unsere schule 2011 - Foerderverein Canisianum Lüdinghausen
Transcription
unsere schule 2011 - Foerderverein Canisianum Lüdinghausen
Chronogramm* auf das Jahr 2011 qVI nVper saeVa VIoLentIa natVrae CVnCtIs fortVnIs DVre spoLIatI InopIa VICtVs aqVaeqVe VeXantVr sVbsIDIone opIbVsqVe nostrIs InDIgent [ ] Heinrich Hürfeld Eine Zeit-Schrift, deren Ent-Zifferung sich * durch die Addition der im Text hervorgehobenen lateinischen Zahlbuchstaben ergibt. Kapitel Chronogramm Die Menschen, die in jüngster Zeit durch heftige Naturkatastrophen hart getroffen all ihrer Habe beraubt worden sind und von Nahrungs- und Wassermangel gequält werden, bedürfen unserer tatkräftigen Hilfe. 3 unsere schule 2011 4 6 Träger und Förderer Jahresbericht 2010 Cani lässt sie ungern ziehen 21 Jahre fürs Cani im Einsatz 7 10 11 Abitur 2010 Cani-Airbus sicher gelandet Die Abiturrede von H. Sturznäcker Graecum zuerkannt Top in Bio 12 16 20 20 Schule und Projekte Unsere neuen Fünftklässler Hilfe für Kinderheim in Brasilien Der Mensch ein „betender Affe?“ Tage religiöser Orientierung 2011 Heiteres Berufeschnuppern Lernen, bewusster zu essen Projekttage und -gruppen 2010 Journalisten für einen Tag Redakteur auf den Zahn gefühlt Schüler machen Fachschaft stolz Finanzführerschein der 7er Gespräche, Spiele und Gemeinschaft Über Platon zur Steinkohle Alkohol – klare Grenzen setzen Anerkennung für Mathematiker SAMMS – was ist denn das ? Es war ein hartes Stück Arbeit! Oberprimaner bei „Jugend forscht“ Kontinuierliche Arbeit belohnt Berufsorientierte Förderung 21 24 26 28 30 32 34 38 40 43 44 45 46 47 48 49 51 52 54 56 Bewerbung als „Schule der Zukunft“ 59 Kreisverkehr ist umweltfreundlicher 61 Über eine faire Zukunft 62 Kunst und Kultur Der gute Mensch von Sezuan Raphael Rehers Schauspielkunst Oper hautnah erleben Wer gut sein will, muss viel üben Das ganze Empire am Cani Die Sch‘tis und die Piaf Cani-Physikräume als Galerie Probenfahrt mit Musik und Spaß Eindrücke vom Dreikönigs-Konzert Lesewettbewerb der 6. Klassen 65 67 69 70 72 74 75 76 78 79 Sport und Spiel Canisianer machten Sportabzeichen 80 Technik, Fitness und Etikette 81 Zweifacher Vizekreismeister 83 Von Union in die Nationalmannschaft84 Bronzemedaille für Cani-Volleyballer 85 Lautlos durchs Münsterland 86 Partner und Freunde Mont St.-Michel und Kölner Dom 88 Sprachliche Herausforderungen 95 Schüleraustausch über zehn Wochen 95 Carolinum und Gastfreundschaft 96 Gast am Neisser Carolinum 102 Erster Schnee und neue Pläne 104 Empfang im eiskalten Schweden 106 Schüler genossen die britische Insel 108 Im Nomadenzelt 109 Barr Beacon Language College 110 Anstehen für die Käselaugenstange 112 Reisen und Lernen Let’s go and have fun Begeistert von Studienangeboten Die Kunst der Selbstverpflegung London als Lichtermeer TAIZÉ – Inspiration für Schule „Loslassen ist ohne Hände!“ Tipps für die Nachfolger Zwischen Salzach und Mozarteum Kursfahrt an die Moldau Through the streets of London Technikmuseum und Nightlife München, Mozart und mehr 114 116 118 120 124 129 131 134 136 139 141 143 Menschen und Momente Herzlichen Glückwunsch Veränderungen 2010 Nachruf auf Alfred Bertram 144 144 145 Hartmut Sturznäcker im Ruhestand Wilhelm Sternemann im Ruhestand Verabschiedung Klaus Heisterkamp Besuch bei Julius Ehring 146 148 151 153 Vermischt und aufgeschrieben Nachahmer willkommen! Interview mit Schülersprechern Canisianer spenden: Geld Canisianer spenden: Blut Geschichte des Canisianum I Familie wurde vermisst 154 155 159 159 160 166 Cani-Community Abitur – und was dann? 168 Mit der Sonne im Gepäck … 170 Nach dem Abitur durch Europa 174 Jens Wagner aus Afganistan 179 Interview mit Dr. Martin Dabrowski 181 Interview mit Prof. Michael Quante 186 Impressum 2011: Herausgeber: Gymnasium Canisianum Lüdinghausen in Zusammenarbeit mit dem „Verein der Freunde und Förderer des Gymnasium Canisianum e.V.“ und dem „Gymnasialverein St. Canisius e.V.“ Redaktion: Gerold Meischen, Wolfgang Urbaniak · Konzeption, Layout und Satz: Rudolf Müller, müller mixed media · Druck: Druckerei Rave, Ottmarsbocholt · Fotos, sofern nicht im Innenteil benannt: CaniCommunity Diese Ausgabe der Schulzeitung wird allen Freunden und Förderern des Gymnasium Canisianum kostenlos zugestellt in der Hoffnung, dass unsere Schulgemeinschaft durch eine stetig zunehmende Zahl von Mitgliedern auch in den kommenden Jahren blüht, wächst und gedeiht. Internet: www. canisianum.de Email: info@canisianum.de Inhalt Inhalt Vorwort der Redaktion 5 6 Vorwort der Redaktion Jahresbericht 2010 Es gibt nicht wenige Zeitgenossen, die halten die bereits auf Cicero zurückgehende Aussage „variatio delectat“ (Abwechslung macht Freude) nach wie vor für hochaktuell. Gerade der schulische Raum könnte hierfür zahlreiche Beispiele liefern – sei es der methodische Wechsel zur Steigerung der unterrichtlichen Motivation oder der Bau einer Mensa zur Verbesserung der Schüler-Versorgung. Auch unsere Schulzeitung hat im Laufe der letzten 33 Jahre mehrfach ihr Äußeres geändert, um das Auge des Lesers zu erfreuen. Dominierte in den ersten Jahren eine ermüdende Textlastigkeit, so zeichnete sich die Zeitung im letzten Jahrzehnt nach Anschaffung einer speziellen Software doch zunehmend durch ein lebendigeres Layout aus. Im Zuge eines wachsenden Medienbewusstseins und dem daraus resultierenden Bedürfnis, schulische Aktivitäten noch umfassender zu dokumentieren, ist der Umfang unserer Jahresschrift beständig angeschwollen. In der Folge sind die Layout-Aktivitäten von einer kleinen Redaktion im ohnehin nicht ganz stressfreien Schulalltag kaum noch zu bewältigen, so dass wir uns gezwungen sahen, diesen Teil unserer Arbeit in professionelle Hände zu legen. Sehr geehrte Mitglieder, liebe Schulgemeinschaft, zunächst einmal darf ich die neuen Mitglieder im Förderverein mit einem „Herzlichen Willkommen!“ begrüßen. Erfreulicherweise hat in den letzten Jahren das Interesse insbesondere der Eltern, deren Kinder neu in die Schule aufgenommen wurden, zu einem Mitgliederzuwachs geführt, so dass der Verein jetzt etwa 550 Personen zählt. Ein besonderer Dank gilt auch den Eltern, die aus alter Verbundenheit fördernde Mitglieder des Vereins geblieben sind, obwohl ihre Kinder die Schule bereits verlassen haben. Da der Förderverein im vorletzten Jahr einen relativ großen Beitrag im Zusammenhang mit der Errichtung der Mensa bereitgestellt hat, wurden im letzten Jahr verschiedene Projekte mit „nur“ etwa 8.500 Euro unterstützt. In diesem Zusammenhang soll aber nicht ohne Stolz darauf hingewiesen werden, dass der Schule bisher seit Gründung des Vereins fast 400.000 Euro zur Verfügung gestellt werden konnten. Der Wir hoffen nun, dass sich das Ergebnis sehen lassen kann und bitten um kritische Rückmeldungen. Ungeachtet der äußeren Veränderung bietet unsere Chronik inhaltlich in gewohnter Weise wieder Zahlreiches zur Lektüre an – sei es, um es erstmalig zur Kenntnis zu nehmen oder um sich schmunzelnd an Erlebtes und mit berechtigtem Stolz an Gelungenes zu erinnern. Zum Schluss bedanken wir uns bei dem „Verein der Freunde und Förderer unserer Schule“ sowie dem Schulträger für ihre maßgebliche Unterstützung, bei den zahlreichen Autorinnen und Autoren der nachfolgenden Berichte, bei der Lokalredaktion der „Westfälischen Nachrichten“ für die Bereitstellung wichtigen Text- und Bildmaterials und nicht zuletzt bei unserem langjährigen Redaktionsmitglied Willi Schmitt, das uns ungeachtet seiner Pensionierung tatkräftig unterstützt hat. Und jetzt? Jetzt wünschen wir natürlich auch im 34. Jahr unseres Erscheinens allen Leserinnen und Lesern viel Freude bei der Lektüre des Jahresrückblicks. Gerold Meischen, Wolfgang Urbaniak Verwendung der Gelder in den Fachschaften: Fachschaft Kunst: Fachschaft Sport: Fachschaft Biologie: Fachschaft Physik: Fachschaft Chemie: Fachschaft Religion: Fachschaft Erdkunde: 1.400 Euro 500 Euro 1.100 Euro 300 Euro 700 Euro 1.200 Euro 500 Euro folgende Auszug aus dem Kassenbericht von Herrn Franz-Josef Hörsken gibt einen kleinen Einblick in die vielseitige Verwendung der Gelder, die wie immer in Abstimmung mit den Fachschaften erfolgte. Zusätzlich wurden das „Fair-Mobil“ als Beitrag zum sozialen Lernen in der Jahrgangsstufe 5, die Kajak-AG und die Trommel-AG bedacht. Für die Mitfinanzierung der Jahresschrift „Unsere Schule“ sind etwa 1.700 Euro verwendet worden. Wir sind davon überzeugt, dass alle Beträge sinnvoll im Sinne eines positiven Schulklimas und einer notwendigen Außendarstellung der Schule eingesetzt wurden. Der Förderverein benötigt auch in Zukunft die tatkräftige Mithilfe und Spendenbereitschaft seiner Mitglieder. Wir appellieren daher an alle Eltern und Lehrer, sofern sie nicht bereits Mitglieder sind, dem Verein beizutreten, um auch so die Verbundenheit mit unserer Schule zu dokumentieren. Hoffen wir alle auf ein letztlich gutes Jahr 2011. Der Dank des Vorstandes gilt allen, die den Verein im Jahre 2010 ideell und materiell unterstützt haben. Lüdinghausen, im März 2011 Robert Schulze Forsthövel (Geschäftsführer) Träger und Förderer Vorwort Verein der Freunde und Förderer des Canisianum e.V. 7 Links: Vertreter von Förderverein und Kollegium auf der Jahreshauptversammlung (v.l.: Hartmut Stutznäcker, Irmgard Rischen, Barbara Fellermann, Robert Schulze Forsthövel, Günter Horn und Franz-Josef Hörsken). Rechts: Herr Horn freut sich über die Aufmerksamkeit für seine 25-jährige Mitgliedschaft im Förderverein. Verein der Freunde und Förderer des Canisianum e.V. Träger und Förderer Auf der Hauptversammlung am 9. Juni letzten Jahres war es für Barbara Fellermann, die Vorsitzende des Fördervereins am Canisianum, eine große Freude, gemeinsam mit dem Geschäftsführer Robert Schulze Forsthövel die zahlreichen schulischen Unterstützungsinitiativen Revue passieren zu lassen. 8 Wie Robert Schulze Forsthövel in seinem Jahresbericht im Einzelnen erläuterte, konnten von den Geldern des Fördervereins nicht nur die Fachschaften profitieren, sondern auch Veranstaltungen wie das Herbstforum, Projekte zur Förderung des sozialen Lernens wie das „Fair Mobil“, DRK-Schulungen und der BoysDay. Mit über 10.000,- € floss der größte Einzelbetrag in die Anschaffung einer gastronomietauglichen Spülmaschine für die neue Mensa, die ca. 100 Personen Platz bietet. Im Einvernehmen mit dem Lehrerkollegium erhielten im vergangenen Jahr die Fachschaften Chemie, Mathematik, Musik, Religion, Biologie, Geschichte und Sport umfangreiche Mittel, um die Lehr- und Lernmöglichkeiten zu bereichern. Der Kassenverwalter Franz-Josef Hörsken gab in seinem Bericht bekannt, dass die Mitgliederanzahl wiederum durch die gezielte Ansprache der Eltern der neuen Fünftklässler auf 550 Personen gesteigert werden konnte. Er zeigte sich erfreut über die Tatsache, dass viele Eltern auch nach dem Abgang ihrer Kinder von der Schule im Förderverein verbleiben. Die für die Schule insgesamt seit Gründung des Vereins bereitgestellten Mittel bezifferte er auf fast 400.000 Euro. Josef Oberhaus, der mit Gisela Sebbel die Kasse geprüft hatte, bescheinigte dem Vorstand eine ordnungsgemäße Vereinsführung und beantragte die Entlastung, die einstimmig erfolgte. Unter der Leitung von Hartmut Stutznäcker wurden die Vorsitzende Barbara Fellermann, ihre Stellvertreterin Irmgard Rischen, der Kassenwart Franz-Josef Hörsken und der Geschäftsführer Robert Schulze Forsthövel einstimmig wiedergewählt. Die Kasse wird im nächsten Jahr von Klaus Jensen und Josef Oberhaus geprüft. Anschließend bedankte sich Frau Fellermann mit einem Weinpräsent bei Herrn Günter Horn für seine 25-jährige Mitgliedschaft im Förderverein. Der Geehrte berichtete aus dem Schulalltag und versprach, im Lehrerkollegium für den Förderverein zu werben. Herr Stutznäcker teilte als Vertreter der Schulleitung mit, dass das Canisi- anum weiterhin in moderne Technik investieren werde, um noch effizienter arbeiten zu können. In diesem Zusammenhang stelle das Schuljahr 2010/2011 auch das Cani vor große Herausforderungen, da dann die Oberstufe vier Jahrgänge umfasse. Mit seinen vielseitigen Erfahrungen aus dem Berufsleben bot im Weiteren Herr Roters der Schule seine Hilfe an, jungen Menschen den verantwortungsvollen Umgang mit Geld näherzubringen. Zum Abschluss der Versammlung stellte Herr Stutznäcker die neue Mensa, die als Multifunktionsraum konzipiert worden ist, vor. Der helle, freundliche und von der Schulgemeinschaft sehr gut angenommene Raum begeisterte alle Anwesenden. WN Träger und Förderer Ein erfolgreiches Unterstützungsjahr 9 Der Gymnasialverein St. Canisius um die Vorsitzende Renate Haltern (4.v.r.) verabschiedete Peter Schröder (6.v.r.) und Heinz Hürfeld (2.v.l.). Träger und Förderer Cani lässt sie ungern ziehen 10 Auf zwei langjährige Mitglieder wird der Gymnasialverein St. Canisius, der Träger des Canisianum, künftig verzichten müssen. Mit Heinz Hürfeld und Dr. Peter Schröder verließen im letzten November zwei Altvordere das Cani-Schiff. Sie wurden auf der Herbstsitzung des Gremiums von Renate Haltern, der Vorsitzenden des Gymnasialvereins, sowie von Schulleiter Hartmut Stutznäcker, den übrigen Mitgliedern und von Bürgermeister Richard Borgmann verabschiedet. Heinz Hürfeld ist dem Cani auf vielfältige Weise verbunden, denn schließlich war er von 1972 bis 1999 der Leiter des privaten Gymnasiums. Zugleich übernahm er als Vorsitzender des Trägervereins von 1976 bis 1984 zusätzlich Verantwortung, die er im Zuge der wachsenden Heraus- und Anforderungen an einen Schulleiter eines modernen Gymnasiums an Christian Schausten übergab, wie Renate Haltern in ihrer Danksagung erklärte. Gleich- wohl sei er weiter Mitglied des Gymnasialvereins geblieben. Ferner bleibt Heinz Hürfeld auch Mitglied im Kuratorium der Stiftung Canisianum, dessen Vorsitz der 75-Jährige nach neun Jahren im letzten Sommer abgab. Dr. Peter Schröder sei vor allem mit seinen juristischen Fachkenntnissen seit 1989 eine wichtige Stütze im Gymnasialverein des Canisianum gewesen, sagte Renate Haltern in ihrer Würdigung des Sendeners. Sein Rat und seine Unterstützung seien vor allem bei der „Durchforstung und Abwägung im Dickicht von ministeriellen Erlassen, Rechtsverordnungen, zivilrechtlichen Feldern und Schulgesetzen“ gefragt gewesen. Man werde sich vor allem an seine „selbstlose Unterstützung sowie an seine positive und weiterführende Kritik“ erinnern. Beide, Heinz Hürfeld wie auch Peter Schröder, lasse man nur ungern aus dem Trägerverein ziehen, erklärte Renate Haltern abschließend. WN Manfred Kussmann (2.v.l.) wurde nach 21 Jahren aus dem Gymnasial- und Internatsverein des Canisianums verabschiedet. Verabschiedung von Manfred Kussmann 21 Jahre fürs Cani im Einsatz Er habe maßgeblich an der Gestaltung des Canisianum mitgewirkt, betonte die Vorsitzende Renate Haltern Ende Juni letzten Jahres bei der Verabschiedung von Prof. Dr. Manfred Kussmann aus dem Gymnasial- und Internatsvereins. 21 Jahre hat Kussmann diesem Gremium angehört. Intensiv habe er sich – über die eigene Schullaufbahn und die seines Sohnes – mit den Zielen und Methoden der gymnasialen Ausbildung von Kindern auseinandergesetzt. Dabei sei er nicht, so Haltern, „in der nostalgisch verklärten Wahrnehmung der eigenen Schulerfahrung“ stecken geblieben. „Gespräche mit Dr. Kussmann über die gymnasiale Bildung basieren immer auf dem Nachdenken über der Anforderun- gen unserer Gesellschaft und vor dem Hintergrund seiner beruflichen Erfahrung in der Ausbildung von Studenten an der Landesfachhochschule für Finanzen in Nordkirchen“, betonte Renate Haltern. So hätten nicht zuletzt seine ermutigenden Worte dazu geführt, dass im Jahr 2001 die Stiftung Canisianum ins Leben gerufen wurde. Auch habe er „zuverlässig die Finanzlage“ des Vereins geprüft und „uns allen Sicherheit in unserer wirtschaftlichen Verantwortung“ gegeben. Die Vorsitzende verabschiedete Manfred Kussmann mit einem Präsent aus der Riege des Gymnasial- und Internatsvereins. WN Träger und Förderer Verabschiedung von Heinz Hürfeld und Dr. Peter Schröder 11 93 Abiturienten erhielten ihre Abschlusszeugnisse Die Abiturienten des Cani-Jahrgangs 2010 nach der Zeugnisausgabe bei strahlendem Sonnenschein. 12 Als sich kurz nach den Osterferien zahlreiche Schüler-Augenpaare auf die geballte Präsenz ihrer Deutschlehrer richteten, die geheftete Kopien verteilten, und das Ganze auch noch in der mit Einzeltischen versehenen Aula stattfand, da hatte das Zentralabitur 2010 begonnen. Mit intensiver Vorbereitung, Konzentration und vielleicht auch ein bisschen Glück, ein besonders geeignetes Thema zu erwischen, wurde der Prüfungszyklus inzwischen bewältigt. 93 zufriedene und auf sich selbst stolze Schülerinnen und Schüler bestanden dabei die Abiturprüfung und erwarben somit die allgemeine Hochschulreife. Im Rahmen der feierlichen Abschlussfeier erhielten sie dann am 10. Juli letzten Jahres ihre Zeugnisse. Vorausgegangen war ein gemeinsamer Gottesdienst in der St. Felizitas-Kirche, während die Feier musikalisch von der Abiturientin Marie-Claire Junke auf der Harfe sowie der Cani-Bigband begleitet wurde. Den sommerlich heißen Festtag rundete schließlich der abendliche Abiturball in der Mensa der Finanzhochschule Nordkirchen ab. Gleich zu Beginn der Entlassungsfeier versäumte es Schulleiter Hartmut Stutznäcker nicht, an den erst wenige Tage zuvor zu Grabe getragenen langjährigen Cani-Lehrer Alfred Bertram zu erinnern, der einen bedeutenden Teil des Weges mit den Abiturienten gemeinsam gegangen sei. Im Weiteren stellte Hartmut Stutznäcker den Weg nach Ithaka in den Mittelpunkt seiner philosophischen Rede. Bei dieser Reise nach Ithaka ging es nicht um die Odyssee. Es war vielmehr der genussvolle Weg, der gleichzeitig auch das Ziel sei. Diesen freiwillig gewählten Weg einschlagen zu können, stelle auch das höchste Gute dar – die Freiheit. Der Schulleiter wünschte den Jugendlichen viele Weg-Marken, die sie auf dem Weg nach Ithaka leiten mögen. Jahrgangsstufenleiter Dr. Carstens präsentierte den Zuhörern anschließend einen USB-Stick, auf dem alle Daten der Abiturientia gespeichert seien. Er hoffe jedoch, dass die Schülerinnen und Schüler sich vom Lehrerkollegium nicht nur verwaltet gefühlt hätten, sondern auch im pädagogischen Sinne geleitet. „Es war eine schöne Zeit“, lautete sein persönliches Resümee. Dem pflichtete auch die Stufenleiterin Ulrike Smyra bei, die darauf hinwies, dass es sich bei den Anwesenden um einen Abiturjahrgang handele, der sich nicht nur intern gut verstanden, sondern der auch ein produktiv-positives Verhältnis zu den Lehrern entwickelt habe, weshalb sie hoffe, auch in Zukunft Kontakt zu den Jugendlichen zu behalten. Gleichzeitig prophezeite sie den Schülerinnen Abitur 2010 Abitur 2010 Cani-Airbus nach neun Jahren sicher gelandet 13 Fortsetzung von Seite 13 Abitur 2010 Carsten Lamberth, der als Abiturient für seine erfolgreiche Jahrgangsstufe sprach, betonte, dass die in diesen Tagen häufig geäußerte Aufforderung „Bleib’ wie du bist!“ zwar gut gemeint sei, aber auch eine problematische Ambivalenz beinhalte. Selbstverständlich wolle man die nötige Bodenhaftung behalten, doch andererseits müsse es auch bald Schluss sein mit dem „Hotel Mama“. Er war zuversichtlich, dass sich die Schülerinnen und Schüler positiv weiterentwickelten, denn dazu hätten sie von den Lehrern am Canisianum das nötige Rüstzeug bekommen. Daher könne das Abitur nur eine Zwischenstation auf dem notwendigen Weg zur Veränderung sein. 14 Dem Zentralen Abiturausschuss gehörten der Schulleiter OStD Hartmut Stutznäcker als Vorsitzender, StD Dr. Uwe Carstens als Oberstufenkoordinator und Jahrgangsstufenleiter sowie OStR’ Ulrike Smyra als weitere Jahrgangsstufenleiterin an. Die Schülerinnen und Schüler des Abiturjahrganges wurden in den folgenden Leistungskursen unterrichtet: Biologie: OStR’ Sigrid Dorprigter und StD Dr. Klemens Müller, Deutsch: StR Michael Schmidt und StD Karl-Heinz Kocar, Englisch: StR Ulrich Thoden und StD Dr. Uwe Carstens, Erziehungswissenschaften: StD Ulrich Temme, Französisch: StD’ Susanne Laudick, Geschichte: StR’ Barbara Imholz, Mathematik: StD Ulrich Schweers, Physik: StR Martin Köller. In Kooperation mit dem Antonius-Gymnasium: Chemie: StR’ Dr. Bettina Faust, Erdkunde: OStR Winfried Weber. Das Canisianum gratulierte folgenden Schülerinnen und Schülern zum bestandenen Abitur: Lukas Altenbockum (Lüdinghausen), Jan Arntzen (Lüdinghausen), Nils Bartels (Lüdinghausen), Katharina Beckfeld (Lüdinghausen), Friederike Beerens (Nordkirchen), Philipp Bengfort (Nordkirchen), Lara Bierschenk (Lüdinghausen), Klara Bohr (Lüdinghausen), Neele Bohr (Lüdinghausen), Judith Bölke (Lüdinghausen), Julia Bößing (Lüdinghausen), Julia Bücker (Lüdinghausen), Anja Bünder (Olfen), Jan Daldrup (Nordkirchen), Hannah Dechering (Lüdinghausen), Tina Egbringhoff (Ascheberg), Vivian Ferchof (Lüdinghausen), Sabrina Fohrmann (Ascheberg), Hannah Frenken (Olfen), Ann-Kathrin Frye (Lüdinghausen), Max Glaser (Lüdinghausen), Lisa Glockner (Lüdinghausen), Irene Götte (Lüdinghausen), Larissa Graute (Lüdinghausen), Helena Große Feldhaus (Lüdinghausen), Michael Grund (Lüdinghausen), Tobias Hänser-Overhage (Nordkirchen), Lara Heckmann (Dülmen), Jan Christian Heidenreich (Nordkirchen), Anne-Sophie Heitmann (Olfen), Friederike Helmes (Selm), Tim Holtmann (Lüdinghausen), Monika Ilves (Haltern), Jessica Imkamp (Lüdinghausen), Marie-Claire Junke (Lüdinghausen), Sandra Kasperczyk (Ascheberg), Marco Kehrenberg (Ascheberg), Tobias Kieser (Olfen), Nina Kleine-Bley (Südkirchen), Anja Kleykamp (Ascheberg), Felicia Kneifel (Lüdinghausen), Stefanie Kock (Lüdinghausen), Kristina Kolodeshnyi (Lüdinghausen), Julia Kortenbusch (Lüdinghausen), Sydney Kraska (Dortmund), Ben Kudla (Münster), Kristina Kujehl (Lüdinghausen), Frederik Küpers (Nordkirchen), Carsten Lamberth (Olfen), Florian Lenfers (Lüdinghausen), Marie Lipphardt (Lüdinghausen), Julian Lips (Lüdinghausen), Theresa Lohmann (Lüdinghausen), Björn Matthies (Lüdinghausen), Carolin Meyer (Lünen), Lisa-Maria Michel (Lüdinghausen), Christine Müller (Lüdinghausen), Nadine Mylonas (Olfen), Kyra Naujocks (Olfen), Philipp Neumann (Olfen), Andrea Oberhaus (Lüdinghausen), Tamara Obst (Lüdinghausen), Julia Ohrt (Selm), Bernadette Osthoff (Lüdinghausen), Laura Ott (Olfen), Julia Pelster (Nordkirchen), Laura Pott (Nordkirchen), Raphaele Potts (Lüdinghausen), Jan Prohaszka (Olfen), Raphael Reher (Lüdinghausen), Nico Reismann (Lüdinghausen), Lydia Rischen (Olfen), Florian Rolfes (Lüdinghausen), Matthias Rolfes (Lüdinghausen), Felix Rusche (Lüdinghausen), Johannes Schlüter (Olfen), Kim Schlüter (Lüdinghausen), Caroline Schönenberg (Nordkirchen), Thorsten Seifert (Ascheberg), Anne Sibbel (Lüdinghausen), Carolin Steffens (Nordkirchen), Theresa Stiefel (Lüdinghausen), Christina Tacken (Lüdinghausen), Simone Tanski (Selm), Tobias Thüner (Lüdinghausen), Christoph Vennemann (Selm), Sebastian Vieth (Nordkirchen), Barbara Vinnemann (Olfen), Daniela Wacker (Lüdinghausen), Lucas Wehlmann (Lüdinghausen), Julian Westhoven (Lüdinghausen), Kristina Winkler (Lüdinghausen) und Anna Wohlfahrt (Lüdinghausen). Im Rahmen der Zeugnisübergabe konnten auch einige besonders erfolgreiche Schülerinnen und Schüler geehrt werden. Für den besten Zeugnisdurchschnitt mit der Note 1,0 durfte Carolin Steffens die Glückwünsche der Schulleitung entgegennehmen. Beeindruckt zeigte sich das Lehrerkollegium auch von der Leistung von Andrea Oberhaus (Note: 1,1), Felicia Kneifel (Note 1,2), Florian Rolfes (Note: 1,2), Matthias Rolfes (Note: 1,2) und Carsten Lamberth (Note: 1,3). Von der Deutschen Mathematiker-Vereinigung wurde Andrea Oberhaus darüber hinaus wegen ihrer besonderen Leistungen im Fach Mathematik geehrt. Ebenfalls würdigte der Verband deutscher Bio-Wissenschaftler die Abiturienten Felicia Kneifel, Björn Matthies, Andrea Oberhaus, Florian Rolfes, Matthias Rolfes und Felix Rusche für besondere Leistungen im Fach Biologie. WN Abitur 2010 und Schülern, dass sie noch vor vielen Schwellen stehen werden, denn das Leben sei eine stete Entwicklung. 15 Abitur 2010 Liebe Abiturientinnen, liebe Abiturienten, sehr geehrte Eltern und Angehörige unserer Abiturientia 2010, liebe Kolleginnen und Kollegen! 16 Von unserem Bundespräsidenten wird erwartet, dass er moralische Schneisen in das gesellschaftliche Wirrwarr von Politik und Eigennutz schlage. Sie erwarten nach dem Ende Ihrer Schulzeit, eine weitere Wegstrecke für ihr Leben zu finden. Menschen verwenden von jeher das Bild des Weges, um sich ihr Dasein verständlich zu machen. In allen Religionen und Weltanschauungen kommt dieses Bild des Unterwegseins vor. Der Philosoph Immanuel Kant meint, dieses Bild sei durch Geburt a priori vor jeder Erfahrung in uns angelegt. Der Mensch begreife sein Leben in dieser Welt in den Kategorien Raum und Zeit. Und so kommt es seit Tausenden von Jahren immer zu den gleichen Topoi. Die ältesten Bilder für unsere Welt finden wir im Alten Testament der jüdisch-christ- lichen Religion: so z. B. den Weg in das gelobte Land. In der Antike ist es die Entscheidung für einen Weg, und zwar zwischen dem beschwerlichen Weg, den der sozialen Anerkennung, und dem bequemen Weg, den der sozialen Bedürftigkeit. Das ist ein Bild vom Weg, das auch in den Volksweisheiten der Märchen wieder auftaucht, z. B. in „Frau Holle“ mit der Goldmarie und der Pechmarie. Auch wird diese Bildauslegung gern in der belletristischen Literatur (z. B. bei Entwicklungsromanen) verwendet, wenn der Autor zwei verschiedene Charak tere auf ihrem Lebensweg begleitet. Die Formen dieser Wege sind vielfältig. Es können Kreuz- oder Spiralwege sein wie zum Beispiel bei Janoschs Geschichte „Oh, wie schön ist Panama!“. Der Weg nur wenige finden, gegenüber dem breiten Weg, den viele gehen werden. Diese Bilder bzw. diese Metaphern finden wir in der gesamten Kulturgeschichte und in vielen Religionen. Allen gemeinsam ist die ethisch-moralische Maxime, einen bestimmten Wertekanon zu kennen, zu akzeptieren und praktisch umzusetzen. In dem Moment, in dem dieser Wertekanon verloren geht, geht auch der Weg verloren. Die Zeit, in der dieses deutlich wird, der Übergang vom 19. zum 20. Jahrhundert, gehörte bei Ihnen zum Pflichtprogramm im Fach Deutsch. Hier wird der Verlust des Weges und damit also auch der des Wertekanons häufig durch den Verlust der Form, der Syntax oder der Semantik in der Sprache dargestellt. Verursacht wird dieses Dilemma eigentümlicherweise durch einen unserer höchsten Werte überhaupt: die Freiheit. Werte unterliegen heute der freien Entscheidung eines denkenden Menschen. Nicht, dass wir der Werte verlustig gegangen wären, nein, wir verzeichnen in der westlichen, freien wie globalen Welt einen Boom, eine Überschwemmung an Werten und damit ein Überangebot an Lebensprogrammen, an Wegen. In ihrem Verlauf der Parallelität, des sich Kreuzens, Annäherns und Entfernens können sie von dem Suchenden, also Ihnen, liebe Abiturientinnen und Abiturienten, kaum noch klar ausgemacht werden. Was wir für uns suchen, sind also Wegmarken. Abitur 2010 Die Abiturrede von Hartmut Stutznäcker in dieser Geschichte führt von zu Hause weg in die Welt und nach Hause zurück, um zu erkennen, was ein Zuhause ist. Ähnliches gilt für Schillers philosophisches Gedicht „Der Spaziergang“ aus dem Jahre 1795. Hier zeigt der Weg das Bild eines geschlossenen Kreises. Der Spaziergänger verlässt sein Haus, um mit einem erweiterten Bewusstsein zurückzukehren. Natürlich gibt es auch ganz andere Wegebilder, die ein Scheitern oder eine Perspektivlosigkeit verdeutlichen. Dies ist, übertragen auf den Lebensweg eines Menschen, oft als Verlust des Weges zu verstehen, d.h., da kommt jemand vom Wege ab. Das kann historisch gemeint sein, es kann aber auch als Gang der Menschheit gesehen werden. Dies gilt gerade für uns heute und insbesondere für Sie, liebe Abiturientinnen und Abiturienten, die Sie sich mit der heutigen Verabschiedung auf etwas völliges Neues in Ihrem Leben einstellen müssen. Der „Weg“ ist in unserer Kulturgeschichte nicht zuletzt auch eine Metapher für „Programm“, oder anders formuliert, für die Festsetzung eines ethisch-moralischen Ziels, verbunden mit entsprechenden Handlungsanweisungen. Das gesamte Programm z. B. des christlichen Weltverständnisses wird im Johannes-Evangelium ausgedrückt durch die verdichtete Aussage in Kapitel 14, Vers 6, wenn Jesus sagt, er sei der alleinige Weg zu Gott, oder wenn der Maßstab für das Verhalten gegenüber dem Nächsten beschrieben wird mit dem Suchen nach dem schmalen Weg, den 17 Fortsetzung von Seite 17 Abitur 2010 Der moderne Mensch in seiner Befreitheit von gegebenen, lebensbestimmenden Maximen ist ein Suchender geworden. 18 Er sucht in der ihn umgebenden Welt Wegmarken. Der Philosoph Martin Heidegger bringt es ins Bild, wenn er in der Mitte des letzten Jahrhunderts formuliert, dass „Wegmarken“ einen Weg erkennbar werden lassen, „der sich dem Denken nur unterwegs andeutet, zeigt und entzieht“. Das Abwechslungsreiche, das Spannende und das Erlebnisreiche dieser Lebensreise führt der griechische Dichter Konstantinos Kavafis in einem Gedicht von 1911 mit dem Titel „Ithaka“ so aus: „ITHAKA / Wenn du deine Reise nach Ithaka antrittst, / So hoffe, dass der Weg lang sei, / Reich an Entdeckungen und Erlebnissen. / Die Lästrygonen und die Zyklopen, / Den zornigen Poseidon, fürchte sie nicht; / Solche findest du nie auf deinem Weg, / Wenn deine Gedanken erhaben bleiben, wenn erlesene / Gefühle deinen Geist und deinen Körper beherrschen. / Den Lästrygonen und den Zyklopen, / Dem wilden Poseidon, ihnen wirst du nicht begegnen, / Wenn du sie nicht in deiner Seele trägst, / Wenn deine Seele sie nicht vor dich stellt. Hoffe, dass der Weg lang sei, /Voll Sommermorgen, wenn du, / Mit welchem Vergnügen, mit welcher Freude, / In bisher unbekannte Häfen einfährst. / Unterbrich deine Fahrt in phönizischen Handelsplätzen, / Und erwirb schöne Waren, / Perlmutt, Korallen, Bernstein und Ebenholz, / Allerlei berauschende Essenzen, / Soviel du vermagst an berauschenden Essenzen. Besuche viele ägyptische Städte, / Und lerne mehr und mehr von den Gelehrten. Bewahre stets Ithaka in deinen Gedanken. / Dort anzukommen ist dein Ziel. / Aber beeile dich auf der Reise nicht. / Besser, dass sie lange Jahre dauert, / Dass du als alter Mann erst vor der Insel ankerst, / Reich an allem, was du auf diesem Weg erworben hast, / Ohne die Erwartung, dass Ithaka dir Reichtum schenkt. Ithaka hat dir eine schöne Reise beschert. / Ohne Ithaka wärest du nicht aufgebrochen. / Jetzt hat es dir nichts mehr zu geben. Und auch wenn du es arm findest, hat Ithaka dich nicht enttäuscht. / Weise geworden, mit solcher Erfahrung / Begreifst du ja bereits, was Ithakas bedeuten.“ Nun, was bedeuten diese Ithakas für uns, was bewirken sie in unserem alltäglichen Leben? Ithaka ist Ziel und damit auch Ende unseres Lebens. Das Wissen um diese Begrenztheit in der Zu- kunft bestimmt unsere Gegenwart, richtet die Aufmerksamkeit auf das Jetzt, auf unseren Weg. Dieser Weg soll, so heißt es „lang sein und reich an Entdeckungen und Erlebnissen“. Gefahren werden uns begegnen, aber mit „erhabenen Gedanken“, „erlesenen Gefühlen“ und wenn der Geist den Körper beherrscht, werden wir diesen entkommen, ja, wir werden ihnen nicht einmal begegnen, wenn wir sie nicht in unserer Seele tragen. Vergnügen soll uns unser Weg bereiten, unterbrechen sollen wir die Fahrt nach Ithaka, um an schönen Plätzen des Lebens zu verweilen. Wir sollen lernen von den Gelehrten, also z. B. die heutigen Wissenschaften beachten. In der Mitte des Gedichtes erfolgt der Hinweis, Ithaka in unseren Gedanken zu behalten, auch wenn Ithaka keine Reichtümer für uns bereit hält. Die folgenden Verse verdeutlichen, ohne Ithaka wären wir nicht aufgebrochen, ohne Ithaka wären wir stehen geblieben, hätten die Reise des Lebens nicht gemacht, hätten nichts erfahren, nichts gesehen, nichts verstanden. So idealistisch wie dieser griechische Dichter würden wir es wohl heute nicht mehr ausdrücken. Vielleicht würde jemand stattdessen formulieren: „Aha, der Dichter will sagen: Das Ziel ist der Weg“. Das wäre sicher richtig, aber für diesen schönen Text wohl doch etwas trocken und spröde. Einen Schlüssel für das Verständnis dieses Gedichts fand ich ganz woanders. Mit Heideggers existenzialistischem Denken gesprochen, eröffnete sich mir der Seinsinn beim Lesen eines Artikels des Karlsruher Pädagogen Jürgen Rekus über den Fachunterricht in der Schule. Er geht davon aus, dass der Mensch vor der Notwendigkeit steht, in einer differenzierten und hochkomplexen Welt begründet Entscheidungen zu treffen und dass er dabei verantwortlich handeln muss. Das Vermitteln von wissenschaftlichen Kenntnissen allein reicht heute in der Schule und auch danach nicht mehr aus. Durch das Anwachsen der Werte und der Sinnbereiche können wir nicht von nur einem Weltbild ausgehen. Die transzendental-kritische Pädagogik betont heute, dass wir lernen und erkennen müssen, dass wir durch das Bestimmen von Welt- und Sinnzusammenhängen uns jeweils selbst bilden. Anders formuliert: Die Welt existiert nicht an sich, sondern geschieht durch uns in einer Sinnvermittlung und in unserem Handeln in Bezug auf die uns begegnenden realen Gegebenheiten. Hier schaffen wir unsere je eigene Welt. Das ist das Wesen unserer Existenz. Das ist das Wesen unseres je eigenen Weges, und der geheimnisvolle Magnet, der uns von Wegmarke zu Wegmarke zieht, heißt Ithaka. Liebe Abiturientinnen und Abiturienten, ich wünsche Ihnen in diesem Sinne einen entdeckungsreichen, erlebnisreichen und langen Weg nach Ithaka. Leben Sie wohl, Gott schütze Sie auf Ihrem Weg! Abitur 2010 In einer sich ständig verändernden Welt können wir heute nicht mehr sagen, wohin uns unser Weg führen wird. Die Zeiten, in denen die Familie mehr oder minder den Weg bestimmte, die Zeiten, in denen die Familie, zumeist die Großfamilie, als Nutzgemeinschaft gesehen wurde und durch diese häufig der Weg vorbestimmt war, sind vorbei. Diese Voraussetzungen gelten heute nicht mehr. 19 Unsere Neuen Graecum zuerkannt Abitur 2010 Top in Bio 20 Der Verband deutscher Bio-Wissenschaftler würdigte die Abiturienten Felicia Kneifel, Björn Matthies, Andrea Oberhaus, Florian Rolfes, Matthias Rolfes und Felix Rusche für besondere Leistungen im Fach Biologie. 5 a Klassenleitung: Frau Meier Obere Reihe, von links: Antonia Reißmann, Mareike Borger, Rieke Escher, Nina Robbe, Simon Baumeister, Nils Buran, Luca Kappenberg, Maximilian Spitzer, Jan Moritz Aldenhövel mittlere Reihe, von links: Laura Schürmann, Melina Rekewitz, Tim Simon Hüser, Simon Volkert, Johannes Hüning, Leonard Bökkering, Leo Helfen, Sören Hellkuhl, Jonas Richter, Paul Lars von OlleschikElbheim untere Reihe, von links: Verena Sauer, Johanna Hildebrandt, Vivianne Veronique Berau, Annika Hahnebeck, Sina Grosfeld, Elisa Mitteldorf, Jan-Gerrit Deipenbrock, Tristan Chiva, Paul Bücken, Tamino Zabel es fehlt: Niklas van Nahmen? Schule und Projekte Am Canisianum haben vom Abschlussjahrgang 2010 19 Abiturientinnen und Abiturienten mit der allgemeinen Hochschulreife auch das Graecum zuerkannt bekommen. Dabei handelt es sich um Katharina Beckfeld, Anne-Sophie Heitmann, Marco Kehrenberg, Nina Kleine-Bley, Anja Kleykamp, Stefanie Kock, Sidney Kraska, Julian Lips, Carolin Meyer, Lisa-Maria Michel, Kyra Naujoks, Jan Prohaszka, Florian Rolfes, Matthias Rolfes, Anne Sibbel, Christoph Vennemann, Sebastian Vieth, Barbara Vinnemann und Lucas Wehlmann. Über diesen schönen und verdienten Erfolg seiner Schülerinnen und Schüler freute sich mit ihnen ihr Griechischlehrer Edgar Domen. 21 Unsere Neuen 5 b Schule und Projekte 5 c 22 Klassenleitung: Frau Dorprigter obere Reihe, von links: Justus Roggenkamp, Sebastian Niehues, Noah Contino, Doreen Brune, Nele Bußkamp, Jule Rottmann, Ute Holtkamp, Sarah Potthoff, Johanna Bäumer, Fabiola Kampert mittlere Reihe, von links: Leo Walterbusch, Jan Kruse, Linus Göldner, Malte Weckeck, Louisa Borns, Lena Heiermann, Meike Ernst, Felix Hanning, Fabian Lückener, untere Reihe, von links: Jonas Richter, Luca Pochert, Jan Göhler, Lucas Roters, Raphael Berendes, Moritz Bluhm, Yusuf Zeadan, Paulina Nabbefeld, Laura Schweizer, Dominik Heitkamp es fehlt: Justus Holzinger Klassenleiter: Herr Sockoll obere Reihe, von links: Robert Sebbel, Julius Klaverkamp, Niklas Frede, Yannik Leon Krebber, Julius Jonathan Schwenken, Johanna Sibbel, Christin Sophie Göhler, Birte Kruse, Lara Günther, Annika Mersmann mittlere Reihe, von links: Simon Nöcker, Oliver Ruprecht, Katharina Nentwig, Josefine Kerkloh, Juljane Rös, Lukas Brückner, Nina Hattrup, Janes-Luca Materne, Frederik Weber, Linus Höring untere Reihe, von links: Florian Hüser, Tonius Weiß, Jannik Laakmann, Simon Paul Erpenbeck, Tom Havermeier, Sophia Lenfers, Letizia Wegner, Bente Fritz, Marta Hülsbusch 23 12. Solidaritätslauf des Cani erbrachte 12 690 Euro Hilfe für ein Kinderheim in Brasilien Schule und Projekte So mancher Radfahrer oder Fußgänger wird sich Ende September letzten Jahres gewundert haben, denn rund 800 Cani-Schüler bevölkerten die Wege rund um die Ostenstever, wobei die Jugendlichen mit Engagement für das Kinderheim „Casa do Beija Flor“ in Brasilien unterwegs waren. 24 „Lässig laufen oder feurig skaten“ – so lautete das Motto. Doch ehe die Fünftbis Zwölftklässler die Sportschuhe oder Inlineskates schnürten, fand für die Schulgemeinde ein einführender Gottesdienst statt. „Wir wollen einen Impuls geben und noch einmal die Frage auf uns wirken lassen, warum wir das eigentlich machen“, sagte Barbara Imholz, eine der Organisatorinnen. Eine SchülerTrommelgruppe spielte daher passend zu dem brasilianischen Hilfsprojekt Samba-klänge. Beim zwölften Solidaritätslauf des Cani wurde das erlaufene Geld von 12 690 Euro wieder für die Arbeit des im Südosten von Brasilien gelegenen Kinderhortes „Casa do Beija Flor“ zur Verfügung gestellt. Diese Einrichtung ist eine Anlaufstelle für misshandelte Kinder und Jugendliche, die später wieder in ihre eigenen Familien oder in Pflegefamilien eingegliedert werden sollen. Da das Schulprogramm den Gedanken der solidarischen Hilfe stark betone, unterstütze man dieses Projekt, erklärte Susanne Laudick, die zusammen mit Sigrid Dorprigter, Barbara Imholz und dem SV-Team den Sponsorenlauf organisiert hatte. Nicht ohne Stolz hob Susanne Laudick auch die Bedeutung des Tages hervor: „Ein Drittel der Kosten für das Heim in Brasilien kann durch den SoliLauf gedeckt werden.“ Bei der Siegerehrung vier Wochen später fand Susanne Laudick dann für die siegreiche Klasse 8c einen anschaulichen Vergleich: Die in zwei Stunden von der Gruppe zurückgelegte Strecke von 372 km entspricht der Entfernung von Lüdinghausen bis Karlsruhe in BadenWürttemberg. Diesem Spitzenwert kam die Klasse 6b mit ihren 371 zurückgelegten Kilometern sehr nahe und auch die Jungen und Mädchen der Klasse 5b boten mit ihren 334 km auf dem dritten Platz eine ausgezeichnete Leistung. Mit Blick auf die durchschnittlich elf Kilometer pro Schüler meinte die langjährige Organisatorin des Soli-Laufes: „Das ist eine Menge. Mehr geht fast nicht.