efms Paper Nr. 3
Transcription
efms Paper Nr. 3
efms Paper Nummer 3 efms Paper Nr. 3 Einwanderungsgesetzgebung in „klassischen“ Einwanderungsländern Wolfgang Bosswick Vortrag zum Seminar „Brauchen wir ein Einwanderungsgesetz?“, Evangelische Akademie Bad Boll, 19.5.1995 Publikation: Evangelische Akademie Bad Boll / efms (Hg.): Brauchen wir ein Einwanderungsgesetz? Texte einer Expertentagung 19.-21.05.1995 in der Evangelischen Akademie Bad Boll. epd-Dokumentation, Evangelischer Pressedienst Nr. 36/1995, S. 14-29 europäisches forum für migrationsstudien (efms) efms Paper Nr. 3 1 Vorwort: Deutschland war die meiste Zeit seiner Geschichte ein Auswanderungsland und verfügt daher nicht wie klassische Einwanderungsländer über gewachsene und ausgebildete Regelungen und Institutionen zum Umgang mit der Einwanderung. In der heutigen Situation, in denen der Umfang der Zuwanderung nach Deutschland eine den klassischen Einwanderungsländern vergleichbare Einwanderungssituation erzeugt hat, kann ein Blick auf die Erfahrungen dieser Länder vielleicht hilfreich sein. Aus dem Spektrum der Staaten, die bereits vor diesem Jahrhundert Einwanderungsländer waren – hier wären auch viele südamerikanische Staaten und einige asiatische Länder wie Malaysia zu nennen – sollen hier die allgemein als klassische Einwanderungsländer bezeichneten Länder Vereinigte Staaten von Nordamerika, Kanada und Australien herausgegriffen werden. Diese drei Länder haben aus ihrem historischen, politischen und kulturellen Hintergrund heraus unterschiedliche Regelungen entwickelt und durchaus verschiedene Erfahrungen mit der Integration der Zuwanderer gemacht; trotz vieler Gemeinsamkeiten sind hier vielleicht gerade diese Unterschiede interessant, da sich die Modelle dieser traditionellen Einwanderungsländer wohl sicher nicht einfach auf die deutsche Situation übertragen lassen. Für jedes dieser drei Länder soll daher im folgenden der historische und kulturelle Hintergrund der Zuwanderung, die Entwicklung der Migrationspolitik in diesen Staaten und die aktuellen Regelungen grob skizziert werden. USA: - Migrationsgeschichte Die USA verstehen sich selbst als eine „nation of immigrants“ (J. F. Kennedy 1964); vor allem über die transatlantische Migration aus Europa, die bereits im 17. Jahrhundert begann, stieg die Zuwanderung in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts auf bis zu 600.000 Einwanderer jährlich (1885) an. Die wichtigsten Herkunftsgruppen waren Protestanten verschiedener Religionsgemeinschaften und Sekten aus Großbritannien (etwa 5 Mio., Höhepunkt 1888), Katholiken aus Irland (etwa 5 Mio., Höhepunkt 1851-1860), Lutheraner und andere Protestanten aus Deutschland (etwa 7 Mio., Höhepunkt 18811890) sowie aus Skandinavien (etwa 2,5 Mio., Höhepunkt um 1882), orthodoxe und jüdische Russen (ca. 3,3 Mio., Höhepunkt 1901-1910), Katholiken und Protestanten aus Österreich-Ungarn (ca. 4,3 Mio., Höhepunkt 1907) und Katholiken aus Italien (ca. 5 Mio., Höhepunkt 1907). Geringere Zuwanderung aus Frankreich, Griechenland, Polen, Japan und China (jeweils um 0,5 Mio.) formten bereits Anfang dieses Jahrhunderts gemeinsam mit den ansässigen Mexikanern in den bis 1848 von Mexiko eroberten Territorien, den Nachkommen der Zwangsmigranten aus Westafrika und den marginalisierten Ureinwohnern eine polyethnische und sozial, räumlich und religiös stark segregierte Einwanderergesellschaft unter primär angelsächsischer und nordeuropäischer Dominanz. Im öffentlichen Diskurs wurde diese Struktur durch den Begriff des „melting pots“ überdeckt („here individuals from all nations are melted into a new race of men“, Crévecoeur 1782). Zu Beginn des ersten Weltkrieges und während der Weltwirtschaftskrise der 20er Jahre ging die Zuwanderung in die USA aufgrund einer sehr restriktiven Politik drastisch zurück und sank während der 30er Jahre auf unter 100.000 Einwanderer jährlich. Seit Anfang der vierziger Jahre stieg die Zuwanderung wieder stetig an, wobei der Anteil europäischer efms Paper Nr. 3 2 Zuwanderer immer geringer (ab 1961 unter einem Drittel) wurde. Bis Anfang der 80er Jahre waren die Hauptherkunftsregionen Mexiko (ca. 4,5 Mio.), Karibik (ca. 3 Mio.), Mittel- und Südamerika (ca. 1 Mio. bzw. 0,5 Mio.), Phillipinen (etwa 0,6 Mio.), Indien, China, Korea und Vietnam (je unter 0,5 Mio.). Von den ca. 7,7 Mio. Einwanderern der 80er Jahre kamen 22,6% aus Mexiko, 7,5% aus den Phillippinen, 4,7% aus China, 4,5% aus Korea und 3,8% aus Vietnam. In dem Jahrzehnt 1981-1990 wurde bei einer Nettoeinwanderungsrate von 3,6% die historisch höchste Zuwanderung seit 1901-1910 (8,8 Mio., 6,5%) erreicht. Die legale Zuwanderung ist heute auf knapp unter 700.000 pro Jahr begrenzt; dazu kommt allerdings eine geschätzte illegale Zuwanderung größtenteils über die Landgrenze zu Mexiko von etwa 300.000 jährlich; schätzungsweise 3-4 Mio. unregistrierte Zuwanderer – größtenteils Mexikaner und Mittelamerikaner – ohne legalen Aufenthaltsstatus leben zur Zeit in den USA. Von den 1990 knapp 20 Mio. im Ausland geborener Menschen in den USA kamen 7,2 Mio. aus Mittelamerika (davon 4,3 Mio. aus Mexiko), ca. 5 Mio. aus Asien (davon Phillippinen 0,9 Mio., Korea, Vietnam, und China je etwas über 0,5 Mio.) und 4 Mio. aus Europa (Deutschland 0,7 Mio., Großbritannien und Italien je um 0,6 Mio.). Die Zuwanderung konzentriert sich auf die Großstädte und Küstenregionen sowie traditionelle Gebiete hispanoamerikanischer Einwanderung (California, Texas, Florida), in denen einige Kommunen bereits überwiegend Spanischsprachig sind. Die traditionelle Schichtung der amerikanischen Gesellschaft (Angelsachsen, protestantische Europäer, europäische Katholiken, Asiaten, Lateinamerikaner und Afroamerikaner) verändert sich in diesen Gebieten durch die wachsende politische Vertretung der Hispano-ablantes und vor allem in California durch die Erfolge asiatischer Einwanderer im Bildungssystem und Wirtschaft. Die traditionelle Idee der Assimilation wird im öffentlichen Diskurs zunehmend in Frage gestellt („salad bowl“ statt „melting pot“). - Entwicklung der Migrationspolitik Die amerikanische Einwanderungspolitik steht von Anfang an in dem Widerstreit zweier Hauptströmungen: Zu einen die Tradition der Aufnahme und sogar Anwerbung von Zuwanderern, zum anderen restriktive Tendenzen aus Sorge um soziale, politische und kulturelle Auswirkungen bis hin zu rassistischen Ansätzen. Bis 1875 war die politische Haltung zur Zuwanderung neutral; es gab mit einer Ausnahme in 1798 keine gesamtstaatliche Einwanderungsbegrenzung. Allerdings gab es sehr wohl innenpolitische Auseinandersetzungen über die Zuwanderung, vor allem aus Furcht vor politischen Aktivisten und ethnischer oder religiöser Majorisierung (deutsche und irische Zuwanderung, Antikatholizismus der Know-Nothing, kalifornische Gesetze gegen chinesische Zuwanderer). Diese Mobilisierung gegen Einwanderung verschwand nach 1850 mit dem Ausbruch des Bürgerkrieges. 1875 wurde der erste Immigration Act in Kraft gesetzt; bestimmte Gruppen (Prostituierte, Straffällige) wurden ausgeschlossen. 1876 entschied der Supreme Court, daß einzelstaatliche Einwanderungsbestimmungen verfassungswidrig sind. Der Immigration Act wurde auf den Ausschluß weiterer Gruppen ausgeweitet, so 1882 der Ausschluß der Chinesen, 1885 das Verbot der Einwanderung von vorab angeheuerten Arbeitern, 1891 wurde eine Kopfsteuer eingeführt, 1906 die Bedingung ausreichender Englischkenntnisse, 1907 der Auschluß japanischer Einwanderer, dann 1917 der aller Asiaten, sowie von Analphabeten, Polygamisten und Homosexuellen. Bis 1920 wurden somit durch die Einwanderungsgesetzgebung nur qualitative Restriktionen festgelegt. Bereits 1887 entstand die American Protective Association, die sich besonders gegen die katholische Zuwanderung efms Paper Nr. 3 3 aus Südeuropa richtete, und eine Immigration Restiction League aus Bostoner Adeligen propagierte den Ausschluß der Analphabeten als Maßnahme gegen die Zuwanderung aus Süd- und Osteuropa, die schließlich gegen das Veto des Präsidenten 1917 eingeführt wurde. Der damals florierende Biologismus und „wissenschaftliche“ Rassismus schlug sich in einem Gutachten der Joint Commission on Immigration 1911 nieder (Dillingham Commission), das neben der Fremdenangst während des ersten Weltkrieges mit zu der massiven Begrenzung der Einwanderung und Bevorzugung von Nord- und Westeuropäern in 1921 beitrug. 