Spiel, das genauso
wie „Schiffe-Versenken“ aufgebaut war.
Außerdem hatten wir auch manche
Die drei Teamer, die mit der 9a arbeiteten (v.l.):
Sophia Küster-Benkhofer, Mathias Kühl und
Florian Benzol.
Schule und Projekte
Schule und Projekte
„Die Übungseinheiten machten uns
tatsächlich Spaß“
29
Juliane Maushagen
schoss viele Fotos.
Severin Naujoks half
im Skater-Fachgeschäft
„Rollhouse“ bei der
Renovierung des neuen
Ladens.
9er Schüler absolvierten
Betriebspraktikum
30
Aufgaben in Teamwork zu lösen, wodurch wir zusätzlich auch die Klassengemeinschaft stärkten.
Die Einheiten machten uns mindestens genauso viel Spaß wie unsere
Freizeit, was wir vorher nicht erwartet hätten. Es bestanden aber auch
sehr viele Möglichkeiten, unsere Zeit
außerhalb der Einheiten zu gestalten.
Unter anderem gab es verschiedene
Billard- und Kickertische und eine
Tischtennisplatte sowie einen Jazz­
keller, in dem man sich abends auch
bei lauter Musik aufhalten konnte.
Auch das Essen war immer sehr vielfältig und begeisterte alle.
Für uns gingen die vier Tage erstaunlich schnell vorbei, und fast alle
wären gerne noch etwas länger geblieben. Alles in allem haben die Tage
uns nicht nur persönlich sehr viel
gebracht, sondern auch der Klassengemeinschaft, und es hat nebenbei auch
noch sehr viel Spaß gemacht.
Lena Thier / Laura Watermann, 9 a
Heiteres
Berufeschnuppern
Raus aus der Schule, hinein ins Berufs­
leben: Rund 100 Schülerinnen und
Schüler der Jahrgangsstufe 9 des Canisianum waren Anfang Februar 2010 zu
Gast in verschiedenen Betrieben. Die
Jugendlichen hatten dabei reichlich Zeit,
in einem von ihnen ausgewählten Beruf
den Arbeitsalltag kennenzulernen.
Der Praktikant Sven Kipp beispielsweise erledigte Büroaufgaben und
durfte sogar die Kunden am Schalter der
Sparkasse Westmünsterland beraten.
Wie andere Jugendliche aus der Jahrgangsstufe hatte auch er die Möglichkeit,
Eindrücke und Erlebnisse für die berufliche Zukunft zu gewinnen. Zwischen
der Pathologie und der Grundschule
waren zahlreiche Berufsbilder querbeet vertreten. „Der Beruf ist wirklich
interessant, aber später möchte ich doch
lieber in eine andere Richtung gehen“,
kommentierte der junge Praktikant
der Sparkasse seine Erfahrungen und
vertrat damit auch die Meinung anderer
„Kollegen“ wie z. B. Neele Kortendieck,
die beim Kinderarzt Dr. Werner Braun
ihr Praktikum absolvierte. „Die Arbeit
mit Kindern macht mir Spaß, später aber
möchte ich lieber in die Psychologie oder
die Pädagogik einsteigen.“ Ihre Kollegen
am Arbeitsplatz haben die junge Praktikantin allerdings sehr geschätzt.
So erging es auch Juliane Maus­
hagen, die im Fotostudio „Vennemann
& Bohr“ hauptsächlich mit dem Programm „Photoshop“ Bilder bearbeiten
durfte. Sie lief häufig durch Lüdinghausen, um mit der Kamera alles festzuhalten, was sie für ein gutes Motiv hielt.
„Sie ist wirklich sehr engagiert und
zuverlässig“, meinte Ingrid Bohr. So wie
bei den meisten Praktikanten haben sich
auch Julianes Erwartungen an die zwei
„etwas anderen“ Wochen erfüllt.
„Wichtig für mich war, dass keine
Langeweile aufkommt. Es ist das beste
Praktikum, das ich mir vorstellen kann“,
erzählte Severin Naujoks im Rückblick.
Er half im Skater-Fachgeschäft „Rollhouse“ bei der Renovierung des neuen
Ladens. Aber auch mit dem Textildruck
kennt er sich nun aus. Obwohl der junge
Praktikant mit Enthusiasmus dabei war,
empfand er den Job im Skater-Fachgeschäft doch nicht als seinen Traumberuf.
Vielen anderen ging es genauso. Der
Vergleich mit dem Schulalltag fiel sehr
unterschiedlich aus. Manche Jugendliche
wollten wieder gerne in die Schule, manche jedoch fanden das Praktikum entspannter. „Es ist nicht so stressig, wenn
man weiß, keine Hausaufgaben mehr
machen zu müssen“, fand Arne Nitz, der
bei der Versicherung „Die Continentale“
sein Praktikum machte. Letztlich war das
Praktikum für alle eine neue und wichtige Erfahrung. Den richtigen Traumberuf
allerdings müssen viele erst noch ent­
decken. Frederike Potts und Lisette Amparo
Schule und Projekte
Schule und Projekte
Fortsetzung von Seite 29
31
Lernen, bewusster zu essen
Schule und Projekte
Wir Menschen essen bekanntlich
jeden Tag, und zwar überall auf der
Welt. Doch kaum einer denkt länger
darüber nach. Eine Ausnahme bildeten im vergangenen September für
drei Tage die Schüler des Canisianum.
Während der Projektwoche „Was is(s)t
die Welt?“ stand für alle Schüler nicht
Mathe oder Deutsch, sondern das
Thema „Ernährung in der Welt“ auf
dem Lehrplan.
32
Nach den letzten Projekttagen vor vier
Jahren sei es wieder Zeit gewesen, dass
die ganze Schule sich in jahrgangsübergreifenden Gruppen mit einem Ober­
thema auseinandersetze, erklärte das
mitorganisierende SV-Team. „Die Nahrungsaufnahme ist normalerweise etwas
Alltägliches, doch Manches bleibt unter
der Oberfläche oder wird verschwiegen.
In den drei Tagen wollen wir das Thema
kritisch untersuchen, in der Hoffnung,
dass man danach bewusster isst“. Mit
dieser Aussage benannte die Stufensprecherin der 10. Klasse, Mirjalisa Walz,
ein wichtiges Ziel der Projekttage.
Eine Themenformulierung wie „Was
is(s)t die Welt?“ bot dabei natürlich ein
breitgefächertes Angebot an Projekten.
Spracheninteressierte konnten sowohl
französisch als auch englisch kochen,
eine Reise zu den Ess- und Trinkgewohnheiten im alten Rom wurde ebenfalls angeboten. Doch neben amüsanten
Themen wie der „Einweisung in die
Geheimnisse der Schokoladenherstellung“ griffen die Lehrer auch auf ernstere
Aspekte zurück. Was bedeutet es etwa,
nur mit Hartz IV im Alltag, also auch
Wo kommen eigentlich unsere Brötchen her? Ein Besuch bei der
Bäckerei Geiping beantwortete die Frage. Auch eine Exkursion zum
Bauernhof gehörte zu den Projekttagen.
beim Einkaufen von Lebensmitteln, auszukommen? Oder wie artgerecht ist die
Haltung von Tieren? Abgesehen von der
Recherche in Bücher und dem Internet
standen auch Exkursionen zu Bauernhöfen oder der Lüdinghauser Tafel auf dem
Plan. Zwei Projektgruppen hinterfragten
die Verantwortung großer Lebensmittelunternehmen gegenüber Menschen in
Entwicklungsländern. Im Weiteren bot
die Formulierung des Projektthemas aber
auch die Möglichkeit, sich mit den Strukturen oder sozialen Zuständen in der
Welt zu beschäftigen, was zum Beispiel
die Gruppe praktizierte, die Megacities
in der 3. Welt untersuchte und deren
Gegensätze im Modell darstellte.
SV-Lehrerin und Organisatorin
Sigrid Dorprigter begrüßte die in regelmäßigen Abständen stattfindenden
Projekttage. „Es ist immer motivierend,
wenn man einmal aus dem normalen Trott ausbrechen kann“, sagte sie.
„Dabei praktizieren wir kein verkopftes
Lernen, weil jeder seine Gedanken im
praktischen und kreativen Handeln
verwirklichen kann.“ Auch lösen die
jahrgangsstufenübergreifenden Projekte
die Sozialstruktur der Schule auf. Die
Abiturientin Sarah Jacobs arbeitete zum
Beispiel gemeinsam mit Schülern aus
der 6. Klasse an einem Kunstprojekt zum
Thema „Essen auf der Welt“. „Das ist
sehr interessant, weil die Jüngeren ganz
andere Eindrücke und Empfindungen
haben als wir Älteren“, beschrieb sie.
So beinhalte das Erarbeitete – seien es
Plakate, Modelle, Videos oder Kunstobjekte – die vielseitigsten Gedanken der
beteiligten Schüler. WN
Schule und Projekte
Cani-Projekttage 2010
33
Schule und Projekte
Projekt: „Kritischer Konsum“
34
Müssen es eigentlich immer die teuren
Markensachen sein? Das fragte sich die
Gruppe „Kritischer Konsum“ während
der drei Projekttage. Rike Bartmann,
Michael Wentingmann und Jan-Christoph Horn von der Katholischen Studierenden Jugend in Münster (KSJ) überzeugten die Schüler mit schockierenden
Fakten und erstaunlichen Selbsttests.
Im Falle einer Verhaltensänderung könne
man beim Verzicht auf Markenprodukte
nicht nur Geld sparen, sondern auch sein
Gewissen beruhigen. Nach Informationen der KSJ sind es vor allem die großen
und namhaften Hersteller, die verant-
wortungslos mit der Natur umgehen. Ein
Beispiel hierfür ist der wohl bekannteste
Cola-Fabrikant. Dessen Fabriken in Indien verbrauchen derart viel Wasser, dass
der Grundwasserspiegel um die Produktionsstätte bereits deutlich gesunken ist.
Unter der erschwerten Wassergewinnung
müssen die Bewohner in der Umgebung
leiden. Doch man kann diese Missstände
aufhalten, wenn man „reflektiert konsumiert“, war sich Jan-Christoph Horn
sicher. Als Experiment unternahm die
Gruppe eine Cola-Blindverkostung und
tatsächlich gibt es vergleichbare Alternativen, bei denen man kein schlechtes
Gewissen zu haben braucht.
Projekt: „Praktische und künstlerische Umsetzung des Projektthemas“
Jedem, der nach den Projekttagen durch
die Pausenhalle lief, wird es bestimmt
schon aufgefallen sein: Das neueste
Prunkstück des Kunstkastens ist eine
Weltkugel in Miniaturformat. Doch es
ist kein gewöhnlicher Globus, den
die Projektgruppe von Herrn Gerdzen
gebastelt hat. Viele Bilder von Menschen, Nationalspeisen und berühmten
Sehenswürdigkeiten bilden nämlich
die Kontinente. „Wir wollten damit
anschaulich machen, wo die Menschen
hungern“, erklärte Sarah Schnell aus der
Jahrgangsstufe 13. Sie hofft, dass „man
die Ungerechtigkeit sieht“. Dafür haben
die jüngeren als auch älteren Schüler
mit Klischees gespielt. Die USA werden
zum Beispiel von einem übergewichtigen
Jungen, der gerade einen Hamburger in
der Hand hält, vertreten. Das Bild des
afrikanischen Kontinents zeigt dagegen
hungernde Kinder. Eine Menschenkette,
die die Welt umspannt, soll Hoffnung
geben, da sich die Menschen trotzdem
helfen, sagte Sarah. Ein Beispiel dafür
seien Hilfsprojekte.
Schule und Projekte
Projekttage 2010 – Blick in einzelne
Projektgruppen
35
Fortsetzung von Seite 35
36
Was steckt eigentlich hintern den vielen
kleinen Angaben auf der Rückseite von Lebensmitteln und halten die
Unternehmen ihre Versprechungen ein,
wenn sie für ihre gesunden Produkte
werben? Diesen Fragen ging die Gruppe „Supermarkt-Produkte“ von Frau
Hermes und Herrn Eppe nach. Nach der
Untersuchung von Nährwerttabellen
und der Recherche von Inhaltsstoffen
widmete sich die gemischte Gruppe –
sowohl Siebtklässler als auch kommende
Abiturienten gehörten dazu – der praktischen Untersuchung. Beim Vergleich der
Inhaltsstoffe von Kinder-, Gesundheits-,
Light- und Fast-Food-Produkten gab es
einen „Daumen hoch“ für gesunde und
einen „Daumen herunter“ für weniger
gesunde Lebensmittel. Oft erwiesen sich
die Werbesprüche selbst großer Hersteller als leere Versprechungen.
Ernüchtert stellte eine Schülerin aus der
Jahrgangsstufe 13 ein Beispiel vor: „Wir
haben ein Kinderprodukt untersucht, auf
dem überall ‚Mit Fruchtsaft‘ stand, letztlich waren aber nur Extrakte drin“. Auch
würden sich „zuckerarme“ Lebensmittel
nicht immer als die wirklich gesündere
Alternative zu den normalen erweisen. Die Abiturientin Frederike hat sich
vorgenommen, nach diesen Erkenntnissen ernährungsbewusster einzukaufen.
„Aber wenn man Heißhunger hat, dann
ist es schwer, sich an die gewonnenen
Erkenntnisse zu halten“, gestand sie sich
ein.
Projekt: „Megacities in der Dritten
Welt“
Eigentlich sehen die Zentren der Metropolen in der 3. Welt auf den ersten Blick
auch nicht anders als die von London,
Frankfurt oder Paris. Doch der zweite
Blick offenbart dann extreme soziale Gegensätze, die sich sowohl in den
umzäunten und stark bewachten Viertel
der Wohlhabenden als auch in einer
endlosen Slum-Landschaft widerspiegeln. Dies im Modell lebendig werden
zu lassen, war das Bemühen einer
weiteren Projektgruppe. Vom Wolkenkratzer bis zur Wellblechhütte wurden
ausdrucksstarke Modellhäuser gebastelt
und auf einem Stadtgrundriss verankert. „Hier arbeiten Schülerinnen und
Schüler mehrerer Jahrgangsstufen kreativ
zusammen, die nicht nur ihr handwerkliches Geschick zeigen, sondern auch ein
deutliches Gespür für die Strukturen und
Gegensätze in den Megacities der 3. Welt
bekommen“, betonte der Projektleiter
Herr Meischen. Marian Tüns
Schule und Projekte
Schule und Projekte
Projekt: „Supermarkt-Produkte“
37
WEITERE FOTOS
Die Klasse 9a recherchierte im Vier-Sterne-Hotel
Journalisten für einen Tag
Schule und Projekte
Über 140 Angestellte arbeiten tagtäglich im Mövenpick-Hotel in Münster.
An einem Freitagmorgen Mitte April
2010 waren es gleich 27 fleißige Händepaare mehr, die hinter den Kulissen
tatkräftig mit anpackten.
38
Die Klasse 9a des Canisianum hatte sich
mit ihrem Deutschlehrer Karl-Heinz
Kocar im Rahmen des „Klasse!“-Projekts
der „Westfälischen Nachrichten“ in dem
Vier-Sterne-Haus angekündigt. Bei
diesem Projekt erhalten die Schüler die
WN kostenlos in die Schule geliefert, um
dann im Unterricht den Aufbau und die
Textsorten der Zeitung zu analysieren
und zu diskutieren.
Der Höhepunkt besteht dann oft in
der Eigenproduktion diverser Artikel,
was allerdings eine gründliche Untersuchung vor Ort voraussetzt, wofür das
„Mövenpick“ eine ausgezeichnete Basis
bot. Nach einer ausgiebigen Führung
schnupperten die damaligen Achtklässler
in verschiedene Bereiche der Hotelanlage
hinein. In der Küche, dem Hauskeeping,
dem Bankett-Bereich und sogar auf dem
Gebiet des Einkaufs durften die Gymnasiasten aktiv werden.
Während eine Gruppe der Mädchen
in der Küche mit Nadja Kockmann, der
Chefin der Patisserie, zu Rührlöffel und
Marzipan-Rohmasse griff, lernten die
Jungen im Bankett-Bereich das korrekte
Falten von Servietten. „Ich hätte nicht
gedacht, wie viel Arbeit wirklich hinter einer schön gedeckten Tafel steckt“,
staunte der auf diesem Gebiet noch
unerfahrene Mathis Alders. Geduldig
zeigte die Bankett-Leiterin Dorte Campe
den Jungen, wie man aus einem weißen
Tuch Schritt für Schritt eine hübsche
Serviette entstehen lässt. Im Hintergrund
waren die Mitschülerinnen bereits damit
beschäftigt, einen Tisch für ein schönes
Essen einzudecken.
„Ist das ein Fisch- oder ein Butter­
messer?“, fragte Anna Lisowska ihre
Mitschülerin Fee leise. Obwohl deren
Detailkenntnisse auf diesem Gebiet nicht
überliefert sind, glänzten am Ende Gläser
und Besteck profihaft auf dem Tischtuch.
„Heute Abend könnt ihr für eure Eltern
perfekt den Tisch decken“, lachte Dorte
Campe und freute sich mit ihren zukünftigen Bankett-Experten über deren
erweiterte praktische Fähigkeiten. Zeit-
gleich ging es in der Küche bereits heiß
her. Vom Kreieren eines Crèpes-Teiges
über das Gemüseschneiden bis hin zum
Anfertigen kleiner Tiere aus Marzipan
waren die Schüler und Schülerinnen
höchst engagiert bei der Sache.
Nadja Kockmann lobte den Ehrgeiz
ihrer Hilfsköche, die feinste Leckereien
aus den Rohmaterialien entstehen ließen.
Auch im Haus-Keeping waren die Canisianer mit Eifer dabei. „Man muss darauf
achten, dass alles glänzt, bevor man sich
zum nächsten Zimmer begibt“, betonte
Tobias Kreutz, der das Saubermachen
offenbar auch schon zu Hause praktiziert
hatte.
Für die Versorgung des Hotelbetriebes waren Till Hube und Lukas Rischen
verantwortlich. Die beiden Jung-Hoteliers arbeiteten die Bestellungen für die
verschiedenen Hotelbereiche anhand von
Listen ab und besorgten Material aus
den Lagern. „Wir freuen uns, so kompetente Hilfe gehabt zu haben“, lobte Angelina Wendt vom Mövenpick-Personal
die Schüler. Für die gab es anschließend
allerdings jede Menge Arbeit, denn der
Hotel-Tag diente ihnen vor allem als Recherche-Termin. Im Deutsch-Unterricht
wurden dann die Berichte, Kommentare,
ein Interview sowie eine Karikatur produziert, die wenig später im Lokalteil der
WN veröffentlicht wurden. WN
Schule und Projekte
Bewaffnet mit Rührblitz und Küchenquirl
zauberten die Canisianer in der Küche des
Mövenpick-Hotels leckere Köstlichkeiten,
zum Beispiel Marzipantierchen.
39
„Ihr seid eine klasse
Klasse!“, lobte der Herr
Storksberger die Schülerinnen und Schüler
der 9a für ihre vielen
neugierigen Fragen.
Werner Storksberger zu Gast im
Canisianum
Schule und Projekte
Im Klassenzimmer der 9a herrschte
im März 2010 eine deutliche Anspannung, denn die 28 Jungen und Mädchen hatten einen Lokalredakteur der
„Westfälischen Nachrichten“ in ihren
Deutschunterricht eingeladen. Drei
Wochen lief nun bereits das Zeitungsprojekt „Klasse!“
40
Während dieser Zeit hatten sie die WN
als Tageszeitung kostenlos geliefert
bekommen, hatten Artikel ausgeschnitten und aufgeklebt und selbst Reportagen und Kommentare geschrieben. Sie
wussten inzwischen, wie eine Zeitung
gemacht wird, wie sie aufgebaut ist und
was eine Nachricht von einem Kommentar unterscheidet. Jetzt sollte Werner
Storksberger ihnen Rede und Antwort
stehen. „Nein, Journalist war für mich als
Junge kein Traumjob. Dann schon lieber
Pilot oder Lokomotivführer“, antwortete
Werner Storksberger lachend auf eine
Frage. „Aber als ich 1975 mein Abitur
machte, war mir klar, dass ich entweder
Lehrer oder Zeitungsredakteur werden
wollte, denn der Deutsch-Leistungskurs
hatte mir viel Spaß gemacht.“
Werner Storksberger zückte seinen
Terminkalender und las vor, was er heute
noch alles zu tun hatte: „Ganz oben steht
natürlich mein Interview mit der 9a!
Um 11 Uhr muss ich bei einer Spendenübergabe dabei sein, um 12 Uhr wird in
der Stadtbücherei Bilanz gezogen, um
14 Uhr erfolgt die Einweihung einer
Modelleisenbahn in der Ludgerischule,
dann folgt eine Veranstaltung der Lüdinghauser Märchenwoche, danach der
Auftakt zur Kegel-Stadtmeisterschaft, ein
Termin beim Taubenzüchterverein und
am Abend ein Konzert im ‚Rocksteady‘ “.
Ein elektronischer Terminkalender regelt
die Arbeitseinteilung und zeigt jedem
Mitglied der Redaktion, wer zu welcher
Zeit wohin gehen muss.
Die Termine, so der Redakteur,
würden natürlich unter den Mitarbeitern
aufgeteilt. Aber wenn sich die Termine
häufen, komme er schon leicht einmal
auf einen Zwölf-Stunden-Tag. Er sieht
allerdings eine Entlastung darin, dass
er nachmittags und abends regelmäßig
auch auf freie Mitarbeiter zurückgreifen
könne. „Ich kann mich noch gut an meinen ersten Termin erinnern: Ich musste
zu einem Angelsportverein. Ein typischer
Termin für Anfänger“, schmunzelte Werner Storksberger.
Damals war er als Sechzehnjähriger
bereits freier Mitarbeiter beim „Westfälischen Anzeiger“ in Werne. Nach dem
Abitur und zweijähriger praktischer Ausbildung wurde er bei den „Westfälischen
Nachrichten“ fest angestellt und arbeitete
in Warendorf, Sendenhorst und Ahlen.
Als Redaktionsleiter kehrte er 1978 nach
Werne zurück, wo er als „Freier“ begonnen hatte.
Dort war er dann viele Jahre lang
Redaktionsleiter, bevor er wieder bei den
„Westfälischen Nachrichten“ einstieg.
Schule und Projekte
Einem ZeitungsRedakteur auf den
Zahn gefühlt
41
Allen 84 angetretenen
Schülerinnen und
Schülern wurde die
erfolgreiche Teilnahme
am DELF-Diplom
bestätigt. Foto: WN
42
delt sich“, beschrieb er den internationalen Trend. Die Veränderung könne man
heute in den USA am besten beobachten:
„Die ‚US Today‘ bringt auf den ersten
Seiten nur die wichtigsten Fakten, wird
aber nach hinten hin immer präziser.“
Der Redakteur kann sich vorstellen,
dass bald selbst die Lokalnachrichten im
Internet nicht mehr kostenlos zu haben
sind, weil die Zeitungsverleger einfach
auch mit dem Internet Geld verdienen
müssten. „Die Einnahmen aus der Werbung decken heute nur noch ein Drittel
der Kosten.“ Deshalb mussten die Abonnenten, die sich die WN jeden Tag in den
Hausbriefkasten stecken lassen, gerade
einmal wieder stärker zur Kasse gebeten
werden.
Schließlich ging Werner Storksberger auch auf die beliebten Praktika
bei den WN ein: „Wer also von euch
zu uns kommen will, muss sich sehr
früh bewerben!“, meinte er mit Blick
auf das Betriebspraktikum, das die vor
ihm sitzenden Mädchen und Jungen im
nächsten Schuljahr machen werden.
„Ihr seid eine klasse Klasse!“, lobte der
Zeitungsmann die Schülerinnen und
Schüler am Ende der Stunde für ihre vielen neugierigen Fragen. Schnell noch ein
Foto für den Zeitungsbericht und dann
verschwand er zum nächsten Termin.
Janina Beule, Johanna Grigo, Till Hube, Tobias
Kreutz, Tamara Malcher, Maike Richter, Lukas Rischen, Laura Watermann, Autorenteam der Kl. 9a
Alle 84 Bewerber bestanden das Sprachdiplom DELF
Schüler machen Fachschaft stolz
Es war ein Freudentag für die Fachschaft
Französisch, als die Ergebnisse des
DELF-Sprachdiploms die Schule erreichten. Alle 84 Schülerinnen und Schüler,
die im Januar 2010 angetreten waren,
ihre Französischkenntnisse auf die Probe
zu stellen, hatten bestanden. „Ihr könnt
euch selbst gratulieren und macht uns
als Fachschaft stolz“, sagte Cani-Lehrerin
Susanne Laudick Ende März 2011 bei der
Urkundenverleihung zu den erfolgreichen Prüflingen. Das „Diplom d‘etudes
en langue Française“ ist ein international anerkanntes Zertifikat, bei dem die
Kenntnisse in den Bereichen Hörverstehen, Textverständnis, Textproduktion
und mündlicher Ausdruck von französischen Muttersprachlern überprüft
werden. Am Canisianum nahmen Kandidaten auf allen vier Niveaustufen teil.
Die DELF-Prüfung sei eine gute
Übung für weitere Examina, meinte
Susanne Laudick. „Außerdem macht
es ja auch Spaß, seine eigene positive
Entwicklung zu beobachten.“ Während
der Verleihung motivierte sie die Schüler
daher, im nächsten Jahr „auf der Niveauleiter noch weiter hochzuklettern“. Dass
die Canisianer dem Diplom die Treue
halten, davon ist die Französisch-Lehrerin überzeugt. Im fünften Jahr machten
nochmals deutlich mehr Schüler als bei
den vergangenen Malen mit.
Den Prüfungen gingen seit den
Herbstferien 2010 Vorbereitungen in
Form von nachmittäglichen Arbeitsgemeinschaften voraus. „Die Basis wird
jedoch“, so betonte die Fachschaft, „im
Französisch-Unterricht geschaffen.“
Schule und Projekte
Schule und Projekte
Fortsetzung von Seite 41
Über alle Veranstaltungen, die er selbst
besucht hat, schreibt er auch die Arti­kel.
Die wichtigsten davon stehen am nächs­ten Tag in der Zeitung. Die weniger
wichtigen können auch noch am übernächsten Tag erscheinen. Auch Fotos
und Videos zu den Artikeln macht Werner Storksberger immer selbst und schon
holte er aus seinem Mantel eine MiniVideo-Kamera hervor: „Die ist von
you-tube entwickelt worden, um möglichst unkompliziert Videos ins Netz zu
stellen.“
Wer schreibt denn jeden Tag die
Glossen auf der ersten Lokalseite?
„Hinter ‚Stritzken‘ versteckt sich das ganze Team. Heute kann ich ‚Stritzken‘ sein,
morgen meine Kollegin“, verriet der Journalist. Der wirkliche Stritzken ist schon
lange tot. Er arbeitete vor vielen Jahren
einmal als Scherenschleifer am Markt
und war bekannt für seine originellen
Kommentare zum Zeitgeschehen.“
Und was ist mit der Konkurrenz
durch das Internet? Werner Storksberger
kennt die Ängste in den Redaktionen.
„Aber“, so ist er sich sicher, „Zeitungen
wird es immer geben.“ Schließlich könne
man die „Westfälischen Nachrichten“
selbstverständlich auch heute schon im
Internet lesen, mit zusätzlichen Fotostrecken und Videos zu bestimmten Artikeln. „Das klassische Medium Zeitung
wird es bald nicht mehr geben, es wan-
43
Der letztjährige Fünftklässler Jan Wentrup (r.)
versucht, seinen Klassenkameraden bei der
zu lösenden Aufgabe zu
helfen.
Das „Fairmobil“ fördert das soziale Lernen
44
Mit dem Ziel, die Schülerinnen und
Schüler vor finanziellen Gefahren im
Umgang mit dem Internet oder Handy
zu schützen, wurden in einer kurzen
Unterrichtsreihe wichtige Hinweise zu
diesem Thema gegeben. Abschließend
unterzogen sich alle Schülerinnen und
Schüler einer „FinanzführerscheinPrüfung“. Auf dem Foto sind die Prüflinge zu sehen, die die Prüfung mit null
Fehlern bestanden haben. Herzlichen
Glückwunsch! Manfred Neuhaus
Finanzführerschein für
die Klassen 7a, 7b
und 7c
„Schüler sollen lernen, Konflikte gewaltfrei zu lösen. Darüber hinaus können
sie auf spielerische Art erfahren, dass
eine Gemeinschaft stark macht.“ Claudia
Vörding, Lehrerin am Canisianum und
seit drei Jahren Koordinatorin für den
Besuch des „Fairmobils“, benennt damit
die wichtigsten Ziele, die das Gymnasium mit den jährlich stattfindenden zwei
Aktionstagen für die fünften Klassen
anstrebt. Mit dem „Fairmobil“ setzt das
Canisianum auf ein bewährtes Projekt,
das auch von anderen Schulen in Lüdinghausen genutzt wird.
Das „Fairmobil“ basiert in seiner Arbeit mit den Schülern auf zwei
Säulen: Zum einen gibt es ausführliche
Gesprächsrunden zum Thema Gewaltprävention und zum anderen auf der
praktischen Ebene eine Art HindernisParcours, an dessen Stationen die Kinder
Aufgaben lösen müssen, die eben nur
im Team und mit einer möglichst guten
Absprache zu schaffen sind.
„Alle Schüler unserer fünften Klassen machen da mit, das sind in diesem
Jahr circa 90 Jungen und Mädchen“, berichtete Claudia Vörding. Von Bedeutung
ist auch, dass das Thema Gewaltprävention nach der Abreise des „Fairmobils“
nicht erledigt ist, sondern im Unterricht
von den Lehrern nachbereitet werde.
„Natürlich bieten wir auch in den anderen Jahrgangsstufen noch weitere Aktionen und Projekte zu diesem Thema.
Dazu gehören auch die Streitschlichter,
die hier am Canisianum ebenfalls aktiv
sind“, erläuterte Claudia Vörding.
Finanziert wird der Einsatz des
„Fairmobils“ durch den Förderverein
der Schule. „Darüber sind wir sehr froh,
denn ohne diese Unterstützung wäre das
Projekt nicht realisierbar.“ WN
Schule und Projekte
Schule und Projekte
Gespräche, Spiele und Gemeinschaft
45
Sina Weber, Katharina Krois
und Luisa Fischer aus der
Klasse 6c mit ihren Siegerurkunden.
Schülerinnen der 6c gewinnen Griechisch-Wettbewerb
46
Wofür benötigt man Steinkohle? Wie
wird Kohle heute, wie wurde sie früher
abgebaut? Antworten auf diese und andere Fragen des Untertagebaus erhielten
Sina Weber, Katharina Krois und Luisa
Fischer aus der Klasse 6c bei einem
Besuch des Deutschen Bergbaumuseums
in Bochum. Die Einladung zu diesem
Ausflug hatten sie sich durch ihren Sieg
beim NRW-Wettbewerb „Aus der Welt
der Griechen“ selbst erarbeitet.
Ihre Einsendung zum Thema
„Notizbuch eines antiken griechischen
Wissenschaftlers“ überzeugte die Bochumer Jury. Sie wählte das eingesandte
Notizbuch der drei Schülerinnen unter
fast fünfzig Beiträgen aus und belohnte
die Arbeit mit einem Besuch im Bergbaumuseum. In ihrem „Notizbuch des
Philosophen Platon“ präsentierten die
drei Mädchen nicht nur wichtige Aspekte
der platonischen Philosophie, sondern
zeigten dem Leser auch, wie man sich ein
Notizbuch aus der antiken Schriftsteller-
Werkstatt vorzustellen hat. So wurden
die Texte in Krakelschrift verfasst und
mit Flecken und tiefsinnigen Zeichnungen versehen.
Wer nun einen inhaltlichen Bezug
zwischen einem Griechisch-Wettbewerb
und dem Bergbaumuseum sucht, wird
natürlich scheitern, denn es gibt keinen.
Doch das Museum ist eine Attraktion in
Bochum und für Schüler sehr interessant
und anschaulich. Der Wettbewerb wird
alljährlich für die sechsten und siebten
Klassen zu Themen der griechischen
Antike ausgeschrieben. Ziel ist es dabei,
die Aufmerksamkeit auf die Welt der
alten Griechen zu lenken oder dem
schon geweckten Interesse ein Betätigungsfeld zu bieten. Jedes Jahr werden
drei Themen angeboten, die auf unterschiedliche Weise gestalterisch bearbeitet
werden können. Die Themen für den
nächsten Wettbewerb erfahren wir im
Herbst 2011 und ein Mitmachen lohnt
sich auf alle Fälle. Kathrin Linden
Referent Dr. Gerhard Pohl diskutierte mit Eltern und Lehrern der achten Stufe den
richtigen Umgang mit dem heiklen Thema „Alkohol“.
Alkoholkonsum als pädagogische Herausforderung
Klare Grenzen setzen
Wenn es um die Rechte und Freiheiten der Jugendlichen geht, besonders
beim Thema Alkohol, kommt es mit
den Eltern oft zu erregten Diskussionen. Einigen können sich beide Parteien oft nur schweren Herzens. Viele
Familien dürften von diesem Alltagsproblem ein Liedchen singen können.
Doch dass es auch anders geht und vor
allen Dingen die Art und Weise, wie es
anders geht, zeigte Mitte Mai letzten
Jahres der pädagogische Elternabend
unter dem Thema „Zwischen Spaß und
Risiko – Alkoholkonsum als erzieheri-
sche Herausforderung“. Zu diesen Abend
hatte das Canisianum interessierte Eltern
in die Aula eingeladen, wobei es dem
Mittelstufenkoordinator Rolf Gerdzen
und der SV-Lehrerin Sigrid Dorprigter
gelungen war, Dr. Gerhard Pohl von der
Fachstelle Suchtprävention beim CaritasVerband für den Kreis Coesfeld als
Referenten zu gewinnen.
Ziel war es, mit Eltern und Lehrern
vornehmlich der Jahrgangsstufe 8 Fragen
rund um das Thema „Alkohol und Erziehung“ zu diskutieren, um alle Beteiligten
zu sensibilisieren und mehr Sicherheit
und Orientierung bei diesem schwie-
Schule und Projekte
Schule und Projekte
Über Platon zur Steinkohle
47
48
rigen und für die Entwicklung des
Kindes wichtigen Thema zu geben.
Dabei betonte Gerhard Pohl,
dass die elterliche Präsenz ein enorm
wichtiger Teil für die Entwicklung
des Kindes sei. Unter Berücksichtigung der Macht der Umgebung
der Jugendlichen, den jugendlichen
Gewohnheiten und neumodischen
Entwicklungen müsse man als Eltern
eine klare Haltung und einen klar
begründeten Standpunkt vertreten,
an dem sich die Jugendlichen orientieren können. „Der Schlüssel zu
wirksamer Prävention ist die ehrliche
und glaubwürdige Auseinandersetzung mit individuellen und gesellschaftlichen Gewohnheiten“, betonte
der Referent.
Die unterschiedlichsten Erfahrungen der Eltern und Lehrer und
Präventionsmöglichkeiten wurden
auch in Verbindung mit weiteren
Bereichen wie beispielsweise der
Computersucht diskutiert.
Der pädagogische Elternabend
war der Startschuss für eine Reihe
von gemeinsamen Gesprächsrunden
rund um die Themen Erziehung und
Schule. Gemeinsam möchten sich die
Lehrer, Eltern und Kinder des Canisianum der veränderten Erziehungswirklichkeit in der Schule und dem
Elternhaus stellen und gemeinsam
nach Wegen zu einem tragfähigen Erziehungskonzept suchen. Marian Tüns
Ehrung der Teilnehmer
Känguru-Wettbewerb
Jung-Canisianer berichten von regionaler Mathe-Förderung
Anerkennung für
Mathematiker
SAMMS – was ist denn das ?
280 Schülerinnen und Schüler des
Canisianum haben 2010 am bundesweiten Känguru-Wettbewerb für Mathematik teilgenommen. 23 von ihnen
wurden Anfang Juli letzten Jahres für
ihre besonderen Leistungen mit Urkunden und Präsenten ausgezeichnet.
Aner­kennungspreise beim „Bundeswettbewerb Mathematik“ mit Tests auf
Oberstufenniveau erreichten außerdem
Bastian Becker und Tobias Kreutz.
Bemerkenswert dabei ist, dass Letzterer
zu diesem Zeitpunkt erst in der 8. Klasse
war. Betreut wurden die Schülerinnen
und Schüler bei den Wettbewerben von
den Pädagogen Olga Tränkle, Maria
Hellmann, Sonja Eggersmann, Wilhelm
Sternemann und Ulrich Schweers. WN
Seit 2002 richtet die Bezirksregierung
Münster im Auftrag des Ministeriums
für Schule und Weiterbildung alljährlich
eine Schüler-Akademie Mathematik in
Münster (SAMMS) aus. In der SchülerAkademie sollen mathematisch interes­
sierte Schülerinnen und Schüler der
Jahrgangsstufe 6 in besonderer Weise
gefordert und gefördert werden.
Bereits im März letzten Jahres waren
die heutigen 8er-Schüler Grete Steiner
und Johann Overbeck Gast der Akademie. Während Grete Steiner in ihrem
Workshop die Gelegenheit hatte, Roboter
zu programmieren, erkundete Johann
Overbeck mit mehreren anderen Schülern das unendliche Universum, wobei er
sich besonders dem Saturn widmete. Am
Ende der Tagung wurden die Ergebnisse
den Eltern vorgeführt, wobei Johanns
Gruppe auch einen kleinen Planetentanz präsentierte. Im Herbst 2010 setzte
Simon Dabrowski aus der Klasse 6b diese
Tradition fort. Im Folgenden berichtet
er von seinen Erlebnissen:
Am Anfang haben wir eine Aufgabe
zum Warmwerden bekommen: Wie
schnell ist man (gemessen in km/h),
wenn man Schuhgröße 36 hat und jede
Sekunde einen Fuß vor den anderen
setzt? Jeweils zu viert haben wir diese
Rechenaufgabe bearbeitet und schnell
gelöst. Danach wurden wir in einzelne
Gruppen eingeteilt. Es gab die Gruppen: Bewegung im Stillstand, Roboter
programmieren, Wasserfluss, die grüne
Welle und Busfahrplan Münster. Ich bin
Schule und Projekte
Schule und Projekte
Fortsetzung von Seite 47
49
Mathematik-Akademie 2010 in Münster – Vortrag der Forschungsergebnisse
Mathematik-Akademie 2010 in Münster –
Forschungsergebnisse als Excel-Tabelle
Mit Laura Vieth und
Lisa Jimenez Ullrich
freuen sich Hartmut
Stutznäcker und Olga
Tränkle über das
Cambridge-Zertifikat
Erster Erwerb des Cambridge-Zertifikats
Es war ein hartes Stück Arbeit!
50
in die Gruppe „Bewegung im Stillstand“
gekommen. Vormittags haben wir die
Sporthalle aufgesucht und Videos beim
Basketballspielen gedreht. Danach haben
wir Mittag gegessen.
Anschließend sind wir erneut in die
Sporthalle gegangen, um die Geschwindigkeit einer laufenden bzw. gehenden
Person zu berechnen. Dafür haben wir
uns einen Papierzettel am Rücken befestigt und sind gelaufen. Der Partner hat
jede Sekunde einen Punkt auf den Zettel
gemacht. Der Zettel war danach 25 Meter
lang. Nun mussten wir den Abstand
von einem Punkt zum anderen messen.
Dadurch haben wir die Durchschnittsgeschwindigkeit berechnen können. Wir
haben die Messdaten in Excel eingegeben und dann konnten wir sehen, ob
wir gleichmäßig gelaufen sind (siehe
Grafik!). Am nächsten Tag haben wir die
Filme vom Basketballspielen bearbeitet.
