Der Erinnerungstourismus in Frankreich
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Der Erinnerungstourismus in Frankreich
MINISTERIUM FÜR AUSWÄRTIGE ANGELEGENHEITEN UND INTERNATIONALE ENTWICKLUNG Nr. 14 – Juni 2014 Der Erinnerungstourismus in Frankreich Verdun, Omaha Beach, Péronne, Caen, Oradour-sur-Glane... in Frankreich gibt es landesweit 155 Erinnerungsorte. Zumeist wurden diese Orte erst unlängst für den Tourismus erschlossen. 80% von ihnen wurden in der Zeit ab 1980 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht - und dies mit sofortigem Erfolg. Einer gemeinsamen Untersuchung von Atout France, der französischen Agentur für Tourismusförderung, und des Verteidigungsministeriums zufolge betrug die Besucherzahl im Jahr 2012 nahezu 6,2 Millionen, darunter 45% Ausländer. 70% der internationalen Besucher kommen aus den fünf Ländern Großbritannien (17%), Deutschland (16,5%), Belgien (15,5%), Niederlande (13,2%) und Vereinigte Staaten (8,1%). Ein Großteil der geschichtlich interessierten Touristen besucht insbesondere die Regionen Ostfrankreich (24%), Westfrankreich (24%), Großraum Paris (18%) und Nordfrankreich (15%). 2014 dürfte der Zustrom an Touristen wegen des Beginns der Feierlichkeiten 100 Jahre nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs und 70 Jahre nach der Landung der Alliierten in der Normandie noch höher ausfallen. Und auch 2015 und 2016 sind erhebliche Besucherzahlen zu erwarten, da sich in diesen beiden Jahren mehrere für die Commonwealth-Staaten besonders bedeutende Schlachten des Ersten Weltkriegs zum 100sten Mal jähren – u.a. auch die „Bataille de la Somme“, die blutigste Schlacht des gesamten Kriegs, mit überwiegend britischen und deutschen Opfern. Omaha Beach © MAEDI / F. de La Mure Die Australier und Neuseeländer, die sich besonders gerne an die Stätten der Erinnerung begeben, um das Heldentum ihrer Vorfahren zu würdigen, werden wahrscheinlich am 25. April 2015 (ANZAC Day) in großer Zahl die Ortschaft Villers-Bretonneux im Département Somme besuchen, wo fast 60.000 ihrer Landsleute in den Schützengraben umkamen. Die Kanadier dürften vor allem für den 4. April 2017 nach Frankreich kommen, um der Eroberung des Höhenzugs von Vimy im Pas-de-Calais zu gedenken, bei der besonders viele ihrer Soldaten ums Leben kamen. ABTEILUNG PRESSE UND ÖFFENTLICHKEITSARBEIT PRESSEREFERAT MINISTERIUM FÜR AUSWÄRTIGE ANGELEGENHEITEN UND INTERNATIONALE ENTWICKLUNG Mehreren britischen Zeitungen zufolge könnten die zahlreichen Gedenkfeiern bis 2018 Frankreich möglicherweise 3 Millionen zusätzliche Besucher aus dem Vereinigten Königreich und dessen ehemaligen Dominions (Südafrika, Australien, Kanada, Neuseeland) bescheren. Der Zustrom von Touristen in die betreffenden Regionen dürfte beträchtliche Einnahmen generieren und der Tourismusbranche einen deutlichen Schub geben. „Es lassen sich vier Arten von Erinnerungsorten unterscheiden“, erklärt der Generaldirektor von Atout France. „Da sind zunächst die Orte, die gewissermaßen Augenzeugen des Geschehens waren, wie Omaha Beach, das Märtyrerdorf Oradour-sur-Glane oder das Schlachtfeld am Chemin des Dames. Dann gibt es die Gedenkstätten, Orte der Andacht und der Erinnerung, wie der Nationalfriedhof Notre-Dame-de-Lorette im Département Pas-de-Calais, das Beinhaus von Douaumont bei Verdun oder die Gedenkstätte Hartmannswillerkopf im Elsass“. Andere Erinnerungsorte wollen vor allem informieren und beleuchten die Geschichte jeweils unter einem bestimmten Blickwinkel, wie die Museen Mémorial de Caen und Musée de la Grande Guerre du Pays de Oradour-sur-Glane © Présidence de la République/Laurent Blevennec Meaux. Wieder andere – z.B. das Centre Mondial de la Paix (Weltfriedenszentrum) in Verdun – verfolgen pädagogische Zielsetzungen, ihnen geht es darum, aus der Vergangenheit Lehren zu ziehen. Die Zunahme des Erinnerungstourismus hat den französischen Staat dazu veranlasst, zusammen mit den regionalen Gebietskörperschaften erhebliche Mittel für die Restaurierung der Erinnerungsorte und der existierenden Museen freizusetzen. So wird das Amt des Staatssekretärs für Kriegsveteranen und Gedenkkultur bis 2018 zusätzliche 40 Millionen Euro dafür ausgeben, die Militärfriedhöfe und die Gräber der für Frankreich gefallenen Soldaten herzurichten. Marco Rangi ABTEILUNG PRESSE UND ÖFFENTLICHKEITSARBEIT PRESSEREFERAT MINISTERIUM FÜR AUSWÄRTIGE ANGELEGENHEITEN UND INTERNATIONALE ENTWICKLUNG Anmerkung: Der vorliegende Artikel dient der Information über das zeitgenössische Frankreich. Die darin enthaltenen Aussagen und Meinungen haben keinerlei offiziellen Charakter. ABTEILUNG PRESSE UND ÖFFENTLICHKEITSARBEIT PRESSEREFERAT