1921 wurde der erste Quota Act beschlossen (maximale Zuwanderung von jährlich 3% jeder 1910 in den USA lebenden Herkunftsnationalität); 1924 wurde eine Obergrenze von jährlich 164.000 Einwanderern bei maximal 2% der 1890 in den USA lebenden Herkunftsnationalität eingeführt. Dieses an der Herkunftsnation orientierte Quotensystem wurde 1952 gegen das Veto von Präsident Truman nicht weiter beibehalten („… die Idee dahinter war, um es deutlich zu sagen, daß Amerikaner mit englischem oder irischem Namen bessere Bürger als solche mit italienischem, griechischem oder polnischen Namen sind … Ich kann es nicht glauben, daß wir heute, 1952, wieder so ein Gesetz in Kraft setzen …“). Innerhalb der nationalen Quoten wurde ein Präferenzsystem für die Erteilung der Visa eingeführt: An erster Stelle standen unverheiratete Kinder von U.S.-Bürgern, und an zweiter Stelle Ehepartner und Kinder legaler Einwanderer. Die folgenden Präsidenten unternahmen mehrere Ansätze einer Reform, die schließlich im Immigration Act von 1965 die nationalen Quota abschaffte; stattdessen wurde eine einheitlich Quote von 20.000 pro Herkunftsstaat eingeführt, und Ehepartner, Kinder und Eltern der ersten Präferenz (U.S.-Bürger) wurden von der Quotenbegrenzung ausgenommen. Ab der sechsten Präferenz wurde der Nachweis verlangt, daß für den Beruf des Einwanderers der Bedarf am Arbeitsmarkt nicht durch US-Bürger gedeckt werden kann. Die Gesamtzuwanderung wurde begrenzt (120.000 aus der westlichen Hemisphäre, 170.000 aus der restlichen Welt). Unter Carter wurde 1978 diese Unterscheidung aufgehoben. Die Änderungen von 1965 haben unter anderem zu der veränderten Zusammensetzung der Zuwanderer und dem Rückgang der Zuwanderung aus Europa beigetragen. Von 1955 bis 1985 stieg der Anteil der Asiaten an den Einwanderern von 8% auf 43%, während der Anteil der Europäer von 50% auf 13% und am Ende der 80er Jahre auf 8,6% sank. Der Refugee Act von 1980 übernahm die UN-Definition für Flüchtlinge, strich die Flüchtlinge aus der Präferenzliste (7. Präferenz) und führte eine unabhängige Quote für Flüchtlinge von jährlich 50.000 ein, die allerdings durch den Präsidenten in Absprache mit dem Kongreß erhöht werden kann (so 139.100 in 1991 und 117.000 in 1992). 1986 trat der Immigration Reform and Control Act (IRCA) in Kraft, durch den alle Arbeitgeber verpflichtet wurden, den legalen Aufenthaltsstatus bei Neueinstellungen zu überprüfen, und der empfindliche Strafen bei wissentlicher Beschäftigung illegaler einführte. Gleichzeitig wurde eine Amnestie für alle nicht straffälligen Einwanderer erteilt, die schon seit dem 1. Januar 1982 in den USA lebten; durch diese Amnestie wurden ca. 2,7 Mio. illegale Einwanderer eingebürgert, davon 60% Mexikaner. Da in der Erntearbeit dringend Wanderarbeiter gebraucht wurden, wurden auf Druck der Agrarindustrie über zwei Jahre die Strafen für illegale Beschäftigung nicht angewandt und ein Saisonarbeiterprogramm von 300.000 temporären Visas (90 Tage pro Jahr für drei aufeinanderfolgende efms Paper Nr. 3 4 Jahre) wurde eingeführt; dieses Programm wurde auch nach Bedarf ausgeweitet. In 1986 wurden 1,8 Mio. illegale Einwanderer aufgegriffen; diese Zahl sank bis Ende der 80er Jahre auf etwa ein Million jährlich und die Gesamtzahl von Menschen ohne legalen Aufenthaltsstauts in den USA wird auf 3-4 Mio. bei einer jährlichen Steigerung von etwa 300.000 geschätzt. In der Erwartung einer steigenden Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt in den 90ern wurde 1990 der Immigration Act (IMMACT) in Kraft gesetzt. Das Gesetz erhöhte die Obergrenze der Einwanderung auf 714.000 jährlich bis 1994 und auf 675.000 in den Folgejahren; dabei werden Einwanderungsvisa nach einem Quotensystem vergeben: Familienzusammenführung: – Für direkte Verwandte (Kinder unter 18, Ehepartner, Eltern) von U.S.-Bürgern ist die Zahl unbegrenzt, so daß die Gesamtobergrenze überschritten werden kann; in diese Kategorie fallen 1995 etwa 260.000 Einwanderer. – Familienpräferenzen (Minimal 226.000 Visas): 1: 23.400 für unverheiratete Kinder von U.S.-Bürgern, 2: 114.200 für Ehepartner und Kinder von legal in den USA lebenden Ausländern 3: 23.400 für verheiratete Kinder von U.S.-Bürgern 4: 65.000 für Geschwister von U.S.-Bürgern Arbeitsmigration: – 140.000 Visas zur Arbeitsaufnahme nach folgenden Präferenzen: 1: 40.000 für Priority Workers (Hochqualifizierte, Manager, Wissenschaftler) 2: 40.000 für qualifizierte Spezialisten und Künstler 3: 40.000 für Arbeiter (davon 30.000 nur für Facharbeiter) 4: 10.000 für Special Immigrants (z.B. ehem. Beschäftigte von US-Behörden im Ausland) 5: 10.000 für Investoren (0,5-3 Mio $, mindestens 10 Arbeitsplätze) 6: 12.000 für Angestellte bestimmter US-Firmen in Hong Kong Diversifizierung: – 55.000 Visas für unterrepräsentierte Herkunftsländer (40% gehen an Iren) Flüchtlinge: – 111.000 Visas für Flüchtlinge nach der UN-Definition, Aussetzung von Abschiebungen oder temporärer Aufenthalt bei Gefährdung im Herkunftsland. Die amerikanische Staatsbürgerschaft wird automatisch durch Geburt im Land erworben (Jus Soli); im Ausland geborene Kinder amerikanischer Eltern haben im Regelfall ebenfalls die amerikanische Staatbürgerschaft. Die Zahl der Einbürgerungen ist unbegrenzt; eingebürgert werden auf Antrag Personen, die sich ohne längere Unterbrechung in den letzten fünf Jahren legal in den USA aufhalten, über 18 Jahre alt sind, ausreichende Englischkenntnisse und Kenntnisse des amerikanischen politischen Systems nachweisen können, und einen Eid auf die amerikanische Verfassung ablegen. Bei der Einbürgerungszeremonie muß die alte Staatsbürgerschaft abgelegt werden; doppelte Staatsbürgerschaft ist jedoch für Kinder aus binationalen Ehen die Regel, wenn dem die Staatsbürgerschaftsgesetze des anderen Staates nicht entgegenstehen. Die amerikanische Staatsbürgerschaft kann wieder entzogen werden, wenn sie durch falsche Angaben erschlichen worden ist. efms Paper Nr. 3 5 Die Gesetze in 1986 (IRCA) und 1990 (IMMACT) griffen weitgehend die Empfehlungen einer Expertenkommission (Select Commission on Immigration and Refugee Policy, 16 Mitglieder, je 4 Abgeordnete aus den beiden Häusern des Kongresses, 4 Regierungsbeamte und vier durch den Präsidenten bestimmte Experten) von 1981 auf. Die Quoten wurden durch ein reguläres Gesetzgebungsverfahren beschlossen; in gewissen Grenzen kann der Attorney General auf Anweisung des Präsidenten am Kongress vorbei aus humanitären Gründen Visa für Flüchtlinge erteilen, so geschehen in dem Agreement mit Fidel Castro letztes Jahr, das die Erteilung von jährlich 20.000 Einwanderervisa für Kubaner aus humanitären Grunden vorsieht. Seit zwei Jahren arbeitet eine Commission on Immigration Reform (neun Experten unter der Leitung von Barbara Jordan) durch externe Gutachten unterstützt an einer neuen Empfehlung zur Einwanderungspolitik; der dem Judiciary Committe des Senats in September 1994 vorgelegte Bericht konzentriert sich auf die illegale Zuwanderung und schlägt eine Reihe von Maßnahmen vor, so unter anderem eine zentrale Computerregistrierung der Sozialversicherungsnummern, fälschungssichere Führerscheine und Sozialversicherungsausweise und eine obligatorische Computerüberprüfung dieser Dokumente bei der Einstellung von Arbeitern. Zuständig für die Verwaltung und Kontrolle der Einwanderung ist das Department of Justice und der Immigration and Naturalization Service (INS); diese Behörde war unter der Präsidentschaft von Bush wegen der inkompetenten Führungsspitze massiver Kritik ausgesetzt. Unter Clinton wurde eine Spezialistin für Migrationsfragen als Leiterin des INS (Doris Meissner) eingesetzt, die einige Reformen in der Organisation durchgeführt hat. - Fazit Die U.S.