Dadurch ließ sich ausprobieren, ob das
Steigen des Balles im gleichen Winkel
geschieht wie das Fallen. Hierfür haben
wir die einzelnen Punkte markiert, die
der Ball geflogen ist. Diese haben wir
dann am Computer in einem Koordinatensystem mit einer gespiegelten Kurve
verglichen. Weil die Flugkurve mit der
gespiegelten Kurve übereinander passte,
kann man daraus schließen, dass der Ball
im gleichen Winkel steigt, wie er fällt
(siehe Bild!). Der Ball beschreibt im Flug
eine Parabel.
Am Freitagnachmittag hatten wir
dann die Gelegenheit, mit den Vorbe­
reitungen für die Präsentation der
Gruppen-Ergebnisse zu beginnen. Am
Samstag kamen dann alle Eltern, um zu
sehen, was wir in den drei Tagen zustande gebracht haben. Simon Dabrowski, Kl. 6b
Im Frühsommer 2011 haben Laura Vieth
und Lisa Jimenez Ullrich ihr Abitur be­standen. Aber eine weitere wichtige
Prüfung konnten die beiden schon im
Sommer 2010 bewältigen. Sie sind die
ersten Schülerinnen am Canisianum,
die das Cambridge-Zertifikat erwarben.
Am 24. Juni letzten Jahres überreichten
Schulleiter Hartmut Stutznäcker und die
Englisch-Fachlehrerin Olga Tränkle den
beiden Schülerinnen die Urkunden.
Das Cambridge-Zertifikat testet die
Sprachfertigkeiten Schreiben, Lesen,
Hören, Verständnis und Sprechen. Die
Prüfungen werden jährlich von mehr
als drei Millionen Kandidaten in mehr
als 130 Ländern abgelegt und von
10 000 Hochschulen, Institutionen und
Unternehmen weltweit anerkannt. Es ist
in fünf Schwierigkeitsstufen unterteilt –
die vierte und damit zweithöchste Stufe
meisterten die beiden Cani-Schülerinnen. „Wir freuen uns, das Zertifikat erworben zu haben, aber es war ein hartes
Stück Arbeit“, versicherten beide. Einige
weitere Schüler, die sich diese Aufgabe
ebenfalls vorgenommen hatten, warfen
die Flinte ins Korn, bevor die zentrale
Prüfung, die in der Volkshochschule in
Münster abgelegt werden musste, stattfand.
Nicht zuletzt Dank der großen
Unterstützung durch Olga Tränkle, die
die Englisch-Arbeitsgemeinschaft leitet,
wurden die Jugendlichen auf das große
Ziel vorbereitet. Das Zertifikat macht
nicht nur in der jeweiligen Bewerbungsmappe Eindruck. Es kann auch von praktischem Vorteil sein, denn es ermöglicht
ein Studium an englischen Hochschulen,
ohne dass die Sprachkenntnisse vorher
getestet werden. WN
Schule und Projekte
Schule und Projekte
Fortsetzung von Seite 49
51
Tubifex im Schonwaschgang
Schule und Projekte
Sein offizieller Name klingt verdächtig
nach einem Sekundenkleber. Seine
Lebensweise besteht vor allem darin,
den lieben langen Tag in unseren
heimischen Gewässern kopfüber im
Schlamm zu stecken.
52
Das kann er aber auch nur, weil er das
Atmen mit seinem Hinterteil erledigt.
Gemeint ist „Tubifex tubifex“ – dem
versierten Biologen auch unter seinem
deutschen Namen „Gemeiner Bachröhrenwurm“ bekannt. Gerade einmal wenige Zentimeter lang und durch seine rote
Farbe gut zu erkennen, ist er bei Anglern
als Köder und bei Aquarianern als nette
Zwischenmahlzeit für deren Zierfische
beliebt.
Die beiden letztjährigen Cani-Abi­
turienten Nils Bartels und Björn Matthies
hatten allerdings ganz andere Pläne,
als sie ihre Tubifexe im Zoofachhandel
kauften. Sie brauchten die genügsamen
Tierchen für ihren Feldversuch „Tensid
trifft Tubifex“, mit dem sie im März 2010
den Regionalwettbewerb von „Jugend
forscht“ im Fach Biologie gewonnen
haben.
„Wir wollten mit Hilfe der Würmer herausfinden, ob und wie sich die
Verschmutzung unserer Gewässer durch
Wasch- und Reinigungsmittel auswirkt“,
erklärte Nils Bartels. Dabei hatten die
Schüler vor allem den Vergleich von
herkömmlichen chemischen Reinigern
und Bioprodukten im Auge. Das eindeutige Ergebnis ihrer zweimonatigen
Ver­suche bestand darin, dass die Bioprodukte deutlich besser abschnitten oder
anders formuliert: Bei den chemischen
Reinigern sah der Tubifex gar nicht
gut aus.
Schule und Projekte
Erfolg für Oberprimaner bei „Jugend forscht“
Dr. Klemens Müller
war stolz auf seine
beiden Schützlinge
Björn Matthies und
Nils Bartels.
„Wir haben nach dem Einsetzen der
Würmer in das verunreinigte Wasser 24
Stunden gewartet und dann geschaut,
wie viele Würmer noch leben“, erklärte
Björn Matthies die Vorgehensweise. In
einer zweiten Versuchsreihe wurden die
Würmer erst einen Tag nach der Verunreinigung ins Wasser eingesetzt. „Da
ging es um die Abbaubarkeit der Tenside.“ Und auch da hatten die biologischen
Produkte die Nase weit vorn. „Die waren
nach einem Tag oft schon komplett verschwunden“, erläuterten die Schüler.
Nach ihrem ersten Platz beim Regi
onalwettbewerb wartete auf die Oberprimaner in der sich anschließenden Woche
die Teilnahme am Landeswettbewerb
„Jugend forscht“ in Leverkusen. Vier
Tage lang durften sie dort ihre Forschungsergebnisse auf größerer Bühne
einer Fachjury vorstellen. Diese Tatsache
erfüllte ihren Biologielehrer Dr. Klemens
Müller sichtlich mit Stolz, zumal „das
nicht das erste Mal ist, dass wir dort
so erfolgreich sind“. Aus diesem Grund
hielten beim Pressetermin auch nicht
nur seine beiden Schützlinge eine Urkunde in den Händen. Klemens Müller
durfte den mit 1000 Euro dotierten
Schulpreis von „Jugend forscht“ für das
Canisianum entgegennehmen, was eine
Anerkennung für die mehrfache erfolgreiche Teilnahme der Schule darstellt
(vgl. dazu den Extraartikel in diesem
Heft!). Nils und Björn standen anschließend jedenfalls noch anstrengende
Wochen bevor, denn so ganz nebenbei
mussten sie sich auch noch auf ihre Abiturprüfungen vorbereiten. WN
53
Preis für langjährige „Jugend forscht“-Teilnahme
Kontinuierliche Arbeit belohnt
Schule und Projekte
Ist wirklich alles Bio, wo Bio draufsteht? Zumindest was die Tenside in
Waschmitteln angeht, können sich die
Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft
„Jugend forscht“ des Canisianum dazu
ein Urteil erlauben: „Bio-Tenside“
sind tatsächlich schneller abbaubar
als konventionelle. Diese Bestätigung
ist das Resultat einer WettbewerbsTeilnahme bei „Jugend forscht“.
54
Es war jedoch nicht der einzige Beitrag,
mit dem die Canisianer bei dem bundesweiten Forscher-Wettstreit in den letzten
Jahren auf sich aufmerksam machten.
Seit rund zwölf Jahren beteiligt sich das
Cani jedes Jahr, was offenbar für die
Organisatoren Grund genug war, das
Lüdinghauser Gymnasium jetzt für die
regelmäßige und häufig nicht selten auch
erfolgreiche Teilnahme mit dem erstmals
ausgesetzten Preis zu ehren. In Essen
nahm der Biologielehrer Dr. Klemens
Müller die Auszeichnung, die von der
Firma CTS-Reisen gestiftet wurde, im
Juni 2010 für die Schule in Empfang.
„Der Wettbewerb hat bei uns schon
Tradition“, versicherte Klemens Müller
gegenüber den „Westfälischen Nachrichten“. Die Naturwissenschaften spielten
an der Schule ohnehin eine große Rolle
und mit Blick auf den Wettbewerb habe
man bereits vor Jahren eine spezielle
Arbeitsgemeinschaft gegründet, die sich
immer wieder an unterschiedlichen
Wettbewerben beteiligte. Unterstützt
wird die freiwillige Arbeitsgemeinschaft,
die sich nachmittags nach dem eigentlichen Unterricht trifft, von der „Stiftung
Canisianum“, die regelmäßig Gelder zur
Verfügung stellt.
In jüngster Vergangenheit erlebte die
Arbeitsgemeinschaft – wie alle anderen
freiwilligen Angebote auch – allerdings
eine Durststrecke: Die Intensivierung
des Nachmittagsunterrichts im Zuge
der verkürzten Schulzeit hinterließ ihre
Spuren. Trotzdem arbeitet derzeit auch
wieder eine Arbeitsgruppe, die sich auf
den nächsten Wettbewerb vorbereitet.
In früheren Jahren war das Cani sogar
mit mehreren Gruppen gleichzeitig bei
„Jugend forscht“ dabei. Aber das hat
man mittlerweile zurückgefahren: „Man
macht sich sonst selber zu sehr Konkurrenz“, betonte Klemens Müller.
Zu den interessantesten Versuchsanordnungen zählt für den Biologielehrer
das Thema des Jahres 2006. Damals
erforschte man ein landwirtschaftliches
Thema. Es stellte sich bei den Versuchen
heraus, dass Mulch oder Laubkompost
das Aufbringen von größeren Güllemen-
gen auf den Äckern ermöglicht. Trotz
dieses interessanten Ergebnisses konnte
das Thema in der Landwirtschaft noch
nicht umgesetzt werden.
Die Erfolge der Schule täuschen
allerdings nicht darüber hinweg, dass es
nicht so einfach ist, geeignete Themen
zu finden. „Die Aufgaben müssen auch
umsetzbar und finanzierbar sein“, gab
Klemens Müller zu Bedenken. Trotz
alledem ist er zuversichtlich, dass es auch
in Zukunft noch genügend Themen geben wird, an die sich die AG-Mitglieder
heranwagen können. Dazu soll auch der
Beitrag in Höhe von 1000 Euro beitragen, der mit der Auszeichnung verbunden war. Dafür soll jetzt ein Autoklav
angeschafft werden, um Lebensmittel
sterilisieren zu können.
Froh darüber, dass es den Wettbewerb und das Interesse an der AG gibt,
ist auch Schulleiter Hartmut Stutznäcker,
zumal die Teilnahme an der Arbeitsgemeinschaft und der Erfolg bei Wettbewerben neuerdings auf dem Abi-Zeugnis
dokumentiert wird. Aus diesem Grunde
erwartet der Schulleiter durchaus ein
zusätzliches Interesse an der AG. WN
Schule und Projekte
Dr. Klemens Müller (l.) und Schulleiter Hartmut
Stutznäcker freuen sich mit Schülerinnen der AG
über den Preis für das langjährige Engagement bei
„Jugend forscht“.
55
Berufsorientierte Förderung der Cani-Schüler
Rotary-Club als Schimherr
56
Beteiligt waren in der Steverstadt außerdem die Realschule, die Hauptschule
sowie das St.-Antonius-Gymnasium.
140 000 Euro, 2400 Schüler, 32 Schulen – das sind die aktuellen Zahlen des
Berufsnavigator-Projekts unter der
Schirmherrschaft der Rotary-Clubs aus
dem Kreis Coesfeld.
Mittlerweile wurde diese Initiative
2010 zum dritten Mal an den weiterführenden Schulen des Kreises durchgeführt. „Jochen Theise vom Rotary-Club
Coesfeld-Baumberge hat das Projekt
2007 als Ziehvater und Motor in Zusammenarbeit mit der Berufsnavigator
GmbH im Kreis Coesfeld aus der Taufe
gehoben. Damals waren zehn Schulen
beteiligt. 2009 hatte sich diese berufso-
rientierte Förderung der Jugendlichen
bereits zu einer Gemeinschaftsarbeit
entwickelt: Die Agentur für Arbeit und
die Volksbanken des Kreises Coesfeld
beteiligten sich finanziell und unterstützend. 2010 konnten wir dann an allen
32 weiterführenden Schulen des Kreises
auftreten und die teilnehmenden Schüler
waren fast ausnahmslos vom Konzept
des Navigators begeistert“, erklärte Dr.
Stefan Stocks vom Rotary-Club Lüdinghausen.
Die Förderung der Studien- und
Berufsorientierung durch den computerunterstützten Berufsnavigator unterteilt
sich in zwei Module: In Viererteams,
den sogenannten Peer-Groups, schätzt
jeder teilnehmende Schüler anhand von
40 Fragen seine Stärken und Schwächen
mittels Kriterien wie Kreativität, Offenheit, Spontanität und Interessen zunächst
selbst ein und bewertet dann die anderen
drei Schüler seiner Gruppe. Selbst- und
Fremdeinschätzung werden ergänzend
ausgewertet und jeder Schüler erhält
dann bis zu zehn persönliche Berufsvorschläge.
Diese werden schließlich in den
Gruppen mit einem Berufsberater besprochen. „Vor allem diese Gespräche
Die Organisatoren, Förderer und Begleiter des Projekts „Berufsnavigator“ im
Kreis Coesfeld trafen sich beim Aktionstag Canisianum. Mit dabei auch zwei CaniSchülerinnen (vorne), die an dem Projekt teilnahmen.
werden positiv von den Schülern aufgenommen. Hier werden ihnen neue
Berufs- und Ausbildungswege gezeigt
und die Schüler begreifen die neuen
Perspektiven als große Chancen“, freute
sich Günter Bruns von der Agentur für
Arbeit. „Auch für die Arbeitgeber birgt
dieses Projekt Vorteile. Dadurch erhalten
wir gezieltere Bewerbungen, die schon
an der Qualifikation der Jugendlichen
orientiert sind und vermeiden unnötige
Ausbildungsabbrüche“, betonte Hans
Hinrich Gerken, Vorstands-Sprecher der
Volksbank Lüdinghausen-Olfen, für die
Gruppe der Sponsoren.
Renate Haltern, die Vorsitzende des
Schulträgervereins des Gymnasiums
Canisianum, freute sich, dass das Projekt
auch 2010 durchgeführt werden konnte.
„Wir müssen Nachhaltigkeit gewähr­
leisten. Der Rotary-Club wirkt da als
guter Impulsgeber. Das war eine zündende Idee“, erklärte sie. WN
Schule und Projekte
Schule und Projekte
„Die Hinführung zur Arbeits- und
Wirtschaftswelt muss als Prinzip in
allen Unterrichtsfächern im Zentrum
der schulischen Bildung stehen. Die
Jugendlichen müssen in eine gesicherte Zukunft, eine Gesellschaft mit
Chancen entlassen werden“, betonte
der stellvertretende Bürgermeister
Jo Weiand im Februar 2010 bei der
Präsentation des Projekts „Berufsnavigator“ im Canisianum.
57
Verjüngtes Team hofft auf erneute Zertifizierung
Schule und Projekte
„Schule der Zukunft“ – als solche wurde das Gymnasium Canisianum schon
zweimal beim Wettbewerb „Agenda
21 in der Schule“ ausgezeichnet, eine
Initiative, die auf das Land NRW zurückgeht. Jetzt läuft die dritte Runde
zur Auszeichnung von Schulen für ihr
Engagement im Rahmen der globalen
Ziele der Agenda 21.
58
Nachwuchsfahrer beim Sunni-Cani-Team:
Jonas Schmidt und Jonas Ewelt, unterstützt
von Fabian Pellmann (hinten).
Damit gilt es, Nachhaltigkeit in Ökologie,
Ökonomie und sozialer Gerechtigkeit
zu erlangen. Die aktuelle Kampagne des
Landes „Schule der Zukunft – Bildung
für Nachhaltigkeit“ endet mit der Zerti­
fizierungsfeier im Frühjahr 2012.
Zu einer Art Übergabe des innerschulischen Staffelstabes kam es Mitte
letzten Jahres im heimischen Garten des
bisherigen und jetzt pensionierten Koordinators der Agenda-Arbeit, Bernd
Lieneweg, der dort mit seinen Nachfolgern Barbara Imholz und Maria Schweers
die Bewerbungsunterlagen sichtete.
Auch das Sunny-Cani-Team, das seit
dem schulischen Rückzug von Bernd
Lieneweg von Dr. Georg Schütz betreut
wird, will wieder einen wichtigen Projektbeitrag dafür leisten. Ex-Cani-Schüler
und Werkstattleiter Lukas Nacke versprach als Vierter in der Initiativrunde,
zusammen mit Fabian Pellmann die Erfahrungen des alten Teams an die Nachfolgergruppe – Jonas Ewelt, Jan Korte
und Jonas Schmidt – weiterzugeben. Eine
erste Bewährungsprobe sollte mit der
bald folgenden Tour de Ruhr – bei der
sich das Sunny-Cani-Team seit fast zehn
Jahren engagiert – bestanden werden.
So kam man überein, das Thema
„Schule in der einen Welt – Bildung zur
Wahrnehmung und Lösung globaler
Probleme“ für die Bewerbung vorzuschlagen. Schwerpunkte sollen dabei die
sozialen Aspekte der Einen Welt und die
nachhaltige Mobilität als globaler Faktor
im Klimaschutz sein. Außerschulische
Partner neben dem Biologischen Zentrum und dem in der Elektromobilszene
sehr engagierten Autohaus Rüschkamp
werden noch gesucht. Ein Flyer des
Landes gibt Auskunft über den Sinn der
außerschulischen Kooperation. WN
Schule und Projekte
Dritte Cani-Bewerbung als
„Schule der Zukunft“
59
Schüler bearbeiten „ökologische Verkehrsführung“
Schule und Projekte
Chemielehrer Manfred
Neuhaus stimmt mit
den Elftklässlern die
Uhren für die Zeitmessung ab.
60
Früh aufstehen hieß es im Frühjahr
letzten Jahres für die damaligen
Elftklässler des Canisianum, die die
Chemiekurse von Manfred Neuhaus
besuchten, denn bereits um 7.30 Uhr
begann ihr Unterricht, doch nicht
etwa im Chemieraum, sondern auf der
Straße, genauer im Bereich der Straße
Valve zwischen dem Kreisverkehr
Ascheberger Straße/ Selmer Straße
und der Kreuzung Valve/ Konrad-Adenauer-Straße.
Die Schülerinnen und Schüler beteiligten
sich an einem Projekt des Pädagogischen
Austauschdienstes Comenius zum Thema
„Klimawandel – wandelnde Einstellung“.
Um das Thema der CO₂-Reduktion,
mit dem sich Schulen auch in anderen
Ländern der EU beschäftigen, auf einer
lokalen Ebene zu konkretisieren, kamen
die Canisianer auf die Idee, sich mit der
„ökologischen Verkehrsführung“ zu beschäftigen. Im Speziellen setzten sie sich
dabei mit der Frage auseinander, ob ein
Kreisverkehr an der Valve gegenüber der
bestehenden Kreuzung zu weniger CO₂Produktion führen würde.
Dabei kamen sie zu einem erstaunlichen Ergebnis: Ein Kreisverkehr würde
den CO₂-Ausstoß der dort verkehrenden
Fahrzeuge um ein Vielfaches verringern. Dies erfuhren die Schüler bei der
Auswertung der gesammelten Daten.
Dazu hatten sie nicht nur die morgens in
diesem Bereich verkehrenden Fahrzeuge gezählt, sondern auch ihre jeweilige
Verweildauer auf der Strecke und an der
Ampelanlage gemessen.
„Die Schüler, anfangs noch verhalten,
waren schließlich mit Begeisterung bei
der Sache“, erzählte der Pädagoge Manfred Neuhaus. Nicht zuletzt winkte den
Schülern eine Fahrt ins französische Nancy. Dort präsentierten sie dann Mitte Mai
die Ergebnisse ihrer Studie gemeinsam
mit den Partnerschulen aus Frankreich,
Luxemburg und Polen, die sich ähnlichen
Themen gewidmet hatten. Auf dieser
Reise wurden sie von Manfred Neuhaus
sowie den Cani-Lehrern Claudia Vörding
und Martin Köller begleitet. Spannend
war in diesem Zusammenhang natürlich
auch die Unterbringung in Gastfamilien.
WN
Schule und Projekte
Kreisverkehr ist umweltfreundlicher
61
Multivisions-Show in der Cani-Aula
Über eine faire Zukunft
Schule und Projekte
„Würden wir so weiterleben wie
aktuell, dann würden wir die Erde mit
Volldampf gegen die Wand fahren.“
Der Moderator Holger Krohn wählte
seine Worte bewusst drastisch, doch
gerade deshalb waren sie so einprägsam für seine Zuhörer, die Schüler des
Canisianum, der Realschule und des
Berufskollegs.
62
Er führte die Acht- bis Dreizehntklässler
am 23. Februar durch die Veranstaltung
„Fair Future – der ökologische Fußabdruck“, die bei ihrer bundesweiten Tour
in der Cani-Aula Station machte.
Die Schüler zu bewegen, aktiv für
eine faire Zukunft zu sorgen, das war
das Ziel der Veranstaltung, die u. a. vom
„Bund für Umwelt und Naturschutz
Deutschland e.V.“ unterstützt wurde.
Derzeit gehe es auf der Welt nicht fair zu,
betonte Holger Krohn. In Zeiten der Globalisierung seien die ärmeren Länder
nicht nur durch ungerechte Handelswege
benachteiligt. Drei Viertel der Erde
und ihrer Schätze würden von nur einem
Viertel der Bevölkerung beansprucht.
Die Rohstoffe, die die Industrieländer
wie Deutschland verbrauchen, überträfen die eigentlichen weltweiten Kapazi­
täten. Dass die Erde durch dieses
Überstrapazieren kurz vor dem Kollaps
stehe, was sich besonders durch den
Klimawandel bemerkbar mache, sei den
Schülern durchaus bewusst, meinte
Holger Krohn. „Das Grundverständnis,
es könnte aus den Bahnen laufen, ist
durchaus vorhanden“, erläuterte er. Doch
im Alltag würden nur wenige auf einen
ökologischeren oder sozial verträgliche-
ren Lebensstil achten, wie auch eine
Umfrage unter den Jugendlichen zeige.
Dies konnte der Umweltschützer auf der
Veranstaltung nachvollziehen. „Jeder von
euch hat ganz viele Bedürfnisse“, meinte
er zu den Schülern. „Wir leben in einer
Gesellschaft, die auf Konsum ausgerichtet ist.“ In dieser Umgebung habe man
nie etwas anderes vorgelebt bekommen.
Darüber hinaus sei der Umgang mit so
einem „harten Thema“ nicht einfach für
die Schüler, denn sie wollen die Jugend
genießen.
Natürlich könne die Veranstaltung nur einen Anstoß geben, aber die
thematisierte Umweltproblematik werde
– ökologisch wie sozial – im Unterricht
weiterbehandelt, versicherte die organisierende Cani-Lehrerin Maria Schweers.
Siehe auch das folgende Interview!
Interview mit Frau Schweers über
„Fair Future“ und die Bewerbung
als „Schule der Zukunft“
Unsere Schule: Sie haben die
Multivisionsveranstaltung am 23.
Februar diesen Jahres zum Thema
„Fair Future“ organisiert. Was hat
Sie dazu bewogen?
Frau Schweers: In diesem Jahr wird
sich das Canisianum zum dritten Mal
für eine Zertifizierung als Schule der
Zukunft (Agenda-Schule) bewerben. Die ersten beiden erfolgreichen
Bewerbungen wurden von Herrn
Lieneweg durchgeführt. Da es an
unsere Schule eine sehr große Anzahl
von Arbeitsgruppen, Projekten und
Aktivitäten gibt, die sich mit zukunftsrelevanten sozialen und umweltpolitischen Themen befassen (z. B. Brasilien, Comenius, Sunny-Cani-Team,
Schule und Projekte
Holger Krohn sprach in der
Diskussionsrunde mit den
Schülern über die Möglichkeiten einer umweltgerechteren Lebensweise.
63
rechts: Begeisterterter
Beifall für die CaniTheatertruppe, die sich
an das Brecht-Stück
„Der gute Mensch von
Sezuan“ wagte.
Foto: Werner Zempelin
Fortseztung von Seite 63
Schule und Projekte
Wie ist die Veranstaltung in die Arbeit
der Schule eingebunden?
64
Die Veranstaltung beschäftigte sich mit
dem in der Präambel zum Schulprogramm unserer Schule genannten Thema
„Verantwortung für künftige Generationen und für die Schöpfung“. Das gedankliche Modell des ökologischen Fußabdrucks fasst sehr anschaulich soziale und
ökologische Fragestellungen zusammen,
die heute in fast jedem Unterrichtsfach
eine Rolle spielen. Auch spielte diese
Thematik im Rahmen der letzten Pro-
jekttage mit der inhaltlichen Ausrichtung
„Was is(s)t die Welt?“ eine zentrale Rolle.
Ferner hat das Comenius-Projekt mit der
Zusammenarbeit mehrerer europäischer
Schulen in diesem Schuljahr den ökologischen Fußabdruck zum Thema.
Was für eine Wirkung hat die Veranstaltung Ihrer Meinung nach gehabt?
In der Multivision „Fair Future“ wurden
sehr viele Einzelaspekte zu den Themen
Gerechtigkeit und nachhaltiges Wirtschaften angesprochen. Zum Teil fühlten
sich die Zuschauer sogar angesichts
der vielen Informationen überfordert.
Die Darstellung war auch sicher nicht in
allen Einzelheiten ausgewogen, sondern
eher provokant und als Diskussions­
anstoß gedacht. Die Diskussion selber
konnte natürlich im Rahmen der Veranstaltung nicht abschließend geführt
werden, sondern muss im Unterricht
fortgesetzt werden.
Darüber hinaus haben sich spontan
19 Schüler und Schülerinnen in eine
Liste eingetragen, mit dem Ziel, in einer
Arbeitsgemeinschaft zum Thema „Fair
Future“ die Diskussion weiterzuführen
und möglicherweise in weitergehende
Aktivitäten münden zu lassen.
13er-Literaturkurs begeistert die Zuschauer
Drei Götter auf der Suche nach dem
guten Menschen
„Ist es möglich, auf dieser Welt ein
guter Mensch zu sein?“ Diese zentrale
Frage der Parabel „Der gute Mensch
von Sezuan“ von Bertolt Brecht stand
Ende Februar letzten Jahres im Mittelpunkt der Premierenaufführung des
Literaturkurses am Canisianum.
„Das Stück, das Brecht bereits am 4.
Februar 1943, also noch während des
Zweiten Weltkrieges am Schauspielhaus
Zürich uraufführen ließ, hat in den
Jahren seit seiner Entstehung nichts an
Aktualität verloren, gerade bei den Diskussionen um Hartz IV wird der Bezug
zu heute ganz transparent“, begründete
der Leiter des Kurses, Michael Leibold,
die Wahl für eines der bekanntesten
Beispiele des „Epischen Theaters“ von
Bertolt Brecht.
Es war eine gute Wahl, wie sich an
der Begeisterung der etwa 350 Besucher
in der Cani-Aula zeigte, die ihr Lob
durch stehende Ovationen deutlich zum
Ausdruck brachten, als nach fast drei
Stunden der Abend für die 44 Mitwir-
Kunst und Kultur
Amnesty International, WattenmeerExkursion), haben Frau Imholz und ich
uns entschlossen, die Arbeit von Herrn
Lieneweg fortzuführen und die vielen
Projekte für eine erneute Bewerbung
zusammenzufassen.
Im Rahmen dieser Bewerbung wurde unserer Schule die Multivisionsshow
„Fair Future“ angeboten. Die Stiftung
Canisianum hat sich dann dankenswerterweise bereit erklärt, die Veranstaltung
für die Schülerinnen und Schüler des
Canisianum zu finanzieren, so dass alle
Canisianer der Jahrgangsstufen 8 bis 13
die Möglichkeit hatten, die Multivisionsshow zu sehen.
65
66
Raphael Reher studiert seine
Rolle als „Yang Sun“ in Bertolt
Brechts Schauspiel „Der gute
Mensch von Sezuan“.
Der Zwang zum Broterwerb
Raphael Rehers
Liebe zur
Schauspielkunst
Existenz abfinden will.
Die Inszenierung der Cani-Truppe
wurde der Herausforderung gerecht,
das Stück weitestgehend werkgetreu zu
präsentieren. Ein Stoff, der auch geeignet ist, junge Zuschauer fürs Theater zu
begeistern, denn er wird frech, spannend
sowie dramatisch in Szene gesetzt, wobei
das Lachen nicht zu kurz kommt. Schauspielerische Kunst auf hohem Niveau
lieferten mehr oder weniger alle Akteure,
wobei neben den bereits genannten die
folgenden herausragten, was auch der
Schlussapplaus erkennen ließ: Christina
Tacken (Shui Ta), Sebastian Vieth
(Wang) und Raphael Reher (Yang Sun).
Katharina Beckfeld
Wohin soll die Reise gehen? Das fragen
sich in Sichtweite des Abiturs die künftigen Schulabgänger jedes Jahr aus Neue.
Dazu zählte im letzten Jahr auch Raphael
Reher. Der Lüdinghauser hatte eigentlich
seine Liebe zur Schauspielerei entdeckt,
und zwar in Lüdinghausens Partnerstadt
Taverny. Dort besuchte er in der Jahrgangsstufe 11 ein halbes Jahr eine weiterführende Schule, die Theater als pädagogischen Schwerpunkt hat. Er belegte zwei
theoretische und vier praktische Stunden
pro Woche – „eine tolle Erfahrung“, wie
Raphael Reher berichtete. Er wurde vom
Schauspiel-Fieber angesteckt – mit Folgen für die Zeit nach seiner Rückkehr.
Zunächst wirkte er bei der Aufführung „King Arthur“ mit, um dann im Fe-
bruar 2010 die Rolle des „Yang Sun“ bei
der Aufführung von „Der gute Mensch
von Sezuan“ des Cani-Literaturkurses zu
übernehmen.
Kein Wunder, dass der 19-Jährge
dann überlegte, ob er aus seinem liebge­
wonnenen Hobby auch einen Beruf machen sollte. Nicht wenige seiner Freunde
würden es ihm zutrauen, ein SchauspielProfi zu werden. Doch diese Pläne schob
Raphael Reher zunächst an die Seite –
„leider“, wie er sagte.
„Wir sind die Generation Lebenslauf “, bedauerte er. Das heißt konkret:
Schon mit dem Ende der Schulzeit rückt
schnell die Frage in den Vordergrund,
was man später mit dem Studium im
Leben anfangen kann. „Und da wäre die
Kunst und Kultur
Kunst und Kultur
Fortseztung von Seite 65
kenden glücklich zu Ende ging. Auch
Schulleiter Hartmut Stutznäcker fand
viel Lob für die Akteure und ihren
Regisseur Michael Leibold.
Das Stück spielt in einer kleinen
Provinz in China mit dem Namen
Sezuan, in der viele Menschen sehr
arm sind und sich nur knapp mit dem
Nötigsten versorgen können. Drei
Götter (überzeugend gespielt von Kyra
Naujocks, Friederike Helmes und Bernadette Osthoff) besuchen die Erde,
um in einer von Egoismus geprägten
Gesellschaft gute Menschen zu finden
und zu beweisen, dass man gut sein
und dennoch gut leben kann. Erst bei
der jungen und gutherzigen Prostituierten Shen Te (eindrucksvoll gespielt
von Larissa Graute) werden die drei
Götter fündig. Sie nimmt persönliche
Nachteile in Kauf, um anderen zu
helfen und bietet daher auch den drei
Göttern ein Nachtquartier. Als Dank
für Shen Tes Selbstlosigkeit zahlen die
Götter mit einem kleinen Vermögen,
mit dem sie sich einen Tabakladen
eröffnet, um ihre Existenz zu sichern.
Doch nun fangen ihre Probleme
erst richtig an, denn alle wollen etwas
von Shen Te. Wie die Raben fallen sie
über die Protagonistin her und fordern einen kleinen Anteil von ihrem
Glück. Ihr Versuch, es allen recht zu
machen, scheitert. „Warum ist auf
Bosheit ein Preis gesetzt, und warum
erwarten den Guten so harte Strafen?“,
fragt sich Shen Te, die sich jedoch
nicht mit einer menschenunwürdigen
67
5er Schüler als begeisterte Statisten
Eine Oper ist langweilig? Von wegen!
Sie kann durchaus unterhaltsam und
spannend sein. Erst recht, wenn man
selbst als Akteur auf der Bühne steht.
Das erlebten im Juni letzten Jahres die
Schülerinnen und Schüler der fünften
Klasse am Canisianum.
Kunst und Kultur
Fortsetzung von Seite 65
68
Schauspielerei vermutlich ein ständiger Kampf um den Lebensunterhalt“,
befürchtete er. Das Theater sei leider
kein sicherer Broterwerb. Es sei wirklich schade, dass sich viele Jugendliche
heute sehr schnell die Frage „Was
mache ich eigentlich damit?“ stellen
würden, und auch er könne sich davon nicht freimachen.
Dennoch: Ganz stromlinienförmig soll es nach dem Abitur nicht weitergehen. Zunächst könnte Raphael
Reher sich vorstellen, für ein halbes
Jahr in einem sozialen Projekt in Chile
zu arbeiten und dann in verschiedene Praktika in den Medienbereichen
hineinzuschnuppern. Gerne würde er
auch als „halber Franzose“ beim Kulturkanal „Arte“ landen. Davor stünde
dann eventuell ein Französisch-Studium.
Und das Theater? „Das betreibe
ich dann als Hobby weiter“. So ist sich
Raphael Reher sicher, dass ihn diese
Leidenschaft sein ganzes Leben begleiten wird. WN
Oben: Die Knusperhexe (Irmelin Sloman) lockt Hänsel
(Anna Bineta Diouf) in ihr Haus.
Mitte: Wohl behütet von 14 Cani-Engeln aus der Jahrgangsstufe 5! „Kuchenheil uns allen winkt!“
Unten: „Wenn die Not auf‘s Höchste steigt …“: Wegen
eines Krankheitsfalles muss eine Cani-Lehrerin spontan als Mutter-Darstellerin agieren.
Als Höhepunkt eines Projektes im Fach
Musik war das Ensemble des „Irmelin
Sloman Musik Theater“ mit der Oper
„Hänsel und Gretel“ von Engelbert
Humperdinck in der Aula zu Gast. Neben
den professionellen Sängern des „IST“Ensembles gehörten auch die Gymnasiasten zu den Darstellern. Die etwa
hundert Schüler spielten Nebelkinder,
Feen und Engel. Dass sie dabei „nur“ das
Bild füllten und das Singen den Profis
überließen, störte die Kinder nicht. „Ich
fand es faszinierend, vor einem so großen
Publikum zu stehen“, meinte Hannah
Malkemper nach der Vorstellung. Maren
Langanke schloss sich ihrer Freundin an:
„Ich war zwar aufgeregt, aber wir waren
ja nicht alleine auf der Bühne.“
Für die Musiklehrerin Kathrin Hantel
war es vor allem „eine gute Gelegenheit,
dem Thema Oper etwas Handfestes zu
geben“. „Oper ist ein großes Wort“, meinte sie, „da ist es am besten, man holt sich
die Oper in den Schulunterricht.“ Mit der
Unterstützung der Sparkasse Westmünsterland und durch die Eintrittsgelder lud
das Cani die Mitmach-Oper in die Schule
ein. Doch damit waren die Vorbereitungen für einen Opernabend noch nicht
abgeschlossen. „Die Fünftklässler, die
noch sehr offen für das Thema sind,
merkten, dass auch andere Aspekte zu
einer Aufführung gehören.“ So halfen sie
beim Drucken des Programmheftes und
unterstützten ältere Schüler in der Technik. Wie in einer „richtigen“ Oper bildeten die jüngeren Mitglieder der Big-Band
„Cani Hot Dogs“ bei einem Musikstück
das Orchester.
Die restliche Zeit begleitete der musikalische Leiter Thomas Palm die Oper
auf dem Piano. Nadine Sträter (Gretel),
Anna Bineta Diouf (Hänsel), Irmelin
Sloman (Mutter und Knusperhexe) und
Rainer Land (Vater) brachten mit der
professionellen Inszenierung Opern-Atmosphäre in die Cani-Aula. Zum Finale
sangen jedoch – unter großem Beifall des
Publikums – alle hundert Akteure ein
Abschlusslied. Niklas Tüns
Kunst und Kultur
Oper hautnah erleben
69
Nina Junke will ihre Leidenschaft
zum Beruf machen
Kunst und Kultur
Wer gut sein will,
muss verdammt
viel üben
70
Viel Freizeit bleibt da nicht. Aber wer
ein festes Ziel vor Augen hat, dem fällt es
leichter, seine Zeit in die eigene Ausbil­
dung zu investieren, zum Beispiel in
die Geigenprobe. Nina Junke aus der
Jahrgangsstufe 11 übt täglich zwei Stunden. „Drei bis vier Stunden wären noch
besser, aber das schaffe ich nur in den
Schulferien“, betont die 16-Jährige im
Gespräch. Zusätzlich geht sie zwei- bis
dreimal pro Woche zum Privatunterricht. Außerdem steht freitags die Probe
mit dem Jugend-Sinfonieorchester des
Musikschulkreises Lüdinghausen auf
dem Programm. Mit dem stand die
Nachwuchs-Geigerin vor Kurzem noch
im Scheinwerferlicht, als sie beim Neujahrsempfang als Solistin auftrat. „Das
war ein großes Virtuosenstück, was sie
da gespielt hat. Das Mädchen kann wirklich etwas“, zeigte sich Hans Wolfgang
Schneider, der Leiter des Orchesters,
begeistert.
Mit dem Geige-Spielen hat Nina angefangen, als sie acht Jahre alt war. „Das
ist eigentlich relativ spät, viele fangen
schon mit fünf oder sechs an“, erklärt sie.
Schuld an der „Verspätung“ war ein früherer Wunsch von ihr. „Ich wollte eigentlich Querflöte spielen. Aber als ich jünger
war, wurde mir immer gesagt, ich müsse
noch etwas warten, weil meine Finger zu
kurz seien.“ Die Geige entdeckte sie dann
eher durch Zufall. „Ich bin mit meiner
Schwester auf ein Konzert gegangen und
dort sind mir die Geiger aufgefallen.“
Dass hier Ninas Schwester MarieClaire ins Gespräch kommt, ist kein Zufall, denn auch sie ist sehr musikalisch.
Nach ihrem erfolgreich bestandenen
Abitur im letzten Jahr studiert sie mittlerweile Harfe in Köln. Ähnliches stellt
sich Nina auch für ihre Zukunft vor. Für
Streicher sind die Plätze an den Musikhochschulen allerdings hart umkämpft.
Nina Junke hat aber noch ein Ass im
Ärmel, mit dem sie wertvolle Erfahrungen für später sammeln kann. Denn seit
Anfang 2009 spielt sie in der Deutschen
Streicher-Philharmonie. Die Aufnahmeprüfung, in der ihre vorgetragenen
Stücke von einer Jury streng bewertet
wurden, meisterte sie mit Bravour.
Jetzt spielt sie einige Male im Jahr
gemeinsam mit talentierten NachwuchsStreichern aus ganz Deutschland. Jedes
zweite Jahr geht es auf eine Auslandstournee. „Seitdem ich dort spiele, habe
ich sehr viel gelernt. Vor allem habe ich
einen guten Vergleich, wo ich stehe“,
weiß Nina, die froh über ihre Mitgliedschaft in der Streicher-Philharmonie ist.
