Literaturspaziergang Münchner Boheme im
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Literaturspaziergang Münchner Boheme im
Verfasserin: Gunna Wendt / Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek MÜNCHNER BOHEME IM KAFFEEHAUS Dieser Spaziergang führt entlang der Kommunikationsknoten und Treffpunkte der Künstler und Intellektuellen zu Beginn des 20. Jahrhunderts, vorbei an den berühmtesten Kaffee- und Wirtshäusern Münchens. Er hat eine Länge von 5 km und dauert eine gute Stunde. Dabei sind die erste und die letzte Station nicht einberechnet, die beide von der Hauptroute weiter entfernt liegen und besser mit öffentlichen Verkehrsmitteln angesteuert werden. Von Joseph Roth wird erzählt, er habe, wenn er sich einmal – widerwillig – in einer Privatwohnung befand, nach kürzester Zeit gefragt: „Wann gehen wir ins Bistro?“ – egal, ob er sich in Wien, Berlin oder Paris aufhielt. Die Autoren des französischen Existenzialismus, allen voran Simone de Beauvoir und Jean Paul Sartre, machten Pariser Cafés und Restaurants zu ihren Wohn- und Arbeitszimmern. Der österreichische Schriftsteller Peter Altenberg, der wohl die meiste Zeit seines Lebens in Kaffeehäusern verbracht hat, begegnet uns noch heute als lebensgroße Figur im Wiener Café Central. Verfasserin: Gunna Wendt / Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek Das französische Café L'Assommoir um 1900 (c) Photo12 / Universal Images Group Die Boheme bevorzugt Treffpunkte außerhalb der eigenen vier Wände, in denen man sich „gleichberechtigt“ und unverabredet begegnen kann – Flüchtigkeit und Intensität bilden im Kaffeehaus kein Gegensatzpaar. Alle sind dort Gäste, keiner nimmt die Rolle des Gastgebers ein. Als „Arche Noah, die für alle Platz hat, ohne Vorrang und ohne Ausschluss,“ bezeichnet der italienische Schriftsteller und Germanist Claudio Magris sein Triester Stammcafé San Marco und nimmt es als Ausgangspunkt seines Spaziergangs durch Die Welt en gros und en détail (1997). Das individuelle Heim hat wenig Bedeutung, es sind die Transiträume oder Nicht-Orte, wie es in der Postmoderne heißt, in denen sich die Bohemiens zu Hause fühlen. Damit lassen sie Nicht-Orte zu Orten werden, an denen man sich mit anderen Menschen verbunden weiß, die eigene Einsamkeit vergisst oder genießt, weil man sich inmitten von Fremden und Freunden aufgehoben fühlt. „Deutschlands Dichter“ sitzen am liebsten im Kaffeehaus: Ernst von Wolzogen mit Zigarettenspitze, Max Halbe mit Zwicker und Paul Heyse im Profil. Karikatur aus dem Simplicissimus 1897 von Bruno Paul. (c) Bayerische Staatsbibliothek / Bildarchiv In seinen Unpolitischen Erinnerungen (1927) hat Erich Mühsam, den wir, genau wie Franziska zu Reventlow, auf unserem Spaziergang, häufig treffen werden, die Atmosphäre der Münchner Kaffeehäuser der Boheme lebendig werden lassen: Was zusammengehörte und zueinanderstrebte, fand sich in den Cafehäusern, Weinstuben und Bierkellern an den Tischen, welche zu verschiedenen Tageszeiten die verschiedenen Sammelpunkte der verschiedenen Freundes- und Kollegenkreise abgaben. Aber der Stammgast des Cafes Stefanie war kein lästiger Fremdling, wenn er einmal im Cafe Luitpold bei den Ästheten, im Cafe Noris bei den Schwabinger Honoratioren Georg Schaumberg und Graf Du Moulin-Eckardt oder im Cafe Orlando di Lasso bei den kritikenverschlingenden Hofschauspielern auftauchte. Wer sonst abends die letzten Krach-Sensationen innerhalb der zahlreichen Künstlerbünde bei der Kathi Kobus oder in der Torggelstube mit den unmittelbar Beteiligten oder den mittelbar Interessierten zu diskutieren liebte, wurde gleichwohl willkommen geheißen, wenn ihn der Abwechslungsdrang einmal an den Wochenstammtisch der Simplicissimus-Künstler an der ,,Kette“ oder zum Frühschoppen in den „Franziskaner“ führte. (Erich Mühsam: Unpolitische Erinnerungen. Hg. von Karl-Maria Guth. Sammlung Hofenberg. Berlin 2014, S. 93ff.) Verfasserin: Gunna Wendt / Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek STATION 1: AUMEISTER – SONDERMEIERSTRAßE 1 Der Aumeister um 1910 (c) Archiv Monacensia Die Au im nördlichen Teil des Englischen Gartens war ein beliebtes Jagdrevier der Wittelsbacher. Sie war hinter dem Schwabinger Tor gelegen, das sich in der zweiten Stadtmauer des mittelalterlichen Münchens nördlich der Feldherrnhalle befand. Die heutige Aumeister-Gastwirtschaft diente als Sitz des Aujägermeisters, der das Wild in den Isarauen hegte. Ab Anfang des 19. Jahrhunderts wurden dort auch die Teilnehmer der Hofjagden bewirtet. Der Englische Garten entwickelte sich als beliebtes Naherholungsziel und immer mehr Ausflügler besuchten den Aumeister. Heute zählt der Aumeister zu den beliebtesten Münchner Biergärten. Der aus Hannover stammende Philosoph Theodor Lessing schildert in seinen 1935 postum erschienen Erinnerungen Einmal und nie wieder ein Erlebnis mit dem Schwabinger Bohemien Ernst Reinhold von Stobäus, der in einer Sommernacht „eine Schar junger Burschen und Mädchen“ einlud, mit ihm in den Wiesen am Aumeister zu feiern. Sie veranstalteten Laufspiele und entzündeten ein Holzfeuer, „als der Mond über den Büschen hing“. Plötzlich begann Stobäus sich zu entkleiden, nackt über die Wiese zu jagen und das Feuer zu umspringen als ausgelassener Faun, und alsbald folgte dieser und jene, bis Busch und Tannicht wiederhallten vom Gelächter und Geschrei nackter Nymphen und Satyrn. Bei solchen Anlässen fühlte ich zutiefst meine Fremdheit, die Fremdheit des Geistes unter den Weltkindern. Und doch hätte ich alles tiefere Wissen gern hingegeben, um so froh und schön zu sein, wie das geliebte Sorgenkind. Zu der Schar tanzender Weltkinder gehörten auch Franziska Reventlow und Frieda Uhl, geschiedene Frau August Strindbergs, die von Strindberg ein Kind hatte und ein zweites von Wedekind. Diese beiden schwebten stets in Geldverlegenheiten. (Theodor Lessing: Einmal und nie wieder, zit. nach Schwab, Hans-Rüdiger [Hg.]: München. Dichter sehen eine Stadt. Metzler Verlag, Stuttgart 1990, S. 179) Das tat Franziska zu Reventlow ein Leben lang. Wir werden sie und ihre Stammcafés und lokale auf unseren beiden Spaziergängen häufiger treffen. Doch sie war nicht nur eine leidenschaftliche Nachtschwärmerin, sondern zu jeder Tages- und Nachtzeit empfänglich für die Schönheit der Natur, „Wald, Wiesen und Sümpfe“, in die es sie immer wieder – am liebsten mit ihrem Sohn Rolf, genannt Bubi – zog: „Ich die Strümpfe aus und in den Sumpf hinein, um Dotterblumen und schwarzes Schilf zu sammeln.