“ WN Schule und Projekte 800 Schüler des Canisianum liefen und skateten für das brasilianische Kinderheim „Casa do Beija Flor“. 25 Ist der Mensch ein „betender Affe?“ Schule und Projekte Kinder brauchen Tiere, um sich emotional und intellektuell zu entwickeln. Die natürliche Mitwelt aktiviert in ihnen auch entscheidende soziale Fähigkeiten, weil sie Respekt und Verantwortung lernen, und sie lernen, sich im Umgang mit Tieren selbst intensiv als Mitgeschöpfe wahrzunehmen. Ein ständiges Eintauchen in virtuelle Welten, wie sie der Computer erschließt, lässt ihre Gefühle dagegen schnell erkalten. 26 So eine der vielen aufschlussreichen Feststellungen von Dr. Rainer Hagencord aus Münster, der das an der Hochschule der Kapuziner angesiedelte „Institut für Theologische Zoologie“ leitet und im letzten November im Gymnasium Canisianum zu Gast war. Die Schule hatte ihn als Referenten für ihr letztjähriges „Herbstforum“ gewinnen können. Rund 100 Zuhörer folgten dem didaktisch gut aufbereiteten Vortrag, der das Ziel hatte, einen anderen Blick auf das Verhältnis von Mensch und Tier zu eröffnen. Hagencord ist von Haus aus Theologe, Philosoph und Biologe und bewegt sich mit Lust im Grenzgebiet zwischen den drei akademischen Disziplinen. Das Tier begreift er als eine ernste Anfrage an die christliche Lehre vom Menschen, als Infragestellung von verfestigten Positionen, die alle darauf beruhten, dass der Mensch sich allzu selbstherrlich als „Krone der Schöpfung“ begreift. Im Institutslogo sieht man den alten Kirchenvater Hieronymus auf Augenhöhe mit einem Löwen, den Theologen also mit dem Gesicht zum Tier. Darin spiegelt sich auch Hagencords Anliegen wider. Diesen Blick wünscht er sich für alle Menschen, insbesondere aber für diejenigen, die sich Christen nennen. Denn der Verhaltensbiologe Hagencord sieht keinen Graben zwischen Mensch und Tier. Für ihn geht es deshalb darum, den Menschen zu einem würdigen Umgang mit seinen Mitgeschöpfen zu führen. Wo aber liegen die Wurzeln für die Verdinglichung von Tieren, die dem Menschen das Recht zu geben scheint, mit ihnen nach Gutdünken zu verfahren, etwa in der Massentierhaltung oder da, wo sie zu Versuchszwecken missbraucht werden? Hagencord sieht in dem Satz „Cogito, ergo sum!“, den René Descartes mit seinem „mechanistischen Gottesbild“ im frühen 17. Jahrhundert geprägt habe, die Ursache für den folgenreichen Dualismus, der dann das neuzeitliche Denken durchziehe: Der Mensch unterscheide sich durch seine von Gott verliehene Vernunft wesensmäßig vom Tier. Immanuel Kant – so der Referent – habe dann die Philosophie „mit dem Rücken zum Tier“ weitergeführt: Für ihn seien Tiere nur noch „Sachen“. Hagencord erläuterte am so genannten „Spiegeltest“, der für Verhaltensbiologen einen Hinweis auf das Maß des Selbstbewusstseins eines Lebewesens liefert und den etwa Delfine, Elefanten und Krähen bestehen, dass es ein „präreflexives Mitsich-vertraut-Sein“ auch bei Tieren gebe, das es diesen ermögliche, „angemessen auf ihr jeweiliges Ökosystem zu reagieren“. Die Sonderstellung des Menschen begründe sich vor allem aus seiner Fähigkeit zur Religion: Der Mensch sei – überspitzt ausgedrückt – „ein betender Affe“. Das Denken des Menschen sortiere aber zunächst auf ähnliche Weise seine sinnlichen Eindrücke wie das Tier. Und Hagencord zitierte zustimmend den spätmittelalterlichen Philosophen Nikolaus von Kues, der die menschliche Exis- tenz ganz wesentlich in einem liebenden Gott begründet sieht und eben nicht in der Fähigkeit zum Denken: „Ich bin, weil du (Gott) mich anschaust.“ In der Bibel werden die Tiere dem „Menschen“ („Adam“) zuerst zugeführt, später erst kommt „Eva“ als Partnerin hinzu. Der Mensch wird vorgestellt als eine Art König und guter Hirte zugleich: Macht und Respekt halten sich die Waage. Wenn der Mensch dem Tier Namen gibt – so Hagencord weiter – machten sich beide miteinander vertraut. Und der Mensch erkenne sich selbst im Umgang mit dem Tier, da er immer wieder mit seiner Seele (lat. anima) das Tier (lat. animal) in sich selbst wahrnehme. Er könne vom Tier lernen, mit allen Sinnen den Augenblick zu erleben und im Umgang mit ihnen Geborgenheit neu erfahren, eine wichtige Voraussetzung für eine vertiefte persönliche Gotteserfahrung. Mit dieser Veranstaltung zeigte das Canisianum, dass es ethischen Fragen viel Aufmerksamkeit widmet und und auch neuere Ansätze einer christlichen Theologie in seine Bildungsarbeit einbeziehen will. Eine Initiative, die auf eine veränderte gesellschaftliche Praxis abzielt, ist in Vorbereitung. Karl-Heinz Kocar Schule und Projekte Dr. Rainer Hagencord sieht in seinem Vortrag Mensch und Tier auf Augenhöhe. Herbstforum im Cani 27 Tage Religiöser Orientierung 2011 28 Wir, die Klasse 9a, hielten uns vom 25. bis zum 28. Januar gemeinsam mit der 9b in der Kolpingbildungsstätte Coesfeld auf, da unsere Tage Religiöser Orientierung anstanden. Die beiden Parallelklassen waren eine Woche später dran. Dort angekommen, konnten wir zuerst einmal unsere Zimmer beziehen. Dann beschäftigten wir uns mit den von uns ausgewählten Themen. Drei geschulte Teamer, die selbst noch Studenten waren, unterstützten uns dabei herauszufinden, wie wir uns selbst sehen und wie andere uns einschätzen. Als wir uns zur ersten Runde zusammensetzten, erfuhren wir aber zunächst, dass jeder Tag aus drei Einheiten bestehen sollte: Die Morgeneinheit begann nach dem Frühstück und ging bis zur Mittagspause um 12.30 Uhr. Nach dem Essen hatten wir drei Stunden Freizeit, um das Gelände zu erkunden oder einfach nur mit Klassenkameraden über den Tag zu reden. Einige nutzten die Gelegenheit auch, um in die Innenstadt Coesfelds zu gehen. Danach begann die Nachmittagseinheit, die bis zum Abendessen ging. Manchmal fand auch noch nach dem Abendessen eine Einheit statt, in der wir den Tag Revue passieren ließen und unsere Eindrücke miteinander teilten. Zusätzlich wurden auch noch Morgen- bzw. Abendimpulse angeboten, an denen man vor der ersten oder nach der letzten Einheit teilnehmen konnte. Der Morgenimpuls stand immer unter einem anderen Thema und sollte uns erste Anregungen für den Tag geben. Der Abendimpuls gab uns die Möglichkeit, noch einmal über den Tag nachzudenken und ihn gemeinsam abzuschließen. Dabei lief meist leise, nachdenkliche Musik, die oft zum Thema passte, und uns wurde manchmal eine kurze Geschichte vorgelesen. Obwohl es keine Pflicht gab, zu den Impulsen zu erscheinen, waren sie immer gut besucht. Im Unterschied zu den normalen Tageseinheiten verliefen sie sehr ruhig, und es wurde gar nicht oder nur wenig gesprochen. Wir beschäftigten uns in ihnen ausschließlich mit uns selbst. Der erste Tag stand ganz unter dem Aspekt, sich kennenzulernen. Obwohl mancher von uns vielleicht dachte, dass wir uns nach fast fünf Jahren in einer Klasse doch gut genug kannten, erfuhren wir nicht nur mit Hilfe unserer Teamer Dinge, die wir so wahrscheinlich nie erfahren hätten. Besonders an diesem ersten Tag machten wir viele Spiele, die uns einiges Neue übereinander verrieten, Ende Januar 2011 vor der Kolpingbildungsstätte Coesfeld: Die Klassen 9b und 9a präsentieren sich mit ihren Klassenleitern Veronika Diers und Karl-Heinz Kocar. was natürlich bei allen gut ankam. Zum Beispiel stellten die Teamer Thesen auf, und jeder, auf den diese zutraf, musste aufstehen. Am zweiten Tag versuchten wir gemeinsam ein Thema zu bestimmen, mit dem wir uns besonders intensiv beschäftigen wollten. Nachdem wir uns über die Themen „Zukunft“, „Familienleben“ und „Freundschaft“ Gedanken gemacht hatten, entschieden wir uns letztendlich für „Selbsteinschätzung und Fremdeinschätzung“. Von nun an arbei teten wir fast immer zuerst in Kleingruppen, damit es uns einfacher fiel, uns zu öffnen. Der Kontrast zwischen der Selbst- und Fremdeinschätzung wurde besonders beim „Eigenschaften-Versenken“ deutlich, einem Spiel, das genauso wie „Schiffe-Versenken“ aufgebaut war. Außerdem hatten wir auch manche Die drei Teamer, die mit der 9a arbeiteten (v.l.): Sophia Küster-Benkhofer, Mathias Kühl und Florian Benzol. Schule und Projekte Schule und Projekte „Die Übungseinheiten machten uns tatsächlich Spaß“ 29 Juliane Maushagen schoss viele Fotos. Severin Naujoks half im Skater-Fachgeschäft „Rollhouse“ bei der Renovierung des neuen Ladens. 9er Schüler absolvierten Betriebspraktikum 30 Aufgaben in Teamwork zu lösen, wodurch wir zusätzlich auch die Klassengemeinschaft stärkten. Die Einheiten machten uns mindestens genauso viel Spaß wie unsere Freizeit, was wir vorher nicht erwartet hätten. Es bestanden aber auch sehr viele Möglichkeiten, unsere Zeit außerhalb der Einheiten zu gestalten. Unter anderem gab es verschiedene Billard- und Kickertische und eine Tischtennisplatte sowie einen Jazz keller, in dem man sich abends auch bei lauter Musik aufhalten konnte. Auch das Essen war immer sehr vielfältig und begeisterte alle. Für uns gingen die vier Tage erstaunlich schnell vorbei, und fast alle wären gerne noch etwas länger geblieben. Alles in allem haben die Tage uns nicht nur persönlich sehr viel gebracht, sondern auch der Klassengemeinschaft, und es hat nebenbei auch noch sehr viel Spaß gemacht. Lena Thier / Laura Watermann, 9 a Heiteres Berufeschnuppern Raus aus der Schule, hinein ins Berufs leben: Rund 100 Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 9 des Canisianum waren Anfang Februar 2010 zu Gast in verschiedenen Betrieben. Die Jugendlichen hatten dabei reichlich Zeit, in einem von ihnen ausgewählten Beruf den Arbeitsalltag kennenzulernen. Der Praktikant Sven Kipp beispielsweise erledigte Büroaufgaben und durfte sogar die Kunden am Schalter der Sparkasse Westmünsterland beraten. Wie andere Jugendliche aus der Jahrgangsstufe hatte auch er die Möglichkeit, Eindrücke und Erlebnisse für die berufliche Zukunft zu gewinnen. Zwischen der Pathologie und der Grundschule waren zahlreiche Berufsbilder querbeet vertreten. „Der Beruf ist wirklich interessant, aber später möchte ich doch lieber in eine andere Richtung gehen“, kommentierte der junge Praktikant der Sparkasse seine Erfahrungen und vertrat damit auch die Meinung anderer „Kollegen“ wie z. B. Neele Kortendieck, die beim Kinderarzt Dr. Werner Braun ihr Praktikum absolvierte. „Die Arbeit mit Kindern macht mir Spaß, später aber möchte ich lieber in die Psychologie oder die Pädagogik einsteigen.“ Ihre Kollegen am Arbeitsplatz haben die junge Praktikantin allerdings sehr geschätzt. So erging es auch Juliane Maus hagen, die im Fotostudio „Vennemann & Bohr“ hauptsächlich mit dem Programm „Photoshop“ Bilder bearbeiten durfte. Sie lief häufig durch Lüdinghausen, um mit der Kamera alles festzuhalten, was sie für ein gutes Motiv hielt. „Sie ist wirklich sehr engagiert und zuverlässig“, meinte Ingrid Bohr. So wie bei den meisten Praktikanten haben sich auch Julianes Erwartungen an die zwei „etwas anderen“ Wochen erfüllt. „Wichtig für mich war, dass keine Langeweile aufkommt. Es ist das beste Praktikum, das ich mir vorstellen kann“, erzählte Severin Naujoks im Rückblick. Er half im Skater-Fachgeschäft „Rollhouse“ bei der Renovierung des neuen Ladens. Aber auch mit dem Textildruck kennt er sich nun aus. Obwohl der junge Praktikant mit Enthusiasmus dabei war, empfand er den Job im Skater-Fachgeschäft doch nicht als seinen Traumberuf. Vielen anderen ging es genauso. Der Vergleich mit dem Schulalltag fiel sehr unterschiedlich aus. Manche Jugendliche wollten wieder gerne in die Schule, manche jedoch fanden das Praktikum entspannter. „Es ist nicht so stressig, wenn man weiß, keine Hausaufgaben mehr machen zu müssen“, fand Arne Nitz, der bei der Versicherung „Die Continentale“ sein Praktikum machte. Letztlich war das Praktikum für alle eine neue und wichtige Erfahrung. Den richtigen Traumberuf allerdings müssen viele erst noch ent decken. Frederike Potts und Lisette Amparo Schule und Projekte Schule und Projekte Fortsetzung von Seite 29 31 Lernen, bewusster zu essen Schule und Projekte Wir Menschen essen bekanntlich jeden Tag, und zwar überall auf der Welt. Doch kaum einer denkt länger darüber nach. Eine Ausnahme bildeten im vergangenen September für drei Tage die Schüler des Canisianum. Während der Projektwoche „Was is(s)t die Welt?“ stand für alle Schüler nicht Mathe oder Deutsch, sondern das Thema „Ernährung in der Welt“ auf dem Lehrplan. 32 Nach den letzten Projekttagen vor vier Jahren sei es wieder Zeit gewesen, dass die ganze Schule sich in jahrgangsübergreifenden Gruppen mit einem Ober thema auseinandersetze, erklärte das mitorganisierende SV-Team. „Die Nahrungsaufnahme ist normalerweise etwas Alltägliches, doch Manches bleibt unter der Oberfläche oder wird verschwiegen. In den drei Tagen wollen wir das Thema kritisch untersuchen, in der Hoffnung, dass man danach bewusster isst“. Mit dieser Aussage benannte die Stufensprecherin der 10. Klasse, Mirjalisa Walz, ein wichtiges Ziel der Projekttage. Eine Themenformulierung wie „Was is(s)t die Welt?“ bot dabei natürlich ein breitgefächertes Angebot an Projekten. Spracheninteressierte konnten sowohl französisch als auch englisch kochen, eine Reise zu den Ess- und Trinkgewohnheiten im alten Rom wurde ebenfalls angeboten. Doch neben amüsanten Themen wie der „Einweisung in die Geheimnisse der Schokoladenherstellung“ griffen die Lehrer auch auf ernstere Aspekte zurück. Was bedeutet es etwa, nur mit Hartz IV im Alltag, also auch Wo kommen eigentlich unsere Brötchen her? Ein Besuch bei der Bäckerei Geiping beantwortete die Frage. Auch eine Exkursion zum Bauernhof gehörte zu den Projekttagen. beim Einkaufen von Lebensmitteln, auszukommen? Oder wie artgerecht ist die Haltung von Tieren? Abgesehen von der Recherche in Bücher und dem Internet standen auch Exkursionen zu Bauernhöfen oder der Lüdinghauser Tafel auf dem Plan. Zwei Projektgruppen hinterfragten die Verantwortung großer Lebensmittelunternehmen gegenüber Menschen in Entwicklungsländern. Im Weiteren bot die Formulierung des Projektthemas aber auch die Möglichkeit, sich mit den Strukturen oder sozialen Zuständen in der Welt zu beschäftigen, was zum Beispiel die Gruppe praktizierte, die Megacities in der 3. Welt untersuchte und deren Gegensätze im Modell darstellte. SV-Lehrerin und Organisatorin Sigrid Dorprigter begrüßte die in regelmäßigen Abständen stattfindenden Projekttage. „Es ist immer motivierend, wenn man einmal aus dem normalen Trott ausbrechen kann“, sagte sie. „Dabei praktizieren wir kein verkopftes Lernen, weil jeder seine Gedanken im praktischen und kreativen Handeln verwirklichen kann.“ Auch lösen die jahrgangsstufenübergreifenden Projekte die Sozialstruktur der Schule auf. Die Abiturientin Sarah Jacobs arbeitete zum Beispiel gemeinsam mit Schülern aus der 6. Klasse an einem Kunstprojekt zum Thema „Essen auf der Welt“. „Das ist sehr interessant, weil die Jüngeren ganz andere Eindrücke und Empfindungen haben als wir Älteren“, beschrieb sie. So beinhalte das Erarbeitete – seien es Plakate, Modelle, Videos oder Kunstobjekte – die vielseitigsten Gedanken der beteiligten Schüler. WN Schule und Projekte Cani-Projekttage 2010 33 Schule und Projekte Projekt: „Kritischer Konsum“ 34 Müssen es eigentlich immer die teuren Markensachen sein? Das fragte sich die Gruppe „Kritischer Konsum“ während der drei Projekttage. Rike Bartmann, Michael Wentingmann und Jan-Christoph Horn von der Katholischen Studierenden Jugend in Münster (KSJ) überzeugten die Schüler mit schockierenden Fakten und erstaunlichen Selbsttests. Im Falle einer Verhaltensänderung könne man beim Verzicht auf Markenprodukte nicht nur Geld sparen, sondern auch sein Gewissen beruhigen. Nach Informationen der KSJ sind es vor allem die großen und namhaften Hersteller, die verant- wortungslos mit der Natur umgehen. Ein Beispiel hierfür ist der wohl bekannteste Cola-Fabrikant. Dessen Fabriken in Indien verbrauchen derart viel Wasser, dass der Grundwasserspiegel um die Produktionsstätte bereits deutlich gesunken ist. Unter der erschwerten Wassergewinnung müssen die Bewohner in der Umgebung leiden. Doch man kann diese Missstände aufhalten, wenn man „reflektiert konsumiert“, war sich Jan-Christoph Horn sicher. Als Experiment unternahm die Gruppe eine Cola-Blindverkostung und tatsächlich gibt es vergleichbare Alternativen, bei denen man kein schlechtes Gewissen zu haben braucht. Projekt: „Praktische und künstlerische Umsetzung des Projektthemas“ Jedem, der nach den Projekttagen durch die Pausenhalle lief, wird es bestimmt schon aufgefallen sein: Das neueste Prunkstück des Kunstkastens ist eine Weltkugel in Miniaturformat. Doch es ist kein gewöhnlicher Globus, den die Projektgruppe von Herrn Gerdzen gebastelt hat. Viele Bilder von Menschen, Nationalspeisen und berühmten Sehenswürdigkeiten bilden nämlich die Kontinente. „Wir wollten damit anschaulich machen, wo die Menschen hungern“, erklärte Sarah Schnell aus der Jahrgangsstufe 13. Sie hofft, dass „man die Ungerechtigkeit sieht“. Dafür haben die jüngeren als auch älteren Schüler mit Klischees gespielt. Die USA werden zum Beispiel von einem übergewichtigen Jungen, der gerade einen Hamburger in der Hand hält, vertreten. Das Bild des afrikanischen Kontinents zeigt dagegen hungernde Kinder. Eine Menschenkette, die die Welt umspannt, soll Hoffnung geben, da sich die Menschen trotzdem helfen, sagte Sarah. Ein Beispiel dafür seien Hilfsprojekte. Schule und Projekte Projekttage 2010 – Blick in einzelne Projektgruppen 35 Fortsetzung von Seite 35 36 Was steckt eigentlich hintern den vielen kleinen Angaben auf der Rückseite von Lebensmitteln und halten die Unternehmen ihre Versprechungen ein, wenn sie für ihre gesunden Produkte werben? Diesen Fragen ging die Gruppe „Supermarkt-Produkte“ von Frau Hermes und Herrn Eppe nach. Nach der Untersuchung von Nährwerttabellen und der Recherche von Inhaltsstoffen widmete sich die gemischte Gruppe – sowohl Siebtklässler als auch kommende Abiturienten gehörten dazu – der praktischen Untersuchung. Beim Vergleich der Inhaltsstoffe von Kinder-, Gesundheits-, Light- und Fast-Food-Produkten gab es einen „Daumen hoch“ für gesunde und einen „Daumen herunter“ für weniger gesunde Lebensmittel. Oft erwiesen sich die Werbesprüche selbst großer Hersteller als leere Versprechungen. Ernüchtert stellte eine Schülerin aus der Jahrgangsstufe 13 ein Beispiel vor: „Wir haben ein Kinderprodukt untersucht, auf dem überall ‚Mit Fruchtsaft‘ stand, letztlich waren aber nur Extrakte drin“. Auch würden sich „zuckerarme“ Lebensmittel nicht immer als die wirklich gesündere Alternative zu den normalen erweisen. Die Abiturientin Frederike hat sich vorgenommen, nach diesen Erkenntnissen ernährungsbewusster einzukaufen. „Aber wenn man Heißhunger hat, dann ist es schwer, sich an die gewonnenen Erkenntnisse zu halten“, gestand sie sich ein. Projekt: „Megacities in der Dritten Welt“ Eigentlich sehen die Zentren der Metropolen in der 3. Welt auf den ersten Blick auch nicht anders als die von London, Frankfurt oder Paris. Doch der zweite Blick offenbart dann extreme soziale Gegensätze, die sich sowohl in den umzäunten und stark bewachten Viertel der Wohlhabenden als auch in einer endlosen Slum-Landschaft widerspiegeln. Dies im Modell lebendig werden zu lassen, war das Bemühen einer weiteren Projektgruppe. Vom Wolkenkratzer bis zur Wellblechhütte wurden ausdrucksstarke Modellhäuser gebastelt und auf einem Stadtgrundriss verankert. „Hier arbeiten Schülerinnen und Schüler mehrerer Jahrgangsstufen kreativ zusammen, die nicht nur ihr handwerkliches Geschick zeigen, sondern auch ein deutliches Gespür für die Strukturen und Gegensätze in den Megacities der 3. Welt bekommen“, betonte der Projektleiter Herr Meischen. Marian Tüns Schule und Projekte Schule und Projekte Projekt: „Supermarkt-Produkte“ 37 WEITERE FOTOS Die Klasse 9a recherchierte im Vier-Sterne-Hotel Journalisten für einen Tag Schule und Projekte Über 140 Angestellte arbeiten tagtäglich im Mövenpick-Hotel in Münster. An einem Freitagmorgen Mitte April 2010 waren es gleich 27 fleißige Händepaare mehr, die hinter den Kulissen tatkräftig mit anpackten. 38 Die Klasse 9a des Canisianum hatte sich mit ihrem Deutschlehrer Karl-Heinz Kocar im Rahmen des „Klasse!“-Projekts der „Westfälischen Nachrichten“ in dem Vier-Sterne-Haus angekündigt. Bei diesem Projekt erhalten die Schüler die WN kostenlos in die Schule geliefert, um dann im Unterricht den Aufbau und die Textsorten der Zeitung zu analysieren und zu diskutieren. Der Höhepunkt besteht dann oft in der Eigenproduktion diverser Artikel, was allerdings eine gründliche Untersuchung vor Ort voraussetzt, wofür das „Mövenpick“ eine ausgezeichnete Basis bot. Nach einer ausgiebigen Führung schnupperten die damaligen Achtklässler in verschiedene Bereiche der Hotelanlage hinein. In der Küche, dem Hauskeeping, dem Bankett-Bereich und sogar auf dem Gebiet des Einkaufs durften die Gymnasiasten aktiv werden. Während eine Gruppe der Mädchen in der Küche mit Nadja Kockmann, der Chefin der Patisserie, zu Rührlöffel und Marzipan-Rohmasse griff, lernten die Jungen im Bankett-Bereich das korrekte Falten von Servietten. „Ich hätte nicht gedacht, wie viel Arbeit wirklich hinter einer schön gedeckten Tafel steckt“, staunte der auf diesem Gebiet noch unerfahrene Mathis Alders. Geduldig zeigte die Bankett-Leiterin Dorte Campe den Jungen, wie man aus einem weißen Tuch Schritt für Schritt eine hübsche Serviette entstehen lässt. Im Hintergrund waren die Mitschülerinnen bereits damit beschäftigt, einen Tisch für ein schönes Essen einzudecken. „Ist das ein Fisch- oder ein Butter messer?“, fragte Anna Lisowska ihre Mitschülerin Fee leise. Obwohl deren Detailkenntnisse auf diesem Gebiet nicht überliefert sind, glänzten am Ende Gläser und Besteck profihaft auf dem Tischtuch. „Heute Abend könnt ihr für eure Eltern perfekt den Tisch decken“, lachte Dorte Campe und freute sich mit ihren zukünftigen Bankett-Experten über deren erweiterte praktische Fähigkeiten. Zeit- gleich ging es in der Küche bereits heiß her. Vom Kreieren eines Crèpes-Teiges über das Gemüseschneiden bis hin zum Anfertigen kleiner Tiere aus Marzipan waren die Schüler und Schülerinnen höchst engagiert bei der Sache. Nadja Kockmann lobte den Ehrgeiz ihrer Hilfsköche, die feinste Leckereien aus den Rohmaterialien entstehen ließen. Auch im Haus-Keeping waren die Canisianer mit Eifer dabei. „Man muss darauf achten, dass alles glänzt, bevor man sich zum nächsten Zimmer begibt“, betonte Tobias Kreutz, der das Saubermachen offenbar auch schon zu Hause praktiziert hatte. Für die Versorgung des Hotelbetriebes waren Till Hube und Lukas Rischen verantwortlich. Die beiden Jung-Hoteliers arbeiteten die Bestellungen für die verschiedenen Hotelbereiche anhand von Listen ab und besorgten Material aus den Lagern. „Wir freuen uns, so kompetente Hilfe gehabt zu haben“, lobte Angelina Wendt vom Mövenpick-Personal die Schüler. Für die gab es anschließend allerdings jede Menge Arbeit, denn der Hotel-Tag diente ihnen vor allem als Recherche-Termin. Im Deutsch-Unterricht wurden dann die Berichte, Kommentare, ein Interview sowie eine Karikatur produziert, die wenig später im Lokalteil der WN veröffentlicht wurden. WN Schule und Projekte Bewaffnet mit Rührblitz und Küchenquirl zauberten die Canisianer in der Küche des Mövenpick-Hotels leckere Köstlichkeiten, zum Beispiel Marzipantierchen. 39 „Ihr seid eine klasse Klasse!“, lobte der Herr Storksberger die Schülerinnen und Schüler der 9a für ihre vielen neugierigen Fragen. Werner Storksberger zu Gast im Canisianum Schule und Projekte Im Klassenzimmer der 9a herrschte im März 2010 eine deutliche Anspannung, denn die 28 Jungen und Mädchen hatten einen Lokalredakteur der „Westfälischen Nachrichten“ in ihren Deutschunterricht eingeladen. Drei Wochen lief nun bereits das Zeitungsprojekt „Klasse!“ 40 Während dieser Zeit hatten sie die WN als Tageszeitung kostenlos geliefert bekommen, hatten Artikel ausgeschnitten und aufgeklebt und selbst Reportagen und Kommentare geschrieben. Sie wussten inzwischen, wie eine Zeitung gemacht wird, wie sie aufgebaut ist und was eine Nachricht von einem Kommentar unterscheidet. Jetzt sollte Werner Storksberger ihnen Rede und Antwort stehen. „Nein, Journalist war für mich als Junge kein Traumjob. Dann schon lieber Pilot oder Lokomotivführer“, antwortete Werner Storksberger lachend auf eine Frage. „Aber als ich 1975 mein Abitur machte, war mir klar, dass ich entweder Lehrer oder Zeitungsredakteur werden wollte, denn der Deutsch-Leistungskurs hatte mir viel Spaß gemacht.“ Werner Storksberger zückte seinen Terminkalender und las vor, was er heute noch alles zu tun hatte: „Ganz oben steht natürlich mein Interview mit der 9a! Um 11 Uhr muss ich bei einer Spendenübergabe dabei sein, um 12 Uhr wird in der Stadtbücherei Bilanz gezogen, um 14 Uhr erfolgt die Einweihung einer Modelleisenbahn in der Ludgerischule, dann folgt eine Veranstaltung der Lüdinghauser Märchenwoche, danach der Auftakt zur Kegel-Stadtmeisterschaft, ein Termin beim Taubenzüchterverein und am Abend ein Konzert im ‚Rocksteady‘ “. Ein elektronischer Terminkalender regelt die Arbeitseinteilung und zeigt jedem Mitglied der Redaktion, wer zu welcher Zeit wohin gehen muss. Die Termine, so der Redakteur, würden natürlich unter den Mitarbeitern aufgeteilt. Aber wenn sich die Termine häufen, komme er schon leicht einmal auf einen Zwölf-Stunden-Tag. Er sieht allerdings eine Entlastung darin, dass er nachmittags und abends regelmäßig auch auf freie Mitarbeiter zurückgreifen könne. „Ich kann mich noch gut an meinen ersten Termin erinnern: Ich musste zu einem Angelsportverein. Ein typischer Termin für Anfänger“, schmunzelte Werner Storksberger. Damals war er als Sechzehnjähriger bereits freier Mitarbeiter beim „Westfälischen Anzeiger“ in Werne. Nach dem Abitur und zweijähriger praktischer Ausbildung wurde er bei den „Westfälischen Nachrichten“ fest angestellt und arbeitete in Warendorf, Sendenhorst und Ahlen. Als Redaktionsleiter kehrte er 1978 nach Werne zurück, wo er als „Freier“ begonnen hatte. Dort war er dann viele Jahre lang Redaktionsleiter, bevor er wieder bei den „Westfälischen Nachrichten“ einstieg. Schule und Projekte Einem ZeitungsRedakteur auf den Zahn gefühlt 41 Allen 84 angetretenen Schülerinnen und Schülern wurde die erfolgreiche Teilnahme am DELF-Diplom bestätigt. Foto: WN 42 delt sich“, beschrieb er den internationalen Trend. Die Veränderung könne man heute in den USA am besten beobachten: „Die ‚US Today‘ bringt auf den ersten Seiten nur die wichtigsten Fakten, wird aber nach hinten hin immer präziser.“ Der Redakteur kann sich vorstellen, dass bald selbst die Lokalnachrichten im Internet nicht mehr kostenlos zu haben sind, weil die Zeitungsverleger einfach auch mit dem Internet Geld verdienen müssten. „Die Einnahmen aus der Werbung decken heute nur noch ein Drittel der Kosten.“ Deshalb mussten die Abonnenten, die sich die WN jeden Tag in den Hausbriefkasten stecken lassen, gerade einmal wieder stärker zur Kasse gebeten werden. Schließlich ging Werner Storksberger auch auf die beliebten Praktika bei den WN ein: „Wer also von euch zu uns kommen will, muss sich sehr früh bewerben!“, meinte er mit Blick auf das Betriebspraktikum, das die vor ihm sitzenden Mädchen und Jungen im nächsten Schuljahr machen werden. „Ihr seid eine klasse Klasse!“, lobte der Zeitungsmann die Schülerinnen und Schüler am Ende der Stunde für ihre vielen neugierigen Fragen. Schnell noch ein Foto für den Zeitungsbericht und dann verschwand er zum nächsten Termin. Janina Beule, Johanna Grigo, Till Hube, Tobias Kreutz, Tamara Malcher, Maike Richter, Lukas Rischen, Laura Watermann, Autorenteam der Kl. 9a Alle 84 Bewerber bestanden das Sprachdiplom DELF Schüler machen Fachschaft stolz Es war ein Freudentag für die Fachschaft Französisch, als die Ergebnisse des DELF-Sprachdiploms die Schule erreichten. Alle 84 Schülerinnen und Schüler, die im Januar 2010 angetreten waren, ihre Französischkenntnisse auf die Probe zu stellen, hatten bestanden. „Ihr könnt euch selbst gratulieren und macht uns als Fachschaft stolz“, sagte Cani-Lehrerin Susanne Laudick Ende März 2011 bei der Urkundenverleihung zu den erfolgreichen Prüflingen. Das „Diplom d‘etudes en langue Française“ ist ein international anerkanntes Zertifikat, bei dem die Kenntnisse in den Bereichen Hörverstehen, Textverständnis, Textproduktion und mündlicher Ausdruck von französischen Muttersprachlern überprüft werden. Am Canisianum nahmen Kandidaten auf allen vier Niveaustufen teil. Die DELF-Prüfung sei eine gute Übung für weitere Examina, meinte Susanne Laudick. „Außerdem macht es ja auch Spaß, seine eigene positive Entwicklung zu beobachten.“ Während der Verleihung motivierte sie die Schüler daher, im nächsten Jahr „auf der Niveauleiter noch weiter hochzuklettern“. Dass die Canisianer dem Diplom die Treue halten, davon ist die Französisch-Lehrerin überzeugt. Im fünften Jahr machten nochmals deutlich mehr Schüler als bei den vergangenen Malen mit. Den Prüfungen gingen seit den Herbstferien 2010 Vorbereitungen in Form von nachmittäglichen Arbeitsgemeinschaften voraus. „Die Basis wird jedoch“, so betonte die Fachschaft, „im Französisch-Unterricht geschaffen.“ Schule und Projekte Schule und Projekte Fortsetzung von Seite 41 Über alle Veranstaltungen, die er selbst besucht hat, schreibt er auch die Artikel. Die wichtigsten davon stehen am nächsten Tag in der Zeitung. Die weniger wichtigen können auch noch am übernächsten Tag erscheinen. Auch Fotos und Videos zu den Artikeln macht Werner Storksberger immer selbst und schon holte er aus seinem Mantel eine MiniVideo-Kamera hervor: „Die ist von you-tube entwickelt worden, um möglichst unkompliziert Videos ins Netz zu stellen.“ Wer schreibt denn jeden Tag die Glossen auf der ersten Lokalseite? „Hinter ‚Stritzken‘ versteckt sich das ganze Team. Heute kann ich ‚Stritzken‘ sein, morgen meine Kollegin“, verriet der Journalist. Der wirkliche Stritzken ist schon lange tot. Er arbeitete vor vielen Jahren einmal als Scherenschleifer am Markt und war bekannt für seine originellen Kommentare zum Zeitgeschehen.“ Und was ist mit der Konkurrenz durch das Internet? Werner Storksberger kennt die Ängste in den Redaktionen. „Aber“, so ist er sich sicher, „Zeitungen wird es immer geben.“ Schließlich könne man die „Westfälischen Nachrichten“ selbstverständlich auch heute schon im Internet lesen, mit zusätzlichen Fotostrecken und Videos zu bestimmten Artikeln. „Das klassische Medium Zeitung wird es bald nicht mehr geben, es wan- 43 Der letztjährige Fünftklässler Jan Wentrup (r.) versucht, seinen Klassenkameraden bei der zu lösenden Aufgabe zu helfen. Das „Fairmobil“ fördert das soziale Lernen 44 Mit dem Ziel, die Schülerinnen und Schüler vor finanziellen Gefahren im Umgang mit dem Internet oder Handy zu schützen, wurden in einer kurzen Unterrichtsreihe wichtige Hinweise zu diesem Thema gegeben. Abschließend unterzogen sich alle Schülerinnen und Schüler einer „FinanzführerscheinPrüfung“. Auf dem Foto sind die Prüflinge zu sehen, die die Prüfung mit null Fehlern bestanden haben. Herzlichen Glückwunsch! Manfred Neuhaus Finanzführerschein für die Klassen 7a, 7b und 7c „Schüler sollen lernen, Konflikte gewaltfrei zu lösen. Darüber hinaus können sie auf spielerische Art erfahren, dass eine Gemeinschaft stark macht.“ Claudia Vörding, Lehrerin am Canisianum und seit drei Jahren Koordinatorin für den Besuch des „Fairmobils“, benennt damit die wichtigsten Ziele, die das Gymnasium mit den jährlich stattfindenden zwei Aktionstagen für die fünften Klassen anstrebt. Mit dem „Fairmobil“ setzt das Canisianum auf ein bewährtes Projekt, das auch von anderen Schulen in Lüdinghausen genutzt wird. Das „Fairmobil“ basiert in seiner Arbeit mit den Schülern auf zwei Säulen: Zum einen gibt es ausführliche Gesprächsrunden zum Thema Gewaltprävention und zum anderen auf der praktischen Ebene eine Art HindernisParcours, an dessen Stationen die Kinder Aufgaben lösen müssen, die eben nur im Team und mit einer möglichst guten Absprache zu schaffen sind. „Alle Schüler unserer fünften Klassen machen da mit, das sind in diesem Jahr circa 90 Jungen und Mädchen“, berichtete Claudia Vörding. Von Bedeutung ist auch, dass das Thema Gewaltprävention nach der Abreise des „Fairmobils“ nicht erledigt ist, sondern im Unterricht von den Lehrern nachbereitet werde. „Natürlich bieten wir auch in den anderen Jahrgangsstufen noch weitere Aktionen und Projekte zu diesem Thema. Dazu gehören auch die Streitschlichter, die hier am Canisianum ebenfalls aktiv sind“, erläuterte Claudia Vörding. Finanziert wird der Einsatz des „Fairmobils“ durch den Förderverein der Schule. „Darüber sind wir sehr froh, denn ohne diese Unterstützung wäre das Projekt nicht realisierbar.“ WN Schule und Projekte Schule und Projekte Gespräche, Spiele und Gemeinschaft 45 Sina Weber, Katharina Krois und Luisa Fischer aus der Klasse 6c mit ihren Siegerurkunden. Schülerinnen der 6c gewinnen Griechisch-Wettbewerb 46 Wofür benötigt man Steinkohle? Wie wird Kohle heute, wie wurde sie früher abgebaut? Antworten auf diese und andere Fragen des Untertagebaus erhielten Sina Weber, Katharina Krois und Luisa Fischer aus der Klasse 6c bei einem Besuch des Deutschen Bergbaumuseums in Bochum. Die Einladung zu diesem Ausflug hatten sie sich durch ihren Sieg beim NRW-Wettbewerb „Aus der Welt der Griechen“ selbst erarbeitet. Ihre Einsendung zum Thema „Notizbuch eines antiken griechischen Wissenschaftlers“ überzeugte die Bochumer Jury. Sie wählte das eingesandte Notizbuch der drei Schülerinnen unter fast fünfzig Beiträgen aus und belohnte die Arbeit mit einem Besuch im Bergbaumuseum. In ihrem „Notizbuch des Philosophen Platon“ präsentierten die drei Mädchen nicht nur wichtige Aspekte der platonischen Philosophie, sondern zeigten dem Leser auch, wie man sich ein Notizbuch aus der antiken Schriftsteller- Werkstatt vorzustellen hat. So wurden die Texte in Krakelschrift verfasst und mit Flecken und tiefsinnigen Zeichnungen versehen. Wer nun einen inhaltlichen Bezug zwischen einem Griechisch-Wettbewerb und dem Bergbaumuseum sucht, wird natürlich scheitern, denn es gibt keinen. Doch das Museum ist eine Attraktion in Bochum und für Schüler sehr interessant und anschaulich. Der Wettbewerb wird alljährlich für die sechsten und siebten Klassen zu Themen der griechischen Antike ausgeschrieben. Ziel ist es dabei, die Aufmerksamkeit auf die Welt der alten Griechen zu lenken oder dem schon geweckten Interesse ein Betätigungsfeld zu bieten. Jedes Jahr werden drei Themen angeboten, die auf unterschiedliche Weise gestalterisch bearbeitet werden können. Die Themen für den nächsten Wettbewerb erfahren wir im Herbst 2011 und ein Mitmachen lohnt sich auf alle Fälle. Kathrin Linden Referent Dr. Gerhard Pohl diskutierte mit Eltern und Lehrern der achten Stufe den richtigen Umgang mit dem heiklen Thema „Alkohol“. Alkoholkonsum als pädagogische Herausforderung Klare Grenzen setzen Wenn es um die Rechte und Freiheiten der Jugendlichen geht, besonders beim Thema Alkohol, kommt es mit den Eltern oft zu erregten Diskussionen. Einigen können sich beide Parteien oft nur schweren Herzens. Viele Familien dürften von diesem Alltagsproblem ein Liedchen singen können. Doch dass es auch anders geht und vor allen Dingen die Art und Weise, wie es anders geht, zeigte Mitte Mai letzten Jahres der pädagogische Elternabend unter dem Thema „Zwischen Spaß und Risiko – Alkoholkonsum als erzieheri- sche Herausforderung“. Zu diesen Abend hatte das Canisianum interessierte Eltern in die Aula eingeladen, wobei es dem Mittelstufenkoordinator Rolf Gerdzen und der SV-Lehrerin Sigrid Dorprigter gelungen war, Dr. Gerhard Pohl von der Fachstelle Suchtprävention beim CaritasVerband für den Kreis Coesfeld als Referenten zu gewinnen. Ziel war es, mit Eltern und Lehrern vornehmlich der Jahrgangsstufe 8 Fragen rund um das Thema „Alkohol und Erziehung“ zu diskutieren, um alle Beteiligten zu sensibilisieren und mehr Sicherheit und Orientierung bei diesem schwie- Schule und Projekte Schule und Projekte Über Platon zur Steinkohle 47 48 rigen und für die Entwicklung des Kindes wichtigen Thema zu geben. Dabei betonte Gerhard Pohl, dass die elterliche Präsenz ein enorm wichtiger Teil für die Entwicklung des Kindes sei. Unter Berücksichtigung der Macht der Umgebung der Jugendlichen, den jugendlichen Gewohnheiten und neumodischen Entwicklungen müsse man als Eltern eine klare Haltung und einen klar begründeten Standpunkt vertreten, an dem sich die Jugendlichen orientieren können. „Der Schlüssel zu wirksamer Prävention ist die ehrliche und glaubwürdige Auseinandersetzung mit individuellen und gesellschaftlichen Gewohnheiten“, betonte der Referent. Die unterschiedlichsten Erfahrungen der Eltern und Lehrer und Präventionsmöglichkeiten wurden auch in Verbindung mit weiteren Bereichen wie beispielsweise der Computersucht diskutiert. Der pädagogische Elternabend war der Startschuss für eine Reihe von gemeinsamen Gesprächsrunden rund um die Themen Erziehung und Schule. Gemeinsam möchten sich die Lehrer, Eltern und Kinder des Canisianum der veränderten Erziehungswirklichkeit in der Schule und dem Elternhaus stellen und gemeinsam nach Wegen zu einem tragfähigen Erziehungskonzept suchen. Marian Tüns Ehrung der Teilnehmer Känguru-Wettbewerb Jung-Canisianer berichten von regionaler Mathe-Förderung Anerkennung für Mathematiker SAMMS – was ist denn das ? 280 Schülerinnen und Schüler des Canisianum haben 2010 am bundesweiten Känguru-Wettbewerb für Mathematik teilgenommen. 23 von ihnen wurden Anfang Juli letzten Jahres für ihre besonderen Leistungen mit Urkunden und Präsenten ausgezeichnet. Anerkennungspreise beim „Bundeswettbewerb Mathematik“ mit Tests auf Oberstufenniveau erreichten außerdem Bastian Becker und Tobias Kreutz. Bemerkenswert dabei ist, dass Letzterer zu diesem Zeitpunkt erst in der 8. Klasse war. Betreut wurden die Schülerinnen und Schüler bei den Wettbewerben von den Pädagogen Olga Tränkle, Maria Hellmann, Sonja Eggersmann, Wilhelm Sternemann und Ulrich Schweers. WN Seit 2002 richtet die Bezirksregierung Münster im Auftrag des Ministeriums für Schule und Weiterbildung alljährlich eine Schüler-Akademie Mathematik in Münster (SAMMS) aus. In der SchülerAkademie sollen mathematisch interes sierte Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 6 in besonderer Weise gefordert und gefördert werden. Bereits im März letzten Jahres waren die heutigen 8er-Schüler Grete Steiner und Johann Overbeck Gast der Akademie. Während Grete Steiner in ihrem Workshop die Gelegenheit hatte, Roboter zu programmieren, erkundete Johann Overbeck mit mehreren anderen Schülern das unendliche Universum, wobei er sich besonders dem Saturn widmete. Am Ende der Tagung wurden die Ergebnisse den Eltern vorgeführt, wobei Johanns Gruppe auch einen kleinen Planetentanz präsentierte. Im Herbst 2010 setzte Simon Dabrowski aus der Klasse 6b diese Tradition fort. Im Folgenden berichtet er von seinen Erlebnissen: Am Anfang haben wir eine Aufgabe zum Warmwerden bekommen: Wie schnell ist man (gemessen in km/h), wenn man Schuhgröße 36 hat und jede Sekunde einen Fuß vor den anderen setzt? Jeweils zu viert haben wir diese Rechenaufgabe bearbeitet und schnell gelöst. Danach wurden wir in einzelne Gruppen eingeteilt. Es gab die Gruppen: Bewegung im Stillstand, Roboter programmieren, Wasserfluss, die grüne Welle und Busfahrplan Münster. Ich bin Schule und Projekte Schule und Projekte Fortsetzung von Seite 47 49 Mathematik-Akademie 2010 in Münster – Vortrag der Forschungsergebnisse Mathematik-Akademie 2010 in Münster – Forschungsergebnisse als Excel-Tabelle Mit Laura Vieth und Lisa Jimenez Ullrich freuen sich Hartmut Stutznäcker und Olga Tränkle über das Cambridge-Zertifikat Erster Erwerb des Cambridge-Zertifikats Es war ein hartes Stück Arbeit! 