Seit 2010 ist sie dort auch Konzertmeisterin (spielt also die 1. Geige) und bis sie
19 wird, darf sie hier weiter mitspielen.
Das ist zweifellos eine perfekte Vorbereitung für die nach dem erhofften Abitur
anstehenden Aufnahmeprüfungen an
den Universitäten. WN
Kunst und Kultur
Nina Junke probt täglich
zwei Stunden, in den Ferien
können es auch einmal vier
Stunden werden. Dadurch
hofft sie, zum Musikstudium
zugelassen zu werden.
71
Das ganze Empire am Cani
Kunst und Kultur
Britische Geschichte ist öde und langweilig? Das gilt auf keinen Fall, wenn
die „Irish Actors Theatre Company“
an die Schule kommt. Mitte November 2010 gastierte die vierköpfige
Gruppe mit Eva Heery, Vincent Moran,
Aidan Keane und Elijah Egan in der
Aula des Canisianum, das in Kooperation mit dem Antonius-Gymnasium
eingeladen hatte.
72
Bereits zum achten Mal traten Schauspieler der „Irish Actors Theatre Company“ im Cani auf. „Die Schüler können
das Englische lebendig und authentisch
erleben“, nannte Lehrerin Julia SelkeMundry den Grund für die zur Tradition
gewordene Veranstaltung.
Viel irischer Humor begleitete den
zweistündigen Auftritt unter dem Titel
„The British Empire“. Die Iren zeigten
dabei keine Scheu, große Persönlichkeiten, die ihr Land, aber auch viele andere
Teile der Welt, prägten, ironisch zur
Schau zu stellen. So gehörte Queen Victoria ebenso zu den Opfern wie Heinrich
VIII. Letzterer war gegenüber der katholischen Kirche nicht besonders gnädig
gestimmt und gründete in England eine
eigene Glaubensgemeinschaft – natürlich
mit sich als Oberhaupt. Rat bekam er per
Handy – so erfuhren es die etwa 130 Zuschauer – von Gott persönlich. Erreichbar ist dieser nur unter der exklusiven
Telefonnummer „1“.
Auch klärte das Ensemble, wie das
britische Imperium zu einer Größe von
bis zu 770 Millionen Untertanen kam.
So sei man zum Beispiel nach Indien
gefahren und habe den Subkontinent als
Kolonie beansprucht, indem man eine
Flagge in den Boden steckte. Da die indische Bevölkerung diesem Anspruch mit
keiner ordentlichen Flagge entgegentreten konnte, fand sie sich in den Armen
Niklas Tüns
Kunst und Kultur
„Irish Actors Theatre Company“ zu Gast
Auf vergnügliche Weise führte die „Irish
Actors Theatre Company“ ihre Zuschauer durch die britische Geschichte
der britischen Kolonialmacht wieder.
Mit dem einfachen Grundsatz „no flag,
no country“ („keine Flagge, kein Land“)
sollen auch bereits die Amerikaner den
Mond erobert haben.
Da ihre Ausgangskleidung dezent
schwarz war, konnten die vier Schauspieler mit nur wenigen Zusatz-Utensilien in
ihre Rollen schlüpften. Diese „Verwandlung“ fand zudem direkt auf der Bühne
statt, so dass der Übergang zwischen den
vielen erzählten Episoden fließend war.
Im zweiten Teil des Abends hielt
sich die Schauspielgruppe dagegen nicht
mehr an ihr Motto „The British Empire“.
Vielmehr gab es eine kurze Einführung
in die englische Sprache selbst. Schnell
merkten die Zuschauer, darunter viele
Oberstufenschüler der beiden Lüdinghauser Gymnasien, dass sie sich glücklich schätzen konnten, den Auftritt auf
„Queens English“ zu hören. Ein Kauderwelsch wie das „Liverpool English“ ist
für Ausländer bei besten Willen nicht zu
verstehen.
Der amüsante Abend endete schließlich musikalisch. Traditionell irisches
Liedgut sangen die Vier genauso wie
aktuelle Popsongs. Nachdem die Truppe
bereits ihre ersten Zugaben dargeboten
hatte, fragte Vincent Moran das überraschte Publikum ganz plötzlich: „Have
you no home to go to?“ Natürlich hatte
es ein Zuhause, doch wer verlässt schon
frühzeitig und freiwillig eine solch unterhaltsame und kurzweilige Veranstaltung?
73
Die Neunt- und
Zehntklässler am
Canisianum, die
Französisch als
Unterrichtsfach
haben, erlebten eine
filmische Kulturvermittlung. Sie sahen
den Streifen „Die
fabelhafte Welt der
Amelie“.
Kulturelles am deutsch-französischen Tag
74
Kulturvermittlung per Kino-Knüller:
Die Mädchen und Jungen, die am Canisianum das Fach Französisch gewählt
haben, erlebten im Januar diesen Jahres
einen besonderen Tag. Entsprechend
ihrem jeweiligen Kenntnisstand der
Sprache des Nachbarlandes sahen sie
nach Jahrgangsstufen getrennt drei
französische Filme. Für die einen lief –
mit Untertiteln – die auch hierzulande
erfolgreiche Komödie „Willkommen
bei den Sch’tis“, Andere wurden in „Die
zauberhafte Welt der Amelie“ entführt
und die Französisch-Enthusiasten be­
gleiteten in „La vie en rose“ das Leben
der Chanson-Sängerin Edith Piaf.
Anlass für diesen cineastischen
Vormittag am Cani war der „DeutschFranzösische Tag“, der seit 2003 in
beiden Ländern begangen wird. Er
erinnert an den 22. Januar 1963. Damals
wurde der sogenannte Elysée-Vertrag
zwischen Deutschland und Frankreich
abgeschlossen. Er war ein Meilenstein
auf dem Weg der deutsch-französischen
Verständigung und regelte den Kulturund Jugendaustausch beider Länder.
Organisiert hatten den Filmtag die
Lehrerinnen Julia Selke-Mundry, Susanne Laudick, Claudia Alfers, Roswitha
Schäfer, Ulrike Ungru und Melanie Pohlmann. Doch es blieb nicht beim Schauen. In Kleingruppen wurde anschließend
über die Filme gesprochen. Auf diese
Art werde den Jugendlichen die Kultur
des Nachbarlandes anders und motivierender vermittelt, ist sich Julia SelkeMundry sicher. Während sich die Älteren
mit der Biografie der Sängerin Edith Piaf
beschäftigten, sprachen die jüngeren
Schüler über die bei den „Sch’tis“ gezeigten Klischees und Vorurteile der Süd- gegenüber den Nordfranzosen – und deren
Überwindung. WN
Cani-Physikräume wurden zur Galerie
Nachdem die Physikräume am Canisianum renoviert worden waren, fiel Lehrern
wie Schülern auf, dass die Wände doch recht kahl geblieben sind. Um das zu ändern,
lobten die Fachlehrer Antje Appel, Martin Köller und Dr. Georg Schütz bereits im
März letzten Jahres einen Malwettbewerb aus. Die Gewinner wurden dann Ende Mai
ausgezeichnet und mit Geldpreisen honoriert. Das Siegerbild kam von Sonia Shresta (1.v.r.), den zweiten Platz ermalte sich Jan Korte. Dritte Preise erhielten AnnaKatharina Pötter, Stefanie van den Berg und Sebastian Poll und den Nachwuchspreis
konnte die Sechstklässlerin Fabienne Berau mit nach Hause nehmen. Auch der
Trägerverein beteiligte sich bei den Prämien. WN
Kunst und Kultur
Kunst und Kultur
Die Sch’tis und die Piaf
75
Die Cani Hot Dog-Musiker
auf dem Proben-Intensivwochenende in Straelen.
Cani Hot Dogs am Niederrhein
Probenfahrt mit
Musik und Spaß
76
Im Schullandheim der Stadt Krefeld gab
es zunächst eine kleine Rallye zur Orientierung, denn das Gelände, auf dem sich
früher ein Flugplatz befand, ist ziemlich
weitläufig. Trotzdem liegt es sehr malerisch, umgeben von Wald und durchsetzt
mit vielen, teils naturbelassenen Zonen.
Die Start-Rallye diente natürlich auch
zur Teambildung – zwar proben die Cani
Hot Dogs wöchentlich, dennoch bietet
eine solche Zeit eine gute Gelegenheit,
um die Kommunikation unter den Bandmitgliedern zu fördern.
Maren Langanke aus der Klasse 5c
beschrieb ihre Zeit so: „Am Ankunftstag
war für 14 Uhr die erste Registerprobe
angesetzt. Bis dahin bezogen alle ihre
Betten und aßen zu Mittag. Viele waren
schon früher fertig und nutzten die Zeit
für eine Partie Fußball oder eine weitere
Geländeerkundung. Für die Registerprobe hatten wir uns die Stücke „Mission
Impossible Theme“ und „The Simpsons“
vorgenommen. In der anschließenden
Gesamtprobe zeigten sich bereits erste
Erfolge. Nach dem Abendessen mit Grillen im Freien ging es hinauf zum Lagerfeuerplatz, wo es zuerst Probleme beim
Entfachen des Feuers gab. Nach einer
schönen Runde ums Feuer machten wir
uns auf zu einer Nachtwanderung. Wieder zurück spielten einige Doppelkopf,
während andere sich auf ihre Zimmer
zurückzogen.
Der nächste Tag begann um 8 Uhr
mit dem Frühstück – für fast alle viel zu
früh. Doch beim Geländespiel um 10
Uhr waren alle wieder relativ munter.
Nur eine Gruppe schien bei der Weg­
beschreibung noch geschlafen zu haben,
denn sie vergaß, eine Abzweigung zu
nehmen und lief ein ganzes Stück zu
weit. Am Nachmittag waren aber alle
wieder wach, was der Erfolg bei den
Stücken „Abba Gold“ und „Louie Louie“
zeigte. Für manche gab es in diesem
Stück ihr erstes improvisiertes Solo. Am
Abend saßen wir wieder am Lagerfeuer
zusammen. Dort feierten wir zunächst
einen kleinen Gottesdienst, bei dem die
an einer Geländespiel-Station verfassten
Fürbitten vorgetragen wurden. Am Montagmorgen in der Gesamtprobe griffen
wir noch einmal alle geprobten Stücke
auf und merkten, dass uns die Fahrt auch
musikalisch weitergebracht hatte. In der
Abschlussrunde kamen wir überein,
dass das Probenwochenende ein schöner
Erfolg war und dass wir die Fahrt 2011
wiederholen sollten.“ WN
Kunst und Kultur
Kunst und Kultur
Die komplette Big Band unserer Schule unternahm Ende April 2010 eine
mehrtägige Übungsfahrt nach Straelen. Unter Leitung von Musiklehrerin
Kathrin Hantel und Schülervater Gerrit Jütte probten 20 Schülerinnen und
Schüler im Alter zwischen zehn und 18
Jahren Jazz- und Rock-Arrangements.
77
Foto: Das Lächeln der Sieger: Patrick Sobbe (6a, Mitte)
gewann den Cani-Lesewettbewerb. Die Klassen­sieger
Julia Pellmann (6c, rechts) und Jakob Simm (6b)
freuten sich mit ihm.
Patrick Sobbe vertrat das Cani
Sport und Spiel
Eindrücke vom Dreikönigs-Konzert
78
Das jährlich stattfindende Weihnachtskonzert vor den Weihnachtsferien musste wegen winterlicher Eis- und Schnee-Capriolen ausfallen und wurde ins neue Jahr 2011
verschoben. So wurde es zum Dreikönigs-Konzert. Danke an alle, die mitgemacht
haben, und an das aufmerksame Publikum!
Wenn in den hektischen Dezembertagen
plötzlich Namen wie Cornelia Funke,
Paul Maar oder Kirsten Boie in geballter
Form auftauchen, dann muss nicht immer nur von Weihnachtsgeschenken die
Rede sein, sondern es kann sich auch um
den Vorlesewettbewerb für die 6. Klassen
in den Schulen handeln.
So war es denn auch kurz vor Ende
des letzten Jahres am Canisianum. Trotz
zahlreicher Klassenarbeiten und intensiver Vorbereitungen auf das Weihnachtskonzert blieb doch noch etwas Zeit für
besinnliche Lesephasen und die Konzentration auf das spannende Jugendbuch.
Mit Eifer und großer Selbstverständlichkeit stellten sich die Schüler dabei erneut
der Ausscheidung, die der Börsenverein
des Deutschen Buchhandels zum 52. Mal
für die Schulen ausgeschrieben hatte.
Nach einem spannenden Auftreten
holte sich Patrick Sobbe aus der Klasse
6a den Gesamtsieg. Er vertrat das Cani
dementsprechend im Februar diesen
Jahres auf Kreisebene. Der Wettbewerb
begann zunächst im Deutschunterricht
der drei Parallelklassen. Anschließend
trafen sich dann alle Klassensieger
der Jahrgangsstufe 6 in der Aula zur
Endausscheidung. In der ersten Wettbe-
Kunst und Kultur
Beim Lesewettbewerb der 6. Klassen
Gesamtsieg errungen
79
Fortsetzung von Seite 79
anschließend schnell einig, dass alle
Klassensieger hier erneut ihr Können
unter Beweis gestellt hatten, wenngleich
Patrick Sobbe sich doch einen leichten
Vorsprung „erlesen“ konnte. Unter dem
fairen Beifall aller Klassen durfte der
strahlende Sieger dann seine Urkunde
und ein Buchgeschenk in Empfang
nehmen.
Deutschlehrer und Koordinator
Gerold Meischen bedankte sich bei den
Wettbewerbsteilnehmern für die erneute
Erfahrung, dass das Lesen nicht nur
etwas Spannendes und Kurzweiliges sein
könne, sondern den Einzelnen mit selbst
geschaffenen Bildern in eine Fantasie­welt
eintauchen lasse, die sich nicht selten
als eine echte Alternative zum Fernsehen
oder Computerspiel herausstelle. WN
Canisianer machten Sportabzeichen
Kunst und Kultur
Canisianer erwarben Golfabzeichen beim GC Nordkirchen
Technik, Fitness und Etikette
Toll!
80
Erfolgreiche Cani-Schüler mit ihrem Trainer beim Golfclub Nordkirchen.
428 Mädchen und Jungen des Gymnasiums Canisianum haben beim
Sportfest im Sommer 2010 ihr Sportabzeichen abgelegt. Dafür wurden sie
Mitte November mit Urkunden durch
Stützpunktleiter Alfons Meinke und
Süßigkeiten von Simone Heil vom
Sponsor Sparkasse Westmünsterland
belohnt.
Elf Schüler aus den Jahrgangsstufen
fünf bis sieben des Canisianum haben
Anfang November letzten Jahres beim
GC Nordkirchen das silberne KinderGolfabzeichen bestanden.
Motiviert wurden die Schüler durch
einen Schnupperkursus über drei Trainingseinheiten auf der Driving-Range
im Frühsommer des Jahres. Nach den
ersten Erfahrungen mit dem kleinen weißen Ball folgte dann ein weiterführender Kursus über elf Trainingseinheiten
von jeweils 120 Minuten unter Trainer
Carsten Heinz. Am Ende legten sie einen
Technik-, Fitness- und Etiketten-Test ab,
um das silberne Abzeichen in Empfang
zu nehmen.
Die Schüler hatten nun die Möglichkeit, mit ihrer „eingeschränkten Platzfreigabe“ in Begleitung eines HandicapSpielers auf dem Golfplatz zu üben, teilte
der GC Nordkirchen mit, der gemeinsam
mit dem Deutschen Golf-Verband auch
die Kosten für die bisherige Ausbildung
der Schüler übernommen hatte. WN
Kunst und Kultur
werbsrunde traten die drei Klassensieger
Patrick Sobbe (6a), Jakob Simm (6b)
und Julia Pellmann (6c) mit vorbereiteten Texten vor das gespannte Publikum.
Trotz der großen Kulisse von über
90 Mitschülerinnen und Mitschülern
bewältigten alle Teilnehmer die ungewohnte Situation erstaunlich ruhig und
souverän. Auch in der zweiten Runde,
als unbekannte Textstellen aus dem
Kinderkrimi „4 ½ Freunde“ von Joachim
Friedrich im Drei-Minuten-Rhythmus
vorgetragen werden mussten, feuerten
die einzelnen Klassen ihre Vertreter kräftig an und hielten sogar Namensschilder
und Plakate hoch, waren aber während
der Leseproben mucksmäuschenstill.
Die Jury, die aus drei Oberstufenschülern und zwei Lehrern bestand, war sich
81
Nach kämpferische Partien erfolgreich
82
Unsere Vize-Kreismeister mit ihrem
Trainer Felix Bobbert
Die Schülerinnen und Schüler unseres
Gymnasiums zeigten im Rahmen von
„Jugend trainiert für Olympia“ bei den
Kreismeisterschaften großen Einsatz.
Sowohl die Mädchen als auch die
Jungenmannschaft in der Wettkampfklasse III trainierten bereits im Vorfeld
hochmotiviert. Aus Freude am Fußball
wurden zusätzliche Trainingseinheiten
absolviert und alle waren mit großem
Eifer dabei. Durch das Zusammentreffen von talentierten Fußballern/innen
machte es besonderen Spaß, mit den
beiden Mannschaften zu arbeiten. Als es
Ende Oktober letzten Jahres dann ernst
wurde, besiegte die Mädchenmannschaft
die Auswahl des St. Antonius-Gymnasiums durch geschicktes Taktieren mit
9:6 und schaffte damit den Sprung in das
Endspiel. Auch den Jungen gelang durch
kämpferischen Einsatz zuerst ein 5:0
Sieg gegen die Auswahl des St. AntoniusGymnasiums und bezwang anschließend
noch mit 3:1 die Mannschaft der Realschule. Beide Cani-Mannschaften mussten sich allerdings im Endspiel geschlagen geben, kämpften jedoch ausdauernd
bis zur letzten Minute. Die Turniere
fanden bei den Eltern unserer Schule
große Resonanz. Sie unterstützten unsere
Mannschaften und freuten sich über
die gute Platzierung. Ein Vater spendete
spontan Stutzen für die Jungenmannschaft und brachte so seine Anerkennung
zum Ausdruck. Felix Bobbert
Kunst und Kultur
Kunst und Kultur
Cani – zweifacher
Vizekreismeister im
Fußball
83
tungsturnieren in Schwerin und Bremen
wurde Felix nach Kienbaum eingeladen.
Über dreieinhalb Tage standen dort ein
physiotherapeutischer Check, AthletikTests und Koordinationsübungen auf
dem Plan. Felix Orthmann geht zum Gymnasium
Canisianum. „Wir haben die volle Unterstützung der Schule, das ist sehr schön“,
betonte Anne-Kathrin Orthmann. Für
ihren Sohn stehen die weiteren Termine in der Nationalmannschaft aber
noch nicht fest. Spätestens 2012 muss er
sich entscheiden, ob er aufs VolleyballInternat in Frankfurt oder Berlin gehen
will. Felix selber reagierte ganz gelassen
auf diese Perspektive: „Ich bin noch jung,
das werde ich mir ganz in Ruhe überlegen“. WN
Erstmals wieder an Landesmeisterschaften teilgenommen
Felix Orthmann hat in Kienbaum überzeugt.
Felix Orthmann als Volleyballer erfolgreich
Kunst und Kultur
Vom SC Union
in die Nationalmannschaft
84
Anne-Kathrin Orthmann sagt über ihren
Sohn: „Volleyball ist sein Hobby, und das
übt er hundertprozentig aus. Dafür opfert er viel Freizeit.“ Felix Orthmann hat
nicht nur Ehrgeiz, sondern auch Talent.
So wurde der 15-Jährige im Herbst letzten Jahres in den Kader der U 16-Nationalmannschaft berufen.
Diese schöne Nachricht konnte dem
Lüdinghauser im Leistungszentrum
Kienbaum nahe Berlin überbracht werden. Bei einem dreitägigen Lehrgang für
den Volleyball-Nachwuchs der Jahrgänge
1995 und 1996 hatte sich Felix den be-
gehrten Platz erkämpft. 60 Jungen bewarben sich in dem Auswahlverfahren
für nicht einmal 20 Plätze in dem Nationalteam.
Das Volleyball-Spielen hat Felix
Orthmann beim SC Union Lüdinghausen gelernt. Bis zum Sommer 2010
stand er für seinen Stammverein am
Netz, seitdem spielt er beim TSC Münster-Gievenbeck in der U 16 und bei den
Herren. Einmal pro Woche trainiert er
mit den Oberliga-Damen des SC Union,
während er zwei- bis dreimal pro Woche
zum TSC nach Münster fährt. Nach Sich-
Beim Landesfinale der Volleyballer im
April 2010 in Minden waren zwei Lüdinghauser Schulen erfolgreich vertreten
und beide belegten in ihrer Altersklasse
den 3. Platz. In der Wettkampfklasse II
sicherte sich zunächst die Realschule
durch einen souveränen 2 : 0-Auftaktsieg im ersten Gruppenspiel gegen das
Cornelius-Burgh-Gymnasium aus Erkelenz den 2. Platz in der Gruppe. Gegen
den Turnierfavoriten und späteren Sieger
vom Carl-Humann-Gymnasium aus
Essen folgte dann allerdings eine 0 : 2Niederlage. Da das Erreichen der Landesfinalrunde schon der größte Erfolg
der Realschule in diesem Wettbewerb
war, sorgte der 3. Rang für große Freude
bei allen Beteiligten.
Die Jungen vom Canisianum traten
in der jüngeren Altersklasse an und
fanden in ihrem ersten Gruppenspiel
noch nicht so richtig zu ihrer gewohnten
Konzentration. Das Spiel zeigte nach
gewonnenem ersten Satz viele Abspra-
chemängel und im zweiten Satz zu wenig
Durchschlagskraft, so dass dieser dann
auch an das Evangelische Gymnasium
aus Siegen ging. Erst im Tie-Break fand
das Team zu mehr Siegeswillen und
konnte das Spiel berechtigterweise als
Sieg verbuchen. Der nächste Gegner aus
Bonn zeigte nach anfänglich ausgeglichenem Spielverlauf den Jungen vom
Cani dann deutlich, dass man nicht nur
gut angreifen muss, sondern vor allem
im Block und in der Verteidigung agiler
arbeiten sollte. Dazu kamen zahlreiche Bälle, die von sonst sehr sicheren
Spielern leichtfertig ins Aus oder Netz
geschlagen wurden. So war Bonn der
verdiente Sieger und spätere Vizemeister
hinter dem Gymnasium Steinhagen.
Der erreichte 3. Platz im Landesfinale
konnte für das Cani dennoch als Erfolg
gewertet werden, da die Jungen lange
nicht mehr an einer Landesmeisterschaft
teilgenommen hatten. Inge Meier
Kunst und Kultur
Bronzemedaille für Cani-Volleyballer
85
Sunny-Cani-Team
Lautlos, emissionslos und immer
schneller durchs Münsterland
Kunst und Kultur
Zur vierten „Solarmobil Challenge
Münsterland“ hatten am Pfingst
wochenende des letzten Jahres
das „el team muensterland“ und das
„Sunny-Cani-Team Lüdinghausen“
eingeladen. Organisiert wurde die
Elektroauto-Rallye von den ehemaligen Canisianern Bernd Lieneweg,
Lukas Nacke und Fabian Pellmann
mit Unterstützung durch Manfred
Elwing aus Bochum, der 2004 die
„Solar-Challenge Münsterland“ ins
Leben gerufen hatte.
86
Zahlreiche Elektroauto-Enthusiasten
waren der Einladung ins sonnige Münsterland gefolgt, u. a. Vertreter von der
ISOR (Initiative Solarmobil Ruhrgebiet),
von der DSL (Drehstromliste, die etwa
200 Stromtankstellen auf Gegenseitigkeit in Europa unterhält) und vom BSM
(Bund für solare Mobilität, der u. a. Betreiber des park & charge-Systems ist,
dem sich auch Firmen und Kommunen
anschließen können).
Am Pfingstsamstag führte die Rundfahrt durch die Hohe Mark, und zwar
vom Basislager in Olfen zunächst zum
„Lakeside Inn“ in Haltern, von da aus
zum Heimatmuseum in Groß Reken, wo
Norbert Benson die Elektromobilisten
willkommen hieß und durch die histori­
sche Windmühle führte. Zum Mittag­
essen ging es dann weiter nach Raesfeld,
wo anschließend die Schlossanlage und
die bedeutende Schlosskapelle besichtigt
wurden.
Ein besonderer Höhepunkt war
dann am Sonntag der Besuch des gerade
er­öffneten Naturbades der Stadt Olfen,
wo der stellvertretende Bürgermeister
Wilhelm Sendermann die Idee zu diesem
Bad, die Umsetzung in finanziell schwierigen Zeiten und die interessanten Problemlösungen in dieser weitestgehend
nachhaltig bewirtschafteten SommerBadeanstalt anschaulich und spannend
erläuterte.
Nächster Haltepunkt war die Innenstadt der cittá-slow Lüdinghausen, wo
die Elektro-Autofahrer mit ihrer entschleunigten sowie laut- und emissionslosen Fahrweise immer wieder gernge­
sehene Gäste sind und die Gastronomie
im verkehrsberuhigten Bereich zu schätzen wissen, vor allem, wenn die Sonne
mitspielt und man draußen sitzen kann.
Wie angenehm dann Elektrofahrzeuge
sind, demonstrierten die Elektrofahrer
mit ihrer „Solarparade durch Lüdinghausen“, bevor die Rallye sich schließlich
in Richtung Flugplatz Borkenberge in
Bewegung setzte.
Bernd Lieneweg, dessen hochbetagter Kabinenroller mit Achsenbruch
liegen geblieben war, führte dabei ein
nagelneues, modernes Elektroauto aus
dem Autohaus Rüschkamp (Förderer
der Elektromobilität seit über 20 Jahren)
vor, das ihm kurzfristig zur Verfügung
gestellt wurde. Er konnte so die Fahrt in
einem ausgewachsenen Auto mit hoch­
effizienten Lithium-Ionen-Batterien fort
setzen. Während im letzten Jahr noch die
kleinen dreirädrigen Fahrzeuge in der
Überzahl waren, hält in der Szene der
Elektroautobegeisterten nun der Fortschritt Einzug: Die Fahrzeuge werden
größer und schneller und haben durch
den Einsatz moderner Batterietechnologie eine deutlich vergrößerte Reichweite.
So gab es bei den gemütlichen
Grillabenden hinreichend Gesprächsstoff
und Anschauungsmaterial über neue
Technik, vor allem aus dem Ausland, und
Diskussionen über die deutsche Autoin
dustrie, die nach verschlafenen Jahrzehn
ten nunmehr verhalten und mit Mühe
dem bereits abgefahrenen Zug der
Elektromobilität mit staatlichen Förder­
programmen hinterherschleicht. So zu­
mindest sehen es die Insider, auch wenn
Politik und Medien in der Regel ein
anderes Bild vermitteln möchten. WN
Kunst und Kultur
Links: An der Stromtankstelle der Drehstromliste
auf dem Hof Nacke herrscht vor dem Start dichtes
Gedränge. Jeder Teilnehmer will durch volle Batterien
seine Reichweite vergrößern.
Rechts: Lukas Nacke und Fabian Pellmann (r.) als
Gastgeben
87
Intensiver deutsch-französischer Schüleraustausch
Partner und Freunde
Als die Cani-Schüler Ende März letzten
Jahres in St.-Lô aus dem Bus kletterten, regnete es buchstäblich wie aus
Eimern. Die Herzlichkeit und Freundlichkeit aber, die ihnen und ihren Begleiterinnen – Frau Schäfer und Frau
Alfers – von Seiten ihrer französischen
Austauschpartner und deren Familien
entgegengebracht wurde, vertrieb die
trübe Stimmung im Nu.
88
Das Wochenende in der Gastfamilie
er­wies sich für die meisten deutschen
Schüler in vielerlei Hinsicht als sehr
interessant. So lernten viele von ihnen
die wunderschöne Region der Normandie in der Umgebung von St.-Lô näher
kennen, erweiterten ihren französischen
Wortschatz schnell um die ersten neuen
Vokabeln und kamen natürlich auch
mit den viel gepriesenen französischen
Köstlichkeiten in Berührung.
Beim ersten Erfahrungsaustausch am
Montagmorgen im College schwärmten
viele von den tollen Vier-Gänge-Menüs,
den leckeren Desserts und der langen
Dauer der Mahlzeit. Nach diesem kurzen
Erfahrungsaustausch in der Schule stand
eine Besichtigung einer Cidrefarm mit
Namen St. Jean des Champs auf dem
Plan. Nachdem die deutschen Schüler
mit Hilfe eines französischsprachigen Films über die Art und Weise der
Produktion von Cidre und Calvados in
Kenntnis gesetzt worden waren, zeigte ihnen der Besitzer des Bauernhofs
genau die Produktionsstätte und klärte
aufgetretene Fragen. Im Anschluss an
die Führung gab es für die Besucher die
Gelegenheit, das typisch französische
Getränk nach einer kleinen Probe zu
kaufen. Viele nutzten die Gelegenheit,
für die Lieben daheim ein Mitbringsel
zu erstehen. Nach einer kurzen Busfahrt
hatten die Gäste die Gelegenheit, die
Stadt Granville zu besichtigen, die besonders durch ihre reizvolle Lage direkt
am Meer besticht und die Schüler sehr
beeindruckt hat. Nach einem kleinen
Spaziergang entlang der Küste machte es
In den Gassen und auf dem Markplatz von Granville
Partner und Freunde
Zwischen Mont St.-Michel und
Kölner Dom
89
90
Der Mont St. Michel
Auf dem Mont St. Michel
des Vormittags waren oftmals auch noch
das Gesprächsthema am Nachmittag, als
sich deutsche und französische Schüler
privat zum Eisessen trafen oder zusammen shoppen gingen.
Der unumstrittene Höhepunkt aller
Besichtigungen im Rahmen des St.Lô-Besuchs war zweifellos die am nächsten Tag auf dem Plan stehende Besichtigung des Mont St.-Michel. Auch wenn
das gute Wetter die deutsche Gruppe
im Stich ließ (es regnete wieder unaufhörlich und stark), war der Besuch des
Weltkulturerbes eine Erfahrung, die man
nicht so schnell vergessen wird.
Viel zu schnell verging die Zeit,
stand doch schon einen Tag später die
Abreise der deutschen Gastschüler an.
Am Parkplatz in St.-Lô wurden noch
einmal die letzten „bises“ ausgetauscht,
gekoppelt mit dem Versprechen, bald die
nächste Mail zu schreiben, bevor man
dann im Bus die Heimreise antrat.
Das Wiedersehen zwischen den
deutschen und französischen Schülern ließ aber nicht allzu lange auf sich
warten. Bereits im Mai 2010 kamen
die französischen Austauschpartner in
Begleitung der Deutschlehrerin Madame
Beluau und ihrer Freundin zum Gegenbesuch. Wurden die Deutschen bei ihrer
Ankunft – wie bereits erwähnt – von
Starkregen begrüßt, meinte es der liebe
Gott mit den Franzosen bei ihrer Ankunft in Lüdinghausen besser, denn die
Sonne strahlte mit den Gesichtern um
die Wette.
Partner und Freunde
Partner und Freunde
Fortsetzung von Seite 89
den Jugendlichen Spaß, durch die zahlreichen typisch französischen Boutiquen
des Ortes zu schlendern.
In Arromanches besichtigten die
Schüler am darauffolgenden Tag das
sogenannte Musée du Débarquement,
das an einem der Landungsstrände der
Alliierten von 1944 liegt und eindrucksvoll und für die Schüler nachvollzieh­bar die damaligen Ereignisse durch
Modelle, Filmsequenzen und authentisches Anschauungsmaterial nachzeichnet
und für die Besucher damit ein Stück
deutsch-französische Geschichte greif
barer macht. Der anschließende Besuch
des 360°- Kinos, welches den Film
„Le prix de la liberté“ zeigte, und der Besuch eines Soldatenfriedhofs in Bayeux
komplettierten diesen stark durch historische Ereignisse geprägten Tag.
Am Mittwoch bot sich dann die
Gelegenheit, den französischen Unterrichtsalltag hautnah mitzuerleben. Obwohl die deutschen Gastschüler sich in
unterschiedlichen Klassen bzw. Kursen
aufhielten, ist allen ein großer Unterschied zu ihrem Unterrichtsalltag am
Cani aufgefallen: „Die Lehrer sind total
streng in Frankreich!“; „Die schreien die
Schüler teilweise wegen Kleinigkeiten
an und verteilen sofort Strafarbeiten.“;
„Die Schüler nehmen nicht aktiv am
Unterricht teil, sondern schreiben oft nur
mit, was der Lehrer vorne sagt.“ Schließlich kamen die Cani-Schüler einhellig zu
dem Ergebnis: „Bei uns ist es doch viel
schöner, auch wenn man manchmal von
der Schule genervt ist.“ Die Erlebnisse
91
Fortsetzung von Seite 89
Das Wochenende in den Familien
wurde für Ausflüge in die Region bzw.
ausgiebige Shopping-Touren ins „Centro“
in Oberhausen genutzt. Schnell stellte
sich dabei die Vertrautheit zwischen den
deutschen und französischen Jugendlichen wieder ein. Am Montag hatten
sich alle Beteiligten mit dem ehemaligen
Cani-Lehrer Manfred Neuhaus verabredet, der die Gäste fachkundig durch die
Innenstadt von Lüdinghausen führte und
ihnen in französischer Sprache die Besonderheiten der Stadt erläuterte. Dank
interessanter Anekdoten, die Manfred
Neuhaus den Gästen zu präsentieren
wusste, lauschten ihm diese mit erkennbarer Aufmerksamkeit.
Am Dienstag wartete ein Besuch des
Unterrichts mit den deutschen „Corres“
(den deutschen Austauschschülern) auf
die Franzosen. Die Reaktion der Gäste
auf das im Cani-Unterricht Erlebte
ist nicht schwer zu erahnen. Waren die
Deutschen von der recht autoritär wirkenden, frontal geprägten Unterrichtskultur der Franzosen verschreckt, zeigten
sich Letztere von der recht entspannten
Atmosphäre in den deutschen Klassenzimmern beeindruckt und nicht selten
begeistert. Der Nachmittag stand zur
freien Verfügung und wurde vielfach für
Einkaufsbummel durch die Lüdinghauser Innenstadt oder Treffen mit Freunden
im Eiscafé genutzt.
Ein erster Höhepunkt war sicherlich der
Besuch der nahegelegenen Stadt Münster. Die Cani-Lehrerin Roswitha Schäfer
zeigte den Gästen die Besonderheiten
der westfälischen Metropole (Aasee,
92
Prinzipalmarkt, Lambertikirche, Dom
etc.). Die Tatsache, dass ein Großteil der
Münsteraner Bevölkerung sich mit dem
Fahrrad durch die Stadt bewegt, erstaunte die Franzosen sehr, zumal dieses
Verkehrsmittel in ihrem Land eine eher
untergeordnete Rolle spielt. Nach der
Besichtigung des geschichtsträchtigen
Friedenssaals blieb den Schülern viel Zeit
zur freien Verfügung. Am Abend kehrten
Franzosen wie Deutsche erschöpft, aber
zufrieden nach Lüdinghausen zurück.
Am frühen Abend des nächsten Tages fand dann endlich auf dem Sportplatz
bzw. im Clubheim in Ottmarsbocholt die
langersehnte Grill-Party statt. Bei strahlendem Sonnenschein und bester Laune
wurde gemeinsam Fußball gespielt,
getanzt, gesungen, gegrillt und gelacht.
Zu spät sollte die Feier jedoch nicht
enden, stand doch am nächsten und
letzten Tag vor der Abreise ein weiterer
Höhepunkt des Deutschland-Besuchs an:
eine Besichtigung der Rheinmetropole
Köln. In Begleitung der Cani-Lehrerin
Ulrike Ungru besichtigten Deutsche wie
Franzosen die eindrucksvolle Stadt. Nach
einer kleinen Stadtführung durch Frau
Ungru bestieg und bestaunte man das
Wahrzeichen der Stadt, den Kölner Dom.
Am nächsten Tag ließ sich nun der
von vielen Jugendlichen befürchtete Abschied nicht vermeiden. Vor der Abfahrt
des Busses verabredeten die einen oder
anderen noch ein nächstes Wiedersehen
in den kommenden Sommerferien.
Claudia Alfers
Partner und Freunde
Erinnerungsfoto mit Gästen und Gastgebern im Eingangsbereich des Canisianum
93
Erfreuliche Premiere
Sprachliche
Herausforderung
für Austauschschüler
Schüleraustausch
erstmals über zehn
Wochen
Die Steverstadt wurde selbstverständlich
auch erkundet, aber auf dem Besuchsprogramm der 23 jungen Franzosen
aus der Partnerstadt Taverny nahe Paris
standen während der betreffenden Tage
im November letzten Jahres noch Köln,
Münster und Bremen.
Zunächst wurden die Gäste des
Lycee Jacques Prévert mit ihren Lehrerinnen Carine Hautefeuille und Anne
Delacroix-Enders am Cani von Schulleiter Hartmut Stutznäcker willkommen geheißen. Begleitet wurden sie auf
deutscher Seite von den beiden Französisch-Lehrerinnen Melanie Pohlmann
und Julia Selke-Mundry. Untergebracht
waren die 17-jährigen Franzosen in Lüdinghauser Gastfamilien. Erste Kontakte
knüpften die Jugendlichen aus beiden
Ländern bereits beim vorangegangenen
Gegenbesuch, als 22 Canisianer für eine
Woche Taverny besuchten.
Der Besuch sei natürlich auch eine
sprachliche Herausforderung für die
Cani-Schüler, die erst seit zwei Jahren
Französisch lernen, betonte Melanie
Selke-Mundry. Der Kontakt solle daher
intensiviert werden. WN
Mitte Juni letzten Jahres wehte die
Trikolore neben Schwarz-Rot-Gold vor
der Burg Lüdinghausen. Das waren aber
nicht die Zeichen eines vorweggenommenen Finales bei der Fußball-Weltmeisterschaft. Es handelte sich vielmehr nur
um den Hinweis darauf, dass die Stadt
Gäste aus Frankreich empfing, in diesem
Falle sogar aus der Partnerstadt Taverny. Sechs Schülerinnen und ein Schüler
des Lycée Jaques Prévert befanden sich
zu dieser Zeit in der Steverstadt. Dass
Jugendliche im Rahmen eines Schüleraustauschs in Lüdinghausen sind, ist fast
Normalität. In diesem Fall stellte der
Besuch jedoch eine Besonderheit dar.
Die Gäste des Canisianum waren für
zehn Wochen in Lüdinghauser Familien
untergebracht. Einen ähnlich langen
Austausch gab es bisher nicht. Umgekehrt reisten die Cani-Schüler nach den
Sommerferien für zweieinhalb Monate
nach Taverny.
Dass ein so langer Aufenthalt positive Auswirkungen auf die Fremdsprachenkenntnisse hat, versteht sich von
selbst. Das ist letztlich auch der Grund
dafür, dass das Deutsch-Französische
Partner und Freunde
Partner und Freunde
94
oben: 23 junge Franzosen mit ihren Gastgebern zu Beginn ihres Gegenbesuchs in der Steverstadt.
unten: Die Stadt Lüdinghausen begrüßte die Jugendlichen aus Taverny
sowie deren Gastgeber in der Burg Lüdinghausen zu ihrem zehnwöchigen
Aufenthalt.
Gegenbesuch aus Taverny
95
96
Jugendwerk den Austausch durch
die Übernahme der Fahrtkosten
unterstützt. Melanie Pohlmann,
Organisatorin auf Seiten des Canisianum, unterstrich, dass es Ziel dieses
Austauschs sei, persönliche Kontakte
zwischen den Jugendlichen und deren
Familien zu vertiefen. Umfangreiche
Begleitprogramme oder Ausflüge
waren nicht vorgesehen. Allerdings
fand ein Empfang durch die Stadt
Lüdinghausen statt, während die
Deutsch-Französische Gesellschaft
zum Grillabend einlud.