“ Im April 1909 schreibt sie in ihr Tagebuch: Leider Gottes eine Übersetzung zu machen aber daneben viel mit Bubi froh, vor allem Sonntag Morgens u. jeden Sonntag ist der Frühling wieder ein Stück weiter. Man möchte gar nicht mehr im Verfasserin: Gunna Wendt / Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek Hause sein, nur immer draußen mit seinem guten Tierchen, das sich über jede Vogelstimme freut. Und ich auch. [...] Morgenstimmungen am Sendlinger Tor, einmal Fahrt zum Aumeister u. dort saß Höper und trank Schnaps u. man war unvernünftig vergnügt. Nur ist man manchmal auch unvernünftig nervös. Übersetzung unter Ach und Weh fertig. Gott ist das greulich. Könnte ich leben ohne zu arbeiten – ich wäre das glücklichste Wesen unter der Sonne. (F. Gräfin zu Reventlow: „Wir sehen uns ins Auge, das Leben und ich“. Tagebücher 1895-1910. Hg. von Irene Weiser und Jürgen Gutsch. Verlag Karl Stutz, Passau 2006, S. 501) Ihre Zeitgenossin Lena Christ war keine Kaffeehausgängerin. In den wenigen Jahren des literarischen Erfolgs lud sie gern Freunde zu sich nach Haus ein, wie ihren Lektor Korfiz Holm. Doch sowohl ihr eigenes Leben als auch das ihrer Protagonistin aus dem Roman Erinnerungen einer Überflüssigen (1912) war eng mit Gasthäusern verbunden: Schon als kleines Mädchen musste sie im Wirtshaus der Eltern mitarbeiten. Ihre Protagonistin entscheidet sich nach einer der vielen Misshandlungen, die ihr die Mutter zugefügt hat, die elterliche Gastwirtschaft zu verlassen und sich eine Stelle außerhalb von München zu suchen. Ihr Weg führt sie nach Norden. „Ich ging die Isar entlang durch den Englischen Garten, am Aumeister vorbei und stand mit einem Male, vor einem kleinen Dörflein.“ (Lena Christ: Werke. Süddeutscher Verlag, München 1970, S. 113) Verfasserin: Gunna Wendt / Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek STATION 2: SCHWABINGER BRAUEREI – LEOPOLDSTRAßE 82 Die Schwabinger Brauerei 1949 (c) Archiv Monacensia In der Schwabinger Brauerei am Feilitzschplatz fanden viele legendäre Künstlerfeste der Boheme statt. 1874 hatte ein aus Freising stammender Geschäftsmann und Bürgermeister von Milbertshofen das Herrenhaus der ehemaligen Hofmark Schwabing, das „Baaderschlösschen“, gekauft und als Gastwirtschaft für die daneben liegende Brauerei eingerichtet. 1889 wurde das Schloss abgerissen und durch einen Neubau mit einem großen Saal ersetzt, der zum Feiern einlud. So veranstaltete die Akademie der Bildenden Künste dort ihre „Schwabinger Bauernkirta“, das berühmteste Künstler- und Studentenfest des Münchner Faschings. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde daran angeknüpft mit den „SchwabylonFesten“. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das teilweise zerstörte Gebäude renoviert, musste jedoch 1961 der Großgaststätte „Schwabingerbräu“ weichen. Doch auch diese ist längst Legende: Heute steht an ihrem Platz das Karstadt-Hochhaus. Von links nach rechts: Münchner Fasching 1931, Faschingszug 1938 und Plakatentwurf „Schwabylon“ für Faschingsball 1956 (c) Bayerische Staatsbibliothek / Bildarchiv Der Schriftsteller Kasimir Edschmid schwärmt in seinem Text über den Münchner Fasching: Eine Symphonie des ganzen Schwabing gaben die Bälle in der Schwabinger Brauerei. Das Bacchusfest in diesem Bräu sah alles, was in dieser Stadt zum Geist zählte, der hier allein sich in Deutschland mit der Aristokratie und der Kunst gemischt hatte. (Kasimir Edschmid: Münchner Fasching, zit. nach Schmitz, Walter [Hg.]: Die Münchner Moderne. Die literarische Szene in der Kunststadt um die Jahrhundertwende. Philipp Reclam jun, Stuttgart 1990, S. 446) Den gebürtigen Darmstädter zog es zum Studium nach München, in die „Stadt der Jugend“, deren Unbeschwertheit ihn faszinierte. Wie oft kann man sehen, dass am Morgen nach den Bällen die phantastischsten Gruppen von jungen Leuten durch den Englischen Garten stürmen, die Nymphen neben den indischen Prinzessinnen und die Neger neben den Bajazzos, ein Bild, das mehr als närrisch ist und zwischen den Büschen und Teichen dieses Parks so natürlich wirkt, als sei ein Zeitalter wieder zurückgekehrt, wie die Maler es malten, wenn sie die Unbefangenheit und das Glück darstellen wollten, das ja nichts anderes als die Jugend ist. Verfasserin: Gunna Wendt / Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek (Ebda.) „Zweierlei Rauscherlebnisse“ unterscheidet der Anarchist Erich Mühsam und stellt den Karneval der „guten Spießbürger“ den Schwabinger Künstlerfesten in der Schwabinger Brauerei gegenüber: Während „der brave Spieß“ den Starkbieranstich nicht verpassen wollte, sprühten die Bohemiens vor „Freude, Tollheit und erotischer Lust“. Beides endete im Rausch – „aber es gibt zweierlei Rausch, und was weiß der Münchner mit seinem Rausch nach der neunten Maß von dem Rausch des Schwabingers im wahren Genießen von Freude und Schönheit“ (Erich Mühsam: Zweierlei Rauscherlebnisee, zitiert nach Schwab, Hans-Rüdiger [Hg.]: München, Dichter sehen eine Stadt. Metzler Verlag, Stuttgart 1990, S. 174). Faschingsfest. Vordere Reihe: Franziska zu Reventlow; Bildmitte: Stefan George; hintere Reihe Mitte: Karl Wolfskehl als Dionysos. (c) Münchner Stadtmuseum, Hoerschelmann-Archiv Franziska zu Reventlow, eine enge Freundin Erich Mühsams, zählte zweifellos zur zweiten Kategorie der Rauschgenießer. Sie brauchte keinen besonderen Anlass – wie Fasching oder eine andere Veranstaltung – um die Schwabinger Brauerei aufzusuchen. Nach einem „nervösen Morgenspaziergang“ im August 1910 kehrte sie zu einem „Versöhnungsfrühstück“ in die Schwabinger Brauerei ein. Mit wem – das verrät sie ihrem Tagebuch nicht. Mehr als 10 Jahre zuvor, im August 1899, hatte sie darin notiert: Mächtige Hitze u. wieder an der Arbeit, kommt aber nicht vorwärts. Und ganz neue Menschen. Neulich Fritz Huch getroffen u. er machte mich mit seinen Freunden bekannt, saßen in der Brauerei bis spät in die Nacht. Gott, das ist endlich etwas ganz anderes, wie aus einer neuen aber längst bekannten u. vertrauten Welt. (F. Gräfin zu Reventlow: „Wir sehen uns ins Auge, das Leben und ich“. Tagebücher 1895-1910, a.a.O., S. 121) ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------Für die nächsten drei Stationen laufen Sie immer die Leopoldstraße entlang Richtung Siegestor. Verfasserin: Gunna Wendt / Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek STATION 3: CAFÉ-RESTAURANT LEOPOLD – LEOPOLDSTRAßE 50A Die Gaststätte Leopold um 1905 (c) Archiv Monacensia Franziska zu Reventlows unangefochtener Favorit bei ihren Streifzügen durch die Schwabinger Szene, ihren „routines“, wie der Philosoph Roland Barthes die kleinen Routen durch die Stadt bezeichnet, war das Café-Restaurant Leopold, in dem sie gern „großen jour“ hielt. Sie suchte es auch bei ihren Streifzügen auf, mit denen sie ein klares Ziel verfolgte: „Mittags Brauerei und Leopold. Arge Wehmut nach dem vorigen Sommer – ich möcht wieder eine schöne Amour haben, es ist so traurig ohne, aber es findet sich kein geeignetes Objekt.