-Einwanderungspolitik ist wegen der langen und relativ durchlässigen Landgrenze zu Mexiko stark von der illegalen Zuwanderung geprägt; trotz neuer Bemühungen der Grenzsicherung (Operation Blockade, Hold-the-Line, Wetback) ist die illegale Zuwanderung aus Mexiko massiv. Die öffentliche Meinung ist traditionell gegen hohe Einwanderungsniveaus, und der hohe Erfolg der Proposition 187 in California (Ausschluß illegaler von öffentlichen Leistungen wie Schule, medizinische Versorgung und Wohlfahrt, Überprüfungspflicht und Anzeigepflicht bei Verdacht auf illegalen Aufenthalt) läßt trotz der Verfassungswidrigkeit des Gesetzes weitere restriktive Maßnahmen in anderen Bundesstaaten erwarten. Die bisherigen Regelungen konnten häufig leicht durch gefälschte Dokumente umgangen werden; in letzter Zeit wurden daher fälschungssichere Green Cards (Arbeitserlaubnis) und Sozialversicherungsausweise eingeführt, die über den Arbeitgeber elektronisch verifiziert werden sollen. Ein spezifisches Problem der Einwanderung in die USA ist, daß die afroamerikanischen US-Bürger nicht durch die Einwanderer unterschichtet werden; in vielen Großstädten haben sich regelrechte Ghettos etabliert, in denen vor allem asiatische Zuwanderer, die den Einzelhandel prägen, zur Zielscheibe von Aggressionen werden. efms Paper Nr. 3 6 Kanada: - Migrationsgeschichte Kanada wurde Mitte des 16. Jahrhunderts durch die französische Krone schrittweise in Besitz genommen und ab 1603 als französische Kronkolonie besiedelt; bis 1700 wanderten etwa 10.000 katholische Franzosen hauptsächlich in das heutige Quebec ein. Im 18. Jahrhundert ist die kanadische Geschichte durch den den Konflikt der rivalisierenden europäischen Mächte Großbritannien und Frankreich geprägt; die östlichen am Atlantik gelegenen Provinzen wurde nach mehreren militärischen Auseinandersetzungen schließlich mit dem Vertrag von Paris 1763 alle britisch. Die französische Zuwanderung war gering; bis 1763 siedelten sich 60.000 bis 70.000 Franzosen in „Nouvelle France“, heute Quebec, an. Im frankophonen Raum bildete sich eine feudale Struktur mit zentraler Rolle der katholischen Kirche heraus. Trotz der geringen Zuwanderung stieg die französische Bevölkerung durch die hohe Kinderzahl der französchen Siedler stark an und führte bereits im 19. Jahrhundert zu einer Abwanderung von frankophonen nach den USA. Die britische Besiedlung setzte erst Ende des 18. Jahrhundert in den Atlantikprovinzen ein, teils durch Loyalisten aus den USA 1776 nach der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung, teils durch Engländer, Schotten, Ulster-Schotten und Waliser, ab 1840 auch in großer Zahl Iren. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert kamen deutschsprachige Siedler, Polen, Ruthenen und Ukrainer aus der K&K-Monarchie, mennonitische Gruppen aus Pennsylvania und später aus Rußland und amerikanische Farmer aus dem Mittelwesten nach Kanada; Mitte des 19. Jahrhunderts war die anglophone Bevölkerung bereits doppelt so groß wie die frankophonen Kanadier. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts war die kanadische Bevölkerung auf 5 Mio. angewachsen. Genaue Statistiken sind allerdings nicht verfügbar, die jährlichen Zahlen stiegen von 1880 von etwa 30.000 auf fast 100.000 zur Jahrhundertwende an. Die Migration zwischen Kanada und den USA hatte bis zum ersten Weltkrieg erhebliche Ausmaße; von 1880 bis 1914 kamen etwa 3,7 Mio. Zuwanderer nach Kanada, etwa 2 Mio. wanderten jedoch in die USA weiter. Bis zur Jahrhundertwende waren die frankophonen Kanadier die einzige Gruppe, die sich – organisiert an der katholischen Kirche – als homogen betrachtete; sowohl die anglophonen Siedler als auch die deutschsprachigen Zuwanderer sahen sich nicht als homogene Gruppe und stammten aus einem breiten Spektrum regionaler Herkunft und Religionszugehörigkeit. Zuwanderer aus Osteuropa und später aus Italien wurden jedoch als schwer integrierbar betrachtet und als „Galicians“ bzw. „Hunkies“ diskriminiert. Die nichteuropäische Zuwanderung war sehr gering; bis 1920 kamen insgesamt nur etwa 70.000 Asiaten (Chinesen, Japaner und Sikhs) nach Kanada, die wirtschaftlich marginalisiert und als „Orientals“ diskriminiert waren. Durch die restriktive Einwanderungspolitik der USA nach dem ersten Weltkrieg stieg die Zuwanderung nach Kanada zunächst weiter an; nach der Weltwirtschaftskrise Ende der 20er ging die Einwanderung auch aufgrund restriktiver Regelungen drastisch zurück (1,23 Mio. von 1920 bis 1930, 158.000 von 1931 bis 1940). Anders als die Ideologie des „melting pots“ in den USA entwickelte sich in der Zwischenkriegszeit das Konzept des „Our Canadian Mosaic“ (Kate A. Foster, 1926), das sich in den Kriegsjahren 1940-45 allgemein als kanadisches Selbstverständnis etablierte und als Vorläufer des heutigen Multikulturalismus betrachtet werden kann. Unmittelbar nach Kriegsende 1945 nahm Kanada mehrere zehntausend „displaced persons“ aus Europa auf und 1946 wurde eine expansive Zuwanderungspolitik begonnen. 1951 war die Bevölkerung Kanadas auf 14 efms Paper Nr. 3 7 Mio. angewachsen, Herkunftsländer waren zu 85% europäisch (35% britisch). Die jährlich Zuwanderung stieg von etwa 130.000 bis Mitte der 60er auf etwa 160.000 bis Mitte der 70er Jahr, um dann nach einem Höhepunkt 1980 (143.000) sich unter 100.000 einzupendeln. Ende der 80er Jahre stieg sie wieder auf über 100.000 und erreichte Anfang der 90er über 250.000 Personen jährlich. Der Anteil der Herkunftsländer der Zuwanderer änderte sich in diesem Prozeß erheblich: an Ende der siebziger kamen mehr als ein Drittel der Zuwanderer aus Asien, während der britische Anteil ab Anfang der 80er Jahre unter 10%, der der Europäer insgesamt auf um die 20% sank. Anfang der 90er standen Hong Kong, die Phillippinen und Indien an der Spitze der Herkunftsländer. - Entwicklung der Migrationspolitik Bis zur zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war die Einwanderung nach Kanada – von wenigen Ausnahmen abgesehen – keinen gesetzlichen Regelungen unterworfen, somit im Prinzip eine „open door policy“. Die erste Regelung erließ die Provinz Lower Canada 1794 (An Act Respecting Aliens); sie bezog sich auf die Ansiedlung politischer Flüchtlinge, den königstreuen Loyalisten aus den 13 Staaten Nordamerikas nach der amerikanischen Unabhängigkeitserlärung. Das Gesetz beauftragte Staatsbeamte mit der Überprüfung der politischen, sozialen und ökonomischen Eignung und der Loyalität der Siedlerfamilien aus den USA. Die schweren Hungersnöte in Irland in der 40ern und 50er des letzten Jahrhunderts ließen ab 1847 die Zuwanderung von Iren auch nach Kanada sprunghaft ansteigen; diese massive Armutswanderung führte zu Belastungen der öffentlichen Wohlfahrt und der medizinischen Versorgung durch Zuwanderer und zu ersten gesetzlichen Regelungen 1851 und 1864. Aus der Diskussion über diese Belastung der Allgemeinheit („public charge“) durch unkontrollierte Zuwanderung gab 1867 der British North America Act der neugegründeten Dominion of Canada, den Provinzen und der kanadischen Bundesregierung, die Kompetenz zur Regelung der Einwanderung; 1869 trat der erste Immigration Act in Kraft. Dieses Gesetz regelte zunächst die Anwerbung von Einwanderern und das Einwanderungsverfahren; es wurden Einwanderungsbeamte, auch in Europa, etabliert, in den Häfen wurden Quarantänestationen für Einwanderer aufgebaut und eine Kopfsteuer von den Einwanderern erhoben. 