Als einen „Baustein zur europäischen Integration“ bezeichnete der
stellvertretende Bürgermeister Jo
Weiand den Schüleraustausch. Er
dankte dem Canisianum für die vorbildliche Partnerschaftsarbeit. Ulrich
Schweers betonte für die Cani-Schulleitung, dass der internationale Schüleraustausch mittlerweile ein erprobter und erfolgreicher Bestandteil des
Schulprogramms sei. Mit Taverny und
St. Lô in Frankreich sowie mit Schulen
in England, Luxemburg, Polen und
Schweden pflege die Schule inzwischen den Austausch. Die Freude über
die Schul-Partnerschaft zwischen dem
Cani und dem Lycée Jaques Prévert
war auch Maria Edelbusch, der Vorsitzenden der Deutsch-Französischen
Gesellschaft, anzusehen, schließlich
handelte es sich jetzt um eine Premiere in dieser Form. WN
Auch ein Kurzbesuch in Krakau gehörte zum Besuch der Caniaianer in der Partnerschule.
Canisianer in Neisse
Carolinum, Grazer
Spitzen, Krakau
und eine tolle
Gastfreundschaft
Vom 30. September bis zum 9. Oktober 2010 nahmen 13 Schülerinnen und
Schüler aus den Jahrgangsstufen 10
und 11 des Gymnasiums Canisianum
mit ihren Lehrern Sonja Eggersmann
und Dr. Georg Schütz an dem jüngsten
Austausch mit ihrer Partnerschule in
Südwest-Polen teil.
Am 30. September um 23 Uhr
starteten wir unsere aufregende Reise
am Busbahnhof in Lüdinghausen. Nach
einer 13-stündigen Busfahrt kamen wir
endlich um 12 Uhr des nächsten Tages in
Nysa (Neisse) an. Nach der Aufteilung in
die Familien hatten wir zunächst einmal
Zeit, diese näher kennenzulernen und
uns in unserem neuen Zuhause für die
nächste Woche einzuquartieren. Natürlich war es ungewohnt dort, aber wir
haben uns alle sofort wohl gefühlt. Die
polnischen Familien waren ausgesprochen gastfreundlich und manchmal kam
Partner und Freunde
Partner und Freunde
Fortsetzung von Seite 95
97
98
man sich nach den Mahlzeiten etwas
gemästet vor, aber es war immer sehr lieb
gemeint. Dann betraten wir für unseren
ersten offiziellen Programmpunkt die
Räumlichkeiten des Carolinum und damit unsere Austauschschule. Im Schießkeller des Gymnasiums, der für das am
Carolinum stattfinden Unterrichtsfach
„Wehrkunde“ und für AG.s genutzt wird,
veranstalteten wir einen kleinen Schießwettbewerb mit Luftgewehren. Danach
widmeten wir uns wieder unseren GastFamilien.
Am nächsten Tag brachen wir zu
einer Wanderung ins nahe Glatzer Gebirge auf, bestiegen den Gipfel „Szczeliniec“
und besuchten das „Felsenlabyrinth“, wo
wir durch schmale Felsspalten kletterten
und in wunderschöner Landschaft unter-
wegs waren. Bei einem anschließenden
gemeinsamen Mittagessen lernten wir
dann ein typisch polnisches Gericht kennen, die Piroggen. Ähnlich wie Tortellini
sind dies gefüllte Teigtaschen, die den
meisten von uns sehr gut schmeckten.
Am Sonntag stand dann ein individuelles Programm der Familien im
Mittelpunkt. Dabei wurden verschiedene
Freizeitaktivitäten angeboten, so dass
einige Canisianer mit ihren Familien in
die Kirche gingen, andere beim Angeln
erfolgreich waren oder Tennis spielten.
Auch trafen sich einige am Stausee von
Nysa, bevor die meisten dann abends
zum Bowlen zusammenkamen.
Am Montag besuchten wir für zwei
Stunden den Unterricht am Carolinum. Wir bekamen ein paar Fächer zur
Auswahl und wurden freundlich in den
Unterricht aufgenommen. Im EnglischUnterricht, den die polnischen Schüler
bereits seit neun Jahren haben, stellten
wir fest, dass sie mit dem Lernstoff trotzdem noch nicht so weit waren, wie wir
es jetzt sind. Die Größe der Kurse in polnischen Schulen unterscheidet sich zum
Teil stark von der unserer Lerngruppen,
denn höchstens 25 Leute sind in einem
Kurs möglich, danach wird geteilt.
Nach dem Schulbesuch sollten wir
eigentlich von der Bürgermeisterin der
Stadt empfangen werden, da diese aber
leider Terminprobleme hatte, begrüßte
uns ein Vertreter des Amtes. Danach
wurde uns eine Stadtrallye in deutschpolnischen Gruppen vorgestellt, welche
die Kommunikation untereinander
Partner und Freunde
Partner und Freunde
Fortsetzung von Seite 97
Links: An der Rampe Auschwitz-Birkenau.
Mitte: Der Affenkopf als Teil der Glatzer
Spitzen, dem höchsten Punkt des Glatzer
Gebirges bei Neisse.
Rechts: Auf Goethes Spuren: Die Reisegruppe auf den Glatzer Spitzen
99
Fortsetzung von Seite 99
Partner und Freunde
Die barocke Aula des
Carolinum.
100
stärken und uns deutschen Schülern
helfen sollte, uns in der Stadt besser
zurechtzufinden. Bei dieser Gelegenheit
sahen wir zahlreiche Sehenswürdigkeiten
und lernten auch Teile der Geschichte
von Nysa kennen. Am Abend dieses
Tages trafen wir uns zum gemeinsam
Sport in der Sporthalle der Schule und
veranstalteten kleine Volleyball- und
Basketballturniere. Dabei spielten wir in
gemischten Mannschaften, aber natürlich
auch einmal Deutschland gegen Polen.
Am Dienstag starteten wir zu einem
Ausflug nach Auschwitz in der Nähe von
Krakau. Dort haben wir eine mehrstündige Führung durch die KZ-Gedenkstätten von Auschwitz und AuschwitzBirkenau gemacht. Viele Dinge aus dem
Geschichtsbuch konnten wir wiedererkennen, so auch das Schild mit dem zynischen Spruch „Arbeit macht frei“ über
dem Haupteingang zum Stammlager,
doch der Eindruck vor Ort war ein ganz
Beim „Länderspiel“
in der Turnhalle des
Carolinum.
anderer als im heimatlichen Unterricht,
denn jetzt man war selbst mittendrin
und konnte viele Dinge besser nachvollziehen.
Abends sind wir dann aber nicht zurück nach Nysa gefahren, sondern haben
in sehr komfortablen und ausgezeichnet
eingerichteten Zimmer im Dialogzentrum in Auschwitz übernachtet. Am
nächsten Morgen fuhren wir dann weiter
nach Krakau und besichtigten dort die
Stadt mit einer Stadtführerin, die uns die
wichtigsten Sehenswürdigkeiten zeigte.
Die restliche Zeit bis zur vierstündigen
Rückfahrt nach Nysa nutzten wir zum
Shoppen und um die lebendige Stadt auf
eigene Faust zu erkunden.
Am Donnerstag lernten wir
dann Breslau kennen. Dort haben wir
uns zunächst ein großes Kunstwerk
des 19. Jahrhunderts, das „Panorama
Racławicka“, angesehen. Dieses Panoramabild zeigt den Sieg der polnischen
Armee über die russische.
Tadeusz Kościuszko und gehört zu
den bekanntesten Sehenswürdigkeiten
Breslaus. Bei der anschließenden Stadtführung haben wir dann noch viel
über die deutsch-polnische Geschichte
der Stadt Breslau erfahren, besonders
anschaulich waren auch die großen Kirchen und die Dominsel.
Am Freitag, dem letzten Tag, hatten
wir kein offizielles Programm mehr,
sondern gestalteten den Tag mit unseren
Gastfamilien. Wir gingen mit den Familien Proviant für die Rückfahrt einkaufen, aßen noch zu Abend und fuhren
dann um 19.30 Uhr zurück nach Lüdinghausen.
Acht schöne Tage, in denen wir
neue Freundschaften geknüpft, viel erlebt
und interessante Eindrücke und Erfahrungen gesammelt hatten, lagen nun
hinter uns und werden uns sicher sehr
lange in guter Erinnerung bleiben.
Bettina Kimmlinghoff, Julius Meinhardt, Jgst. 11
Partner und Freunde
Die Jesuitenkirche
Mariä Himmelfahrt in
Neisse.
101
Jana Reckmann für sechs Monate in Polen
Partner und Freunde
Gast am Neisser Carolinum
102
Wie ein einziges Wirrwarr aus Zischlauten und gerolltem „r“ kam mir die polnische Sprache beim ersten Kontakt mit
ihr vor. Ich wusste weder, was „Pierogi“
sind, noch, was ich mir unter „Barszcz“
vorstellen sollte. Ich hatte keine Ahnung
davon, wo Neisse liegt und ahnte erst
recht nicht, dass ich mich einmal für
unser Nachbarland im Osten begeistern
würde.
Das war vor anderthalb Jahren,
kurz bevor ich den letzten freien Platz
für den Schüleraustausch mit unserer
Partnerschule in Neisse, das im Südwesten Polens liegt, ergatterte. Vor der Fahrt
hatte ich, wie fast alle, meine Bedenken:
Wo werde ich wohnen? Wie wird es dort
aussehen, in einem – mit Deutschland
verglichen – relativ armen Land? Viel
mehr als die Klischees der „Polenwitze“
war mir über dieses Land nicht bekannt
und genau das machte den Austausch
spannend für mich.
Die Woche in Neisse war eine Woche
voller schöner Eindrücke und Erfahrungen und als ich wieder zu Hause war,
musste ich nur wenige Tage überlegen,
um zu wissen, wo ich meinen Auslandsaufenthalt in der Jahrgangsstufe 11
verbringen wollte. Ich setzte mich mit
einigen Leuten, die ich beim Austausch
kennengelernt hatte, wieder in Verbin-
Offenheit der Menschen, ihre Hilfsbereitschaft, ihre Herzlichkeit – alles
Dinge, die mich nach dem Erlebnis des
Schüleraustausches schon dazu bewogen
hatten, mich für ein halbes Schuljahr in
Neisse zu entscheiden. Vor allem aber
war es das Gefühl, ein wenig „zu Hause”
zu sein, auch wenn ich noch nie vorher
in Polen gewesen war. Ein Gefühl, das
einfach da ist, das man mit Worten nur
schwer erklären kann.
In meiner Zeit in Polen habe ich wie
alle anderen Schüler, die aus meinem
Jahrgang für ein halbes oder ein ganzes Jahr ins Ausland gehen, wertvolle
Erfahrungen gesammelt. Ich musste viele
Dinge alleine machen, für die mir zu
Hause jemand zur Seite gestanden hätte:
Entscheidungen alleine treffen, trotz der
Sprachbarriere auf andere Menschen
zugehen, mich an eine neue Umgebung
anpassen. Was aber gerade Polen ausmacht, habe ich ebenfalls erfahren: Die
Mentalität der Menschen, die mich die
meiste Zeit über begeistert hat, die mich
allerdings auch manchmal fast in den
Wahnsinn treiben konnte, sodass ich das
eine oder andere Mal doch die deutsche
Ordnung und Pünktlichkeit herbeigesehnt habe. In Polen kam mir die Grundeinstellung der Menschen im Vergleich
zu Deutschland anders vor. Es wird den
ganzen Tag über geschimpft, und trotzdem, wenn man genau nachfragt, sind
die meisten doch recht zufrieden: Es ist
eben so, wie es ist!
Wenn ich dann meinen Eltern in
Deutschland einmal zwischendurch be-
Partner und Freunde
In einer Pizzeria in Neisse: (v. l.): Jola Zygon (Austauschorganisatorin 1996), KarlHeinz Kocar sowie die beiden aktuellen polnischen Austauschbetreuer Mieczyslaw (Mietek) Jaroszczyk und Krzysztof (Krzysiek) Rithaler.
dung und organisierte eine Unterkunft
für ein halbes Jahr bei einer Familie in
Biala Nyska, einem Dorf sechs Kilometer
von Neisse entfernt. Da das Liceum Carolinum seit mehr als 20 Jahren Partnerschule des Canisianum ist, gab es auch
keine Probleme, dort als Gastschülerin
einen Platz zu bekommen.
Also fing ich an, Polnisch zu lernen,
zuerst eigenständig, später im privaten
Nachmittagsunterricht einmal in der
Woche.
Anfang September schließlich begann dann mit dem neuen Schuljahr der
Unterricht in Neisse. Gleich zu Beginn
musste ich erfahren, was es heißt, in
einem anderen Land als Ausländerin zu
leben: Am ersten Tag nach den Sommerferien ist es nämlich für die Schüler
Tradition, schwarz und weiß gekleidet
zur Schule zu kommen. Da mich niemand darüber informiert hatte (weil man
davon ausgegangen war, in Deutschland
sei es genauso), war ich an diesem Tag
die einzige Person, die normal gekleidet
zur Schule kam und damit sofort als Ausländerin erkennbar.
Die ersten Wochen waren schwerer,
als ich es vermutet hatte. Ich verstand
im Unterricht kaum etwas, musste
immer wieder nachfragen und fühlte
mich häufig ein wenig verloren in einer
völlig neuen Umgebung. Dazu kam die
ständige Müdigkeit, bedingt durch viele
neue Eindrücke und die Umstellung.
Was es mir jedoch einfacher machte und
mir half, fast ohne Heimweh die ganze
Zeit über in Polen zu wohnen, waren die
103
104
richtete, was ich in der Woche gerade
erlebt hatte, hörte ich oft: „Das ist ja
wie in meiner Jugend!“ Und genau das
ist mir auch häufig passiert: Ich habe
mich irgendwie wie in eine andere
Zeit zurückversetzt gefühlt. Vieles ist
ein wenig altmodischer, disziplinierter, strenger.
Und doch hat genau das für mich
den Charme Polens ausgemacht:
Die Mischung zwischen Gegenwart
und Vergangenheit, alt und modern,
diszipliniert und eigentlich völlig ordnungslos. Die meisten Dinge werden
lockerer gesehen als in Deutschland,
doch bei manchen Themen, wie zum
Beispiel der Religion, gibt es kaum
Diskussionsmöglichkeiten, da in
dieser Hinsicht einfach eine sehr konservative Einstellung herrscht. Polen
habe ich als ein Land erlebt, das den
westeuropäischen Lebensstil zwar in
starkem Maße aufnimmt und sich
weiterentwickelt, das aber auch noch
ziemlich tief in alten Traditionen und
Verhaltensmustern steckt.
Ich habe zu keiner Zeit bereut,
mich bei der Suche nach einem Auslandsaufenthalt für Polen entschieden
zu haben, auch wenn es eine außergewöhnliche Wahl war. Ich habe dort so
etwas wie eine zweite Heimat gefunden, und außerdem habe ich die Herausforderung, dabei eine der schwierigsten Sprachen Europas zu lernen,
angenommen und nicht schlecht
gemeistert. Jana Reckmann, Jgst. 11
Austauschschülerinnen aus
Australien, Neuseeland und
Kanada waren im letzten Winter
am Cani zu Gast. Sie wurden
begrüßt vom stellvertretenden
Schulleiter Ulrich Schweers (l.)
und Dr. Uwe Carstens, dem Koordinator der Auslandskontakte.
Austauschschülerinnen zu Gast
Erster Schnee und
neue Pläne
„Ich möchte hier leben“, sagte die 17jährige Sara Foerg, was schon eine bemerkenswerte Aussage für eine Jugendliche ist, die selber in einem Land lebt, das
die Sehnsüchte vieler Deutscher weckt.
Sie stammt aus Neuseeland und war für
drei Monate als Austauschschülerin am
Canisianum. In dieser Zeit lebte sie in
der Familie von Laura Fellermann aus
der Jahrgangsstufe 10, die ihr bald einen
Gegenbesuch abstatten wird. Saras Liebe
zu Deutschland kommt nicht von ungefähr: „Ich bin in München geboren.“
Zeitgleich mit ihr waren Ana Melissa
Ramos Becerra aus Kanada und Melinda
Williams aus Australien am Cani. Die
16-jährige Melinda stammt aus einer
kleinen Stadt nahe Brisbane und hat im
Dezember 2010 in Lüdinghausen ihren
ersten Schnee erlebt. „Das gefällt mir“,
sagte sie und lächelte dabei ihre Gastgeberin Sophia Altenbockum an.
Der 15-jährigen Kanadierin Ana ist
dagegen aufgefallen, dass die Menschen
in Deutschland zurückhaltender sind als
die in ihrer Heimat. Sie stammt aus dem
französisch-sprachigen Québec im Südosten Kanadas. Ihre Gastgeberin Rebecca
Küter startete im Februar dieses Jahres
zum Gegenbesuch und war im Vorfeld
schon sehr gespannt auf den Winter dort.
Sophia Altenbockum hingegen hat ihren
Auslandsaufenthalt in Australien bereits
hinter sich.
„Die drei Gastschülerinnen nehmen
am normalen Unterricht teil“, erklärte
der stellvertretende Schulleiter Ulrich
Schweers. Allerdings sei auf sie ein
Fächer-Kanon individuell zugeschnitten
worden. Das Canisianum beteiligt sich
schon seit 20 Jahren am Austauschprogramm der Bezirksregierung, erläuterte
Dr. Uwe Carstens, Koordinator der
Auslandskontakte an der Schule. Insgesamt pflege das Cani Austausch-Kontakte
in etwa 40 Staaten weltweit, denn – und
da sind sich Ulrich Schweers und Uwe
Carstens völlig einig – der Austausch sei
eine wichtige Erfahrung für die Jugendlichen und „unverzichtbarer Bestandteil
der Persönlichkeitsentwicklung“. WN
Partner und Freunde
Partner und Freunde
Fortsetzung von Seite 99
105
Canisianer besuchten
Austauschschule in Norrköping
106
Das schwedische Norrköping in Öster­
götland südlich von Stockholm war
Mitte Dezember letzten Jahres das Ziel
von zehn Teilnehmern der SchwedischAG am Canisianum. Die Schülergruppe
unter der Leitung ihres Schwedischlehrers Dr. Uwe Carstens wurde von den
Deutschlehrerinnen Paula Jansson und
Anna Nilsson und ihren Schülern vom
Haga-Gymnasium am Flughafen Skavsta
im eiskalten Schweden überaus warm
und herzlich empfangen.
Ein buntes Programm erwartete
die deutschen Gäste bei diesem bereits
zum fünften Mal durchgeführten Austauschprogramm der beiden Schulen:
Neben dem Eintauchen in das schwedische Familienleben mit weihnachtlichen
Vorbereitungen und Wintersport stand
die Begegnung mit dem schwedischen
Schulleben im Vordergrund, wobei der
partnerschaftliche Umgang zwischen
Schülern und Lehrern, das vielfältige
Kursangebot und die gute Ausstattung
der Schule die deutschen Gäste beeindruckten.
Interessante Tage verbrachten die Gäste
aus Lüdinghausen mit den Gastgebern
aus Norrköpping in Schweden.
Unten rechts: Zu den Höhepunkten des
Besuchs zählte auch die Luciafeier an der
Schule einschließlich Weihnachtsessen.
Höhepunkte waren neben der gemeinsamen Weihnachtsfeier, zu der auch
Mitarbeiter der Tageszeitung „Norrköpings Tidning“ zum Interview kamen,
die Fahrt nach Stockholm und die
Luciafeier in der Pausenhalle der Schule.
Bei diesem Auftritt zog die Lichterkönigin, selbst eine Austauschschülerin, mit
ihrem Kerzenkranz und einem weißgewandeten Gefolge ein und war damit der
Auftakt für ein musikalisches Adventsprogramm, das die 550 Schüler und
Lehrer auf Weihnachten einstimmte.
Nach einer Woche kehrte die
Gruppe wieder ins ebenfalls verschneite
Münsterland zurück. Bis zum Gegenbesuch der Schweden im bevorstehenden
Mai bleibt noch Zeit, viel Schwedisch
dazuzulernen, so dass die Verständigung
dann noch besser möglich sein wird:
Freundschaften und Kontakte sind ja
schon geknüpft und können dann vertieft werden. WN
Partner und Freunde
Partner und Freunde
Herzlicher
Empfang
im eiskalten
Schweden
107
6er-Schüler im Bibeldorf Rietberg
Nächster Besuch soll privat geplant werden
Partner und Freunde
Cani-Schüler genossen die britische Insel
108
Eine Woche in der englischen Stadt Birmingham verbrachten Ende September
letzten Jahres zwölf Schülerinnen und
Schüler sowie die beiden Englischlehrerinnen Antje Appel und Olga Tränkle in
einem Austauschprojekt.
Dort hatten sich Schüler und Lehrer
des Barr Beacon Language Colleges, die
das Cani zuvor im Juni 2010 besucht hatten, dazu bereit erklärt, die Lüdinghauser
in ihre Familien aufzunehmen, so dass
Essgewohnheiten oder andere kulturelle
Unterschiede aus nächster Nähe erlebt
werden konnten.
Gleichzeitig bot sich auch die
Möglichkeit, die eigenen Englischkenntnisse zu verbessern. Über diese Chance
freuten sich besonders die begleitenden
Lehrerinnen, da die Zahl der Deutsch
lernenden Engländer nicht so groß ist
und Austauschaktivitäten daher nicht
immer leicht zu organisieren sind.
Zweimal besuchten die Canisianer
während ihres Aufenthaltes die dortige
Schule, in der sie hautnah Besonderheiten wie die Schuluniform oder die
„Lunchtime“ kennenlernten. Außerdem
machten sie Tagesausflüge nach Bristol,
einer Hafenstadt im Südwesten Englands, nach Weston-Super-Mare, das an
der Küste liegt, und in die Innenstadt
Birminghams, in der sich ein riesiges
Einkaufszentrum, die „Bullring Mall“,
befindet.
Die restliche Zeit verbrachten die
Gäste mit ihren englischen Austausch-
partnern. So gingen sie zum Beispiel
zusammen Schlittschuhlaufen, trafen
sich zum Barbecue oder besuchten
diverse Parks.
Alles in allem war dieser Austausch für alle eine sehr wertvolle
Erfahrung, da man unterschiedliche
Lebensstandards hautnah miterleben
konnte. Die Canisianer hoffen sehr,
dass der nach England geknüpfte
Kontakt bestehen bleibt, denn dort
wurden viele neue Freunde gefunden.
Ein privater, also nicht mehr über die
Schule organisierter Besuch im Winter 2010/11 oder im jetzigen Frühjahr
war daher schnell in Planung. WN
Im Nomadenzelt
Wir – die Schülerinnen und Schüler
der Jahrgangsstufe 6 – waren am 27.
April 2010 in Begleitung von Herrn
Brüggenolte, Herrn Thoden und Frau
Imholz im Bibeldorf in Rietberg. Dafür
trafen wir uns um 8 Uhr am Busbahnhof Lüdinghausen.
Als die Busse mit ein bisschen Verspätung eintrafen, wurden wir von den Busfahrern freundlich begrüßt. Mit Proviant
in den Taschen starteten wir schließlich
gutgelaunt unsere Fahrt nach Rietberg
südlich von Gütersloh, wobei wir die
unterschiedlichsten Erwartungen hatten.
Nach ca. einer Stunde Fahrt trafen
wir endlich in Rietberg ein. Die ersten
Eindrücke waren sehr künstlerisch, denn
dort, wo wir hinkamen, begegneten
uns Skulpturen, hergestellt aus AlltagsGegenständen. Schon auf den ersten
Blick konnte man erkennen, wie das
Bibeldorf zu seinem Namen kam, denn
das Museum ist tatsächlich wie ein Dorf
aufgebaut. Im Bibeldorf selber freuten
wir uns über den herzlichen Empfang.
Dann wurden wir in verschiedene Gruppen aufgeteilt und erledigten Aufgaben,
welche die Bürger vor 2000 Jahren
ausführen mussten, um zu überleben –
wie zum Beispiel Holz schnitzen, Seile
flechten und Mehl bzw. Brot backen. Das
selbst gebackene Brot aßen wir zu Mittag
Partner und Freunde
Eine spannende Woche in
Birmingham erlebte eine
Schülergruppe des Cani mit den
Gastgebern des Barr Beacon
Language College.
109
110
in einer Holzhütte wie vor 2000 Jahren
und tranken Wasser dazu. Nachdem
wir gegessen hatten, besuchten wir mit
vollem Magen ein Zelt der Nomaden.
Es bestand aus Schaffell und Holz. Die
Nomaden als Völker, die mit ihren
Herden von einem Ort zum anderen
zogen, bauten ihre Zelte so, dass kein
Wasser durchkommen konnte und dafür ist ein Schaffell perfekt geeignet. In
einem kleinen Zimmer war Platz für
die Familie, das andere große Zimmer
war für Gäste reserviert, da Nomaden
sehr gastfreundlich waren.
Anschließend versammelten wir
uns in einem großen Ausstellungsraum. Dort stand ein riesiges Modell
von Israel. Ein netter Herr erläuterte
uns die erstaunliche Geographie
Israels. Zuletzt zog es uns noch einmal
zu den faszinierenden Skulpturen vom
Anfang zurück. Während wir nun
unsere mitgebrachten Snacks aßen,
entstand das eine oder andere interessante Foto.
Dann mussten wir uns leider
wieder verabschieden, denn der Bus
wartete schon. Um 20 Uhr waren wir
dann wieder am Busbahnhof Lüdinghausen, wo uns unsere Eltern abholten. Zufrieden und gutgelaunt fuhren
wir nach Hause. Insgesamt fanden alle
den Ausflug sehr schön. Die Autoren
dieses Textes würden das Bibeldorf
Riedberg auch jederzeit weiterempfehlen. Lukas Wiedey und Lukas Ortmann, Kl. 7c
Zwölf Jugendliche aus Walsall besuchten das Canisianum im
Frühsommer 2010. Begleitet werden sie von ihren beiden Lehrern
Claudia Caldarella (l.) und Joe Roberts (5.v.l.)
Neue Partnerschule in England
Junge Briten besuchen das Cani
„Endlich“, so formulierte es Schulleiter
Hartmut Stutznäcker im Juni letzten
Jahres fast erleichtert. Endlich habe
das Canisianum wieder eine Partnerschule in England gefunden. Jahrelang
sei das Insel-Königreich für schulische
Kontakte nahezu ausgebucht gewesen.
Mit den zwölf Mädchen und Jungen des Barr Beacon Language College in Walsall, einer Industriestadt
nahe Birmingham, seien erstmals
nach vielen Jahren Unterbrechung
wieder englische Schüler zu Gast am
Cani. Gemeinsam mit ihren Lehrern
Claudia Caldarella und Joe Roberts verbrachten die Jugendlichen eine Woche in
Lüdinghausen. Sie waren in Gastfamilien
untergebracht und besuchten den Unterricht der Neuntklässler.
Die beiden Cani-Englischlehrerinnen Antje Appel und Olga Tränkle organisierten die Betreuung der Gäste und
legten natürlich auch Wert darauf, dass
außerschulische Aktionen das Programm
bereicherten. So wurden zum Beispiel
Ausflüge nach Köln und Münster absol-
viert, ohne dass Lüdinghausen und sein
Umfeld dabei zu kurz kamen.
Der Kontakt mit den Engländern
soll intensiviert werden. Für den Herbst
wurde ein Gegenbesuch von Canisianern
am Barr Beacon College geplant. Die
englischen Schüler lernen dort seit zwei
Jahren Deutsch. Da die Schule einen
Sprachenschwerpunkt eingerichtet hat,
werden neben Deutsch auch Spanisch,
Italienisch und Französisch unterrichtet.
WN
Partner und Freunde
Partner und Freunde
Fortsetzung von Seite 109
111
Besuch aus Martinsville
Partner und Freunde
Lauren Schuster (l.) mit ihrer Leibspeise
– der Käselaugenstange – und ihrer
Gastgeberin Anna Storck
112
Es war im Jahr 1854, als Lauren Schusters Vorfahren Deutschland verließen
und nach einer langen Reise über den
Atlantik im Land der unbegrenzten
Möglichkeiten ankamen. 156 Jahre später
erinnert nur noch Laurens Nachname an
die deutschen Wurzeln.
Ansonsten ist sie eine waschechte
Amerikanerin. Für zehn Tage kam sie
dann im letzten Juni nach Europa, „um
zu sehen, wo die eigene Familie herkommt“. Die 18-Jährige lebt im 7000-Kilometer entfernten Martinsville, deren
High School seit nunmehr 20 Jahren
im engen Kontakt mit dem Canisianum
steht.
Neben dreiwöchigen gegenseitigen
Austauschen bieten die Partnerschulen
auch individuelle Aufenthalte unterschiedlicher Länge an. Einer der „VIP.s“,
wie der für Austausche zuständige
Lehrer Dr. Uwe Carstens die Einzelreisenden gerne nennt, ist Lauren. Da ihre
Deutschkenntnisse noch überschaubar
sind, bot sich die Unterkunft bei Anna
Storck an. Die Elftklässlerin war selbst
ein halbes Jahr in den USA und findet
„die Persönlichkeit der Amerikaner
sehr interessant.“ „Außerdem wollte ich
immer schon jemanden aufnehmen.
Zehn Tage sind dafür eine geeignete erste
Erfahrung“, meinte Anna.
Eineinhalb Wochen hatte Annas
Familie dann Zeit, Lauren das Land ihrer
Vorfahren näherzubringen. Natürlich
gehörten die lokalen Sehenswürdigkeiten
wie die beiden Burgen in Lüdinghausen und das Schloss Nordkirchen zum
Ausflugsprogramm. Auch das münsterische Hafenfest erkundeten die beiden
Schülerinnen.
Eine Sache durfte in Tagen kollektiven Fanjubels allerdings nicht fehlen: der
Fußball. Während in Amerika Fußball
nur eine Randsportart ist, erlebte Lauren
hier beim großen Fernsehabend die
deutsche Begeisterung für den Ballsport.
Mit Kappe, einer Hawaii-Kette und T-
Shirt in den Nationalfarben wurde die
Amerikanerin, die mit Fußball eigentlich
nichts am Hut hat, ein eingefleischter Fan. Sie sei aber nur während des
Austausches Deutschland-Fan gewesen,
betonte Lauren. Normalerweise schlage
ihr Herz doch eher für das Heimatland.
Zwischen Fußball-Begeisterung und
alten Gemäuern hatte es der Amerikanerin vor allem eins angetan: das deutsche
Brot. In den Vereinigten Staaten ist die
Brotauswahl in der Regel nur auf Weißbrot beschränkt. Beim Weltmeister der
Brotsorten ist dies schon ganz anders.
„Lauren stand immer an der Theke der
Cafeteria und bestellte eine Käselaugenstange“, verriet Anna. Als gestandener
Amerikanerin fehlte ihr dann allerdings
die Erdnussbutter. Was die 18-Jährige
aus dem Bundesstaat Indiana sonst noch
alles in Lüdinghausen erlebte, lässt sich
nur erahnen. Ihr deutsches Lieblingswort
lautete „Prost“. WN
Partner und Freunde
Jeden Morgen
Anstehen für die
Käselaugenstange
113
Die Kennenlernfahrt der Klasse 5b nach Hinsbeck
114
Am 15.11.2010 ging sie endlich los –
unsere Klassenfahrt nach Hinsbeck im
Kreis Viersen und fast in Sichtweite der
holländischen Grenze. Nach einer zweieinhalbstündigen Fahrt kamen wir und
die Parallelklasse 5c, die uns begleitete,
voller Aufregung vor dem Feriendorf an.
Unsere Begleiter Frau Dorprigter
und Herr Meischen zeigten uns unsere
kleinen Häuser, in denen wir zu acht
oder neunt die nächsten zwei Tage
wohnen sollten. Als nun die Betten
bezogen und alles eingerichtet war, teilte
Frau Dorprigter uns in zwei Gruppen
ein. Die erste Klassenhälfte besuchte
den Abenteuer-Team-Parcour, während
die zweite mit unseren Paten Pia, Jenny,
Johanna und Maria eine Feriendorf-Rallye startete. Die Schwierigkeit bei dem
Team-Parcours bestand darin, dass wir
verschiedene Aufgaben – wie z. B. eine
große Wippe in der Schwebe zu halten –
nur schaffen konnten, wenn nicht jeder
auf eigene Faust handelte, sondern alle
gemeinsam. Wie man sich denken kann,
dauerte es bei einigen Aufgaben ganz
schön lange, bis wir erfolgreich waren.
Wenig später gab es Abendessen und
anschließend ging es in die nahe Sporthalle, wo wir Fußball spielten oder auf
Matten gewagte Sprungübungen ausprobierten. Um 20.30 Uhr spielte die ganze
Klasse „Wetten, dass ...?“ Dieses Spiel
hatten unsere Paten so vorbereitet, dass
es allen Spaß machte. Um 22.00 Uhr waren wir in unseren Häusern und machten
uns bettfertig. Am nächsten Morgen gab
es ein leckeres Frühstück und unser Mit-
schüler Noah hatte Geburtstag, so dass
wir ihm ein Ständchen sangen. Anschließend hatten wir eine halbe Stunde Pause,
bevor es zum Schwimmen oder in die
Sporthalle ging. Nach dem Mittagessen
brachen wir dann zu einer Wanderung in
den angrenzenden Wald auf. Obwohl es
ziemlich nebelig war, fanden wir mühelos den gesuchten Brandaussichtsturm,
den wir sofort bestiegen. Bei klarer Sicht
hätte man sicher den ganzen Wald überblicken können, so aber machten wir nur
ein schönes Klassenfoto. Wenig später
entdeckten die Paten eine Waldlichtung,
wo wir dann „Stratego“ spielten. Wieder
zurück im Feriendorf, waren wir alle
sehr erschöpft. Als dann aber eine Stunde
nach dem Abendessen die Disco begann,
war die Müdigkeit wieder verflogen. Ein
Großteil der Klasse tanzte begeistert
im Schwarzlicht und zu der Musik, die
die Paten unserer Parallelklasse als DJ.s
auflegten. Leider endete die Disco aber
gegen 22.00 Uhr und wir mussten uns in
die Häuser zur Nachtruhe begeben.
Am nächsten Morgen holten uns
unsere Lehrer sehr früh aus den Betten,
denn die Abreise stand bevor. Traurig
packten wir unsere Taschen und bald
nach dem Frühstück lag unser Gepäck
auch schon wieder im Bus. Nach einer
zweistündigen Rückfahrt (dieses Mal
ohne Stau) kamen wir am Busbahnhof
Lüdinghausen an, wo unsere Eltern
schon sehnsüchtig auf uns warteten. Die
Klassenfahrt hat uns gut gefallen und
wird immer ein schönes Erlebnis bleiben.
Sarah Potthoff und Doreen Brune
Reisen und Lernen
Reisen und Lernen
Let’s go and have fun
115
Über die Studienmöglichkeiten in Canterbury
informierten sich diese
Schüler des Gymnasiums
Canisianum vor Ort.
Canisianer in Canterbury
116
Eine Gruppe von 17 Schülerinnen und
Schülern der Jahrgangsstufen 12 und 13
nahm Ende November 2010 an einem
Workshop der Universität von Kent in
Canterbury mit dem Thema „Studienmöglichkeiten in Großbritannien“ teil.
Der bereits zweite Workshop dieser Art
wurde organisiert von Stephanie Green
und Naomi Ingram vom Büro für ausländische Studenten der Universität in
Zusammenarbeit mit Dr. Uwe Carstens,
Studien- und Berufskoordinator für die
Oberstufe am Canisianum. Zur Universität von Kent bestehen schon seit längerer
Zeit Kontakte, da hier die Canisianerin
Leonie Wiedom Psychologie bis zum
Bachelor-Examen studiert hat. Leonie
Wiedom vermittelte auch den ersten
Kontakt zur Universität und betreute die
Besuchergruppe im Jahre 2009.
Die Schülerinnen und Schüler der
aktuellen Fahrt waren nicht nur von der
Lage des Campus über der mittelalterlichen Stadt und mit Blick auf die alles
überragende Kathedrale von Canterbury beeindruckt, sondern auch von der
Vielfalt der Studienangebote. Darüber
hinaus bieten sich aber auch zahlreiche
Möglichkeiten, die Freizeit zu gestalten,
und zwar nach dem Motto: „Work hard,
play hard.“
Die Betreuung der Studenten scheint
sehr effizient und intensiv zu sein: Auslandsaufenthalte sind in vielen Studiengängen eine Selbstverständlichkeit. So
unterhält die Universität Dependancen
in Paris und Brüssel. Gastvorlesungen,
Präsentationen und eine Campusführung vervollständigten die Eindrücke,
die durch einen Besuch des Hauptgottesdienstes am Sonntag in der Kathedrale
und eine Stadtbesichtigung abgerundet
wurden. Canterbury ist also nicht nur
für die jährlich fünf Millionen Touristen
ein Magnet, sondern auch für potentielle
Studienanfänger, die das Stadtleben mitprägen, da sie die Hälfte der Bevölkerung
ausmachen. WN
Reisen und Lernen
Reisen und Lernen
Begeistert von Studienangeboten
117
Klassenfahrt der Sechser-Klassen nach Haren/Ems
Reisen und Lernen
Die Kunst der Selbstverpflegung
118
Am Montag, dem 04.10.2010, versammelten wir – die Klassen 6a, 6b und
6c – uns am Busbahnhof von Lüdinghausen, um nach Dankern bei Haren
an der Ems zu fahren. Wir wurden von
unseren Klassenlehrern Frau Hantel,
Frau Schweers und Herrn Horn sowie
Frau Vehof und Herrn Temme begleitet.
Im Bus herrschte eine recht gute Stimmung, da fröhliche Lieder gesungen
wurden. Bei der Ankunft wurde unsere
gute Laune allerdings ein wenig getrübt,
da wir mit unseren Koffern erst einmal
etwa drei Kilometer durch den Freizeitpark Schloss Dankern laufen mussten.
Doch schließlich fanden wir die kleinen
Blockhäuser, in denen wir untergebracht
werden sollten. Beim Einzug stellten
wir dann schnell fest, dass die Betonung
nicht auf „Häuser“ lag, sondern auf
„klein“. Wir waren zu fünft oder sechst
in diesen Hütten untergebracht. Dabei
mussten wir in diesen Gruppen zusammen kochen und spülen. Dadurch gab
es natürlich nur leckeres Essen und wir
lernten viel, zum Beispiel dass Nudeln,
die aus dem Topf herausgucken, nicht
so schnell gar werden wie die, die im
Wasser schwimmen. Sogar den Lehrern,
die abwechselnd von den Gruppen eingeladen und besonders mit Büfett oder
Schokoladenfondue verwöhnt wurden,
schmeckte es gut.
Abends saßen oder spielten wir
draußen zusammen auf dem Vorplatz
der Blockhütten. Am ersten Nachmittag
Maren Langanke, Kl. 6c
Reisen und Lernen
Die Klassen 6a, 6b und 6c fuhren
nach Dankern bei Haren an der
Ems.
wurden die Gegend und der Freizeitpark
erkundet und es konnte zum ersten Mal
eingekauft werden. Bei der Erkundung
rund um die Blockhütten wurde ein
Spielplatz gefunden, auf dem wir dann
den restlichen Nachmittag verbrachten.