“ In der ersten Hälfte des Jahres 1901 wird das Café-Restaurant Leopold in fast 20 Tagebucheinträgen beiläufig und selbstverständlich erwähnt, darunter: 14. Februar 1901 Mit Klages Schlittschuh. Mittags Adam Leopold. 17. Februar Abends Renaissance von Burkhardt angefangen. Dann mit A. in Leopold. 19. Februar Wunderschöne Wanderung. Nachm. Zusammen Schlittschuh gel. Dann noch speach im Leopold. 26. Februar Unwohl. Nerventag. Gegen A. gereizt und greulich. Ihn nachher im Leopold verfehlt und den ganzen Tag nicht mehr gesehen. 3. März Rest des Tags etwas zwecklos vertan, viel unmunter und kopfwehig. Mittags mit Klages und George im Leopold. 4. März Griechisch gelernt und etwas übersetzt. Abends mit Klages und George Leopold. 5. März Nachher noch Wolfskehl, George, Kl. Leopold. Eben fällt mir ein, dass ich bel ami überhaupt in letzter Zeit ganz vergessen habe. 9. März Gestern Abend mit Klages u. Wolfskehl Leopold. Um Mitternacht Monsieur. Samstag auch. 16. März Verfasserin: Gunna Wendt / Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek Heute Abd. mit Klages u.A. im Leopold. 18. März Nachm. Rolf – Mir 3000 M. geliehen. Schönes Wetter und ich war sehr vergnügt. Montag Abend mit Adam bei Falckenbergs. Nachher Leopold. 15. April Abends 6 Uhr Adam am Bahnhof. Später mit ihm, Sonni, Baschl Schmitzens Blumensäle und noch eine Stunde allein mit Adam im Leopold. 22. April Gestern Abend mit A. im Leopold. Das ist wieder etwas so ganz anderes. Alles, was mir auf der andern Seite fehlt. Wenn ich mir aus all den Menschen, die ich habe, den zusammenschmieden könnte, den ich nicht habe. 6.Mai Am nächsten Morgen im Bett Kaffee. Ach, so gepflegt und verwöhnt werden. Dann kam Klages. Die letzten Besorgungen gemacht, zum letzten Mal mit ihm und A. im Leopold, draußen unter dem Zelt. (F. Gräfin zu Reventlow: „Wir sehen uns ins Auge, das Leben und ich“. Tagebücher 1895-1910, a.a.O.) Die Gaststätte Leopold wurde am 10. Oktober 1899 von ihrem Besitzer Hugo Dreier eröffnet. Schwarze Stühle mit roten Polstern, rote Säulen mit goldenen Kapitellen – in der Münchner Stadtchronik wird die aufwendige Ausstattung des Café-Restaurants, die von den Architekten Helbig und Haiger entworfen wurde, gelobt: „Der vordere Plafonds enthält eine Apotheose der Kunst ‚Athene auf einem Throne, hinter ihr das Meer und die aufgehende Sonne‘. Die Skulptur und die Malerei führte Ignatius Taschner aus.“ Zur Berühmtheit des Leopold trug auch das Kabarett Benz bei, das der Tenor Josef Benz 1900 im selben Haus gründete. Verfasserin: Gunna Wendt / Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek STATION 4: CAFÉ BENZ – LEOPOLDSTRAßE 50 Links: Liesl Karlstadt und Karl Valentin 1933. Rechts: Café Benz um 1930 (c) Archiv Monacensia Der aus Gengenbach im Schwarzwald stammende Tenor Josef Benz erhielt im Frühjahr 1899 ein Engagement am Theater am Gärtnerplatz. Er debütierte in der Rolle des Zigeunerbaron und verliebte sich in die Stadt an der Isar. 1900 eröffnete er in der Leopoldstraße 50 die „Benz-Kleinkunstbühne“, auf der er auch nach seinem Rückzug von der Opernbühne noch die großen Arien seiner Karriere vortrug, vor allem jedoch andere Künstler auftreten ließ. Laut Metzlers Kabarett Lexikon gründete „Papa“ Benz, wie er von seinen Gästen und Künstlerkollegen genannt wurde, mit dem Café Benz Deutschlands erste Künstlerkneipe. Unter den zahlreichen Künstlern, die dort auftraten, waren auch Liesl Karlstadt und Karl Valentin. Eine ihrer Vorstellungen dort hat der große irische Schriftsteller Samuel Beckett Mitte der 1930er-Jahre besucht und in seinem Tagebuch als „really crazy“ bezeichnet. In einem ihrer Bühnenalben, in denen sie ihre Laufbahn dokumentierte, hat Liesl Karlstadt einen Text des österreichischen Journalisten und Essayisten Anton Kuh eingeklebt. Im Jahr 1928 schildert er eine Beobachtung, die er in München in einem „Lokal vom Konzertcafétyp“ gemacht hat, dessen Namen er jedoch nicht nennt: In einer Ecke brütet ein Paar. Der Mann, blass, mit kleinem spärlich rotbehaarten Schädel und verschreckter Clownsnase sitzt vorgebeugt – die Frau, kugelig, hübsch, ein bisschen küchenrot, hat ein Heft vor sich und schreibt. Das heißt: sie kaut gerade nachdenklich am Federhalter. „Nein, du, erst frag' ich dich: Wo geht's denn zur Ludwigstraße? Und dann sagst du...“ „Na – du irrst dich. Du sagst zu mir: Ich weiß den Weg nicht, und dann sag' ich...“ „Ich weiß schon, wart'...“, sie nimmt die Feder und schreibt: „... Du sagst: Erst müssen S' rechts gehen und dann links, immer gradeaus, dort, wo der Schmetterling fliegt...“ (Anton Kuh, 1928. In: Bühnenalbum Liesl Karlstadt, Nachlass Liesl Karlstadt, Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek München) Karl Valentin und Liesl Karlstadt feierten damals mit Stücken wie Raubritter vor München, Theater in der Vorstadt und Der Firmling nicht nur in München, sondern europaweit große Bühnenerfolge. Die Grundlage ihrer Werke bildete fast immer eine Alltagsbeobachtung, „ein Stück Münchner Wirklichkeit“, über das sie auf der Bühne improvisierten und über das sie in Kaffeehäusern diskutierten, bis ein Stück daraus entstanden war. „Die zwei großen MundartKinder in der Münchener Kaffeehausecke – eine Oase im schreibenden, wortmächtigen, verlegenden Deutschland. Hänsel und Gretel, in die Literatur verirrt“ – für Anton Kuh bedeutet es „das seltsamste, genialste Dichtungsverfahren“, das ihm jemals begegnet ist. Verfasserin: Gunna Wendt / Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek STATION 5: CAFÉ NORIS – LEOPOLDSTRAßE 41 Franziska zu Reventlow (c) Archiv Monacensia Bis vor wenigen Jahren stand das Gebäude des ehemaligen Café Noris noch und ließ erahnen, wie es zu Lebzeiten der Schwabinger Szene-Ikone Franziska zu Reventlow in der Leopoldstraße und ihren Hinterhöfen ausgeschaut hat. Doch auch dieses Überbleibsel aus Münchens kulturell bedeutender Epoche musste der Bauwut weichen. Heute ist nur noch die Erinnerungstafel aus Bronze an der rechten Hauswand