1885 ging diese Periode des free entry zuende; der Chinese Immigration Act setzte für chinesische Einwanderer eine Kopfsteuer von 50$ fest, begrenzte die Zahl von einwandernden chinesischen Passagieren auf Schiffen und machten eine Aufenthaltserlaubnis für Chinesen obligatorisch. In weiteren gesetzlichen Beschränkkungen wurden bis 1910 die Kopfsteuer für Chinesen auf 100$ erhöht, und für Einwanderer mit ansteckenden Krankheiten, subversiven oder kriminellen Aktivitäten Einwanderungsverbote und Abschieberegelungen erlassen. 1896 wurde unter dem Premier Sifton eine massive Besiedlungspolitik der für die Landwirtschaft noch ungenutzten Räume Kanadas begonnen. Für die Besiedelung und Urbarmachung dieser großen Flächen aus politischen und wirtschaftlichen Gründen wurden Bauernfamilien aus Ost- und Mitteleuropa angeworben, da der Einwanderungsbedarf aus West- und Nordeuropa nicht zu decken war, und da Bauernfamilien aus ländlichen Regionen den Arbeitern aus den städtischen Industriegebieten Europas vorgezogen wurden. Im Immigration Act von 1910 wurde die kanadische Staatsbürgerschaft geregelt, und Einwanderer mußten Landungsgelder in Höhe von 25$ bzw. 50$ vorweisen, Asiaten efms Paper Nr. 3 8 hatten 200$ mit sich zu führen. Weitere Beschränkungen waren das Einwanderungsverbot für bestimmte religiöse Gruppen (Hutterer, Mennoniten und Doukhobors) von 1919 bis 1926, und sehr restriktive Bestimmungen für chinesische Einwanderer von 1923 bis 1947. Zum Ende des zweiten Weltkrieges begann mit der großzügigen Aufnahme von Kriegsflüchtlingen und Zwangsarbeitern der Hitlerdiktatur (displaced persons) die Tradition der kanadischen Flüchtlingspolitik. Die Grundlinien der kanadischen Einwanderungspolitik wurden 1947 durch den Premier Mackenzie King neu formuliert und in dem Immigration Act von 1952 festgeschrieben; Thesen dieser Einwanderungspolitik waren: – die Zuordnung der Einwanderungspolitik als Aufgabe der Innenpolitik, – die Ziele Bevölkerungswachstum und wirtschaftlicher Entwicklung, – die selektive Funktion: die Einwanderung sollte den gegenwärtigen Charakter Kanadas nicht verändern, – und die Begrenzung der Einwanderung anhand der Absorptionsfähigkeit der kanadischen Gesellschaft. In dem am 1.6.1953 in Kraft tretenden Gesetz wurde die Zuständigkeit dem Department for Citizenship and Immigration übergeben; die letzte Entscheidungsbefugnis lag beim Minister dieses Departments. Die Umsetzung dieser Regelungen waren jedoch nicht praktikabel; massiver Antragsstau und die niedrigen Zuwanderungszahlen der späten fünfziger Jahre führten zu wachsender Kritik an dem Gesetz. 1962 wurden daher die Ausführungsbestimmungen geändert; die diskriminierenden Bestimmungen gegenüber asiatischen Einwanderern wurden stillschweigend aufgehoben. In den 60ern wurden neue Einwanderungsbüros in den Phillipinen, den Westindischen Inseln und Pakistan sowie in Ägypten und dem Libanon eröffnet; lediglich beim Familiennachzug waren europäische Einwanderer noch gesetzlich bevorzugt. Die wirtschaftliche Expansion Anfang der 60er erhöhte den Bedarf für neue Zuwanderung und die Einwandererzahlen stiegen wieder an. Wegen dem wirtschaftlichen Bedarf und den nach wie vor bestehenden Verwaltungsproblemen wurde die Zuständigkeit für die Einwanderung 1966 dem neuformierten Department for Manpower and Immigration übertragen. Einwanderung wurden nun primär unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten betrachtet; Ende 1966 legte die Einwanderungsbehörde mit den „White Papers“ ein Konzept für eine Einwanderungsregelung vor, die drei Kategorien (unabhängige Bewerber, abhängige Familienangehörige und unabhängige Familienangehörige) und ein Punktesystem nach bestimmten Kriterien (Ausbildung, Alter, Fähigkeiten, Bedarf am Arbeitsmarkt) vorsah; bei finanzieller Unterstützung des Einwanderers durch einen kandischen Staatsbürger wurde eine gewisse Bevorzugung vorgenommen. Diese Regelung wurde 1967 in Kraft gesetzt; ihre Konzeption wirkt bis heute in der kanadischen Einwanderungsgesetzgebung. Die Diskussion um die kanadische Einwanderungspolitik, besonders unter dem Gesichtspunkt humanitärer und internationaler verpflichtungen, und der Kritik an der primär wirschaftlich orientierten bisherigen Zielsetzung, führten 1976 zur Formulierung neuer Vorschläge („Green Papers“), die im Immigration Act von 1978 als Gesetz umgesetzt wurden. Kernpunkte dieser bis heute gültigen Einwanderungsgesetzgebung sind: – Die Regierung legt demographische Zielvorgaben (Einwanderungsbedarf) fest, die erfüllt werden müssen; efms Paper Nr. 3 9 – der kanadische Kultur und der föderale und bilinguale Charakter Kanadas sollen bereichert und gestärkt werden, Wirtschaft und Gesellschaft sollen gefördert werden; – die Familienzusammenführung hat höchste Priorität; – die Aufnahmegesellschaft soll für die Integration der Einwanderer zusammenarbeiten; – die humanitären Verpflichtungen gegenüber Flüchtlingen werden anerkannt; – es soll keine Diskriminierung nach Rasse, Religion oder Hautfarbe bei der Zuwanderung und Integration erfolgen. Das Gesetz schreibt anders als in den USA keine festen Quoten vor; die Quoten für die jeweiligen Kategorien werden jährlich unter Hinzuziehung eines Expertengremiums durch das zuständige Ministerium vorgeschlagen und in einem jährlichen Einwanderungsplan durch den Minister dem Parlament vorgelegt. 1992 wurde durch die Bill C-86 eine strengere Mißbrauchskontrolle der Einwanderungsregelungen, vor allem im Flüchtlingsbereich, und eine Beschleunigung des Verfahrens eingeführt; die Verantwortung für die Einwanderung wurde dem Ministry of Public Security übertragen. Diese Zuordnung zu dem Ministerium, das auch für die Sicherheitsbehörden und Geheimdienste zuständig ist, wurde in der Folge heftig kritisiert; unter anderem als Reaktion auf diese Kritik wurde 1994 wieder ein Department of Citizenship and Immigration mit der Zuständigkeit für die Einwanderungspolitik und Verwaltung beauftragt. Die Auswahl der Bewerber erfolgt seit 1978 zu den jährlich festgelegten Quoten nach einem Punktesystem mit Präferenzregelungen. Der jährliche Einwanderungsplan für 1994 sieht zum Beispiel folgende Quoten in den feststehenden Kategorien vor: • Family Class (Familienzusammenführung): Insgesamt 111.000, Auswahl nach Punktesystem, Bedingungen: Verpflichtung des aufnehmenden Familienmitglieds (älter als 19 Jahre, kanadischer Staatsbürger oder legal fest wohnhaft) zum Unterhalt für bis zu 10 Jahre – Ehepartner und Kinder: 68.000 – Eltern und Großeltern: 43.000 • Refugee and Humanitarian Class (Flüchtlinge): Insgesamt 28.300 – Flüchtlinge (nach Genfer Konvention oder nach humanitären Gesichtpunkten), die bereits in Kanda eingereist sind: 15.000 – Flüchtlinge, die im Ausland durch die kanadischen Botschaften ausgewählt werden (Unterquoten für verschiedene Weltregionen): 7.300 – Flüchtlinge, die durch Privatpersonen oder karitative Organisationen aufgenommen und unterstützt werden: 6.000 • Independent and Other Class (Selbständige und andere): Insgesamt 110.700, Auswahl nach Punktesystem – Skilled Workers (Qualifizierte Arbeiter): 17.500; deren Familienangehörige: 21.000 – Assisted Relatives, Verwandte von kanadischen Staatsbürgern oder legal Ansässigen, die nicht in die Family Class fallen: 13.200; deren Familienangehörige: 22.000 (Verpflichtung für Unterhalt ist Voraussetzung) efms Paper Nr. 3 10 – Business Immigrants, Geschäftsleute: 6.000; deren Familienangehörige: 18.000; hierunter fallen Unternehmer und Investoren, die Arbeitsplätze für Kanadier schaffen, zur Wirtschaft oder Kultur (Künstler) Kanadas wesentlich beitragen oder einen Mindestbetrag in Kanada investieren (500.000$ bis 700.000 $) – Retirees (Ruheständler): 5.000, und