50 in die Gruppe „Bewegung im Stillstand“ gekommen. Vormittags haben wir die Sporthalle aufgesucht und Videos beim Basketballspielen gedreht. Danach haben wir Mittag gegessen. Anschließend sind wir erneut in die Sporthalle gegangen, um die Geschwindigkeit einer laufenden bzw. gehenden Person zu berechnen. Dafür haben wir uns einen Papierzettel am Rücken befestigt und sind gelaufen. Der Partner hat jede Sekunde einen Punkt auf den Zettel gemacht. Der Zettel war danach 25 Meter lang. Nun mussten wir den Abstand von einem Punkt zum anderen messen. Dadurch haben wir die Durchschnittsgeschwindigkeit berechnen können. Wir haben die Messdaten in Excel eingegeben und dann konnten wir sehen, ob wir gleichmäßig gelaufen sind (siehe Grafik!). Am nächsten Tag haben wir die Filme vom Basketballspielen bearbeitet. Dadurch ließ sich ausprobieren, ob das Steigen des Balles im gleichen Winkel geschieht wie das Fallen. Hierfür haben wir die einzelnen Punkte markiert, die der Ball geflogen ist. Diese haben wir dann am Computer in einem Koordinatensystem mit einer gespiegelten Kurve verglichen. Weil die Flugkurve mit der gespiegelten Kurve übereinander passte, kann man daraus schließen, dass der Ball im gleichen Winkel steigt, wie er fällt (siehe Bild!). Der Ball beschreibt im Flug eine Parabel. Am Freitagnachmittag hatten wir dann die Gelegenheit, mit den Vorbe reitungen für die Präsentation der Gruppen-Ergebnisse zu beginnen. Am Samstag kamen dann alle Eltern, um zu sehen, was wir in den drei Tagen zustande gebracht haben. Simon Dabrowski, Kl. 6b Im Frühsommer 2011 haben Laura Vieth und Lisa Jimenez Ullrich ihr Abitur bestanden. Aber eine weitere wichtige Prüfung konnten die beiden schon im Sommer 2010 bewältigen. Sie sind die ersten Schülerinnen am Canisianum, die das Cambridge-Zertifikat erwarben. Am 24. Juni letzten Jahres überreichten Schulleiter Hartmut Stutznäcker und die Englisch-Fachlehrerin Olga Tränkle den beiden Schülerinnen die Urkunden. Das Cambridge-Zertifikat testet die Sprachfertigkeiten Schreiben, Lesen, Hören, Verständnis und Sprechen. Die Prüfungen werden jährlich von mehr als drei Millionen Kandidaten in mehr als 130 Ländern abgelegt und von 10 000 Hochschulen, Institutionen und Unternehmen weltweit anerkannt. Es ist in fünf Schwierigkeitsstufen unterteilt – die vierte und damit zweithöchste Stufe meisterten die beiden Cani-Schülerinnen. „Wir freuen uns, das Zertifikat erworben zu haben, aber es war ein hartes Stück Arbeit“, versicherten beide. Einige weitere Schüler, die sich diese Aufgabe ebenfalls vorgenommen hatten, warfen die Flinte ins Korn, bevor die zentrale Prüfung, die in der Volkshochschule in Münster abgelegt werden musste, stattfand. Nicht zuletzt Dank der großen Unterstützung durch Olga Tränkle, die die Englisch-Arbeitsgemeinschaft leitet, wurden die Jugendlichen auf das große Ziel vorbereitet. Das Zertifikat macht nicht nur in der jeweiligen Bewerbungsmappe Eindruck. Es kann auch von praktischem Vorteil sein, denn es ermöglicht ein Studium an englischen Hochschulen, ohne dass die Sprachkenntnisse vorher getestet werden. WN Schule und Projekte Schule und Projekte Fortsetzung von Seite 49 51 Tubifex im Schonwaschgang Schule und Projekte Sein offizieller Name klingt verdächtig nach einem Sekundenkleber. Seine Lebensweise besteht vor allem darin, den lieben langen Tag in unseren heimischen Gewässern kopfüber im Schlamm zu stecken. 52 Das kann er aber auch nur, weil er das Atmen mit seinem Hinterteil erledigt. Gemeint ist „Tubifex tubifex“ – dem versierten Biologen auch unter seinem deutschen Namen „Gemeiner Bachröhrenwurm“ bekannt. Gerade einmal wenige Zentimeter lang und durch seine rote Farbe gut zu erkennen, ist er bei Anglern als Köder und bei Aquarianern als nette Zwischenmahlzeit für deren Zierfische beliebt. Die beiden letztjährigen Cani-Abi turienten Nils Bartels und Björn Matthies hatten allerdings ganz andere Pläne, als sie ihre Tubifexe im Zoofachhandel kauften. Sie brauchten die genügsamen Tierchen für ihren Feldversuch „Tensid trifft Tubifex“, mit dem sie im März 2010 den Regionalwettbewerb von „Jugend forscht“ im Fach Biologie gewonnen haben. „Wir wollten mit Hilfe der Würmer herausfinden, ob und wie sich die Verschmutzung unserer Gewässer durch Wasch- und Reinigungsmittel auswirkt“, erklärte Nils Bartels. Dabei hatten die Schüler vor allem den Vergleich von herkömmlichen chemischen Reinigern und Bioprodukten im Auge. Das eindeutige Ergebnis ihrer zweimonatigen Versuche bestand darin, dass die Bioprodukte deutlich besser abschnitten oder anders formuliert: Bei den chemischen Reinigern sah der Tubifex gar nicht gut aus. Schule und Projekte Erfolg für Oberprimaner bei „Jugend forscht“ Dr. Klemens Müller war stolz auf seine beiden Schützlinge Björn Matthies und Nils Bartels. „Wir haben nach dem Einsetzen der Würmer in das verunreinigte Wasser 24 Stunden gewartet und dann geschaut, wie viele Würmer noch leben“, erklärte Björn Matthies die Vorgehensweise. In einer zweiten Versuchsreihe wurden die Würmer erst einen Tag nach der Verunreinigung ins Wasser eingesetzt. „Da ging es um die Abbaubarkeit der Tenside.“ Und auch da hatten die biologischen Produkte die Nase weit vorn. „Die waren nach einem Tag oft schon komplett verschwunden“, erläuterten die Schüler. Nach ihrem ersten Platz beim Regi onalwettbewerb wartete auf die Oberprimaner in der sich anschließenden Woche die Teilnahme am Landeswettbewerb „Jugend forscht“ in Leverkusen. Vier Tage lang durften sie dort ihre Forschungsergebnisse auf größerer Bühne einer Fachjury vorstellen. Diese Tatsache erfüllte ihren Biologielehrer Dr. Klemens Müller sichtlich mit Stolz, zumal „das nicht das erste Mal ist, dass wir dort so erfolgreich sind“. Aus diesem Grund hielten beim Pressetermin auch nicht nur seine beiden Schützlinge eine Urkunde in den Händen. Klemens Müller durfte den mit 1000 Euro dotierten Schulpreis von „Jugend forscht“ für das Canisianum entgegennehmen, was eine Anerkennung für die mehrfache erfolgreiche Teilnahme der Schule darstellt (vgl. dazu den Extraartikel in diesem Heft!). Nils und Björn standen anschließend jedenfalls noch anstrengende Wochen bevor, denn so ganz nebenbei mussten sie sich auch noch auf ihre Abiturprüfungen vorbereiten. WN 53 Preis für langjährige „Jugend forscht“-Teilnahme Kontinuierliche Arbeit belohnt Schule und Projekte Ist wirklich alles Bio, wo Bio draufsteht? Zumindest was die Tenside in Waschmitteln angeht, können sich die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft „Jugend forscht“ des Canisianum dazu ein Urteil erlauben: „Bio-Tenside“ sind tatsächlich schneller abbaubar als konventionelle. Diese Bestätigung ist das Resultat einer WettbewerbsTeilnahme bei „Jugend forscht“. 54 Es war jedoch nicht der einzige Beitrag, mit dem die Canisianer bei dem bundesweiten Forscher-Wettstreit in den letzten Jahren auf sich aufmerksam machten. Seit rund zwölf Jahren beteiligt sich das Cani jedes Jahr, was offenbar für die Organisatoren Grund genug war, das Lüdinghauser Gymnasium jetzt für die regelmäßige und häufig nicht selten auch erfolgreiche Teilnahme mit dem erstmals ausgesetzten Preis zu ehren. In Essen nahm der Biologielehrer Dr. Klemens Müller die Auszeichnung, die von der Firma CTS-Reisen gestiftet wurde, im Juni 2010 für die Schule in Empfang. „Der Wettbewerb hat bei uns schon Tradition“, versicherte Klemens Müller gegenüber den „Westfälischen Nachrichten“. Die Naturwissenschaften spielten an der Schule ohnehin eine große Rolle und mit Blick auf den Wettbewerb habe man bereits vor Jahren eine spezielle Arbeitsgemeinschaft gegründet, die sich immer wieder an unterschiedlichen Wettbewerben beteiligte. Unterstützt wird die freiwillige Arbeitsgemeinschaft, die sich nachmittags nach dem eigentlichen Unterricht trifft, von der „Stiftung Canisianum“, die regelmäßig Gelder zur Verfügung stellt. In jüngster Vergangenheit erlebte die Arbeitsgemeinschaft – wie alle anderen freiwilligen Angebote auch – allerdings eine Durststrecke: Die Intensivierung des Nachmittagsunterrichts im Zuge der verkürzten Schulzeit hinterließ ihre Spuren. Trotzdem arbeitet derzeit auch wieder eine Arbeitsgruppe, die sich auf den nächsten Wettbewerb vorbereitet. In früheren Jahren war das Cani sogar mit mehreren Gruppen gleichzeitig bei „Jugend forscht“ dabei. Aber das hat man mittlerweile zurückgefahren: „Man macht sich sonst selber zu sehr Konkurrenz“, betonte Klemens Müller. Zu den interessantesten Versuchsanordnungen zählt für den Biologielehrer das Thema des Jahres 2006. Damals erforschte man ein landwirtschaftliches Thema. Es stellte sich bei den Versuchen heraus, dass Mulch oder Laubkompost das Aufbringen von größeren Güllemen- gen auf den Äckern ermöglicht. Trotz dieses interessanten Ergebnisses konnte das Thema in der Landwirtschaft noch nicht umgesetzt werden. Die Erfolge der Schule täuschen allerdings nicht darüber hinweg, dass es nicht so einfach ist, geeignete Themen zu finden. „Die Aufgaben müssen auch umsetzbar und finanzierbar sein“, gab Klemens Müller zu Bedenken. Trotz alledem ist er zuversichtlich, dass es auch in Zukunft noch genügend Themen geben wird, an die sich die AG-Mitglieder heranwagen können. Dazu soll auch der Beitrag in Höhe von 1000 Euro beitragen, der mit der Auszeichnung verbunden war. Dafür soll jetzt ein Autoklav angeschafft werden, um Lebensmittel sterilisieren zu können. Froh darüber, dass es den Wettbewerb und das Interesse an der AG gibt, ist auch Schulleiter Hartmut Stutznäcker, zumal die Teilnahme an der Arbeitsgemeinschaft und der Erfolg bei Wettbewerben neuerdings auf dem Abi-Zeugnis dokumentiert wird. Aus diesem Grunde erwartet der Schulleiter durchaus ein zusätzliches Interesse an der AG. WN Schule und Projekte Dr. Klemens Müller (l.) und Schulleiter Hartmut Stutznäcker freuen sich mit Schülerinnen der AG über den Preis für das langjährige Engagement bei „Jugend forscht“. 55 Berufsorientierte Förderung der Cani-Schüler Rotary-Club als Schimherr 56 Beteiligt waren in der Steverstadt außerdem die Realschule, die Hauptschule sowie das St.-Antonius-Gymnasium. 140 000 Euro, 2400 Schüler, 32 Schulen – das sind die aktuellen Zahlen des Berufsnavigator-Projekts unter der Schirmherrschaft der Rotary-Clubs aus dem Kreis Coesfeld. Mittlerweile wurde diese Initiative 2010 zum dritten Mal an den weiterführenden Schulen des Kreises durchgeführt. „Jochen Theise vom Rotary-Club Coesfeld-Baumberge hat das Projekt 2007 als Ziehvater und Motor in Zusammenarbeit mit der Berufsnavigator GmbH im Kreis Coesfeld aus der Taufe gehoben. Damals waren zehn Schulen beteiligt. 2009 hatte sich diese berufso- rientierte Förderung der Jugendlichen bereits zu einer Gemeinschaftsarbeit entwickelt: Die Agentur für Arbeit und die Volksbanken des Kreises Coesfeld beteiligten sich finanziell und unterstützend. 2010 konnten wir dann an allen 32 weiterführenden Schulen des Kreises auftreten und die teilnehmenden Schüler waren fast ausnahmslos vom Konzept des Navigators begeistert“, erklärte Dr. Stefan Stocks vom Rotary-Club Lüdinghausen. Die Förderung der Studien- und Berufsorientierung durch den computerunterstützten Berufsnavigator unterteilt sich in zwei Module: In Viererteams, den sogenannten Peer-Groups, schätzt jeder teilnehmende Schüler anhand von 40 Fragen seine Stärken und Schwächen mittels Kriterien wie Kreativität, Offenheit, Spontanität und Interessen zunächst selbst ein und bewertet dann die anderen drei Schüler seiner Gruppe. Selbst- und Fremdeinschätzung werden ergänzend ausgewertet und jeder Schüler erhält dann bis zu zehn persönliche Berufsvorschläge. Diese werden schließlich in den Gruppen mit einem Berufsberater besprochen. „Vor allem diese Gespräche Die Organisatoren, Förderer und Begleiter des Projekts „Berufsnavigator“ im Kreis Coesfeld trafen sich beim Aktionstag Canisianum. Mit dabei auch zwei CaniSchülerinnen (vorne), die an dem Projekt teilnahmen. werden positiv von den Schülern aufgenommen. Hier werden ihnen neue Berufs- und Ausbildungswege gezeigt und die Schüler begreifen die neuen Perspektiven als große Chancen“, freute sich Günter Bruns von der Agentur für Arbeit. „Auch für die Arbeitgeber birgt dieses Projekt Vorteile. Dadurch erhalten wir gezieltere Bewerbungen, die schon an der Qualifikation der Jugendlichen orientiert sind und vermeiden unnötige Ausbildungsabbrüche“, betonte Hans Hinrich Gerken, Vorstands-Sprecher der Volksbank Lüdinghausen-Olfen, für die Gruppe der Sponsoren. Renate Haltern, die Vorsitzende des Schulträgervereins des Gymnasiums Canisianum, freute sich, dass das Projekt auch 2010 durchgeführt werden konnte. „Wir müssen Nachhaltigkeit gewähr leisten. Der Rotary-Club wirkt da als guter Impulsgeber. Das war eine zündende Idee“, erklärte sie. WN Schule und Projekte Schule und Projekte „Die Hinführung zur Arbeits- und Wirtschaftswelt muss als Prinzip in allen Unterrichtsfächern im Zentrum der schulischen Bildung stehen. Die Jugendlichen müssen in eine gesicherte Zukunft, eine Gesellschaft mit Chancen entlassen werden“, betonte der stellvertretende Bürgermeister Jo Weiand im Februar 2010 bei der Präsentation des Projekts „Berufsnavigator“ im Canisianum. 57 Verjüngtes Team hofft auf erneute Zertifizierung Schule und Projekte „Schule der Zukunft“ – als solche wurde das Gymnasium Canisianum schon zweimal beim Wettbewerb „Agenda 21 in der Schule“ ausgezeichnet, eine Initiative, die auf das Land NRW zurückgeht. Jetzt läuft die dritte Runde zur Auszeichnung von Schulen für ihr Engagement im Rahmen der globalen Ziele der Agenda 21. 58 Nachwuchsfahrer beim Sunni-Cani-Team: Jonas Schmidt und Jonas Ewelt, unterstützt von Fabian Pellmann (hinten). Damit gilt es, Nachhaltigkeit in Ökologie, Ökonomie und sozialer Gerechtigkeit zu erlangen. Die aktuelle Kampagne des Landes „Schule der Zukunft – Bildung für Nachhaltigkeit“ endet mit der Zerti fizierungsfeier im Frühjahr 2012. Zu einer Art Übergabe des innerschulischen Staffelstabes kam es Mitte letzten Jahres im heimischen Garten des bisherigen und jetzt pensionierten Koordinators der Agenda-Arbeit, Bernd Lieneweg, der dort mit seinen Nachfolgern Barbara Imholz und Maria Schweers die Bewerbungsunterlagen sichtete. Auch das Sunny-Cani-Team, das seit dem schulischen Rückzug von Bernd Lieneweg von Dr. Georg Schütz betreut wird, will wieder einen wichtigen Projektbeitrag dafür leisten. Ex-Cani-Schüler und Werkstattleiter Lukas Nacke versprach als Vierter in der Initiativrunde, zusammen mit Fabian Pellmann die Erfahrungen des alten Teams an die Nachfolgergruppe – Jonas Ewelt, Jan Korte und Jonas Schmidt – weiterzugeben. Eine erste Bewährungsprobe sollte mit der bald folgenden Tour de Ruhr – bei der sich das Sunny-Cani-Team seit fast zehn Jahren engagiert – bestanden werden. So kam man überein, das Thema „Schule in der einen Welt – Bildung zur Wahrnehmung und Lösung globaler Probleme“ für die Bewerbung vorzuschlagen. Schwerpunkte sollen dabei die sozialen Aspekte der Einen Welt und die nachhaltige Mobilität als globaler Faktor im Klimaschutz sein. Außerschulische Partner neben dem Biologischen Zentrum und dem in der Elektromobilszene sehr engagierten Autohaus Rüschkamp werden noch gesucht. Ein Flyer des Landes gibt Auskunft über den Sinn der außerschulischen Kooperation. WN Schule und Projekte Dritte Cani-Bewerbung als „Schule der Zukunft“ 59 Schüler bearbeiten „ökologische Verkehrsführung“ Schule und Projekte Chemielehrer Manfred Neuhaus stimmt mit den Elftklässlern die Uhren für die Zeitmessung ab. 60 Früh aufstehen hieß es im Frühjahr letzten Jahres für die damaligen Elftklässler des Canisianum, die die Chemiekurse von Manfred Neuhaus besuchten, denn bereits um 7.30 Uhr begann ihr Unterricht, doch nicht etwa im Chemieraum, sondern auf der Straße, genauer im Bereich der Straße Valve zwischen dem Kreisverkehr Ascheberger Straße/ Selmer Straße und der Kreuzung Valve/ Konrad-Adenauer-Straße. Die Schülerinnen und Schüler beteiligten sich an einem Projekt des Pädagogischen Austauschdienstes Comenius zum Thema „Klimawandel – wandelnde Einstellung“. Um das Thema der CO₂-Reduktion, mit dem sich Schulen auch in anderen Ländern der EU beschäftigen, auf einer lokalen Ebene zu konkretisieren, kamen die Canisianer auf die Idee, sich mit der „ökologischen Verkehrsführung“ zu beschäftigen. Im Speziellen setzten sie sich dabei mit der Frage auseinander, ob ein Kreisverkehr an der Valve gegenüber der bestehenden Kreuzung zu weniger CO₂Produktion führen würde. Dabei kamen sie zu einem erstaunlichen Ergebnis: Ein Kreisverkehr würde den CO₂-Ausstoß der dort verkehrenden Fahrzeuge um ein Vielfaches verringern. Dies erfuhren die Schüler bei der Auswertung der gesammelten Daten. Dazu hatten sie nicht nur die morgens in diesem Bereich verkehrenden Fahrzeuge gezählt, sondern auch ihre jeweilige Verweildauer auf der Strecke und an der Ampelanlage gemessen. „Die Schüler, anfangs noch verhalten, waren schließlich mit Begeisterung bei der Sache“, erzählte der Pädagoge Manfred Neuhaus. Nicht zuletzt winkte den Schülern eine Fahrt ins französische Nancy. Dort präsentierten sie dann Mitte Mai die Ergebnisse ihrer Studie gemeinsam mit den Partnerschulen aus Frankreich, Luxemburg und Polen, die sich ähnlichen Themen gewidmet hatten. Auf dieser Reise wurden sie von Manfred Neuhaus sowie den Cani-Lehrern Claudia Vörding und Martin Köller begleitet. Spannend war in diesem Zusammenhang natürlich auch die Unterbringung in Gastfamilien. WN Schule und Projekte Kreisverkehr ist umweltfreundlicher 61 Multivisions-Show in der Cani-Aula Über eine faire Zukunft Schule und Projekte „Würden wir so weiterleben wie aktuell, dann würden wir die Erde mit Volldampf gegen die Wand fahren.“ Der Moderator Holger Krohn wählte seine Worte bewusst drastisch, doch gerade deshalb waren sie so einprägsam für seine Zuhörer, die Schüler des Canisianum, der Realschule und des Berufskollegs. 62 Er führte die Acht- bis Dreizehntklässler am 23. Februar durch die Veranstaltung „Fair Future – der ökologische Fußabdruck“, die bei ihrer bundesweiten Tour in der Cani-Aula Station machte. Die Schüler zu bewegen, aktiv für eine faire Zukunft zu sorgen, das war das Ziel der Veranstaltung, die u. a. vom „Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V.“ unterstützt wurde. Derzeit gehe es auf der Welt nicht fair zu, betonte Holger Krohn. In Zeiten der Globalisierung seien die ärmeren Länder nicht nur durch ungerechte Handelswege benachteiligt. Drei Viertel der Erde und ihrer Schätze würden von nur einem Viertel der Bevölkerung beansprucht. Die Rohstoffe, die die Industrieländer wie Deutschland verbrauchen, überträfen die eigentlichen weltweiten Kapazi täten. Dass die Erde durch dieses Überstrapazieren kurz vor dem Kollaps stehe, was sich besonders durch den Klimawandel bemerkbar mache, sei den Schülern durchaus bewusst, meinte Holger Krohn. „Das Grundverständnis, es könnte aus den Bahnen laufen, ist durchaus vorhanden“, erläuterte er. Doch im Alltag würden nur wenige auf einen ökologischeren oder sozial verträgliche- ren Lebensstil achten, wie auch eine Umfrage unter den Jugendlichen zeige. Dies konnte der Umweltschützer auf der Veranstaltung nachvollziehen. „Jeder von euch hat ganz viele Bedürfnisse“, meinte er zu den Schülern. „Wir leben in einer Gesellschaft, die auf Konsum ausgerichtet ist.“ In dieser Umgebung habe man nie etwas anderes vorgelebt bekommen. Darüber hinaus sei der Umgang mit so einem „harten Thema“ nicht einfach für die Schüler, denn sie wollen die Jugend genießen. Natürlich könne die Veranstaltung nur einen Anstoß geben, aber die thematisierte Umweltproblematik werde – ökologisch wie sozial – im Unterricht weiterbehandelt, versicherte die organisierende Cani-Lehrerin Maria Schweers. Siehe auch das folgende Interview! Interview mit Frau Schweers über „Fair Future“ und die Bewerbung als „Schule der Zukunft“ Unsere Schule: Sie haben die Multivisionsveranstaltung am 23. Februar diesen Jahres zum Thema „Fair Future“ organisiert. Was hat Sie dazu bewogen? Frau Schweers: In diesem Jahr wird sich das Canisianum zum dritten Mal für eine Zertifizierung als Schule der Zukunft (Agenda-Schule) bewerben. Die ersten beiden erfolgreichen Bewerbungen wurden von Herrn Lieneweg durchgeführt. Da es an unsere Schule eine sehr große Anzahl von Arbeitsgruppen, Projekten und Aktivitäten gibt, die sich mit zukunftsrelevanten sozialen und umweltpolitischen Themen befassen (z. B. Brasilien, Comenius, Sunny-Cani-Team, Schule und Projekte Holger Krohn sprach in der Diskussionsrunde mit den Schülern über die Möglichkeiten einer umweltgerechteren Lebensweise. 63 rechts: Begeisterterter Beifall für die CaniTheatertruppe, die sich an das Brecht-Stück „Der gute Mensch von Sezuan“ wagte. Foto: Werner Zempelin Fortseztung von Seite 63 Schule und Projekte Wie ist die Veranstaltung in die Arbeit der Schule eingebunden? 64 Die Veranstaltung beschäftigte sich mit dem in der Präambel zum Schulprogramm unserer Schule genannten Thema „Verantwortung für künftige Generationen und für die Schöpfung“. Das gedankliche Modell des ökologischen Fußabdrucks fasst sehr anschaulich soziale und ökologische Fragestellungen zusammen, die heute in fast jedem Unterrichtsfach eine Rolle spielen. Auch spielte diese Thematik im Rahmen der letzten Pro- jekttage mit der inhaltlichen Ausrichtung „Was is(s)t die Welt?“ eine zentrale Rolle. Ferner hat das Comenius-Projekt mit der Zusammenarbeit mehrerer europäischer Schulen in diesem Schuljahr den ökologischen Fußabdruck zum Thema. Was für eine Wirkung hat die Veranstaltung Ihrer Meinung nach gehabt? In der Multivision „Fair Future“ wurden sehr viele Einzelaspekte zu den Themen Gerechtigkeit und nachhaltiges Wirtschaften angesprochen. Zum Teil fühlten sich die Zuschauer sogar angesichts der vielen Informationen überfordert. Die Darstellung war auch sicher nicht in allen Einzelheiten ausgewogen, sondern eher provokant und als Diskussions anstoß gedacht. Die Diskussion selber konnte natürlich im Rahmen der Veranstaltung nicht abschließend geführt werden, sondern muss im Unterricht fortgesetzt werden. Darüber hinaus haben sich spontan 19 Schüler und Schülerinnen in eine Liste eingetragen, mit dem Ziel, in einer Arbeitsgemeinschaft zum Thema „Fair Future“ die Diskussion weiterzuführen und möglicherweise in weitergehende Aktivitäten münden zu lassen. 13er-Literaturkurs begeistert die Zuschauer Drei Götter auf der Suche nach dem guten Menschen „Ist es möglich, auf dieser Welt ein guter Mensch zu sein?“ Diese zentrale Frage der Parabel „Der gute Mensch von Sezuan“ von Bertolt Brecht stand Ende Februar letzten Jahres im Mittelpunkt der Premierenaufführung des Literaturkurses am Canisianum. „Das Stück, das Brecht bereits am 4. Februar 1943, also noch während des Zweiten Weltkrieges am Schauspielhaus Zürich uraufführen ließ, hat in den Jahren seit seiner Entstehung nichts an Aktualität verloren, gerade bei den Diskussionen um Hartz IV wird der Bezug zu heute ganz transparent“, begründete der Leiter des Kurses, Michael Leibold, die Wahl für eines der bekanntesten Beispiele des „Epischen Theaters“ von Bertolt Brecht. Es war eine gute Wahl, wie sich an der Begeisterung der etwa 350 Besucher in der Cani-Aula zeigte, die ihr Lob durch stehende Ovationen deutlich zum Ausdruck brachten, als nach fast drei Stunden der Abend für die 44 Mitwir- Kunst und Kultur Amnesty International, WattenmeerExkursion), haben Frau Imholz und ich uns entschlossen, die Arbeit von Herrn Lieneweg fortzuführen und die vielen Projekte für eine erneute Bewerbung zusammenzufassen. Im Rahmen dieser Bewerbung wurde unserer Schule die Multivisionsshow „Fair Future“ angeboten. Die Stiftung Canisianum hat sich dann dankenswerterweise bereit erklärt, die Veranstaltung für die Schülerinnen und Schüler des Canisianum zu finanzieren, so dass alle Canisianer der Jahrgangsstufen 8 bis 13 die Möglichkeit hatten, die Multivisionsshow zu sehen. 65 66 Raphael Reher studiert seine Rolle als „Yang Sun“ in Bertolt Brechts Schauspiel „Der gute Mensch von Sezuan“. Der Zwang zum Broterwerb Raphael Rehers Liebe zur Schauspielkunst Existenz abfinden will. Die Inszenierung der Cani-Truppe wurde der Herausforderung gerecht, das Stück weitestgehend werkgetreu zu präsentieren. Ein Stoff, der auch geeignet ist, junge Zuschauer fürs Theater zu begeistern, denn er wird frech, spannend sowie dramatisch in Szene gesetzt, wobei das Lachen nicht zu kurz kommt. Schauspielerische Kunst auf hohem Niveau lieferten mehr oder weniger alle Akteure, wobei neben den bereits genannten die folgenden herausragten, was auch der Schlussapplaus erkennen ließ: Christina Tacken (Shui Ta), Sebastian Vieth (Wang) und Raphael Reher (Yang Sun). Katharina Beckfeld Wohin soll die Reise gehen? Das fragen sich in Sichtweite des Abiturs die künftigen Schulabgänger jedes Jahr aus Neue. Dazu zählte im letzten Jahr auch Raphael Reher. Der Lüdinghauser hatte eigentlich seine Liebe zur Schauspielerei entdeckt, und zwar in Lüdinghausens Partnerstadt Taverny. Dort besuchte er in der Jahrgangsstufe 11 ein halbes Jahr eine weiterführende Schule, die Theater als pädagogischen Schwerpunkt hat. Er belegte zwei theoretische und vier praktische Stunden pro Woche – „eine tolle Erfahrung“, wie Raphael Reher berichtete. Er wurde vom Schauspiel-Fieber angesteckt – mit Folgen für die Zeit nach seiner Rückkehr. Zunächst wirkte er bei der Aufführung „King Arthur“ mit, um dann im Fe- bruar 2010 die Rolle des „Yang Sun“ bei der Aufführung von „Der gute Mensch von Sezuan“ des Cani-Literaturkurses zu übernehmen. Kein Wunder, dass der 19-Jährge dann überlegte, ob er aus seinem liebge wonnenen Hobby auch einen Beruf machen sollte. Nicht wenige seiner Freunde würden es ihm zutrauen, ein SchauspielProfi zu werden. Doch diese Pläne schob Raphael Reher zunächst an die Seite – „leider“, wie er sagte. „Wir sind die Generation Lebenslauf “, bedauerte er. Das heißt konkret: Schon mit dem Ende der Schulzeit rückt schnell die Frage in den Vordergrund, was man später mit dem Studium im Leben anfangen kann. „Und da wäre die Kunst und Kultur Kunst und Kultur Fortseztung von Seite 65 kenden glücklich zu Ende ging. Auch Schulleiter Hartmut Stutznäcker fand viel Lob für die Akteure und ihren Regisseur Michael Leibold. Das Stück spielt in einer kleinen Provinz in China mit dem Namen Sezuan, in der viele Menschen sehr arm sind und sich nur knapp mit dem Nötigsten versorgen können. Drei Götter (überzeugend gespielt von Kyra Naujocks, Friederike Helmes und Bernadette Osthoff) besuchen die Erde, um in einer von Egoismus geprägten Gesellschaft gute Menschen zu finden und zu beweisen, dass man gut sein und dennoch gut leben kann. Erst bei der jungen und gutherzigen Prostituierten Shen Te (eindrucksvoll gespielt von Larissa Graute) werden die drei Götter fündig. Sie nimmt persönliche Nachteile in Kauf, um anderen zu helfen und bietet daher auch den drei Göttern ein Nachtquartier. Als Dank für Shen Tes Selbstlosigkeit zahlen die Götter mit einem kleinen Vermögen, mit dem sie sich einen Tabakladen eröffnet, um ihre Existenz zu sichern. Doch nun fangen ihre Probleme erst richtig an, denn alle wollen etwas von Shen Te. Wie die Raben fallen sie über die Protagonistin her und fordern einen kleinen Anteil von ihrem Glück. Ihr Versuch, es allen recht zu machen, scheitert. „Warum ist auf Bosheit ein Preis gesetzt, und warum erwarten den Guten so harte Strafen?“, fragt sich Shen Te, die sich jedoch nicht mit einer menschenunwürdigen 67 5er Schüler als begeisterte Statisten Eine Oper ist langweilig? Von wegen! Sie kann durchaus unterhaltsam und spannend sein. Erst recht, wenn man selbst als Akteur auf der Bühne steht. Das erlebten im Juni letzten Jahres die Schülerinnen und Schüler der fünften Klasse am Canisianum. Kunst und Kultur Fortsetzung von Seite 65 68 Schauspielerei vermutlich ein ständiger Kampf um den Lebensunterhalt“, befürchtete er. Das Theater sei leider kein sicherer Broterwerb. Es sei wirklich schade, dass sich viele Jugendliche heute sehr schnell die Frage „Was mache ich eigentlich damit?“ stellen würden, und auch er könne sich davon nicht freimachen. Dennoch: Ganz stromlinienförmig soll es nach dem Abitur nicht weitergehen. Zunächst könnte Raphael Reher sich vorstellen, für ein halbes Jahr in einem sozialen Projekt in Chile zu arbeiten und dann in verschiedene Praktika in den Medienbereichen hineinzuschnuppern. Gerne würde er auch als „halber Franzose“ beim Kulturkanal „Arte“ landen. Davor stünde dann eventuell ein Französisch-Studium. Und das Theater? „Das betreibe ich dann als Hobby weiter“. So ist sich Raphael Reher sicher, dass ihn diese Leidenschaft sein ganzes Leben begleiten wird. WN Oben: Die Knusperhexe (Irmelin Sloman) lockt Hänsel (Anna Bineta Diouf) in ihr Haus. Mitte: Wohl behütet von 14 Cani-Engeln aus der Jahrgangsstufe 5! „Kuchenheil uns allen winkt!“ Unten: „Wenn die Not auf‘s Höchste steigt …“: Wegen eines Krankheitsfalles muss eine Cani-Lehrerin spontan als Mutter-Darstellerin agieren. Als Höhepunkt eines Projektes im Fach Musik war das Ensemble des „Irmelin Sloman Musik Theater“ mit der Oper „Hänsel und Gretel“ von Engelbert Humperdinck in der Aula zu Gast. Neben den professionellen Sängern des „IST“Ensembles gehörten auch die Gymnasiasten zu den Darstellern. Die etwa hundert Schüler spielten Nebelkinder, Feen und Engel. Dass sie dabei „nur“ das Bild füllten und das Singen den Profis überließen, störte die Kinder nicht. „Ich fand es faszinierend, vor einem so großen Publikum zu stehen“, meinte Hannah Malkemper nach der Vorstellung. Maren Langanke schloss sich ihrer Freundin an: „Ich war zwar aufgeregt, aber wir waren ja nicht alleine auf der Bühne.“ Für die Musiklehrerin Kathrin Hantel war es vor allem „eine gute Gelegenheit, dem Thema Oper etwas Handfestes zu geben“. „Oper ist ein großes Wort“, meinte sie, „da ist es am besten, man holt sich die Oper in den Schulunterricht.“ Mit der Unterstützung der Sparkasse Westmünsterland und durch die Eintrittsgelder lud das Cani die Mitmach-Oper in die Schule ein. Doch damit waren die Vorbereitungen für einen Opernabend noch nicht abgeschlossen. „Die Fünftklässler, die noch sehr offen für das Thema sind, merkten, dass auch andere Aspekte zu einer Aufführung gehören.“ So halfen sie beim Drucken des Programmheftes und unterstützten ältere Schüler in der Technik. Wie in einer „richtigen“ Oper bildeten die jüngeren Mitglieder der Big-Band „Cani Hot Dogs“ bei einem Musikstück das Orchester. Die restliche Zeit begleitete der musikalische Leiter Thomas Palm die Oper auf dem Piano. Nadine Sträter (Gretel), Anna Bineta Diouf (Hänsel), Irmelin Sloman (Mutter und Knusperhexe) und Rainer Land (Vater) brachten mit der professionellen Inszenierung Opern-Atmosphäre in die Cani-Aula. Zum Finale sangen jedoch – unter großem Beifall des Publikums – alle hundert Akteure ein Abschlusslied. Niklas Tüns Kunst und Kultur Oper hautnah erleben 69 Nina Junke will ihre Leidenschaft zum Beruf machen Kunst und Kultur Wer gut sein will, muss verdammt viel üben 70 Viel Freizeit bleibt da nicht. Aber wer ein festes Ziel vor Augen hat, dem fällt es leichter, seine Zeit in die eigene Ausbil dung zu investieren, zum Beispiel in die Geigenprobe. Nina Junke aus der Jahrgangsstufe 11 übt täglich zwei Stunden. „Drei bis vier Stunden wären noch besser, aber das schaffe ich nur in den Schulferien“, betont die 16-Jährige im Gespräch. Zusätzlich geht sie zwei- bis dreimal pro Woche zum Privatunterricht. Außerdem steht freitags die Probe mit dem Jugend-Sinfonieorchester des Musikschulkreises Lüdinghausen auf dem Programm. Mit dem stand die Nachwuchs-Geigerin vor Kurzem noch im Scheinwerferlicht, als sie beim Neujahrsempfang als Solistin auftrat. „Das war ein großes Virtuosenstück, was sie da gespielt hat. Das Mädchen kann wirklich etwas“, zeigte sich Hans Wolfgang Schneider, der Leiter des Orchesters, begeistert. Mit dem Geige-Spielen hat Nina angefangen, als sie acht Jahre alt war. „Das ist eigentlich relativ spät, viele fangen schon mit fünf oder sechs an“, erklärt sie. Schuld an der „Verspätung“ war ein früherer Wunsch von ihr. „Ich wollte eigentlich Querflöte spielen. Aber als ich jünger war, wurde mir immer gesagt, ich müsse noch etwas warten, weil meine Finger zu kurz seien.“ Die Geige entdeckte sie dann eher durch Zufall. „Ich bin mit meiner Schwester auf ein Konzert gegangen und dort sind mir die Geiger aufgefallen.“ Dass hier Ninas Schwester MarieClaire ins Gespräch kommt, ist kein Zufall, denn auch sie ist sehr musikalisch. Nach ihrem erfolgreich bestandenen Abitur im letzten Jahr studiert sie mittlerweile Harfe in Köln. Ähnliches stellt sich Nina auch für ihre Zukunft vor. Für Streicher sind die Plätze an den Musikhochschulen allerdings hart umkämpft. Nina Junke hat aber noch ein Ass im Ärmel, mit dem sie wertvolle Erfahrungen für später sammeln kann. Denn seit Anfang 2009 spielt sie in der Deutschen Streicher-Philharmonie. Die Aufnahmeprüfung, in der ihre vorgetragenen Stücke von einer Jury streng bewertet wurden, meisterte sie mit Bravour. Jetzt spielt sie einige Male im Jahr gemeinsam mit talentierten NachwuchsStreichern aus ganz Deutschland. Jedes zweite Jahr geht es auf eine Auslandstournee. „Seitdem ich dort spiele, habe ich sehr viel gelernt. Vor allem habe ich einen guten Vergleich, wo ich stehe“, weiß Nina, die froh über ihre Mitgliedschaft in der Streicher-Philharmonie ist. Seit 2010 ist sie dort auch Konzertmeisterin (spielt also die 1. Geige) und bis sie 19 wird, darf sie hier weiter mitspielen. Das ist zweifellos eine perfekte Vorbereitung für die nach dem erhofften Abitur anstehenden Aufnahmeprüfungen an den Universitäten. WN Kunst und Kultur Nina Junke probt täglich zwei Stunden, in den Ferien können es auch einmal vier Stunden werden. Dadurch hofft sie, zum Musikstudium zugelassen zu werden. 71 Das ganze Empire am Cani Kunst und Kultur Britische Geschichte ist öde und langweilig? Das gilt auf keinen Fall, wenn die „Irish Actors Theatre Company“ an die Schule kommt. Mitte November 2010 gastierte die vierköpfige Gruppe mit Eva Heery, Vincent Moran, Aidan Keane und Elijah Egan in der Aula des Canisianum, das in Kooperation mit dem Antonius-Gymnasium eingeladen hatte. 72 Bereits zum achten Mal traten Schauspieler der „Irish Actors Theatre Company“ im Cani auf. „Die Schüler können das Englische lebendig und authentisch erleben“, nannte Lehrerin Julia SelkeMundry den Grund für die zur Tradition gewordene Veranstaltung. Viel irischer Humor begleitete den zweistündigen Auftritt unter dem Titel „The British Empire“. Die Iren zeigten dabei keine Scheu, große Persönlichkeiten, die ihr Land, aber auch viele andere Teile der Welt, prägten, ironisch zur Schau zu stellen. So gehörte Queen Victoria ebenso zu den Opfern wie Heinrich VIII. Letzterer war gegenüber der katholischen Kirche nicht besonders gnädig gestimmt und gründete in England eine eigene Glaubensgemeinschaft – natürlich mit sich als Oberhaupt. Rat bekam er per Handy – so erfuhren es die etwa 130 Zuschauer – von Gott persönlich. Erreichbar ist dieser nur unter der exklusiven Telefonnummer „1“. Auch klärte das Ensemble, wie das britische Imperium zu einer Größe von bis zu 770 Millionen Untertanen kam. So sei man zum Beispiel nach Indien gefahren und habe den Subkontinent als Kolonie beansprucht, indem man eine Flagge in den Boden steckte. Da die indische Bevölkerung diesem Anspruch mit keiner ordentlichen Flagge entgegentreten konnte, fand sie sich in den Armen Niklas Tüns Kunst und Kultur „Irish Actors Theatre Company“ zu Gast Auf vergnügliche Weise führte die „Irish Actors Theatre Company“ ihre Zuschauer durch die britische Geschichte der britischen Kolonialmacht wieder. Mit dem einfachen Grundsatz „no flag, no country“ („keine Flagge, kein Land“) sollen auch bereits die Amerikaner den Mond erobert haben. Da ihre Ausgangskleidung dezent schwarz war, konnten die vier Schauspieler mit nur wenigen Zusatz-Utensilien in ihre Rollen schlüpften. Diese „Verwandlung“ fand zudem direkt auf der Bühne statt, so dass der Übergang zwischen den vielen erzählten Episoden fließend war. Im zweiten Teil des Abends hielt sich die Schauspielgruppe dagegen nicht mehr an ihr Motto „The British Empire“. Vielmehr gab es eine kurze Einführung in die englische Sprache selbst. Schnell merkten die Zuschauer, darunter viele Oberstufenschüler der beiden Lüdinghauser Gymnasien, dass sie sich glücklich schätzen konnten, den Auftritt auf „Queens English“ zu hören. Ein Kauderwelsch wie das „Liverpool English“ ist für Ausländer bei besten Willen nicht zu verstehen. Der amüsante Abend endete schließlich musikalisch. Traditionell irisches Liedgut sangen die Vier genauso wie aktuelle Popsongs. Nachdem die Truppe bereits ihre ersten Zugaben dargeboten hatte, fragte Vincent Moran das überraschte Publikum ganz plötzlich: „Have you no home to go to?“ Natürlich hatte es ein Zuhause, doch wer verlässt schon frühzeitig und freiwillig eine solch unterhaltsame und kurzweilige Veranstaltung? 