des neuen Supermarktes zu sehen, auf der es heißt: „In diesem Haus über dem Café Noris von einst wohnte die Schriftstellerin Franziska zu Reventlow“. Solche Tafeln könnte man in Schwabing und in der Maxvorstadt an mehr als 20 Häusern anbringen, denn in den 17 Jahren in denen sie in München lebte, wechselte sie so häufig ihre Wohnung. Meistens handelte es sich um regelrechte Fluchten vor den Hausbesitzern, weil sie mit der Miete im Rückstand lag. Nach einem ihrer zahlreichen Umzüge schrieb sie am 27. September 1899: Jetzt geht alles wieder den gewohnten Gang, nur können wir bei schönem Wetter nicht mehr vor unsrer Tür hocken. Nach dem Sommerplatz hab ich oft Heimweh u. muss jetzt mit Bubi ausgehen, was recht anstrengend ist. Essen jetzt immer im Café Noris, wo er sich schon viele Sympathien erworben hat. Grässlich niedlich sieht er aus mit weißem Kleidchen u. rotem Schlapphut. (F. Gräfin zu Reventlow: „Wir sehen uns ins Auge, das Leben und ich“. Tagebücher 1895-1910, a.a.O., S. 124) Am 24. Februar 1901, einem Sonntagabend, befand sie sich in „etwas abgefallener“ und „von der Nacht her durchbebter Stimmung“, besuchte Wolfskehl, wartete vergebens auf ihren Geliebten „bel ami“ und ging schließlich mit einem anderen, Adam, ins Café Noris. „War schön und froh.“ (Ebda., S. 191) Und am 6. Mai 1901 heißt es: Wartete Nachmittags auf Adam, der mir Geld bringen sollte um abzufahren. Kam erst um ½ 7 mit der Freudenbotschaft, dass er jetzt das große Geld bekommt. Herrgott, Herrgott, als ob einem ganz langsam ein Riesenstein und viele kleine Steine vom Herzen fielen. Geld ist jetzt frei sein für mich. [...] So blieb ich dann auch diesen Abend noch, erst mit Bubi Besorgungen gemacht. Dann mit A. auf sein Atelier gegessen und mit ihm und Klages im Noris. Mir war ganz fern und verklärt zu Mut und dabei so müde, dass alles nur wie aus weiter Ferne hörte. (Ebda., S. 202) ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------Folgen Sie der Leopoldstraße bis zum Siegestor, da biegen Sie rechts ab in die Akademiestraße und dann die nächste links in die Türkenstraße. Nach ca. 200 m liegt das nächste Ziel auf der rechten Seite. Verfasserin: Gunna Wendt / Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek STATION 6: SIMPLICISSIMUS – TÜRKENSTRAßE 57 Links: Künstler im Simplicissimus 1909 (c) Stadtarchiv München. Rechts: Der Alte Simpl heute (c) privat Der heutige Alte Simpl ist eines der wenigen Lokale, die an die legendäre große Zeit der Schwabinger Boheme anknüpfen und etwas von der damaligen Atmosphäre wiedergeben. Immer noch hängen Bilder an den Wänden, die zum genaueren Hinschauen einladen. „Und mich zieht's mit Geisterhänden, / Ob ich will, ob nicht, ich muss, / Nach den bildgeschmückten Wänden, in den Simplicissimus“, hatte schon der aus dem sächsischen Wurzen stammende Dichter Joachim Ringelnatz in seinem Simplicissimus-Lied bekannt. Er ist auf den Fotos genauso zu sehen wie Karl Valentin, Liesl Karlstadt, Franziska zu Reventlow und die anderen Protagonisten der Boheme. Neben der von Thomas Theodor Heine entworfenen prächtigen Simplicissimus-Bulldogge auf dem Wirtshausschild, die eine Sektflasche entkorkt, und der dunklen Holzvertäfelung an den Wänden sind auch die langen Tische in der Gaststube – wahrscheinlich sogar in ähnlicher Anordnung wie früher – erhalten geblieben. Zur Geschichte: Die Traunsteiner Gastwirtstochter Kathi Kobus kam 1890 nach München, schlug sich als Kellnerin und Malermodell durch und übernahm schließlich die Trinkstube „Dichtelei“ in der Adalbertstraße. 1897 wechselte sie die Adresse und begründete in der Türkenstraße 57 die „Neue Dichtelei“. Diese benannte sie 1903 um in „Simplicissimus“ – in Anlehnung an die von dem Verleger Albert Langen herausgegebene gleichnamige satirische Zeitschrift. Langen war Stammgast bei Kathi Kobus, genau wie Frank Wedekind, der es von seinem in der Türkenstraße 28 gelegenen Auftrittsort, „Elf Scharfrichter“ im Hinterhaus des Gasthauses zum goldenen Hirschen, nicht weit hatte. Links: Kathi Kobus, Wirtin des Simplicissimus 1865-1929 (c) Bayerische Staatsbibliothek / Bildarchiv. Mitte: Das Simplicissimus 1932 (c) Archiv Monacensia. Rechts: Die berühmte Simplicissimus-Bulldogge, gezeichnet von Thomas Theodor Heine (Cover 1926, Jg. 31, Heft 1) Der russische Symbolist Andrej Belyi, der 1906 in einem Zustand der Überreiztheit nach München kam und sich von der Beschaulichkeit der Residenzstadt Ruhe und Erholung Verfasserin: Gunna Wendt / Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek versprach, zeigte sich von der Wirtin des Simplicissimus beeindruckt: Die stattliche Frau, ganz in schwarze Seide gekleidet und mit einem Fächer aus schwarzer Spitze in der Hand, habe zwar für alle Gäste – die stillen wie die übermütigen – ein Lächeln parat gehabt, jedoch gleichzeitig keinen Zweifel daran gelassen, „dass an diesem Ort ein ordinärer Ton deplaziert war“. Nicht um des Vorteils willen verköstigte sie monatelang arme Teufel, die ihr dann später als Geschenk ihre Etuden brachten, mit denen ihre Räume ausgeschmückt wurden, die sich in ganz München sehen lassen konnten: sie waren kokett eingerichtet, von außen war es in den Fenstern dunkel von schweren herabgelassenen Vorhängen – da glühte nur ein rotes Lämpchen an einer Rute über dem Eingang und ließ verlauten: „Simplicissimus bleibt wach!“ Nach zehn füllte sich das Lokal; und das ging – das war in ganz München bekannt – bis zwölf, oft bis zum frühen Morgen, wenn Kathi ausgerechnet hatte, dass eine Überschreitung der Polizeistunde die ganzen Strafkosten decken würde; sie stand dann auf und ließ mit graziösem Lächeln die Bemerkung fallen: „Also, Kinder, heute wollen wir feiern!“ (Andrej Belyi: Café Simplicissimus, zit. nach Schmitz, Walter [Hg.]: Die Münchner Moderne, a.a.O., S. 508) Und so lässt Joachim Ringelnatz sein Simplicissimus-Lied mit den Worten beginnen: „Mitternacht ist`s. Längst im Bette / Liegt der Spießer steif und tot./ Ja, dann winkt das traulich nette/Simpel-Gasglüh-Morgenrot.“ In seinen Memoiren schwärmt er von der „Künstlerkneipe!“ und dem „Künstlerleben!