Live-in Caregivers (Haus- und Pflegepersonal, das im Haushalt lebt): 8.000 Der Einwanderungsplan für 1994 führt auch eine geschätzte Auswanderung von 50.000 Personen an. Das Punktesystem für die Auswahl in der Family Class und der Independent Class sieht folgende Kriterien vor: – allgemeine Ausbildung – Spezifische Ausbildung für angestrebten Beruf – Berufserfahrung – Arbeitsmarktlage im angestrebten Beruf – bestehende Beschäftigung oder Arbeitsvertrag – demographischer Bedarf – Alter – Sprachkenntnisse in Englisch und/oder Französisch – persönliche Eignung. Für die Bearbeitung der Anträge auf Einwanderervisas gibt es eine Prioritätenliste, die die Reihenfolge festlegt: – Bewerber der Family Class, die Ehepartner, Verlobte oder Kinder der aufnehmenden, in Kanada lebenden Familienangehörigen sind, sowie Konventionsflüchtlinge. – Bewerber mit Arbeitsvertrag in Kanada; die Beschäftigung darf nicht unter dem kanadischen Lohnniveau liegen, darf keine kanadischen Bewerber benachteiligen und muß allen gesetzlichen Regelungen entsprechen. – Unternehmer, Investoren und Selbständige. – Personen, die durch die Provinzen Kanadas benannt werden. – Qualifizierte Arbeitskräfte in Berufen mit Arbeitskräftemangel. – Andere Bewerber der Family Class (Eltern, Großeltern, Geschwister) – Alle Übrigen. Für die kanadische Staatsangehörigkeit gilt das Jus Soli; nicht in Kanada geborene Kinder sind kanadische Staatsbürger, wenn mindestens ein Elternteil Kanadier ist; in diesem Fall muß jedoch bis zum 28. Lebensjahr ein Antrag auf Erhalt der Staatsbürgerschaft gestellt werden. Dieser setzt einen substantiellen Bezug zu Kanada (Sprach- und Landeskenntnisse, Aufenthalt, höhere Schulbildung oder Beschäftigung im öffentlichen Dienst in Kanada für eine Mindestzeit) voraus. Die Einbürgerung wird auf Antrag bewilligt, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind: – formal korrekte Antragstellung (Geburtsurkunde, Aufenthaltsnachweis, weitere Papiere); efms Paper Nr. 3 11 – Alter über 18 Jahre (bei Minderjährigen wird der Antrag durch die Eltern gestellt); – legaler Aufenthalt in Kanada von mindestens drei Jahren in den letzten vier Jahren; – angemessene Kenntnisse in Englisch und/oder Französisch; – angemessen Landeskenntnisse und Kenntnisse der Rechte und Pflichten des kanadischen Bürgers; – es liegt keine Abschiebeanordnung oder Erklärung als Sicherheitsgefahr durch die Regierung vor. Das zuständige Minister kann Ausnahmen verfügen; der Antrag wird bei dem zuständigen Einbürgerungsgericht vorgelegt und vom Bewerber beeidet. In einer Anhörung vor diesem Gericht werden Sprach- und Landeskenntnisse überprüft. Bei einem positiven Entscheid des Gerichts wird der Bewerber zu einer Einbürgerungszeremonie mit Eid auf die Queen of Canada und die kanadische Verfassung geladen; bei einer Ablehnung kann Berufung eingelegt werden. Die alte Staatsbürgerschaft muß beim Erwerb der kanadischen nicht abgelegt werden, falls die Doppelstaatsbürgerschaft nach dem Recht des Herkunftsstaates möglich ist. Die kanadische Staatsbürgerschaft wird nur aufgehoben, wenn auf sie verzichtet wird, wenn sich herausstellt, daß sie unter Angabe falscher Tatsachen erschlichen worden ist, oder wenn sie bei einem im Ausland geborenen Kind eines kanadischen Elternteiles nicht vor dem 28. Lebensjahr bestätigt wurde. - Fazit Kanada unterscheidet sich von der Einwanderungssituation der USA in einer Reihe von wesentlichen Punkten; die illegale Zuwanderung spielt eine wesentlich geringere Rolle, da lediglich Landgrenzen zu den USA existieren. Schätzungen gehen von etwa 200.000 Personen aus, die sich ohne Papiere in Kanada aufhalten. Die engen wirtschaftlichen Beziehungen zu den USA wirken sich auch im Migrationsbereich aus; hohe Abwanderungen in die USA, aber auch Zuwanderungen fanden bereits im letzten Jahrhundert statt. Anders als in den Vereinigten Staaten, in denen die spanischsprachige Bevölkerung in den von Mexiko eroberten Gebieten marginalisiert wurde und die deutschsprachigen Zuwanderer assimiliert wurden, verfestigte sich in Kanada die französischsprachige Bevölkerung zu einer stabilen nationalen Minderheit, die sich dem Assimilierungsdruck erfolgreich widersetzte. Kanada versteht sich daher traditionell als eine plurale Gesellschaft, die von dem Miteinander und dem Konflikt der englischsprechenden Mehrheit und der frankophonen Gebiete geprägt ist. Die Entstehung des kanadischen Multikulturalismus in 1971 unter Trudeau hat seine Wurzeln auch in diesem Konflikt: 1962 wurde bereits eine Royal Commision on Biligualism and Biculturalism gebildet, und die kanadische Multikulturalismuspolitik zielte auch auf die schwierige Lage der anglophonen Minderheit in den französischprachigen Provinzen. Als ähnlich wie in den USA Mitte der 60er die Aufhebung diskriminierender Einwanderungsgesetze und das nachlassende Interesse von Europäern an der Auswanderung den Schwerpunkt der Zuwanderung aus Europa nach Asien verschob, führte das Selbstverständnis des kanadischen Staates als ethnisch neutral und plural zur Entstehung des kanadischen Multikulturalismus; zur Überwindung von Diskriminierung und Benachteiligung wurden ethnische Organisationen gefördert, die Beteiligung ethnischer Minderheiten an der demokratischen Willensbildung wurde unterstützt und die Verständigung und Toleranz Minderheiten gegenüber wurde offiziell propagiert. Die Integration von Einwanderern wird durch staatlich geförderte efms Paper Nr. 3 12 Sprachkurse und Eingliederungshilfen unterstützt. Obwohl diese ethnisch orientierten Fördermaßnahmen teilweise zur Klientelstrukturen und Nutzung für das Eigeninteresse ethnischer Vereinigungen beigetragen haben, und das Ziel der Integration der frankophonen Bevölkerung in ein plurales Kanada nur teilweise erreicht wurde, zeigt die Multikulturalismus- und Antidiskriminierungspolitik im niedrigen Konfliktniveau der einheimischen zu den zugewanderten Gruppen Früchte. Australien: - Migrationsgeschichte Auch Australien versteht sich als eine „nation of immigrants“, wenn auch in der Diskussion um die Einwanderung weniger von „immigrants“ als von „settlers“ gesprochen wird. Seit der britischen Besetzung in 1788 wurde Australien über anderthalb Jahrhunderte fast ausschließlich durch britische Siedler besiedelt, die die Aborigines im Laufe dieses Prozeßes in unfruchtbarere Reservate abdrängten und durch Seuchen, Hunger und Vertreibung vor allem in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert stark dezimierten. Die systematische Besiedelung begann 1788 mit der Ansiedlung von 1000 Sträflingen in Port Jackson; ab 1793 wurden zur Absicherung gegen französische Kolonialinteressen auch freiwillige Einwanderer aus Großbritannien angesiedelt. Bis Mitte des 19. Jahrhundert waren die fruchtbaren Küstenregionen besiedelt; 1850 wurden die ersten vier australischen Staaten in die Selbstverwaltung entlassen, 1851 wurde durch Goldfunde eine große Einwanderungswelle ausgelöst. Die Zuwanderer stammten so gut wie ausschließlich aus Großbritannien, außer einigen wenigen chinesischen Coolies um 1840 und etwa 65.000 Inselbewohner aus dem Pazifik wurden keine Arbeitsmigranten nach Australien zugelassen. Ab 1838 gab es eine geringe Zuwanderung aus Deutschland, die sich in Südaustralien ansiedelten und eine eigene Infrastruktur mit deutschen Schulen aufbauten; auch irische Siedler, die sich seit Anfang des 19. Jahrhundert in Australien ansiedelten, bildeten eigene Communities. Als Ende des 19.Jahrhundert die Aborigines vom Aussterben bedroht waren, wurden Reservate eingerichtet und Schutzgesetze erlassen. Bis Anfang des 20. Jahrhundert, nachdem die sechs australischen Staaten sich 1901 im Australischen Bund zusammengeschlossen hatten und eine gesamtaustralische Einwanderungspolitik begannen, waren etwa 2 Mio. Siedler fast