73 Die Neunt- und Zehntklässler am Canisianum, die Französisch als Unterrichtsfach haben, erlebten eine filmische Kulturvermittlung. Sie sahen den Streifen „Die fabelhafte Welt der Amelie“. Kulturelles am deutsch-französischen Tag 74 Kulturvermittlung per Kino-Knüller: Die Mädchen und Jungen, die am Canisianum das Fach Französisch gewählt haben, erlebten im Januar diesen Jahres einen besonderen Tag. Entsprechend ihrem jeweiligen Kenntnisstand der Sprache des Nachbarlandes sahen sie nach Jahrgangsstufen getrennt drei französische Filme. Für die einen lief – mit Untertiteln – die auch hierzulande erfolgreiche Komödie „Willkommen bei den Sch’tis“, Andere wurden in „Die zauberhafte Welt der Amelie“ entführt und die Französisch-Enthusiasten be gleiteten in „La vie en rose“ das Leben der Chanson-Sängerin Edith Piaf. Anlass für diesen cineastischen Vormittag am Cani war der „DeutschFranzösische Tag“, der seit 2003 in beiden Ländern begangen wird. Er erinnert an den 22. Januar 1963. Damals wurde der sogenannte Elysée-Vertrag zwischen Deutschland und Frankreich abgeschlossen. Er war ein Meilenstein auf dem Weg der deutsch-französischen Verständigung und regelte den Kulturund Jugendaustausch beider Länder. Organisiert hatten den Filmtag die Lehrerinnen Julia Selke-Mundry, Susanne Laudick, Claudia Alfers, Roswitha Schäfer, Ulrike Ungru und Melanie Pohlmann. Doch es blieb nicht beim Schauen. In Kleingruppen wurde anschließend über die Filme gesprochen. Auf diese Art werde den Jugendlichen die Kultur des Nachbarlandes anders und motivierender vermittelt, ist sich Julia SelkeMundry sicher. Während sich die Älteren mit der Biografie der Sängerin Edith Piaf beschäftigten, sprachen die jüngeren Schüler über die bei den „Sch’tis“ gezeigten Klischees und Vorurteile der Süd- gegenüber den Nordfranzosen – und deren Überwindung. WN Cani-Physikräume wurden zur Galerie Nachdem die Physikräume am Canisianum renoviert worden waren, fiel Lehrern wie Schülern auf, dass die Wände doch recht kahl geblieben sind. Um das zu ändern, lobten die Fachlehrer Antje Appel, Martin Köller und Dr. Georg Schütz bereits im März letzten Jahres einen Malwettbewerb aus. Die Gewinner wurden dann Ende Mai ausgezeichnet und mit Geldpreisen honoriert. Das Siegerbild kam von Sonia Shresta (1.v.r.), den zweiten Platz ermalte sich Jan Korte. Dritte Preise erhielten AnnaKatharina Pötter, Stefanie van den Berg und Sebastian Poll und den Nachwuchspreis konnte die Sechstklässlerin Fabienne Berau mit nach Hause nehmen. Auch der Trägerverein beteiligte sich bei den Prämien. WN Kunst und Kultur Kunst und Kultur Die Sch’tis und die Piaf 75 Die Cani Hot Dog-Musiker auf dem Proben-Intensivwochenende in Straelen. Cani Hot Dogs am Niederrhein Probenfahrt mit Musik und Spaß 76 Im Schullandheim der Stadt Krefeld gab es zunächst eine kleine Rallye zur Orientierung, denn das Gelände, auf dem sich früher ein Flugplatz befand, ist ziemlich weitläufig. Trotzdem liegt es sehr malerisch, umgeben von Wald und durchsetzt mit vielen, teils naturbelassenen Zonen. Die Start-Rallye diente natürlich auch zur Teambildung – zwar proben die Cani Hot Dogs wöchentlich, dennoch bietet eine solche Zeit eine gute Gelegenheit, um die Kommunikation unter den Bandmitgliedern zu fördern. Maren Langanke aus der Klasse 5c beschrieb ihre Zeit so: „Am Ankunftstag war für 14 Uhr die erste Registerprobe angesetzt. Bis dahin bezogen alle ihre Betten und aßen zu Mittag. Viele waren schon früher fertig und nutzten die Zeit für eine Partie Fußball oder eine weitere Geländeerkundung. Für die Registerprobe hatten wir uns die Stücke „Mission Impossible Theme“ und „The Simpsons“ vorgenommen. In der anschließenden Gesamtprobe zeigten sich bereits erste Erfolge. Nach dem Abendessen mit Grillen im Freien ging es hinauf zum Lagerfeuerplatz, wo es zuerst Probleme beim Entfachen des Feuers gab. Nach einer schönen Runde ums Feuer machten wir uns auf zu einer Nachtwanderung. Wieder zurück spielten einige Doppelkopf, während andere sich auf ihre Zimmer zurückzogen. Der nächste Tag begann um 8 Uhr mit dem Frühstück – für fast alle viel zu früh. Doch beim Geländespiel um 10 Uhr waren alle wieder relativ munter. Nur eine Gruppe schien bei der Weg beschreibung noch geschlafen zu haben, denn sie vergaß, eine Abzweigung zu nehmen und lief ein ganzes Stück zu weit. Am Nachmittag waren aber alle wieder wach, was der Erfolg bei den Stücken „Abba Gold“ und „Louie Louie“ zeigte. Für manche gab es in diesem Stück ihr erstes improvisiertes Solo. Am Abend saßen wir wieder am Lagerfeuer zusammen. Dort feierten wir zunächst einen kleinen Gottesdienst, bei dem die an einer Geländespiel-Station verfassten Fürbitten vorgetragen wurden. Am Montagmorgen in der Gesamtprobe griffen wir noch einmal alle geprobten Stücke auf und merkten, dass uns die Fahrt auch musikalisch weitergebracht hatte. In der Abschlussrunde kamen wir überein, dass das Probenwochenende ein schöner Erfolg war und dass wir die Fahrt 2011 wiederholen sollten.“ WN Kunst und Kultur Kunst und Kultur Die komplette Big Band unserer Schule unternahm Ende April 2010 eine mehrtägige Übungsfahrt nach Straelen. Unter Leitung von Musiklehrerin Kathrin Hantel und Schülervater Gerrit Jütte probten 20 Schülerinnen und Schüler im Alter zwischen zehn und 18 Jahren Jazz- und Rock-Arrangements. 77 Foto: Das Lächeln der Sieger: Patrick Sobbe (6a, Mitte) gewann den Cani-Lesewettbewerb. Die Klassensieger Julia Pellmann (6c, rechts) und Jakob Simm (6b) freuten sich mit ihm. Patrick Sobbe vertrat das Cani Sport und Spiel Eindrücke vom Dreikönigs-Konzert 78 Das jährlich stattfindende Weihnachtskonzert vor den Weihnachtsferien musste wegen winterlicher Eis- und Schnee-Capriolen ausfallen und wurde ins neue Jahr 2011 verschoben. So wurde es zum Dreikönigs-Konzert. Danke an alle, die mitgemacht haben, und an das aufmerksame Publikum! Wenn in den hektischen Dezembertagen plötzlich Namen wie Cornelia Funke, Paul Maar oder Kirsten Boie in geballter Form auftauchen, dann muss nicht immer nur von Weihnachtsgeschenken die Rede sein, sondern es kann sich auch um den Vorlesewettbewerb für die 6. Klassen in den Schulen handeln. So war es denn auch kurz vor Ende des letzten Jahres am Canisianum. Trotz zahlreicher Klassenarbeiten und intensiver Vorbereitungen auf das Weihnachtskonzert blieb doch noch etwas Zeit für besinnliche Lesephasen und die Konzentration auf das spannende Jugendbuch. Mit Eifer und großer Selbstverständlichkeit stellten sich die Schüler dabei erneut der Ausscheidung, die der Börsenverein des Deutschen Buchhandels zum 52. Mal für die Schulen ausgeschrieben hatte. Nach einem spannenden Auftreten holte sich Patrick Sobbe aus der Klasse 6a den Gesamtsieg. Er vertrat das Cani dementsprechend im Februar diesen Jahres auf Kreisebene. Der Wettbewerb begann zunächst im Deutschunterricht der drei Parallelklassen. Anschließend trafen sich dann alle Klassensieger der Jahrgangsstufe 6 in der Aula zur Endausscheidung. In der ersten Wettbe- Kunst und Kultur Beim Lesewettbewerb der 6. Klassen Gesamtsieg errungen 79 Fortsetzung von Seite 79 anschließend schnell einig, dass alle Klassensieger hier erneut ihr Können unter Beweis gestellt hatten, wenngleich Patrick Sobbe sich doch einen leichten Vorsprung „erlesen“ konnte. Unter dem fairen Beifall aller Klassen durfte der strahlende Sieger dann seine Urkunde und ein Buchgeschenk in Empfang nehmen. Deutschlehrer und Koordinator Gerold Meischen bedankte sich bei den Wettbewerbsteilnehmern für die erneute Erfahrung, dass das Lesen nicht nur etwas Spannendes und Kurzweiliges sein könne, sondern den Einzelnen mit selbst geschaffenen Bildern in eine Fantasiewelt eintauchen lasse, die sich nicht selten als eine echte Alternative zum Fernsehen oder Computerspiel herausstelle. WN Canisianer machten Sportabzeichen Kunst und Kultur Canisianer erwarben Golfabzeichen beim GC Nordkirchen Technik, Fitness und Etikette Toll! 80 Erfolgreiche Cani-Schüler mit ihrem Trainer beim Golfclub Nordkirchen. 428 Mädchen und Jungen des Gymnasiums Canisianum haben beim Sportfest im Sommer 2010 ihr Sportabzeichen abgelegt. Dafür wurden sie Mitte November mit Urkunden durch Stützpunktleiter Alfons Meinke und Süßigkeiten von Simone Heil vom Sponsor Sparkasse Westmünsterland belohnt. Elf Schüler aus den Jahrgangsstufen fünf bis sieben des Canisianum haben Anfang November letzten Jahres beim GC Nordkirchen das silberne KinderGolfabzeichen bestanden. Motiviert wurden die Schüler durch einen Schnupperkursus über drei Trainingseinheiten auf der Driving-Range im Frühsommer des Jahres. Nach den ersten Erfahrungen mit dem kleinen weißen Ball folgte dann ein weiterführender Kursus über elf Trainingseinheiten von jeweils 120 Minuten unter Trainer Carsten Heinz. Am Ende legten sie einen Technik-, Fitness- und Etiketten-Test ab, um das silberne Abzeichen in Empfang zu nehmen. Die Schüler hatten nun die Möglichkeit, mit ihrer „eingeschränkten Platzfreigabe“ in Begleitung eines HandicapSpielers auf dem Golfplatz zu üben, teilte der GC Nordkirchen mit, der gemeinsam mit dem Deutschen Golf-Verband auch die Kosten für die bisherige Ausbildung der Schüler übernommen hatte. WN Kunst und Kultur werbsrunde traten die drei Klassensieger Patrick Sobbe (6a), Jakob Simm (6b) und Julia Pellmann (6c) mit vorbereiteten Texten vor das gespannte Publikum. Trotz der großen Kulisse von über 90 Mitschülerinnen und Mitschülern bewältigten alle Teilnehmer die ungewohnte Situation erstaunlich ruhig und souverän. Auch in der zweiten Runde, als unbekannte Textstellen aus dem Kinderkrimi „4 ½ Freunde“ von Joachim Friedrich im Drei-Minuten-Rhythmus vorgetragen werden mussten, feuerten die einzelnen Klassen ihre Vertreter kräftig an und hielten sogar Namensschilder und Plakate hoch, waren aber während der Leseproben mucksmäuschenstill. Die Jury, die aus drei Oberstufenschülern und zwei Lehrern bestand, war sich 81 Nach kämpferische Partien erfolgreich 82 Unsere Vize-Kreismeister mit ihrem Trainer Felix Bobbert Die Schülerinnen und Schüler unseres Gymnasiums zeigten im Rahmen von „Jugend trainiert für Olympia“ bei den Kreismeisterschaften großen Einsatz. Sowohl die Mädchen als auch die Jungenmannschaft in der Wettkampfklasse III trainierten bereits im Vorfeld hochmotiviert. Aus Freude am Fußball wurden zusätzliche Trainingseinheiten absolviert und alle waren mit großem Eifer dabei. Durch das Zusammentreffen von talentierten Fußballern/innen machte es besonderen Spaß, mit den beiden Mannschaften zu arbeiten. Als es Ende Oktober letzten Jahres dann ernst wurde, besiegte die Mädchenmannschaft die Auswahl des St. Antonius-Gymnasiums durch geschicktes Taktieren mit 9:6 und schaffte damit den Sprung in das Endspiel. Auch den Jungen gelang durch kämpferischen Einsatz zuerst ein 5:0 Sieg gegen die Auswahl des St. AntoniusGymnasiums und bezwang anschließend noch mit 3:1 die Mannschaft der Realschule. Beide Cani-Mannschaften mussten sich allerdings im Endspiel geschlagen geben, kämpften jedoch ausdauernd bis zur letzten Minute. Die Turniere fanden bei den Eltern unserer Schule große Resonanz. Sie unterstützten unsere Mannschaften und freuten sich über die gute Platzierung. Ein Vater spendete spontan Stutzen für die Jungenmannschaft und brachte so seine Anerkennung zum Ausdruck. Felix Bobbert Kunst und Kultur Kunst und Kultur Cani – zweifacher Vizekreismeister im Fußball 83 tungsturnieren in Schwerin und Bremen wurde Felix nach Kienbaum eingeladen. Über dreieinhalb Tage standen dort ein physiotherapeutischer Check, AthletikTests und Koordinationsübungen auf dem Plan. Felix Orthmann geht zum Gymnasium Canisianum. „Wir haben die volle Unterstützung der Schule, das ist sehr schön“, betonte Anne-Kathrin Orthmann. Für ihren Sohn stehen die weiteren Termine in der Nationalmannschaft aber noch nicht fest. Spätestens 2012 muss er sich entscheiden, ob er aufs VolleyballInternat in Frankfurt oder Berlin gehen will. Felix selber reagierte ganz gelassen auf diese Perspektive: „Ich bin noch jung, das werde ich mir ganz in Ruhe überlegen“. WN Erstmals wieder an Landesmeisterschaften teilgenommen Felix Orthmann hat in Kienbaum überzeugt. Felix Orthmann als Volleyballer erfolgreich Kunst und Kultur Vom SC Union in die Nationalmannschaft 84 Anne-Kathrin Orthmann sagt über ihren Sohn: „Volleyball ist sein Hobby, und das übt er hundertprozentig aus. Dafür opfert er viel Freizeit.“ Felix Orthmann hat nicht nur Ehrgeiz, sondern auch Talent. So wurde der 15-Jährige im Herbst letzten Jahres in den Kader der U 16-Nationalmannschaft berufen. Diese schöne Nachricht konnte dem Lüdinghauser im Leistungszentrum Kienbaum nahe Berlin überbracht werden. Bei einem dreitägigen Lehrgang für den Volleyball-Nachwuchs der Jahrgänge 1995 und 1996 hatte sich Felix den be- gehrten Platz erkämpft. 60 Jungen bewarben sich in dem Auswahlverfahren für nicht einmal 20 Plätze in dem Nationalteam. Das Volleyball-Spielen hat Felix Orthmann beim SC Union Lüdinghausen gelernt. Bis zum Sommer 2010 stand er für seinen Stammverein am Netz, seitdem spielt er beim TSC Münster-Gievenbeck in der U 16 und bei den Herren. Einmal pro Woche trainiert er mit den Oberliga-Damen des SC Union, während er zwei- bis dreimal pro Woche zum TSC nach Münster fährt. Nach Sich- Beim Landesfinale der Volleyballer im April 2010 in Minden waren zwei Lüdinghauser Schulen erfolgreich vertreten und beide belegten in ihrer Altersklasse den 3. Platz. In der Wettkampfklasse II sicherte sich zunächst die Realschule durch einen souveränen 2 : 0-Auftaktsieg im ersten Gruppenspiel gegen das Cornelius-Burgh-Gymnasium aus Erkelenz den 2. Platz in der Gruppe. Gegen den Turnierfavoriten und späteren Sieger vom Carl-Humann-Gymnasium aus Essen folgte dann allerdings eine 0 : 2Niederlage. Da das Erreichen der Landesfinalrunde schon der größte Erfolg der Realschule in diesem Wettbewerb war, sorgte der 3. Rang für große Freude bei allen Beteiligten. Die Jungen vom Canisianum traten in der jüngeren Altersklasse an und fanden in ihrem ersten Gruppenspiel noch nicht so richtig zu ihrer gewohnten Konzentration. Das Spiel zeigte nach gewonnenem ersten Satz viele Abspra- chemängel und im zweiten Satz zu wenig Durchschlagskraft, so dass dieser dann auch an das Evangelische Gymnasium aus Siegen ging. Erst im Tie-Break fand das Team zu mehr Siegeswillen und konnte das Spiel berechtigterweise als Sieg verbuchen. Der nächste Gegner aus Bonn zeigte nach anfänglich ausgeglichenem Spielverlauf den Jungen vom Cani dann deutlich, dass man nicht nur gut angreifen muss, sondern vor allem im Block und in der Verteidigung agiler arbeiten sollte. Dazu kamen zahlreiche Bälle, die von sonst sehr sicheren Spielern leichtfertig ins Aus oder Netz geschlagen wurden. So war Bonn der verdiente Sieger und spätere Vizemeister hinter dem Gymnasium Steinhagen. Der erreichte 3. Platz im Landesfinale konnte für das Cani dennoch als Erfolg gewertet werden, da die Jungen lange nicht mehr an einer Landesmeisterschaft teilgenommen hatten. Inge Meier Kunst und Kultur Bronzemedaille für Cani-Volleyballer 85 Sunny-Cani-Team Lautlos, emissionslos und immer schneller durchs Münsterland Kunst und Kultur Zur vierten „Solarmobil Challenge Münsterland“ hatten am Pfingst wochenende des letzten Jahres das „el team muensterland“ und das „Sunny-Cani-Team Lüdinghausen“ eingeladen. Organisiert wurde die Elektroauto-Rallye von den ehemaligen Canisianern Bernd Lieneweg, Lukas Nacke und Fabian Pellmann mit Unterstützung durch Manfred Elwing aus Bochum, der 2004 die „Solar-Challenge Münsterland“ ins Leben gerufen hatte. 86 Zahlreiche Elektroauto-Enthusiasten waren der Einladung ins sonnige Münsterland gefolgt, u. a. Vertreter von der ISOR (Initiative Solarmobil Ruhrgebiet), von der DSL (Drehstromliste, die etwa 200 Stromtankstellen auf Gegenseitigkeit in Europa unterhält) und vom BSM (Bund für solare Mobilität, der u. a. Betreiber des park & charge-Systems ist, dem sich auch Firmen und Kommunen anschließen können). Am Pfingstsamstag führte die Rundfahrt durch die Hohe Mark, und zwar vom Basislager in Olfen zunächst zum „Lakeside Inn“ in Haltern, von da aus zum Heimatmuseum in Groß Reken, wo Norbert Benson die Elektromobilisten willkommen hieß und durch die histori sche Windmühle führte. Zum Mittag essen ging es dann weiter nach Raesfeld, wo anschließend die Schlossanlage und die bedeutende Schlosskapelle besichtigt wurden. Ein besonderer Höhepunkt war dann am Sonntag der Besuch des gerade eröffneten Naturbades der Stadt Olfen, wo der stellvertretende Bürgermeister Wilhelm Sendermann die Idee zu diesem Bad, die Umsetzung in finanziell schwierigen Zeiten und die interessanten Problemlösungen in dieser weitestgehend nachhaltig bewirtschafteten SommerBadeanstalt anschaulich und spannend erläuterte. Nächster Haltepunkt war die Innenstadt der cittá-slow Lüdinghausen, wo die Elektro-Autofahrer mit ihrer entschleunigten sowie laut- und emissionslosen Fahrweise immer wieder gernge sehene Gäste sind und die Gastronomie im verkehrsberuhigten Bereich zu schätzen wissen, vor allem, wenn die Sonne mitspielt und man draußen sitzen kann. Wie angenehm dann Elektrofahrzeuge sind, demonstrierten die Elektrofahrer mit ihrer „Solarparade durch Lüdinghausen“, bevor die Rallye sich schließlich in Richtung Flugplatz Borkenberge in Bewegung setzte. Bernd Lieneweg, dessen hochbetagter Kabinenroller mit Achsenbruch liegen geblieben war, führte dabei ein nagelneues, modernes Elektroauto aus dem Autohaus Rüschkamp (Förderer der Elektromobilität seit über 20 Jahren) vor, das ihm kurzfristig zur Verfügung gestellt wurde. Er konnte so die Fahrt in einem ausgewachsenen Auto mit hoch effizienten Lithium-Ionen-Batterien fort setzen. Während im letzten Jahr noch die kleinen dreirädrigen Fahrzeuge in der Überzahl waren, hält in der Szene der Elektroautobegeisterten nun der Fortschritt Einzug: Die Fahrzeuge werden größer und schneller und haben durch den Einsatz moderner Batterietechnologie eine deutlich vergrößerte Reichweite. So gab es bei den gemütlichen Grillabenden hinreichend Gesprächsstoff und Anschauungsmaterial über neue Technik, vor allem aus dem Ausland, und Diskussionen über die deutsche Autoin dustrie, die nach verschlafenen Jahrzehn ten nunmehr verhalten und mit Mühe dem bereits abgefahrenen Zug der Elektromobilität mit staatlichen Förder programmen hinterherschleicht. So zu mindest sehen es die Insider, auch wenn Politik und Medien in der Regel ein anderes Bild vermitteln möchten. WN Kunst und Kultur Links: An der Stromtankstelle der Drehstromliste auf dem Hof Nacke herrscht vor dem Start dichtes Gedränge. Jeder Teilnehmer will durch volle Batterien seine Reichweite vergrößern. Rechts: Lukas Nacke und Fabian Pellmann (r.) als Gastgeben 87 Intensiver deutsch-französischer Schüleraustausch Partner und Freunde Als die Cani-Schüler Ende März letzten Jahres in St.-Lô aus dem Bus kletterten, regnete es buchstäblich wie aus Eimern. Die Herzlichkeit und Freundlichkeit aber, die ihnen und ihren Begleiterinnen – Frau Schäfer und Frau Alfers – von Seiten ihrer französischen Austauschpartner und deren Familien entgegengebracht wurde, vertrieb die trübe Stimmung im Nu. 88 Das Wochenende in der Gastfamilie erwies sich für die meisten deutschen Schüler in vielerlei Hinsicht als sehr interessant. So lernten viele von ihnen die wunderschöne Region der Normandie in der Umgebung von St.-Lô näher kennen, erweiterten ihren französischen Wortschatz schnell um die ersten neuen Vokabeln und kamen natürlich auch mit den viel gepriesenen französischen Köstlichkeiten in Berührung. Beim ersten Erfahrungsaustausch am Montagmorgen im College schwärmten viele von den tollen Vier-Gänge-Menüs, den leckeren Desserts und der langen Dauer der Mahlzeit. Nach diesem kurzen Erfahrungsaustausch in der Schule stand eine Besichtigung einer Cidrefarm mit Namen St. Jean des Champs auf dem Plan. Nachdem die deutschen Schüler mit Hilfe eines französischsprachigen Films über die Art und Weise der Produktion von Cidre und Calvados in Kenntnis gesetzt worden waren, zeigte ihnen der Besitzer des Bauernhofs genau die Produktionsstätte und klärte aufgetretene Fragen. Im Anschluss an die Führung gab es für die Besucher die Gelegenheit, das typisch französische Getränk nach einer kleinen Probe zu kaufen. Viele nutzten die Gelegenheit, für die Lieben daheim ein Mitbringsel zu erstehen. Nach einer kurzen Busfahrt hatten die Gäste die Gelegenheit, die Stadt Granville zu besichtigen, die besonders durch ihre reizvolle Lage direkt am Meer besticht und die Schüler sehr beeindruckt hat. Nach einem kleinen Spaziergang entlang der Küste machte es In den Gassen und auf dem Markplatz von Granville Partner und Freunde Zwischen Mont St.-Michel und Kölner Dom 89 90 Der Mont St. Michel Auf dem Mont St. Michel des Vormittags waren oftmals auch noch das Gesprächsthema am Nachmittag, als sich deutsche und französische Schüler privat zum Eisessen trafen oder zusammen shoppen gingen. Der unumstrittene Höhepunkt aller Besichtigungen im Rahmen des St.Lô-Besuchs war zweifellos die am nächsten Tag auf dem Plan stehende Besichtigung des Mont St.-Michel. Auch wenn das gute Wetter die deutsche Gruppe im Stich ließ (es regnete wieder unaufhörlich und stark), war der Besuch des Weltkulturerbes eine Erfahrung, die man nicht so schnell vergessen wird. Viel zu schnell verging die Zeit, stand doch schon einen Tag später die Abreise der deutschen Gastschüler an. Am Parkplatz in St.-Lô wurden noch einmal die letzten „bises“ ausgetauscht, gekoppelt mit dem Versprechen, bald die nächste Mail zu schreiben, bevor man dann im Bus die Heimreise antrat. Das Wiedersehen zwischen den deutschen und französischen Schülern ließ aber nicht allzu lange auf sich warten. Bereits im Mai 2010 kamen die französischen Austauschpartner in Begleitung der Deutschlehrerin Madame Beluau und ihrer Freundin zum Gegenbesuch. Wurden die Deutschen bei ihrer Ankunft – wie bereits erwähnt – von Starkregen begrüßt, meinte es der liebe Gott mit den Franzosen bei ihrer Ankunft in Lüdinghausen besser, denn die Sonne strahlte mit den Gesichtern um die Wette. Partner und Freunde Partner und Freunde Fortsetzung von Seite 89 den Jugendlichen Spaß, durch die zahlreichen typisch französischen Boutiquen des Ortes zu schlendern. In Arromanches besichtigten die Schüler am darauffolgenden Tag das sogenannte Musée du Débarquement, das an einem der Landungsstrände der Alliierten von 1944 liegt und eindrucksvoll und für die Schüler nachvollziehbar die damaligen Ereignisse durch Modelle, Filmsequenzen und authentisches Anschauungsmaterial nachzeichnet und für die Besucher damit ein Stück deutsch-französische Geschichte greif barer macht. Der anschließende Besuch des 360°- Kinos, welches den Film „Le prix de la liberté“ zeigte, und der Besuch eines Soldatenfriedhofs in Bayeux komplettierten diesen stark durch historische Ereignisse geprägten Tag. Am Mittwoch bot sich dann die Gelegenheit, den französischen Unterrichtsalltag hautnah mitzuerleben. Obwohl die deutschen Gastschüler sich in unterschiedlichen Klassen bzw. Kursen aufhielten, ist allen ein großer Unterschied zu ihrem Unterrichtsalltag am Cani aufgefallen: „Die Lehrer sind total streng in Frankreich!“; „Die schreien die Schüler teilweise wegen Kleinigkeiten an und verteilen sofort Strafarbeiten.“; „Die Schüler nehmen nicht aktiv am Unterricht teil, sondern schreiben oft nur mit, was der Lehrer vorne sagt.“ Schließlich kamen die Cani-Schüler einhellig zu dem Ergebnis: „Bei uns ist es doch viel schöner, auch wenn man manchmal von der Schule genervt ist.“ Die Erlebnisse 91 Fortsetzung von Seite 89 Das Wochenende in den Familien wurde für Ausflüge in die Region bzw. ausgiebige Shopping-Touren ins „Centro“ in Oberhausen genutzt. Schnell stellte sich dabei die Vertrautheit zwischen den deutschen und französischen Jugendlichen wieder ein. Am Montag hatten sich alle Beteiligten mit dem ehemaligen Cani-Lehrer Manfred Neuhaus verabredet, der die Gäste fachkundig durch die Innenstadt von Lüdinghausen führte und ihnen in französischer Sprache die Besonderheiten der Stadt erläuterte. Dank interessanter Anekdoten, die Manfred Neuhaus den Gästen zu präsentieren wusste, lauschten ihm diese mit erkennbarer Aufmerksamkeit. Am Dienstag wartete ein Besuch des Unterrichts mit den deutschen „Corres“ (den deutschen Austauschschülern) auf die Franzosen. Die Reaktion der Gäste auf das im Cani-Unterricht Erlebte ist nicht schwer zu erahnen. Waren die Deutschen von der recht autoritär wirkenden, frontal geprägten Unterrichtskultur der Franzosen verschreckt, zeigten sich Letztere von der recht entspannten Atmosphäre in den deutschen Klassenzimmern beeindruckt und nicht selten begeistert. Der Nachmittag stand zur freien Verfügung und wurde vielfach für Einkaufsbummel durch die Lüdinghauser Innenstadt oder Treffen mit Freunden im Eiscafé genutzt. Ein erster Höhepunkt war sicherlich der Besuch der nahegelegenen Stadt Münster. Die Cani-Lehrerin Roswitha Schäfer zeigte den Gästen die Besonderheiten der westfälischen Metropole (Aasee, 92 Prinzipalmarkt, Lambertikirche, Dom etc.). Die Tatsache, dass ein Großteil der Münsteraner Bevölkerung sich mit dem Fahrrad durch die Stadt bewegt, erstaunte die Franzosen sehr, zumal dieses Verkehrsmittel in ihrem Land eine eher untergeordnete Rolle spielt. Nach der Besichtigung des geschichtsträchtigen Friedenssaals blieb den Schülern viel Zeit zur freien Verfügung. Am Abend kehrten Franzosen wie Deutsche erschöpft, aber zufrieden nach Lüdinghausen zurück. Am frühen Abend des nächsten Tages fand dann endlich auf dem Sportplatz bzw. im Clubheim in Ottmarsbocholt die langersehnte Grill-Party statt. Bei strahlendem Sonnenschein und bester Laune wurde gemeinsam Fußball gespielt, getanzt, gesungen, gegrillt und gelacht. Zu spät sollte die Feier jedoch nicht enden, stand doch am nächsten und letzten Tag vor der Abreise ein weiterer Höhepunkt des Deutschland-Besuchs an: eine Besichtigung der Rheinmetropole Köln. In Begleitung der Cani-Lehrerin Ulrike Ungru besichtigten Deutsche wie Franzosen die eindrucksvolle Stadt. Nach einer kleinen Stadtführung durch Frau Ungru bestieg und bestaunte man das Wahrzeichen der Stadt, den Kölner Dom. Am nächsten Tag ließ sich nun der von vielen Jugendlichen befürchtete Abschied nicht vermeiden. Vor der Abfahrt des Busses verabredeten die einen oder anderen noch ein nächstes Wiedersehen in den kommenden Sommerferien. Claudia Alfers Partner und Freunde Erinnerungsfoto mit Gästen und Gastgebern im Eingangsbereich des Canisianum 93 Erfreuliche Premiere Sprachliche Herausforderung für Austauschschüler Schüleraustausch erstmals über zehn Wochen Die Steverstadt wurde selbstverständlich auch erkundet, aber auf dem Besuchsprogramm der 23 jungen Franzosen aus der Partnerstadt Taverny nahe Paris standen während der betreffenden Tage im November letzten Jahres noch Köln, Münster und Bremen. Zunächst wurden die Gäste des Lycee Jacques Prévert mit ihren Lehrerinnen Carine Hautefeuille und Anne Delacroix-Enders am Cani von Schulleiter Hartmut Stutznäcker willkommen geheißen. Begleitet wurden sie auf deutscher Seite von den beiden Französisch-Lehrerinnen Melanie Pohlmann und Julia Selke-Mundry. Untergebracht waren die 17-jährigen Franzosen in Lüdinghauser Gastfamilien. Erste Kontakte knüpften die Jugendlichen aus beiden Ländern bereits beim vorangegangenen Gegenbesuch, als 22 Canisianer für eine Woche Taverny besuchten. Der Besuch sei natürlich auch eine sprachliche Herausforderung für die Cani-Schüler, die erst seit zwei Jahren Französisch lernen, betonte Melanie Selke-Mundry. Der Kontakt solle daher intensiviert werden. WN Mitte Juni letzten Jahres wehte die Trikolore neben Schwarz-Rot-Gold vor der Burg Lüdinghausen. Das waren aber nicht die Zeichen eines vorweggenommenen Finales bei der Fußball-Weltmeisterschaft. Es handelte sich vielmehr nur um den Hinweis darauf, dass die Stadt Gäste aus Frankreich empfing, in diesem Falle sogar aus der Partnerstadt Taverny. Sechs Schülerinnen und ein Schüler des Lycée Jaques Prévert befanden sich zu dieser Zeit in der Steverstadt. Dass Jugendliche im Rahmen eines Schüleraustauschs in Lüdinghausen sind, ist fast Normalität. In diesem Fall stellte der Besuch jedoch eine Besonderheit dar. Die Gäste des Canisianum waren für zehn Wochen in Lüdinghauser Familien untergebracht. Einen ähnlich langen Austausch gab es bisher nicht. Umgekehrt reisten die Cani-Schüler nach den Sommerferien für zweieinhalb Monate nach Taverny. Dass ein so langer Aufenthalt positive Auswirkungen auf die Fremdsprachenkenntnisse hat, versteht sich von selbst. Das ist letztlich auch der Grund dafür, dass das Deutsch-Französische Partner und Freunde Partner und Freunde 94 oben: 23 junge Franzosen mit ihren Gastgebern zu Beginn ihres Gegenbesuchs in der Steverstadt. unten: Die Stadt Lüdinghausen begrüßte die Jugendlichen aus Taverny sowie deren Gastgeber in der Burg Lüdinghausen zu ihrem zehnwöchigen Aufenthalt. Gegenbesuch aus Taverny 95 96 Jugendwerk den Austausch durch die Übernahme der Fahrtkosten unterstützt. Melanie Pohlmann, Organisatorin auf Seiten des Canisianum, unterstrich, dass es Ziel dieses Austauschs sei, persönliche Kontakte zwischen den Jugendlichen und deren Familien zu vertiefen. Umfangreiche Begleitprogramme oder Ausflüge waren nicht vorgesehen. Allerdings fand ein Empfang durch die Stadt Lüdinghausen statt, während die Deutsch-Französische Gesellschaft zum Grillabend einlud. Als einen „Baustein zur europäischen Integration“ bezeichnete der stellvertretende Bürgermeister Jo Weiand den Schüleraustausch. Er dankte dem Canisianum für die vorbildliche Partnerschaftsarbeit. Ulrich Schweers betonte für die Cani-Schulleitung, dass der internationale Schüleraustausch mittlerweile ein erprobter und erfolgreicher Bestandteil des Schulprogramms sei. Mit Taverny und St. Lô in Frankreich sowie mit Schulen in England, Luxemburg, Polen und Schweden pflege die Schule inzwischen den Austausch. Die Freude über die Schul-Partnerschaft zwischen dem Cani und dem Lycée Jaques Prévert war auch Maria Edelbusch, der Vorsitzenden der Deutsch-Französischen Gesellschaft, anzusehen, schließlich handelte es sich jetzt um eine Premiere in dieser Form. WN Auch ein Kurzbesuch in Krakau gehörte zum Besuch der Caniaianer in der Partnerschule. Canisianer in Neisse Carolinum, Grazer Spitzen, Krakau und eine tolle Gastfreundschaft Vom 30. September bis zum 9. Oktober 2010 nahmen 13 Schülerinnen und Schüler aus den Jahrgangsstufen 10 und 11 des Gymnasiums Canisianum mit ihren Lehrern Sonja Eggersmann und Dr. Georg Schütz an dem jüngsten Austausch mit ihrer Partnerschule in Südwest-Polen teil. Am 30. September um 23 Uhr starteten wir unsere aufregende Reise am Busbahnhof in Lüdinghausen. Nach einer 13-stündigen Busfahrt kamen wir endlich um 12 Uhr des nächsten Tages in Nysa (Neisse) an. Nach der Aufteilung in die Familien hatten wir zunächst einmal Zeit, diese näher kennenzulernen und uns in unserem neuen Zuhause für die nächste Woche einzuquartieren. Natürlich war es ungewohnt dort, aber wir haben uns alle sofort wohl gefühlt. Die polnischen Familien waren ausgesprochen gastfreundlich und manchmal kam Partner und Freunde Partner und Freunde Fortsetzung von Seite 95 97 98 man sich nach den Mahlzeiten etwas gemästet vor, aber es war immer sehr lieb gemeint. Dann betraten wir für unseren ersten offiziellen Programmpunkt die Räumlichkeiten des Carolinum und damit unsere Austauschschule. Im Schießkeller des Gymnasiums, der für das am Carolinum stattfinden Unterrichtsfach „Wehrkunde“ und für AG.s genutzt wird, veranstalteten wir einen kleinen Schießwettbewerb mit Luftgewehren. Danach widmeten wir uns wieder unseren GastFamilien. Am nächsten Tag brachen wir zu einer Wanderung ins nahe Glatzer Gebirge auf, bestiegen den Gipfel „Szczeliniec“ und besuchten das „Felsenlabyrinth“, wo wir durch schmale Felsspalten kletterten und in wunderschöner Landschaft unter- wegs waren. Bei einem anschließenden gemeinsamen Mittagessen lernten wir dann ein typisch polnisches Gericht kennen, die Piroggen. Ähnlich wie Tortellini sind dies gefüllte Teigtaschen, die den meisten von uns sehr gut schmeckten. Am Sonntag stand dann ein individuelles Programm der Familien im Mittelpunkt. Dabei wurden verschiedene Freizeitaktivitäten angeboten, so dass einige Canisianer mit ihren Familien in die Kirche gingen, andere beim Angeln erfolgreich waren oder Tennis spielten. Auch trafen sich einige am Stausee von Nysa, bevor die meisten dann abends zum Bowlen zusammenkamen. Am Montag besuchten wir für zwei Stunden den Unterricht am Carolinum. Wir bekamen ein paar Fächer zur Auswahl und wurden freundlich in den Unterricht aufgenommen. Im EnglischUnterricht, den die polnischen Schüler bereits seit neun Jahren haben, stellten wir fest, dass sie mit dem Lernstoff trotzdem noch nicht so weit waren, wie wir es jetzt sind. Die Größe der Kurse in polnischen Schulen unterscheidet sich zum Teil stark von der unserer Lerngruppen, denn höchstens 25 Leute sind in einem Kurs möglich, danach wird geteilt. Nach dem Schulbesuch sollten wir eigentlich von der Bürgermeisterin der Stadt empfangen werden, da diese aber leider Terminprobleme hatte, begrüßte uns ein Vertreter des Amtes. Danach wurde uns eine Stadtrallye in deutschpolnischen Gruppen vorgestellt, welche die Kommunikation untereinander Partner und Freunde Partner und Freunde Fortsetzung von Seite 97 Links: An der Rampe Auschwitz-Birkenau. Mitte: Der Affenkopf als Teil der Glatzer Spitzen, dem höchsten Punkt des Glatzer Gebirges bei Neisse. Rechts: Auf Goethes Spuren: Die Reisegruppe auf den Glatzer Spitzen 99 Fortsetzung von Seite 99 Partner und Freunde Die barocke Aula des Carolinum. 100 stärken und uns deutschen Schülern helfen sollte, uns in der Stadt besser zurechtzufinden. Bei dieser Gelegenheit sahen wir zahlreiche Sehenswürdigkeiten und lernten auch Teile der Geschichte von Nysa kennen. Am Abend dieses Tages trafen wir uns zum gemeinsam Sport in der Sporthalle der Schule und veranstalteten kleine Volleyball- und Basketballturniere. Dabei spielten wir in gemischten Mannschaften, aber natürlich auch einmal Deutschland gegen Polen. Am Dienstag starteten wir zu einem Ausflug nach Auschwitz in der Nähe von Krakau. Dort haben wir eine mehrstündige Führung durch die KZ-Gedenkstätten von Auschwitz und AuschwitzBirkenau gemacht. Viele Dinge aus dem Geschichtsbuch konnten wir wiedererkennen, so auch das Schild mit dem zynischen Spruch „Arbeit macht frei“ über dem Haupteingang zum Stammlager, doch der Eindruck vor Ort war ein ganz Beim „Länderspiel“ in der Turnhalle des Carolinum. anderer als im heimatlichen Unterricht, denn jetzt man war selbst mittendrin und konnte viele Dinge besser nachvollziehen. Abends sind wir dann aber nicht zurück nach Nysa gefahren, sondern haben in sehr komfortablen und ausgezeichnet eingerichteten Zimmer im Dialogzentrum in Auschwitz übernachtet. Am nächsten Morgen fuhren wir dann weiter nach Krakau und besichtigten dort die Stadt mit einer Stadtführerin, die uns die wichtigsten Sehenswürdigkeiten zeigte. Die restliche Zeit bis zur vierstündigen Rückfahrt nach Nysa nutzten wir zum Shoppen und um die lebendige Stadt auf eigene Faust zu erkunden. Am Donnerstag lernten wir dann Breslau kennen. Dort haben wir uns zunächst ein großes Kunstwerk des 19. Jahrhunderts, das „Panorama Racławicka“, angesehen. Dieses Panoramabild zeigt den Sieg der polnischen Armee über die russische. Tadeusz Kościuszko und gehört zu den bekanntesten Sehenswürdigkeiten Breslaus. Bei der anschließenden Stadtführung haben wir dann noch viel über die deutsch-polnische Geschichte der Stadt Breslau erfahren, besonders anschaulich waren auch die großen Kirchen und die Dominsel. Am Freitag, dem letzten Tag, hatten wir kein offizielles Programm mehr, sondern gestalteten den Tag mit unseren Gastfamilien. Wir gingen mit den Familien Proviant für die Rückfahrt einkaufen, aßen noch zu Abend und fuhren dann um 19.30 Uhr zurück nach Lüdinghausen. Acht schöne Tage, in denen wir neue Freundschaften geknüpft, viel erlebt und interessante Eindrücke und Erfahrungen gesammelt hatten, lagen nun hinter uns und werden uns sicher sehr lange in guter Erinnerung bleiben. Bettina Kimmlinghoff, Julius Meinhardt, Jgst. 11 Partner und Freunde Die Jesuitenkirche Mariä Himmelfahrt in Neisse. 101 Jana Reckmann für sechs Monate in Polen Partner und Freunde Gast am Neisser Carolinum 102 Wie ein einziges Wirrwarr aus Zischlauten und gerolltem „r“ kam mir die polnische Sprache beim ersten Kontakt mit ihr vor. Ich wusste weder, was „Pierogi“ sind, noch, was ich mir unter „Barszcz“ vorstellen sollte. Ich hatte keine Ahnung davon, wo Neisse liegt und ahnte erst recht nicht, dass ich mich einmal für unser Nachbarland im Osten begeistern würde. Das war vor anderthalb Jahren, kurz bevor ich den letzten freien Platz für den Schüleraustausch mit unserer Partnerschule in Neisse, das im Südwesten Polens liegt, ergatterte. Vor der Fahrt hatte ich, wie fast alle, meine Bedenken: Wo werde ich wohnen? Wie wird es dort aussehen, in einem – mit Deutschland verglichen – relativ armen Land? Viel mehr als die Klischees der „Polenwitze“ war mir über dieses Land nicht bekannt und genau das machte den Austausch spannend für mich. Die Woche in Neisse war eine Woche voller schöner Eindrücke und Erfahrungen und als ich wieder zu Hause war, musste ich nur wenige Tage überlegen, um zu wissen, wo ich meinen Auslandsaufenthalt in der Jahrgangsstufe 11 verbringen wollte. Ich setzte mich mit einigen Leuten, die ich beim Austausch kennengelernt hatte, wieder in Verbin- Offenheit der Menschen, ihre Hilfsbereitschaft, ihre Herzlichkeit – alles Dinge, die mich nach dem Erlebnis des Schüleraustausches schon dazu bewogen hatten, mich für ein halbes Schuljahr in Neisse zu entscheiden. Vor allem aber war es das Gefühl, ein wenig „zu Hause” zu sein, auch wenn ich noch nie vorher in Polen gewesen war. Ein Gefühl, das einfach da ist, das man mit Worten nur schwer erklären kann. In meiner Zeit in Polen habe ich wie alle anderen Schüler, die aus meinem Jahrgang für ein halbes oder ein ganzes Jahr ins Ausland gehen, wertvolle Erfahrungen gesammelt. Ich musste viele Dinge alleine machen, für die mir zu Hause jemand zur Seite gestanden hätte: Entscheidungen alleine treffen, trotz der Sprachbarriere auf andere Menschen zugehen, mich an eine neue Umgebung anpassen. Was aber gerade Polen ausmacht, habe ich ebenfalls erfahren: Die Mentalität der Menschen, die mich die meiste Zeit über begeistert hat, die mich allerdings auch manchmal fast in den Wahnsinn treiben konnte, sodass ich das eine oder andere Mal doch die deutsche Ordnung und Pünktlichkeit herbeigesehnt habe. In Polen kam mir die Grundeinstellung der Menschen im Vergleich zu Deutschland anders vor. Es wird den ganzen Tag über geschimpft, und trotzdem, wenn man genau nachfragt, sind die meisten doch recht zufrieden: Es ist eben so, wie es ist! Wenn ich dann meinen Eltern in Deutschland einmal zwischendurch be- Partner und Freunde In einer Pizzeria in Neisse: (v. l.): Jola Zygon (Austauschorganisatorin 1996), KarlHeinz Kocar sowie die beiden aktuellen polnischen Austauschbetreuer Mieczyslaw (Mietek) Jaroszczyk und Krzysztof (Krzysiek) Rithaler. dung und organisierte eine Unterkunft für ein halbes Jahr bei einer Familie in Biala Nyska, einem Dorf sechs Kilometer von Neisse entfernt. Da das Liceum Carolinum seit mehr als 20 Jahren Partnerschule des Canisianum ist, gab es auch keine Probleme, dort als Gastschülerin einen Platz zu bekommen. Also fing ich an, Polnisch zu lernen, zuerst eigenständig, später im privaten Nachmittagsunterricht einmal in der Woche. Anfang September schließlich begann dann mit dem neuen Schuljahr der Unterricht in Neisse. Gleich zu Beginn musste ich erfahren, was es heißt, in einem anderen Land als Ausländerin zu leben: Am ersten Tag nach den Sommerferien ist es nämlich für die Schüler Tradition, schwarz und weiß gekleidet zur Schule zu kommen. Da mich niemand darüber informiert hatte (weil man davon ausgegangen war, in Deutschland sei es genauso), war ich an diesem Tag die einzige Person, die normal gekleidet zur Schule kam und damit sofort als Ausländerin erkennbar. Die ersten Wochen waren schwerer, als ich es vermutet hatte. Ich verstand im Unterricht kaum etwas, musste immer wieder nachfragen und fühlte mich häufig ein wenig verloren in einer völlig neuen Umgebung. Dazu kam die ständige Müdigkeit, bedingt durch viele neue Eindrücke und die Umstellung. Was es mir jedoch einfacher machte und mir half, fast ohne Heimweh die ganze Zeit über in Polen zu wohnen, waren die 103 104 richtete, was ich in der Woche gerade erlebt hatte, hörte ich oft: „Das ist ja wie in meiner Jugend!