“: Der „Simpl“ war der Mittelpunkt der Boheme und war weltbekannt geworden, Wer in München lebte oder studierte, ging dorthin. Wer durch München reiste, kehrte bei Kathi ein. Ja, es kamen Leute aus Amerika und andern Ländern weit her, nur um sie und ihre Künstlerkneipe kennenzulernen. Die jungen Künstler sangen zur Laute oder zum Klavier. Andere tanzten, führten Theaterszenen, Zauberkünste vor, jede Art künstlerischer Unterhaltung ward geboten. Anfangs geschah das improvisiert, später, als die Kathi dadurch viel Geld gewann, nach Vereinbarung und gegen Bezahlung, allerdings sehr spärliche Bezahlung. (Joachim Ringelnatz: Memoiren, zit. nach Schwab, Hans-Rüdiger [Hg.]: München, Dichter sehen eine Stadt, a.a.O., S. 180) Davon weiß auch die aus Flensburg stammende Diseuse und Schriftstellerin Emmy Hennings in ihrem Buch Das flüchtige Spiel ein Lied zu singen: Im Simplizissimus war es üblich, dass die Künstler nach den Darbietungen im Publikum ihre Postkarten verkauften, eine Nebeneinnahme, die uns sehr erwünscht war, weil Kathi uns keine hohe Gage zahlen konnte. Dafür taten Marietta, unserer reizende Diseuse, und ich uns allabendlich an einer Leberknödelsuppe gütlich, die uns gratis gespendet wurde, während der Dichter Joachim Ringelnatz, der auch hier auftrat und der damals nur in München bekannt war, soviel trinken durfte wie er Lust hatte. (Emmy Hennings: Das flüchtige Spiel. Wege und Umwege einer Frau [1940], zit. nach zitiert nach Schwab, Hans-Rüdiger [Hg.]: München, Dichter sehen eine Stadt, a.a.O., S. 180) ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------Biegen Sie an der nächsten Ecke nach rechts in die Schellingstraße ab. Das nächste Ziel befindet sich nach ca. 200 m auf der rechten Seite. Verfasserin: Gunna Wendt / Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek STATION 7: OSTERIA ITALIANA – SCHELLINGSTRAßE 62 Osteria Bavaria um 1910 (c) Archiv Monacensia Auch in der Osteria in der Schellingstraße/Ecke Schraudolphstraße ist die Ausstattung weitgehend beibehalten worden. Das Lokal wurde 1890 von dem Gastronomen und Italienliebhaber Joseph Deutelmoser gegründet – als Kontrastprogramm zu den bayerischen Bierwirtschaften. Das Weinlokal Osteria Bavaria war das erste italienische Restaurant in München – heute heißt es Osteria Italiana – und avancierte schnell zu einem Ort, an dem sich die Boheme traf, um in südlichem Flair zu diskutieren und zu genießen. Mit der Kombination von „Osteria“ und „Bavaria“ unterstrich Deutelmoser, dass er mit seinem Lokal eine ganz besondere Verbindung zwischen Italien und München hergestellt hatte. Diese äußerte sich auch in der Gestaltung der drei ineinander gehenden holzgetäfelten Räume, in denen man Wand- und Deckengemälde mit mediterranen Landschaften neben bayerischen Gemälden fand. Wegen ihrer Lage in der Nähe der Münchner Universität und der Kunstakademie besuchten neben Künstlern und Schriftstellern auch viele Studenten und Professoren die Osteria. Es war eine inspirierende Umgebung, die auch Franziska zu Reventlow anzog. Unter anderem mit ihrem Geliebten Adam – er kam „daher wie Bergluft“ – besuchte sie im September 1903 die Osteria und sprach „unendlich viel“ von einem anderen Liebhaber, Ludwig Klages, „noch nachher vor dem Café die Straßen auf und ab“. Oskar Maria Graf traf sich gern und oft mit Redakteuren der Zeitschrift Simplicissimus in der mediterranen Atmosphäre, die das Restaurant ausstrahlte, wie er in seinen Erinnerungen Gelächter von außen berichtet – bis ihnen durch die häufigen Begegnungen mit Adolf Hitler und seinen Begleitern das Restaurant verleidet wurde. Das Restaurant hatte einen kleinen ummauerten Garten mit Weinlaub und bunten Lampions, der im Sommer sehr kühl war. Im Winter saßen die besseren Gäste im offenstehenden hinteren Nebenzimmer, das man vom vorderen Raum gut überschauen konnte. Da saß der Mann mit einigen seiner Paladine, saß da wie nicht für den Zivilanzug geschaffen und war unbeschreiblich öd anzuschauen, wenn er sich leger gab und ab und zu kurz auflachte. Pflichtschuldigst, immer mit dem Blick auf ihn, lachten dann die anderen auch, und besonders eifrig und laut lachte dabei stets der kleinste unter ihnen, der im „Dritten Reich“ zum Professor ernannte Leibfotograf des nachmaligen „Führers“, Heinrich Hoffmann, der schließlich auch noch Amt des allgemeinen Kunstexperten dazu bekam. (Oskar Maria Graf: Gelächter von außen. Aus meinem Leben 1918-1933. Werkausgabe in 16 Bänden. Hg. von Wilfried F. Schoeller. Bd. 10. List Verlag, München/Leipzig 1994, S. 113) ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------Gehen Sie ein paar Meter zurück und biegen dann rechts ab in die Barer Straße. An der nächsten Kreuzung links in die Theresienstraße. Nach ca. 400 m treffen Sie auf die Amalienstraße. Das Eckhaus mit der Nummer 25 ist unser nächstes Ziel. Verfasserin: Gunna Wendt / Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek STATION 8: CAFÉ STEFANIE – AMALIENSTRAßE 25 Café Stefanie um 1938 (c) Archiv Monacensia Genau wie die Künstlerkneipe Simplicissimus war das 1896 eröffnete Wiener Café Stefanie in der Amalienstraße 14 (heute 25) weit über die Grenzen München hinaus ein Begriff und wurde in einem Atemzug mit dem Berliner Café des Westens und dem Wiener Café Griensteidl genannt. In München erhielt es den Beinamen „Café Größenwahn“. Da es zu den wenigen Lokalen gehörte, die bis 3 Uhr nachts geöffnet sein durften, war es der ideale Treffpunkt für Nachtschwärmer. In seinen Unpolitischen Erinnerungen zählt Erich Mühsam auf, wer zu den Stammgästen gehörte: „massenhaft Maler, Schriftsteller und Genieanwärter jeder Art, auch viele ausländische Künstler, Russen, Ungarn und Balkanslawen, kurz das, was der Münchener Eingeborene in den Sammelnamen ‚Schlawiner‘ zusammenfasst“. Der Publizist Otto Julius Bierbaum, der unter anderem die Zeitschrift Die Insel herausgab, vergleicht München mit Montmartre. In seinen Ansichten über die „Fremdenstadt“ schwärmt der gebürtige Schlesier von den „herrlichen Weibsmenschen“, den billigen Ateliers und den großzügigen Rahmenhändlern, die lange Kredit gewähren. „So lernt man gratis, und das Genie wächst. Oh, es wächst sehr in Schwabing, und im Café Stephanie wird es bewundert.“ Der Lyriker und spätere Politiker Johannes R. Becher schildert die Atmosphäre in seinem Sonett „Café Stefanie“ – „ein Denker hielt mit Kokain sich wach“ – und nennt einige Protagonisten der Münchner Boheme: „Am Tisch daneben spielte Mühsam Schach, / und Frank saß einem Geldmann auf der Lauer.