Am nächsten Tag trafen wir uns
schon um 9.00 Uhr in der Frühe, um
nach Papenburg zur Meyerwerft aufzubrechen. Dort sahen wir riesige Schiffe
im Dock und erfuhren viel über die
Vergangenheit der Werft. In einem Film,
an Modellen verschiedener Kreuzfahrtschiffe und einer Luxuskabine erklärte
uns unter anderem der Opa eines Mitschülers aus der Klasse 6b Unterschiede
zwischen den Schiffen, dass sie bis zu
4.000 Passagiere beherbergen können
und wie schwierig es ist, diese Ozeanriesen auf der kleinen und schmalen Ems
zur Nordsee zu befördern. Dafür müssen
Brücken verschoben und die Ems aufgestaut werden. Danach fuhren wir noch in
den Ort Papenburg weiter und erkundeten auf eigene Faust zwei Stunden lang
die Innenstadt.
Am Mittwoch wurde uns kein Programm vorgegeben, doch wir konnten
mittags mit einigen Lehrern schwimmen gehen. Am Donnerstag hatten wir
dann bis 10 Uhr Zeit, unsere Hütten zu
räumen. Auch wurden die Sieger des
Koch-Wettbewerbs und des AufräumWettbewerbs gekürt. Alles in allem hat
uns die Fahrt sehr gut gefallen und wir
fanden es auch gut, dass wir kein so
straffes Programm hatten.
119
Die Klasse 7a auf Wochenendtour
Reisen und Lernen
London als schimmerndes Lichtermeer
120
Unsere Londonfahrt im März 2010 war
ein voller Erfolg. Es begann damit, dass
wir am Freitagmorgen gegen 6 Uhr in
Lüdinghausen abfuhren. Die Fahrt war
schon deshalb nicht langweilig, weil
alle Kinder viel Spaß an Zeitschriften,
Unterhaltungen und Spielen hatten
(wenn sie nicht gerade schliefen). Gegen
15 Uhr, als die meisten bereits ausgeschlafen hatten, rollte der Bus mit einer
erwartungsfrohen Klasse 7a in Calais
ein, um von dort mit der Kanalfähre
nach Dover überzusetzen, wo wir die für
Londonfahrten so typischen und wirklich gigantischen „White Cliffs of Dover“
bestaunten.
Doch zunächst fuhren wir mit dem
Bus in den Laderaum des Schiffes und
konnten anschließend über lange Treppen an Deck gehen. Dort befanden sich
zahlreiche Läden wie eine Boutique, ein
Süßwarenladen, Casinos und ein etwas
teures Café, was uns bereits einen kleinen Vorgeschmack auf das Wochenende
vermittelte, da viele der Artikel bereits
sehr typisch für England waren.
Die See blieb ruhig und dennoch
war es für viele Kinder, die noch nie auf
einem Schiff waren, ein sehr abwechslungsreiches Abenteuer, das ca. zwei
Stunden dauerte. Die einen vergnügten
sich bei „Tom und Jerry“, die anderen
hielten sich an Deck auf und ließen sich
Reisen und Lernen
Eugen Haug / pixelio.de
vom kühlen Wind erfrischen. Dabei wurden wir gelegentlich nass, weil die Gischt
ziemlich hoch spritzte.
Als der Bus mit uns vom Schiff fuhr
und die Kontrollzone passiert war, verlief
die Weiterfahrt ziemlich ruhig. Nach der
Ankunft in London, die uns nach dieser
langen Fahrzeit wie eine Erlösung vorkam, brachte der Bus das Gepäck zum
„Lord‘s Hotel“ und die Klasse machte
einen Rundgang durch die weltberühmte Ausstellung der Wachsfiguren bei
Madame Tussaud’s. Dort konnten unter
anderem Angela Merkel, Ghandi, James
Bond und Indiana Jones aus Wachs besichtigt werden. Und für die, die eine
Gänsehaut lieben, wurden in der „Chamber of Horrors“ einige altertümliche
Foltermethoden gezeigt. Die Wachs­
figuren waren derart gut gemacht, dass
man sie kaum von echten Menschen
unterscheiden konnte. Dies führte in
der „Chamber of Horrors life“, wo einige
Wachsfiguren durch Schauspieler ersetzt
worden waren, zu lauten Schreien. So
wurde eine Gruppe von einer blutverschmierten Gestalt attackiert.
Danach folgte eine Reise durch
die englische Geschichte, bei der z. B. die
Pestepidemie ebenfalls eine Gänsehaut
verursachen konnte. Nach diesem Ereignis kehrte die Klasse (zum Glück vollzählig) zum „Lord’s Hotel“ zurück.
Nachdem wir die Zimmer verteilt und
bezogen hatten, wurde uns ein Einblick
in die Geschichte der großartigen engli-
121
London Walk: Bayswater
und Piccadilly Circus
122
Schloss gehörte, in dem einst Lady Diana
gewohnt hatte. Wir mussten an Bord der
von uns genutzten Routemaster-Busse
mit den „Conductern“ (also den Schaffnern) Englisch sprechen. Die Route führte uns quer durch London am Trafalgar
Square und der St. Paul’s Cathedral entlang bis zum London Eye. Dort nutzten
wir und einige andere Gruppen die noch
zur Verfügung stehende Zeit für eine
Fahrt auf diesem Londoner Riesenrad.
Das Wetter war großartig und der
Himmel klar, sodass wir einen tollen
Blick auf Big Ben, das Parlamentsgebäude und die Altstadt von London genießen konnten. Wir machten eine Rast
in der Krypta der St. Paul’s Cathedral,
die zu einem Café umgebaut worden
war und konnten so zu der geforderten
Unterschrift einer Londonerin für die
Stadtrallye kommen.
Gegen 18 Uhr trafen wir uns mit den
anderen Gruppen am Tower of London.
Dort wurde nach einigen Informatio-
nen zum Tower und seinen Bewohnern
(z. B. Heinrich VIII. und seinen sechs
Frauen), die sehr lehrreich waren, die
Klasse in zwei Gruppen aufgeteilt, wobei
wir uns entscheiden konnten, wie wir
den Abend in London gestalten wollten.
Bei dem von uns gewählten Spaziergang
über die London Bridge konnten wir
London, dank der fachkundigen Leitung von Frau Klaholz, als ein bei Nacht
wunderbar schimmerndes Lichtermeer
erkennen. Das war für uns einer der
Höhepunkte der Reise, da er eine völlig
neue Seite von London zeigte, die uns bei
Tag verborgen geblieben war. Dies war
ein unvergessliches Erlebnis.
Anschließend konnten wir noch
mit den Eltern die in der Nähe liegende
„Shopping-Meile“ besuchen und uns für
den darauf folgenden Tag mit Lebensmitteln eindecken und stärken.
Am Sonntagmorgen reisten wir dann bereits um 8 Uhr ab. Als gegen 10 Uhr die
Fähre erreicht wurde, herrschte ungefähr
Windstärke 6-7, was bei einigen „Landratten“ zu Übelkeit führen sollte.
Ansonsten verlief die Rückfahrt
problemlos, obwohl einige Schüler die
Nacht durchgemacht hatten und lange
Zeit nicht wach zu bekommen waren.
Der Bus erreichte gegen 19.30 mit einer
müden, aber um eine sehr interessante
Erfahrung reicheren Klasse 7a in Lüdinghausen den Busbahnhof.
So endete unsere Londonfahrt, die
allen Beteiligten, trotz enormer Anstrengung, großen Spaß bereitet hatte. Ermöglicht hatte das unser London-Reisender
und Englischlehrer Herr Dr. Carstens in
Kooperation mit Herrn Sockoll und Frau
Klaholz, welchen wir auch im Namen
der Klasse und im Namen unserer Eltern
ganz herzlich für die gute Organisation
und Durchführung danken möchten.
Tobias Niehues und Lukas Engelkamp
Reisen und Lernen
Reisen und Lernen
Fortsetzung von Seite 121
schen Hauptstadt in Form eines Stadtrundganges unter der Leitung unseres
Lehrers Dr. Carstens zuteil. Dabei sahen
wir unter anderem die Mews, umgebaute
Stallungen, in denen, als die Kutsche
noch das einzige Transportmittel war,
die Pferde untergebracht wurden. Alles
in allem war es eine schöne Einführung
in unser spannendes Wochenende.
Anschließend nutzten die Eltern, die
Lust dazu hatten, die Gelegenheit, einen
echten englischen Pub zu besuchen. Nach einer ausgiebigen Mütze Schlaf und
einem etwas dürftigen Frühstück, das
allerdings den englischen Charme besaß,
konnte der sich anschließende Samstag
mit einer Stadtrallye von uns in Angriff
genommen werden. Diese führte die
vorher festgelegten Gruppen an Orten
vorbei, von denen aus man die englische
Geschichte verfolgen konnte.
Sie begann für unsere Gruppe mit
einem Spaziergang durch den Kensington Garden, zu dem ein prachtvolles
123
Die Stimmung war auch
auf der Rückfahrt aus
Frankreich noch gut.
Cani-Schüler beeindruckt von Burgund-Erlebnissen
Reisen und Lernen
Den Schülern eine Welt zeigen – das
ist ein Leitmotiv unserer Schule. Dafür
ist Taizé ein ideales Ziel, denn Taizé
steht für eine ökumenische Brüdergemeinschaft in Burgund/ Frankreich,
die seit über sechzig Jahren besteht
und seit über vierzig Jahren Jugendliche aus aller Welt einlädt.
124
Angestoßen wurde die Fahrt der CaniSchüler nach Taizé von einer Schülerin,
die selbst bereits in Taizé war und im
Unterricht ein Taizé-Kreuz trug. Darauf angesprochen, meinte sie, dass
es schade wäre, dass wir mit unserer
Schule nicht nach Taizé fahren könnten.
Eigentlich würde so eine Fahrt perfekt
zu einer christlich orientierten Schule
passen. Und so vereinbarten wir, dass die
Schülerin das Interesse bei den Schülern
ausloten würde und ich mich um die
Zustimmung in der Lehrerschaft und bei
der Schulleitung bemühe. Beides gelang:
Bei den Schülern fanden sich über dreißig Interessenten, die Lehrerkonferenz
stimmte zu, die Schulleitung unterstützte
das Vorhaben nach Kräften und es
meldete sich spontan eine Lehrerin,
die die Fahrt begleiten wollte.
Man kann sich natürlich fragen,
warum eine Schule eine solche Fahrt
unternimmt, wenn die örtlichen Gemeinden ähnliche Fahrten anbieten. Als
Schule erreicht man allerdings noch andere Jugendliche, die bisweilen kirchenfern sind und mit den Gemeinden nicht
mehr so viel zu tun haben. Die beiden
christlichen Gemeinden wurden allerdings angesprochen und unterstützten
uns ebenfalls: So kam zum Beispiel Pfar-
rer Dr. Kösters von der Evangelischen
Kirchengemeinde Lüdinghausen zur
Informationsveranstaltung und berichtete von seinen Erfahrungen mit Taizé.
Das Leben in Taizé ist sehr einfach: Pro Tag sind für jeden Teilnehmer
aus Deutschland fünf bis acht Euro zu
entrichten. Teilnehmer aus ärmeren
Ländern zahlen weniger und werden
von den reicheren unterstützt. Der
Betrag reicht dann kostendeckend für
die Unterkunft und die Versorgung. Ein
kleines Wunder, das sich damit erklärt,
dass in Taizé kein einziger Angestellter arbeitet – alle Arbeiten wie Kochen
für über 1000 Menschen, Reinigung
der sanitären Anlagen, Begrüßung der
Ankommenden, Entsorgung des Mülls,
Kinderbetreuung, Verkauf im Kiosk,
kleinere Instandsetzungsarbeiten und
vieles mehr wird von den Teilnehmern
des Jugendtreffens selbst erledigt. Die
Unterbringung erfolgt in engen Baracken
oder Zelten. Das Essen wird unter freiem
Himmel eingenommen, das einzige
Besteck besteht aus einem großen Löffel,
so dass das Frühstück – bestehend aus
einem kleinen Stück Butter, einem Stück
Baguette und zwei kleinen Stangen Schokolade – Fragen aufwirft.
Wer vor 20 Jahren Taizé besucht
hat, weiß aber, dass das damalige „Taizé
classics“ noch ein wenig einfacher war:
Warmes Wasser gab es noch nicht und
die Toiletten bestanden aus zwei Trittflächen mit Loch, was bei vielen nicht
selten einen hygienischen Ausnahmezustand verursachte.
Es meldeten sich schließlich 18
Schüler der Jahrgangsstufen 10 und 11
Reisen und Lernen
TAIZÉ – Inspirationsquelle für eine
christliche Schule
125
126
an, die sich von all dem nicht abschrecken ließen. Am Samstagmorgen, den
20.März 2010, ging es dann um 7.00 Uhr
ab Bahnhof Lüdinghausen los. In Düren
stieg noch eine andere Gruppe dazu:
Elf Schülerinnen der Jahrgangsstufe 12
der privaten St. Angela-Schule, einem
katholischen Gymnasium für Mädchen,
begleitet von zwei Lehrern. Anfangs erschien diese Gruppe den meisten unserer
Schüler natürlich noch fremd, auf der
Rückfahrt mit derselben Gruppe gab es
dann rührende Abschiedsszenen.
Eigentlich beginnt die Woche
in Taizé für die jugendlichen Pilger am
Sonntag und so hingen wir nach der
Ankunft am Samstag ein wenig in der
Luft. Die Unterkunft, die man dann am
Samstagabend bekommt, muss man
am Sonntagmorgen sofort wieder räumen. Aber die Canisianer hatten sich
schnell eingefunden und übernahmen
bald notwendige Aufgaben wie z. B. die
Begrüßung weiterer ankommender
Gruppen. Unser Schülersprecher, Niko
Gernitz, hatte in kurzer Zeit die Or­
ganisationsstruktur durchschaut und
schaffte es, dass die Wünsche der
Teilnehmer unserer Gruppe so weit wie
möglich berücksichtigt wurden.
Vor der Fahrt hatten wir noch einige
Bedenken, ob das Wetter mitspielen
würde. Eine Woche zuvor hatte es noch
geschneit und aus Taizé kam die Bitte,
dass wir eigene Zelte mitbringen sollten,
da man eine Unterbringung in Baracken
nicht garantieren könne. Vor Ort sah es
dann freundlicher aus: Barackenplätze
gab es genug und in Burgund war es
trocken und über 10°C warm. Angesichts
dessen, dass man die längste Zeit des
Tages unter freiem Himmel verbringt,
war das nicht zu verachten. Die Sonne
hielt sich dann bis Freitag, was wesentlich zu einer guten Stimmung beitrug.
Schnell war uns aber klar, dass
der multikulturelle Charakter des
Treffens in dieser Woche leider stark
durch die Osterferien der Niedersachsen
untergraben werden würde, denn über
die Hälfte der Taizé-Teilnehmer stammte
aus unserem nördlichen Nachbar-Bundesland. Spaniern und Italienern war es
offensichtlich noch zu kalt. So blieb
die dominierende Sprache Deutsch, in
der Wochenmitte kam allerdings noch
Bayerisch hinzu. Schließlich waren
wir für die Anwesenheit der Niedersachsen doch noch dankbar, denn ohne die
Begegnung mit anderen fehlt in Taizé das
Entscheidende.
Probleme mit Alkohol, die bei den
Tagen religiöser Orientierung bisweilen
eine Rolle spielen, können in Taizé
kaum aufkommen. Der einzige Ort, an
dem man nach Vorlage eines Ausweises pro Person ein Glas Bier oder Wein
bekommt, hat abends nur für eine halbe
Stunde geöffnet. In dieser Zeit schafft
man es aufgrund der langen Schlange
höchstens zu zwei kleinen Gläsern Bier
oder Wein. Die Brüder behalten sich vor,
Einfaches Leben in Taizé: Zum Essen benötigt
man nur Holzbänke, einen Teller, einen Löffel
und Gemeinschaft.
Gruppen, in denen mitgebrachter Alkohol konsumiert wird, einen Platzverweis
zu erteilen und haben eine „Beichtstelle“
eingerichtet, bei der man „versehentlich“
mitgebrachten Alkohol gleich bei der
Ankunft abgeben und bei der Abfahrt
wieder zurückbekommen kann.
Von der täglichen Arbeit waren alle
sehr angetan. Mit großer Begeisterung
wurden Toiletten gereinigt, der Müll im
Lager eingesammelt, der Abwasch in der
Großküche und all das, was an Arbeiten in so einer großen Gruppe anfällt,
erledigt. Eltern hätten ihre Freude daran
gehabt zu sehen, zu welchem Engagement bei sonst eher unangenehmen
Tätigkeiten ihre Kinder in der Lage sind.
Außerdem nahm jeder Teilnehmer an
einer Diskussionsgruppe teil. Hier waren
die Erfahrungen dann etwas gemischt. In
einigen Gruppen dominierten Einzelne
das Gespräch und die Gruppe kam nicht
so richtig weiter – in anderen Gruppen
war es möglich, zu einem tiefergehenden,
persönlicheren Gespräch zu kommen.
Die interessanteren Begegnungen fanden
dann manchmal auch außerhalb des
offiziellen Programms statt.
Ein zentraler Begegnungsort ist in
Taizé die Kirche. Morgens, mittags und
abends findet eine Andacht statt, in
der Gesang, Lesungstexte und Stille die
tragenden Elemente sind. Obwohl es
schon gewaltig ist, wenn 1000 Jugendliche gleichzeitig Lieder in allen Sprachen
singen, war die Stille von sieben Minuten etwas, an das sich die Schüler erst
gewöhnen mussten. Anfangs war es für
einige kaum auszuhalten, am Ende der
Woche wurde es von den meisten als
etwas sehr Wertvolles angesehen. Wenn
man jemandem erzählen würde, dass
Jugendliche, die zum Teil kaum kirchliche Erfahrungen haben, in acht Tagen
freiwillig 23-mal in einen Gottesdienst
gehen, so würde man es kaum glauben
können.
Was sich in Taizé auch anders
darstellt, als wir es von Lüdinghausen
gewohnt sind, ist das Anstehen in der
Schlange. Wer schon einmal unsere
Schüler beim Anstehen für das Einsteigen in den Schulbus gesehen hat, ist
bisweilen erschüttert. In Taizé waren die
Schlangen vor der Essensausgabe viel
gewaltiger – so etwa 100 m lang. Aber
die Stimmung war trotzdem gut: Hier
und da gab es Gruppen, die sangen oder
trommelten und außerdem hatten die
Schlangen etwas Soziales. Entdeckte man
Leute, die man kannte, war das „aktive
Reisen und Lernen
Reisen und Lernen
Fortsetzung von Seite 125
127
128
Anstellen“ – also das Vorrücken bis zu
dieser Gruppe – ein beliebter Sport.
Da er von allen betrieben wurde, blieben
auch alle gelassen und hatten den Eindruck, etwas zu gewinnen.
Was macht Taizé für Jugendliche
so attraktiv? Es ist einerseits ein Raum,
der Orientierung anbietet, andererseits
drängt Taizé diese Orientierung aber
auch nicht auf. Jeder darf mit seinen
Vorstellungen kommen und diese Vorstellungen auch behalten – aber auch
verändern. Auf diese Weise ist Taizé für
Jugendliche glaubwürdig. Das, worauf
es Christen ankommen sollte, steht im
Mittelpunkt und vermag dann auch die
sonst oft noch trennenden konfessionellen Grenzen zu überwinden – Grenzen,
die unseren Jugendlichen allerdings
meistens ohnehin fremd sind. Obwohl
die Zusammensetzung der Brüder
multikonfessio-nell ist, feiern sie dennoch gemeinsam die Eucharistie. Taizé
ist weniger ein Ort spitzfindiger theologischer Diskussion als ein Ort spiritueller Erfahrung mit dem Bezug zu ganz
praktischen Bereichen unserer Welt. Die
Konzentration auf das Wesentliche steht
im Vordergrund: Eine Woche ohne
Medienkonsum bei einer großen, internationalen Begegnung öffnet den Blick
für andere Menschen und schärft auch
den Blick für die eigene innere Welt.
Die Jugendlichen stehen in Taizé im
Mittelpunkt: Über 30jährige dürfen zwar
ebenfalls nach Taizé kommen, wohnen
aber etwas abseits und sind zahlenmäßig
in der Minderheit. Hierarchien spielen
in Taizé keine Rolle. Hier ist keiner, der
etwas vorschreibt, und die Jugendlichen
organisieren die täglichen Arbeiten
letztlich selbst und sind auch für diese
verantwortlich. Eigentlich ist Taizé auch
für die Pädagogik ein interessanter Ort.
Wenn alles gut läuft, wie es bei den
Fahrten mit freiwilligen Teilnehmern in
der Regel der Fall ist, ist die Fahrt auch
für die begleitenden Lehrer eine entspannte Sache und zum Glück waren die
Canisianer freiwillig dabei.
Gegen Ende der Woche zeigten
sich dann auch alle Schüler begeistert
und waren der Meinung, dass diese Fahrt
un­bedingt ein Bestandteil unseres Schulprogramms werden sollte. Für eine
christlich ausgerichtete Schule, die konfessionelle Grenzen überschreitet
und Schülern die Welt zeigen möchte,
gibt es kaum etwas, was dieser Ausrichtung so nahe kommt. Ein Erlebnis wie
Taizé bleibt sicher stärker als Erfahrung
lebendig als eine weitere Woche Unterricht. Die meisten Schüler wollen auch
ohne Schule im Sommer wiederkommen
und finden dann in den Lüdinghauser
Gemeinden die gewünschten Ansprechpartner. Insofern war die Fahrt ein voller
Erfolg: Die Schüler haben einen äußeren
und inneren Teil dieser Welt kennengelernt, der ihnen sonst oft verschlossen
geblieben wäre. Dr. Georg Schütz
13er Biologie-Lk auf dem niederländischen Ijseelmeer
„Loslassen ist ohne Hände!“
Dieses Zitat aus der Überschrift hörten
wir nach dem Beginn unserer Kursfahrt
am 4. 10. 2010 und der dreieinhalbstündigen Busfahrt ins niederländische Enkhuizen täglich. Unser Übergangsquartier,
welches wir als Bio-Lk mit unseren
Begleitern Herrn Große Ahlert und Frau
Dorprigter beziehen sollten, entpuppte
sich als die über 100 Jahre alte „Eenhoorn“. Die winzig kleinen Kajüten auf
dem Schiff (zwei Personen auf weniger
als 6 m² mit einem Hochbett und zwei
Koffern) ließen einige schon zu Anfang
der Reise zweifeln, ob sie nicht schon
nach einem Tag wegen eines Lagerkollers
über Bord springen würden.
Nachdem wir unsere „Kabinen“ dann bezogen hatten, wurden wir von unserem
Skipper Sjoert und der Matrosin Antje
in die Segelgeheimnisse eines typischen
Plattbootes auf dem Ijsselmeer eingewiesen. Wie hatten wir die Segel hochzuziehen und festzumachen? Was sollten
für Knoten verwendet werden etc.?
Alle überlebenswichtigen Handgriffe
und die dazu nötigen Vokabeln wurden
hier schon sofort geklärt. Die Aussage
„Loslassen ist ohne Hände!“ klang dabei
zunächst recht lustig, machte uns aber
schnell klar, dass bei jeder riskanten
Arbeit an Bord (z. B. dem Segelsetzen
oder –einholen) immer eine Hand für
die eigene Sicherheit zu reservieren war.
Dann ging es endlich ans Eingemachte
und wir konnten lossegeln. Beim Segelsetzen konnten vor allem die Jungen ihre
Muskelkraft unter Beweis stellen. Da wir
nie wussten, wie der Wind steht, wie viel
Wind da war und was das Wetter für eine
Laune hatte, war es jeden Abend aufs
Reisen und Lernen
Reisen und Lernen
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129
Langeneß 2010
130
Neue eine Überraschung zu erfahren, in
welchem holländischen Hafen wir diese
Nacht verbringen würden. Das Wetter
stellte uns ständig vor neue Aufgaben:
So zwang uns zum Beispiel der Nebel an
einem Tag, sechs Stunden im Wattenmeer bei nur 25 m Sicht zu ankern. Das
ist schon gespenstisch, wenn aus dem
Nichts direkt neben einem ein Frachtschiff auftaucht, um gleich darauf wieder
im Nebel zu verschwinden. Dann wiederum kämpften wir mit einem Sturm,
um uns am nächsten Tag über die dann
vorherrschende Windstille zu wundern.
Abends konnten wir entweder beim
Landgang auf Entdeckungsreise gehen
und die niederländischen Orte erkunden
oder unter Deck im Aufenthaltsraum
Spiele spielen und nett beisammen
sitzen. Die Tage selbst vertrieben wir
uns – wenn an Bord gerade nichts zu tun
war – entweder an oder unter Deck beim
Sonnen oder Spielen.
Die Verpflegung der ganzen Crew lag
jeden Abend in der Hand einer anderen
Gruppe, genau wie das Spülen, was bei
25 Leuten immer zum Marathon-Spülgang ausartete. Bei dieser Gelegenheit
konnten wir auch das hartnäckige Gerücht widerlegen, dass sich Seemänner
und –frauen nur aus Dosen ernähren.
Den Dauer-Sozialstress, nämlich fünf
Tage zusammengepfercht auf engstem
Raum zu leben, überstanden wir nahezu
unbeschadet. Der zu Anfang prognostizierte Lagerkoller blieb aus, denn alle
arrangierten sich mit der ungewohnten
Situation, so dass keiner über die Reling
gehen musste. Damit endete unser
Segeltörn glücklich am 8.10. wieder in
Enkhuizen. Obwohl die Fahrt schön
war, freuten sich alle auch wieder auf zu
Hause und auf ihre im Verhältnis zu den
Kajüten riesengroßen Zimmer. Seit dieser Fahrt kann zumindest niemand mehr
behaupten, sein eigenes Zimmer sei zu
klein. Stella Kämmerer, Lea Kunze, Jgst. 13
Tipps für die Nachfolger
Am 18. 9. letzten Jahres kamen wir, der
Biologie-LK aus der Jahrgangsstufe 12,
bei wunderbarem Sonnenschein auf der
Hallig Langeneß vor der Nordseeküste
Schleswig-Holsteins an und machten
schon am Anleger Bekanntschaft mit
dem Zivi Waldi. Was sofort auffiel, war,
dass Waldi barfuß lief, so wie viele Leute
auf Langeneß. Das Barfußlaufen steckte
uns alle schnell an und wir erkannten,
dass Schuhe gar nicht so wichtig und eigentlich völlig überbewertet sind – außer
man läuft über zerbrochene Muscheln.
Einige gingen sogar barfuß zu unserer
Warft, der Peterswarft, wo wir für die
nächsten fünf Tage wohnen sollten.
Sicher habt ihr schon einmal gehört,
dass man auf Langeneß eine ganze
Menge Programm zu bewältigen hat
(schließlich ist es eine Fachexkursion)
und dass man dabei zwangsläufig viel
lernt. Darum möchten wir dieses Mal
mehr davon berichten, was man neben
den schulischen Aktivitäten sonst noch
so erleben kann. Hier haben wir einige
brauchbare Tipps für euch aufgelistet:
 Hört auf Herrn Dr. Müller und
probiert frische selbstgepulte Krabben!
Besonders bei gutem Wetter ist das auf
der Fähre ein schöner Auftakt für eine
witzige Zeit auf Langeneß.
 Auf der Warft angekommen, solltet
ihr sofort Bekanntschaft mit der vollschlanken Ente Rainer machen. Rainer
ist großartig. Ihr müsst ihr einfach eine
Packung Frikadellen hinstellen, dann
versüßt sie euch den Nachmittag.
 Im September kann es auf Langeneß
schon ziemlich kühl werden. Dennoch
sollte jeder, der sich traut, den Sprung ins
kalte Nordseewasser wagen. Ihr solltet
aber darauf achten, dass gerade Hoch-
Reisen und Lernen
Reisen und Lernen
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131
Reisen und Lernen
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132
wasser ist, denn sonst könnte es weh tun.
Abends sitzt man draußen und genießt
den spektakulären Sonnenuntergang bei
frischer Nordseeluft – dicke Pullover
sind hierbei allerdings sehr zu empfehlen.
Im Watt kann man sich bei den vielen
Stopps, die der Wissens- und Einsichtvermehrung dienen, klammheimlich
durch Treten-auf-der-Stelle in den weichen Schlick versenken – sehr eindrucksvoll!
 Eine Wattwanderung nutzt man unter
anderem, um in den unzähligen Pfützen
Wasserschlachten oder (für die ganz Wilden) Schlammschlachten zu veranstalten
und Strandkrabben zu fangen.
Will man sie gegeneinander kämpfen
lassen, braucht man jedoch noch mehr
große Krabben. Zum Glück gibt es nahe
der Peterswarft einen kleinen Priel ...
 Um dort Krabben „angeln“ zu können, braucht ihr nichts weiter als eine ca.
50 cm lange Schnur und ein Stück Salami
oder Schinken. Ihr werdet sehen, dass
es nicht lange dauert, bis sich die ersten
Krabben an die Schnüre klammern, um
die Salami zu fressen. Wir hatten nach
kürzester Zeit mehr als zehn Krabben
gefangen. Mit ein bisschen Geschick
sollte das auch für euch kein Problem
sein. Sind die Krabben jedoch nicht zum
Kämpfen zu motivieren, so entlässt man
sie am Ende wieder unverletzt – wie sich
das gehört – in die Freiheit. Man kann
sie angeblich aber auch in gekochtem
Zustand essen.
 Freundet euch mit den Zivis an, denn
die sind für jeden Spaß zu haben! Ganz
wichtig dabei ist: Ladet den Jens (ihr erfahrt schon noch, wer das ist) zum Essen
ein und spielt eine Runde Doppelkopf
mit ihm. Er wird es euch danken.
 Kalkuliert die Kalorienvorräte, die ja
komplett mitgeschleppt werden müssen,
nicht zu knapp. Der Hunger ist in dieser
Nordseeluft ein gewaltiger und über
das dann doch übrig Gebliebene freuen
sich Jens und die Zivis – und natürlich
Rainer. Dieser mag vor allem die oben
bereits erwähnten Frikadellen, aber die
bleiben zum Schluss bestimmt nicht
über.
Wenn ihr diese kleinen Tipps beachtet
und dann noch jeden erlebnisreichen Tag
in gemütlicher Runde zusammen mit
den Zivis ausklingen lasst, werden eure
Tage auf Langeneß mit Sicherheit so toll
wie es unsere waren. Insgesamt kann
man sagen, dass die Fahrt nach Langeneß für alle ein großer Spaß ist, egal ob
man es eher ruhig angehen will oder
voller Elan und Energie dabei ist.
Milo Sikora, Nils Zumholz, Jgst. 12
Reisen und Lernen
Eine Wattwanderung nutzt man unter anderem, um in den unzähligen
Pfützen Wasserschlachten oder (für die ganz Wilden) Schlammschlachten
zu veranstalten und Strandkrabben zu fangen.
133
13er Mathe-LK in der Barockstadt
Salzburg
134
Die letztjährige Kursfahrt führte den Mathematik-Leistungskurs mit Herrn Reichel in die alte Barockstadt Salzburg und
fand in der Woche vor den Herbstferien
statt. Schon lang im Vorhinein waren
die Schüler sehr mit den Vorbereitungen
für die Fahrt beschäftigt, was sich z. B. in
Recherchen über die Sehenswürdigkeiten
und im Hinblick auf die Geschichte der
Stadt Salzburg äußerte.
Als der Tag der Abreise gekommen
war, stellten alle Beteiligten amüsiert fest,
dass sie die zehnstündige Busfahrt mit
einem weiteren Canisianer antreten würden, da der Busfahrer ehemaliger Schüler
des Cani ist. Nachdem sich die Kursteilnehmer in der Jugendherberge kurz
eingelebt hatten, bot ihnen Herr Reichel
einen ersten Einblick in die abendliche
Kulturfülle Salzburgs an. Dieses Angebot
schlugen die Schüler selbstverständlich
nicht aus und folgten Herrn Reichel,
und zwar vorbei am Salzburger Dom,
Mozarts Geburtshaus, über die Salzach
bis zu Schloss Mirabell und dem Mozarteum.
Auch an den darauffolgenden Tagen
kam bei den Schülern keine Langeweile
auf. Durch die Besichtigung der über der
Stadt thronenden Festung Salzburgs, des
großen Festspielhauses und des Salzburger Doms mit seinen prunkvollen Malereien und den fünf gewaltigen Orgeln
tauchten die Schüler noch intensiver in
die Historie Salzburgs ein.
Neben den kulturellen Aspekten
kam auch die Technik nicht zu kurz. So
wurde den Schülern die Möglichkeit
geboten, die Firma Palfinger, welche
Kran-Aufbauten und Hebebühnen baut,
zu besichtigen. Hier konnten die JungMathematiker sogar selbst Hand anlegen
und einen Kran steuern, was ihnen
sichtlich Spaß bereitete.
Rückblickend blieb den Schülern
ebenfalls die Besichtigung des Obersalz­
bergs, eine kleine Wanderung am
Königssee zum Malerwinkel und eine
„Kurz-Kur“ in Bad Reichenhall in
Erinnerung, wo Herr Reichel die Schüler
zum „Gradierwerk“, dem Freiluft-Inhalatorium im königlichen Kurgarten, führte.
Als Fazit lässt sich sagen, dass
die Leistungskursfahrt für alle Kursmit­
glieder und für Herrn Reichel ein spannendes und bereicherndes Erlebnis war,
das viel Spaß gemacht hat.
Nils Hansmann, Jgst.13
Reisen und Lernen
Reisen und Lernen
Zwischen Salzach
und Mozarteum
135
Studienfahrt des Deutsch-LK nach Prag
In bester Kursgemeinschaft
an der Moldau
Reisen und Lernen
„Prag ist immer eine Reise wert.“ Mit
dieser doch recht hohen Erwartung
machten wir uns als Deutsch-Leistungskurs Anfang Oktober 2010 mit
Frau Hübner und Herrn Schmidt auf
den Weg in die goldene Stadt an der
Moldau.
136
Um es gleich vorwegzunehmen: Mit seiner imposanten Vielfalt an Sehenswürdigkeiten und Attraktionen, kombiniert
mit der gemütlich-ruhigen Atmosphäre
wird Prag uns auch noch weit über die
Schullaufbahn hinaus in bester Erinnerung bleiben. Zum Bedauern aller
verging die Zeit wie im Flug.
Bereits am Sonntagabend machten
wir uns mit dem Zug von Dortmund aus
auf den Weg in die tschechische Hauptstadt. Während die Mädels im Liegewagen erste tschechische Träume durchlebten, machten die Jungen größtenteils
kein Auge zu. Viel anders erging es auch
den Lehrern nicht, die sich unfreiwilligerweise zunächst mit einem Platz auf
dem Gang begnügen mussten. Nach gut
zehn Stunden und weit über 600 Reisekilometern waren die Tore Prags erreicht.
Am frühen Morgen nahm uns Reiseleiterin Susanna am Prager Bahnhof
in Empfang. Auf ganz besondere Weise
und auf eine sehr individuelle Art führte
sie uns für vier Tage durch die goldene
Stadt. Mit ihren vielfältigen Kenntnissen
über die Stadt und ihre Besonderheiten
präsentierte Susanna uns die Hauptstadt
der Tschechischen Republik von ihrer
ganz besonders schönen Seite. Von allen
als wunderschön empfunden wurden
diesbezüglich beispielsweise die weltberühmte Karlsbrücke, das Nationalmuseum am Wenzelsplatz, das Rathaus am
Altstädter Ring, der Veitsdom, die Prager
Burg sowie die goldglänzende Rathausuhr im Zentrum der Altstadt.
Neben den Prager Sehenswürdigkeiten berichtete unsere Reiseführerin
außerdem von zahlreichen weltberühmten Kindern der Stadt. So wandelten
wir unter anderem auf den Spuren des
in Prag geborenen deutschsprachigen
Schriftstellers Franz Kafka, lernten Leben
und Werk vom herausragenden Repräsentanten des Jugendstils, Alfons Mucha,
kennen und wurden mit der Legende
vom Nepomuk vertraut gemacht.
Prag war für uns jedoch nicht nur
eine Reise wert, wenn es darum ging,
die architektonische Vielfalt der Stadt zu
erkunden, sondern Prag bot auch für die
„Nachtschwärmer“ ein rundum gelungenes Programm, das die Abende abwechslungsreich gestaltete und die Stadt bei
Nacht in besonderem Glanz erstrahlen
ließ.
Das für uns wohl beeindruckendste
Erlebnis hatten wir einen Katzensprung
von Prag entfernt, in Theresienstadt,
einem Ort, der in der Zeit vor und während des Zweiten Weltkrieges unter dem
nationalsozialistischen System zu einem
Konzentrationslager und Ghetto umgewandelt wurde und heute eine Gedenk-
Reisen und Lernen
In der goldenen Stadt an
der Moldau: Deutsch-LK
im Oktober 2010 mit
Frau Hübner und Herrn
Schmidt.
137
138
stätte ist. In das im 18. Jahrhundert
als Festungsanlage gebaute Territorium wurden bis zum Ende des Krieges
insgesamt mehr als 140.000 Häftlinge
deportiert. Während des gesamten
Aufenthalts in Theresienstadt war
unsere Betroffenheit und Fassungslosigkeit deutlich zu spüren. Es war ein
überaus prägendes Erlebnis, das
hinsichtlich der dort während des 2.
Weltkrieges vorherrschenden Unmenschlichkeit von bedrückenden
Gefühlen geprägt war.
Am fünften Tag unserer PragFahrt hieß es dann schon wieder
Abschied nehmen von der schönen
Moldau-Metropole. Mit der Bahn ging
es früh morgens wieder in Richtung
Heimat – natürlich nicht auf direktem
Wege, denn dann wäre der letzte
Tag verschenkt gewesen. So kehrten
wir für einen längeren Zwischenstopp
in Weimar ein. Die vor allem für
sein kulturelles Erbe weltbekannte
Stadt hatte zum Abschluss noch
einmal so einiges zu bieten. Natürlich
beherrschte die Weimarer Klassik
um Wieland, Goethe, Herder und
Schiller unseren Aufenthalt in Thüringen. Unser ganz besonderes Augenmerk galt dabei Goethe, dessen Leben
und Wirken wir beim Besuch seines
ehemaligen Wohnhauses mit heu­
tigem Museum genau unter die Lupe
nahmen, bevor wir wenige Stunden
später am Abend wieder die traute Heimat erreichten.
Die gemeinsame Zeit in Prag wird
uns in guter Erinnerung bleiben. In
bester Kursgemeinschaft erlebten wir
informative und abwechslungsreiche,
aber auch lustige und schöne Tage. Unser
ganz besonderer Dank gilt diesbezüglich
natürlich unserer Kurslehrerin, Frau
Hübner, die ein überaus spannendes
Programm für uns auf die Beine gestellt
hat, ohne dabei unsere persönlichen
Freiheiten und Wünsche unbeachtet zu
lassen. Auch Herrn Schmidt sagen wir
für seine ausgesprochen umgängliche
und freundliche Art „Dankeschön“.
Natürlich darf auch Susanna nicht fehlen, die uns mit ihrer ganz besonderen
Art oft zum Schmunzeln brachte, damit
zur allgemeinen Erheiterung beitrug
und auch Tage danach noch in unseren
Ohren klang. Marian Tüns, Jgst.13
Kleine Pause auf gefühlten endlosen Fußmärschen durch
das Londoner Zentrum: Smile!
Der Englisch-LK zwischen Shakespeare und Primark
Through the streets of London
Sonntag, 3. Oktober 2010, 5.30 Uhr
morgens: Alle Mitglieder unseres
Englisch-LKs warteten am Busbahnhof
Lüdinghausen sehnsüchtig auf den
verspäteten Reisebus, der uns unter
der Leitung von Herrn Eppe und Frau
Ungru zu unserem Ziel für die nächsten fünf Tage bringen sollte: London!