ausschließlich aus Europa eingewandert, von denen 95% aus Großbritannien stammten; Flüchtlinge aus Frankreich, Deutschland und Ungarn (1848), russische Juden (1880) und libanesische Christen und Maroniten (1880) wurden nur in geringer Zahl zugelassen und mußten, im Gegensatz zu britischen Siedler, alle Kosten der Migration selbst tragen. Eine wesentliche Besonderheit der australischen Einwanderungssituation ist die zentrale Rolle, die wegen der geografischen Lage staatliche Organisation und Finanzierung der Ansiedlung spielten; von den 2,5 Millionen Siedlern, die bis 1939 nach Australien kamen, waren über die Hälfte mit staatlicher Hilfe ins Land geholt worden. Diese Hilfe und gesetzliche Regelungen (Familiennachzug, Grundbesitz, Sozialleistungen) begünstigten ausschließlich Briten; ansonsten wurden bis Ende des zweiten Weltkrieges fast ausschließlich Nord- und Westeuropäer zugelassen, wenn sie die Kosten der Passage und Ansiedlung selbst aufbringen konnten. Unter der „White Australia Policy“, die der Australische Bund 1901 offiziell verabschiedete, wurden Nicht-Europäer nur temporär als Geschäftsreisende oder zur Ausbildung zugelassen; Süd- und Osteuropäer wurden nur handverlesen zu niedrigen Quoten als Siedler nach Australien gelassen. Ziel dieser Politik efms Paper Nr. 3 13 war, die britische Herkunftsgesellschaft in Australien zu reproduzieren und nur solche Zuwanderer ins Land zu holen, die als leicht assimilierbar galten. Die deutsche Minderheit wurde im ersten Weltkrieg radikal zwangsassimiliert; die irische Minderheit opponierte während des ersten Weltkrieges zwar gegen die Entsendung von Soldaten, war aber dennoch loyaler Bestandteil des australischen Mainstreams. Die anglikanische Kirche dominierte, mit etwa einem fünftel waren die römisch-katholischen Iren die zweitstärkste Religionsgemeinschaft gefolgt von einem ähnlichen Spektrum protestantischer Kirchen wie in den USA, das überwiegend deutsche Luthertum bildete eine verschwindende Minorität. Der zweite Weltkrieg hatte massive Auswirkungen auf die australische Einwanderungspolitik; Australien erlebte als letzter großer Stützpunkt im Pazifik gegen Japan den Luftangriff auf Port Darwin und die Beschießung Sydneys durch ein japanisches U-Boot, und startete Mitte der vierziger ein massives Einwanderungsprogramm, primär aus verteidigungspolitischen Gründen. Gegenüber dem dicht besiedelten asiatischen Raum im Norden wurde forciert versucht, den Kontinent mit weißen Europäern zu besiedeln. Zudem war die Geburtenrate der australischen Bevölkerung bereits in den 30ern unter das Reproduktionsniveau gesunken. 1947 waren 90% der australischen Bevölkerung von etwa 7,6 Mio. im Land geboren; 87,8% waren Briten, 7,2% Nord- oder Westeuropäer, 1,7% Südeuropäer, 0,7% Osteuropäer und nur 1,3% waren nicht Weiße (zu dreivierteln Aborigines oder Halb-Aborigines). Die australische Gesellschaft war ausgesprochen homogen britisch mit einem irischen Anteil; der Begriff des „anglo-celtic mainstream“ entstand. - Entwicklung der Migrationspolitik 1945 wurde mit den traditionell für eine restriktive Zuwanderungspolitik eintretenden Gewerkschaften und unter den Parteien ein Konsens über ein massives Ansiedlungsprogramm erzielt, das eine jährliche Nettozuwanderung von 1% der Bevölkerung avisierte; bis 1972 wurden etwa 2,5 Mio. neue Siedler ins Land geholt; dabei war die Regierung bemüht, den Anteil britischer Zuwanderer 10:1 zu halten. Ende der 50er konnte der Einwandererbedarf nicht mehr ohne andere Herkunftsländer gedeckt werden; bilaterale Abkommen und Verträge mit Deutschland, den Niederlanden, Österreich, Belgien und Skandinavischen Ländern wurden geschlossen, später auch mit südeuropäischen Staaten. Erst nach massivem diplomatischen Druck Italiens war die Regierung jedoch 1967 bereit, die Zuwanderer aus Europa den begünstigten britischer Zuwanderern gleichzustellen (staatlicher Zuschuß zu Reise und Ansiedlungskosten). Insgesamt 375.000 Flüchtlinge wurden von 1946 bis 1972 aufgenommen, Jugoslawen, Griechen während des Bürgerkrieges, europäische Russen aus Rotchina, Armenier, Tschechen in 1968 und in geringem Maße Flüchtlinge aus dem nahen Osten. Nur in sehr geringem Umfang wurde vereinzelt die Ansiedlung asiatischer Zuwanderer toleriert. In den 70ern sah sich Australien, auch wegen der Kooperation mit Südafrika, unter zunehmenden außenpolitischen Druck wegen dieser rassistischen Zuwanderungspolitik. Ohne große öffentliche Diskussion wurden Ende der 60er bereits einige diskriminierende Gesetze aufgehoben (Ausschluß von Nichteuropäern von Wohlfahrtsleistungen, Arbeitsverbote in bestimmten Sektoren wie der Bergbau). Mit dem Regierungswechsel 1972 wurde eine neue Zuwanderungspolitik formiert, die vom Grundsatz der „nondiscrimination“ ausging und ein nicht an rassischen Kriterien orientiertes Punktesystem nach dem kanadischen Vorbild eingeführt, das die Familienzusammenführung betonte. Aufgrund der militärischen Auseinandersetzungen im asiatischen efms Paper Nr. 3 14 Raum (Timor, Vietnam) wirkte sich diese Änderung zunächst wenig auf den Anteil der Asiaten an der Zuwanderung aus. Nach der Wirtschaftsdepression Mitte der 70er änderte sich die Herkunft der Zuwanderer jedoch massiv: Der Anteil der Briten und Iren an der Nettozuwanderung sank von 48% (1961-1976) auf 21,9% (1976-1990), der Anteil der Südeuropäer ging von 15,5% auf -0,2% zurück, während die Zuwanderung von Asiaten von 14,2% auf 42,5% anstieg. Besonders bei den Europäern war auch eine hohe Abwanderung von bis zu 35% der Zuwandernden feststellbar. Von 1976 bis 1990 wanderten über eine halbe Million von nicht-europäischen Siedlern ein (Indien, Libanon, China, die Phillippinen und pazifische Inseln). Auch bei der Aufnahme von Flüchtlingen war der asiatische Anteil bedeutend; mit 150.000 Flüchtlingen aus Indochina steht Australien nach den USA und Kanada an dritter Stelle. 1974 wurden die Bevorzugung britischer und irischer Staatsbürger gegenüber anderen Ausländern aufgehoben und die Möglichkeit der doppelten Staatsangehörigkeit zur Erleichterung der Einbürgerung eingeführt. In der Rezession der 80er Jahre orientierte sich die australische Wirtschaftspolitik neu auf den internationalen Handel mit dem boomenden asiatischen Raum hin; die asiatischen Zuwanderer wurden hier als wichtige Brücke gesehen. In Folge dieser Entwicklungen hat sich die australische Gesellschaft dramatisch verändert: 1991 waren bereits 26% der Bevölkerung Einwanderer und 17% sprachen zu Hause eine andere Sprache als Englisch; in den achzigern waren die wichtigsten Sprachen nach Englisch Italienisch und Griechisch, Anfang der 90er sind es Chinesisch und Arabisch. 