“ Doch wurden Erich Mühsam und Leonhard Frank schnell zu Nebenfiguren, wenn Bechers große Liebe Emmy Hennings das Café betrat: In München war's im Café Stefanie, Als ich dir, Emmi, die Gedichte sagte, Die ich allein dir nur zu sagen wagte. Und häufig kam das Wort vor „Irgendwie“. (Johannes R. Becher: Cafe Stefanie. Sonett. In: Ders.: Gesammelte Werke. Bd. 4. Gedichte 1936-1941. Aufbau Verlag, Berlin und Weimar 1966, S. 248) Verfasserin: Gunna Wendt / Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek Links: Emmy Hennings auf dem Cover ihres Tagebuchs Das Brandmal. Rechts: Johannes R. Becher beim Auszuzeln einer Weißwurst, Oktoberfest 1956 (c) Bayerische Staatsbibliothek München / Bildarchiv ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------Folgen Sie der Theresienstraße noch 50 m und biegen dann rechts ab in die Fürstenstraße. Überqueren Sie den Wittelsbacher Platz und Sie sehen direkt vor sich das Café Luitpold, Brienner Straße 11. Das ist die nächste Station auf dem Spaziergang. Verfasserin: Gunna Wendt / Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek STATION 9: CAFÉ LUITPOLD – BRIENNER STRAßE 11 Das Café Luitpold. Links auf einer Zeichnung von Franz Gottfried, in der Mitte auf einer kolorierten Postkarte von 1938 (c) Bayerische Staatsbibliothek / Bildarchiv. Rechts von außen um 1900 (c) Archiv Moncensia Am 30. Dezember 1887 zeigte der Gastronom Simon Bäumler in den Münchner Zeitungen die Eröffnung seines Cafés und Restaurants Luitpold am Neujahrstag an. Am ersten Tag benötigte man Einladungskarten, um eingelassen zu werden. „Am Montag, den 2. Januar kann das Etablissement gegen Entrée von 50 Pfg. zugunsten der Stadtarmen besichtigt werden.“ Der Wirt versprach „exquisite Küche, gute Weine, Biere aus den renommiertesten Brauereien. Größte Auswahl in- und ausländischer Journale, aufmerksamste Bedienung“. Am 1. September 1888 widmete die renommierte Illustrierte Zeitung, damals eine der führenden Blätter Deutschlands, dem Münchner Café Luitpold eineinhalb Seiten, in denen sie die „Raumwunder“ aus über 20 prächtig ausgestatteten Sälen und Gesellschaftsräumen vorstellte und schloss mit dem Fazit: „München ist durch dieses Etablissement um eine Sehenswürdigkeit reicher geworden.“ Dem würde Franziska zu Reventlow sicher beipflichten, denn in ihren Tagebüchern wird das Cafe Luitpold häufig erwähnt. Es ist eine wichtige Station ihrer erotischen Streifzüge. Am 15. Juli wurde sie fündig: Zusammen mit einem „Theatermädel“, das sie als „freches lustiges Ding“ charakterisiert, begann sie ihre Tour und gabelte unterwegs einen französischen Schriftsteller auf, der das Schwabinger Nachtleben „studieren“ wollte, „mit ihm weitergebummelt in unzählige Lokale, zuletzt Luitpold. Da saßen meine 3. Ich die beiden andern versetzt u. mit ihnen noch auf ihre Bude“. Es handelte sich um drei Studenten – „les trois étudiants“ –, die sie bei einer nächtlichen „Bummelei“ kennengelernt hatte, die als „Souper und Orgie“ und „Liebe à trois“ (eigentlich: quatre) endete. Die drei jungen Männer versprachen, sie bei ihren Theaterplänen zu unterstützen und sie groß herauszubringen. Weil sie die nächste Verabredung verpasste, fürchtete sie, ihre jungen Verehrer für immer verloren zu haben und war umso erfreuter, sie – zufällig – im Café Luitpold anzutreffen. Allerdings war das Café Luitpold auch Schauplatz ihres missglückten Rendezvous mit Frank Wedekind, für den sie eine Zeitlang schwärmte, nachdem sie seine Auftritte als Balladensänger bei den „Elf Scharfrichtern“ erlebt hatte: „Dann das Rendezvous mit Wedekind im Luitpold, das etwas ins Wasser fällt.“ Der Theaterleiter Otto Falckenberg hatte Ende April 1902 ein Treffen im Café Luitpold vermittelt, das jedoch nicht zu ihrer Zufriedenheit verlief. Der Angebetete zeigte sich desinteressiert – eine Erfahrung, die sie bisher nur selten gemacht hatte. „Ich begleite W. noch ein Stück, wobei er etwas wärmer wird, aber es wurde nichts Rechtes mehr.“ So blieben ihr in diesem Fall nur ihre Träume, in denen sie „sehr amoureux“ mit ihm war. (F. Gräfin zu Reventlow: „Wir sehen uns ins Auge, das Leben und ich“. Tagebücher 1895-1910, a.a.O.) ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------Folgen Sie der Brienner Straße nach links bis zum Odeonsplatz. Sie laufen direkt auf das Café Tambosi zu, die nächste Station des Spaziergangs. Verfasserin: Gunna Wendt / Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek STATION 10: CAFÉ TAMBOSI – ODEONSPLATZ 18 Tambosi Café Dengler 1895 (c) Archiv Monacensia Der aus Venedig stammende kurfürstliche Lotterieeinnehmer Giovanni Pietro Sarti eröffnete 1774 ein Kaffeegeschäft in den Arkaden des Hofgartens. 1778 erhielt er die Erlaubnis, an der Hofgartenmauer vor der Reitschule ein kleines italienisches Kaffeehaus zu erbauen. Der Hofgarten wurde zwei Jahre später für die Öffentlichkeit zugänglich, was zum Erfolg des Cafés beitrug. Nach Sartis Tod 1796 wechselten mehrmals die Besitzer, bis 1810 Luigi Tambosi das Café übernahm. Der gelernte Schokolateur und Traiteur aus Trient nutzte die Kontakte seines Vaters, der sich als Kammerdiener von Max II. und als Hofkellermeister einen guten Ruf erworben hatte. 1825 wurden die Reitschule und das Kaffeehaus abgerissen und an ihrer Stelle das mehrstöckige Bazargebäude in der heutigen Gestalt errichtet. Das neue Kaffeehaus war elegant ausgestattet und entwickelte sich zu einem vornehmen Treffpunkt des gehobenen Bürgertums und des Adels. Bis 1868 blieb es im Besitz der Familie Tambosi und avancierte zu einem der bekanntesten Cafés, das weit über die Grenzen Münchens berühmt war und zu dessen Gästen auch König Ludwig I. zählte. Von 1895 bis 1920 wechselten die Besitzer wieder mehrmals, bis im Sommer 1920 Gustl Annast das Café übernahm und im ersten Stock das Hofgarten-Kabarett eröffnete. Links: Das Café Annast um 1930 (c) Archiv Monacensia. Rechts: Das Tambosi heute (c) Yadid Levy / Robert Harding World Imagery / Universal Images Group Verfasserin: Gunna Wendt / Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek Theodor Lessing, der in München Medizin, Literatur, Philosophie und Psychologie studierte, hat mit seinem Gedicht Am Dichter-Tisch eine Hommage an das Café Tambosi verfasst, in der es heißt: Zu München im Hofgarten schlürft ich heut Mit meinem „Verhältnis“, der Rosi, Stillfreudig wie andre brave Leut Meinen Mokka im Café Tambosi. Das Wetter war schön. Die Münchner Crème Lustwandelte in den Arkaden Und gaffte daselbst einander bequem Nach Antlitz, Toilette und Waden. (Theodor Lessing: Am Dichtertisch, zit. nach Schmitz, Walter [Hg.]: Die Münchner Moderne, a.a.O., S. 439) Der amerikanische Dichter T. S. Eliot, der sich 1911 kurz in München aufhielt, beginnt sein berühmtes Gedicht The Waste Land mit einer Reminiszenz an Bayern und den Münchner Hofgarten. Sommer überfiel uns, kam über den Starnberger See Mit Regenschauer; wir rasteten im Säulengang, Und schritten weiter im Sonnenlicht in den Hofgarten. Tranken Kaffee und plauderten eine Stunde. (T. S. Eliot, The Waste Land, 1922) Ein halbes Jahrhundert zuvor hatte sich der sich der französische Schriftsteller Gérard de Nerval weniger beeindruckt gezeigt: „Die beiden Cafés der Hofgartengalerie sind nichts Besonderes und haben keine einzige französische Zeitung.