Nach einer Stunde war es dann endlich
so weit – der Bus war startklar, und alle
22 Reisetaschen waren fachmännisch
verstaut. Jetzt musste nur noch der Englisch-LK eines Werner Gymnasiums abgeholt werden, mit dem wir uns den Bus
teilen sollten und der uns aus hier nicht
zu vertiefenden Gründen einige Male an
den Rand des Nervenzusammenbruchs
brachte. Nach einem pflichtmäßigen
Stopp bei McDonald’s, wo Frühstück und
warme Getränke eingenommen wurden, ging es über die Niederlande und
Belgien zur französischen Kanalküste
nach Calais. Dort angekommen, setzten
wir mit der Fähre nach Dover über und
fuhren mit dem Bus weiter into „The Big
Smoke“, die britische Hauptstadt mit –
nach aktuellem Stand – siebenmillionenfünfhundertsechsundfünfzigtausendneunhundert Einwohnern.
Es war schon gegen Abend, als uns
der Bus bis vor die Türen des ClinkHostels führte, ein Gerichtsgebäude aus
dem 19. Jahrhundert und unsere Unterkunft für die nächsten Tage. Sogleich
erkundeten wir die nähere Umgebung
Reisen und Lernen
Reisen und Lernen
Fortsetzung von Seite 137
139
140
um die nahgelegene U-Bahn-Station
„King’s Cross“ und ließen den Abend
im legendären japanischen Restaurant
„Wagamama“ ausklingen.
Im Mittelpunkt unserer Fahrt stand
allerdings William Shakespeare, sodass
wir neben einer eindrucksvollen „Shakespeare lecture“ auch das dreistündige,
eher mühsame Stück „Henry IV – Part 1“
im Globe Theatre besuchten.
Neben gefühlten endlosen Fußmärschen durch das Londoner Zentrum,
einem Bummel durch die St. Katharine
Docks, einem Spaziergang durch den
Hyde Park (Zitat Herr Eppe: „Ey geil,
da sind Eichhörnchen – guckt mal Leute,
Eichhörnchen!“) und der Besichtigung
des berühmten Science-Museums stand
auch ein „Ghost Walk“ auf dem Programm, welcher allerdings nicht jedermanns Erwartungen voll erfüllen konnte.
Auch das Londoner Nachtleben
konnte nicht unberücksichtigt bleiben.
So nahmen wir bei freudvoller Plauderei
und ausgedehnten Tanzeinlagen diverse
Pubs und Diskotheken genauer unter
die Lupe, wobei sich dies auch als Rahmen eignete, um sich untereinander
besser kennenzulernen.
Am Mittwoch wurde ein Tagesausflug nach Oxford unternommen, bei dem
uns eine nette ältere Dame rund um die
älteste Universität Englands führte und
uns das Trinity College, gegründet im
Jahr 1555, fachkundig und im besten
Queen’s English näherbrachte. Am Mor-
gen darauf war es schon wieder Zeit, alle
Einkäufe in die Reisetaschen zu verstauen, um dann noch einmal für die letzten
Stunden in das Londoner Zentrum
aufzubrechen.
Neben einer „Hop on – hop off “Schifffahrt über die Themse machten wir
Halt in Greenwich und erkundeten so
den Süden Londons. Erschöpft vom Tag
begaben wir uns abends auf den Rückweg „back to good old Germany“, wo wir
am nächsten Vormittag (also am 8. 10.)
müde, aber glücklich eintrafen.
Alles in allem kann man zusammenfassen, dass unsere LK-Fahrt ein voller
Erfolg war. Neben gemeinsamen Aktivitäten blieb genug Zeit, die vielen Shopping-Möglichkeiten wie Oxford Street
oder Camden Lock zu durchstreifen.
Primark wurde schnell zur beliebtesten
Adresse für Kleidung und Mode und in
den fünf Tagen nicht nur einmal aufgesucht. Ständiger und sehr hilfreicher
Begleiter dabei war die Travelcard, durch
die jeder mit den öffentlichen Verkehrsmitteln (Tube, Busse) schnell von A nach
B kommen konnte. Auch ließen sich
durch fünf Schülerreferate verschiedene
Themen an Ort und Stelle theoretisch
vertiefen.
Diese fünf Tage werden für alle
sicherlich unvergesslich bleiben. Zum
Glück gibt es knapp tausend Fotos, die
das beweisen!
Der Englisch-LK der Jahrgangsstufe 13
Physik-LK in Berlin, fußmüde.
Der Physik-LK auf Hauptstadt-Erkundung
Zwischen Technikmuseum und
Berliner Nightlife
Als sich der Physik-LK der Jahrgangsstufe 13 Anfang Oktober letzten Jahres
mit unseren Begleiterinnen Frau Appel
und Frau Hellmann am Busbahnhof in
Lüdinghausen traf, konnte die Exkursion, auf die man so lange gewartet hatte,
endlich starten. Unterhalten unter anderem von Brad Pitt und Morgan Freeman
(Film: Seven) erschien uns die Fahrt
auf der A2 Richtung Osten nicht allzu
anstrengend. Ohne dass wir uns allerdings großartig akklimatisieren konnten,
ging es nach der Ankunft im Berliner
Generator-Hotel sofort mit der S-Bahn
zum Alexanderplatz weiter, von wo aus
wir über das Rote Rathaus, den Berliner
Dom, die Ruinen des Palastes der DDRRepublik bis zum Bebelplatz gegenüber
der Humboldt-Universität liefen. Danach
teilten wir uns. Eine Gruppe Fußballfans
machte sich auf zum Olympiastadion,
um die Berliner Hertha beim Spiel gegen
Aachen anzufeuern, eine andere Gruppe
ging zurück zum Hotel, während sich
der Rest des Kurses mit den Schülern des
Pädagogik-LK.s traf, der zeitgleich mit
uns in Berlin zugegen war.
Am nächsten Morgen machten wir
uns nach einem guten Frühstuck auf den
Weg zur Ausstellung „Topografie des Terrors“. Diese Ausstellung auf dem Gelände
der ehemaligen Gestapo-Zentrale in der
Nähe des Potsdamer Platzes dokumentierte eindringlich die Verbrechen an
den Gegnern des Nazi-Regimes. Nach
einer Pause trafen wir uns dann vor dem
Brandenburger Tor, das die Aufmerksamkeit des Kurses allerdings erst gewin-
Reisen und Lernen
Reisen und Lernen
Fortsetzung von Seite 139
141
Die Mauertour per
Fahrrad aktivierte zur
„Besetzung“ eines noch
erhaltenen Mauerabschnittes.
142
nen konnte, als die Straßenkünstler der
Breakdance-Gruppe auf dem Platz davor
mit ihrer Vorstellung fertig waren. Nach
den Pflichtbesuchen Bundestag und
Holocaust-Mahnmal zogen sich einige
auf ihr Hotelzimmer zurück, während
andere das Berliner Nightlife erkundeten (Diskotheken und die hoteleigene
Generator-Bar).
Am Mittwochmorgen stand eine
schöne Radtour entlang des ehemaligen
Verlaufs der Berliner Mauer im Mittelpunkt – verbunden mit einem interessanten Zeitzeugenbericht in einem erhalten
gebliebenen Wachturm. Von dieser Tour
mussten sich die Schüler nicht zuletzt als
Folge der vorangegangenen Abendgestaltung drei Stunden erholen. Am frühen
Abend durfte sich dann jeder mit seiner
Kleingruppe den Weg zur „Story of Berlin“ selber suchen. Bei dieser Ausstellung
zur Geschichte der Stadt Berlin war der
große Atomschutzbunker für die meisten
Physiker das Highlight. Am Ende der
Führung war es draußen schon dunkel
und jeder widmete sich im Folgenden
Lukas Haddad, Alexander Kurnosov, Jgst. 13
Abschluss und Abschied
München, Mozart und leise Melancholie
Man könnte die alljährliche MünchenSalzburg-Fahrt der Jahrgangsstufe 13 am
Cani schon fast als Tradition bezeichnen,
und so war die letztjährige Reise schon
die zehnte in Folge unter der Leitung des
Literaturkurs-Lehrers Michael Leibold.
Ursprünglich entstand die Idee einer
solchen Fahrt aus der Notwendigkeit
heraus, den erspielten Gewinn der
Theateraufführungen auf der Canibühne möglichst sinnvoll zu nutzen und so
noch einmal die Gemeinschaft in der
Stufe zu fördern.
Unter den 55 Teilnehmern waren
dann natürlich nicht nur die Jugendlichen des Literaturkurses, sondern auch
alle anderen Interessierten aus der Jahrgangsstufe 13. Direkt nach den schriftlichen Abiturklausuren und vor den
mündlichen Prüfungen ging es für die
Abiturienten Anfang Juni 2010 auf zum
Zwischenstopp nach München, wo sie
von ihrem Lehrer Michael Leibold durch
die Stadt geführt wurden und anschließend genügend Zeit hatten, die Stadt auf
eigene Faust zu erkunden. Anschließend
konzentrierten wir uns aber auf unser
eigentliches Ziel, die urgemütliche österreichische Stadt Salzburg. Der perfekte
Mix aus gewolltem Pflichtprogramm
und Freizeit war entscheidend für die
gute Stimmung unter den Jugendlichen.
So standen die Besichtigung des Petersfriedhofes, der Stiftskirche St. Peter, der
Festspielhäuser, des Doms, von Mozarts
Geburtshaus, des Mirabell-Gartens sowie
ein Ausflug zum Königssee auf der Liste
der zu bewältigenden Attraktionen.
Abends saßen die Reiseteilnehmer nicht
selten mit einem weinenden und einem
lachenden Auge bei einem Bier zusammen, wobei sie sich an die gemeinsamen
Jahre der Lüdinghauser Schulzeit erinnerten, aber auch mit Zuversicht in die
Zukunft und auf das kommende Neue
blickten. Katharina Beckfeld, Abiturientin 2010
Reisen und Lernen
Reisen und Lernen
Fortsetzung von Seite 141
dem Teil Berlins, der ihm am meisten
zusagte.
Am Donnerstag stand dann zunächst
die Pünktlichkeit oder Unpünktlichkeit
einiger Kursmitglieder im Mittelpunkt.
Während der S-Bahnfahrt zum nächsten
Programmpunkt wurden die Berliner
Pendler dabei unfreiwillig Zeuge eines
lautstarken Appells unserer Kurslehrerin
hinsichtlich der notwendigen Gruppendisziplin. Nach dem Besuch des
Technikmuseums wollte man sich genau
um 17.30 Uhr vor der Archenhold-Sternwarte treffen, und dieses Mal fiel es den
Schülern relativ leicht, ihre Pünktlichkeit
unter Beweis zu stellen, während nun
zur Belustigung des Kurses die Begleitkräfte etwas verspätet an dem abgelegenen Treffpunkt erschienen. Abends
wurde dann zum Abschluss gemeinsam
mit dem Pädagogik-LK mexikanisch
gegessen, woraufhin sich jeder auf seine
Art von dieser wunderbaren Stadt verabschiedete.
Schließlich saß man Freitagmorgen
im Bus, zwar reich an Erlebnissen, jedoch finanziell ausgeblutet und dazu
auch noch todmüde. Für Frau Appel unerwartet wurde niemand vermisst oder
war festgenommen worden und auch das
Kulturprogramm war erfolgreich absolviert, sodass man insgesamt von einer
gelungenen Fahrt sprechen kann, die den
Kurs ein Stück näher zusammenbrachte.
Sichtlich begeistert
zeigten sich die CaniAbiturienten, die an
der Stufenfahrt nach
Salzburg teilnahmen.
143
zur Vollendung des 3. Dezenniums:
Karsten Eppe
Maria Heilmann
März 2010
September 2010
zur Vollendung des 4. Dezenniums:
Veronika Diers
Thomas Große Ahlert
August 2010
August 2010
zur Vollendung des 6. Dezenniums:
Günter Horn
Dr. Klemens Müller
Oktober 2010
September 2010
zur Hochzeit:
Clemens Brüggenolte September 2010
zur Geburt eines Kindes:
Thomas Große Ahlert mit Mattis
Clemens Herholz mit Johannes Simon
* Januar 2010
* August 2010
Veränderungen 2010
Menschen und Momente
Neu im Kollegium:
Karsten Eppe Tanja König Kathrin Linden 144
Englisch, Sport Deutsch, Pädagogik Latein, Griechisch Februar 2010
August 2010
August 2010
Ausgeschieden:
Gesine Heisterkamp Januar 2010
In Pension ging:
Willi Sternemann
August 2010
Wir trauern um:
Alfred Bertram
† Juni 2010
† Nachruf auf
Alfred Bertram
Das Gymnasium Canisianum trauert
um Alfred Bertram. Der Pädagoge, am
22.09.1952 in Dortmund geboren, aber
schon bald mit seiner Familie nach
Lüdinghausen gezogen, fühlte sich seiner
neuen Heimatstadt stets sehr verbunden.
Zwischen 1963 und 1971 besuchte er
als Schüler das Canisianum, an das er
nach seinen Studienjahren in Münster
und Innsbruck sowie einem Referenda­
riat in Hamm im Februar 1982 als Lehrer
zurückkehrte.
Mit seinem viel zu frühen Tod
am 30. Juni 2010 hat das Canisianum
einen engagierten Lehrer für Latein
und Geschichte und einen überzeugten
christlichen Pädagogen verloren. Als mo-
derner Lateinlehrer hat Alfred Bertram
viele Schülerinnen und Schüler für die
abendländische Bildung begeistert und
erfolgreich zum Latinum und Abitur
geführt. Außerdem war er Mitverfasser
des lateinischen Lehrwerks „Salvete“
vom Cornelsen Verlag. Darüber hinaus
hat er als langjähriger Dozent der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster
eine Brücke zwischen Schule und Hochschule gebaut und so eine ganze Generation von lateinischen Lehramtsstudenten
fachdidaktisch geprägt. Als Moderator
des Comeniuswerks hat er sich ein europäisches Verdienst erworben: Mit vier
mehrjährigen internationalen Schulprojekten (z. B. „Latein auf Stein“, bei dem
alte Gebäude-Inschriften erforscht und
anschließend in Form eines Stadtführers
für Touristen herausgegeben wurden) hat
er unseren Schülerinnen und Schülern
ermöglicht, die Idee eines friedlich
vereinten Europas schon im Jugendalter
persönlich zu verwirklichen. Seitdem
sind Schulen in Luxemburg, Frankreich
und Polen dem Canisianum freundschaftlich verbunden.
Alfred Bertram wurde von Kollegen
und Schülern wegen seiner beeindruckenden Fachkompetenz als Latinist und
Historiker sowie wegen seiner christlich
geprägten Humanität gleichermaßen
geschätzt. In stiller Trauer und mit tief
empfundener Dankbarkeit gedenken wir
am Canisianum unseres lieben Lehrers
und Kollegen. REQUIESCAT IN PACE.
Edgar Dohmen, Dr. Uwe Carstens
Menschen und Momente
Herzlichen Glückwunsch
145
Hartmut Stutznäcker:
Menschen und Momente
„Schule wird weiter in meinem Leben
vorkommen“
146
„Schule gestalten“, das sei immer sein
Antrieb als Schulleiter gewesen, erklärte Hartmut Stutznäcker im November
letzten Jahres. Nach elf Jahren als Leiter
des Canisianum ging der 63-Jährige Ende
Juli 2011 in Pension. Diese Entscheidung sei nicht zuletzt aus gesundheitlich
Gründen gefallen. Angesichts der künftig
anstehenden wichtigen Entscheidungen
habe er „nicht mehr die nötige Kraft“
zur Verfügung. „Daher ist es richtig, jetzt
die Aufgabe zu übergeben.“ Aber auch
im Ruhestand werde die Schule weiter in
seinem Leben vorkommen.
Hartmut Stutznäcker war seit 1976
Lehrer. Studiert hat er in Münster und
München Germanistik und Philosophie.
In den 1980er Jahren hat er zudem ein
Studium der Evangelischen Theologie
absolviert. In allen drei Fächern hat er
auch am Canisianum Unterricht erteilt,
vorwiegend aber das Fach Deutsch. Er sei
immer gerne Lehrer gewesen und würde
diesen Beruf immer wieder ergreifen,
stellte er fest. Neben der reinen Wissensvermittlung hätten sich vor allem die
Die Zukunft für die Lüdinghauser
Schullandschaft sieht der Cani-Direktor
positiv. Trotz reduzierter Schülerzahlen
sei wohl keines der beiden Gymnasien
gefährdet. Die Kooperation beider Schulen betrachtet er als eine Bereicherung.
Mit Blick auf die in der Nachbarkommune realisierte Profilschule betonte
Stutznäcker: „Die Schüler aus Ascheberg
haben seit vielen Jahren ihren festen Platz
am Canisianum.“ Daran werde sich auch
künftig nichts ändern.
Die Frage, was einen guten Lehrer
ausmache, beantwortete Hartmut Stutznäcker nach kurzem Überlegen so: „Er
muss ein Freund der Schüler sein, aber
auch Distanz halten. Und er muss ein guter Wissenschaftler in seinem Fachgebiet
sein.“ WN
Menschen und Momente
Hartmut Stutznäcker verließ Ende Juli 2011 das Canisianum und ging nach elf
Jahren als Schulleiter in den Ruhestand.
privaten Schulen – wie es das Canisianum ist – auch immer einem christlich
geprägten Erziehungsauftrag verpflichtet
gefühlt. „Dieser Erziehungsgedanke ist
ein wesentlicher Bildungsbereich.“
Auch als Schulleiter habe er den Kontakt zu den Schülern nie verloren. Nicht
zuletzt habe er immer gerne die Aktivitäten der vom Cani intensiv betriebenen
Schüleraustausche begleitet – etwa im
Rahmen der Comenius-Projekte nach
Luxemburg oder Polen. Diesen Weg der
internationalen Begegnung beschreitet
das Canisanum auf europäischer Ebene
seit Jahren. Da sei er besonders froh, dass
„Kollegen da sind, die so etwas initiieren“.
Veränderungen im Schulalltag habe
er immer positiv betrachtet. „In der
Schule hat es nie Stillstand gegeben, weil
sich auch die Umwelt verändert“, sagte
Hartmut Stutznäcker. Vom früheren
Frontalunterricht sei man schon lange
abgekommen. Schulische Angebote seien
heute offener und lebendiger. „Es hat sich
ein Paradigmenwechsel vollzogen: Es
gilt nicht mehr, Inhalte zu unterrichten,
sondern Kompetenzen zu vermitteln.“
Auch der Umgang zwischen Lehrern und
Schülern habe sich gewandelt.
147
Menschen und Momente
Engagierter Vollblutmathematiker
148
Es konnte durchaus passieren, dass einer
der jüngeren Lehrer sich verwundert
umdrehte, wenn Wilhelm Sternemann
weißhaarig und mit wehenden Rockschößen in einer Freistunde durch die
Pausenhalle eilte, sich auf sein Fahrrad
warf, nach Hause radelte und 15 Minuten
später wieder im Lehrerzimmer stand,
um Unterbrochenes lächelnd fortzusetzen.
Unabhängig vom Anlass dieser
Beobachtung spiegelt es das energetische
Auftreten des heutigen Jung-Pensionärs
wider, der auch in den nicht seltenen
Stresszeiten nie seine Hilfsbereitschaft,
gehaltenen Unterrichtsstunden verbunden geblieben ist, spiegelt nicht nur das
bisher Gesagte wider, sondern auch die
Verwachsenheit mit einer Institution, deren Zugehörigkeit nicht auf Knopfdruck
beendet werden kann. Dafür „lebte“ er
das Canisianum zu sehr und dafür war
ihm das pädagogische Arbeiten zu sehr
Teil seiner Persönlichkeit. Trotzdem hofft
die ihm verbundene Schulgemeinde,
dass es ihm gelingt, im Ruhestand neue
Räume kreativer Tätigkeit zu erschließen
und wünscht ihm dafür alles Gute.
Gerold Meischen
Wilhelm Sternemann im
Ruhestand – die Zweite
Wilhelm
Sternemann und
die Chaos-AG
Als Vollblut-Mathematiker hat Wilhelm
Sternemann sich ganz der „Wissenschaft
von den formalen Systemen“ verschrieben. So war es auch kein Zufall, dass er
sich bereits in den 80er und 90er Jahren
für die „Chaostheorie“ begeistern konnte,
eine von der Computerunterstützung
lebende neue Forschungsrichtung, die
Wissenschaftler und Laien gleichermaßen fesselte.
Während sich die Chaostheorie –
nicht zuletzt durch Professor H.-O.
Peitgen in Bremen – zu einem Medien­
ereignis entwickelte, berechneten
auch Cani-Schüler bereits die an ihrem
Commodore-Computer erzeugten faszinierenden Bilder.
Aus einer Projektwoche heraus
(Motto: „Macht euch die Erde untertan!“) entwickelte sich unerwartet
ein Wassertropfen-Experiment der von
Wilhelm Sternemann geleiteten Cani„Chaos-AG“ zu einem Renner: Es gab
Einladungen an verschiedene deutsche
Universitäten – u. a. nach Berlin, Bremen
und München – zu Vorträgen und Vorführungen der von Schülern entwickelten Software. Auch anderes erregte weit
über Lüdinghausen hinaus Aufsehen:
Publikationen (zum Beispiel im Januar
1984 in der Fachzeitschrift „Spektrum
der Wissenschaft“), einschlägige Ausstellungen im Cani und in der Sparkasse,
zwei Wort-Bild-Kalender 1993 und 1996
(„Chaos meets Kunst“) sowie im Dezember 1993 ein Vortrags- und Podiums­
diskussions-Abend mit Prof. Peitgen und
anderen Experten, zu dem mehr als
500 Besucher in die Cani-Aula drängten.
Zwei Konzerte in der Cani-Aula
schlugen 1991 und 1995 die Brücke von
der Chaostheorie zur modernen Musik. In dem besonders großen Konzert
von 1991 etwa, im Rahmen des von der
damaligen Cani-Lehrerin Dr. Elisabeth
Pflüger initiierten „Orpheus-Festivals“,
Menschen und Momente
Wilhelm Sternemann im
Ruhestand – die Erste
seinen Humor und seine Fähigkeit zur
Selbstironie verlor. Diese Eigenschaften
und seine Bereitschaft, sich als VollblutMathematiker weit über das Pflichtsoll
hinaus für die Schule zu engagieren,
haben ihn nicht nur als Persönlichkeit
unverwechselbar werden, sondern ihn
auch in wissenschaftlichen Fachkreisen
bekannt werden lassen. Nicht zuletzt hat
ihn sein Gespür für die Möglichkeiten,
Schüler in kreative und wissenschaftliche
Projekte einzubinden, ausgezeichnet.
So hatte er unter anderem Freude
daran, fächerübergreifend das Schreiben
von Kriminal-Erzählungen zu initiieren,
bei denen das Lösen eines Kriminalfalls eng mit kniffligen mathematischen
Phänomenen verknüpft war. Dass eine
12er-Schülerin dann für ihren Text auch
noch ausgezeichnet wurde, wird ihm
besonders gefallen haben.
Unvergessen werden nach über dreißig Jahren auch die Auftritte Wilhelm
Sternemanns am Ende fast einer jeden
Lehrerkonferenz bleiben. Mit hohem Engagement schwor er die Lehrerschaft auf
die Besonderheiten und Notwendigkeiten im Umgang mit den Computerräumen unserer Schule ein. Deren kontinuierliche Erweiterung und wachsender
Qualitätsstandard waren vor allem sein
Werk.
Dass Wilhelm Sternemann auch
nach seinem offiziellen Ausscheiden
aus dem aktiven Dienst im Sommer
2010 dem Canisianum noch mit einigen
149
150
stand auch der ungarische Komponist
György Ligeti auf dem Programm,
und zwar mit Etüden für Klavier und
Cembalo, aber auch mit seinem von der
„Fluxus“-Bewegung inspirierten „Poème
Symphonique für 100 Metronome“ von
1962. Mit weißen Handschuhen bekleidet setzten Cani-Schüler damals die 100
tickenden Rhythmusgeber gleichzeitig in
Gang. Anschließend hielt Prof. Peitgen
seinen ersten Vortrag im Cani, und dies
mit Unterstützung durch Computerexperimente der Cani-Chaos-AG.
In einen 240 Seiten starken „Werkstattbericht“ mündete die Arbeit eines
13er-Mathe-Leistungskurses zur Chaostheorie, dessen Programm von Wilhelm
Sternemann entworfen worden war und
als Versuch mit einer Sondergenehmigung der Schulaufsicht durchgeführt
wurde. Daraus erwuchsen dann später für alle Teilnehmer entsprechende
Abitur-Aufgaben. Für diesen innovativen
Kurs ist damals eigens ein ComputerKlassenraum eingerichtet worden, mit
Windows-Rechnern, die im Laufe der
Zeit selbstverständlich durch neue und
immer leistungsfähigere ergänzt bzw.
ersetzt wurden. Dieser Raum wurde
damals zeitweilig auch zum Seminarraum für 20 interessierte MathematikKollegen aus ganz NRW, die sich mit
dem Programm des gerade erprobten
Modell-Kurses von Wilhelm Sternemann
vertraut machen wollten, um später ihre
eigenen Schüler auf einen ganz speziellen
Abitur-Stoff vorzubereiten.
Im Differenzierungsunterricht der
Sekundarstufe I und in der ComputerAG konkretisierte sich auch die Idee,
räumliche Fraktale aus den 2000 Jahren
alten platonischen Körpern nicht nur als
Computerbilder zu erzeugen, sondern
Modelle zum Anfassen zu basteln: Zuerst
entstand so mit Hilfe von 300 fleißigen
und geschickten Händen im Rahmen
eines Geometrie-„Events“ an der Uni
München ein riesiges Ikosaeder-Fraktal
aus Karton. Die Projektleitung lag bei Dr.
Christoph Pöppe, Redakteur von „Spektrum der Wissenschaft“, und Wilhelm
Sternemann.
Dieselben Personen waren dafür
verantwortlich, als ein anderes Mal in
der Cani-Aula auch Schüler und Lehrer von den Partner-Schulen in Polen,
Frankreich und Luxemburg (die der verstorbene Alfred Bertram zu „Comenius“Projekten mit dem Canisianum zusammengeführt hatte) mithalfen, die vielen
Kartonteile für ein riesiges DodekaederFraktal zuzuschneiden und zusammenzukleben. Einige Jahre schmückte das
aus einer Unzahl kleinerer und kleinster,
einander „ähnlicher“ Raumgestalten
bestehende Konstrukt – insgesamt zählte
man 12x20x20 Flächen – danach unsere
Aula, wie auch ein Fraktal aus Keplersternen, das im Jahr der Mathematik
2008 unter ähnlichen Bedingungen beim
Cani-Herbstforum entstand.
Karl-Heinz Kocar
Klaus Heisterkamp beendet aktive Laufbahn
Cani-Urgestein verlässt die Arena
Seit Jahrzehnten gehört Klaus Heisterkamp als fester Bestandteil zum Canisianum. Daher muss jedes Bemühen,
ihn vorzustellen und seine langjährigen
Aktivitäten zu würdigen, zunächst wie
„Eulen nach Athen tragen“ anmuten.
Dennoch soll an dieser Stelle ein Versuch
unternommen werden – vielleicht gibt
es ja noch Leser, die ihn nicht kennen.
Der Anlass dieses Artikels ist das
Ausscheiden von Klaus Heisterkamp
aus dem aktiven Schuldienst mit Ablauf
des vergangenen Schuljahres, also im
Sommer 2010. Zwar hatte er schon zwei
Jahre über seine Pensionsgrenze hinaus
unterrichtet, aber auch das ist für jeden
Kenner seiner Persönlichkeit fast schon
eine Selbstverständlichkeit. Denn wer
seinen Beruf so sehr liebt, wer seine
Fächer Latein und Griechisch nicht als
Job zum Geldverdienen, sondern als
Berufung versteht, wer junge Menschen
für alte Sprachen und vor allem für die
antike Kultur begeistern will, von dem
erwartet man quasi einen „lebenslänglichen“ Einsatz für seine Ideale.
Immer war Klaus Heisterkamp mit
Leib und Seele Lehrer und dementsprechend gehörte er zu den Pädagogen, die
nie darüber sprachen, wie lange sie denn
noch bis zur Pensionierung durchhalten
müssten. Der hauptsächliche Grund
dafür liegt wohl darin, dass seine Fächer,
die er unterrichtet hat, für ihn zum Mittelpunkt seines Lebens geworden sind,
sie sind in gewisser Weise sein Leben. Er
hat sich immer bedingungslos und mit
voller Überzeugung für sie eingesetzt
Menschen und Momente
Menschen und Momente
Fortsetzung von Seite 149
151
152
und wird das auch sicher weitermachen,
solange ihm seine Schaffenskraft erhalten
bleibt. Er ist in beiden Fächern ein kompetenter Fachmann und darüber hinaus
ein überzeugter Verfechter der gymnasialen Idee. Allerdings fiel es ihm in der
jüngsten Vergangenheit etwas schwer,
sich mit den neuen Medien anzufreunden. Der Computer und die Welt der
digitalen Kommunikation bildeten einen
doch zu großen Kontrast zu den poetischen Werken eines Horaz, Ovid oder
Catull. Angesichts seiner Begeisterung
für die Antike ist es nicht erstaunlich,
dass Klaus Heisterkamp weiterhin seine
bekannten Fahrten zu Zielen in Griechenland und Italien anbietet, an denen
in vielen Jahren Schüler/innen des Cani,
ehemalige Canisianer, Eltern von Canisianern sowie Kolleginnen und Kollegen
teilgenommen haben. Dafür und für sein
Bestreben, eine umfassende Kenntnis
der antiken wie der heutigen Kultur zu
vermitteln, hat er den „Verein zur Begegnung Jugendlicher mit Griechenland und
Italien“ gegründet.
Wer einmal an einer seiner Fahrten
teilgenommen hat, dem wird es unvergessen bleiben, wie Klaus Heisterkamp es
versteht, Menschen – egal welchen Alters
– in seinen Bann zu ziehen. Man muss
es erlebt haben, wenn er westfälische
Bildungshungrige durch Rom, Athen,
Olympia und Delphi führt oder ihnen
auf Kreta und Sizilien, in Neapel oder
Florenz antike oder neuzeitliche Spuren
erläutert. Seine Vorträge sind dabei eine
meisterhafte Mischung aus informativen
Führungen und humorvollen Einlagen
über Land und Leute. Dabei fällt es ihm
leicht, seine Gruppen auch durch das
moderne Griechenland bzw. aktuelle
Italien zu führen, denn er beherrscht
neben Latein und Alt-Griechisch auch
ihre heutigen Varianten.
Das, was jeden Teilnehmer seiner
Fahrten aber wahrscheinlich am meisten
berührt, sind seine philosophischen,
nachdenklichen und in die Tiefe gehenden Ausführungen. Sie entspringen nicht
selten seinem tiefen Glauben als katholischer Christ. Wenn man sich vor Augen
führt, dass Klaus Heisterkamp in aller
Regel seine Fahrten, an denen jeweils bis
ca. 25 Personen teilnehmen, selbst plant
und organisiert, kann man vielleicht erahnen, wie viel Arbeit damit verbunden
ist. Wenn man dann noch berücksichtigt,
dass die Organisation vor Ort aus Gründen einer spezifischen mediterranen
Mentalität nicht immer komplikationslos
abläuft, kann man ansatzweise ermessen,
wie viel Enthusiasmus nötig ist, um trotz
der einen oder anderen Enttäuschung
nicht in seinem Elan nachzulassen.
Selbst wenn es eines fernen Tages
einmal keine Fahrten mehr unter seiner
Regie geben sollte, so wird er seiner
Schule doch wohl immer verbunden
bleiben. Ad multos annos.
Josef Edelbusch, Peter Mönning
Julius Ehring (Mitte) umgeben won seinen alten
Kollegen Gerda Pi0trowiak, Ulrich Temme, Josef
Edelbusch und Karl-Heinz Kocar (v.l.)
Besuch bei Julius Ehring in Münster
In alter Verbundenheit
Es muss im Frühjahr 1983 gewesen sein,
als mit Erich Fried einer der bekanntes­
ten deutschsprachigen Lyriker der Nachkriegszeit am Canisianum zur Lesung
weilte. Organisiert hatte diese Veranstaltung Julius Ehring, der seit 1977 als
Deutsch- und Sportlehrer am Cani tätig
war und mit Engagement das kulturelle Leben an unserem Gymnasium
beeinflusste. Die älteren Mitglieder des
Cani-Kollegiums werden sich noch
daran erinnern, dass dieses Engagement
sich auch auf eine Schüler-Theatergruppe
erstreckte, die er langjährig mit der
Kollegin Susanne Laudick betreute und
der die Schule zahlreiche niveauvolle
Aufführungen verdankte. Als Julius
Ehring dann 1995 infolge einer schweren
Krankheit den aktiven Dienst quittieren
musste, war die Lücke lange nur schwer
zu schließen. Seitdem sind 16 Jahre vergangen, doch die Verbindung zwischen
Julius Ehring und dem Kollegium ist nie
abgerissen. So tragen auch heute noch
der eine oder andere Besuch von älteren
Mitstreitern dazu bei, dass die Cani-Vergangenheit des Kollegen lebendig bleibt,
besonders da er immer noch an den
Entwicklungen der Schule interessiert
ist und sie mit Humor begleitet. Bewundernswert ist für die Besucher auch die
Energie, mit der Julius Ehring und seine
Frau Anne den Einschränkungen durch
seine Krankheit begegnen. Diese Energie
scheint ihn auch vor allzu resignativen
Stimmungen zu bewahren und ihm zu
ermöglichen, seine Interessen im Rahmen des technisch Möglichen zu pflegen.
Gerold Meischen
Menschen und Momente
Menschen und Momente
Fortsetzung von Seite 151
153
Zeit die Arbeit der AG „Normen und
Werte“, einer primär von Eltern getragenen Gruppe zur Profilschärfung unserer
Schule.
Janina Behlert hatz sich in den
letzten Wochen vor den Sommerferien
den Anforderungen des Abiturs gestellt
und inzwischen die Schule verlassen. So
wie sie auf einer der letzten Lehrerkonfe-
renzen mit ihrer SV-Mitstreiterin Isabel
Kortenbusch auftrat und sich bei dem
Kollegium für die gute Zusammenarbeit
bedankte, so bedankt sich auch die Schule bei ihr und ihrem SV-Team für eine
ungewöhnliche und beeindruckende Zeit
der Kooperation. Wir entlassen ungern
eine außergewöhnliche Schülerin.
Susanne Laudick
Janina Behlert erhielt Ehrenamtspreis der Stadt
154
Als Bürgermeister Richard Borgmann
am 12. November letzten Jahres im Kapitelsaal der Burg Lüdinghausen zahlreiche Helfer aus den Vereinen und dem
öffentlichen Leben für ihr Engagement
würdigte und ihnen den Ehrenamtspreis
der Stadt als Dankeschön überreichte,
zählte auch die Cani-Schülerin Janina
Behlert aus der Jahrgangsstufe 13 dazu.
Sicher ist Janina nur eine unter
mehreren engagierten Vertretern ihrer
Jahrgangsstufe und doch ist es kein Zufall, dass gerade ihr der Preis überreicht
wurde, denn sie zeichnet sich durch ein
überdurchschnittliches Maß an Hilfsbereitschaft und Fürsorge aus, mit dem
sie sich für das Wohlergehen Anderer
einsetzt. Dabei tritt sie sensibel, ausgleichend und kritisch-konstruktiv auf,
so dass es nicht verwundert, wenn ihre
Mitschüler sie bereits in der Unter- und
Mittelstufe als Klassensprecherin und
in der Oberstufe zur Schulsprecherin
gewählt haben.
Enttäuschungen haben sie nie
entmutigen können. Vielmehr sieht sie
darin Ansporn und Verpflichtung. So
konnten nicht wenige Projekte unter
ihrem Einfluss mit Erfolg auf den Weg
gebracht werden. Eines davon war die
Streitschlichter-AG am Cani – ein Projekt, das mit Engagement auf den sozialen Ausgleich widerstreitender Parteien
im schulischen Alltag zielt und das sehr
deutlich von Janinas Fähigkeit profitierte,
Mitschüler zu motivieren und mitzureißen.
Aber es zeichnet Janina nicht nur
dieses Engagement für die Schülerschaft
aus, sondern auch ihr Eintreten für eine
positive Außenwirkung des Canisianum. Mit der ihr eigenen entwaffnenden
Offenheit und der nötigen Kreativität
bereicherte sie zum Beispiel über lange
Schülersprecher Niko Gernitz und Pia Quante im Interview
Für die Interessen der Schülerschaft
Durch die verkürzte Schulzeit am
Gymnasium (G8) zählt inzwischen auch
die zehnte Klasse zur Oberstufe, so dass
diese Jahrgangsstufe neben den jeweils
zwei Vertretern der Klassen elf und zwölf
ebenfalls zwei Schülersprecher stellt.
Die hauptamtlichen Schülersprecher
des Canisianum Pia Quante und Niko
Gernitz berichten im Gespräch mit dem
Kreiskurier von den Neuerungen in der
Schülervertretung (SV).
Frage: Ihr seid jetzt schon seit einem
Jahr im Amt und habt damit einige
Erfahrungen gesammelt. Was erwartet
ihr von den hinzugekommenen SVVertretern?
Niko Gernitz: Wir wollen gar keine
Erwartungen anstellen, sondern sind
überzeugt davon, dass Sonja, Lukas,
Mirja-Lisa und Till wissen, worauf sie
sich eingelassen haben. In ihrem ersten
Menschen und Momente
Menschen und Momente
Nachahmer willkommen!
155
Jahr dürfen die vier viele Erfahrungen
mitnehmen, die sie dann im nächsten
Jahr weitergeben können. Das beginnt
mit der ersten Schulkonferenz und der
zu organisierenden SV-Fahrt. Hier haben
wir die Möglichkeit, uns aufzustellen
und uns in Streitfragen zu positionieren.
Ich denke dabei an die Auflösung der
bisher geltenden Rahmenbedingungen
für das Berufspraktikum, aber auch an
die Valentinstag-Aktion, die von den
Schülerinnen und Schülern kaum mehr
wahrgenommen wird.
Menschen und Momente
Frage: Welche Aufgabe hat die Schülervertretung?
156
Pia Quante: Ganz einfach gesagt vertreten wir die Interessen der Schülerinnen
und Schüler unserer Schule, die uns
dafür auch gewählt haben. Doch man
kann nicht nach einer einzigen Aufgabe
fragen, denn als Schülersprecher muss
man vielfältig sein. Auf der einen Seite
vertreten wir, wie bereits erwähnt, die
Schülerschaft in der Schulkonferenz, aber
auf der anderen Seite erfordert es auch
neben einer gewissen Willensstärke und
Durchsetzungskraft Spontaneität und
Freude an organisatorischen Tätigkeiten.
Niko Gernitz: Jeder kennt das Engagement der SV, was die altbekannten Aktionen betrifft, doch es geht noch weiter:
Wir möchten Schule auch ein Stück weit
zum Erlebnis machen und ein Gemein-
schaftsgefühl schaffen, um auch Mobbing
und dem Einfluss der rechten Szene
entgegentreten zu können. So schön das
alles auch klingt, wir müssen uns aber
auch eingestehen, dass wir keine Wunder
vollbringen können.
Frage: Was sind diesbezüglich die Ziele
und weitergehenden Überlegungen der
SV?
Pia Quante: Wir haben erkannt, dass
wir einfach nicht alle Schülerinnen und
Schüler erreichen. Allerdings konzentrieren wir uns seit diesem Jahr verstärkt
darauf, über die Klassensprecher/Innen
und Stufensprecher/Innen Bewegung in
diese Angelegenheit zu bringen.