1978 wurde in einer Untersuchung über die Betreuung von Einwanderern der Begriff Multikulturalität aus Kanada übernommen und in die politische Diskussion eingeführt; 1989 wurde durch die Regierung die „National Agenda for a Multicultural Australia“ verabschiedet, die Australien als ein Einwanderungsland „building unity in diversity“ statuiert. Offizielles Ziel dieser Politik ist, benachteiligte Gruppen zu fördern und Diskriminierung abzubauen; die kulturelle und sprachliche Vielfalt wird explizit als wichtiger Wirtschaftsfaktor thematisiert. Trotz des dramatischen Wandels der australischen Gesellschaft sind interethnische Konflikte kaum aufgetreten; die Intermarriage zwischen den ethnischen Gruppen ist konstant hoch; dreiviertel der Ehen aus ethnischen Minoritäten werden außerhalb der eigenen ethnischen Gruppe geschlossen. Das australische Einwanderungsgesetz baut heute auf einem Punktesystem mit Quotenregelung auf; ein Ausländer kann sich vom Heimatland aus auf ein Einwanderervisum bewerben, wenn er – mit einem australischen Bürger verheiratet ist oder in de-facto Partnerschaft lebt, oder – unter besonderen Umständen als Fachmann eine Arbeitserlaubnis in Australien hat, oder – unter besonderen Umständen in Familienbeziehung zu einem australischen Bürger steht, oder – früher in Australien gelebt hat und eine enge Bindung an das Land aufrecht erhalten hat, oder – legal seit dem 1. Januar 1975 in Australien lebt und das Land seitdem nicht verlassen hat. Sowohl diese Bewerber als auch temporäre Migranten dürfen keine ansteckende oder mit hohen Behandlungskosten für den australischen Staat verbundene Krankheit haben; ein HIV-Test ist obligatorisch. Weiterhin sollte der Bewerber einen guten Charakter haben, efms Paper Nr. 3 15 sich leicht in Australien einfügen können, keine extremistische Positionen vertreten, und ihm darf nicht früher die Einreise oder der Aufenthalt in Australien verboten worden sein. Die variablen Zuwanderungsquoten betrugen 1993/1994: Familienzusammenführung: – Preferentielle Fälle: 34.000 geplant, ohne Obergrenze: – Ehepartner oder de-facto-Ehepartner – Verlobte(r) – abhängige Kinder – Waisenkinder unter 18 von unverheirateten Verwandten – Adoptivkinder aus dem Ausland – besonders bedürftige Verwandte – Eltern, die das „balance of family“-Kriterium erfüllen (mehr als die Hälfte der Kinder leben in Australien oder mehr Kinder leben in Australien als in jeweils jedem anderen Staat) - anhängige Verwandte im Alter - das letzte engere Familienmitglied, das noch nicht in Australien lebt. – Ermessensfälle: 11.000 geplant: – Alle Verwandeten von in Australien ansässigen bis zum zweiten Grad mit einer ausreichenden Punktzahl nach den geltenden Kriterien (Punktegrenze wird an die Quote angepaßt) – Special Eligibility: 1.000 Ehepartner oder Kinder von Neuseeländern Wirtschaftsmigration: - Antrag des Arbeitgebers: 3.000 geplant, folgende Bedingungen: – Der Bewerber muß für eine anspruchsvolle Stelle speziell qualifiziert sein, – der Bewerber muß derzeit in diesem Beruf arbeiten und mindestens 3 Jahre Berufserfahrung haben, – er darf bei Antragstellung nicht älter als 55 Jahre sein, – der Arbeitgeber muß versucht haben, die Stelle aus dem australischen Arbeitsmarkt zu besetzen. – „business migration“: 1.500 geplant, folgende Bedingungen: – Erfolgreicher geschäftlicher Hintergrund, – ehrliches und realistisches Bemühen um geschäftliche Tätigkeit in Australien, – und keine geschäftlichen Tätigkeiten in unerwünschten Bereichen. Dazu muß ein Punktetest bestanden werden: – Geschäftserfahrung und unternehmerisches Können – Alter (30-45 Jahre haben höchsten Punktwert) – Englischkenntnisse efms Paper Nr. 3 16 – Investmentkapital (Minimum 350.000 $) – spezielle Fähigkeiten: 200: Meist Sportler oder Künstler, die aufgrund hervorragender Leistungen gesucht sind. – „independent“: 12.300 geplant, nach einem Punktetest (gegenwärtiges Limit sind 110 Punkte): – gute Abschlüsse und kontinuierliche Berufserfahrung in den angestebten Berufen: max. 75 – Alter: 18-29 gibt max. 30 Punkte, 30-34: 20 P., 35-39: 10 P., 40-45: 5 Punkte – Gute Englischkenntnisse: max. 15 Punkte Flüchtlinge: – Nach der Genfer Konvention oder einem weiteren Flüchtlingsbegriff, Auswahl im Ausland: 6.700 – „Special assistance“: 6.400 (Kontingentflüchtlinge, meist Juden aus den GUS-Staaten) Charakteristisch für die australische Einwanderungspolitik ist seit 1901, daß die Entscheidung über die Zuwanderung auf der administrativen Ebene gefällt wird; die Behörde des Department of Immigration kann die Quoten und Punkteregelungen relativ flexibel an den Bedarf und das Einwandererangebot anpassen. Dies zeigt sich in den starken Schwankungen der Einwanderung abhängig von der wirtschaftlichen Lage Australiens. Zuständig für die Entscheidung über den Einwanderungsantrag ist das Department of Immigration; bei einer Ablehung kann unter bestimmten Voraussetzungen das Migration Internal Review Office (MIRO) angerufen werden, darauf folgt ggf. ein weiterer Instanzenweg. Illegale Zuwanderung beschränkt sich fast ausschließlich auf „visa overstayers“; durch die geographische Abgeschlossenheit Australiens ist ihre Zahl recht genau ermittelbar; sie lag 1991 bei etwa 90.000, viele davon ehemalige Studenten, überwiegend aus asiatischen Ländern. In zwei früheren Amnestien für illegal Ansässige 1976 und 1980 wurden ca. 25.000 Anträge auf Daueraufenthaltsgenehmigungen gestellt. In den 80ern entstand das Problem der Asylanträge von sich bereits in Australien befindlichen Personen wie chinesische Studenten, und in geringem Maße von „boat people“, die an der Nordküste landeten. Um die sehr langen Verfahrensdauern zu kürzen und die Zuwanderung über den Asylantrag zu begrenzen, wurde 1992 der Migration Reform Act in Kraft gesetzt, der die Antragstellung nur bis zu einem gewissen Zeitpunkt nach der Einreise zuläßt, bei illegaler Einreise die Internierung bis zur Entscheidung vorsah und einen verkürzten Instanzenweg mit speziellen Entscheidergremien einführte. Für die australische Staatsbürgerschaft gilt folgende Regelung: Bei Geburt vor dem 20. August 1986 jus soli; danach jus soli, falls zumindestens ein Elternteil bei der Geburt australischer Staatsbürger oder Inhaber einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis ist. Falls dies nicht zutrifft, wird die Staatsbürgerschaft jedoch rückwirkend verliehen, wenn das Kind seit seiner Geburt 10 Jahre in Australien lebt. Adoptierte Kinder von Bürgern oder „permanent residents“ werden eingebürgert. Die Einbürgerung in anderen Fällen setzt einen mindestens zweijährigen legalen Aufenthalt in Australien in den fünf Jahren vor der Antragstellung voraus; ein Jahr davon muß vor der Antragstellung liegen. Ausnahmen werden gemacht für efms Paper Nr. 3 17 – Kinder unter 16, die in Australien leben und den Antrag mit einem Elternteil gemeinsam stellen, – Personen, die mindestens 3 Monate im australischen Militär gedient haben, – ehemalige australische Bürger, und – Personen, die durch den Minister for Immigration von der Regelung entbunden sind. Es werden Basiskenntnisse des Englisch verlangt, außer bei Ehepartnern australischer Bürger, Sprach-, Hör- oder Sehbehinderten, oder Personen über 50 Jahren. Die Aufgabe der bisherigen Staatsbürgerschaft bei der Einbürgerung ist nicht notwendig; Doppelstaatsbürgerschaft ist möglich, allerdings wird australischen Staatsbürgern die Staatsbürgerschaft entzogen, wenn sie eine ausländische Staatsbürgerschaft bewußt nachträglich annehmen (Härtefälle ausgenommen). Weitere Gründe für den Verlust der australischen Staatsbürgerschaft sind Militärdienst in Truppen eines Kriegsgegners Australiens, die Erschleichung der australischen Staatsbürgerschaft mit falschen Angaben, und die Verurteilung zu Gefängnis von mehr als einem Jahr für eine Straftat, die vor der Einbürgerung begangen wurde. - Fazit Australien weist einige Besonderheiten gegenüber den anderen Einwanderungsländern auf; durch die abgelegene geographische Lage ohne Landgrenzen ist die illegale Zuwanderung vernachlässigbar. Die legal Zuwanderung war in großem Umfang staatlich organisiert und gefördert; die Zusammensetzung der Zuwanderer wird – anders als in den USA – nicht durch eine explizite Gesetzgebung, sondern durch flexible administrative Entscheidungen gesteuert. Die Bevölkerung war bis in die 70er ethnisch und kulturell homogen; die australische Konzeption des Multikulturalismus entspricht eher einer pluralistischen Konzeption mit gezielter Sozialpolitik zum Abbau von Benachteiligungen, und einer Nutzung der Vielfalt für den internationalen Handel. Der australische Ansatz einer möglichst egalitären Gesellschaft in Abrenzung zu der sozialen Schichtung der europäischen Herkunftsländer des 19. Jhr. und die daraus resultierende Sozialpolitik sorgt trotz der dramatischen Veränderung der ethnischen Zusammensetzung in den 80ern für eine hohe Integrationsleistung trotz der stagnierenden Wirtschaft und der Probleme auf