“ (Gérard de Nerval: Auf Sand gebaut. Münchner Eindrücke eines Franzosen im 19. Jahrhundert. In: Süddeutsche Zeitung. 20./21. Mai 1972) Das Innere des Café Tambosi um 1895 (c) Archiv Monacensia ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------Gehen Sie über den Odeonsplatz an der linken Seite der Feldhernhalle die Residenzstraße entlang bis zum Max-Joseph-Platz mit der Bayerischen Staatsoper. Biegen Sie links auf die Maximilianstraße ein. Direkt gegenüber der Oper, früher Königliches Hof- und Nationaltheater, liegt die nächste Station. Verfasserin: Gunna Wendt / Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek STATION 11: CAFÉ MAXIMILIAN - MAXIMILIANSTRAßE Henrik Ibsen 1887, Fotograf: Franz Hanfstaengl (c) Stadtarchiv München Das Cafe Maximilian ist untrennbar mit Henrik Ibsen verbunden und Schauplatz zahlreicher Legenden um den norwegischen Dichter, der – mit fünfjähriger Unterbrechung – von 1875 bis 1891 in München lebte. Am Hemmeterhaus in der Maximilianstraße 32 wird bis heute mit einer Gedenktafel an den prominenten Bewohner erinnert: „In diesem Hause wohnte Henrik Ibsen während der Jahre 1885 bis 1891. Dem Andenken des nordischen Dichters widmet diese Tafel die Stadtgemeinde München“. Der Kunsthistoriker, Schriftsteller und Journalist Georg Jacob Wolf berichtet am 21. März 1928 in der Münchener Zeitung, Ibsen sei täglich zur gleichen Stunde „die Maximilianstraße hinunter in das Café Maximilian, gegenüber dem Hoftheater“ gegangen und habe dort „an einem stets für ihn bereitgehaltenen Tischchen nahe dem Fenster“ seinen Stammplatz gehabt, an dem er deutsche und ausländische Zeitungen las. Der Essayist und Kritiker Josef Hofmiller erzählt in seinem Artikel zu Ibsens 100. Geburtstag am 20. März 1928 in den Münchner Neuesten Nachrichten, wie er junger Mann zusammen mit gleichaltrigen Freunden das Idol seiner Jugend „aus der Ferne verehrend in der dunkelsten Ecke des Maximilians“ beobachtete. Die Münchner-Augsburger Abendzeitung veröffentlichte am 17. Juni 1933 „Geschichten um Ibsen“, in denen auch eine Variante der gern kolportierten Doppelgängerlegende vorkommt: Das Café aber hatte natürlich einen geschäftlichen Vorteil davon, denn die Fremden strömten zu dieser Stunde hin, um den Dichter zu sehen und zu beobachten, Es geht die Sage, Ibsen habe zu der gewöhnlichen Stunde noch immer im Café gesessen, als er München längst verlassen hatte. Das Café hatte sich nämlich einen Mann engagiert, der Ibsen sehr ähnlich sah und die Rolle des Dichters vollendet spielte. Auch der Schriftsteller Ludwig Ganghofer, der sich in seinen Erinnerungen unter dem Titel Lebenslauf eines Optimisten an einige bizarre Begegnungen mit Ibsen erinnert, bevorzugte das Café Maximilian, das zum „Theatercafé ernannt“ worden war. „Hier fand man sie alle, die berühmten Mimen aus Osten, Norden und Westen. Es war eine große Ehre für einen kleinen Sterblichen, wenn er an dieser leuchtenden Tafel seinen Kapuziner schlürfen durfte.“ (Ludwig Ganghofer: Lebenslauf eines Optimisten. Verlag Adolf Bonz, Stuttgart o. J., S. 304ff.) ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------Folgen Sie der Maximilianstraße ca. 200 m und biegen Sie dann Am Kosttor nach rechts ab. Sie gelangen nach weiteren 150 m zum Platzl, wo sich die nächsten drei Stationen befinden. Verfasserin: Gunna Wendt / Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek STATION 12: HOFBRÄUHAUS – PLATZL 9 Vor dem Hofbräuhaus 1896 (c) Archiv Monacensia Die Geschichte des berühmtesten Wirtshauses der Welt, des Münchner Hofbräuhauses, reicht bis ins 16. Jahrhundert zurück: Herzog Wilhelm V. ließ das Kurfürstliche Hofbräuhaus 1589 als Brauerei für seinen Hof errichten, weil ihm das bayerische Bier nicht gut genug und das bisher aus dem niedersächsischen Einbeck importierte Bier zu teuer war. Seine jetzige bauliche Gestalt bekam das Hofbräuhaus 1896/97. Prinzregent Luitpold beschloss 1896, die Brauerei aus dem Hofbräuhaus herauszunehmen und über den Lagerkellern an der Inneren Wiener Straße eine neue Sudstätte zu errichten. Das Alte Sudhaus am Platzl wurde abgerissen und an seiner Stelle die Schwemme errichtet. Sie wurde am 9. Februar 1897 eröffnet. Am selben Tag begannen die Abrissarbeiten am Verwaltungsgebäude, aus dem der neue Gaststättenbereich wurde. Am 22. September 1897 fand die Eröffnung des neuen Hofbräuhauses statt. Das Münchner Hofbräuhaus vor dem Umbau 1896 (links) und der Neubau um 1900 (rechts) (c) Archiv Monacensia In seiner Glosse „Die Bierstadt München“ rühmt der aus Franken stammende Schriftsteller Michael Georg Conrad München als „erste Bierfestung der Welt“. Ganz im Mittelpunkt ragt die klassische Gambrinus-Zitadelle aus urbajuwarischer Zeit: das königliche Hofbräuhaus. Rings um die Stadt legt sich wie ein undurchbrechbarer Ring der Wall der Bierkellerbauten mit vielen trutzigen Vorwerken und Sperrforts nach allen Himmelsgegenden. Auf welchen Straßen, Land-, Wasser- und Schienenwegen der Fremdling auch nahen möge, er muss durch den Gürtel der Kellerburgen; überall knallen ihm die Spundpfropfen entgegen, kriegerische Biergesänge mit Banzenschlag und Deckengeknatter umbrausen und betäuben ihn. (Michael Georg Conrad: Die Bierstadt München, zit. nach Schmitz, Walter [Hg.]: Die Münchner Moderne, a.a.O., S. 43) Verfasserin: Gunna Wendt / Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek Ähnliches hatte auch der österreichische Dramatiker Ignaz Franz Castelli erlebt: Mehrere Stuben und der ganze Hof sind mit Menschen so angefüllt, dass noch ein paar hundert, welche an Tischen, auf Wagen oder in Hofe herumstehenden Fässern keinen Platz mehr finden, ihr Bier, die Krüge in den Händen haltend, stehend verzehren. Da ist ein Tumult und ein Lärmen sondergleichen: am ärgsten geht es aber bei der Schenke zu. Da stehen Hunderte, welche ihre Krüge geleert haben, schwenken dieselben im durchfließenden Wasser aus und warten auf eine neue Tracht frischen Bieres aus dem Keller, um sich wieder einschenken zu lassen. Zu essen bekommt man hier nichts als Brot, Wurst und Käse, und bezahlen muss