Daher freut es uns sehr, dass uns die Katholische Studierende Jugend (KSJ) hier
Hilfestellungen bietet. Nachdem sie uns
bereits bei der Projektwoche unterstützt
hat, welche im Wesentlichen von der SV
organisiert wurde, planen wir gemeinsam nun eine SV-Kletterfahrt im Mai, die
vor allem an die jüngeren Klassensprecher gerichtet ist, damit sie sehen, dass
es sich lohnt, Teil der SV zu sein und es
ihnen ermöglicht wird, Kontakte über
ihren Jahrgang hinaus zu knüpfen, was
schließlich den Jüngsten helfen wird, sich
in der Schulwelt zurechtzufinden. Dieses
Gemeinschaftsgefühl soll dann in die
Klassen weitergetragen werden.
Niko Gernitz: Wir gehen, was diese
Kooperation angeht, sogar noch einen
Schritt weiter und bieten den älteren Stufensprechern bald eine KSJ-SV-Fortbildungsfahrt an. Hier wünschen wir uns,
dass den Klassensprechern der Klasse 9
vermittelt wird, wie ein positives Miteinander in einer Jahrgangsstufe möglich ist,
sobald sich ihre alten Klassen in die einzelnen Kurse auflösen. Allen gemeinsam
bieten wir einen Einblick in die Rechte
der SV und machen ihnen das Amt des
Schülersprechers schmackhaft.
Da diese Punkte die Stufensprecher der
Einführungsphase und der Klasse 11
nicht mehr interessieren, spezialisieren
wir uns hier darauf, Hilfestellungen
bezüglich der Abi-Koordination zu
leisten. Denn wir wissen aus eigener
Erfahrung, dass man sich ein Jahr vor
dem Abschluss oft damit überfordert
fühlt, Veranstaltungen wie den Abi-Ball,
die Abi-Vofi und weitere Events auf die
Beine zu stellen. Da sind junge Erwachsene gefordert, die Verantwortung zu
übernehmen und ihr organisatorisches
Geschick unter Beweis zu stellen. Solche
Leistungen bleiben aber meistens unbemerkt und sollten viel mehr Anerkennung erfahren.
Pia Quante: Bisher war unsere Zusammenarbeit sehr angenehm. Wenn sich
Probleme anbahnen, sammeln wir die
einzelnen Argumente und finden immer
schnell einen Kompromiss. Jeder hat die
Möglichkeit, seine Meinung zu sagen
und das ist auch gut so.
Zudem meine ich, dass man eindeutig
vernünftiger arbeiten kann, wenn man zu
sechst ist. Dann wird auch eine Arbeitsteilung möglich. So kann sich jeder um
seine Aufgabe kümmern und weiß, dass
er jederzeit mit der Hilfe der anderen
rechnen kann.
Frage: Aber wird es nicht eindeutig
schwieriger, mit sechs Leuten in der
SV vernünftig zu arbeiten, wenn viele
verschiedene Meinungen aufeinandertreffen?
Niko Gernitz: An der Schulsituation
allgemein etwas zu ändern, wäre wirklich
schwer, denn jeden hier bewegt etwas
anderes. Mit der anlaufenden Aktion
„Schule mit Courage – Stimmen gegen
Niko Gernitz: In dem Zusammenhang
ist besonders wichtig, dass alle den gleichen Anlaufpunkt haben und dieser ist
unser neuer SV-Raum, den wir wirklich
brauchen. Mit dem neuen Sofa wirkt
er bereits wohnlich und man setzt sich
gerne zusammen, um alles Mögliche zu
besprechen. Da haben wir sogar Platz
für zwei weitere, so dass auch unsere SVLehrer Clemens Brüggenolte und Sigrid
Dorprichter ihren Platz haben – um sie
auch einmal zu erwähnen.
Frage: Was würdet ihr an der jetzigen
Schulsituation gerne ändern?
Menschen und Momente
Fortsetzung von Seite 155
157
Fortsetzung von Seite 157
Menschen und Momente
Rechts“ wollen wir Rassismus an unserer
Schule zum Thema machen. Es scheint
zwar bei uns keinen Grund dafür zu geben, denn schließlich ist die Anzahl der
Menschen mit Migrationshintergrund im
Kreis Coesfeld relativ gering, doch gerade deshalb bilden sich schnell Vorurteile,
weil man den Gegenüber einfach nicht
kennt.
158
Pia Quante: Es ist viel Arbeit, die wir in
diesem Jahr angestoßen haben, doch wir
hoffen, dass vor allem die Kooperation
mit der KSJ weiter gut läuft, die uns viel
ermöglicht. Erwartungen haben wir auch
gegenüber einer neuen Schulleiterin oder
einem neuen Direktor.
Seit diesem Jahr steht für uns auch im
Fokus, die Schülerschaft des Cansianum
mehr in das gesellschaftliche Geschehen
Lüdinghausens einzubinden. Das begann
mit den Projekttagen zum Thema „Was
is(s)t die Welt“, die sich oft auch mit
kritischen Fragen auseinandergesetzt
haben. So sammelte beispielsweise eine
Projektgruppe Lebensmittel für die Tafel
in Lüdinghausen und machte auf dem
Marktplatz auf soziale Missstände in
unserer doch so wohlhabenden Region
aufmerksam.
Niko Gernitz: Es ist auch die Sozial-AG
zu erwähnen, die in den Startlöchern
steht. Hier werden Senioren von Schülern im Umgang mit dem Computer
unterrichtet. Auch hier setzen wir auf
mehr Präsenz. Denn wir wollen nicht
nur behaupten, sondern auch zeigen,
dass für uns die Gemeinschaft im Mittelpunkt steht.
Canisianer
spenden: Geld
Canisianer
spenden: Blut
Die Schülersprecherinnen Janina Behlert (l.) und Isabel Kortenbusch (r.) sowie die SV-Lehrerin Sigrid Dorprigter
freuten sich Ende Januar diesen Jahres
über das Ergebnis der Spendensammlung für Haiti. 660,- Euro sammelten
die jeweiligen Klassensprecher von
ihren Mitschülerinnen und Mitschülern ein. Das Leid der Menschen in
dem von einem katastrophalen Erdbeben heimgesuchten Land habe
die Jugendlichen betroffen gemacht,
so SV-Lehrerin Dorprigter. Das Geld
wurde wie die Spenden der drei
anderen weiterführenden Schulen in
Lüdinghausen an die Kindernothilfe
überwiesen. WN
Seit fünf Jahren hat die jährliche Blutspende am Canisianum ihren festen Platz
im Terminkalender der Schule. Ende
Januar 2010 fand der Aufruf des DRKBlutspendedienstes eine große Resonanz.
Von den 57 Jugendlichen ab 18 Jahren,
die sich an der Aktion beteiligten, waren
35 Erstspender. Entsprechend erfreut
waren nicht nur die Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter des Blutspendedienstes,
sondern auch die SV-Lehrerin Sigrid
Dorprigter. Bei ihr liefen die Fäden der
Organisation zusammen.
Auf den Blutspendetermin vorbereitet wurden die Jugendlichen durch ihren
Mitschüler Felix Rusche. Der DRK-Ausbilder informierte eine Woche vor dem
Termin über alle Fragen rund um das
Blutspenden. Bei der damaligen Typisierungsaktion entstand nicht nur die Initiative für regelmäßige Blutspendetermine,
sondern auch die für die Gründung eines
Schul-Sanitätsdienstes. WN
Vermischt und Aufgeschrieben
Die neuen Schülersprecher des Canisianum:
(v.l.) Mirja-Lisa Walz
(Klasse 10), Till Hönecke
(Klasse 10), Lukas Klunke
(Klasse 11) und Sonja
Neitzke (Klasse 11).
159
Zur historischen Entwicklung des Canisianums, Teil 1
Von den Anfängen bis in die
Nachkriegszeit
160
Hürfeld und das Schülerheim
Um den Anfängen des Canisianums
nachzuspüren, muss man noch ein wenig
weiter zurückschauen und dieser Blick
zurück lohnt sich durchaus, denn das
Ca­nisianum hat zu Recht Grund, auf
diesen Teil seiner Wurzeln und seiner
Geschichte stolz zu sein.
Die schulische Geschichte ist untrennbar mit dem Engagement eines damals jungen Pfarrers namens Bernhard
Hürfeld verbunden. Als dieser 1924 nach
Lüdinghausen kam, hatte er die Gründung einer schulischen Anstalt bereits
fest im Blick: Die Etablierung des Schulträgervereins erfolgte ein Jahr darauf am
10.April 1925. Über die Motivation, sich
für zum Teil entwurzelte junge Menschen einzusetzen, kann man heute nur
spekulieren, sie dürfte allerdings eng mit
seinem christlichen Weltbild zusammenhängen. Dazu beigetragen haben sicher
auch die Erfahrungen Bernhard Hürfelds in den sozialen Brennpunkten des
Arbeiterstadtteils Berlin-Wedding. Auch
dort gründete Pfarrer Hürfeld bereits ein
Kinder- und Jugendhilfewerk. So gelang
es ihm, Ende 1925 in der Münsterstraße
32 ein Schülerheim zu eröffnen, das
zur Landwirtschaftsschule gehörte, die
sich in der Burg Lüdinghausen befand.
Der Ursprung des Namens
Dass Bernhard Hürfeld dieser Einrichtung den Namen „Canisianum“ gab, lag
in mehrfacher Hinsicht nahe: Als Jesuit
war er dem ersten deutschen Jesuiten
Petrus Canisius besonders verbunden,
denn dieser war ein erfolgreicher, so-
Oben: Schülerheim in der
Münsterstraße
Rechts: Schulgründer
Bernhard Hürfeld
Vermischt und Aufgeschrieben
Vermischt und Aufgeschrieben
Fragt man in Lüdinghausen nach den
Anfängen unserer Schule, so erhält
man von dem einen oder anderen Interessierten zwar die Antwort, dass das
Canisianum die erste höhere Bildungseinrichtung war, die nach dem Zweiten
Weltkrieg in Nordrhein-Westfalen ihren
Betrieb wieder aufnehmen konnte, weitere Kenntnisse über die Historie unserer
Schule aber liegen kaum vor.
161
Links: Das Kollegium des Canisianum im Jahre 1938
Mitte: Die Küche des Schulheims in den 20er Jahren
Rechts: Der Präfekt des Canisianums, Johannes Goebels,
hier von Schülern umringt, wurde 1944 im Konzentrationslager Dachau ermordet.
162
zial engagierter Wisssensvermittler. So
stellte er zum Beispiel dem lutherischen
Katechismus eine katholische Ausgabe
gegenüber, die allein bis zu seinem Tode
über 200-mal nachgedruckt wurde.
Ferner besuchte Pfarrer Hürfeld während
seines Studiums und seiner Promotion in
Innsbruck eine Einrichtung mit diesem
Namen, die auch schon die Kardinäle
Frings und von Galen beherbergt hatte.
Im Jahr 1925 setzte zudem mit der
Heiligsprechung von Petrus Canisius sowie mit dessen Ernennung zum Kirchenlehrer eine Canisius-Verehrung ein.
Von Anfang an versuchte Bernhard
Hürfeld, sein Unternehmen in Lüdinghausen gegen alle Widerstände zu erweitern. So wurde im Jahre 1927 ein weiteres
Haus in der Klosterstraße gekauft, um
der steigenden Nachfrage von auswärtigen Schülern gerecht zu werden. Zu den
Aufgaben Bernhard Hürfelds zählten in
dieser Phase nicht nur die Leitung dieser
Häuser, sondern nach wie vor auch
seine Tätigkeit als Religionslehrer an der
genannten Landwirtschaftsschule.
Schule mit Bauernhof
Mit der Wirtschaftskrise Ende der 20er
Jahre sank die Nachfrage nach Internatsplätzen in den Schullandheimen. Pfarrer
Hürfeld versuchte das auszugleichen,
indem er Vorbereitungskurse auf das Abitur anbot. So wurde 1932 das „Pädagogium Canisianum“ als Vorbereitungsanstalt
ohne Abschlussberechtigung gegründet.
Auch mit dieser Gründung hatte Bernhard Hürfeld durchschlagenden Erfolg,
und daher mietete er 1935 sowohl das
Schloss Westerholt als auch das Haus
Schrey in der Münsterstraße 51 an. Auf
dem Gelände des Schlosses entstanden
Pavillons, und zur Versorgung der Schüler sowie Angestellten wurde in DülmenMerfeld der Marienhof gepachtet. An
schulfreien Tagen war dieser Bauernhof
gleichzeitig ein beliebtes Ausflugsziel
für Schüler und Lehrer. In diesen Jahren
besuchten um die 300 Schüler das Canisianum, die von mehr als 20 Lehrern
betreut wurden.
Nationalsozialisten machen Druck
Gleichzeitig zogen dunkle Wolken aus
einer ganz anderen Richtung auf. Früh
zeichnete sich ab, dass es mit den Nationalsozialisten große Konflikte geben
würde. Eine geplante Übernahme einer
Schule auf der Nordseeinsel Juist wurde
von den Nationalsozialisten aus politischen Gründen untersagt. Damit begann
der ungleiche Kampf des entschiedenen
Pfarrers mit dem erkennbar mächtigeren
Regime. Bernhard Hürfeld wurde zunächst die Lehrerlaubnis für seine Fächer
Deutsch und Geschichte entzogen, und
1936 wurde die zwangsweise Entlassung
aus dem Dienst an der Landwirtschaftsschule angeordnet, und zwar ohne
Pensionsansprüche. Ende 1938 erfolgte
dann die Anordnung der stufenweisen
Einstellung des Lehrbetriebs am Cani-
Vermischt und Aufgeschrieben
Vermischt und Aufgeschrieben
Fortsetzung von Seite 161
163
Die Baracken beherbergten
bis zur Einweihung der
Schule 1967 den kompletten
Schulbetrieb.
Fortsetzung von Seite 163
Bernhard Hürfeld im Religionsunterricht des Jahres 1959
Inhaftierung der führenden Köpfe
Der abschließende Schlag gegen die
Schulinstitute Bernhard Hürfelds erfolgte
im Herbst 1942: Alle Gebäude wurden
beschlagnahmt, der Betrieb des Schullandheims endgültig geschlossen. Anlass
war ein Jungenstreich von Schülern des
Canisianums. Daraufhin wurden die
führenden Köpfe der Schule festgenommen: Bernhard Hürfeld, Kaplan Anton
Bornefeld, Pfarrer Johannes Goebels,
Dr. Kleinesorge und Dr. Brockhoff.
Zunächst erfolgte die Verschleppung in
ein Gefängnis nach Recklinghausen und
von da im Januar 1943 die Einweisung in
das KZ Dachau, wobei die Geistlichen im
dortigen Pfarrerblock interniert wurden.
Pfarrer Goebels überlebte die dortige
Tortur nur vier Wochen. Dr. Kleinesorge,
der Leiter der Landwirtschaftsschule,
starb nach einem Jahr KZ-Aufenthalt.
Die Asche von Dr. Kleinesorge konnte
Pfarrer Hürfeld noch mit nach Lüdinghausen bringen, wo er sie im September
1945 beisetzen ließ.
Kriegsende und Neugründung
Unvorstellbar erscheint heute die
Energie, über die Bernhard Hürfeld
damals verfügt haben musste, um nach
der schweren Zeit im Pfarrerblock
von Dachau sich sofort wieder seinem
Lieblingsprojekt – der Gründung einer
katholischen Schule – zu widmen. Sein
KZ-Aufenthalt wendete sich jetzt allerdings zu einem Vorteil: Einen besseren
Vermischt und Aufgeschrieben
sianum, dessen Größe auf 400 Schüler
und 30 Lehrer angewachsen war. Diese
Aufforderung wurde 1939 wiederholt:
Als Schließungsdatum der Anstalt wurde
das Jahr 1941 angegeben. 1942 wurde
der Lehrbetrieb des Canisianums dann
endgültig eingestellt, während der Internatsbetrieb des Schullandheims vorerst
weitergeführt werden konnte.
165
Vermischt und Aufgeschrieben
Fortsetzung von Seite 165
166
Beweis, nicht in die Machenschaften
der Nazis verstrickt gewesen zu sein,
konnte es nicht geben.
Nach dem Krieg setzte Bernhard
Hürfeld seine Vision einer katholisch
geprägten Schule weiter um: Zunächst
erfolgte die Wiederaufnahme des
Schulbetriebs 1945, als von der Existenz eines Bundeslandes NordrheinWestfalen noch gar nicht die Rede
sein konnte, denn auf dessen Gründung verständigten sich die Briten
als alliierte Siegermacht erst 1946.
Im Zuge der Realisierung der Vision
Bernhard Hürfelds folgte die Gründung einer Realschule mit Internat auf
Burg Crassenstein und die Planung
des Neubaus des Canisianums, dessen
Vollendung 1967 zu erleben Bernhard
Hürfeld aber nicht mehr vergönnt
war. Er starb am 19. Oktober 1966.
Dr. Georg Schütz
Gastschüler aus aller Welt
Die heimatliche
Familie wurde
vermisst
Von Italien nach Deutschland, um die
Sprachen Latein und Altgriechisch zu
lernen? Diesen Weg ist Alessia Bove
gegangen. Die 18-Jährige aus der Nähe
von Neapel hat sich für ihr Austauschjahr
bewusst das Canisianum in der Steverstadt ausgewählt. „In meiner Heimat
wäre das so nicht möglich“, betonte sie.
Da seien der Fächerkanon viel starrer
strukturiert und die Wahlmöglichkeiten
deutlich geringer. Dementsprechend kam
sie über eine Austauschorganisation nach
Deutschland. Über dieses Engagament
der jungen Italienerin und ihre Liebe zu
den alten Sprachen freuten sich nicht
zuletzt Klaus Heisterkamp, der seit vielen
Alessia Bove aus Italien (vorne links),
Rodrigo Orriolagotia aus Bolivien und
Ida Laybourn aus Dänemark verbrachten das letzte Schuljahr am Canisianum.
Sie wurden dabei von Uwe Carstens
(hinten rechts.), Klaus Heisterkamp (hinten Mitte)und Edgar Dohmen betreut.
Jahren als Lehrer für Latein und Altgriechisch am Cani aktiv ist, und sein Kollege
Edgar Dohmen. Doch die produktive
Möglichkeit des Lernens am Cani hat sich
allem Anschein nach noch weiter herumgesprochen. So besuchte mit Rodrigo
Orriolagotia ein junger Bolivianer die
Jahrgangsstufe 11. „Ich habe in meiner
Heimatstadt Santa Cruz früher die deutsche Schule besucht und mein Großvater
war Deutscher“, berichtete der 17-Jährige
und äußerte seinen Wunsch, dieses Land
selbst zu bereisen.
Ida Laybourn kam dagegen aus Kopenhagen. Die Dänin hatte Deutschland
während eines Urlaubs erlebt. „Danach
Vermischt und Aufgeschrieben
Das ehemalige Internatsgeäude steht noch immer
in der Münsterstraße.
wollte ich das Land besser kennenlernen“, betonte sie im Gespräch und
kam nach Lüdinghausen, wo sie sich
mittlerweile sehr wohl fühlt. Sprachschwierigkeiten und die Gedanken
an Familie und Freunde hätten den
Anfang etwas schwierig gestaltet, aber
das habe sich schnell gelegt, sagte die
18-Jährige. Geholfen habe dabei vor
allem auch Dr. Uwe Carstens, der am
Cani als Oberstufenkoordinator für
die Betreuung der ausländischen Gastschüler zuständig ist.
„Madonna mia“, entfuhr es Alessia
Bove auf die Frage nach den Sprachproblemen im Unterricht. Das wollte
sie allerdings nicht auf das Lateinische
oder Griechische bezogen wissen, da
fühle sie sich sicher. Vielmehr ging
es um die deutsche Sprache, die ihr
in den ersten Wochen viel zu schnell
gesprochen wurde. Doch auch das
habe sich dank eines „Spezialtrainings“
gelegt, versicherte Klaus Heisterkamp,
der darüber hinaus mit seinen Italienischkenntnissen gut als Dolmetscher
fungieren konnte.
Alle drei Jugendlichen waren sich
sicher, dass sie von ihren Erfahrungen in Deutschland später beruflich
profitieren werden. So könnte sich
Rodrigo vorstellen, in seinem Gastland
z. B. Medienwissenschaften zu studieren. Eines vermissten aber alle drei –
ihre Familien. Bei Alessia klang das so:
„Weihnachten waren wir hier zu viert.
Zu Hause in Italien sind wir 30 Leute,
die feiern.“ WN
167
Leonie Wiedom über ihr Studium in England
168
Bereits in der Jahrgangsstufe 11 wusste ich, dass ich Psychologie studieren
wollte. Das Verhalten von uns Menschen
empirisch zu untersuchen – etwas Spannenderes konnte ich mir nicht vorstellen.
Auch die Praktika in einer Psychiatrischen Einrichtung sowie im PR-Bereich
bei einer Organisation für Entwicklungshilfe stärkten mich in meiner Überzeugung.
Dass es allerdings so schwierig
würde, einen Studienplatz zu finden,
hatte ich unterschätzt. Nachdem ich die
Sommerferien nach dem Abitur 2007
mit dem Verfassen von Bewerbungsschreiben verbracht hatte, war die Enttäuschung groß, als ich nicht sofort einen
Studienplatz bekam. Zum Glück stand
noch ein Englisch-LK-Treffen an, bei
dem mir Herr Dr. Carstens vorschlug,
mein Studium in England zu beginnen:
Canterbury sei ein attraktiver Studienort.
Für mich war die Option neu, obwohl
ich mir schon seit Längerem vorstellen
konnte, einmal für eine gewisse Zeit ins
Ausland zu gehen – aber dort zu studieren und dann ohne jegliche Erfahrung,
wie das System „Uni“ funktioniert … ?
Da ich aber nichts unversucht lassen
wollte, habe ich mich für ein Psychologiestudium (BSc) an der University
of Kent in Canterbury und auch an der
University of Edinburgh beworben.
Nach drei Tagen hatte ich die Zusagen. Um auch wirklich sicher zu sein,
habe ich bestimmt viermal in Canterbury
angerufen und gefragt, ob die Zusage
nicht doch ein Missverständnis sei. „Of
course, not!“, hieß es. „Congratulations,
Leonie! We can’t wait to welcome you in
Canterbury.“ Spätestens ab dem Moment
war mir klar, dass ich den Studienplatz
in Canterbury annehmen würde. Einen
so herzlichen Umgang war ich von vielen
deutschen Universitäten, mit denen ich
Verbindung aufgenommen hatte, nicht
gewohnt. Auch wenn der Anfang in
der fremden Stadt natürlich nicht ganz
einfach war, denn England hat trotz
seiner räumlichen Nähe eine ganz andere
Kultur, bin ich im Nachhinein glücklich
und dankbar, dass ich diesen Schritt
gewagt habe. Die Aufgeschlossenheit der
englischen Studentinnen und Studenten,
die persönliche Beziehung zu den Professoren, das internationale Umfeld mit
Studenten und Dozenten aus über 130
Nationen, das Angebot an Wahl- und
Pflichtfächern, die Auslandsaufenthalte
während des Studiums sowie die Freizeitmöglichkeiten machen die Universität Kent wirklich einzigartig. Außerdem
ist Canterbury mit seiner Kathedrale
als Zentrum der Anglikanischen Kirche Englands eine äußerst sehens- und
lebenswerte historische Stadt in einer
wunderschönen Landschaft.
Nicht zuletzt aufgrund der zwei
Universitäten in Canterbury hat auch das
Nachtleben einiges zu bieten. Da mir das
Psychologiestudium an der University
of Kent so gut gefiel und es sich auch
herausstellte, dass ein Wechsel nach
Deutschland während des Bachelorstudiums nicht ganz unkompliziert ist, bin ich
dort drei Jahre geblieben – bis ich im Juli
2010 meinen Bachelorabschluss hatte.
Die festliche Zeugnisübergabe in der
Kathedrale mit Orlando Bloom als Ehrengast (gebürtig aus Canterbury) wollte
ich mir nicht entgehen lassen. Mein
Studium ist international anerkannt –
auch in Deutschland. So stehen mir also
nun alle Türen offen. Seit September
2010 studiere ich Social & Organizational Psychology (MSc) in Leiden in den
Niederlanden, wo ich sehr von meinem
Fachwissen aus der Zeit in England
und natürlich von den Sprachkenntnissen profitiere. Der Master wird in den
Niederlanden für die meisten Fächer auf
Englisch angeboten.
Natürlich ist es eine Herausforderung, sich in einem fremden Land
zurechtzufinden und man lernt seine
Heimat zunehmend zu schätzen. Aber
ich bin sehr stolz auf meine internationalen Erfahrungen. Wenn sich jemand
von euch/Ihnen näher für ein Studium in
England oder den Niederlanden interessiert, könnt ihr euch/ können Sie sich
gerne bei mir melden, und zwar unter
der Adresse: „Leoniewiedom@aol.com“.
Bye for now, tot ziens und bis bald, Leonie
Cani Community
Cani Community
Abitur – und was dann?
169
Cani Community
Mit der Sonne im Gepäck …
170
Kurz vor den Abi-Vorklausuren entschied ich mich, nach dem Abitur erst
einmal ein Jahr freizumachen, bevor
es mit dem Studium losgehen sollte.
Meine Wahl fiel schnell auf Südamerika
und hier auf Ecuador, benannt nach der
Äquatorlinie, die durch das Land läuft.
Somit machte ich mich nur wenige
Tage nach unserem Abiball im Sommer
letzten Jahres auf die weite Reise in eine
für mich vollkommen unbekannte und
aufregende Welt. Ich sollte eine neue
Sprache lernen, viele interessante Menschen treffen und eine wunderschöne
Zeit dort verbringen.
Ich kam in der Nacht bei strömendem
Regen in Quito, der Hauptstadt Ecuadors, an. Der Landeanflug gestaltete
sich ziemlich spektakulär, weil wir in
2800 Metern Höhe auf ein Häusermeer
zuflogen, an dessen Ende ein Berg emporragte.
Abgeholt wurde ich von einem Lehrer der Sprachschule, in der ich Spanisch
ein Meerschwein zu essen, ist gar nicht
schön.
Nach diesem ersten, verrückten Wochenende begann unser Sprachkurs. Wir
waren eine Gruppe von drei Mädchen
und hatten immer eine Menge Spaß
mit unserer Lehrerin, die uns zuerst
Worte wie „Chuchaqui“ (einen Kater
haben) und „Te quiero“ (ich mag dich)
beibrachte. Grundlegende, wichtige
spanische Wörter, wie sie fand.
Nach vier Wochen Sprachkurs
begann dann endlich meine Arbeit in
der Fundacíon S.O.S Santa Rita, einer
Kindertagesstätte im Süden der Stadt
Quito. Die Busfahrt dauerte jeden Morgen bei viel Verkehr eineinhalb Stunden
und kostete 25 Cent. Meine Aufgabe in
der Kindertagesstätte bestand darin zu
helfen, wenn die Kinder aßen, mit ihnen
zu spielen, zu basteln, zu malen, sie ganz
viel zu knuddeln und ihnen Liebe zu
schenken. Diese bekamen sie von den
Gruppenleiterinnen nämlich leider nur
sehr selten.
Morgens, wenn man durch das Tor
kam und den Comedor (Speisesaal)
betrat, rannten einem die Kinder schon
entgegen und riefen „Hola Ela“. Ich war
so fasziniert von diesen Kindern, die alle
so süß waren und sich mit dem wenigen
zufrieden gaben, was sie hatten. Einmal
fragte mich beim Mittagessen ein Kind,
ob meine Schwester zu Hause ein Bett
hätte, da sie selbst nur auf Pappkartons schlafe. Die Vorstellung, dass das
Cani Community
Raphaele Potts als Volunteer in Ecuador
lernen sollte. Er sprach mich in schnellem Spanisch an, aber alles, was ich bis
dahin wusste, war „Hola, como estás?“
(„Wie geht’s dir?“). Er erzählte mir von
der Cocktailparty, die an diesem Abend
in der Schule stattgefunden hatte und
ich bekam das Gefühl, dementsprechend
fuhr er auch. Mit dem nächsten Satz lud
er mich zu einer Fiesta ein. Ständig hupte
er, überholte rechts und links. Einige Zeit
später erfuhr ich, dass dies für Ecuador
ganz normal war. Straßenverkehrsregeln
gibt es kaum. Wer als Erster hupt, darf
fahren.
Carlos, der Fahrer, brachte mich zu
meinem neuen Zuhause, dem „Volunteer house“, in dem viele Freiwillige aus
Deutschland, Österreich, aber auch aus
England, Holland oder Kanada lebten.
In der Nacht lernte ich meine Zimmerpartnerin Judith kennen, mit der ich
mich wie mit einer Schwester verstand.
Am nächsten Tag gab es eine Einführung
in der Sprachschule und eine kleine
Stadtführung. Wir lernten hierbei schon
viele Leute kennen und meldeten uns
sofort für den ersten Ausflug mit der
Sprachschule zum Otavallo-Markt an
– ein Ausflug zu einem traditionellen
Indigena-Markt. Wir waren überwältigt
von all den Farben, den Menschen und
der Kultur. Dort in Otavallo hatten wir
auch die Möglichkeit, das landestypische
„Cuy“-Essen (Meerschweinchen) zu
probieren. Es schmeckt eigentlich wie
Hühnchen, aber die Vorstellung, gerade
171
172
Mädchen mit seinen vier Geschwistern
auf Kartons schlafen musste, macht
mich jetzt noch traurig. Die Kinder sind
mir in den drei Monaten, in denen ich
dort gearbeitet habe, so sehr ans Herz
gewachsen, dass es mir schwerfiel, von
dort wegzugehen. Die Fröhlichkeit und
Herzlichkeit, mit der mir die Kinder
begegneten, zeigten mir jeden Tag wieder
aufs Neue, dass man sich mit dem zufrieden geben sollte, was man hat.
An den Wochenenden begaben wir
uns immer wieder auf aufregende Reisen
durch das wunderschöne Ecuador. Es
gab so viel zu entdecken. Besonders
beeindruckend war der Ausflug in den
Dschungel. Wir mussten zwei Stunden
mit dem Kanu fahren, um zu unserer
Lodge zu kommen. Dort lebten wir vier
Tage ohne Strom und warmes Wasser
– zusammen mit Taranteln, Schlangen
und Moskitos. Wir sahen Krokodile, rosa
Flussdelfine, giftige Frösche und Affen.
Außerdem backten wir Yuka-Brot mit
einem echte Schamanen und seiner Frau.
Das Brot bestand nur aus der Wurzel der
Yuka-Pflanze.
Die Reisen an die Küste, zu Kraterseen, Nebelwäldern, Wasserfällen und
Vulkanen waren einfach nur unbeschreiblich. Die Schönheit der Natur
dieses Landes ist einfach überwältigend
und atemberaubend. Oft setzten wir
uns abends in einen der Nachtbusse
und fanden uns am nächsten Morgen in
einer vollkommen neuen Welt wieder,
denn Ecuador gliedert sich in so unterschiedliche Räume wie die Costa (der
Küstenstreifen), die Sierra (das Gebirge)
und den Oriente (den Osten) mit dem
Regenwald.
Dennoch blieben wir auch häufig in
der Hauptstadt Quito, die relativ westlich
wirkt, um die Altstadt im Kolonialstil
zu erkunden, im Park zwischen Einheimischen landestypische Spezialitäten zu
probieren und uns die Sonne ins Gesicht
scheinen zu lassen. Abends gingen wir
oft in unserem Viertel, was „Gringolandia“ genannt wurde, da dort viele
Gringos (westliche Menschen) leben,
in Restaurants, Bars und Clubs. Gerne
besuchten wir auch die Salsa-Läden,
um dort mit Einheimischen unsere im
Unterricht erlernten Salsa-Rhythmen zu
verbessern. In dieser Zeit habe ich viele
Einheimische kennengelernt, die uns immer wieder neue, aufregende Dinge ihrer
Kultur gezeigt haben und mit denen
wir Spanisch sprechen konnten. Ich war
immer wieder erstaunt über ihre Offenheit, Herzlichkeit und Großzügigkeit. Es
wurde immer alles geteilt, obwohl viele
Menschen dort nur sehr wenig haben.
Leider wurde unsere Euphorie in Bezug auf dieses Land und die Leute durch
einen Putschversuch getrübt. Ende September 2010 streikte die Polizei in ganz
Ecuador. Banken, Supermärkte, kleine
Läden und selbst die Menschen auf der
Straße wurden ausgeraubt. Die Menschen liefen mit Waffen über die Straße.
Auf den Straßen lag Dreck, und Autoreifen brannten. Der Präsident wurde von
einer Rauchbombe getroffen und lag im
Krankenhaus. Alle Menschen wurden aufgefordert, im Haus zu bleiben.
Wir Volunteers saßen zusammen vor
dem Fernseher und verstanden zuerst
gar nicht so recht, was um uns herum
eigentlich passierte. Keiner konnte uns
sagen, wie lange dieses Chaos andauern
würde. Die Grenzen waren gesperrt und
die Flughäfen geschlossen. Zum Glück
schien sich die Lage bereits am nächsten
Tag wieder beruhigt zu haben. Nichtsdestotrotz herrschte immer noch der
Ausnahmenzustand. Das Militär fuhr
in Lastwagen und mit Gewehren in der
Hand durch die Straßen.
Bevor ich mein zweites Projekt auf
den Galápagos-Inseln starten sollte,
hatte ich zwei Wochen Urlaub und begab
mich mit meiner Schwester, die mich
in diesem Teil der Welt besuchte, auf
eine Bagpacking-Tour durch Peru und
Bolivien. Auch hier erfuhren wir die
Freundlichkeit der Südamerikaner und
die Vielfalt dieser beiden Länder.
Nach dieser Reise startete ich in ein
weiteres Abenteuer. Ich machte mich auf
in die verzauberte Welt der GalápagosInseln. Dort arbeitete ich vier Wochen
in der Station „Fundación Jatun Sacha“
auf der Insel San Christóbal. Diese
Stiftung bemüht sich seit vielen Jahren
darum, überall in Ecuador die Wiederaufforstung, die Wiederherstellung von
Biotopen und die Landwirtschaft zu
fördern. In der Station lebten wir unter
sehr einfachen Bedingungen in Holzund Betonhäusern. Tagsüber gab es zwei
Arbeitseinheiten, in denen wir entweder
für den Nationalpark arbeiteten oder auf
unserer Station Mora (Himbeere) hackten, da diese dort für die anderen Pflanzen gefährlich ist. Am Wochenende ging
es immer hinunter in den Hafen. Dort
waren wir oft am Strand, wo wir mit
Robben, Schildkröten, bunten Fischen
und Haien schwimmen und schnorcheln
gingen.
Das halbe Jahr als Volunteer in Ecuador hat mich stark geprägt. Ich würde
die Entscheidung, nach dem Abitur ins
Ausland zu gehen, immer wieder treffen
und kann diesen Schritt nur jedem empfehlen. Raphaele Potts
Cani Community
Cani Community
Fortsetzung von Seite 171
173
Raphael Reher und
Tobias Thüner berichten von
spannenden Erfahrungen
Cani Community
Nach dem
Abitur 29 Tage
durch Europa
174
Nachdem wir im letzten Frühjahr erfolgreich unser Abitur am Cani gemacht
hatten und dies auf dem Abiball noch
einmal ausgiebig mit allen Weggefährten
feiern konnten, starteten wir einige Tage
später unsere lang geplante und ersehnte
Europatour.
Die strapaziösen Lernwochen und
nervenaufreibenden Klausuren hinter uns lassend, packten wir das Auto,
das wir glücklicherweise von unseren
Eltern gestellt bekamen und das für den
nächsten Monat unser Zuhause darstellen sollte, und machten uns auf den
Weg. Am 15. Juli 2010 verließen wir bei
Zur Erholung verbrachten wir die
nächsten zwei Tage vorwiegend im
Auto und bewegten uns dabei in Richtung Provence. Auf dem Weg ließen
wir natürlich nicht den spektakulären
Canyon du Verdon aus, der mit seinen
900 Metern Tiefe und wilden Geiern für
unvergessliche Bilder sorgte.
Nach einer Nacht im Garten des überaus gastfreundlichen provencalischen
Bauern Kader besuchten wir dann die
netten Städte Aix-en-Provence, Nîmes
und Arles. In Avignon konnten wir dann
übernachten und hatten zudem das
Glück, dort gerade zur Zeit der weltberühmten Theaterwochen aufzukreuzen.
So bot sich uns ein sehr skuriles Stadtbild, bei dem jede Laterne, jeder Zaun
und alles nur Vorstellbare mit einem
Plakat von einer der vielen Theatergruppen behängt oder beklebt war.
Weiter ging es über die Pont du Gard
und durch die Camargue Richtung spanische Grenze. Nachdem wir Perpignan
als die für uns schönste südfranzösische
Stadt kürten, ging es weiter nach Carcassonne an den Rand der Pyrenäen. Dort
erlebten wir eine komplett erhaltene
mittelalterliche Stadt, die vielen eventuell
durch das gleichnamige Brettspiel ein
Begriff ist.
Wieder am Mittelmeer führte uns unser
Weg über das wunderschön Collioure
und den Partyort Calella nach Barcelona.
Dort trafen wir gegen Mittag Lisa, die
dort bei ihrer spanischen Verwandtschaft
einen Teil der Ferien verbrachte und uns
eine kleine Stadtbesichtigung verspro-
Cani Community
In Barcelona trafen sich Raphael und Tobias mit dessen Freundin Neele. Das Trio
war von der Hauptstadt Kataloniens mächtig begeistert. Trotzdem ging es nach
drei Tagen weiter in Richtung Madrid.
regnerischem Wetter die Heimat, um
am nächsten Morgen bei strahlendem
Sonnenschein in Jesolo nahe Venedig
anzukommen. Von der 13-stündigen
Reise durch Deutschland und Österreich
bis nach Italien ziemlich platt, legten wir
uns erst einmal an den Strand, nachdem
wir bei der sehr gastfreundlichen Familie
Sapponaro ein Mittagessen serviert bekommen hatten.
Nach einem entspannten Tag mit
Cosima Sapponaro, die selbst einmal
am Cani war, bevor sie mit ihrer Familie
in das Mutterland ihres Vaters zog und
heute die beste Freundin von Raphaels Schwester Leonie ist, konnten wir
schließlich auch im Appartement der
Familie übernachten. Am nächsten Tag
stand dann die Stadtbesichtigung von
Venedig auf dem Plan, wobei wir natürlich gerne das Angebot von Cosimas
Mutter, die als gebürtige Deutsche hauptberufliche Stadtführerin ist, zu einer
Privatführung annahmen. Nach einem
leckeren Abendessen fuhren wir dann
noch weiter zum Gardasee, um nach einer kurzen Nacht bis in die französischen
Alpen zu fahren, wo uns Temperaturen
von 20°C beinahe frostig erschienen.
Tags darauf starteten wir dann unseren
geplanten Aufstieg von Valoire aus auf
den Col du Galibier, den höchsten der
asphaltierten Bergpässe Europas. Dabei
mussten wir zwar an unsere körperlichen Grenzen gehen, wurden aber auch
mit einem atemberaubenden Blick und
Anfeuerungen von vielen Rennradfanatikern belohnt.
175
Cani Community
Fortsetzung von Seite 175
176
chen hatte. So bekamen wir schon einmal
einen ersten Eindruck von den Ramblas,
der berühmten Flaniermeile, und dem
Hafenviertel, bevor wir abends Neele
Bohr vom Flughafen abholten, die uns
besuchen kam. In den folgenden drei Tagen bekamen wir dann noch die Prachtbauten des Architekten Gaudí zu sehen,
wie beispielsweise die Kirche Sagrada
Familia oder den Parc Güell. Die Abende
genossen wir in einer netten Tapas-Bar
oder im atmosphärischen Hafen.
Nach den tollen Tagen in der
Küstenmetropole fuhren wir durch das
steppenartige Hinterland weiter in die
der Innenstadt, die mit Bauten wie denen
auf der Plaza de Espana zu beeindrucken
wusste.