“ Und genau das ist mir auch häufig passiert: Ich habe mich irgendwie wie in eine andere Zeit zurückversetzt gefühlt. Vieles ist ein wenig altmodischer, disziplinierter, strenger. Und doch hat genau das für mich den Charme Polens ausgemacht: Die Mischung zwischen Gegenwart und Vergangenheit, alt und modern, diszipliniert und eigentlich völlig ordnungslos. Die meisten Dinge werden lockerer gesehen als in Deutschland, doch bei manchen Themen, wie zum Beispiel der Religion, gibt es kaum Diskussionsmöglichkeiten, da in dieser Hinsicht einfach eine sehr konservative Einstellung herrscht. Polen habe ich als ein Land erlebt, das den westeuropäischen Lebensstil zwar in starkem Maße aufnimmt und sich weiterentwickelt, das aber auch noch ziemlich tief in alten Traditionen und Verhaltensmustern steckt. Ich habe zu keiner Zeit bereut, mich bei der Suche nach einem Auslandsaufenthalt für Polen entschieden zu haben, auch wenn es eine außergewöhnliche Wahl war. Ich habe dort so etwas wie eine zweite Heimat gefunden, und außerdem habe ich die Herausforderung, dabei eine der schwierigsten Sprachen Europas zu lernen, angenommen und nicht schlecht gemeistert. Jana Reckmann, Jgst. 11 Austauschschülerinnen aus Australien, Neuseeland und Kanada waren im letzten Winter am Cani zu Gast. Sie wurden begrüßt vom stellvertretenden Schulleiter Ulrich Schweers (l.) und Dr. Uwe Carstens, dem Koordinator der Auslandskontakte. Austauschschülerinnen zu Gast Erster Schnee und neue Pläne „Ich möchte hier leben“, sagte die 17jährige Sara Foerg, was schon eine bemerkenswerte Aussage für eine Jugendliche ist, die selber in einem Land lebt, das die Sehnsüchte vieler Deutscher weckt. Sie stammt aus Neuseeland und war für drei Monate als Austauschschülerin am Canisianum. In dieser Zeit lebte sie in der Familie von Laura Fellermann aus der Jahrgangsstufe 10, die ihr bald einen Gegenbesuch abstatten wird. Saras Liebe zu Deutschland kommt nicht von ungefähr: „Ich bin in München geboren.“ Zeitgleich mit ihr waren Ana Melissa Ramos Becerra aus Kanada und Melinda Williams aus Australien am Cani. Die 16-jährige Melinda stammt aus einer kleinen Stadt nahe Brisbane und hat im Dezember 2010 in Lüdinghausen ihren ersten Schnee erlebt. „Das gefällt mir“, sagte sie und lächelte dabei ihre Gastgeberin Sophia Altenbockum an. Der 15-jährigen Kanadierin Ana ist dagegen aufgefallen, dass die Menschen in Deutschland zurückhaltender sind als die in ihrer Heimat. Sie stammt aus dem französisch-sprachigen Québec im Südosten Kanadas. Ihre Gastgeberin Rebecca Küter startete im Februar dieses Jahres zum Gegenbesuch und war im Vorfeld schon sehr gespannt auf den Winter dort. Sophia Altenbockum hingegen hat ihren Auslandsaufenthalt in Australien bereits hinter sich. „Die drei Gastschülerinnen nehmen am normalen Unterricht teil“, erklärte der stellvertretende Schulleiter Ulrich Schweers. Allerdings sei auf sie ein Fächer-Kanon individuell zugeschnitten worden. Das Canisianum beteiligt sich schon seit 20 Jahren am Austauschprogramm der Bezirksregierung, erläuterte Dr. Uwe Carstens, Koordinator der Auslandskontakte an der Schule. Insgesamt pflege das Cani Austausch-Kontakte in etwa 40 Staaten weltweit, denn – und da sind sich Ulrich Schweers und Uwe Carstens völlig einig – der Austausch sei eine wichtige Erfahrung für die Jugendlichen und „unverzichtbarer Bestandteil der Persönlichkeitsentwicklung“. WN Partner und Freunde Partner und Freunde Fortsetzung von Seite 99 105 Canisianer besuchten Austauschschule in Norrköping 106 Das schwedische Norrköping in Öster götland südlich von Stockholm war Mitte Dezember letzten Jahres das Ziel von zehn Teilnehmern der SchwedischAG am Canisianum. Die Schülergruppe unter der Leitung ihres Schwedischlehrers Dr. Uwe Carstens wurde von den Deutschlehrerinnen Paula Jansson und Anna Nilsson und ihren Schülern vom Haga-Gymnasium am Flughafen Skavsta im eiskalten Schweden überaus warm und herzlich empfangen. Ein buntes Programm erwartete die deutschen Gäste bei diesem bereits zum fünften Mal durchgeführten Austauschprogramm der beiden Schulen: Neben dem Eintauchen in das schwedische Familienleben mit weihnachtlichen Vorbereitungen und Wintersport stand die Begegnung mit dem schwedischen Schulleben im Vordergrund, wobei der partnerschaftliche Umgang zwischen Schülern und Lehrern, das vielfältige Kursangebot und die gute Ausstattung der Schule die deutschen Gäste beeindruckten. Interessante Tage verbrachten die Gäste aus Lüdinghausen mit den Gastgebern aus Norrköpping in Schweden. Unten rechts: Zu den Höhepunkten des Besuchs zählte auch die Luciafeier an der Schule einschließlich Weihnachtsessen. Höhepunkte waren neben der gemeinsamen Weihnachtsfeier, zu der auch Mitarbeiter der Tageszeitung „Norrköpings Tidning“ zum Interview kamen, die Fahrt nach Stockholm und die Luciafeier in der Pausenhalle der Schule. Bei diesem Auftritt zog die Lichterkönigin, selbst eine Austauschschülerin, mit ihrem Kerzenkranz und einem weißgewandeten Gefolge ein und war damit der Auftakt für ein musikalisches Adventsprogramm, das die 550 Schüler und Lehrer auf Weihnachten einstimmte. Nach einer Woche kehrte die Gruppe wieder ins ebenfalls verschneite Münsterland zurück. Bis zum Gegenbesuch der Schweden im bevorstehenden Mai bleibt noch Zeit, viel Schwedisch dazuzulernen, so dass die Verständigung dann noch besser möglich sein wird: Freundschaften und Kontakte sind ja schon geknüpft und können dann vertieft werden. WN Partner und Freunde Partner und Freunde Herzlicher Empfang im eiskalten Schweden 107 6er-Schüler im Bibeldorf Rietberg Nächster Besuch soll privat geplant werden Partner und Freunde Cani-Schüler genossen die britische Insel 108 Eine Woche in der englischen Stadt Birmingham verbrachten Ende September letzten Jahres zwölf Schülerinnen und Schüler sowie die beiden Englischlehrerinnen Antje Appel und Olga Tränkle in einem Austauschprojekt. Dort hatten sich Schüler und Lehrer des Barr Beacon Language Colleges, die das Cani zuvor im Juni 2010 besucht hatten, dazu bereit erklärt, die Lüdinghauser in ihre Familien aufzunehmen, so dass Essgewohnheiten oder andere kulturelle Unterschiede aus nächster Nähe erlebt werden konnten. Gleichzeitig bot sich auch die Möglichkeit, die eigenen Englischkenntnisse zu verbessern. Über diese Chance freuten sich besonders die begleitenden Lehrerinnen, da die Zahl der Deutsch lernenden Engländer nicht so groß ist und Austauschaktivitäten daher nicht immer leicht zu organisieren sind. Zweimal besuchten die Canisianer während ihres Aufenthaltes die dortige Schule, in der sie hautnah Besonderheiten wie die Schuluniform oder die „Lunchtime“ kennenlernten. Außerdem machten sie Tagesausflüge nach Bristol, einer Hafenstadt im Südwesten Englands, nach Weston-Super-Mare, das an der Küste liegt, und in die Innenstadt Birminghams, in der sich ein riesiges Einkaufszentrum, die „Bullring Mall“, befindet. Die restliche Zeit verbrachten die Gäste mit ihren englischen Austausch- partnern. So gingen sie zum Beispiel zusammen Schlittschuhlaufen, trafen sich zum Barbecue oder besuchten diverse Parks. Alles in allem war dieser Austausch für alle eine sehr wertvolle Erfahrung, da man unterschiedliche Lebensstandards hautnah miterleben konnte. Die Canisianer hoffen sehr, dass der nach England geknüpfte Kontakt bestehen bleibt, denn dort wurden viele neue Freunde gefunden. Ein privater, also nicht mehr über die Schule organisierter Besuch im Winter 2010/11 oder im jetzigen Frühjahr war daher schnell in Planung. WN Im Nomadenzelt Wir – die Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 6 – waren am 27. April 2010 in Begleitung von Herrn Brüggenolte, Herrn Thoden und Frau Imholz im Bibeldorf in Rietberg. Dafür trafen wir uns um 8 Uhr am Busbahnhof Lüdinghausen. Als die Busse mit ein bisschen Verspätung eintrafen, wurden wir von den Busfahrern freundlich begrüßt. Mit Proviant in den Taschen starteten wir schließlich gutgelaunt unsere Fahrt nach Rietberg südlich von Gütersloh, wobei wir die unterschiedlichsten Erwartungen hatten. Nach ca. einer Stunde Fahrt trafen wir endlich in Rietberg ein. Die ersten Eindrücke waren sehr künstlerisch, denn dort, wo wir hinkamen, begegneten uns Skulpturen, hergestellt aus AlltagsGegenständen. Schon auf den ersten Blick konnte man erkennen, wie das Bibeldorf zu seinem Namen kam, denn das Museum ist tatsächlich wie ein Dorf aufgebaut. Im Bibeldorf selber freuten wir uns über den herzlichen Empfang. Dann wurden wir in verschiedene Gruppen aufgeteilt und erledigten Aufgaben, welche die Bürger vor 2000 Jahren ausführen mussten, um zu überleben – wie zum Beispiel Holz schnitzen, Seile flechten und Mehl bzw. Brot backen. Das selbst gebackene Brot aßen wir zu Mittag Partner und Freunde Eine spannende Woche in Birmingham erlebte eine Schülergruppe des Cani mit den Gastgebern des Barr Beacon Language College. 109 110 in einer Holzhütte wie vor 2000 Jahren und tranken Wasser dazu. Nachdem wir gegessen hatten, besuchten wir mit vollem Magen ein Zelt der Nomaden. Es bestand aus Schaffell und Holz. Die Nomaden als Völker, die mit ihren Herden von einem Ort zum anderen zogen, bauten ihre Zelte so, dass kein Wasser durchkommen konnte und dafür ist ein Schaffell perfekt geeignet. In einem kleinen Zimmer war Platz für die Familie, das andere große Zimmer war für Gäste reserviert, da Nomaden sehr gastfreundlich waren. Anschließend versammelten wir uns in einem großen Ausstellungsraum. Dort stand ein riesiges Modell von Israel. Ein netter Herr erläuterte uns die erstaunliche Geographie Israels. Zuletzt zog es uns noch einmal zu den faszinierenden Skulpturen vom Anfang zurück. Während wir nun unsere mitgebrachten Snacks aßen, entstand das eine oder andere interessante Foto. Dann mussten wir uns leider wieder verabschieden, denn der Bus wartete schon. Um 20 Uhr waren wir dann wieder am Busbahnhof Lüdinghausen, wo uns unsere Eltern abholten. Zufrieden und gutgelaunt fuhren wir nach Hause. Insgesamt fanden alle den Ausflug sehr schön. Die Autoren dieses Textes würden das Bibeldorf Riedberg auch jederzeit weiterempfehlen. Lukas Wiedey und Lukas Ortmann, Kl. 7c Zwölf Jugendliche aus Walsall besuchten das Canisianum im Frühsommer 2010. Begleitet werden sie von ihren beiden Lehrern Claudia Caldarella (l.) und Joe Roberts (5.v.l.) Neue Partnerschule in England Junge Briten besuchen das Cani „Endlich“, so formulierte es Schulleiter Hartmut Stutznäcker im Juni letzten Jahres fast erleichtert. Endlich habe das Canisianum wieder eine Partnerschule in England gefunden. Jahrelang sei das Insel-Königreich für schulische Kontakte nahezu ausgebucht gewesen. Mit den zwölf Mädchen und Jungen des Barr Beacon Language College in Walsall, einer Industriestadt nahe Birmingham, seien erstmals nach vielen Jahren Unterbrechung wieder englische Schüler zu Gast am Cani. Gemeinsam mit ihren Lehrern Claudia Caldarella und Joe Roberts verbrachten die Jugendlichen eine Woche in Lüdinghausen. Sie waren in Gastfamilien untergebracht und besuchten den Unterricht der Neuntklässler. Die beiden Cani-Englischlehrerinnen Antje Appel und Olga Tränkle organisierten die Betreuung der Gäste und legten natürlich auch Wert darauf, dass außerschulische Aktionen das Programm bereicherten. So wurden zum Beispiel Ausflüge nach Köln und Münster absol- viert, ohne dass Lüdinghausen und sein Umfeld dabei zu kurz kamen. Der Kontakt mit den Engländern soll intensiviert werden. Für den Herbst wurde ein Gegenbesuch von Canisianern am Barr Beacon College geplant. Die englischen Schüler lernen dort seit zwei Jahren Deutsch. Da die Schule einen Sprachenschwerpunkt eingerichtet hat, werden neben Deutsch auch Spanisch, Italienisch und Französisch unterrichtet. WN Partner und Freunde Partner und Freunde Fortsetzung von Seite 109 111 Besuch aus Martinsville Partner und Freunde Lauren Schuster (l.) mit ihrer Leibspeise – der Käselaugenstange – und ihrer Gastgeberin Anna Storck 112 Es war im Jahr 1854, als Lauren Schusters Vorfahren Deutschland verließen und nach einer langen Reise über den Atlantik im Land der unbegrenzten Möglichkeiten ankamen. 156 Jahre später erinnert nur noch Laurens Nachname an die deutschen Wurzeln. Ansonsten ist sie eine waschechte Amerikanerin. Für zehn Tage kam sie dann im letzten Juni nach Europa, „um zu sehen, wo die eigene Familie herkommt“. Die 18-Jährige lebt im 7000-Kilometer entfernten Martinsville, deren High School seit nunmehr 20 Jahren im engen Kontakt mit dem Canisianum steht. Neben dreiwöchigen gegenseitigen Austauschen bieten die Partnerschulen auch individuelle Aufenthalte unterschiedlicher Länge an. Einer der „VIP.s“, wie der für Austausche zuständige Lehrer Dr. Uwe Carstens die Einzelreisenden gerne nennt, ist Lauren. Da ihre Deutschkenntnisse noch überschaubar sind, bot sich die Unterkunft bei Anna Storck an. Die Elftklässlerin war selbst ein halbes Jahr in den USA und findet „die Persönlichkeit der Amerikaner sehr interessant.“ „Außerdem wollte ich immer schon jemanden aufnehmen. Zehn Tage sind dafür eine geeignete erste Erfahrung“, meinte Anna. Eineinhalb Wochen hatte Annas Familie dann Zeit, Lauren das Land ihrer Vorfahren näherzubringen. Natürlich gehörten die lokalen Sehenswürdigkeiten wie die beiden Burgen in Lüdinghausen und das Schloss Nordkirchen zum Ausflugsprogramm. Auch das münsterische Hafenfest erkundeten die beiden Schülerinnen. Eine Sache durfte in Tagen kollektiven Fanjubels allerdings nicht fehlen: der Fußball. Während in Amerika Fußball nur eine Randsportart ist, erlebte Lauren hier beim großen Fernsehabend die deutsche Begeisterung für den Ballsport. Mit Kappe, einer Hawaii-Kette und T- Shirt in den Nationalfarben wurde die Amerikanerin, die mit Fußball eigentlich nichts am Hut hat, ein eingefleischter Fan. Sie sei aber nur während des Austausches Deutschland-Fan gewesen, betonte Lauren. Normalerweise schlage ihr Herz doch eher für das Heimatland. Zwischen Fußball-Begeisterung und alten Gemäuern hatte es der Amerikanerin vor allem eins angetan: das deutsche Brot. In den Vereinigten Staaten ist die Brotauswahl in der Regel nur auf Weißbrot beschränkt. Beim Weltmeister der Brotsorten ist dies schon ganz anders. „Lauren stand immer an der Theke der Cafeteria und bestellte eine Käselaugenstange“, verriet Anna. Als gestandener Amerikanerin fehlte ihr dann allerdings die Erdnussbutter. Was die 18-Jährige aus dem Bundesstaat Indiana sonst noch alles in Lüdinghausen erlebte, lässt sich nur erahnen. Ihr deutsches Lieblingswort lautete „Prost“. WN Partner und Freunde Jeden Morgen Anstehen für die Käselaugenstange 113 Die Kennenlernfahrt der Klasse 5b nach Hinsbeck 114 Am 15.11.2010 ging sie endlich los – unsere Klassenfahrt nach Hinsbeck im Kreis Viersen und fast in Sichtweite der holländischen Grenze. Nach einer zweieinhalbstündigen Fahrt kamen wir und die Parallelklasse 5c, die uns begleitete, voller Aufregung vor dem Feriendorf an. Unsere Begleiter Frau Dorprigter und Herr Meischen zeigten uns unsere kleinen Häuser, in denen wir zu acht oder neunt die nächsten zwei Tage wohnen sollten. Als nun die Betten bezogen und alles eingerichtet war, teilte Frau Dorprigter uns in zwei Gruppen ein. Die erste Klassenhälfte besuchte den Abenteuer-Team-Parcour, während die zweite mit unseren Paten Pia, Jenny, Johanna und Maria eine Feriendorf-Rallye startete. Die Schwierigkeit bei dem Team-Parcours bestand darin, dass wir verschiedene Aufgaben – wie z. B. eine große Wippe in der Schwebe zu halten – nur schaffen konnten, wenn nicht jeder auf eigene Faust handelte, sondern alle gemeinsam. Wie man sich denken kann, dauerte es bei einigen Aufgaben ganz schön lange, bis wir erfolgreich waren. Wenig später gab es Abendessen und anschließend ging es in die nahe Sporthalle, wo wir Fußball spielten oder auf Matten gewagte Sprungübungen ausprobierten. Um 20.30 Uhr spielte die ganze Klasse „Wetten, dass ...?“ Dieses Spiel hatten unsere Paten so vorbereitet, dass es allen Spaß machte. Um 22.00 Uhr waren wir in unseren Häusern und machten uns bettfertig. Am nächsten Morgen gab es ein leckeres Frühstück und unser Mit- schüler Noah hatte Geburtstag, so dass wir ihm ein Ständchen sangen. Anschließend hatten wir eine halbe Stunde Pause, bevor es zum Schwimmen oder in die Sporthalle ging. Nach dem Mittagessen brachen wir dann zu einer Wanderung in den angrenzenden Wald auf. Obwohl es ziemlich nebelig war, fanden wir mühelos den gesuchten Brandaussichtsturm, den wir sofort bestiegen. Bei klarer Sicht hätte man sicher den ganzen Wald überblicken können, so aber machten wir nur ein schönes Klassenfoto. Wenig später entdeckten die Paten eine Waldlichtung, wo wir dann „Stratego“ spielten. Wieder zurück im Feriendorf, waren wir alle sehr erschöpft. Als dann aber eine Stunde nach dem Abendessen die Disco begann, war die Müdigkeit wieder verflogen. Ein Großteil der Klasse tanzte begeistert im Schwarzlicht und zu der Musik, die die Paten unserer Parallelklasse als DJ.s auflegten. Leider endete die Disco aber gegen 22.00 Uhr und wir mussten uns in die Häuser zur Nachtruhe begeben. Am nächsten Morgen holten uns unsere Lehrer sehr früh aus den Betten, denn die Abreise stand bevor. Traurig packten wir unsere Taschen und bald nach dem Frühstück lag unser Gepäck auch schon wieder im Bus. Nach einer zweistündigen Rückfahrt (dieses Mal ohne Stau) kamen wir am Busbahnhof Lüdinghausen an, wo unsere Eltern schon sehnsüchtig auf uns warteten. Die Klassenfahrt hat uns gut gefallen und wird immer ein schönes Erlebnis bleiben. Sarah Potthoff und Doreen Brune Reisen und Lernen Reisen und Lernen Let’s go and have fun 115 Über die Studienmöglichkeiten in Canterbury informierten sich diese Schüler des Gymnasiums Canisianum vor Ort. Canisianer in Canterbury 116 Eine Gruppe von 17 Schülerinnen und Schülern der Jahrgangsstufen 12 und 13 nahm Ende November 2010 an einem Workshop der Universität von Kent in Canterbury mit dem Thema „Studienmöglichkeiten in Großbritannien“ teil. Der bereits zweite Workshop dieser Art wurde organisiert von Stephanie Green und Naomi Ingram vom Büro für ausländische Studenten der Universität in Zusammenarbeit mit Dr. Uwe Carstens, Studien- und Berufskoordinator für die Oberstufe am Canisianum. Zur Universität von Kent bestehen schon seit längerer Zeit Kontakte, da hier die Canisianerin Leonie Wiedom Psychologie bis zum Bachelor-Examen studiert hat. Leonie Wiedom vermittelte auch den ersten Kontakt zur Universität und betreute die Besuchergruppe im Jahre 2009. Die Schülerinnen und Schüler der aktuellen Fahrt waren nicht nur von der Lage des Campus über der mittelalterlichen Stadt und mit Blick auf die alles überragende Kathedrale von Canterbury beeindruckt, sondern auch von der Vielfalt der Studienangebote. Darüber hinaus bieten sich aber auch zahlreiche Möglichkeiten, die Freizeit zu gestalten, und zwar nach dem Motto: „Work hard, play hard.“ Die Betreuung der Studenten scheint sehr effizient und intensiv zu sein: Auslandsaufenthalte sind in vielen Studiengängen eine Selbstverständlichkeit. So unterhält die Universität Dependancen in Paris und Brüssel. Gastvorlesungen, Präsentationen und eine Campusführung vervollständigten die Eindrücke, die durch einen Besuch des Hauptgottesdienstes am Sonntag in der Kathedrale und eine Stadtbesichtigung abgerundet wurden. Canterbury ist also nicht nur für die jährlich fünf Millionen Touristen ein Magnet, sondern auch für potentielle Studienanfänger, die das Stadtleben mitprägen, da sie die Hälfte der Bevölkerung ausmachen. WN Reisen und Lernen Reisen und Lernen Begeistert von Studienangeboten 117 Klassenfahrt der Sechser-Klassen nach Haren/Ems Reisen und Lernen Die Kunst der Selbstverpflegung 118 Am Montag, dem 04.10.2010, versammelten wir – die Klassen 6a, 6b und 6c – uns am Busbahnhof von Lüdinghausen, um nach Dankern bei Haren an der Ems zu fahren. Wir wurden von unseren Klassenlehrern Frau Hantel, Frau Schweers und Herrn Horn sowie Frau Vehof und Herrn Temme begleitet. Im Bus herrschte eine recht gute Stimmung, da fröhliche Lieder gesungen wurden. Bei der Ankunft wurde unsere gute Laune allerdings ein wenig getrübt, da wir mit unseren Koffern erst einmal etwa drei Kilometer durch den Freizeitpark Schloss Dankern laufen mussten. Doch schließlich fanden wir die kleinen Blockhäuser, in denen wir untergebracht werden sollten. Beim Einzug stellten wir dann schnell fest, dass die Betonung nicht auf „Häuser“ lag, sondern auf „klein“. Wir waren zu fünft oder sechst in diesen Hütten untergebracht. Dabei mussten wir in diesen Gruppen zusammen kochen und spülen. Dadurch gab es natürlich nur leckeres Essen und wir lernten viel, zum Beispiel dass Nudeln, die aus dem Topf herausgucken, nicht so schnell gar werden wie die, die im Wasser schwimmen. Sogar den Lehrern, die abwechselnd von den Gruppen eingeladen und besonders mit Büfett oder Schokoladenfondue verwöhnt wurden, schmeckte es gut. Abends saßen oder spielten wir draußen zusammen auf dem Vorplatz der Blockhütten. Am ersten Nachmittag Maren Langanke, Kl. 6c Reisen und Lernen Die Klassen 6a, 6b und 6c fuhren nach Dankern bei Haren an der Ems. wurden die Gegend und der Freizeitpark erkundet und es konnte zum ersten Mal eingekauft werden. Bei der Erkundung rund um die Blockhütten wurde ein Spielplatz gefunden, auf dem wir dann den restlichen Nachmittag verbrachten. Am nächsten Tag trafen wir uns schon um 9.00 Uhr in der Frühe, um nach Papenburg zur Meyerwerft aufzubrechen. Dort sahen wir riesige Schiffe im Dock und erfuhren viel über die Vergangenheit der Werft. In einem Film, an Modellen verschiedener Kreuzfahrtschiffe und einer Luxuskabine erklärte uns unter anderem der Opa eines Mitschülers aus der Klasse 6b Unterschiede zwischen den Schiffen, dass sie bis zu 4.000 Passagiere beherbergen können und wie schwierig es ist, diese Ozeanriesen auf der kleinen und schmalen Ems zur Nordsee zu befördern. Dafür müssen Brücken verschoben und die Ems aufgestaut werden. Danach fuhren wir noch in den Ort Papenburg weiter und erkundeten auf eigene Faust zwei Stunden lang die Innenstadt. Am Mittwoch wurde uns kein Programm vorgegeben, doch wir konnten mittags mit einigen Lehrern schwimmen gehen. Am Donnerstag hatten wir dann bis 10 Uhr Zeit, unsere Hütten zu räumen. Auch wurden die Sieger des Koch-Wettbewerbs und des AufräumWettbewerbs gekürt. Alles in allem hat uns die Fahrt sehr gut gefallen und wir fanden es auch gut, dass wir kein so straffes Programm hatten. 119 Die Klasse 7a auf Wochenendtour Reisen und Lernen London als schimmerndes Lichtermeer 120 Unsere Londonfahrt im März 2010 war ein voller Erfolg. Es begann damit, dass wir am Freitagmorgen gegen 6 Uhr in Lüdinghausen abfuhren. Die Fahrt war schon deshalb nicht langweilig, weil alle Kinder viel Spaß an Zeitschriften, Unterhaltungen und Spielen hatten (wenn sie nicht gerade schliefen). Gegen 15 Uhr, als die meisten bereits ausgeschlafen hatten, rollte der Bus mit einer erwartungsfrohen Klasse 7a in Calais ein, um von dort mit der Kanalfähre nach Dover überzusetzen, wo wir die für Londonfahrten so typischen und wirklich gigantischen „White Cliffs of Dover“ bestaunten. Doch zunächst fuhren wir mit dem Bus in den Laderaum des Schiffes und konnten anschließend über lange Treppen an Deck gehen. Dort befanden sich zahlreiche Läden wie eine Boutique, ein Süßwarenladen, Casinos und ein etwas teures Café, was uns bereits einen kleinen Vorgeschmack auf das Wochenende vermittelte, da viele der Artikel bereits sehr typisch für England waren. Die See blieb ruhig und dennoch war es für viele Kinder, die noch nie auf einem Schiff waren, ein sehr abwechslungsreiches Abenteuer, das ca. zwei Stunden dauerte. Die einen vergnügten sich bei „Tom und Jerry“, die anderen hielten sich an Deck auf und ließen sich Reisen und Lernen Eugen Haug / pixelio.de vom kühlen Wind erfrischen. Dabei wurden wir gelegentlich nass, weil die Gischt ziemlich hoch spritzte. Als der Bus mit uns vom Schiff fuhr und die Kontrollzone passiert war, verlief die Weiterfahrt ziemlich ruhig. Nach der Ankunft in London, die uns nach dieser langen Fahrzeit wie eine Erlösung vorkam, brachte der Bus das Gepäck zum „Lord‘s Hotel“ und die Klasse machte einen Rundgang durch die weltberühmte Ausstellung der Wachsfiguren bei Madame Tussaud’s. Dort konnten unter anderem Angela Merkel, Ghandi, James Bond und Indiana Jones aus Wachs besichtigt werden. Und für die, die eine Gänsehaut lieben, wurden in der „Chamber of Horrors“ einige altertümliche Foltermethoden gezeigt. Die Wachs figuren waren derart gut gemacht, dass man sie kaum von echten Menschen unterscheiden konnte. Dies führte in der „Chamber of Horrors life“, wo einige Wachsfiguren durch Schauspieler ersetzt worden waren, zu lauten Schreien. So wurde eine Gruppe von einer blutverschmierten Gestalt attackiert. Danach folgte eine Reise durch die englische Geschichte, bei der z. B. die Pestepidemie ebenfalls eine Gänsehaut verursachen konnte. Nach diesem Ereignis kehrte die Klasse (zum Glück vollzählig) zum „Lord’s Hotel“ zurück. Nachdem wir die Zimmer verteilt und bezogen hatten, wurde uns ein Einblick in die Geschichte der großartigen engli- 121 London Walk: Bayswater und Piccadilly Circus 122 Schloss gehörte, in dem einst Lady Diana gewohnt hatte. Wir mussten an Bord der von uns genutzten Routemaster-Busse mit den „Conductern“ (also den Schaffnern) Englisch sprechen. Die Route führte uns quer durch London am Trafalgar Square und der St. Paul’s Cathedral entlang bis zum London Eye. Dort nutzten wir und einige andere Gruppen die noch zur Verfügung stehende Zeit für eine Fahrt auf diesem Londoner Riesenrad. Das Wetter war großartig und der Himmel klar, sodass wir einen tollen Blick auf Big Ben, das Parlamentsgebäude und die Altstadt von London genießen konnten. Wir machten eine Rast in der Krypta der St. Paul’s Cathedral, die zu einem Café umgebaut worden war und konnten so zu der geforderten Unterschrift einer Londonerin für die Stadtrallye kommen. Gegen 18 Uhr trafen wir uns mit den anderen Gruppen am Tower of London. Dort wurde nach einigen Informatio- nen zum Tower und seinen Bewohnern (z. B. Heinrich VIII. und seinen sechs Frauen), die sehr lehrreich waren, die Klasse in zwei Gruppen aufgeteilt, wobei wir uns entscheiden konnten, wie wir den Abend in London gestalten wollten. Bei dem von uns gewählten Spaziergang über die London Bridge konnten wir London, dank der fachkundigen Leitung von Frau Klaholz, als ein bei Nacht wunderbar schimmerndes Lichtermeer erkennen. Das war für uns einer der Höhepunkte der Reise, da er eine völlig neue Seite von London zeigte, die uns bei Tag verborgen geblieben war. Dies war ein unvergessliches Erlebnis. Anschließend konnten wir noch mit den Eltern die in der Nähe liegende „Shopping-Meile“ besuchen und uns für den darauf folgenden Tag mit Lebensmitteln eindecken und stärken. Am Sonntagmorgen reisten wir dann bereits um 8 Uhr ab. Als gegen 10 Uhr die Fähre erreicht wurde, herrschte ungefähr Windstärke 6-7, was bei einigen „Landratten“ zu Übelkeit führen sollte. Ansonsten verlief die Rückfahrt problemlos, obwohl einige Schüler die Nacht durchgemacht hatten und lange Zeit nicht wach zu bekommen waren. Der Bus erreichte gegen 19.30 mit einer müden, aber um eine sehr interessante Erfahrung reicheren Klasse 7a in Lüdinghausen den Busbahnhof. So endete unsere Londonfahrt, die allen Beteiligten, trotz enormer Anstrengung, großen Spaß bereitet hatte. Ermöglicht hatte das unser London-Reisender und Englischlehrer Herr Dr. Carstens in Kooperation mit Herrn Sockoll und Frau Klaholz, welchen wir auch im Namen der Klasse und im Namen unserer Eltern ganz herzlich für die gute Organisation und Durchführung danken möchten. Tobias Niehues und Lukas Engelkamp Reisen und Lernen Reisen und Lernen Fortsetzung von Seite 121 schen Hauptstadt in Form eines Stadtrundganges unter der Leitung unseres Lehrers Dr. Carstens zuteil. Dabei sahen wir unter anderem die Mews, umgebaute Stallungen, in denen, als die Kutsche noch das einzige Transportmittel war, die Pferde untergebracht wurden. Alles in allem war es eine schöne Einführung in unser spannendes Wochenende. Anschließend nutzten die Eltern, die Lust dazu hatten, die Gelegenheit, einen echten englischen Pub zu besuchen. Nach einer ausgiebigen Mütze Schlaf und einem etwas dürftigen Frühstück, das allerdings den englischen Charme besaß, konnte der sich anschließende Samstag mit einer Stadtrallye von uns in Angriff genommen werden. Diese führte die vorher festgelegten Gruppen an Orten vorbei, von denen aus man die englische Geschichte verfolgen konnte. Sie begann für unsere Gruppe mit einem Spaziergang durch den Kensington Garden, zu dem ein prachtvolles 123 Die Stimmung war auch auf der Rückfahrt aus Frankreich noch gut. Cani-Schüler beeindruckt von Burgund-Erlebnissen Reisen und Lernen Den Schülern eine Welt zeigen – das ist ein Leitmotiv unserer Schule. Dafür ist Taizé ein ideales Ziel, denn Taizé steht für eine ökumenische Brüdergemeinschaft in Burgund/ Frankreich, die seit über sechzig Jahren besteht und seit über vierzig Jahren Jugendliche aus aller Welt einlädt. 124 Angestoßen wurde die Fahrt der CaniSchüler nach Taizé von einer Schülerin, die selbst bereits in Taizé war und im Unterricht ein Taizé-Kreuz trug. Darauf angesprochen, meinte sie, dass es schade wäre, dass wir mit unserer Schule nicht nach Taizé fahren könnten. Eigentlich würde so eine Fahrt perfekt zu einer christlich orientierten Schule passen. Und so vereinbarten wir, dass die Schülerin das Interesse bei den Schülern ausloten würde und ich mich um die Zustimmung in der Lehrerschaft und bei der Schulleitung bemühe. Beides gelang: Bei den Schülern fanden sich über dreißig Interessenten, die Lehrerkonferenz stimmte zu, die Schulleitung unterstützte das Vorhaben nach Kräften und es meldete sich spontan eine Lehrerin, die die Fahrt begleiten wollte. Man kann sich natürlich fragen, warum eine Schule eine solche Fahrt unternimmt, wenn die örtlichen Gemeinden ähnliche Fahrten anbieten. Als Schule erreicht man allerdings noch andere Jugendliche, die bisweilen kirchenfern sind und mit den Gemeinden nicht mehr so viel zu tun haben. Die beiden christlichen Gemeinden wurden allerdings angesprochen und unterstützten uns ebenfalls: So kam zum Beispiel Pfar- rer Dr. Kösters von der Evangelischen Kirchengemeinde Lüdinghausen zur Informationsveranstaltung und berichtete von seinen Erfahrungen mit Taizé. Das Leben in Taizé ist sehr einfach: Pro Tag sind für jeden Teilnehmer aus Deutschland fünf bis acht Euro zu entrichten. Teilnehmer aus ärmeren Ländern zahlen weniger und werden von den reicheren unterstützt. Der Betrag reicht dann kostendeckend für die Unterkunft und die Versorgung. Ein kleines Wunder, das sich damit erklärt, dass in Taizé kein einziger Angestellter arbeitet – alle Arbeiten wie Kochen für über 1000 Menschen, Reinigung der sanitären Anlagen, Begrüßung der Ankommenden, Entsorgung des Mülls, Kinderbetreuung, Verkauf im Kiosk, kleinere Instandsetzungsarbeiten und vieles mehr wird von den Teilnehmern des Jugendtreffens selbst erledigt. Die Unterbringung erfolgt in engen Baracken oder Zelten. Das Essen wird unter freiem Himmel eingenommen, das einzige Besteck besteht aus einem großen Löffel, so dass das Frühstück – bestehend aus einem kleinen Stück Butter, einem Stück Baguette und zwei kleinen Stangen Schokolade – Fragen aufwirft. Wer vor 20 Jahren Taizé besucht hat, weiß aber, dass das damalige „Taizé classics“ noch ein wenig einfacher war: Warmes Wasser gab es noch nicht und die Toiletten bestanden aus zwei Trittflächen mit Loch, was bei vielen nicht selten einen hygienischen Ausnahmezustand verursachte. Es meldeten sich schließlich 18 Schüler der Jahrgangsstufen 10 und 11 Reisen und Lernen TAIZÉ – Inspirationsquelle für eine christliche Schule 125 126 an, die sich von all dem nicht abschrecken ließen. Am Samstagmorgen, den 20.März 2010, ging es dann um 7.00 Uhr ab Bahnhof Lüdinghausen los. In Düren stieg noch eine andere Gruppe dazu: Elf Schülerinnen der Jahrgangsstufe 12 der privaten St. Angela-Schule, einem katholischen Gymnasium für Mädchen, begleitet von zwei Lehrern. Anfangs erschien diese Gruppe den meisten unserer Schüler natürlich noch fremd, auf der Rückfahrt mit derselben Gruppe gab es dann rührende Abschiedsszenen. Eigentlich beginnt die Woche in Taizé für die jugendlichen Pilger am Sonntag und so hingen wir nach der Ankunft am Samstag ein wenig in der Luft. Die Unterkunft, die man dann am Samstagabend bekommt, muss man am Sonntagmorgen sofort wieder räumen. Aber die Canisianer hatten sich schnell eingefunden und übernahmen bald notwendige Aufgaben wie z. B. die Begrüßung weiterer ankommender Gruppen. Unser Schülersprecher, Niko Gernitz, hatte in kurzer Zeit die Or ganisationsstruktur durchschaut und schaffte es, dass die Wünsche der Teilnehmer unserer Gruppe so weit wie möglich berücksichtigt wurden. Vor der Fahrt hatten wir noch einige Bedenken, ob das Wetter mitspielen würde. Eine Woche zuvor hatte es noch geschneit und aus Taizé kam die Bitte, dass wir eigene Zelte mitbringen sollten, da man eine Unterbringung in Baracken nicht garantieren könne. Vor Ort sah es dann freundlicher aus: Barackenplätze gab es genug und in Burgund war es trocken und über 10°C warm. Angesichts dessen, dass man die längste Zeit des Tages unter freiem Himmel verbringt, war das nicht zu verachten. Die Sonne hielt sich dann bis Freitag, was wesentlich zu einer guten Stimmung beitrug. Schnell war uns aber klar, dass der multikulturelle Charakter des Treffens in dieser Woche leider stark durch die Osterferien der Niedersachsen untergraben werden würde, denn über die Hälfte der Taizé-Teilnehmer stammte aus unserem nördlichen Nachbar-Bundesland. Spaniern und Italienern war es offensichtlich noch zu kalt. So blieb die dominierende Sprache Deutsch, in der Wochenmitte kam allerdings noch Bayerisch hinzu. Schließlich waren wir für die Anwesenheit der Niedersachsen doch noch dankbar, denn ohne die Begegnung mit anderen fehlt in Taizé das Entscheidende. Probleme mit Alkohol, die bei den Tagen religiöser Orientierung bisweilen eine Rolle spielen, können in Taizé kaum aufkommen. Der einzige Ort, an dem man nach Vorlage eines Ausweises pro Person ein Glas Bier oder Wein bekommt, hat abends nur für eine halbe Stunde geöffnet. In dieser Zeit schafft man es aufgrund der langen Schlange höchstens zu zwei kleinen Gläsern Bier oder Wein. Die Brüder behalten sich vor, Einfaches Leben in Taizé: Zum Essen benötigt man nur Holzbänke, einen Teller, einen Löffel und Gemeinschaft. Gruppen, in denen mitgebrachter Alkohol konsumiert wird, einen Platzverweis zu erteilen und haben eine „Beichtstelle“ eingerichtet, bei der man „versehentlich“ mitgebrachten Alkohol gleich bei der Ankunft abgeben und bei der Abfahrt wieder zurückbekommen kann. Von der täglichen Arbeit waren alle sehr angetan. Mit großer Begeisterung wurden Toiletten gereinigt, der Müll im Lager eingesammelt, der Abwasch in der Großküche und all das, was an Arbeiten in so einer großen Gruppe anfällt, erledigt. Eltern hätten ihre Freude daran gehabt zu sehen, zu welchem Engagement bei sonst eher unangenehmen Tätigkeiten ihre Kinder in der Lage sind. Außerdem nahm jeder Teilnehmer an einer Diskussionsgruppe teil. Hier waren die Erfahrungen dann etwas gemischt. In einigen Gruppen dominierten Einzelne das Gespräch und die Gruppe kam nicht so richtig weiter – in anderen Gruppen war es möglich, zu einem tiefergehenden, persönlicheren Gespräch zu kommen. Die interessanteren Begegnungen fanden dann manchmal auch außerhalb des offiziellen Programms statt. Ein zentraler Begegnungsort ist in Taizé die Kirche. Morgens, mittags und abends findet eine Andacht statt, in der Gesang, Lesungstexte und Stille die tragenden Elemente sind. Obwohl es schon gewaltig ist, wenn 1000 Jugendliche gleichzeitig Lieder in allen Sprachen singen, war die Stille von sieben Minuten etwas, an das sich die Schüler erst gewöhnen mussten. Anfangs war es für einige kaum auszuhalten, am Ende der Woche wurde es von den meisten als etwas sehr Wertvolles angesehen. Wenn man jemandem erzählen würde, dass Jugendliche, die zum Teil kaum kirchliche Erfahrungen haben, in acht Tagen freiwillig 23-mal in einen Gottesdienst gehen, so würde man es kaum glauben können. Was sich in Taizé auch anders darstellt, als wir es von Lüdinghausen gewohnt sind, ist das Anstehen in der Schlange. Wer schon einmal unsere Schüler beim Anstehen für das Einsteigen in den Schulbus gesehen hat, ist bisweilen erschüttert. In Taizé waren die Schlangen vor der Essensausgabe viel gewaltiger – so etwa 100 m lang. Aber die Stimmung war trotzdem gut: Hier und da gab es Gruppen, die sangen oder trommelten und außerdem hatten die Schlangen etwas Soziales. Entdeckte man Leute, die man kannte, war das „aktive Reisen und Lernen Reisen und Lernen Fortsetzung von Seite 125 127 128 Anstellen“ – also das Vorrücken bis zu dieser Gruppe – ein beliebter Sport. Da er von allen betrieben wurde, blieben auch alle gelassen und hatten den Eindruck, etwas zu gewinnen. Was macht Taizé für Jugendliche so attraktiv? Es ist einerseits ein Raum, der Orientierung anbietet, andererseits drängt Taizé diese Orientierung aber auch nicht auf. Jeder darf mit seinen Vorstellungen kommen und diese Vorstellungen auch behalten – aber auch verändern. Auf diese Weise ist Taizé für Jugendliche glaubwürdig. Das, worauf es Christen ankommen sollte, steht im Mittelpunkt und vermag dann auch die sonst oft noch trennenden konfessionellen Grenzen zu überwinden – Grenzen, die unseren Jugendlichen allerdings meistens ohnehin fremd sind. Obwohl die Zusammensetzung der Brüder multikonfessio-nell ist, feiern sie dennoch gemeinsam die Eucharistie. Taizé ist weniger ein Ort spitzfindiger theologischer Diskussion als ein Ort spiritueller Erfahrung mit dem Bezug zu ganz praktischen Bereichen unserer Welt. Die Konzentration auf das Wesentliche steht im Vordergrund: Eine Woche ohne Medienkonsum bei einer großen, internationalen Begegnung öffnet den Blick für andere Menschen und schärft auch den Blick für die eigene innere Welt. Die Jugendlichen stehen in Taizé im Mittelpunkt: Über 30jährige dürfen zwar ebenfalls nach Taizé kommen, wohnen aber etwas abseits und sind zahlenmäßig in der Minderheit. Hierarchien spielen in Taizé keine Rolle. Hier ist keiner, der etwas vorschreibt, und die Jugendlichen organisieren die täglichen Arbeiten letztlich selbst und sind auch für diese verantwortlich. Eigentlich ist Taizé auch für die Pädagogik ein interessanter Ort. Wenn alles gut läuft, wie es bei den Fahrten mit freiwilligen Teilnehmern in der Regel der Fall ist, ist die Fahrt auch für die begleitenden Lehrer eine entspannte Sache und zum Glück waren die Canisianer freiwillig dabei. Gegen Ende der Woche zeigten sich dann auch alle Schüler begeistert und waren der Meinung, dass diese Fahrt unbedingt ein Bestandteil unseres Schulprogramms werden sollte. Für eine christlich ausgerichtete Schule, die konfessionelle Grenzen überschreitet und Schülern die Welt zeigen möchte, gibt es kaum etwas, was dieser Ausrichtung so nahe kommt. Ein Erlebnis wie Taizé bleibt sicher stärker als Erfahrung lebendig als eine weitere Woche Unterricht. Die meisten Schüler wollen auch ohne Schule im Sommer wiederkommen und finden dann in den Lüdinghauser Gemeinden die gewünschten Ansprechpartner. Insofern war die Fahrt ein voller Erfolg: Die Schüler haben einen äußeren und inneren Teil dieser Welt kennengelernt, der ihnen sonst oft verschlossen geblieben wäre. Dr. Georg Schütz 13er Biologie-Lk auf dem niederländischen Ijseelmeer „Loslassen ist ohne Hände!