dem Arbeitsmarkt; bis jetzt sind kaum ethnisch orientierte Konflikte aufgetreten, und die zweite Generation der Zuwanderer zeigt kaum noch Interesse an ethnisch orientierten Organisationen; Eheschließungen erfolgen überwiegend außerhalb der eigenen ethnischen Gruppe. Bis in die 80er hinein gab es einen klaren Konsens über die Notwendigkeit der Einwanderung; die Beendigung der „White Australia Policy“ 1972 war von einer breiten Unterstützung der öffentlichen Meinung getragen. Opposition gegen die Zuwanderungspolitik kommt in geringem Umfang von seiten der Umweltschutzbewegungen („Carrying Capacity“), gegen den Multikulturalismus werden vor allem Befürchtungen geäußert, er könne den egalitären Charakter der australischen Gesellschaft unterminieren und zu neuen Schichtungen führen. efms Paper Nr. 3 18 Überblick über die Einwanderungsregelungen: USA Kanada Australien EinwandeQuotensystem mit Präferungsregelung renzregelung Quotensystem mit Punkteskala und Präferenzregelung Quotensystem mit Punkteskala Quotenfestlegung Durch Gesetzgebungsverfahren Jährlich nach Vorgaben der Regierung durch zuständiges Ministerium mit Zustimmung des Parlaments Verordnung durch zuständiges Ministerium Quotengruppen Familienzusammenführung (etwa 260.000) Einwanderung 1994, in Reihenfolge ihrer Prioriät Punktekriterien Familienzusammenführung bei Unterstützung durch Angehörige (111.000, • Kinder unter 18, EhepartPunktesystem) ner, Eltern von US-Bürgern (unbegrenzt) • Ehepartner, abhängige • unverheiratete Kinder Kinder über 18 von US-Bürgern • Eltern und Großeltern • Ehepartner und Kinder Flüchtlinge und humanitäre von legal Ansässigen Gründe (28.300) • verheiratete Kinder über • Asylsuchende und Kon18 von US-Bürgern ventionsflüchtlinge in • Geschwister von USKanada Bürgern • Auswahl durch BotschafWirtschafts- und Arbeitsten im Ausland migration (140000) • Unterstützung durch kari• Hochqualifizierte (Manatative Organisationen ger, Wissenschaftler) Wirtschaftsmigration und • Qualifizierte Spezialisten andere (110.700, Punkteund Künstler system) • Facharbeiter und Arbeiter • Qualifizierte Spezialisten • ehem. Beschäftigte von • deren Angehörige US-Behörden • Familienangehörige, die • Investoren nicht unter die Kriterien • Angestellte von US-Firder Familienzusammenmen in Hong Kong führung fallen Flüchtlinge (111.000) • deren Angehörige Diversifizierung (55.000) • Geschäftsleute und Investoren • deren Angehörige • Ruheständler • Haus/Pflegepersonal Familienzusammenführung (etwa 46.000) keine Unternehmer: • Ausbildung • Fachwissen • Berufserfahrung • Arbeitsmarkt • Vertrag oder Stelle • Demografischer Bedarf • Alter • Sprachkenntnisse • persönliche Eignung • Ehepartner, Verlobte, abhängige Kinder, u.U. Eltern (unbegrenzt, Einwanderungsanspruch) • andere Verwandte bis zum 2. Grad (Punkteregelung) Wirtschaftsmigration und andere (17.000) • Antrag des Arbeitgebers • Selbstständige, Unternehmer, Investoren (Punkteregelung) • Spezialisten (Sportler, Künstler o.ä.) • Sonstige (Punkteregelung) Flüchtlinge und humanitäre Gründe (13.100) • Konventionsflüchtlinge oder humanitäre Gründe, Auswahl im Ausland • Kontingentflüchtlinge • Geschäftserfahrung • unternehmerisches Können • Alter (opt. 30-45 Jahre) • Sprachkenntnisse • Investmentkapital Sonstige: • Berufsabschlüsse • Berufserfahrung • Alter (opt. 18-29 Jahre) • Sprachkenntnisse Fortsetzung S. 19 efms Paper Nr. 3 19 Fortsetzung von S. 18 USA Einwanderung Bearbeitungsprioritäten Kanada innerhalb der Quoten (siehe oben) Australien • Familienzusammenführung (nahe Verwandte) • Arbeitsvertrag vorhanden • Unternehmer oder Investoren • besondere Auswahl durch Bundesstaat • Qualifizierter Spezialist • Weitere Verwandte • Alle Übrigen keine USA Kanada Australien Staatsbürgerschaftdurch Geburt Jus Soli, im Ausland geborene Kinder, wenn min. ein Elternteil Staatsbürger ist Jus Soli, im Ausland geborene Kinder, wenn min. ein Elternteil Staatsbürger ist Jus Soli, im Ausl. geborene Kinder, wenn min. ein Elternteil Staatsbürger ist; ab 20.8.86 Jus Soli, wenn mindestens ein Elternteil legal unbefristet in Australien lebt. Einbürgerung 5 Jahre legaler Aufenthalt ohne längere Unterbrechungen, über 18, ausreichende Sprach- und Landeskenntnisse, Eid 3 Jahre legaler Aufenthalt in den letzten 4 Jahren, ausreichende Sprachund Landeskenntnisse, Eid 2 Jahre legaler Aufenthalt in den letzten 5 Jahren, Grundkenntnisse in Englisch und in Rechten und Pflichten der Bürger Doppelte oder Mehrfachstaatsbürgerschaften Für Kinder aus binationalen Ehen in der Regel, bei Einbürgerung Austritt nötig Generell möglich Bei Einbürgerung generell möglich, bei nachträglicher Annahme Verlust der australischen Staatsbürgerschaft Nachträglich bei Erschleichung. Nach dem 28. Lebensjahr bei im Ausland geborenen, wenn keine Bindung zu Kanada vorliegt. Nachträglich bei Erschleichung, bei Gefängnisstrafe über 1 Jahr für Straftaten vor der Einbürgerung, Militärdienst bei Kriegsgegnern Staatsbürgerschaft Verlust der Staats- Nachträglich bei Erbürgerschaft schleichung Migrationsszenario Integrationshilfen USA Kanada Australien Keine, in mehreren Bundesstaaten Antidiskriminierungsgesetze Sprachkurse, Förderung ethnischer Minderheiten, Antidiskriminierungsgesetze Teilweise Finanzierung der Umsiedlung, Sprachkurse, Förderung ethnischer Minderheiten Gering Sehr gering, fast nur Visa Overstayers Illegale Zuwanderung Sehr hoch, große Landgrenze zu Mexiko Minderheitenpolitik Assimilierungskonzept, Multikulturalismus, Bijedoch Antidiskriminielingualität, Minderheirungsgesetze und Minder- tenförderung heitenförderung Pluralismus, Minderheitenförderung Migrationssybolik „Melting Pot“ versus „Salad Bowl“ „building unity in diversitvity“ „Our Canadian Mosaic“ efms Paper Nr. 3 20 Ausgewählte Quellen: Katherine Betts: Immigration to Australia: a New Focus for the 1990s? In: Friedrich Heckmann, Wolfgang Bosswick (Hrsg.): Migration Policies: a Comparative Perspective, Stuttgart 1995. Dennis Campbell, Joy Fisher (Hrsg.): International Immigration and Nationality Law, Dordrecht 1995. Department of Citizenship and Immigration (Hrsg.): Immigration Canada: Annual Report to the Parliament. Immigration Plan 1994. Ottawa 1994. Christiane Harzig: Einwanderungsrecht – Ein Instrument gesellschaftlicher Gestaltung. In: Forschungsinstitut der Friedrich-Ebert-Stiftung (Hrsg.): Einwanderungspolitik Kanadas und der USA. Bonn 1994, p. 59-82. Dirk Hoerder: Kanada: Einwanderung und ethnische Gruppen. In: Forschungsinstitut der Friedrich-Ebert-Stiftung (Hrsg.): Einwanderungspolitik Kanadas und der USA. Bonn 1994, p. 3758. Christine Inglis: Pluralism and Multiculturalism: The Australian Response. Beitrag zur Tagung „Migration und Einwanderungspolitik in Europa und in der Asiatisch-Pazifischen Region“ der evangelischen Akademie Loccum, 5.-7. Mai 1995. Rosemary Jenks: Immigration and Nationality Policies of Leading Migration Nations. CIS Washington, 1993. Charles B. Keely: The United States of America: Retaining a Fair Immigration Policy. In: Daniel Kubat (Hrsg): The Politics of Migration Policies, CMS New York 1993, p. 60-84. Charles B. Keely: U.S. Immigration: A Policy Analysis. The Population Council, New York 1979. John F. Kenney: A Nation of Immigrants. New York 1964, 2. Auflage 1986. Philip L. Martin: The United States: Benign Neglect toward Immigration. In: Friedrich Heckmann, Wolfgang Bosswick (Hrsg.): Migration Policies: a Comparative Perspective, Stuttgart 1995.. H. Eric Schockmann: The California Experience and the Trans-Asian/Pacific Perspective: Colonial History, Migration and Pluralist Societies. Beitrag zur Tagung „Migration und Einwanderungspolitik in Europa und in der Asiatisch-Pazifischen Region“ der evangelischen Akademie Loccum, 5.-7. Mai 1995. Aaron Segal: An Atlas of International Migration. London 1993.