Am 5. August verließ Neele uns dann
wieder und flog zurück nach Hause. Wir
hingegen gingen früh schlafen, um am
nächsten Morgen unsere längste Etappe
anzugehen, die uns bis ins nordspanische Fuente De nahe der Atlantikküste
brachte. Dort im Nationalpark Picos de
Europa bekamen wir die wohl eher unbekannten, aber nichts desto trotz riesigen
Gebirgszüge zu Gesicht, die sich uns als
Paradies für Wanderer und Naturfreunde
präsentierten.
Aus der idyllischen Gebirgswelt
verabschiedeten wir uns dann Richtung
nordspanische Küste, wo uns Städte wie
Santander, Bilbao und San Sebastián
jeweils auf eine ganz eigene Art und
Weise begeisterten. So war es in Bilbao
beispielsweise das Guggenheim-Museum und die einzigartige Atmosphäre,
während es in San Sebastián die Promenade und die charakteristischen KurortBauten waren. Über das bildschöne
Grenzörtchen Hondarribia verließen wir
schließlich Spanien und das Baskenland
und kamen durch das vielen bekannte
Biarritz, verbrachten viel Zeit im stehenden Auto, da scheinbar ganz Frankreich seine Ferien am Golf von Biskaya
verbringen wollte und landeten letzten
Endes auf einem Campingplatz direkt am
Strand nahe Messanges.
Nach einem netten Abend am Meer
schoben wir uns dann weiter durch die
Blechkarawane aus Renault, Peugeot und
Co. in Richtung unseres nächsten Ziels,
das wir auf gar keinen Fall verpassen
wollten. Es handelte sich hierbei um den
größten Sandhaufen Europas, die Düne
von Pilat bei Arcachon. Als wir auf dem
zugehörigen Parkplatz standen, war von
einer Düne noch nicht viel zu sehen,
doch nach kurzem Fußweg durch einen
Pinienwald tauchte sie plötzlich vor uns
auf. Es kostete uns eine Menge Schweiß,
die 117 Meter durch den tiefen Sand
Das Metropolis-Haus auf der Gran Via
in Madrid.
hochzustapfen, doch oben wurde jede
Anstrengung belohnt und wir fühlten
uns wie auf einer Sandbank in der Karibik.
Unser Zelt schlugen wir an diesem
Tag in La Rochelle auf, wo wir ein nettes
Paar aus Paderborn kennenlernten. Von
La Rochelle mit seinem alten Hafen und
den vielen Gassen und Restaurants, die
stark von der Fischerei geprägt sind, ging
es landeinwärts. Bei sinkenden Tempe-
Cani Community
Im Canyon du Verdon
ehemalige Expo-Stadt Zaragossa. Dort
brauchten wir nach dem Zeltaufbauen
erst einmal eine Abkühlung im campingplatzeigenen Pool. Tags darauf besichtigten wir den wunderschönen Stadtkern
und das weitestgehend abgebaute ExpoGelände.
Mit nicht all zu großen Erwartungen
ging es dann in die Hauptstadt Madrid,
nachdem wir noch kurz im königlichen
Vorort Guadalajara gehalten hatten. Dort
angekommen, wurden unsere Vorstellungen jedoch augenblicklich pulverisiert.
Madrid zeigte sich sehr grün mit vielen
Parks, prunkvollen Bauten und großen
Boulevards und präsentierte sich somit
nicht nur wegen des riesigen Königspalastes als stolze Hauptstadt. Abends
ging es dann in den südwestlich von
Madrid liegenden ehemaligen Königssitz
Toledo, wo wir auf dem Campigplatz
die Bekanntschaft des Australiers Garry,
seines Schwagers und seiner Schwägerin
machten. Es entwickelte sich ein sehr
interessanter und auch feuchtfröhlicher
Abend mit dem Frührentner, der mit so
einigen Lebensweisheiten daher kam.
Vor der Weiterfahrt nach Sevilla
aßen wir in der malerischen Altstadt
Toledos eine traditionelle Paella. Vier
Autostunden später stiegen wir bei
erdrückenden 42°C aus dem Auto und
verschafften uns einen ersten Eindruck
von der multikulturell geprägten Stadt in
Andalusien. Später schlugen wir unser
Zelt auf einem sehr netten Campingplatz
am Rand der Stadt auf und verbrachten
die nächsten drei Tage am Pool oder in
177
Bundeswehroffizier
und Ex-Canisianer Jens
Wagner im April 2010
in Afghanistan
Im nordspanischen Bilbao
Jens Wagner schrieb aus Afghanistan
„Ich wäre gerne dabei gewesen“
178
raturen und zunehmend schlechterem
Wetter besichtigten wir die Studentenstadt Tours und nächtigten direkt an der
Loire. Am nächsten Morgen packten
wir noch im Trockenen unsere Sachen
zusammen und folgten dem Strom weiter
Richtung Orleans. Unsere Ankunft
spielte sich in strömendem Regen ab
und so fuhren wir, nach kurzem Gang
vorbei an der großen Kathedrale und
dem Monument der Jeanne d’Arc, weiter
in die französische Hauptstadt Paris.
Bei aufklarendem Wetter saßen wir
schon am Nachmittag vor dem Palais du
Luxembourg, nachdem wir unser Auto
in Montigny geparkt hatten und mit
dem RER ins Zentrum gefahren waren. In Montigny konnten wir bei einer
Freundin von Raphael nächtigen, die er
aus seiner Zeit in Taverny kennt, wo er
zu Beginn der Jahrgangsstufe 11 einige
Monate verbracht hatte.
Da wir beide Paris schon kannten,
genossen wir nur einige Stunden die
Stimmung der Stadt rund um Notre-
Dame und im Viertel Saint-Germain.
Am Abend wurde uns dann noch von
der äußerst gastfreundlichen Familie in
Montigny ein leckeres Vier-Gänge-Menü
serviert. Nach dem Abschied fuhren
wir über Lille nach Bailleul, wo wir
Raphaels französische Oma besuchten.
Zum Abendessen gab es eine große Portion Pommes mit einer Frikadelle
von der örtlichen „baraque à frite“. Die
letzte Nacht unserer Reise verbrachten
wir somit im Hinterhof eines netten
kleinen Reihenhäuschens an der belgischen Grenze, da wir unser treues Zelt
ein letztes Mal aufbauen wollten.
Am nächsten Morgen frühstückten wir
noch gemütlich, ehe wir uns von „Mami“
verabschiedeten und die letzte Etappe in
Angriff nahmen.
Am 13. August hatte uns dann die
Heimat nach 29 unvergesslichen Tagen
und 8257 Kilometern quer durch Europa
wieder. Von einer tollen und ereignisreichen Reise berichteten
Tobias Thüner und Raphael Reher
Am 10. April letzten Jahres feierte der
Abiturjahrgang des Jahres 2000 des
Canisianum sein Zehnjähriges. Die
ehemaligen Schüler des Cani begingen
dieses „Jubiläum“ in der Gaststätte „Zur
Mühle“. Einer konnte definitiv nicht
dabei sein, denn Jens Wagner befand
sich zu dieser Zeit in Afghanistan im
Bundeswehr-Einsatz. Von dort schrieb er
allerdings über die WN einen „offenen
Brief “ an seine ehemaligen Mitschüler
und wünschte ihnen viel Spaß bei der
Wiedersehensfeier:
Der letzte Schultag: Abiturzeugnisse
werden vergeben, der Abi-Ball steht an,
die Eltern haben sich in Schale geschmissen und sind stolz. Das alles ist nun
zehn Jahre her! Die letzten zehn Jahre
scheinen wie im Fluge vergangen zu
sein, und fast war ich überrascht, als ich
eine Einladung zum Jubiläum bekam.
Noch immer zähle ich Schulfreunde von
damals zu meinen treuen Freunden, und
immer noch spaziere ich gelegentlich
gerne mit dem Hund meiner Eltern am
Cani entlang. Doch dass ich als Schüler
in den Pausen verbotenerweise zu Geiping ging, um mir ein Käsebrötchen zu
kaufen, liegt selbst in meinen Erinnerungen lang zurück.
Nie habe ich den Satz meiner Eltern
geglaubt, dass ich die Schulzeit noch
einmal vermissen werde. Völlig abwegig,
dass diese anstrengende Zeit eine der
sorglosesten des Lebens sein sollte. Dieses Jahr werde ich 30 Jahre alt, die Altersweisheit rückt somit in greifbare Nähe.
Ich denke nach. Sollten meine Eltern
doch tatsächlich recht behalten haben?
Zehn Jahre nach dem Abi habe auch
ich die Schulzeit überraschenderweise
recht angenehm in Erinnerung. Deutsch
und Erdkunde als Leistungskurse waren
die richtige Wahl, beide Fächer fielen
mir nicht allzu schwer. Mathematik bei
Herrn Sternemann war dann schon eher
eine Herausforderung – zu Mathe hatte
ich noch nie einen Draht. Kein Wunder,
dass ich jetzt, zehn Jahre später, froh bin,
Cani Community
Cani Community
Fortsetzung von Seite 177
179
Martin Dabrowski, Abitur am Canisianum 1984, ist Fachbereichsleiter im
Fachbereich „Politik und internationale
Gerechtigkeit“ in der Akademie FranzHItze-Haus.. Martin Dabrowski lebt in
Lüdinghausen, ist verheiratet und hat
einen Sohn.
180
dass jedes Handy eine Rechner-Funktion
besitzt. Mit Sport als Abiturfach war
mein Zeugnis dann endgültig vorzeigbar.
Vorzulegen brauchte ich es letztendlich
nur einmal. Nach meinem Abitur bin ich
zur Bundeswehr gegangen, um Offizier
zu werden, wobei ich viele Stationen
der Ausbildung zu bewältigen hatte.
Nach der Offiziersausbildung in Fürstenfeldbruck bei München ging es nach
Hamburg zum Studium. Für mich als
jungen Offizier standen dann Heide,
Goslar, wieder Hamburg und schließlich
Münster auf dem Programm. Die letzte
Versetzung war, auch aus heimatlichen
Gefühlen, selbst gewählt.
Doch auch in Münster waren die
Cani-Abgänger des Jahres 2000 rar gesät.
Wohin es sie verschlagen hat, weiß ich
bei vielen nicht. Schwangerschaften,
Doktortitel oder Hochzeiten – das alles
ist mir weitgehend unbekannt. Umso
mehr freue ich mich über die Feier
meiner ehemaligen Stufe am 10. April.
Doch leider kann ich nicht dabei sein.
Meinem Beruf geschuldet, verbringe ich
derzeit fast fünf Monate in Afghanistan,
über 5000 Kilometer von Lüdinghausen
entfernt. Ich bin hier in Feyzabad im
Norden des Landes für die Pressearbeit
verantwortlich und sehe es nun als ebensolche an, mein Bedauern über mein
Nicht-Erscheinen in der örtlichen WN
zu dokumentieren.
Wie gerne hätte ich einige Mitschüler nach ihrem Werdegang gefragt, hätte
diese mit früheren Plänen verglichen
und teilweise wahrscheinlich herzhaft gelacht. Auch einige Lehrer hätte ich gerne
wiedergesehen. Herrn Schmidt X hätte
ich gefragt, ob er immer noch seinen
Saab fährt, den er mir damals schweren Herzens verkaufen wollte. Ich hätte
Herrn Meischen berichtet, dass seine
auffällige Ansprache „Tyyyp“ mittlerweile
als gängiger Bestandteil im Vokabular
meines Freundeskreises etabliert ist oder
ich hätte mich mit Herrn Mönning über
seine Tochter unterhalten.
Auch wenn ich meine Berufswahl
nicht bereue, so ärgere ich mich doch, an
diesem Tag nicht dabei sein zu können.
Ich wünsche aber allen umso mehr ein
freudiges Wiedersehen voller schöner
Erinnerungen. Interview mit Dr. Martin Dabrowski
Globales Denken muss ethische
Aspekte beachten
Unsere Schule: Zu den spannenden
Aspekten unserer Schularbeit zählt
es immer wieder zu beobachten, was
aus den ehemaligen Cani-Absolventen
geworden ist und welche Chancen
sie in und außerhalb von Lüdinghausen genutzt haben. Wann haben Sie
Ihr Abitur bestanden und wie hat sich
seitdem Ihr beruflicher Weg entwickelt?
Martin Dabrowski: Ich habe 1984
mein Abitur am Canisianum bestanden.
Nach meinem Zivildienst in der Arbeitsstelle „Gerechtigkeit und Frieden“
in Lüdinghausen begann ich dann 1986
meine Ausbildung an der Universität
in Münster, um dort Wirtschaftswissenschaften und Politikwissenschaft zu
studieren und das Studium 1991 mit dem
Diplom in Volkswirtschaftslehre abzu-
schließen. Daran anschließend habe ich
am Institut für Genossenschaftswesen in
der Abteilung Lateinamerika promoviert.
Während der Promotion habe ich neun
Monate in einem Projekt an der Universität von Valdivia in Chile geforscht und
gearbeitet. Meine Doktorarbeit analysiert
das Wirtschaftssystem und die Wirtschaftspolitik Chiles aus wirtschaftsethischer Sicht.
Nach der Promotion konnte ich
1994 an der katholisch-sozialen Akademie Franz-Hitze-Haus als Dozent eine
Vertretungsstelle im Fachbereich „Politik
und internationale Gerechtigkeit“ übernehmen. Nach der Rückkehr des eigentlichen Stelleninhabers habe ich von 1998
bis 2002 am Institut für Christliche Sozialwissenschaften der Universität Münster
das interdisziplinäre Forschungsprojekt
„Lösungsstrategien zur Überwindung
Cani Community
Cani Community
Fortsetzung von Seite 179
181
der internationalen Schuldenkrise“ konzipiert und durchgeführt. Im Anschluss
habe ich im Franz-Hitze-Haus den neu
geschaffenen Fachbereich „Wirtschaft,
Sozialethik, Umwelt“ übernommen, den
ich bis heute leite.
Cani Community
Sie sind heute in der Akademie FranzHitze-Haus Leiter eines Fachbereichs,
der sich mit wirtschaftlichen, ökologischen und sozialethischen Fragen
beschäftigt. Gibt es für Sie dabei
einen inneren Zusammenhang dieser
Aspekte?
182
Der Zusammenhang von ökonomischen,
ökologischen und ethischen Aspekten
einer Fragestellung ist oft sehr eng. In
meinem Fachbereich in der Akademie
Franz-Hitze-Haus organisiere ich Tagungen zu wirtschafts-, sozial- und umweltpolitischen Themen und Fragestellungen.
Dabei ist die Diskussion von Lösungsansätzen für viele drängende ökonomische
und ökologische Probleme (Wirtschaftsund Finanzkrise, Arbeitslosigkeit, soziale
Spaltung der Gesellschaft, Klimawandel,
Vernichtung der Regenwälder, Armut
und Hunger in den Entwicklungsländern etc.) ohne die Beachtung ethischer
Aspekte nicht möglich.
Es geht bei den Tagungen immer
auch um die Frage, wie sich wirtschaftliche und politische Veränderungen
(z. B. Globalisierung, Veränderungen der
Arbeitswelt, Reformen der Sozialversi-
cherung, technischer Fortschritt etc.)
auf die schwächeren Mitglieder einer
Gesellschaft (z. B. Geringqualifizierte,
chronisch Kranke, Kinder, ältere Mitbürger etc.) auswirken. Bei ökologischen
Themen steht die Frage nach der Zukunftsfähigkeit bzw. der Nachhaltigkeit
einer Entwicklung im Mittelpunkt der
Tagungen. Antworten auf diese Fragen
setzen ein ethisches Nachdenken und
eine moralische Beurteilung unterschiedlicher Handlungsmöglichkeiten und
institutioneller Ausgestaltungen voraus.
Darum wird auf den Tagungen dem interdisziplinären Dialog, dem Austausch
von Wissenschaft und Praxis und auch
der Diskussion unter den Tagungsteilnehmern breiter Raum eingeräumt.
Seit Ihrer Diplomarbeit im Jahre 1991
fällt auf, dass Sie sich auch regelmäßig
mit der Dritten Welt, mit Entwicklungsstrategien und der internationalen Schuldenkrise beschäftigt haben.
Das klingt zunächst nach Schwerpunkten eines Fachbereichs Geographie
oder nach politischen Fragestellungen
des Entwicklungshilfe-Ministeriums.
Wo kommt hier für Sie der sozialethische Aspekt zum Tragen?
Aus Sicht der christlichen Sozialethik
ist die wohl wichtigste Frage der letzten
Jahrzehnte die nach weltweiter sozialer und wirtschaftlicher Gerechtigkeit.
Während sich die katholische Soziallehre
Ende des 19. bis Mitte des 20. Jahrhunderts vor allem mit nationalen sozialen
Fragen und Problemen befasst hat
(„Die Arbeiterfrage“), muss die Sozialethik heute bei der Analyse wirtschaftlicher, sozialer und ökologischer Probleme
immer auch die globale Dimension
beachten.
Belege hierfür sind die jüngste
Wirtschafts- und Finanzkrise, die Problematik des Klimawandels und die
Schuldenkrise der Entwicklungsländer
(und jüngst auch einiger europäischer
Länder), um nur einige Beispiele zu nennen. Alle Versuche, diese Krisen national
zu lösen, greifen zu kurz und sind zum
Scheitern verurteilt. Bei der Suche nach
Auswegen aus diesen Krisen muss nicht
nur aus ökonomischer oder ökologischer
Sicht global gedacht werden, sondern
auch die wirtschafts- und sozialethischen
Analysen müssen über den nationalen
Rahmen hinaus die globalen Konsequenzen verschiedener Handlungsoptionen
beachten und in die moralische Beurteilung mit einbeziehen.
Sie haben sich im Weiteren auch mit
dem Internet als neuem Medium
beschäftigt. Inwiefern war dies für
eine katholisch-soziale Akademie von
Interesse?
Das Internet hat nicht nur für die Wirtschaft eine immense Bedeutung, sondern
wird auch für die zwischenmenschliche
Kommunikation immer wichtiger –
gerade bei jungen Menschen. Hier sind
insbesondere die sozialen Netzwerke
(SchülerVZ, StudiVZ, Facebook etc.) zu
nennen. Der Umgang mit diesen Medien
muss aber gelernt und begleitet werden. Jungen, aber genauso auch älteren
Menschen muss eine Medienkompetenz
vermittelt werden, damit sie sich der
Gefahren und natürlich auch der Vorteile
dieser Medien bewusst sind und ihre
Nutzung danach ausrichten können.
Diese Medienkompetenz zu vermitteln, ist eine Aufgabe unserer Akademie.
Aus diesem Grund biete ich z. B. in meinem Fachbereich im April diesen Jahres
einen „Familienworkshop Internetkompetenz“ an, in dem Eltern (und Großeltern) zusammen mit ihren Kindern das
sichere „Navigieren“ in sozialen Netzwerken vermittelt wird. Verschiedene
Vorträge während der Tagungen sollen
neues Wissen vermitteln und gleichzeitig
Gesprächsanlässe schaffen, damit sich
die Eltern mit ihren Kindern über die
Chancen und Risiken des Internets und
das Verhalten im Web 2.0 austauschen
können.
Ein zweiter wichtiger Aspekt, den ich
in den Tagungen meines Fachbereichs
aufgreife, ist die Gefahr der sogenannten
„digitalen Spaltung“ („digital divide“)
der Gesellschaft durch das Internet – sowohl im nationalen wie auch im globalen
Rahmen. Wenn der Zugang zum Internet
und zu den neuen Medien aufgrund der
Cani Community
Fortsetzung von Seite 181
183
184
Einkommenssituation sehr ungleich
verteilt ist, hat dies gesellschaftliche und
ökonomische Auswirkungen, die aus
ethischer Sicht bedenklich sind. Auch
hier gilt es, über mögliche Konsequenzen
und über Lösungsstrategien zur Überwindung der digitalen Spaltung nachzudenken.
Hitze-Haus wurde die entwicklungspolitische Bildungsarbeit dann auch mein
beruflicher Schwerpunkt. Wer sich für
das Bildungsangebot der Akademie
Franz-Hitze-Haus interessiert, ist immer
herzlich zu einer der Tagungen und Vorträge eingeladen (Das Programm finden
Sie unter: „www.franz-hitze-haus.de“).
Hat das Canisianum Sie in irgendeiner
Weise hinsichtlich der Berufswahl
beeinflusst?
Sie haben einen Sohn, der das Cani in
der 7. Klasse besucht und Sie zweifellos mit aktuellen Aspekten der
heutigen Schule konfrontiert. Was
haben Sie selbst für Erinnerungen an
Ihre eigene Schulzeit am Gymnasium?
Stellen Sie Veränderungen zwischen
dem Cani heute und Ihrer eigenen
Schulzeit fest?
Während meiner Schulzeit ist bei mir das
Interesse an entwicklungspolitischen Fragestellungen und der Eine-Welt-Thematik entstanden. Hierzu haben sicherlich
auch die Unterrichtsinhalte in verschiedenen Fächern und einige meiner Lehrer
am Cani beigetragen. Ich habe schon
während der Schulzeit im Eine-Welt-Laden in Lüdinghausen mitgearbeitet und
nach dem Abitur meinen Zivildienst in
der Arbeitsstelle „Gerechtigkeit und Frieden“, dem Träger des Eine-Welt-Ladens,
absolviert. Hauptanliegen der Arbeitsstelle und auch des Eine-Welt-Ladens
bzw. des Fairen Handels allgemein ist die
entwicklungspolitische Bildungsarbeit,
um bei vielen Menschen das Bewusstsein
für ungerechte Verhältnisse und dringend gebotene Veränderungen in der
globalisierten Welt zu schaffen.
Durch die Übernahme des Fachbereichs „Politik und internationale
Gerechtigkeit“ an der Akademie Franz-
Ich habe an die Zeit am Cani sehr positive Erinnerungen, sowohl was meine
Mitschülerinnen und Mitschüler als
auch was den Unterricht und (überwiegend) auch was meine ehemaligen
Lehrerinnen und Lehrer betrifft. Aufgrund der Berichte meines Sohnes
habe ich den Eindruck, dass sich in den
letzten gut 25 Jahren am Cani so viel
gar nicht verändert hat. Simon hat fünf
Lehrerinnen und Lehrer, die auch mich
schon unterrichtet haben und auch die
Räumlichkeiten der Schule sind weitestgehend unverändert – soweit ich das
beurteilen kann. Als ich zum Sprechtag
gegangen bin, konnte ich mich immer
noch ohne Schwierigkeiten im Gebäude
zurechtfinden – nur die „Baracke“, in der
wir z.T. Unterricht hatten und unsere
Abiturklausuren geschrieben haben, gibt
es nicht mehr. Die augenscheinlichste
Veränderung ist sicherlich die neue Mensa. Ich habe den Eindruck, dass diese von
der Schülern sehr gut angenommen wird
und auch eine sehr sinnvolle Ergänzung
des schulischen Angebots darstellt.
Als wir im letzten Jahr zu einem
größeren Ehemaligen-Treffen in der
Schule geladen haben, konnte man
häufiger den Begriff der „Cani-Familie“ hören. Hat so ein Begriff für Sie
eine Bedeutung und haben Sie noch
Kontakte zu ehemaligen Mitschülern
Ihrer Jahrgangsstufe oder war das
Abitur eher der Anlass, alte Verbindungen hinter sich abzubrechen und
sich Neuem zuwenden?
Von der „Cani-Familie“ würde ich nicht
gerade sprechen. Diese Bezeichnung
wäre mir etwas zu weitgehend. Trotzdem
besuche ich das Cani immer gerne, nicht
zuletzt weil ich einmal die Woche in
der Sporthalle des Cani Fußball spiele.
Ich habe zu einigen ehemaligen Mitschülern und auch zu einigen Lehrern
gute Kontakte. Dies hat sich noch einmal
verstärkt, nachdem meine Frau und ich
vor gut zehn Jahren wieder nach Lüdinghausen gezogen sind.
Durch die regelmäßigen Ehemaligen-Treffen zu unseren Abiturjubiläen
(zuletzt die Feier des 25-jährigen im
vorletzten Jahr) werden auch die alten
Bekanntschaften immer wieder aufgefrischt. Am Ehemaligen-Treffen der
ganzen Schule im letzten Jahr konnte
ich aus beruflichen Gründen leider nicht
teilnehmen. Grundsätzlich finde ich
solche Treffen in regelmäßigen Abständen aber sehr gut und hoffe, dass ich
beim nächsten Mal auch Zeit haben
werde teilzunehmen.
Herzlichen Dank für das Gespräch und
alles Gute für Sie und Ihre Familie!
Cani Community
Cani Community
Fortsetzung von Seite 183
185
Interview mit Prof. Dr. Michael Quante
Zur Rolle von Religion und Politik in der
pluralen Gesellschaft
Cani Community
Unsere Schule: Stellen Sie uns bitte
Ihr Tätigkeitsfeld näher vor. Was
bedeutet und beinhaltet zum Beispiel
der Begriff „Exzellenzcluster“, besonders im Hinblick auf das von der
Deutschen Forschungsgemeinschaft
(DFG) ausgezeichnete und mit 35 Millionen Euro geförderte Exzellenzcluster
„Religion und Politik“?
186
Michael Quante: Als ich im Jahr
2009 von der Universität Köln auf den
Lehrstuhl meines Münsteraner Lehrers
Ludwig Siep gewechselt bin, entsprach
das Profil des Lehrstuhls meinen langjährigen Forschungsinteressen im Bereich
der Praktischen Philosophie und der
klassischen Deutschen Philosophie. Da
rüber hinaus hatte Münster im Jahr 2007
in der ersten Runde der Exzellenzinit­
iative einen Cluster zum Thema „Religion und Politik“ einrichten können, in
dem in einem interdisziplinären, d.h.
fächerübergreifenden Verbund Projekte
zum Verhältnis von Religion und Politik
durchgeführt werden. Ich konnte mich
infolge meines Wechsels nach Münster
mit einem Projekt zur Religions- und
Staatskritik im Linkshegelianismus
an diesem Forschungsverbund beteiligen.
Dort bearbeite ich mit einem Mitarbeiter
die philosophischen Positionen, die
im Zuge der Säkularisierung des Staates
in der klassischen deutschen Philosophie
in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts
entwickelt worden sind.
Außerdem ist es uns 2009 gelungen,
eine Kollegforschergruppe zu bilden, in
der wir den auch gesellschaftlich aktuellen Fragen, die durch die Entwicklungen
in der Medizin und den Lebenswissenschaften aufgeworfen werden, nachgehen
können. Beide Forschungsverbünde, Exzellenzcluster wie Kollegforschergruppe,
werden von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert und bieten den
beteiligten Wissenschaftlern in Form von
Mitarbeitern oder auch Forschungssemestern ideale Rahmenbedingungen für
ihre Forschungen. Deshalb setzen wir
in Münster gegenwärtig auch alles daran,
dass der Exzellenzcluster in der zweiten
Phase der Exzellenzinitiative verlängert
und für weitere fünf Jahre gefördert wird.
Eine solche Verlängerung stellt nicht
nur für die beteiligten Fächer, sondern
auch für die Universität insgesamt einen
großen Erfolg und einen Qualitätsnachweis gegenüber anderen Universitäten in
Deutschland dar.
Religion und Politik – wie definieren
Sie Ihre Wissenschaft in einem Staat,
in dem Kirche bzw. Religion und Politik getrennt sind?
Nicht nur der moderne Staat, auch die
Philosophie selbst hat sich ja erst in
einem mühevollen und teilweise auch
schmerzhaften Prozess von der Reli-
gion bzw. der Theologie befreit, und
dieser Prozess ist bei weitem noch nicht
abgeschlossen. In einem gewissen Sinne
könnte man sogar die These vertreten,
dass die Entwicklungen rückläufig sind.
Dies gilt zumindest in dem Sinne, dass
Religionen (und Theologien) weltweit,
aber auch in unserer Gesellschaft, durchaus wieder an Bedeutung gewonnen
haben.
Für mein eigenes Selbstverständnis
als Philosoph ist eine strikte Trennung
von Philosophie und Theologie von
zentraler Bedeutung; gleiches gilt auch
in Bezug auf religiöse Überzeugungen.
Natürlich gibt es auf der einen Seite auch
eine philosophische Beschäftigung mit
dem Status von religiösen (oder theologischen) Überzeugungen, die in der
Spezialdisziplin der Religionsphilosophie
untersucht werden.
Und selbstverständlich ist es auch
überhaupt nicht ausgeschlossen, dass
zum Beispiel eine philosophisch begründete und eine religiös oder theologisch
begründete Ethik hinsichtlich konkreter
Fragen zu den gleichen Ergebnissen
kommen. Aber die Philosophie kann und
darf sich nicht auf Offenbarungen oder
Autoritäten berufen, wenn sie ihre Positionen begründet. In meinem Fach gelten
ausschließlich die kritische Prüfung und
die vernünftige Begründung als Maßstab,
an dem sich eine Überzeugung messen
lassen muss. Dies kann in ganz praktischen Fragen — man denke etwa an
Cani Community
Michael Quante, Abitur am Canisianum
1981, ist Professor für Philosophie
mit dem Schwerpunkt Praktische Philosophie an der Westfälischen WilhelmsUniversität Münster. Gleichzeitig ist
er Sprecher des Zentrums für Bio-Ethik
der Westfälischen Wilhelms-Universität
Münster sowie Mitglied im Exzellenzcluster (= Förderprogramm) „Religion
und Politik“ und in der Kollegforschergruppe „Normenbegründung in Medizin-Ethik und Bio-Politik“. Außerdem
ist er seit 2006 als Geschäftsführer
der Deutschen Gesellschaft für Philosophie aktiv. Michael Quante lebt in
Senden, ist verheiratet und hat zwei
Töchter.
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Cani Community
solche Themen wie Abtreibung, Verhütung, Sterbehilfe oder PräimplantationsDiagnostik – einen großen Unterschied
machen.
In einer pluralen und den Pluralismus respektierenden Gesellschaft ist
es unerlässlich, dass gesellschaftliche
Regelungen, in erster Linie natürlich die
Gesetze, auf eine Weise gegenüber den
Menschen begründet und gerechtfertigt werden, ohne von Voraussetzungen
auszugehen, die diese Menschen nicht
nachvollziehen oder teilen können. Die
Geschichte hat uns, zum Teil in leidvollen Lektionen, gelehrt, dass theologische
oder religiöse Begründungen diese
Bedingung nicht mehr erfüllen.
Daraus erwächst der Philosophie die
Aufgabe, normative Fragen und Probleme, von denen es in unserer modernen
Gesellschaft ja viele gibt, ohne Rückgriff
auf dogmatische Voraussetzungen und
ohne den Rückzug auf individuelle Gewissensentscheidungen mit den Mitteln
der Vernunft einsichtig zu machen. Es
ist eine der zentralen Fragestellungen
unserer Kollegforschergruppe, darüber
nachzudenken, wie sich die schwierigen
Fragen im Kontext der Medizinethik in
einer weitgehend säkularisierten Gesellschaft angemessen beantworten lassen.
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Viele Menschen beklagen einen rapiden Werteverfall bzw. Werteverlust.
Leben wir in einer Zeit der Orientie-
rungslosigkeit, der Beliebigkeit oder
handelt es sich in Ihrer Wahrnehmung
eher um einen Wertewandel?
Hinter diesen Klagen steht häufig weniger die Beobachtung eines Werteverfalls
oder -verlusts als die Erfahrung, dass
andere Menschen nicht die Werte für
angemessen und verbindlich halten, denen man sich selbst verpflichtet fühlt. Ich
glaube nicht, dass Menschen ihr Leben
und ihr gesellschaftliches Zusammenleben ganz ohne Werte oder Normen organisieren können. Wir leben aber ohne
Zweifel in einer individualisierten Gesellschaft, in der es eine viel größere Anzahl
möglicher Lebensentwürfe und Wertvorstellungen gibt als zu früheren Zeiten.
Dies ist eine Folge des Pluralismus und
der demokratischen Grundentscheidung,
der Selbstbestimmung des Individuums
den zentralen Stellenwert einzuräumen.
Allerdings stimmt es, dass eine
solche Vielfalt von dem Einzelnen auch
als Beliebigkeit der Orientierungsangebote erlebt werden kann, vor allem
dann, wenn niemand sich traut oder
auch verpflichtet fühlt, diese Angebote
zu erläutern, zu begründen oder eben
auch zu kritisieren. Außerdem erleben
wir gegenwärtig in vielen Kontexten
gravierende und sich beschleunigende
gesellschaftliche Veränderungen, die mit
den Stichworten Globalisierung, technischer Fortschritt oder auch lebenswissenschaftliche Entzauberung des
Menschen umrissen werden können. Wir
entwickeln zunehmend neue Handlungsmöglichkeiten, für die wir bisher weder
einschlägige Wertvorstellungen oder
Normen entwickelt haben noch Erfahrungen im Umgang mit ihnen sammeln
konnten. Dies kann natürlich das Gefühl
des Orientierungsverlusts verstärken.
Schließlich gibt es aber, und das
ist vermutlich ein weiterer Preis einer
freiheitlichen und marktwirtschaftlich
ausgerichteten Gesellschaft, auch einen
Wandel in der Werteinstellung, der von
Sozialwissenschaftlern so beschrieben
wird: An die Stelle des Wertes von Leistung und Qualifikation tritt die Orientierung an Einkommen und Konsum als
Grundlage für Respekt und Anerkennung.
In einer solchen Gesellschaft zählt
dann nur noch der Erfolg und die Macht,
nicht mehr die dahinter stehende Qualifikation oder Qualität. Es liegt auf der
Hand, dass diese Tendenzen letztlich die
Leistungsbereitschaft und die Redlichkeit
der Menschen untergraben können, weil
an die Stelle der intrinsischen Motivation die bloße Orientierung an Geld
und Macht tritt. Damit wird den Handlungszielen nur noch ein instrumenteller
Wert zugeordnet: Es geht nicht mehr um
Bildung, sondern nur noch um den Wert
der Ausbildung im Sinne von Gehaltschancen und Konsummöglichkeiten.
Auch wissenschaftliche Leistungen
werden dann nicht mehr in ihrer Eigen-
wertigkeit wahrgenommen, sondern nur
noch als Hilfsmittel für Karrieren, die
im Zweifel auch auf Umwegen zu haben
sind.
Gegen diese Art von Werteverfall
im Sinne der Entwertung von redlicher
Leistung und dem Verschwinden von
Leistungsbereitschaft müssen wir uns in
der Tat gemeinsam zur Wehr setzen.
Welchen Nutzen hat Ihrer Meinung
nach die Philosophie in der heutigen
Gesellschaft?
Neben der Theologie und der Rechtswissenschaft ist die Philosophie diejenige
Disziplin, die sich normativen Fragen
in systematischer Perspektive zuwendet.
Darüber hinaus beschäftigt sich die
Philosophie mit Fragen der Erkenntnis
und der wissenschaftlichen Methoden.
In einer Gesellschaft, die angesichts
vielfältiger Probleme und sich verändernder Rahmenbedingungen auf der
Suche nach Orientierung ist, deren
Mitglieder sich aber zunehmend nicht
mehr an religiösen oder theologischen
Vorgaben orientieren möchten, werden
Philosophinnen und Philosophen als Ansprechpartner zunehmend relevant. Dies
belegen die vielfältigen Anfragen, die aus
der Gesellschaft und auch der Politik an
sie herangetragen werden. Hierzu gehören unter anderem die Mitarbeit bei der
Entwicklung gesetzlicher Regelungen,
z. B. zu Fragen der Fortpflanzungs- oder
Cani Community
Fortsetzung von Seite 187
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Transplantationsmedizin, die beratende
Tätigkeit in Ethik-Kommissionen aller
Art, die Gutachtertätigkeit für Technikfolgenabschätzungsbüros sowie Beiträge
zur Erwachsenenbildung in beruflichen
und allgemein gesellschaftlichen Kontexten.
Darüber hinaus, dies betrifft die
Rolle der Philosophie innerhalb der
Universität, lassen sich viele der aktuellen Herausforderungen nur fächerübergreifend angemessen bewältigen.
Und in solchen ist die Philosophie eine
Disziplin, deren Mitwirkung gesucht
wird, weil sie zwischen verschiedenen
Fächern vermitteln kann. Neben diesen
eher ‚angewandten‘ Kontexten stellt die
Philosophie in Form ihrer Grundlagenforschungen ein historisches Wissen
und eine Reflexionskompetenz bereit,
die in einer modernen Gesellschaft und
als Grundlage einer selbstbestimmten
Lebensführung unverzichtbar sind. Für
Selbstbewusstsein und Toleranz ist das
Wissen um die eigene kulturelle Identität
wesentlich.
Cani Community
Welche Aufgabe könnte aus Ihrer
Sicht eine christliche Schule in der Zeit
eines Werteverlustes/ Wertewandels
übernehmen?
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Eine Schule, die sich einer bestimmten
Weltdeutung oder einem bestimmten Weltbild verpflichtet weiß, kann
dieses heute in meinen Augen nicht
mehr einfach als allgemeinverbindlich
vorschreiben. Obwohl gelegentlich als
Einfluss- oder Machtverlust beklagt, liegt
darin auch eine Chance, weil man nun
gezwungen ist, diese Wertorientierung
als ein sinnvolles Angebot zu vermitteln. Wenn es der christlichen Religion
gelingt, diese Rolle positiv anzunehmen
und sie sich selbst mit der Frage auseinandersetzt, welche Aspekte z. B. der
christlichen Ethik in der Gegenwart
unverzichtbar sind, welche Interpretation
der zentralen Werte sich heute vermitteln
lässt und welche Werte es zu bewahren
gilt, dann wird das christliche Weltbild
aus dem Regal einer lediglich historischen Tradition wieder auf das Feld der
aktiven und lebendigen Kräfte in einer
pluralen Gesellschaft gestellt.
Dies kann, auch wenn dafür neue
Interpretationen zentraler Werte und
Normen notwendig sein werden, beiden
nur nutzen: der Gesellschaft und der
christlichen Religion. Die Werte der Solidarität und des Respekts vor dem
menschlichen Individuum sind, genauso
wie ein verantwortungsvoller Umgang
mit der Natur, in meinen Augen für
ein solches Angebot geeignet. Um mit
einer Gegenfrage zu antworten: Wenn
nicht die Schule, wo sollte sonst der
Ort sein, an dem eine solche lebendige
und aktuelle Auseinandersetzung mit
dem christlichen Weltbild als einem
Sinn- und Orientierungsangebot stattfinden kann?
Hatte Ihre Zeit am Cani Auswirkungen
auf Ihre Berufswahl?
Ja, selbstverständlich haben die neun
Jahre Canisianum auch meine Berufswahl beeinflusst. Zuerst einmal bin ich
in der Mittelstufe durch den Religionsund Geschichtsunterricht angeregt bzw.
provoziert worden, mich privat mit
philosophischen Autoren zu beschäftigen. In der Oberstufe hatte ich dann das
Glück, drei Jahre einen Philosophiekurs
belegen zu können, der mir vielfältige
Gelegenheiten bot, mich weiter mit
philosophischen Fragen, Autoren und
Traditionen zu beschäftigen. In diesen
Jahren wurde mir zunehmend klarer,
dass es die Philosophie ist, die mich
intellektuell und persönlich am meisten
fesselt, weshalb ich mich entschloss,
dieses Fach in Kombination mit Deutsch
auf das Lehramt zu studieren. Und in
den Jahren des Studiums eröffneten sich
dann Schritt für Schritt die Möglichkeiten, die letztendlich dazu geführt haben,
dass ich heute mein Lieblingsfach an
der Universität selbst in Forschung und
Lehre betreiben kann.
Herzlichen Dank für das Gespräch und
alles Gute für Ihre persönliche und
berufliche Zukunft!
Cani Community
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