“ Dieses Zitat aus der Überschrift hörten wir nach dem Beginn unserer Kursfahrt am 4. 10. 2010 und der dreieinhalbstündigen Busfahrt ins niederländische Enkhuizen täglich. Unser Übergangsquartier, welches wir als Bio-Lk mit unseren Begleitern Herrn Große Ahlert und Frau Dorprigter beziehen sollten, entpuppte sich als die über 100 Jahre alte „Eenhoorn“. Die winzig kleinen Kajüten auf dem Schiff (zwei Personen auf weniger als 6 m² mit einem Hochbett und zwei Koffern) ließen einige schon zu Anfang der Reise zweifeln, ob sie nicht schon nach einem Tag wegen eines Lagerkollers über Bord springen würden. Nachdem wir unsere „Kabinen“ dann bezogen hatten, wurden wir von unserem Skipper Sjoert und der Matrosin Antje in die Segelgeheimnisse eines typischen Plattbootes auf dem Ijsselmeer eingewiesen. Wie hatten wir die Segel hochzuziehen und festzumachen? Was sollten für Knoten verwendet werden etc.? Alle überlebenswichtigen Handgriffe und die dazu nötigen Vokabeln wurden hier schon sofort geklärt. Die Aussage „Loslassen ist ohne Hände!“ klang dabei zunächst recht lustig, machte uns aber schnell klar, dass bei jeder riskanten Arbeit an Bord (z. B. dem Segelsetzen oder –einholen) immer eine Hand für die eigene Sicherheit zu reservieren war. Dann ging es endlich ans Eingemachte und wir konnten lossegeln. Beim Segelsetzen konnten vor allem die Jungen ihre Muskelkraft unter Beweis stellen. Da wir nie wussten, wie der Wind steht, wie viel Wind da war und was das Wetter für eine Laune hatte, war es jeden Abend aufs Reisen und Lernen Reisen und Lernen Fortsetzung von Seite 127 129 Langeneß 2010 130 Neue eine Überraschung zu erfahren, in welchem holländischen Hafen wir diese Nacht verbringen würden. Das Wetter stellte uns ständig vor neue Aufgaben: So zwang uns zum Beispiel der Nebel an einem Tag, sechs Stunden im Wattenmeer bei nur 25 m Sicht zu ankern. Das ist schon gespenstisch, wenn aus dem Nichts direkt neben einem ein Frachtschiff auftaucht, um gleich darauf wieder im Nebel zu verschwinden. Dann wiederum kämpften wir mit einem Sturm, um uns am nächsten Tag über die dann vorherrschende Windstille zu wundern. Abends konnten wir entweder beim Landgang auf Entdeckungsreise gehen und die niederländischen Orte erkunden oder unter Deck im Aufenthaltsraum Spiele spielen und nett beisammen sitzen. Die Tage selbst vertrieben wir uns – wenn an Bord gerade nichts zu tun war – entweder an oder unter Deck beim Sonnen oder Spielen. Die Verpflegung der ganzen Crew lag jeden Abend in der Hand einer anderen Gruppe, genau wie das Spülen, was bei 25 Leuten immer zum Marathon-Spülgang ausartete. Bei dieser Gelegenheit konnten wir auch das hartnäckige Gerücht widerlegen, dass sich Seemänner und –frauen nur aus Dosen ernähren. Den Dauer-Sozialstress, nämlich fünf Tage zusammengepfercht auf engstem Raum zu leben, überstanden wir nahezu unbeschadet. Der zu Anfang prognostizierte Lagerkoller blieb aus, denn alle arrangierten sich mit der ungewohnten Situation, so dass keiner über die Reling gehen musste. Damit endete unser Segeltörn glücklich am 8.10. wieder in Enkhuizen. Obwohl die Fahrt schön war, freuten sich alle auch wieder auf zu Hause und auf ihre im Verhältnis zu den Kajüten riesengroßen Zimmer. Seit dieser Fahrt kann zumindest niemand mehr behaupten, sein eigenes Zimmer sei zu klein. Stella Kämmerer, Lea Kunze, Jgst. 13 Tipps für die Nachfolger Am 18. 9. letzten Jahres kamen wir, der Biologie-LK aus der Jahrgangsstufe 12, bei wunderbarem Sonnenschein auf der Hallig Langeneß vor der Nordseeküste Schleswig-Holsteins an und machten schon am Anleger Bekanntschaft mit dem Zivi Waldi. Was sofort auffiel, war, dass Waldi barfuß lief, so wie viele Leute auf Langeneß. Das Barfußlaufen steckte uns alle schnell an und wir erkannten, dass Schuhe gar nicht so wichtig und eigentlich völlig überbewertet sind – außer man läuft über zerbrochene Muscheln. Einige gingen sogar barfuß zu unserer Warft, der Peterswarft, wo wir für die nächsten fünf Tage wohnen sollten. Sicher habt ihr schon einmal gehört, dass man auf Langeneß eine ganze Menge Programm zu bewältigen hat (schließlich ist es eine Fachexkursion) und dass man dabei zwangsläufig viel lernt. Darum möchten wir dieses Mal mehr davon berichten, was man neben den schulischen Aktivitäten sonst noch so erleben kann. Hier haben wir einige brauchbare Tipps für euch aufgelistet: Hört auf Herrn Dr. Müller und probiert frische selbstgepulte Krabben! Besonders bei gutem Wetter ist das auf der Fähre ein schöner Auftakt für eine witzige Zeit auf Langeneß. Auf der Warft angekommen, solltet ihr sofort Bekanntschaft mit der vollschlanken Ente Rainer machen. Rainer ist großartig. Ihr müsst ihr einfach eine Packung Frikadellen hinstellen, dann versüßt sie euch den Nachmittag. Im September kann es auf Langeneß schon ziemlich kühl werden. Dennoch sollte jeder, der sich traut, den Sprung ins kalte Nordseewasser wagen. Ihr solltet aber darauf achten, dass gerade Hoch- Reisen und Lernen Reisen und Lernen Fortsetzung von Seite 129 131 Reisen und Lernen Fortsetzung von Seite 131 132 wasser ist, denn sonst könnte es weh tun. Abends sitzt man draußen und genießt den spektakulären Sonnenuntergang bei frischer Nordseeluft – dicke Pullover sind hierbei allerdings sehr zu empfehlen. Im Watt kann man sich bei den vielen Stopps, die der Wissens- und Einsichtvermehrung dienen, klammheimlich durch Treten-auf-der-Stelle in den weichen Schlick versenken – sehr eindrucksvoll! Eine Wattwanderung nutzt man unter anderem, um in den unzähligen Pfützen Wasserschlachten oder (für die ganz Wilden) Schlammschlachten zu veranstalten und Strandkrabben zu fangen. Will man sie gegeneinander kämpfen lassen, braucht man jedoch noch mehr große Krabben. Zum Glück gibt es nahe der Peterswarft einen kleinen Priel ... Um dort Krabben „angeln“ zu können, braucht ihr nichts weiter als eine ca. 50 cm lange Schnur und ein Stück Salami oder Schinken. Ihr werdet sehen, dass es nicht lange dauert, bis sich die ersten Krabben an die Schnüre klammern, um die Salami zu fressen. Wir hatten nach kürzester Zeit mehr als zehn Krabben gefangen. Mit ein bisschen Geschick sollte das auch für euch kein Problem sein. Sind die Krabben jedoch nicht zum Kämpfen zu motivieren, so entlässt man sie am Ende wieder unverletzt – wie sich das gehört – in die Freiheit. Man kann sie angeblich aber auch in gekochtem Zustand essen. Freundet euch mit den Zivis an, denn die sind für jeden Spaß zu haben! Ganz wichtig dabei ist: Ladet den Jens (ihr erfahrt schon noch, wer das ist) zum Essen ein und spielt eine Runde Doppelkopf mit ihm. Er wird es euch danken. Kalkuliert die Kalorienvorräte, die ja komplett mitgeschleppt werden müssen, nicht zu knapp. Der Hunger ist in dieser Nordseeluft ein gewaltiger und über das dann doch übrig Gebliebene freuen sich Jens und die Zivis – und natürlich Rainer. Dieser mag vor allem die oben bereits erwähnten Frikadellen, aber die bleiben zum Schluss bestimmt nicht über. Wenn ihr diese kleinen Tipps beachtet und dann noch jeden erlebnisreichen Tag in gemütlicher Runde zusammen mit den Zivis ausklingen lasst, werden eure Tage auf Langeneß mit Sicherheit so toll wie es unsere waren. Insgesamt kann man sagen, dass die Fahrt nach Langeneß für alle ein großer Spaß ist, egal ob man es eher ruhig angehen will oder voller Elan und Energie dabei ist. Milo Sikora, Nils Zumholz, Jgst. 12 Reisen und Lernen Eine Wattwanderung nutzt man unter anderem, um in den unzähligen Pfützen Wasserschlachten oder (für die ganz Wilden) Schlammschlachten zu veranstalten und Strandkrabben zu fangen. 133 13er Mathe-LK in der Barockstadt Salzburg 134 Die letztjährige Kursfahrt führte den Mathematik-Leistungskurs mit Herrn Reichel in die alte Barockstadt Salzburg und fand in der Woche vor den Herbstferien statt. Schon lang im Vorhinein waren die Schüler sehr mit den Vorbereitungen für die Fahrt beschäftigt, was sich z. B. in Recherchen über die Sehenswürdigkeiten und im Hinblick auf die Geschichte der Stadt Salzburg äußerte. Als der Tag der Abreise gekommen war, stellten alle Beteiligten amüsiert fest, dass sie die zehnstündige Busfahrt mit einem weiteren Canisianer antreten würden, da der Busfahrer ehemaliger Schüler des Cani ist. Nachdem sich die Kursteilnehmer in der Jugendherberge kurz eingelebt hatten, bot ihnen Herr Reichel einen ersten Einblick in die abendliche Kulturfülle Salzburgs an. Dieses Angebot schlugen die Schüler selbstverständlich nicht aus und folgten Herrn Reichel, und zwar vorbei am Salzburger Dom, Mozarts Geburtshaus, über die Salzach bis zu Schloss Mirabell und dem Mozarteum. Auch an den darauffolgenden Tagen kam bei den Schülern keine Langeweile auf. Durch die Besichtigung der über der Stadt thronenden Festung Salzburgs, des großen Festspielhauses und des Salzburger Doms mit seinen prunkvollen Malereien und den fünf gewaltigen Orgeln tauchten die Schüler noch intensiver in die Historie Salzburgs ein. Neben den kulturellen Aspekten kam auch die Technik nicht zu kurz. So wurde den Schülern die Möglichkeit geboten, die Firma Palfinger, welche Kran-Aufbauten und Hebebühnen baut, zu besichtigen. Hier konnten die JungMathematiker sogar selbst Hand anlegen und einen Kran steuern, was ihnen sichtlich Spaß bereitete. Rückblickend blieb den Schülern ebenfalls die Besichtigung des Obersalz bergs, eine kleine Wanderung am Königssee zum Malerwinkel und eine „Kurz-Kur“ in Bad Reichenhall in Erinnerung, wo Herr Reichel die Schüler zum „Gradierwerk“, dem Freiluft-Inhalatorium im königlichen Kurgarten, führte. Als Fazit lässt sich sagen, dass die Leistungskursfahrt für alle Kursmit glieder und für Herrn Reichel ein spannendes und bereicherndes Erlebnis war, das viel Spaß gemacht hat. Nils Hansmann, Jgst.13 Reisen und Lernen Reisen und Lernen Zwischen Salzach und Mozarteum 135 Studienfahrt des Deutsch-LK nach Prag In bester Kursgemeinschaft an der Moldau Reisen und Lernen „Prag ist immer eine Reise wert.“ Mit dieser doch recht hohen Erwartung machten wir uns als Deutsch-Leistungskurs Anfang Oktober 2010 mit Frau Hübner und Herrn Schmidt auf den Weg in die goldene Stadt an der Moldau. 136 Um es gleich vorwegzunehmen: Mit seiner imposanten Vielfalt an Sehenswürdigkeiten und Attraktionen, kombiniert mit der gemütlich-ruhigen Atmosphäre wird Prag uns auch noch weit über die Schullaufbahn hinaus in bester Erinnerung bleiben. Zum Bedauern aller verging die Zeit wie im Flug. Bereits am Sonntagabend machten wir uns mit dem Zug von Dortmund aus auf den Weg in die tschechische Hauptstadt. Während die Mädels im Liegewagen erste tschechische Träume durchlebten, machten die Jungen größtenteils kein Auge zu. Viel anders erging es auch den Lehrern nicht, die sich unfreiwilligerweise zunächst mit einem Platz auf dem Gang begnügen mussten. Nach gut zehn Stunden und weit über 600 Reisekilometern waren die Tore Prags erreicht. Am frühen Morgen nahm uns Reiseleiterin Susanna am Prager Bahnhof in Empfang. Auf ganz besondere Weise und auf eine sehr individuelle Art führte sie uns für vier Tage durch die goldene Stadt. Mit ihren vielfältigen Kenntnissen über die Stadt und ihre Besonderheiten präsentierte Susanna uns die Hauptstadt der Tschechischen Republik von ihrer ganz besonders schönen Seite. Von allen als wunderschön empfunden wurden diesbezüglich beispielsweise die weltberühmte Karlsbrücke, das Nationalmuseum am Wenzelsplatz, das Rathaus am Altstädter Ring, der Veitsdom, die Prager Burg sowie die goldglänzende Rathausuhr im Zentrum der Altstadt. Neben den Prager Sehenswürdigkeiten berichtete unsere Reiseführerin außerdem von zahlreichen weltberühmten Kindern der Stadt. So wandelten wir unter anderem auf den Spuren des in Prag geborenen deutschsprachigen Schriftstellers Franz Kafka, lernten Leben und Werk vom herausragenden Repräsentanten des Jugendstils, Alfons Mucha, kennen und wurden mit der Legende vom Nepomuk vertraut gemacht. Prag war für uns jedoch nicht nur eine Reise wert, wenn es darum ging, die architektonische Vielfalt der Stadt zu erkunden, sondern Prag bot auch für die „Nachtschwärmer“ ein rundum gelungenes Programm, das die Abende abwechslungsreich gestaltete und die Stadt bei Nacht in besonderem Glanz erstrahlen ließ. Das für uns wohl beeindruckendste Erlebnis hatten wir einen Katzensprung von Prag entfernt, in Theresienstadt, einem Ort, der in der Zeit vor und während des Zweiten Weltkrieges unter dem nationalsozialistischen System zu einem Konzentrationslager und Ghetto umgewandelt wurde und heute eine Gedenk- Reisen und Lernen In der goldenen Stadt an der Moldau: Deutsch-LK im Oktober 2010 mit Frau Hübner und Herrn Schmidt. 137 138 stätte ist. In das im 18. Jahrhundert als Festungsanlage gebaute Territorium wurden bis zum Ende des Krieges insgesamt mehr als 140.000 Häftlinge deportiert. Während des gesamten Aufenthalts in Theresienstadt war unsere Betroffenheit und Fassungslosigkeit deutlich zu spüren. Es war ein überaus prägendes Erlebnis, das hinsichtlich der dort während des 2. Weltkrieges vorherrschenden Unmenschlichkeit von bedrückenden Gefühlen geprägt war. Am fünften Tag unserer PragFahrt hieß es dann schon wieder Abschied nehmen von der schönen Moldau-Metropole. Mit der Bahn ging es früh morgens wieder in Richtung Heimat – natürlich nicht auf direktem Wege, denn dann wäre der letzte Tag verschenkt gewesen. So kehrten wir für einen längeren Zwischenstopp in Weimar ein. Die vor allem für sein kulturelles Erbe weltbekannte Stadt hatte zum Abschluss noch einmal so einiges zu bieten. Natürlich beherrschte die Weimarer Klassik um Wieland, Goethe, Herder und Schiller unseren Aufenthalt in Thüringen. Unser ganz besonderes Augenmerk galt dabei Goethe, dessen Leben und Wirken wir beim Besuch seines ehemaligen Wohnhauses mit heu tigem Museum genau unter die Lupe nahmen, bevor wir wenige Stunden später am Abend wieder die traute Heimat erreichten. Die gemeinsame Zeit in Prag wird uns in guter Erinnerung bleiben. In bester Kursgemeinschaft erlebten wir informative und abwechslungsreiche, aber auch lustige und schöne Tage. Unser ganz besonderer Dank gilt diesbezüglich natürlich unserer Kurslehrerin, Frau Hübner, die ein überaus spannendes Programm für uns auf die Beine gestellt hat, ohne dabei unsere persönlichen Freiheiten und Wünsche unbeachtet zu lassen. Auch Herrn Schmidt sagen wir für seine ausgesprochen umgängliche und freundliche Art „Dankeschön“. Natürlich darf auch Susanna nicht fehlen, die uns mit ihrer ganz besonderen Art oft zum Schmunzeln brachte, damit zur allgemeinen Erheiterung beitrug und auch Tage danach noch in unseren Ohren klang. Marian Tüns, Jgst.13 Kleine Pause auf gefühlten endlosen Fußmärschen durch das Londoner Zentrum: Smile! Der Englisch-LK zwischen Shakespeare und Primark Through the streets of London Sonntag, 3. Oktober 2010, 5.30 Uhr morgens: Alle Mitglieder unseres Englisch-LKs warteten am Busbahnhof Lüdinghausen sehnsüchtig auf den verspäteten Reisebus, der uns unter der Leitung von Herrn Eppe und Frau Ungru zu unserem Ziel für die nächsten fünf Tage bringen sollte: London! Nach einer Stunde war es dann endlich so weit – der Bus war startklar, und alle 22 Reisetaschen waren fachmännisch verstaut. Jetzt musste nur noch der Englisch-LK eines Werner Gymnasiums abgeholt werden, mit dem wir uns den Bus teilen sollten und der uns aus hier nicht zu vertiefenden Gründen einige Male an den Rand des Nervenzusammenbruchs brachte. Nach einem pflichtmäßigen Stopp bei McDonald’s, wo Frühstück und warme Getränke eingenommen wurden, ging es über die Niederlande und Belgien zur französischen Kanalküste nach Calais. Dort angekommen, setzten wir mit der Fähre nach Dover über und fuhren mit dem Bus weiter into „The Big Smoke“, die britische Hauptstadt mit – nach aktuellem Stand – siebenmillionenfünfhundertsechsundfünfzigtausendneunhundert Einwohnern. Es war schon gegen Abend, als uns der Bus bis vor die Türen des ClinkHostels führte, ein Gerichtsgebäude aus dem 19. Jahrhundert und unsere Unterkunft für die nächsten Tage. Sogleich erkundeten wir die nähere Umgebung Reisen und Lernen Reisen und Lernen Fortsetzung von Seite 137 139 140 um die nahgelegene U-Bahn-Station „King’s Cross“ und ließen den Abend im legendären japanischen Restaurant „Wagamama“ ausklingen. Im Mittelpunkt unserer Fahrt stand allerdings William Shakespeare, sodass wir neben einer eindrucksvollen „Shakespeare lecture“ auch das dreistündige, eher mühsame Stück „Henry IV – Part 1“ im Globe Theatre besuchten. Neben gefühlten endlosen Fußmärschen durch das Londoner Zentrum, einem Bummel durch die St. Katharine Docks, einem Spaziergang durch den Hyde Park (Zitat Herr Eppe: „Ey geil, da sind Eichhörnchen – guckt mal Leute, Eichhörnchen!“) und der Besichtigung des berühmten Science-Museums stand auch ein „Ghost Walk“ auf dem Programm, welcher allerdings nicht jedermanns Erwartungen voll erfüllen konnte. Auch das Londoner Nachtleben konnte nicht unberücksichtigt bleiben. So nahmen wir bei freudvoller Plauderei und ausgedehnten Tanzeinlagen diverse Pubs und Diskotheken genauer unter die Lupe, wobei sich dies auch als Rahmen eignete, um sich untereinander besser kennenzulernen. Am Mittwoch wurde ein Tagesausflug nach Oxford unternommen, bei dem uns eine nette ältere Dame rund um die älteste Universität Englands führte und uns das Trinity College, gegründet im Jahr 1555, fachkundig und im besten Queen’s English näherbrachte. Am Mor- gen darauf war es schon wieder Zeit, alle Einkäufe in die Reisetaschen zu verstauen, um dann noch einmal für die letzten Stunden in das Londoner Zentrum aufzubrechen. Neben einer „Hop on – hop off “Schifffahrt über die Themse machten wir Halt in Greenwich und erkundeten so den Süden Londons. Erschöpft vom Tag begaben wir uns abends auf den Rückweg „back to good old Germany“, wo wir am nächsten Vormittag (also am 8. 10.) müde, aber glücklich eintrafen. Alles in allem kann man zusammenfassen, dass unsere LK-Fahrt ein voller Erfolg war. Neben gemeinsamen Aktivitäten blieb genug Zeit, die vielen Shopping-Möglichkeiten wie Oxford Street oder Camden Lock zu durchstreifen. Primark wurde schnell zur beliebtesten Adresse für Kleidung und Mode und in den fünf Tagen nicht nur einmal aufgesucht. Ständiger und sehr hilfreicher Begleiter dabei war die Travelcard, durch die jeder mit den öffentlichen Verkehrsmitteln (Tube, Busse) schnell von A nach B kommen konnte. Auch ließen sich durch fünf Schülerreferate verschiedene Themen an Ort und Stelle theoretisch vertiefen. Diese fünf Tage werden für alle sicherlich unvergesslich bleiben. Zum Glück gibt es knapp tausend Fotos, die das beweisen! Der Englisch-LK der Jahrgangsstufe 13 Physik-LK in Berlin, fußmüde. Der Physik-LK auf Hauptstadt-Erkundung Zwischen Technikmuseum und Berliner Nightlife Als sich der Physik-LK der Jahrgangsstufe 13 Anfang Oktober letzten Jahres mit unseren Begleiterinnen Frau Appel und Frau Hellmann am Busbahnhof in Lüdinghausen traf, konnte die Exkursion, auf die man so lange gewartet hatte, endlich starten. Unterhalten unter anderem von Brad Pitt und Morgan Freeman (Film: Seven) erschien uns die Fahrt auf der A2 Richtung Osten nicht allzu anstrengend. Ohne dass wir uns allerdings großartig akklimatisieren konnten, ging es nach der Ankunft im Berliner Generator-Hotel sofort mit der S-Bahn zum Alexanderplatz weiter, von wo aus wir über das Rote Rathaus, den Berliner Dom, die Ruinen des Palastes der DDRRepublik bis zum Bebelplatz gegenüber der Humboldt-Universität liefen. Danach teilten wir uns. Eine Gruppe Fußballfans machte sich auf zum Olympiastadion, um die Berliner Hertha beim Spiel gegen Aachen anzufeuern, eine andere Gruppe ging zurück zum Hotel, während sich der Rest des Kurses mit den Schülern des Pädagogik-LK.s traf, der zeitgleich mit uns in Berlin zugegen war. Am nächsten Morgen machten wir uns nach einem guten Frühstuck auf den Weg zur Ausstellung „Topografie des Terrors“. Diese Ausstellung auf dem Gelände der ehemaligen Gestapo-Zentrale in der Nähe des Potsdamer Platzes dokumentierte eindringlich die Verbrechen an den Gegnern des Nazi-Regimes. Nach einer Pause trafen wir uns dann vor dem Brandenburger Tor, das die Aufmerksamkeit des Kurses allerdings erst gewin- Reisen und Lernen Reisen und Lernen Fortsetzung von Seite 139 141 Die Mauertour per Fahrrad aktivierte zur „Besetzung“ eines noch erhaltenen Mauerabschnittes. 142 nen konnte, als die Straßenkünstler der Breakdance-Gruppe auf dem Platz davor mit ihrer Vorstellung fertig waren. Nach den Pflichtbesuchen Bundestag und Holocaust-Mahnmal zogen sich einige auf ihr Hotelzimmer zurück, während andere das Berliner Nightlife erkundeten (Diskotheken und die hoteleigene Generator-Bar). Am Mittwochmorgen stand eine schöne Radtour entlang des ehemaligen Verlaufs der Berliner Mauer im Mittelpunkt – verbunden mit einem interessanten Zeitzeugenbericht in einem erhalten gebliebenen Wachturm. Von dieser Tour mussten sich die Schüler nicht zuletzt als Folge der vorangegangenen Abendgestaltung drei Stunden erholen. Am frühen Abend durfte sich dann jeder mit seiner Kleingruppe den Weg zur „Story of Berlin“ selber suchen. Bei dieser Ausstellung zur Geschichte der Stadt Berlin war der große Atomschutzbunker für die meisten Physiker das Highlight. Am Ende der Führung war es draußen schon dunkel und jeder widmete sich im Folgenden Lukas Haddad, Alexander Kurnosov, Jgst. 13 Abschluss und Abschied München, Mozart und leise Melancholie Man könnte die alljährliche MünchenSalzburg-Fahrt der Jahrgangsstufe 13 am Cani schon fast als Tradition bezeichnen, und so war die letztjährige Reise schon die zehnte in Folge unter der Leitung des Literaturkurs-Lehrers Michael Leibold. Ursprünglich entstand die Idee einer solchen Fahrt aus der Notwendigkeit heraus, den erspielten Gewinn der Theateraufführungen auf der Canibühne möglichst sinnvoll zu nutzen und so noch einmal die Gemeinschaft in der Stufe zu fördern. Unter den 55 Teilnehmern waren dann natürlich nicht nur die Jugendlichen des Literaturkurses, sondern auch alle anderen Interessierten aus der Jahrgangsstufe 13. Direkt nach den schriftlichen Abiturklausuren und vor den mündlichen Prüfungen ging es für die Abiturienten Anfang Juni 2010 auf zum Zwischenstopp nach München, wo sie von ihrem Lehrer Michael Leibold durch die Stadt geführt wurden und anschließend genügend Zeit hatten, die Stadt auf eigene Faust zu erkunden. Anschließend konzentrierten wir uns aber auf unser eigentliches Ziel, die urgemütliche österreichische Stadt Salzburg. Der perfekte Mix aus gewolltem Pflichtprogramm und Freizeit war entscheidend für die gute Stimmung unter den Jugendlichen. So standen die Besichtigung des Petersfriedhofes, der Stiftskirche St. Peter, der Festspielhäuser, des Doms, von Mozarts Geburtshaus, des Mirabell-Gartens sowie ein Ausflug zum Königssee auf der Liste der zu bewältigenden Attraktionen. Abends saßen die Reiseteilnehmer nicht selten mit einem weinenden und einem lachenden Auge bei einem Bier zusammen, wobei sie sich an die gemeinsamen Jahre der Lüdinghauser Schulzeit erinnerten, aber auch mit Zuversicht in die Zukunft und auf das kommende Neue blickten. Katharina Beckfeld, Abiturientin 2010 Reisen und Lernen Reisen und Lernen Fortsetzung von Seite 141 dem Teil Berlins, der ihm am meisten zusagte. Am Donnerstag stand dann zunächst die Pünktlichkeit oder Unpünktlichkeit einiger Kursmitglieder im Mittelpunkt. Während der S-Bahnfahrt zum nächsten Programmpunkt wurden die Berliner Pendler dabei unfreiwillig Zeuge eines lautstarken Appells unserer Kurslehrerin hinsichtlich der notwendigen Gruppendisziplin. Nach dem Besuch des Technikmuseums wollte man sich genau um 17.30 Uhr vor der Archenhold-Sternwarte treffen, und dieses Mal fiel es den Schülern relativ leicht, ihre Pünktlichkeit unter Beweis zu stellen, während nun zur Belustigung des Kurses die Begleitkräfte etwas verspätet an dem abgelegenen Treffpunkt erschienen. Abends wurde dann zum Abschluss gemeinsam mit dem Pädagogik-LK mexikanisch gegessen, woraufhin sich jeder auf seine Art von dieser wunderbaren Stadt verabschiedete. Schließlich saß man Freitagmorgen im Bus, zwar reich an Erlebnissen, jedoch finanziell ausgeblutet und dazu auch noch todmüde. Für Frau Appel unerwartet wurde niemand vermisst oder war festgenommen worden und auch das Kulturprogramm war erfolgreich absolviert, sodass man insgesamt von einer gelungenen Fahrt sprechen kann, die den Kurs ein Stück näher zusammenbrachte. Sichtlich begeistert zeigten sich die CaniAbiturienten, die an der Stufenfahrt nach Salzburg teilnahmen. 143 zur Vollendung des 3. Dezenniums: Karsten Eppe Maria Heilmann März 2010 September 2010 zur Vollendung des 4. Dezenniums: Veronika Diers Thomas Große Ahlert August 2010 August 2010 zur Vollendung des 6. Dezenniums: Günter Horn Dr. Klemens Müller Oktober 2010 September 2010 zur Hochzeit: Clemens Brüggenolte September 2010 zur Geburt eines Kindes: Thomas Große Ahlert mit Mattis Clemens Herholz mit Johannes Simon * Januar 2010 * August 2010 Veränderungen 2010 Menschen und Momente Neu im Kollegium: Karsten Eppe Tanja König Kathrin Linden 144 Englisch, Sport Deutsch, Pädagogik Latein, Griechisch Februar 2010 August 2010 August 2010 Ausgeschieden: Gesine Heisterkamp Januar 2010 In Pension ging: Willi Sternemann August 2010 Wir trauern um: Alfred Bertram † Juni 2010 † Nachruf auf Alfred Bertram Das Gymnasium Canisianum trauert um Alfred Bertram. Der Pädagoge, am 22.09.1952 in Dortmund geboren, aber schon bald mit seiner Familie nach Lüdinghausen gezogen, fühlte sich seiner neuen Heimatstadt stets sehr verbunden. Zwischen 1963 und 1971 besuchte er als Schüler das Canisianum, an das er nach seinen Studienjahren in Münster und Innsbruck sowie einem Referenda riat in Hamm im Februar 1982 als Lehrer zurückkehrte. Mit seinem viel zu frühen Tod am 30. Juni 2010 hat das Canisianum einen engagierten Lehrer für Latein und Geschichte und einen überzeugten christlichen Pädagogen verloren. Als mo- derner Lateinlehrer hat Alfred Bertram viele Schülerinnen und Schüler für die abendländische Bildung begeistert und erfolgreich zum Latinum und Abitur geführt. Außerdem war er Mitverfasser des lateinischen Lehrwerks „Salvete“ vom Cornelsen Verlag. Darüber hinaus hat er als langjähriger Dozent der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster eine Brücke zwischen Schule und Hochschule gebaut und so eine ganze Generation von lateinischen Lehramtsstudenten fachdidaktisch geprägt. Als Moderator des Comeniuswerks hat er sich ein europäisches Verdienst erworben: Mit vier mehrjährigen internationalen Schulprojekten (z. B. „Latein auf Stein“, bei dem alte Gebäude-Inschriften erforscht und anschließend in Form eines Stadtführers für Touristen herausgegeben wurden) hat er unseren Schülerinnen und Schülern ermöglicht, die Idee eines friedlich vereinten Europas schon im Jugendalter persönlich zu verwirklichen. Seitdem sind Schulen in Luxemburg, Frankreich und Polen dem Canisianum freundschaftlich verbunden. Alfred Bertram wurde von Kollegen und Schülern wegen seiner beeindruckenden Fachkompetenz als Latinist und Historiker sowie wegen seiner christlich geprägten Humanität gleichermaßen geschätzt. In stiller Trauer und mit tief empfundener Dankbarkeit gedenken wir am Canisianum unseres lieben Lehrers und Kollegen. REQUIESCAT IN PACE. Edgar Dohmen, Dr. Uwe Carstens Menschen und Momente Herzlichen Glückwunsch 145 Hartmut Stutznäcker: Menschen und Momente „Schule wird weiter in meinem Leben vorkommen“ 146 „Schule gestalten“, das sei immer sein Antrieb als Schulleiter gewesen, erklärte Hartmut Stutznäcker im November letzten Jahres. Nach elf Jahren als Leiter des Canisianum ging der 63-Jährige Ende Juli 2011 in Pension. Diese Entscheidung sei nicht zuletzt aus gesundheitlich Gründen gefallen. Angesichts der künftig anstehenden wichtigen Entscheidungen habe er „nicht mehr die nötige Kraft“ zur Verfügung. „Daher ist es richtig, jetzt die Aufgabe zu übergeben.“ Aber auch im Ruhestand werde die Schule weiter in seinem Leben vorkommen. Hartmut Stutznäcker war seit 1976 Lehrer. Studiert hat er in Münster und München Germanistik und Philosophie. In den 1980er Jahren hat er zudem ein Studium der Evangelischen Theologie absolviert. In allen drei Fächern hat er auch am Canisianum Unterricht erteilt, vorwiegend aber das Fach Deutsch. Er sei immer gerne Lehrer gewesen und würde diesen Beruf immer wieder ergreifen, stellte er fest. Neben der reinen Wissensvermittlung hätten sich vor allem die Die Zukunft für die Lüdinghauser Schullandschaft sieht der Cani-Direktor positiv. Trotz reduzierter Schülerzahlen sei wohl keines der beiden Gymnasien gefährdet. Die Kooperation beider Schulen betrachtet er als eine Bereicherung. Mit Blick auf die in der Nachbarkommune realisierte Profilschule betonte Stutznäcker: „Die Schüler aus Ascheberg haben seit vielen Jahren ihren festen Platz am Canisianum.“ Daran werde sich auch künftig nichts ändern. Die Frage, was einen guten Lehrer ausmache, beantwortete Hartmut Stutznäcker nach kurzem Überlegen so: „Er muss ein Freund der Schüler sein, aber auch Distanz halten. Und er muss ein guter Wissenschaftler in seinem Fachgebiet sein.“ WN Menschen und Momente Hartmut Stutznäcker verließ Ende Juli 2011 das Canisianum und ging nach elf Jahren als Schulleiter in den Ruhestand. privaten Schulen – wie es das Canisianum ist – auch immer einem christlich geprägten Erziehungsauftrag verpflichtet gefühlt. „Dieser Erziehungsgedanke ist ein wesentlicher Bildungsbereich.“ Auch als Schulleiter habe er den Kontakt zu den Schülern nie verloren. Nicht zuletzt habe er immer gerne die Aktivitäten der vom Cani intensiv betriebenen Schüleraustausche begleitet – etwa im Rahmen der Comenius-Projekte nach Luxemburg oder Polen. Diesen Weg der internationalen Begegnung beschreitet das Canisanum auf europäischer Ebene seit Jahren. Da sei er besonders froh, dass „Kollegen da sind, die so etwas initiieren“. Veränderungen im Schulalltag habe er immer positiv betrachtet. „In der Schule hat es nie Stillstand gegeben, weil sich auch die Umwelt verändert“, sagte Hartmut Stutznäcker. Vom früheren Frontalunterricht sei man schon lange abgekommen. Schulische Angebote seien heute offener und lebendiger. „Es hat sich ein Paradigmenwechsel vollzogen: Es gilt nicht mehr, Inhalte zu unterrichten, sondern Kompetenzen zu vermitteln.“ Auch der Umgang zwischen Lehrern und Schülern habe sich gewandelt. 147 Menschen und Momente Engagierter Vollblutmathematiker 148 Es konnte durchaus passieren, dass einer der jüngeren Lehrer sich verwundert umdrehte, wenn Wilhelm Sternemann weißhaarig und mit wehenden Rockschößen in einer Freistunde durch die Pausenhalle eilte, sich auf sein Fahrrad warf, nach Hause radelte und 15 Minuten später wieder im Lehrerzimmer stand, um Unterbrochenes lächelnd fortzusetzen. Unabhängig vom Anlass dieser Beobachtung spiegelt es das energetische Auftreten des heutigen Jung-Pensionärs wider, der auch in den nicht seltenen Stresszeiten nie seine Hilfsbereitschaft, gehaltenen Unterrichtsstunden verbunden geblieben ist, spiegelt nicht nur das bisher Gesagte wider, sondern auch die Verwachsenheit mit einer Institution, deren Zugehörigkeit nicht auf Knopfdruck beendet werden kann. Dafür „lebte“ er das Canisianum zu sehr und dafür war ihm das pädagogische Arbeiten zu sehr Teil seiner Persönlichkeit. Trotzdem hofft die ihm verbundene Schulgemeinde, dass es ihm gelingt, im Ruhestand neue Räume kreativer Tätigkeit zu erschließen und wünscht ihm dafür alles Gute. Gerold Meischen Wilhelm Sternemann im Ruhestand – die Zweite Wilhelm Sternemann und die Chaos-AG Als Vollblut-Mathematiker hat Wilhelm Sternemann sich ganz der „Wissenschaft von den formalen Systemen“ verschrieben. So war es auch kein Zufall, dass er sich bereits in den 80er und 90er Jahren für die „Chaostheorie“ begeistern konnte, eine von der Computerunterstützung lebende neue Forschungsrichtung, die Wissenschaftler und Laien gleichermaßen fesselte. Während sich die Chaostheorie – nicht zuletzt durch Professor H.-O. Peitgen in Bremen – zu einem Medien ereignis entwickelte, berechneten auch Cani-Schüler bereits die an ihrem Commodore-Computer erzeugten faszinierenden Bilder. Aus einer Projektwoche heraus (Motto: „Macht euch die Erde untertan!“) entwickelte sich unerwartet ein Wassertropfen-Experiment der von Wilhelm Sternemann geleiteten Cani„Chaos-AG“ zu einem Renner: Es gab Einladungen an verschiedene deutsche Universitäten – u. a. nach Berlin, Bremen und München – zu Vorträgen und Vorführungen der von Schülern entwickelten Software. Auch anderes erregte weit über Lüdinghausen hinaus Aufsehen: Publikationen (zum Beispiel im Januar 1984 in der Fachzeitschrift „Spektrum der Wissenschaft“), einschlägige Ausstellungen im Cani und in der Sparkasse, zwei Wort-Bild-Kalender 1993 und 1996 („Chaos meets Kunst“) sowie im Dezember 1993 ein Vortrags- und Podiums diskussions-Abend mit Prof. Peitgen und anderen Experten, zu dem mehr als 500 Besucher in die Cani-Aula drängten. Zwei Konzerte in der Cani-Aula schlugen 1991 und 1995 die Brücke von der Chaostheorie zur modernen Musik. In dem besonders großen Konzert von 1991 etwa, im Rahmen des von der damaligen Cani-Lehrerin Dr. Elisabeth Pflüger initiierten „Orpheus-Festivals“, Menschen und Momente Wilhelm Sternemann im Ruhestand – die Erste seinen Humor und seine Fähigkeit zur Selbstironie verlor. Diese Eigenschaften und seine Bereitschaft, sich als VollblutMathematiker weit über das Pflichtsoll hinaus für die Schule zu engagieren, haben ihn nicht nur als Persönlichkeit unverwechselbar werden, sondern ihn auch in wissenschaftlichen Fachkreisen bekannt werden lassen. Nicht zuletzt hat ihn sein Gespür für die Möglichkeiten, Schüler in kreative und wissenschaftliche Projekte einzubinden, ausgezeichnet. So hatte er unter anderem Freude daran, fächerübergreifend das Schreiben von Kriminal-Erzählungen zu initiieren, bei denen das Lösen eines Kriminalfalls eng mit kniffligen mathematischen Phänomenen verknüpft war. Dass eine 12er-Schülerin dann für ihren Text auch noch ausgezeichnet wurde, wird ihm besonders gefallen haben. Unvergessen werden nach über dreißig Jahren auch die Auftritte Wilhelm Sternemanns am Ende fast einer jeden Lehrerkonferenz bleiben. Mit hohem Engagement schwor er die Lehrerschaft auf die Besonderheiten und Notwendigkeiten im Umgang mit den Computerräumen unserer Schule ein. Deren kontinuierliche Erweiterung und wachsender Qualitätsstandard waren vor allem sein Werk. Dass Wilhelm Sternemann auch nach seinem offiziellen Ausscheiden aus dem aktiven Dienst im Sommer 2010 dem Canisianum noch mit einigen 149 150 stand auch der ungarische Komponist György Ligeti auf dem Programm, und zwar mit Etüden für Klavier und Cembalo, aber auch mit seinem von der „Fluxus“-Bewegung inspirierten „Poème Symphonique für 100 Metronome“ von 1962. Mit weißen Handschuhen bekleidet setzten Cani-Schüler damals die 100 tickenden Rhythmusgeber gleichzeitig in Gang. Anschließend hielt Prof. Peitgen seinen ersten Vortrag im Cani, und dies mit Unterstützung durch Computerexperimente der Cani-Chaos-AG. In einen 240 Seiten starken „Werkstattbericht“ mündete die Arbeit eines 13er-Mathe-Leistungskurses zur Chaostheorie, dessen Programm von Wilhelm Sternemann entworfen worden war und als Versuch mit einer Sondergenehmigung der Schulaufsicht durchgeführt wurde. Daraus erwuchsen dann später für alle Teilnehmer entsprechende Abitur-Aufgaben. Für diesen innovativen Kurs ist damals eigens ein ComputerKlassenraum eingerichtet worden, mit Windows-Rechnern, die im Laufe der Zeit selbstverständlich durch neue und immer leistungsfähigere ergänzt bzw. ersetzt wurden. Dieser Raum wurde damals zeitweilig auch zum Seminarraum für 20 interessierte MathematikKollegen aus ganz NRW, die sich mit dem Programm des gerade erprobten Modell-Kurses von Wilhelm Sternemann vertraut machen wollten, um später ihre eigenen Schüler auf einen ganz speziellen Abitur-Stoff vorzubereiten. Im Differenzierungsunterricht der Sekundarstufe I und in der ComputerAG konkretisierte sich auch die Idee, räumliche Fraktale aus den 2000 Jahren alten platonischen Körpern nicht nur als Computerbilder zu erzeugen, sondern Modelle zum Anfassen zu basteln: Zuerst entstand so mit Hilfe von 300 fleißigen und geschickten Händen im Rahmen eines Geometrie-„Events“ an der Uni München ein riesiges Ikosaeder-Fraktal aus Karton. Die Projektleitung lag bei Dr. Christoph Pöppe, Redakteur von „Spektrum der Wissenschaft“, und Wilhelm Sternemann. Dieselben Personen waren dafür verantwortlich, als ein anderes Mal in der Cani-Aula auch Schüler und Lehrer von den Partner-Schulen in Polen, Frankreich und Luxemburg (die der verstorbene Alfred Bertram zu „Comenius“Projekten mit dem Canisianum zusammengeführt hatte) mithalfen, die vielen Kartonteile für ein riesiges DodekaederFraktal zuzuschneiden und zusammenzukleben. Einige Jahre schmückte das aus einer Unzahl kleinerer und kleinster, einander „ähnlicher“ Raumgestalten bestehende Konstrukt – insgesamt zählte man 12x20x20 Flächen – danach unsere Aula, wie auch ein Fraktal aus Keplersternen, das im Jahr der Mathematik 2008 unter ähnlichen Bedingungen beim Cani-Herbstforum entstand. Karl-Heinz Kocar Klaus Heisterkamp beendet aktive Laufbahn Cani-Urgestein verlässt die Arena Seit Jahrzehnten gehört Klaus Heisterkamp als fester Bestandteil zum Canisianum. Daher muss jedes Bemühen, ihn vorzustellen und seine langjährigen Aktivitäten zu würdigen, zunächst wie „Eulen nach Athen tragen“ anmuten. Dennoch soll an dieser Stelle ein Versuch unternommen werden – vielleicht gibt es ja noch Leser, die ihn nicht kennen. Der Anlass dieses Artikels ist das Ausscheiden von Klaus Heisterkamp aus dem aktiven Schuldienst mit Ablauf des vergangenen Schuljahres, also im Sommer 2010. Zwar hatte er schon zwei Jahre über seine Pensionsgrenze hinaus unterrichtet, aber auch das ist für jeden Kenner seiner Persönlichkeit fast schon eine Selbstverständlichkeit. Denn wer seinen Beruf so sehr liebt, wer seine Fächer Latein und Griechisch nicht als Job zum Geldverdienen, sondern als Berufung versteht, wer junge Menschen für alte Sprachen und vor allem für die antike Kultur begeistern will, von dem erwartet man quasi einen „lebenslänglichen“ Einsatz für seine Ideale. Immer war Klaus Heisterkamp mit Leib und Seele Lehrer und dementsprechend gehörte er zu den Pädagogen, die nie darüber sprachen, wie lange sie denn noch bis zur Pensionierung durchhalten müssten. Der hauptsächliche Grund dafür liegt wohl darin, dass seine Fächer, die er unterrichtet hat, für ihn zum Mittelpunkt seines Lebens geworden sind, sie sind in gewisser Weise sein Leben. Er hat sich immer bedingungslos und mit voller Überzeugung für sie eingesetzt Menschen und Momente Menschen und Momente Fortsetzung von Seite 149 151 152 und wird das auch sicher weitermachen, solange ihm seine Schaffenskraft erhalten bleibt. Er ist in beiden Fächern ein kompetenter Fachmann und darüber hinaus ein überzeugter Verfechter der gymnasialen Idee. Allerdings fiel es ihm in der jüngsten Vergangenheit etwas schwer, sich mit den neuen Medien anzufreunden. Der Computer und die Welt der digitalen Kommunikation bildeten einen doch zu großen Kontrast zu den poetischen Werken eines Horaz, Ovid oder Catull. Angesichts seiner Begeisterung für die Antike ist es nicht erstaunlich, dass Klaus Heisterkamp weiterhin seine bekannten Fahrten zu Zielen in Griechenland und Italien anbietet, an denen in vielen Jahren Schüler/innen des Cani, ehemalige Canisianer, Eltern von Canisianern sowie Kolleginnen und Kollegen teilgenommen haben. Dafür und für sein Bestreben, eine umfassende Kenntnis der antiken wie der heutigen Kultur zu vermitteln, hat er den „Verein zur Begegnung Jugendlicher mit Griechenland und Italien“ gegründet. Wer einmal an einer seiner Fahrten teilgenommen hat, dem wird es unvergessen bleiben, wie Klaus Heisterkamp es versteht, Menschen – egal welchen Alters – in seinen Bann zu ziehen. Man muss es erlebt haben, wenn er westfälische Bildungshungrige durch Rom, Athen, Olympia und Delphi führt oder ihnen auf Kreta und Sizilien, in Neapel oder Florenz antike oder neuzeitliche Spuren erläutert. Seine Vorträge sind dabei eine meisterhafte Mischung aus informativen Führungen und humorvollen Einlagen über Land und Leute. Dabei fällt es ihm leicht, seine Gruppen auch durch das moderne Griechenland bzw. aktuelle Italien zu führen, denn er beherrscht neben Latein und Alt-Griechisch auch ihre heutigen Varianten. Das, was jeden Teilnehmer seiner Fahrten aber wahrscheinlich am meisten berührt, sind seine philosophischen, nachdenklichen und in die Tiefe gehenden Ausführungen. Sie entspringen nicht selten seinem tiefen Glauben als katholischer Christ. Wenn man sich vor Augen führt, dass Klaus Heisterkamp in aller Regel seine Fahrten, an denen jeweils bis ca. 25 Personen teilnehmen, selbst plant und organisiert, kann man vielleicht erahnen, wie viel Arbeit damit verbunden ist. Wenn man dann noch berücksichtigt, dass die Organisation vor Ort aus Gründen einer spezifischen mediterranen Mentalität nicht immer komplikationslos abläuft, kann man ansatzweise ermessen, wie viel Enthusiasmus nötig ist, um trotz der einen oder anderen Enttäuschung nicht in seinem Elan nachzulassen. Selbst wenn es eines fernen Tages einmal keine Fahrten mehr unter seiner Regie geben sollte, so wird er seiner Schule doch wohl immer verbunden bleiben. Ad multos annos. Josef Edelbusch, Peter Mönning Julius Ehring (Mitte) umgeben won seinen alten Kollegen Gerda Pi0trowiak, Ulrich Temme, Josef Edelbusch und Karl-Heinz Kocar (v.l.) Besuch bei Julius Ehring in Münster In alter Verbundenheit Es muss im Frühjahr 1983 gewesen sein, als mit Erich Fried einer der bekanntes ten deutschsprachigen Lyriker der Nachkriegszeit am Canisianum zur Lesung weilte. Organisiert hatte diese Veranstaltung Julius Ehring, der seit 1977 als Deutsch- und Sportlehrer am Cani tätig war und mit Engagement das kulturelle Leben an unserem Gymnasium beeinflusste. Die älteren Mitglieder des Cani-Kollegiums werden sich noch daran erinnern, dass dieses Engagement sich auch auf eine Schüler-Theatergruppe erstreckte, die er langjährig mit der Kollegin Susanne Laudick betreute und der die Schule zahlreiche niveauvolle Aufführungen verdankte. Als Julius Ehring dann 1995 infolge einer schweren Krankheit den aktiven Dienst quittieren musste, war die Lücke lange nur schwer zu schließen. Seitdem sind 16 Jahre vergangen, doch die Verbindung zwischen Julius Ehring und dem Kollegium ist nie abgerissen. So tragen auch heute noch der eine oder andere Besuch von älteren Mitstreitern dazu bei, dass die Cani-Vergangenheit des Kollegen lebendig bleibt, besonders da er immer noch an den Entwicklungen der Schule interessiert ist und sie mit Humor begleitet. Bewundernswert ist für die Besucher auch die Energie, mit der Julius Ehring und seine Frau Anne den Einschränkungen durch seine Krankheit begegnen. Diese Energie scheint ihn auch vor allzu resignativen Stimmungen zu bewahren und ihm zu ermöglichen, seine Interessen im Rahmen des technisch Möglichen zu pflegen. Gerold Meischen Menschen und Momente Menschen und Momente Fortsetzung von Seite 151 153 Zeit die Arbeit der AG „Normen und Werte“, einer primär von Eltern getragenen Gruppe zur Profilschärfung unserer Schule. Janina Behlert hatz sich in den letzten Wochen vor den Sommerferien den Anforderungen des Abiturs gestellt und inzwischen die Schule verlassen. So wie sie auf einer der letzten Lehrerkonfe- renzen mit ihrer SV-Mitstreiterin Isabel Kortenbusch auftrat und sich bei dem Kollegium für die gute Zusammenarbeit bedankte, so bedankt sich auch die Schule bei ihr und ihrem SV-Team für eine ungewöhnliche und beeindruckende Zeit der Kooperation. Wir entlassen ungern eine außergewöhnliche Schülerin. Susanne Laudick Janina Behlert erhielt Ehrenamtspreis der Stadt 154 Als Bürgermeister Richard Borgmann am 12. November letzten Jahres im Kapitelsaal der Burg Lüdinghausen zahlreiche Helfer aus den Vereinen und dem öffentlichen Leben für ihr Engagement würdigte und ihnen den Ehrenamtspreis der Stadt als Dankeschön überreichte, zählte auch die Cani-Schülerin Janina Behlert aus der Jahrgangsstufe 13 dazu. Sicher ist Janina nur eine unter mehreren engagierten Vertretern ihrer Jahrgangsstufe und doch ist es kein Zufall, dass gerade ihr der Preis überreicht wurde, denn sie zeichnet sich durch ein überdurchschnittliches Maß an Hilfsbereitschaft und Fürsorge aus, mit dem sie sich für das Wohlergehen Anderer einsetzt. Dabei tritt sie sensibel, ausgleichend und kritisch-konstruktiv auf, so dass es nicht verwundert, wenn ihre Mitschüler sie bereits in der Unter- und Mittelstufe als Klassensprecherin und in der Oberstufe zur Schulsprecherin gewählt haben. Enttäuschungen haben sie nie entmutigen können. Vielmehr sieht sie darin Ansporn und Verpflichtung. So konnten nicht wenige Projekte unter ihrem Einfluss mit Erfolg auf den Weg gebracht werden. Eines davon war die Streitschlichter-AG am Cani – ein Projekt, das mit Engagement auf den sozialen Ausgleich widerstreitender Parteien im schulischen Alltag zielt und das sehr deutlich von Janinas Fähigkeit profitierte, Mitschüler zu motivieren und mitzureißen. Aber es zeichnet Janina nicht nur dieses Engagement für die Schülerschaft aus, sondern auch ihr Eintreten für eine positive Außenwirkung des Canisianum. Mit der ihr eigenen entwaffnenden Offenheit und der nötigen Kreativität bereicherte sie zum Beispiel über lange Schülersprecher Niko Gernitz und Pia Quante im Interview Für die Interessen der Schülerschaft Durch die verkürzte Schulzeit am Gymnasium (G8) zählt inzwischen auch die zehnte Klasse zur Oberstufe, so dass diese Jahrgangsstufe neben den jeweils zwei Vertretern der Klassen elf und zwölf ebenfalls zwei Schülersprecher stellt. Die hauptamtlichen Schülersprecher des Canisianum Pia Quante und Niko Gernitz berichten im Gespräch mit dem Kreiskurier von den Neuerungen in der Schülervertretung (SV). Frage: Ihr seid jetzt schon seit einem Jahr im Amt und habt damit einige Erfahrungen gesammelt. Was erwartet ihr von den hinzugekommenen SVVertretern? Niko Gernitz: Wir wollen gar keine Erwartungen anstellen, sondern sind überzeugt davon, dass Sonja, Lukas, Mirja-Lisa und Till wissen, worauf sie sich eingelassen haben. In ihrem ersten Menschen und Momente Menschen und Momente Nachahmer willkommen! 155 Jahr dürfen die vier viele Erfahrungen mitnehmen, die sie dann im nächsten Jahr weitergeben können. Das beginnt mit der ersten Schulkonferenz und der zu organisierenden SV-Fahrt. Hier haben wir die Möglichkeit, uns aufzustellen und uns in Streitfragen zu positionieren. Ich denke dabei an die Auflösung der bisher geltenden Rahmenbedingungen für das Berufspraktikum, aber auch an die Valentinstag-Aktion, die von den Schülerinnen und Schülern kaum mehr wahrgenommen wird. Menschen und Momente Frage: Welche Aufgabe hat die Schülervertretung? 156 Pia Quante: Ganz einfach gesagt vertreten wir die Interessen der Schülerinnen und Schüler unserer Schule, die uns dafür auch gewählt haben. Doch man kann nicht nach einer einzigen Aufgabe fragen, denn als Schülersprecher muss man vielfältig sein. Auf der einen Seite vertreten wir, wie bereits erwähnt, die Schülerschaft in der Schulkonferenz, aber auf der anderen Seite erfordert es auch neben einer gewissen Willensstärke und Durchsetzungskraft Spontaneität und Freude an organisatorischen Tätigkeiten. Niko Gernitz: Jeder kennt das Engagement der SV, was die altbekannten Aktionen betrifft, doch es geht noch weiter: Wir möchten Schule auch ein Stück weit zum Erlebnis machen und ein Gemein- schaftsgefühl schaffen, um auch Mobbing und dem Einfluss der rechten Szene entgegentreten zu können. So schön das alles auch klingt, wir müssen uns aber auch eingestehen, dass wir keine Wunder vollbringen können. Frage: Was sind diesbezüglich die Ziele und weitergehenden Überlegungen der SV? Pia Quante: Wir haben erkannt, dass wir einfach nicht alle Schülerinnen und Schüler erreichen. Allerdings konzentrieren wir uns seit diesem Jahr verstärkt darauf, über die Klassensprecher/Innen und Stufensprecher/Innen Bewegung in diese Angelegenheit zu bringen. Daher freut es uns sehr, dass uns die Katholische Studierende Jugend (KSJ) hier Hilfestellungen bietet. Nachdem sie uns bereits bei der Projektwoche unterstützt hat, welche im Wesentlichen von der SV organisiert wurde, planen wir gemeinsam nun eine SV-Kletterfahrt im Mai, die vor allem an die jüngeren Klassensprecher gerichtet ist, damit sie sehen, dass es sich lohnt, Teil der SV zu sein und es ihnen ermöglicht wird, Kontakte über ihren Jahrgang hinaus zu knüpfen, was schließlich den Jüngsten helfen wird, sich in der Schulwelt zurechtzufinden. Dieses Gemeinschaftsgefühl soll dann in die Klassen weitergetragen werden. Niko Gernitz: Wir gehen, was diese Kooperation angeht, sogar noch einen Schritt weiter und bieten den älteren Stufensprechern bald eine KSJ-SV-Fortbildungsfahrt an. Hier wünschen wir uns, dass den Klassensprechern der Klasse 9 vermittelt wird, wie ein positives Miteinander in einer Jahrgangsstufe möglich ist, sobald sich ihre alten Klassen in die einzelnen Kurse auflösen. Allen gemeinsam bieten wir einen Einblick in die Rechte der SV und machen ihnen das Amt des Schülersprechers schmackhaft. Da diese Punkte die Stufensprecher der Einführungsphase und der Klasse 11 nicht mehr interessieren, spezialisieren wir uns hier darauf, Hilfestellungen bezüglich der Abi-Koordination zu leisten. Denn wir wissen aus eigener Erfahrung, dass man sich ein Jahr vor dem Abschluss oft damit überfordert fühlt, Veranstaltungen wie den Abi-Ball, die Abi-Vofi und weitere Events auf die Beine zu stellen. Da sind junge Erwachsene gefordert, die Verantwortung zu übernehmen und ihr organisatorisches Geschick unter Beweis zu stellen. Solche Leistungen bleiben aber meistens unbemerkt und sollten viel mehr Anerkennung erfahren. Pia Quante: Bisher war unsere Zusammenarbeit sehr angenehm. Wenn sich Probleme anbahnen, sammeln wir die einzelnen Argumente und finden immer schnell einen Kompromiss. Jeder hat die Möglichkeit, seine Meinung zu sagen und das ist auch gut so. Zudem meine ich, dass man eindeutig vernünftiger arbeiten kann, wenn man zu sechst ist. Dann wird auch eine Arbeitsteilung möglich. So kann sich jeder um seine Aufgabe kümmern und weiß, dass er jederzeit mit der Hilfe der anderen rechnen kann. Frage: Aber wird es nicht eindeutig schwieriger, mit sechs Leuten in der SV vernünftig zu arbeiten, wenn viele verschiedene Meinungen aufeinandertreffen? Niko Gernitz: An der Schulsituation allgemein etwas zu ändern, wäre wirklich schwer, denn jeden hier bewegt etwas anderes. Mit der anlaufenden Aktion „Schule mit Courage – Stimmen gegen Niko Gernitz: In dem Zusammenhang ist besonders wichtig, dass alle den gleichen Anlaufpunkt haben und dieser ist unser neuer SV-Raum, den wir wirklich brauchen. Mit dem neuen Sofa wirkt er bereits wohnlich und man setzt sich gerne zusammen, um alles Mögliche zu besprechen. Da haben wir sogar Platz für zwei weitere, so dass auch unsere SVLehrer Clemens Brüggenolte und Sigrid Dorprichter ihren Platz haben – um sie auch einmal zu erwähnen. Frage: Was würdet ihr an der jetzigen Schulsituation gerne ändern? Menschen und Momente Fortsetzung von Seite 155 157 Fortsetzung von Seite 157 Menschen und Momente Rechts“ wollen wir Rassismus an unserer Schule zum Thema machen. Es scheint zwar bei uns keinen Grund dafür zu geben, denn schließlich ist die Anzahl der Menschen mit Migrationshintergrund im Kreis Coesfeld relativ gering, doch gerade deshalb bilden sich schnell Vorurteile, weil man den Gegenüber einfach nicht kennt. 158 Pia Quante: Es ist viel Arbeit, die wir in diesem Jahr angestoßen haben, doch wir hoffen, dass vor allem die Kooperation mit der KSJ weiter gut läuft, die uns viel ermöglicht. Erwartungen haben wir auch gegenüber einer neuen Schulleiterin oder einem neuen Direktor. Seit diesem Jahr steht für uns auch im Fokus, die Schülerschaft des Cansianum mehr in das gesellschaftliche Geschehen Lüdinghausens einzubinden. Das begann mit den Projekttagen zum Thema „Was is(s)t die Welt“, die sich oft auch mit kritischen Fragen auseinandergesetzt haben. So sammelte beispielsweise eine Projektgruppe Lebensmittel für die Tafel in Lüdinghausen und machte auf dem Marktplatz auf soziale Missstände in unserer doch so wohlhabenden Region aufmerksam. Niko Gernitz: Es ist auch die Sozial-AG zu erwähnen, die in den Startlöchern steht. Hier werden Senioren von Schülern im Umgang mit dem Computer unterrichtet. Auch hier setzen wir auf mehr Präsenz. Denn wir wollen nicht nur behaupten, sondern auch zeigen, dass für uns die Gemeinschaft im Mittelpunkt steht. Canisianer spenden: Geld Canisianer spenden: Blut Die Schülersprecherinnen Janina Behlert (l.) und Isabel Kortenbusch (r.) sowie die SV-Lehrerin Sigrid Dorprigter freuten sich Ende Januar diesen Jahres über das Ergebnis der Spendensammlung für Haiti. 660,- Euro sammelten die jeweiligen Klassensprecher von ihren Mitschülerinnen und Mitschülern ein. Das Leid der Menschen in dem von einem katastrophalen Erdbeben heimgesuchten Land habe die Jugendlichen betroffen gemacht, so SV-Lehrerin Dorprigter. Das Geld wurde wie die Spenden der drei anderen weiterführenden Schulen in Lüdinghausen an die Kindernothilfe überwiesen. WN Seit fünf Jahren hat die jährliche Blutspende am Canisianum ihren festen Platz im Terminkalender der Schule. Ende Januar 2010 fand der Aufruf des DRKBlutspendedienstes eine große Resonanz. Von den 57 Jugendlichen ab 18 Jahren, die sich an der Aktion beteiligten, waren 35 Erstspender. Entsprechend erfreut waren nicht nur die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Blutspendedienstes, sondern auch die SV-Lehrerin Sigrid Dorprigter. Bei ihr liefen die Fäden der Organisation zusammen. Auf den Blutspendetermin vorbereitet wurden die Jugendlichen durch ihren Mitschüler Felix Rusche. Der DRK-Ausbilder informierte eine Woche vor dem Termin über alle Fragen rund um das Blutspenden. Bei der damaligen Typisierungsaktion entstand nicht nur die Initiative für regelmäßige Blutspendetermine, sondern auch die für die Gründung eines Schul-Sanitätsdienstes. WN Vermischt und Aufgeschrieben Die neuen Schülersprecher des Canisianum: (v.l.) Mirja-Lisa Walz (Klasse 10), Till Hönecke (Klasse 10), Lukas Klunke (Klasse 11) und Sonja Neitzke (Klasse 11). 159 Zur historischen Entwicklung des Canisianums, Teil 1 Von den Anfängen bis in die Nachkriegszeit 160 Hürfeld und das Schülerheim Um den Anfängen des Canisianums nachzuspüren, muss man noch ein wenig weiter zurückschauen und dieser Blick zurück lohnt sich durchaus, denn das Canisianum hat zu Recht Grund, auf diesen Teil seiner Wurzeln und seiner Geschichte stolz zu sein. Die schulische Geschichte ist untrennbar mit dem Engagement eines damals jungen Pfarrers namens Bernhard Hürfeld verbunden. Als dieser 1924 nach Lüdinghausen kam, hatte er die Gründung einer schulischen Anstalt bereits fest im Blick: Die Etablierung des Schulträgervereins erfolgte ein Jahr darauf am 10.April 1925. Über die Motivation, sich für zum Teil entwurzelte junge Menschen einzusetzen, kann man heute nur spekulieren, sie dürfte allerdings eng mit seinem christlichen Weltbild zusammenhängen. Dazu beigetragen haben sicher auch die Erfahrungen Bernhard Hürfelds in den sozialen Brennpunkten des Arbeiterstadtteils Berlin-Wedding. Auch dort gründete Pfarrer Hürfeld bereits ein Kinder- und Jugendhilfewerk. So gelang es ihm, Ende 1925 in der Münsterstraße 32 ein Schülerheim zu eröffnen, das zur Landwirtschaftsschule gehörte, die sich in der Burg Lüdinghausen befand. Der Ursprung des Namens Dass Bernhard Hürfeld dieser Einrichtung den Namen „Canisianum“ gab, lag in mehrfacher Hinsicht nahe: Als Jesuit war er dem ersten deutschen Jesuiten Petrus Canisius besonders verbunden, denn dieser war ein erfolgreicher, so- Oben: Schülerheim in der Münsterstraße Rechts: Schulgründer Bernhard Hürfeld Vermischt und Aufgeschrieben Vermischt und Aufgeschrieben Fragt man in Lüdinghausen nach den Anfängen unserer Schule, so erhält man von dem einen oder anderen Interessierten zwar die Antwort, dass das Canisianum die erste höhere Bildungseinrichtung war, die nach dem Zweiten Weltkrieg in Nordrhein-Westfalen ihren Betrieb wieder aufnehmen konnte, weitere Kenntnisse über die Historie unserer Schule aber liegen kaum vor. 161 Links: Das Kollegium des Canisianum im Jahre 1938 Mitte: Die Küche des Schulheims in den 20er Jahren Rechts: Der Präfekt des Canisianums, Johannes Goebels, hier von Schülern umringt, wurde 1944 im Konzentrationslager Dachau ermordet. 162 zial engagierter Wisssensvermittler. So stellte er zum Beispiel dem lutherischen Katechismus eine katholische Ausgabe gegenüber, die allein bis zu seinem Tode über 200-mal nachgedruckt wurde. Ferner besuchte Pfarrer Hürfeld während seines Studiums und seiner Promotion in Innsbruck eine Einrichtung mit diesem Namen, die auch schon die Kardinäle Frings und von Galen beherbergt hatte. Im Jahr 1925 setzte zudem mit der Heiligsprechung von Petrus Canisius sowie mit dessen Ernennung zum Kirchenlehrer eine Canisius-Verehrung ein. Von Anfang an versuchte Bernhard Hürfeld, sein Unternehmen in Lüdinghausen gegen alle Widerstände zu erweitern. So wurde im Jahre 1927 ein weiteres Haus in der Klosterstraße gekauft, um der steigenden Nachfrage von auswärtigen Schülern gerecht zu werden. Zu den Aufgaben Bernhard Hürfelds zählten in dieser Phase nicht nur die Leitung dieser Häuser, sondern nach wie vor auch seine Tätigkeit als Religionslehrer an der genannten Landwirtschaftsschule. Schule mit Bauernhof Mit der Wirtschaftskrise Ende der 20er Jahre sank die Nachfrage nach Internatsplätzen in den Schullandheimen. Pfarrer Hürfeld versuchte das auszugleichen, indem er Vorbereitungskurse auf das Abitur anbot. So wurde 1932 das „Pädagogium Canisianum“ als Vorbereitungsanstalt ohne Abschlussberechtigung gegründet. Auch mit dieser Gründung hatte Bernhard Hürfeld durchschlagenden Erfolg, und daher mietete er 1935 sowohl das Schloss Westerholt als auch das Haus Schrey in der Münsterstraße 51 an. Auf dem Gelände des Schlosses entstanden Pavillons, und zur Versorgung der Schüler sowie Angestellten wurde in DülmenMerfeld der Marienhof gepachtet. An schulfreien Tagen war dieser Bauernhof gleichzeitig ein beliebtes Ausflugsziel für Schüler und Lehrer. In diesen Jahren besuchten um die 300 Schüler das Canisianum, die von mehr als 20 Lehrern betreut wurden. Nationalsozialisten machen Druck Gleichzeitig zogen dunkle Wolken aus einer ganz anderen Richtung auf. Früh zeichnete sich ab, dass es mit den Nationalsozialisten große Konflikte geben würde. Eine geplante Übernahme einer Schule auf der Nordseeinsel Juist wurde von den Nationalsozialisten aus politischen Gründen untersagt. Damit begann der ungleiche Kampf des entschiedenen Pfarrers mit dem erkennbar mächtigeren Regime. Bernhard Hürfeld wurde zunächst die Lehrerlaubnis für seine Fächer Deutsch und Geschichte entzogen, und 1936 wurde die zwangsweise Entlassung aus dem Dienst an der Landwirtschaftsschule angeordnet, und zwar ohne Pensionsansprüche. Ende 1938 erfolgte dann die Anordnung der stufenweisen Einstellung des Lehrbetriebs am Cani- Vermischt und Aufgeschrieben Vermischt und Aufgeschrieben Fortsetzung von Seite 161 163 Die Baracken beherbergten bis zur Einweihung der Schule 1967 den kompletten Schulbetrieb. Fortsetzung von Seite 163 Bernhard Hürfeld im Religionsunterricht des Jahres 1959 Inhaftierung der führenden Köpfe Der abschließende Schlag gegen die Schulinstitute Bernhard Hürfelds erfolgte im Herbst 1942: Alle Gebäude wurden beschlagnahmt, der Betrieb des Schullandheims endgültig geschlossen. Anlass war ein Jungenstreich von Schülern des Canisianums. Daraufhin wurden die führenden Köpfe der Schule festgenommen: Bernhard Hürfeld, Kaplan Anton Bornefeld, Pfarrer Johannes Goebels, Dr. Kleinesorge und Dr. Brockhoff. Zunächst erfolgte die Verschleppung in ein Gefängnis nach Recklinghausen und von da im Januar 1943 die Einweisung in das KZ Dachau, wobei die Geistlichen im dortigen Pfarrerblock interniert wurden. Pfarrer Goebels überlebte die dortige Tortur nur vier Wochen. Dr. Kleinesorge, der Leiter der Landwirtschaftsschule, starb nach einem Jahr KZ-Aufenthalt. Die Asche von Dr. Kleinesorge konnte Pfarrer Hürfeld noch mit nach Lüdinghausen bringen, wo er sie im September 1945 beisetzen ließ. Kriegsende und Neugründung Unvorstellbar erscheint heute die Energie, über die Bernhard Hürfeld damals verfügt haben musste, um nach der schweren Zeit im Pfarrerblock von Dachau sich sofort wieder seinem Lieblingsprojekt – der Gründung einer katholischen Schule – zu widmen. Sein KZ-Aufenthalt wendete sich jetzt allerdings zu einem Vorteil: Einen besseren Vermischt und Aufgeschrieben sianum, dessen Größe auf 400 Schüler und 30 Lehrer angewachsen war. Diese Aufforderung wurde 1939 wiederholt: Als Schließungsdatum der Anstalt wurde das Jahr 1941 angegeben. 1942 wurde der Lehrbetrieb des Canisianums dann endgültig eingestellt, während der Internatsbetrieb des Schullandheims vorerst weitergeführt werden konnte. 165 Vermischt und Aufgeschrieben Fortsetzung von Seite 165 166 Beweis, nicht in die Machenschaften der Nazis verstrickt gewesen zu sein, konnte es nicht geben. Nach dem Krieg setzte Bernhard Hürfeld seine Vision einer katholisch geprägten Schule weiter um: Zunächst erfolgte die Wiederaufnahme des Schulbetriebs 1945, als von der Existenz eines Bundeslandes NordrheinWestfalen noch gar nicht die Rede sein konnte, denn auf dessen Gründung verständigten sich die Briten als alliierte Siegermacht erst 1946. Im Zuge der Realisierung der Vision Bernhard Hürfelds folgte die Gründung einer Realschule mit Internat auf Burg Crassenstein und die Planung des Neubaus des Canisianums, dessen Vollendung 1967 zu erleben Bernhard Hürfeld aber nicht mehr vergönnt war. Er starb am 19. Oktober 1966. Dr. Georg Schütz Gastschüler aus aller Welt Die heimatliche Familie wurde vermisst Von Italien nach Deutschland, um die Sprachen Latein und Altgriechisch zu lernen? Diesen Weg ist Alessia Bove gegangen. Die 18-Jährige aus der Nähe von Neapel hat sich für ihr Austauschjahr bewusst das Canisianum in der Steverstadt ausgewählt. „In meiner Heimat wäre das so nicht möglich“, betonte sie. Da seien der Fächerkanon viel starrer strukturiert und die Wahlmöglichkeiten deutlich geringer. Dementsprechend kam sie über eine Austauschorganisation nach Deutschland. Über dieses Engagament der jungen Italienerin und ihre Liebe zu den alten Sprachen freuten sich nicht zuletzt Klaus Heisterkamp, der seit vielen Alessia Bove aus Italien (vorne links), Rodrigo Orriolagotia aus Bolivien und Ida Laybourn aus Dänemark verbrachten das letzte Schuljahr am Canisianum. Sie wurden dabei von Uwe Carstens (hinten rechts.), Klaus Heisterkamp (hinten Mitte)und Edgar Dohmen betreut. Jahren als Lehrer für Latein und Altgriechisch am Cani aktiv ist, und sein Kollege Edgar Dohmen. Doch die produktive Möglichkeit des Lernens am Cani hat sich allem Anschein nach noch weiter herumgesprochen. So besuchte mit Rodrigo Orriolagotia ein junger Bolivianer die Jahrgangsstufe 11. „Ich habe in meiner Heimatstadt Santa Cruz früher die deutsche Schule besucht und mein Großvater war Deutscher“, berichtete der 17-Jährige und äußerte seinen Wunsch, dieses Land selbst zu bereisen. Ida Laybourn kam dagegen aus Kopenhagen. Die Dänin hatte Deutschland während eines Urlaubs erlebt. „Danach Vermischt und Aufgeschrieben Das ehemalige Internatsgeäude steht noch immer in der Münsterstraße. wollte ich das Land besser kennenlernen“, betonte sie im Gespräch und kam nach Lüdinghausen, wo sie sich mittlerweile sehr wohl fühlt. Sprachschwierigkeiten und die Gedanken an Familie und Freunde hätten den Anfang etwas schwierig gestaltet, aber das habe sich schnell gelegt, sagte die 18-Jährige. Geholfen habe dabei vor allem auch Dr. Uwe Carstens, der am Cani als Oberstufenkoordinator für die Betreuung der ausländischen Gastschüler zuständig ist. „Madonna mia“, entfuhr es Alessia Bove auf die Frage nach den Sprachproblemen im Unterricht. Das wollte sie allerdings nicht auf das Lateinische oder Griechische bezogen wissen, da fühle sie sich sicher. Vielmehr ging es um die deutsche Sprache, die ihr in den ersten Wochen viel zu schnell gesprochen wurde. Doch auch das habe sich dank eines „Spezialtrainings“ gelegt, versicherte Klaus Heisterkamp, der darüber hinaus mit seinen Italienischkenntnissen gut als Dolmetscher fungieren konnte. Alle drei Jugendlichen waren sich sicher, dass sie von ihren Erfahrungen in Deutschland später beruflich profitieren werden. So könnte sich Rodrigo vorstellen, in seinem Gastland z. B. Medienwissenschaften zu studieren. Eines vermissten aber alle drei – ihre Familien. Bei Alessia klang das so: „Weihnachten waren wir hier zu viert. Zu Hause in Italien sind wir 30 Leute, die feiern.“ WN 167 Leonie Wiedom über ihr Studium in England 168 Bereits in der Jahrgangsstufe 11 wusste ich, dass ich Psychologie studieren wollte. Das Verhalten von uns Menschen empirisch zu untersuchen – etwas Spannenderes konnte ich mir nicht vorstellen. Auch die Praktika in einer Psychiatrischen Einrichtung sowie im PR-Bereich bei einer Organisation für Entwicklungshilfe stärkten mich in meiner Überzeugung. Dass es allerdings so schwierig würde, einen Studienplatz zu finden, hatte ich unterschätzt. Nachdem ich die Sommerferien nach dem Abitur 2007 mit dem Verfassen von Bewerbungsschreiben verbracht hatte, war die Enttäuschung groß, als ich nicht sofort einen Studienplatz bekam. Zum Glück stand noch ein Englisch-LK-Treffen an, bei dem mir Herr Dr. Carstens vorschlug, mein Studium in England zu beginnen: Canterbury sei ein attraktiver Studienort. Für mich war die Option neu, obwohl ich mir schon seit Längerem vorstellen konnte, einmal für eine gewisse Zeit ins Ausland zu gehen – aber dort zu studieren und dann ohne jegliche Erfahrung, wie das System „Uni“ funktioniert … ? Da ich aber nichts unversucht lassen wollte, habe ich mich für ein Psychologiestudium (BSc) an der University of Kent in Canterbury und auch an der University of Edinburgh beworben. Nach drei Tagen hatte ich die Zusagen. Um auch wirklich sicher zu sein, habe ich bestimmt viermal in Canterbury angerufen und gefragt, ob die Zusage nicht doch ein Missverständnis sei. „Of course, not!“, hieß es. „Congratulations, Leonie! We can’t wait to welcome you in Canterbury.“ Spätestens ab dem Moment war mir klar, dass ich den Studienplatz in Canterbury annehmen würde. Einen so herzlichen Umgang war ich von vielen deutschen Universitäten, mit denen ich Verbindung aufgenommen hatte, nicht gewohnt. Auch wenn der Anfang in der fremden Stadt natürlich nicht ganz einfach war, denn England hat trotz seiner räumlichen Nähe eine ganz andere Kultur, bin ich im Nachhinein glücklich und dankbar, dass ich diesen Schritt gewagt habe. Die Aufgeschlossenheit der englischen Studentinnen und Studenten, die persönliche Beziehung zu den Professoren, das internationale Umfeld mit Studenten und Dozenten aus über 130 Nationen, das Angebot an Wahl- und Pflichtfächern, die Auslandsaufenthalte während des Studiums sowie die Freizeitmöglichkeiten machen die Universität Kent wirklich einzigartig. Außerdem ist Canterbury mit seiner Kathedrale als Zentrum der Anglikanischen Kirche Englands eine äußerst sehens- und lebenswerte historische Stadt in einer wunderschönen Landschaft. Nicht zuletzt aufgrund der zwei Universitäten in Canterbury hat auch das Nachtleben einiges zu bieten. Da mir das Psychologiestudium an der University of Kent so gut gefiel und es sich auch herausstellte, dass ein Wechsel nach Deutschland während des Bachelorstudiums nicht ganz unkompliziert ist, bin ich dort drei Jahre geblieben – bis ich im Juli 2010 meinen Bachelorabschluss hatte. Die festliche Zeugnisübergabe in der Kathedrale mit Orlando Bloom als Ehrengast (gebürtig aus Canterbury) wollte ich mir nicht entgehen lassen. Mein Studium ist international anerkannt – auch in Deutschland. So stehen mir also nun alle Türen offen. Seit September 2010 studiere ich Social & Organizational Psychology (MSc) in Leiden in den Niederlanden, wo ich sehr von meinem Fachwissen aus der Zeit in England und natürlich von den Sprachkenntnissen profitiere. Der Master wird in den Niederlanden für die meisten Fächer auf Englisch angeboten. Natürlich ist es eine Herausforderung, sich in einem fremden Land zurechtzufinden und man lernt seine Heimat zunehmend zu schätzen. Aber ich bin sehr stolz auf meine internationalen Erfahrungen. Wenn sich jemand von euch/Ihnen näher für ein Studium in England oder den Niederlanden interessiert, könnt ihr euch/ können Sie sich gerne bei mir melden, und zwar unter der Adresse: „Leoniewiedom@aol.com“. Bye for now, tot ziens und bis bald, Leonie Cani Community Cani Community Abitur – und was dann? 169 Cani Community Mit der Sonne im Gepäck … 170 Kurz vor den Abi-Vorklausuren entschied ich mich, nach dem Abitur erst einmal ein Jahr freizumachen, bevor es mit dem Studium losgehen sollte. Meine Wahl fiel schnell auf Südamerika und hier auf Ecuador, benannt nach der Äquatorlinie, die durch das Land läuft. Somit machte ich mich nur wenige Tage nach unserem Abiball im Sommer letzten Jahres auf die weite Reise in eine für mich vollkommen unbekannte und aufregende Welt. Ich sollte eine neue Sprache lernen, viele interessante Menschen treffen und eine wunderschöne Zeit dort verbringen. Ich kam in der Nacht bei strömendem Regen in Quito, der Hauptstadt Ecuadors, an. Der Landeanflug gestaltete sich ziemlich spektakulär, weil wir in 2800 Metern Höhe auf ein Häusermeer zuflogen, an dessen Ende ein Berg emporragte. Abgeholt wurde ich von einem Lehrer der Sprachschule, in der ich Spanisch ein Meerschwein zu essen, ist gar nicht schön. Nach diesem ersten, verrückten Wochenende begann unser Sprachkurs. Wir waren eine Gruppe von drei Mädchen und hatten immer eine Menge Spaß mit unserer Lehrerin, die uns zuerst Worte wie „Chuchaqui“ (einen Kater haben) und „Te quiero“ (ich mag dich) beibrachte. Grundlegende, wichtige spanische Wörter, wie sie fand. Nach vier Wochen Sprachkurs begann dann endlich meine Arbeit in der Fundacíon S.O.S Santa Rita, einer Kindertagesstätte im Süden der Stadt Quito. Die Busfahrt dauerte jeden Morgen bei viel Verkehr eineinhalb Stunden und kostete 25 Cent. Meine Aufgabe in der Kindertagesstätte bestand darin zu helfen, wenn die Kinder aßen, mit ihnen zu spielen, zu basteln, zu malen, sie ganz viel zu knuddeln und ihnen Liebe zu schenken. Diese bekamen sie von den Gruppenleiterinnen nämlich leider nur sehr selten. Morgens, wenn man durch das Tor kam und den Comedor (Speisesaal) betrat, rannten einem die Kinder schon entgegen und riefen „Hola Ela“. Ich war so fasziniert von diesen Kindern, die alle so süß waren und sich mit dem wenigen zufrieden gaben, was sie hatten. Einmal fragte mich beim Mittagessen ein Kind, ob meine Schwester zu Hause ein Bett hätte, da sie selbst nur auf Pappkartons schlafe. Die Vorstellung, dass das Cani Community Raphaele Potts als Volunteer in Ecuador lernen sollte. Er sprach mich in schnellem Spanisch an, aber alles, was ich bis dahin wusste, war „Hola, como estás?“ („Wie geht’s dir?“). Er erzählte mir von der Cocktailparty, die an diesem Abend in der Schule stattgefunden hatte und ich bekam das Gefühl, dementsprechend fuhr er auch. Mit dem nächsten Satz lud er mich zu einer Fiesta ein. Ständig hupte er, überholte rechts und links. Einige Zeit später erfuhr ich, dass dies für Ecuador ganz normal war. Straßenverkehrsregeln gibt es kaum. Wer als Erster hupt, darf fahren. Carlos, der Fahrer, brachte mich zu meinem neuen Zuhause, dem „Volunteer house“, in dem viele Freiwillige aus Deutschland, Österreich, aber auch aus England, Holland oder Kanada lebten. In der Nacht lernte ich meine Zimmerpartnerin Judith kennen, mit der ich mich wie mit einer Schwester verstand. Am nächsten Tag gab es eine Einführung in der Sprachschule und eine kleine Stadtführung. Wir lernten hierbei schon viele Leute kennen und meldeten uns sofort für den ersten Ausflug mit der Sprachschule zum Otavallo-Markt an – ein Ausflug zu einem traditionellen Indigena-Markt. Wir waren überwältigt von all den Farben, den Menschen und der Kultur. Dort in Otavallo hatten wir auch die Möglichkeit, das landestypische „Cuy“-Essen (Meerschweinchen) zu probieren. Es schmeckt eigentlich wie Hühnchen, aber die Vorstellung, gerade 171 172 Mädchen mit seinen vier Geschwistern auf Kartons schlafen musste, macht mich jetzt noch traurig. Die Kinder sind mir in den drei Monaten, in denen ich dort gearbeitet habe, so sehr ans Herz gewachsen, dass es mir schwerfiel, von dort wegzugehen. Die Fröhlichkeit und Herzlichkeit, mit der mir die Kinder begegneten, zeigten mir jeden Tag wieder aufs Neue, dass man sich mit dem zufrieden geben sollte, was man hat. An den Wochenenden begaben wir uns immer wieder auf aufregende Reisen durch das wunderschöne Ecuador. Es gab so viel zu entdecken. Besonders beeindruckend war der Ausflug in den Dschungel. Wir mussten zwei Stunden mit dem Kanu fahren, um zu unserer Lodge zu kommen. Dort lebten wir vier Tage ohne Strom und warmes Wasser – zusammen mit Taranteln, Schlangen und Moskitos. Wir sahen Krokodile, rosa Flussdelfine, giftige Frösche und Affen. Außerdem backten wir Yuka-Brot mit einem echte Schamanen und seiner Frau. Das Brot bestand nur aus der Wurzel der Yuka-Pflanze. Die Reisen an die Küste, zu Kraterseen, Nebelwäldern, Wasserfällen und Vulkanen waren einfach nur unbeschreiblich. Die Schönheit der Natur dieses Landes ist einfach überwältigend und atemberaubend. Oft setzten wir uns abends in einen der Nachtbusse und fanden uns am nächsten Morgen in einer vollkommen neuen Welt wieder, denn Ecuador gliedert sich in so unterschiedliche Räume wie die Costa (der Küstenstreifen), die Sierra (das Gebirge) und den Oriente (den Osten) mit dem Regenwald. Dennoch blieben wir auch häufig in der Hauptstadt Quito, die relativ westlich wirkt, um die Altstadt im Kolonialstil zu erkunden, im Park zwischen Einheimischen landestypische Spezialitäten zu probieren und uns die Sonne ins Gesicht scheinen zu lassen. Abends gingen wir oft in unserem Viertel, was „Gringolandia“ genannt wurde, da dort viele Gringos (westliche Menschen) leben, in Restaurants, Bars und Clubs. Gerne besuchten wir auch die Salsa-Läden, um dort mit Einheimischen unsere im Unterricht erlernten Salsa-Rhythmen zu verbessern. In dieser Zeit habe ich viele Einheimische kennengelernt, die uns immer wieder neue, aufregende Dinge ihrer Kultur gezeigt haben und mit denen wir Spanisch sprechen konnten. Ich war immer wieder erstaunt über ihre Offenheit, Herzlichkeit und Großzügigkeit. Es wurde immer alles geteilt, obwohl viele Menschen dort nur sehr wenig haben. Leider wurde unsere Euphorie in Bezug auf dieses Land und die Leute durch einen Putschversuch getrübt. Ende September 2010 streikte die Polizei in ganz Ecuador. Banken, Supermärkte, kleine Läden und selbst die Menschen auf der Straße wurden ausgeraubt. Die Menschen liefen mit Waffen über die Straße. Auf den Straßen lag Dreck, und Autoreifen brannten. Der Präsident wurde von einer Rauchbombe getroffen und lag im Krankenhaus. Alle Menschen wurden aufgefordert, im Haus zu bleiben. Wir Volunteers saßen zusammen vor dem Fernseher und verstanden zuerst gar nicht so recht, was um uns herum eigentlich passierte. Keiner konnte uns sagen, wie lange dieses Chaos andauern würde. Die Grenzen waren gesperrt und die Flughäfen geschlossen. Zum Glück schien sich die Lage bereits am nächsten Tag wieder beruhigt zu haben. Nichtsdestotrotz herrschte immer noch der Ausnahmenzustand. Das Militär fuhr in Lastwagen und mit Gewehren in der Hand durch die Straßen. Bevor ich mein zweites Projekt auf den Galápagos-Inseln starten sollte, hatte ich zwei Wochen Urlaub und begab mich mit meiner Schwester, die mich in diesem Teil der Welt besuchte, auf eine Bagpacking-Tour durch Peru und Bolivien. Auch hier erfuhren wir die Freundlichkeit der Südamerikaner und die Vielfalt dieser beiden Länder. Nach dieser Reise startete ich in ein weiteres Abenteuer. Ich machte mich auf in die verzauberte Welt der GalápagosInseln. Dort arbeitete ich vier Wochen in der Station „Fundación Jatun Sacha“ auf der Insel San Christóbal. Diese Stiftung bemüht sich seit vielen Jahren darum, überall in Ecuador die Wiederaufforstung, die Wiederherstellung von Biotopen und die Landwirtschaft zu fördern. In der Station lebten wir unter sehr einfachen Bedingungen in Holzund Betonhäusern. Tagsüber gab es zwei Arbeitseinheiten, in denen wir entweder für den Nationalpark arbeiteten oder auf unserer Station Mora (Himbeere) hackten, da diese dort für die anderen Pflanzen gefährlich ist. Am Wochenende ging es immer hinunter in den Hafen. Dort waren wir oft am Strand, wo wir mit Robben, Schildkröten, bunten Fischen und Haien schwimmen und schnorcheln gingen. Das halbe Jahr als Volunteer in Ecuador hat mich stark geprägt. Ich würde die Entscheidung, nach dem Abitur ins Ausland zu gehen, immer wieder treffen und kann diesen Schritt nur jedem empfehlen. Raphaele Potts Cani Community Cani Community Fortsetzung von Seite 171 173 Raphael Reher und Tobias Thüner berichten von spannenden Erfahrungen Cani Community Nach dem Abitur 29 Tage durch Europa 174 Nachdem wir im letzten Frühjahr erfolgreich unser Abitur am Cani gemacht hatten und dies auf dem Abiball noch einmal ausgiebig mit allen Weggefährten feiern konnten, starteten wir einige Tage später unsere lang geplante und ersehnte Europatour. Die strapaziösen Lernwochen und nervenaufreibenden Klausuren hinter uns lassend, packten wir das Auto, das wir glücklicherweise von unseren Eltern gestellt bekamen und das für den nächsten Monat unser Zuhause darstellen sollte, und machten uns auf den Weg. Am 15. Juli 2010 verließen wir bei Zur Erholung verbrachten wir die nächsten zwei Tage vorwiegend im Auto und bewegten uns dabei in Richtung Provence. Auf dem Weg ließen wir natürlich nicht den spektakulären Canyon du Verdon aus, der mit seinen 900 Metern Tiefe und wilden Geiern für unvergessliche Bilder sorgte. Nach einer Nacht im Garten des überaus gastfreundlichen provencalischen Bauern Kader besuchten wir dann die netten Städte Aix-en-Provence, Nîmes und Arles. In Avignon konnten wir dann übernachten und hatten zudem das Glück, dort gerade zur Zeit der weltberühmten Theaterwochen aufzukreuzen. So bot sich uns ein sehr skuriles Stadtbild, bei dem jede Laterne, jeder Zaun und alles nur Vorstellbare mit einem Plakat von einer der vielen Theatergruppen behängt oder beklebt war. Weiter ging es über die Pont du Gard und durch die Camargue Richtung spanische Grenze. Nachdem wir Perpignan als die für uns schönste südfranzösische Stadt kürten, ging es weiter nach Carcassonne an den Rand der Pyrenäen. Dort erlebten wir eine komplett erhaltene mittelalterliche Stadt, die vielen eventuell durch das gleichnamige Brettspiel ein Begriff ist. Wieder am Mittelmeer führte uns unser Weg über das wunderschön Collioure und den Partyort Calella nach Barcelona. Dort trafen wir gegen Mittag Lisa, die dort bei ihrer spanischen Verwandtschaft einen Teil der Ferien verbrachte und uns eine kleine Stadtbesichtigung verspro- Cani Community In Barcelona trafen sich Raphael und Tobias mit dessen Freundin Neele. Das Trio war von der Hauptstadt Kataloniens mächtig begeistert. Trotzdem ging es nach drei Tagen weiter in Richtung Madrid. regnerischem Wetter die Heimat, um am nächsten Morgen bei strahlendem Sonnenschein in Jesolo nahe Venedig anzukommen. Von der 13-stündigen Reise durch Deutschland und Österreich bis nach Italien ziemlich platt, legten wir uns erst einmal an den Strand, nachdem wir bei der sehr gastfreundlichen Familie Sapponaro ein Mittagessen serviert bekommen hatten. Nach einem entspannten Tag mit Cosima Sapponaro, die selbst einmal am Cani war, bevor sie mit ihrer Familie in das Mutterland ihres Vaters zog und heute die beste Freundin von Raphaels Schwester Leonie ist, konnten wir schließlich auch im Appartement der Familie übernachten. Am nächsten Tag stand dann die Stadtbesichtigung von Venedig auf dem Plan, wobei wir natürlich gerne das Angebot von Cosimas Mutter, die als gebürtige Deutsche hauptberufliche Stadtführerin ist, zu einer Privatführung annahmen. Nach einem leckeren Abendessen fuhren wir dann noch weiter zum Gardasee, um nach einer kurzen Nacht bis in die französischen Alpen zu fahren, wo uns Temperaturen von 20°C beinahe frostig erschienen. Tags darauf starteten wir dann unseren geplanten Aufstieg von Valoire aus auf den Col du Galibier, den höchsten der asphaltierten Bergpässe Europas. Dabei mussten wir zwar an unsere körperlichen Grenzen gehen, wurden aber auch mit einem atemberaubenden Blick und Anfeuerungen von vielen Rennradfanatikern belohnt. 175 Cani Community Fortsetzung von Seite 175 176 chen hatte. So bekamen wir schon einmal einen ersten Eindruck von den Ramblas, der berühmten Flaniermeile, und dem Hafenviertel, bevor wir abends Neele Bohr vom Flughafen abholten, die uns besuchen kam. In den folgenden drei Tagen bekamen wir dann noch die Prachtbauten des Architekten Gaudí zu sehen, wie beispielsweise die Kirche Sagrada Familia oder den Parc Güell. Die Abende genossen wir in einer netten Tapas-Bar oder im atmosphärischen Hafen. Nach den tollen Tagen in der Küstenmetropole fuhren wir durch das steppenartige Hinterland weiter in die der Innenstadt, die mit Bauten wie denen auf der Plaza de Espana zu beeindrucken wusste. Am 5. August verließ Neele uns dann wieder und flog zurück nach Hause. Wir hingegen gingen früh schlafen, um am nächsten Morgen unsere längste Etappe anzugehen, die uns bis ins nordspanische Fuente De nahe der Atlantikküste brachte. Dort im Nationalpark Picos de Europa bekamen wir die wohl eher unbekannten, aber nichts desto trotz riesigen Gebirgszüge zu Gesicht, die sich uns als Paradies für Wanderer und Naturfreunde präsentierten. Aus der idyllischen Gebirgswelt verabschiedeten wir uns dann Richtung nordspanische Küste, wo uns Städte wie Santander, Bilbao und San Sebastián jeweils auf eine ganz eigene Art und Weise begeisterten. So war es in Bilbao beispielsweise das Guggenheim-Museum und die einzigartige Atmosphäre, während es in San Sebastián die Promenade und die charakteristischen KurortBauten waren. Über das bildschöne Grenzörtchen Hondarribia verließen wir schließlich Spanien und das Baskenland und kamen durch das vielen bekannte Biarritz, verbrachten viel Zeit im stehenden Auto, da scheinbar ganz Frankreich seine Ferien am Golf von Biskaya verbringen wollte und landeten letzten Endes auf einem Campingplatz direkt am Strand nahe Messanges. Nach einem netten Abend am Meer schoben wir uns dann weiter durch die Blechkarawane aus Renault, Peugeot und Co. in Richtung unseres nächsten Ziels, das wir auf gar keinen Fall verpassen wollten. Es handelte sich hierbei um den größten Sandhaufen Europas, die Düne von Pilat bei Arcachon. Als wir auf dem zugehörigen Parkplatz standen, war von einer Düne noch nicht viel zu sehen, doch nach kurzem Fußweg durch einen Pinienwald tauchte sie plötzlich vor uns auf. Es kostete uns eine Menge Schweiß, die 117 Meter durch den tiefen Sand Das Metropolis-Haus auf der Gran Via in Madrid. hochzustapfen, doch oben wurde jede Anstrengung belohnt und wir fühlten uns wie auf einer Sandbank in der Karibik. Unser Zelt schlugen wir an diesem Tag in La Rochelle auf, wo wir ein nettes Paar aus Paderborn kennenlernten. Von La Rochelle mit seinem alten Hafen und den vielen Gassen und Restaurants, die stark von der Fischerei geprägt sind, ging es landeinwärts. Bei sinkenden Tempe- Cani Community Im Canyon du Verdon ehemalige Expo-Stadt Zaragossa. Dort brauchten wir nach dem Zeltaufbauen erst einmal eine Abkühlung im campingplatzeigenen Pool. Tags darauf besichtigten wir den wunderschönen Stadtkern und das weitestgehend abgebaute ExpoGelände. Mit nicht all zu großen Erwartungen ging es dann in die Hauptstadt Madrid, nachdem wir noch kurz im königlichen Vorort Guadalajara gehalten hatten. Dort angekommen, wurden unsere Vorstellungen jedoch augenblicklich pulverisiert. Madrid zeigte sich sehr grün mit vielen Parks, prunkvollen Bauten und großen Boulevards und präsentierte sich somit nicht nur wegen des riesigen Königspalastes als stolze Hauptstadt. Abends ging es dann in den südwestlich von Madrid liegenden ehemaligen Königssitz Toledo, wo wir auf dem Campigplatz die Bekanntschaft des Australiers Garry, seines Schwagers und seiner Schwägerin machten. Es entwickelte sich ein sehr interessanter und auch feuchtfröhlicher Abend mit dem Frührentner, der mit so einigen Lebensweisheiten daher kam. Vor der Weiterfahrt nach Sevilla aßen wir in der malerischen Altstadt Toledos eine traditionelle Paella. Vier Autostunden später stiegen wir bei erdrückenden 42°C aus dem Auto und verschafften uns einen ersten Eindruck von der multikulturell geprägten Stadt in Andalusien. Später schlugen wir unser Zelt auf einem sehr netten Campingplatz am Rand der Stadt auf und verbrachten die nächsten drei Tage am Pool oder in 177 Bundeswehroffizier und Ex-Canisianer Jens Wagner im April 2010 in Afghanistan Im nordspanischen Bilbao Jens Wagner schrieb aus Afghanistan „Ich wäre gerne dabei gewesen“ 178 raturen und zunehmend schlechterem Wetter besichtigten wir die Studentenstadt Tours und nächtigten direkt an der Loire. Am nächsten Morgen packten wir noch im Trockenen unsere Sachen zusammen und folgten dem Strom weiter Richtung Orleans. Unsere Ankunft spielte sich in strömendem Regen ab und so fuhren wir, nach kurzem Gang vorbei an der großen Kathedrale und dem Monument der Jeanne d’Arc, weiter in die französische Hauptstadt Paris. Bei aufklarendem Wetter saßen wir schon am Nachmittag vor dem Palais du Luxembourg, nachdem wir unser Auto in Montigny geparkt hatten und mit dem RER ins Zentrum gefahren waren. In Montigny konnten wir bei einer Freundin von Raphael nächtigen, die er aus seiner Zeit in Taverny kennt, wo er zu Beginn der Jahrgangsstufe 11 einige Monate verbracht hatte. Da wir beide Paris schon kannten, genossen wir nur einige Stunden die Stimmung der Stadt rund um Notre- Dame und im Viertel Saint-Germain. Am Abend wurde uns dann noch von der äußerst gastfreundlichen Familie in Montigny ein leckeres Vier-Gänge-Menü serviert. Nach dem Abschied fuhren wir über Lille nach Bailleul, wo wir Raphaels französische Oma besuchten. Zum Abendessen gab es eine große Portion Pommes mit einer Frikadelle von der örtlichen „baraque à frite“. Die letzte Nacht unserer Reise verbrachten wir somit im Hinterhof eines netten kleinen Reihenhäuschens an der belgischen Grenze, da wir unser treues Zelt ein letztes Mal aufbauen wollten. Am nächsten Morgen frühstückten wir noch gemütlich, ehe wir uns von „Mami“ verabschiedeten und die letzte Etappe in Angriff nahmen. Am 13. August hatte uns dann die Heimat nach 29 unvergesslichen Tagen und 8257 Kilometern quer durch Europa wieder. Von einer tollen und ereignisreichen Reise berichteten Tobias Thüner und Raphael Reher Am 10. April letzten Jahres feierte der Abiturjahrgang des Jahres 2000 des Canisianum sein Zehnjähriges. Die ehemaligen Schüler des Cani begingen dieses „Jubiläum“ in der Gaststätte „Zur Mühle“. Einer konnte definitiv nicht dabei sein, denn Jens Wagner befand sich zu dieser Zeit in Afghanistan im Bundeswehr-Einsatz. Von dort schrieb er allerdings über die WN einen „offenen Brief “ an seine ehemaligen Mitschüler und wünschte ihnen viel Spaß bei der Wiedersehensfeier: Der letzte Schultag: Abiturzeugnisse werden vergeben, der Abi-Ball steht an, die Eltern haben sich in Schale geschmissen und sind stolz. Das alles ist nun zehn Jahre her! Die letzten zehn Jahre scheinen wie im Fluge vergangen zu sein, und fast war ich überrascht, als ich eine Einladung zum Jubiläum bekam. Noch immer zähle ich Schulfreunde von damals zu meinen treuen Freunden, und immer noch spaziere ich gelegentlich gerne mit dem Hund meiner Eltern am Cani entlang. Doch dass ich als Schüler in den Pausen verbotenerweise zu Geiping ging, um mir ein Käsebrötchen zu kaufen, liegt selbst in meinen Erinnerungen lang zurück. Nie habe ich den Satz meiner Eltern geglaubt, dass ich die Schulzeit noch einmal vermissen werde. Völlig abwegig, dass diese anstrengende Zeit eine der sorglosesten des Lebens sein sollte. Dieses Jahr werde ich 30 Jahre alt, die Altersweisheit rückt somit in greifbare Nähe. Ich denke nach. Sollten meine Eltern doch tatsächlich recht behalten haben? Zehn Jahre nach dem Abi habe auch ich die Schulzeit überraschenderweise recht angenehm in Erinnerung. Deutsch und Erdkunde als Leistungskurse waren die richtige Wahl, beide Fächer fielen mir nicht allzu schwer. Mathematik bei Herrn Sternemann war dann schon eher eine Herausforderung – zu Mathe hatte ich noch nie einen Draht. Kein Wunder, dass ich jetzt, zehn Jahre später, froh bin, Cani Community Cani Community Fortsetzung von Seite 177 179 Martin Dabrowski, Abitur am Canisianum 1984, ist Fachbereichsleiter im Fachbereich „Politik und internationale Gerechtigkeit“ in der Akademie FranzHItze-Haus.. Martin Dabrowski lebt in Lüdinghausen, ist verheiratet und hat einen Sohn. 180 dass jedes Handy eine Rechner-Funktion besitzt. Mit Sport als Abiturfach war mein Zeugnis dann endgültig vorzeigbar. Vorzulegen brauchte ich es letztendlich nur einmal. Nach meinem Abitur bin ich zur Bundeswehr gegangen, um Offizier zu werden, wobei ich viele Stationen der Ausbildung zu bewältigen hatte. Nach der Offiziersausbildung in Fürstenfeldbruck bei München ging es nach Hamburg zum Studium. Für mich als jungen Offizier standen dann Heide, Goslar, wieder Hamburg und schließlich Münster auf dem Programm. Die letzte Versetzung war, auch aus heimatlichen Gefühlen, selbst gewählt. Doch auch in Münster waren die Cani-Abgänger des Jahres 2000 rar gesät. Wohin es sie verschlagen hat, weiß ich bei vielen nicht. Schwangerschaften, Doktortitel oder Hochzeiten – das alles ist mir weitgehend unbekannt. Umso mehr freue ich mich über die Feier meiner ehemaligen Stufe am 10. April. Doch leider kann ich nicht dabei sein. Meinem Beruf geschuldet, verbringe ich derzeit fast fünf Monate in Afghanistan, über 5000 Kilometer von Lüdinghausen entfernt. Ich bin hier in Feyzabad im Norden des Landes für die Pressearbeit verantwortlich und sehe es nun als ebensolche an, mein Bedauern über mein Nicht-Erscheinen in der örtlichen WN zu dokumentieren. Wie gerne hätte ich einige Mitschüler nach ihrem Werdegang gefragt, hätte diese mit früheren Plänen verglichen und teilweise wahrscheinlich herzhaft gelacht. Auch einige Lehrer hätte ich gerne wiedergesehen. Herrn Schmidt X hätte ich gefragt, ob er immer noch seinen Saab fährt, den er mir damals schweren Herzens verkaufen wollte. Ich hätte Herrn Meischen berichtet, dass seine auffällige Ansprache „Tyyyp“ mittlerweile als gängiger Bestandteil im Vokabular meines Freundeskreises etabliert ist oder ich hätte mich mit Herrn Mönning über seine Tochter unterhalten. Auch wenn ich meine Berufswahl nicht bereue, so ärgere ich mich doch, an diesem Tag nicht dabei sein zu können. Ich wünsche aber allen umso mehr ein freudiges Wiedersehen voller schöner Erinnerungen. Interview mit Dr. Martin Dabrowski Globales Denken muss ethische Aspekte beachten Unsere Schule: Zu den spannenden Aspekten unserer Schularbeit zählt es immer wieder zu beobachten, was aus den ehemaligen Cani-Absolventen geworden ist und welche Chancen sie in und außerhalb von Lüdinghausen genutzt haben. Wann haben Sie Ihr Abitur bestanden und wie hat sich seitdem Ihr beruflicher Weg entwickelt? Martin Dabrowski: Ich habe 1984 mein Abitur am Canisianum bestanden. Nach meinem Zivildienst in der Arbeitsstelle „Gerechtigkeit und Frieden“ in Lüdinghausen begann ich dann 1986 meine Ausbildung an der Universität in Münster, um dort Wirtschaftswissenschaften und Politikwissenschaft zu studieren und das Studium 1991 mit dem Diplom in Volkswirtschaftslehre abzu- schließen. Daran anschließend habe ich am Institut für Genossenschaftswesen in der Abteilung Lateinamerika promoviert. Während der Promotion habe ich neun Monate in einem Projekt an der Universität von Valdivia in Chile geforscht und gearbeitet. Meine Doktorarbeit analysiert das Wirtschaftssystem und die Wirtschaftspolitik Chiles aus wirtschaftsethischer Sicht. Nach der Promotion konnte ich 1994 an der katholisch-sozialen Akademie Franz-Hitze-Haus als Dozent eine Vertretungsstelle im Fachbereich „Politik und internationale Gerechtigkeit“ übernehmen. Nach der Rückkehr des eigentlichen Stelleninhabers habe ich von 1998 bis 2002 am Institut für Christliche Sozialwissenschaften der Universität Münster das interdisziplinäre Forschungsprojekt „Lösungsstrategien zur Überwindung Cani Community Cani Community Fortsetzung von Seite 179 181 der internationalen Schuldenkrise“ konzipiert und durchgeführt. Im Anschluss habe ich im Franz-Hitze-Haus den neu geschaffenen Fachbereich „Wirtschaft, Sozialethik, Umwelt“ übernommen, den ich bis heute leite. Cani Community Sie sind heute in der Akademie FranzHitze-Haus Leiter eines Fachbereichs, der sich mit wirtschaftlichen, ökologischen und sozialethischen Fragen beschäftigt. Gibt es für Sie dabei einen inneren Zusammenhang dieser Aspekte? 182 Der Zusammenhang von ökonomischen, ökologischen und ethischen Aspekten einer Fragestellung ist oft sehr eng. In meinem Fachbereich in der Akademie Franz-Hitze-Haus organisiere ich Tagungen zu wirtschafts-, sozial- und umweltpolitischen Themen und Fragestellungen. Dabei ist die Diskussion von Lösungsansätzen für viele drängende ökonomische und ökologische Probleme (Wirtschaftsund Finanzkrise, Arbeitslosigkeit, soziale Spaltung der Gesellschaft, Klimawandel, Vernichtung der Regenwälder, Armut und Hunger in den Entwicklungsländern etc.) ohne die Beachtung ethischer Aspekte nicht möglich. Es geht bei den Tagungen immer auch um die Frage, wie sich wirtschaftliche und politische Veränderungen (z. B. Globalisierung, Veränderungen der Arbeitswelt, Reformen der Sozialversi- cherung, technischer Fortschritt etc.) auf die schwächeren Mitglieder einer Gesellschaft (z. B. Geringqualifizierte, chronisch Kranke, Kinder, ältere Mitbürger etc.) auswirken. Bei ökologischen Themen steht die Frage nach der Zukunftsfähigkeit bzw. der Nachhaltigkeit einer Entwicklung im Mittelpunkt der Tagungen. Antworten auf diese Fragen setzen ein ethisches Nachdenken und eine moralische Beurteilung unterschiedlicher Handlungsmöglichkeiten und institutioneller Ausgestaltungen voraus. Darum wird auf den Tagungen dem interdisziplinären Dialog, dem Austausch von Wissenschaft und Praxis und auch der Diskussion unter den Tagungsteilnehmern breiter Raum eingeräumt. Seit Ihrer Diplomarbeit im Jahre 1991 fällt auf, dass Sie sich auch regelmäßig mit der Dritten Welt, mit Entwicklungsstrategien und der internationalen Schuldenkrise beschäftigt haben. Das klingt zunächst nach Schwerpunkten eines Fachbereichs Geographie oder nach politischen Fragestellungen des Entwicklungshilfe-Ministeriums. Wo kommt hier für Sie der sozialethische Aspekt zum Tragen? Aus Sicht der christlichen Sozialethik ist die wohl wichtigste Frage der letzten Jahrzehnte die nach weltweiter sozialer und wirtschaftlicher Gerechtigkeit. Während sich die katholische Soziallehre Ende des 19. bis Mitte des 20. Jahrhunderts vor allem mit nationalen sozialen Fragen und Problemen befasst hat („Die Arbeiterfrage“), muss die Sozialethik heute bei der Analyse wirtschaftlicher, sozialer und ökologischer Probleme immer auch die globale Dimension beachten. Belege hierfür sind die jüngste Wirtschafts- und Finanzkrise, die Problematik des Klimawandels und die Schuldenkrise der Entwicklungsländer (und jüngst auch einiger europäischer Länder), um nur einige Beispiele zu nennen. Alle Versuche, diese Krisen national zu lösen, greifen zu kurz und sind zum Scheitern verurteilt. Bei der Suche nach Auswegen aus diesen Krisen muss nicht nur aus ökonomischer oder ökologischer Sicht global gedacht werden, sondern auch die wirtschafts- und sozialethischen Analysen müssen über den nationalen Rahmen hinaus die globalen Konsequenzen verschiedener Handlungsoptionen beachten und in die moralische Beurteilung mit einbeziehen. Sie haben sich im Weiteren auch mit dem Internet als neuem Medium beschäftigt. Inwiefern war dies für eine katholisch-soziale Akademie von Interesse? Das Internet hat nicht nur für die Wirtschaft eine immense Bedeutung, sondern wird auch für die zwischenmenschliche Kommunikation immer wichtiger – gerade bei jungen Menschen. Hier sind insbesondere die sozialen Netzwerke (SchülerVZ, StudiVZ, Facebook etc.) zu nennen. Der Umgang mit diesen Medien muss aber gelernt und begleitet werden. Jungen, aber genauso auch älteren Menschen muss eine Medienkompetenz vermittelt werden, damit sie sich der Gefahren und natürlich auch der Vorteile dieser Medien bewusst sind und ihre Nutzung danach ausrichten können. Diese Medienkompetenz zu vermitteln, ist eine Aufgabe unserer Akademie. Aus diesem Grund biete ich z. B. in meinem Fachbereich im April diesen Jahres einen „Familienworkshop Internetkompetenz“ an, in dem Eltern (und Großeltern) zusammen mit ihren Kindern das sichere „Navigieren“ in sozialen Netzwerken vermittelt wird. Verschiedene Vorträge während der Tagungen sollen neues Wissen vermitteln und gleichzeitig Gesprächsanlässe schaffen, damit sich die Eltern mit ihren Kindern über die Chancen und Risiken des Internets und das Verhalten im Web 2.0 austauschen können. Ein zweiter wichtiger Aspekt, den ich in den Tagungen meines Fachbereichs aufgreife, ist die Gefahr der sogenannten „digitalen Spaltung“ („digital divide“) der Gesellschaft durch das Internet – sowohl im nationalen wie auch im globalen Rahmen. Wenn der Zugang zum Internet und zu den neuen Medien aufgrund der Cani Community Fortsetzung von Seite 181 183 184 Einkommenssituation sehr ungleich verteilt ist, hat dies gesellschaftliche und ökonomische Auswirkungen, die aus ethischer Sicht bedenklich sind. Auch hier gilt es, über mögliche Konsequenzen und über Lösungsstrategien zur Überwindung der digitalen Spaltung nachzudenken. Hitze-Haus wurde die entwicklungspolitische Bildungsarbeit dann auch mein beruflicher Schwerpunkt. Wer sich für das Bildungsangebot der Akademie Franz-Hitze-Haus interessiert, ist immer herzlich zu einer der Tagungen und Vorträge eingeladen (Das Programm finden Sie unter: „www.franz-hitze-haus.de“). Hat das Canisianum Sie in irgendeiner Weise hinsichtlich der Berufswahl beeinflusst? Sie haben einen Sohn, der das Cani in der 7. Klasse besucht und Sie zweifellos mit aktuellen Aspekten der heutigen Schule konfrontiert. Was haben Sie selbst für Erinnerungen an Ihre eigene Schulzeit am Gymnasium? Stellen Sie Veränderungen zwischen dem Cani heute und Ihrer eigenen Schulzeit fest? Während meiner Schulzeit ist bei mir das Interesse an entwicklungspolitischen Fragestellungen und der Eine-Welt-Thematik entstanden. Hierzu haben sicherlich auch die Unterrichtsinhalte in verschiedenen Fächern und einige meiner Lehrer am Cani beigetragen. Ich habe schon während der Schulzeit im Eine-Welt-Laden in Lüdinghausen mitgearbeitet und nach dem Abitur meinen Zivildienst in der Arbeitsstelle „Gerechtigkeit und Frieden“, dem Träger des Eine-Welt-Ladens, absolviert. Hauptanliegen der Arbeitsstelle und auch des Eine-Welt-Ladens bzw. des Fairen Handels allgemein ist die entwicklungspolitische Bildungsarbeit, um bei vielen Menschen das Bewusstsein für ungerechte Verhältnisse und dringend gebotene Veränderungen in der globalisierten Welt zu schaffen. Durch die Übernahme des Fachbereichs „Politik und internationale Gerechtigkeit“ an der Akademie Franz- Ich habe an die Zeit am Cani sehr positive Erinnerungen, sowohl was meine Mitschülerinnen und Mitschüler als auch was den Unterricht und (überwiegend) auch was meine ehemaligen Lehrerinnen und Lehrer betrifft. Aufgrund der Berichte meines Sohnes habe ich den Eindruck, dass sich in den letzten gut 25 Jahren am Cani so viel gar nicht verändert hat. Simon hat fünf Lehrerinnen und Lehrer, die auch mich schon unterrichtet haben und auch die Räumlichkeiten der Schule sind weitestgehend unverändert – soweit ich das beurteilen kann. Als ich zum Sprechtag gegangen bin, konnte ich mich immer noch ohne Schwierigkeiten im Gebäude zurechtfinden – nur die „Baracke“, in der wir z.T. Unterricht hatten und unsere Abiturklausuren geschrieben haben, gibt es nicht mehr. Die augenscheinlichste Veränderung ist sicherlich die neue Mensa. Ich habe den Eindruck, dass diese von der Schülern sehr gut angenommen wird und auch eine sehr sinnvolle Ergänzung des schulischen Angebots darstellt. Als wir im letzten Jahr zu einem größeren Ehemaligen-Treffen in der Schule geladen haben, konnte man häufiger den Begriff der „Cani-Familie“ hören. Hat so ein Begriff für Sie eine Bedeutung und haben Sie noch Kontakte zu ehemaligen Mitschülern Ihrer Jahrgangsstufe oder war das Abitur eher der Anlass, alte Verbindungen hinter sich abzubrechen und sich Neuem zuwenden? Von der „Cani-Familie“ würde ich nicht gerade sprechen. Diese Bezeichnung wäre mir etwas zu weitgehend. Trotzdem besuche ich das Cani immer gerne, nicht zuletzt weil ich einmal die Woche in der Sporthalle des Cani Fußball spiele. Ich habe zu einigen ehemaligen Mitschülern und auch zu einigen Lehrern gute Kontakte. Dies hat sich noch einmal verstärkt, nachdem meine Frau und ich vor gut zehn Jahren wieder nach Lüdinghausen gezogen sind. Durch die regelmäßigen Ehemaligen-Treffen zu unseren Abiturjubiläen (zuletzt die Feier des 25-jährigen im vorletzten Jahr) werden auch die alten Bekanntschaften immer wieder aufgefrischt. Am Ehemaligen-Treffen der ganzen Schule im letzten Jahr konnte ich aus beruflichen Gründen leider nicht teilnehmen. Grundsätzlich finde ich solche Treffen in regelmäßigen Abständen aber sehr gut und hoffe, dass ich beim nächsten Mal auch Zeit haben werde teilzunehmen. Herzlichen Dank für das Gespräch und alles Gute für Sie und Ihre Familie! Cani Community Cani Community Fortsetzung von Seite 183 185 Interview mit Prof. Dr. Michael Quante Zur Rolle von Religion und Politik in der pluralen Gesellschaft Cani Community Unsere Schule: Stellen Sie uns bitte Ihr Tätigkeitsfeld näher vor. Was bedeutet und beinhaltet zum Beispiel der Begriff „Exzellenzcluster“, besonders im Hinblick auf das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) ausgezeichnete und mit 35 Millionen Euro geförderte Exzellenzcluster „Religion und Politik“? 186 Michael Quante: Als ich im Jahr 2009 von der Universität Köln auf den Lehrstuhl meines Münsteraner Lehrers Ludwig Siep gewechselt bin, entsprach das Profil des Lehrstuhls meinen langjährigen Forschungsinteressen im Bereich der Praktischen Philosophie und der klassischen Deutschen Philosophie. Da rüber hinaus hatte Münster im Jahr 2007 in der ersten Runde der Exzellenzinit iative einen Cluster zum Thema „Religion und Politik“ einrichten können, in dem in einem interdisziplinären, d.h. fächerübergreifenden Verbund Projekte zum Verhältnis von Religion und Politik durchgeführt werden. Ich konnte mich infolge meines Wechsels nach Münster mit einem Projekt zur Religions- und Staatskritik im Linkshegelianismus an diesem Forschungsverbund beteiligen. Dort bearbeite ich mit einem Mitarbeiter die philosophischen Positionen, die im Zuge der Säkularisierung des Staates in der klassischen deutschen Philosophie in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts entwickelt worden sind. Außerdem ist es uns 2009 gelungen, eine Kollegforschergruppe zu bilden, in der wir den auch gesellschaftlich aktuellen Fragen, die durch die Entwicklungen in der Medizin und den Lebenswissenschaften aufgeworfen werden, nachgehen können. Beide Forschungsverbünde, Exzellenzcluster wie Kollegforschergruppe, werden von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert und bieten den beteiligten Wissenschaftlern in Form von Mitarbeitern oder auch Forschungssemestern ideale Rahmenbedingungen für ihre Forschungen. Deshalb setzen wir in Münster gegenwärtig auch alles daran, dass der Exzellenzcluster in der zweiten Phase der Exzellenzinitiative verlängert und für weitere fünf Jahre gefördert wird. Eine solche Verlängerung stellt nicht nur für die beteiligten Fächer, sondern auch für die Universität insgesamt einen großen Erfolg und einen Qualitätsnachweis gegenüber anderen Universitäten in Deutschland dar. Religion und Politik – wie definieren Sie Ihre Wissenschaft in einem Staat, in dem Kirche bzw. Religion und Politik getrennt sind? Nicht nur der moderne Staat, auch die Philosophie selbst hat sich ja erst in einem mühevollen und teilweise auch schmerzhaften Prozess von der Reli- gion bzw. der Theologie befreit, und dieser Prozess ist bei weitem noch nicht abgeschlossen. In einem gewissen Sinne könnte man sogar die These vertreten, dass die Entwicklungen rückläufig sind. Dies gilt zumindest in dem Sinne, dass Religionen (und Theologien) weltweit, aber auch in unserer Gesellschaft, durchaus wieder an Bedeutung gewonnen haben. Für mein eigenes Selbstverständnis als Philosoph ist eine strikte Trennung von Philosophie und Theologie von zentraler Bedeutung; gleiches gilt auch in Bezug auf religiöse Überzeugungen. Natürlich gibt es auf der einen Seite auch eine philosophische Beschäftigung mit dem Status von religiösen (oder theologischen) Überzeugungen, die in der Spezialdisziplin der Religionsphilosophie untersucht werden. Und selbstverständlich ist es auch überhaupt nicht ausgeschlossen, dass zum Beispiel eine philosophisch begründete und eine religiös oder theologisch begründete Ethik hinsichtlich konkreter Fragen zu den gleichen Ergebnissen kommen. Aber die Philosophie kann und darf sich nicht auf Offenbarungen oder Autoritäten berufen, wenn sie ihre Positionen begründet. In meinem Fach gelten ausschließlich die kritische Prüfung und die vernünftige Begründung als Maßstab, an dem sich eine Überzeugung messen lassen muss. Dies kann in ganz praktischen Fragen — man denke etwa an Cani Community Michael Quante, Abitur am Canisianum 1981, ist Professor für Philosophie mit dem Schwerpunkt Praktische Philosophie an der Westfälischen WilhelmsUniversität Münster. Gleichzeitig ist er Sprecher des Zentrums für Bio-Ethik der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster sowie Mitglied im Exzellenzcluster (= Förderprogramm) „Religion und Politik“ und in der Kollegforschergruppe „Normenbegründung in Medizin-Ethik und Bio-Politik“. Außerdem ist er seit 2006 als Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Philosophie aktiv. Michael Quante lebt in Senden, ist verheiratet und hat zwei Töchter. 187 Cani Community solche Themen wie Abtreibung, Verhütung, Sterbehilfe oder PräimplantationsDiagnostik – einen großen Unterschied machen. In einer pluralen und den Pluralismus respektierenden Gesellschaft ist es unerlässlich, dass gesellschaftliche Regelungen, in erster Linie natürlich die Gesetze, auf eine Weise gegenüber den Menschen begründet und gerechtfertigt werden, ohne von Voraussetzungen auszugehen, die diese Menschen nicht nachvollziehen oder teilen können. Die Geschichte hat uns, zum Teil in leidvollen Lektionen, gelehrt, dass theologische oder religiöse Begründungen diese Bedingung nicht mehr erfüllen. Daraus erwächst der Philosophie die Aufgabe, normative Fragen und Probleme, von denen es in unserer modernen Gesellschaft ja viele gibt, ohne Rückgriff auf dogmatische Voraussetzungen und ohne den Rückzug auf individuelle Gewissensentscheidungen mit den Mitteln der Vernunft einsichtig zu machen. Es ist eine der zentralen Fragestellungen unserer Kollegforschergruppe, darüber nachzudenken, wie sich die schwierigen Fragen im Kontext der Medizinethik in einer weitgehend säkularisierten Gesellschaft angemessen beantworten lassen. 188 Viele Menschen beklagen einen rapiden Werteverfall bzw. Werteverlust. Leben wir in einer Zeit der Orientie- rungslosigkeit, der Beliebigkeit oder handelt es sich in Ihrer Wahrnehmung eher um einen Wertewandel? Hinter diesen Klagen steht häufig weniger die Beobachtung eines Werteverfalls oder -verlusts als die Erfahrung, dass andere Menschen nicht die Werte für angemessen und verbindlich halten, denen man sich selbst verpflichtet fühlt. Ich glaube nicht, dass Menschen ihr Leben und ihr gesellschaftliches Zusammenleben ganz ohne Werte oder Normen organisieren können. Wir leben aber ohne Zweifel in einer individualisierten Gesellschaft, in der es eine viel größere Anzahl möglicher Lebensentwürfe und Wertvorstellungen gibt als zu früheren Zeiten. Dies ist eine Folge des Pluralismus und der demokratischen Grundentscheidung, der Selbstbestimmung des Individuums den zentralen Stellenwert einzuräumen. Allerdings stimmt es, dass eine solche Vielfalt von dem Einzelnen auch als Beliebigkeit der Orientierungsangebote erlebt werden kann, vor allem dann, wenn niemand sich traut oder auch verpflichtet fühlt, diese Angebote zu erläutern, zu begründen oder eben auch zu kritisieren. Außerdem erleben wir gegenwärtig in vielen Kontexten gravierende und sich beschleunigende gesellschaftliche Veränderungen, die mit den Stichworten Globalisierung, technischer Fortschritt oder auch lebenswissenschaftliche Entzauberung des Menschen umrissen werden können. Wir entwickeln zunehmend neue Handlungsmöglichkeiten, für die wir bisher weder einschlägige Wertvorstellungen oder Normen entwickelt haben noch Erfahrungen im Umgang mit ihnen sammeln konnten. Dies kann natürlich das Gefühl des Orientierungsverlusts verstärken. Schließlich gibt es aber, und das ist vermutlich ein weiterer Preis einer freiheitlichen und marktwirtschaftlich ausgerichteten Gesellschaft, auch einen Wandel in der Werteinstellung, der von Sozialwissenschaftlern so beschrieben wird: An die Stelle des Wertes von Leistung und Qualifikation tritt die Orientierung an Einkommen und Konsum als Grundlage für Respekt und Anerkennung. In einer solchen Gesellschaft zählt dann nur noch der Erfolg und die Macht, nicht mehr die dahinter stehende Qualifikation oder Qualität. Es liegt auf der Hand, dass diese Tendenzen letztlich die Leistungsbereitschaft und die Redlichkeit der Menschen untergraben können, weil an die Stelle der intrinsischen Motivation die bloße Orientierung an Geld und Macht tritt. Damit wird den Handlungszielen nur noch ein instrumenteller Wert zugeordnet: Es geht nicht mehr um Bildung, sondern nur noch um den Wert der Ausbildung im Sinne von Gehaltschancen und Konsummöglichkeiten. Auch wissenschaftliche Leistungen werden dann nicht mehr in ihrer Eigen- wertigkeit wahrgenommen, sondern nur noch als Hilfsmittel für Karrieren, die im Zweifel auch auf Umwegen zu haben sind. Gegen diese Art von Werteverfall im Sinne der Entwertung von redlicher Leistung und dem Verschwinden von Leistungsbereitschaft müssen wir uns in der Tat gemeinsam zur Wehr setzen. Welchen Nutzen hat Ihrer Meinung nach die Philosophie in der heutigen Gesellschaft? Neben der Theologie und der Rechtswissenschaft ist die Philosophie diejenige Disziplin, die sich normativen Fragen in systematischer Perspektive zuwendet. Darüber hinaus beschäftigt sich die Philosophie mit Fragen der Erkenntnis und der wissenschaftlichen Methoden. In einer Gesellschaft, die angesichts vielfältiger Probleme und sich verändernder Rahmenbedingungen auf der Suche nach Orientierung ist, deren Mitglieder sich aber zunehmend nicht mehr an religiösen oder theologischen Vorgaben orientieren möchten, werden Philosophinnen und Philosophen als Ansprechpartner zunehmend relevant. Dies belegen die vielfältigen Anfragen, die aus der Gesellschaft und auch der Politik an sie herangetragen werden. Hierzu gehören unter anderem die Mitarbeit bei der Entwicklung gesetzlicher Regelungen, z. B. zu Fragen der Fortpflanzungs- oder Cani Community Fortsetzung von Seite 187 189 Transplantationsmedizin, die beratende Tätigkeit in Ethik-Kommissionen aller Art, die Gutachtertätigkeit für Technikfolgenabschätzungsbüros sowie Beiträge zur Erwachsenenbildung in beruflichen und allgemein gesellschaftlichen Kontexten. Darüber hinaus, dies betrifft die Rolle der Philosophie innerhalb der Universität, lassen sich viele der aktuellen Herausforderungen nur fächerübergreifend angemessen bewältigen. Und in solchen ist die Philosophie eine Disziplin, deren Mitwirkung gesucht wird, weil sie zwischen verschiedenen Fächern vermitteln kann. Neben diesen eher ‚angewandten‘ Kontexten stellt die Philosophie in Form ihrer Grundlagenforschungen ein historisches Wissen und eine Reflexionskompetenz bereit, die in einer modernen Gesellschaft und als Grundlage einer selbstbestimmten Lebensführung unverzichtbar sind. Für Selbstbewusstsein und Toleranz ist das Wissen um die eigene kulturelle Identität wesentlich. Cani Community Welche Aufgabe könnte aus Ihrer Sicht eine christliche Schule in der Zeit eines Werteverlustes/ Wertewandels übernehmen? 190 Eine Schule, die sich einer bestimmten Weltdeutung oder einem bestimmten Weltbild verpflichtet weiß, kann dieses heute in meinen Augen nicht mehr einfach als allgemeinverbindlich vorschreiben. Obwohl gelegentlich als Einfluss- oder Machtverlust beklagt, liegt darin auch eine Chance, weil man nun gezwungen ist, diese Wertorientierung als ein sinnvolles Angebot zu vermitteln. Wenn es der christlichen Religion gelingt, diese Rolle positiv anzunehmen und sie sich selbst mit der Frage auseinandersetzt, welche Aspekte z. B. der christlichen Ethik in der Gegenwart unverzichtbar sind, welche Interpretation der zentralen Werte sich heute vermitteln lässt und welche Werte es zu bewahren gilt, dann wird das christliche Weltbild aus dem Regal einer lediglich historischen Tradition wieder auf das Feld der aktiven und lebendigen Kräfte in einer pluralen Gesellschaft gestellt. Dies kann, auch wenn dafür neue Interpretationen zentraler Werte und Normen notwendig sein werden, beiden nur nutzen: der Gesellschaft und der christlichen Religion. Die Werte der Solidarität und des Respekts vor dem menschlichen Individuum sind, genauso wie ein verantwortungsvoller Umgang mit der Natur, in meinen Augen für ein solches Angebot geeignet. Um mit einer Gegenfrage zu antworten: Wenn nicht die Schule, wo sollte sonst der Ort sein, an dem eine solche lebendige und aktuelle Auseinandersetzung mit dem christlichen Weltbild als einem Sinn- und Orientierungsangebot stattfinden kann? Hatte Ihre Zeit am Cani Auswirkungen auf Ihre Berufswahl? Ja, selbstverständlich haben die neun Jahre Canisianum auch meine Berufswahl beeinflusst. Zuerst einmal bin ich in der Mittelstufe durch den Religionsund Geschichtsunterricht angeregt bzw. provoziert worden, mich privat mit philosophischen Autoren zu beschäftigen. In der Oberstufe hatte ich dann das Glück, drei Jahre einen Philosophiekurs belegen zu können, der mir vielfältige Gelegenheiten bot, mich weiter mit philosophischen Fragen, Autoren und Traditionen zu beschäftigen. In diesen Jahren wurde mir zunehmend klarer, dass es die Philosophie ist, die mich intellektuell und persönlich am meisten fesselt, weshalb ich mich entschloss, dieses Fach in Kombination mit Deutsch auf das Lehramt zu studieren. Und in den Jahren des Studiums eröffneten sich dann Schritt für Schritt die Möglichkeiten, die letztendlich dazu geführt haben, dass ich heute mein Lieblingsfach an der Universität selbst in Forschung und Lehre betreiben kann. Herzlichen Dank für das Gespräch und alles Gute für Ihre persönliche und berufliche Zukunft! Cani Community Fortsetzung von Seite 189 191