man sogleich, wenn man etwas erhält. (Ignaz Franz Castelli. In: Karl, Ida [Hg.]: München. Eine Lese-Verführung. Fischer Verlag, Frankfurt 2010, S. 161) Der Brauhof des Hofbräuhauses 1896 (c) Archiv Monacensia Für den Publizisten Otto Julius Bierbaum war das Hofbräuhaus eine der letzten Bastionen bayerischer Kultur, deren Verschwinden ihm große Sorge bereitete. In seinen Ansichten über die „Fremdenstadt“ klagt er: Es gibt überhaupt kein München mehr. Seit 1871 ist diese Stadt langsam, aber sicher, preußisch geworden. Es ist rum mit aller Gemütlichkeit. Tritt man jemand auf den Fuß und sagt, wie sich's gehört: Oha, Herr Nachbar! so wird das als unhöflich übel vermerkt. Geht man irgend wohin zum Bier und packt seinen Käs und sein „Durcheinand“ (Aufschnitt) aus, so sieht einen die Kellnerin missbilligend an. Das Bier wird mit jedem Jahr dünner, und, wohin man spuckt, spuckt man auf einen Preußen. Wenn nicht die „Keller“ noch wären und die Schwemm im Hofbräuhaus, und der Salvator, und die „Wies'n“ am Oktoberfest, so könnte man gerade so gut überhaupt gleich nach Berlin auswandern. (Otto Julius Bierbaum: Ansichten über die Fremdenstadt, zit. nach Schwab, Hans-Rüdiger [Hg.]: München, Dichter sehen eine Stadt, a.a.O., S. 173) Der Romanist Victor Klemperer, der unter anderem in München studierte und 1919 kurzzeitig lehrte, erinnert sich in seinen Memoiren Curriculum Vitae an eine erstaunliches Beobachtung bei einem Hofbräuhausbesuch: Dicht neben uns saß ein junges Ehepaar, beide hatten ihr Bier vor sich stehen, auf dem Schoß der Frau hockte ein kleiner Junge von etwa zwei Jahren. Der Vater nahm seinen Krug, hielt ihn dem Kind an den Mund, hob ihn allmählich, wie man behutsam die Milchflasche eines Säuglings hebt, zeigte dann der Frau mit stolzem Gesichtsausdruck, wieviel das Jungchen getrunken hatte, und die Mutter streichelte mit zärtlicher Anerkennung den Kopf des Kleinen. (Victor Klemperer: Curriculum Vitae. Aufbau Verlag, Berlin 1996, S. 265) Verfasserin: Gunna Wendt / Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek STATION 13: TORGGELSTUBE – PLATZL 8 Links: Lena Christ. Rechts: Die Innenansicht der Torggelstuben um 1910 (c) Archiv Monacensia Der Architekt Hans Grässel gestaltete die Torggelstube, die 1899 im Korpshaus Rhenopalatia unweit des Hofbräuhauses eröffnet wurde, im Tiroler Stil. In einem Artikel in der Vossischen Zeitung berichtet Erich Mühsam 1928 über seine anfänglichen Vorbehalte gegen die „Honoratioren-Ansammlung“ am Platzl. Er habe es Frank Wedekind zu verdanken, dass er das Restaurant schließlich doch besuchte und wegen des hohen Niveaus seiner Gesprächskreise zu schätzen lernte. Am 8. Juli 1911 notierte er in seinem Tagebuch, bis zu seinem Besuch in der Torggelstube sei nicht viel „Vermerkenswertes“ geschehen. Dort wurde er dann mit den aktuellen Querelen des Kulturbetriebs konfrontiert, die zu aufgeregten Diskussionen führten. Einen Besucher schien das jedoch wenig zu beeindrucken: „Draußen saß Wedekind, kaute am Bleistift und dichtete.“ (Erich Mühsam: Tagebücher. Hg. von Chris Hirte und Conrad Piens. Bd. 1. Verbrecher Verlag, Berlin S. 183) Lion Feuchtwanger setzte der Torggelstube in seinem München-Roman Erfolg ein literarisches Denkmal. Er nennt sie Tiroler Weinstube und widmet ihr ein eigenes Kapitel mit dem Titel „Politiker der bayrischen Hochebene“, in dem es heißt: Obwohl der schöne Sonntag viele an die Seen und in die Berge führte, war die Tiroler Weinstube an diesem Junivormittag dicht gefüllt. Man hatte alle Fenster der Sonne geöffnet, aber es blieb angenehm dämmerig in dem großen Raum. Dick lag der Rauch der Zigarren über den massiven Holztischen. Man aß kleine, knusperig gebratene Schweinswürste oder lutschte an dicken, safttriefenden Weißwürsten, während man kräftige Urteile über Dinge der Kunst, der Weltanschauung, der Politik äußerte. Es kamen am Sonntagvormittag vornehmlich Politiker in die Tiroler Weinstube. (Lion Feuchtwanger: Erfolg. Drei Jahre Geschichte einer Provinz. Aufbau Verlag, Berlin 1993, S. 66) Lena Christ hat ihre zweite Hochzeit in der Torggelstube gefeiert, wie ihr Ehemann Peter Benedix in seinem Buch Der Weg der Lena Christ (1940) berichtet. Nach der standesamtlichen Trauung auf dem Petersbergl „an einem strahlend schönen Augusttag – es war Goethes Geburtstag, wie sich das für zwei Schreibersleute geziemte“ – ließen sie sich mit einem Auto zur Torggelstube chauffieren, wo ein Hochzeitsessen mit vier Gängen auf sie wartete. Das gute, reichliche, uns allen nicht alltägliche Mahl schuf unter Mitwirkung eines vortrefflichen Pfälzer Tropfens eine fröhliche Stimmung, so dass mancher der Vorübergehenden uns, die wir ganz vorn und wie in einem Schaufenster saßen, bemerkte und, seinen Schritt hemmend, uns zulächelte. Besonders schien ein alter Herr mit lustigen Äuglein von unserer Fröhlichkeit angesteckt und nickte uns zu. Wir grüßten wieder und winkten ihn herein, und er musste ein Glas auf unser Wohl leeren. Als Verfasserin: Gunna Wendt / Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek der letzte Bissen gegessen, der letzte Tropfen getrunken und die Zigarren erloschen waren, brachen wir auf. Die Trauzeugen gingen heim, und wir machten unsere Hochzeitsreise mit der Trambahn, die wir in der Maximilianstraße bestiegen und die uns nach Gern hinausbrachte, wo wir für Anfang September eine Wohnung gemietet hatten. (Peter Benedix: Der Weg der Lena Christ. Ludwig Baur Verlag, München 1950, S. 47ff.) Verfasserin: Gunna Wendt / Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek STATION 14: ORLANDO DI LASSO – PLATZL 4 Das Orlando di Lasso links vor dem Umbau um 1900 und rechts der Neubau um 1910 (c) Archiv Monacensia Das Orlandohaus am Platzl wurde 1899/1900 von dem aus dem Chemnitz stammenden Architekten Max Littmann errichtet, der wenige Jahre zuvor das neue Hofbräuhaus gebaut hatte. Ursprünglich hatten auf dem Grundstück Platzl 4 zwei Häuser gestanden; in einem hatte von 1556-1599 der Komponist und Hofkapellmeister Orlando di Lasso gelebt, dem 1849 am Promenadeplatz ein Denkmal gesetzt wurde. Von Anfang an war das Orlandohaus ein Ort gastronomischer Besonderheiten. Im 18. Jahrhundert befand sich dort die Bierzäpflerei „Bei der Gretel“. Seit 2007 führt der Sterne-Koch Alfons Schubeck in dem Gebäude ein bayerisches Feinschmeckerlokal. Das um 1900 eröffnete Café Orlando di Lasso avancierte rasch zum Treffpunkt der Münchner Theaterszene. Auch Erich Mühsam war dort Stammgast, wie zahlreiche Tagebucheintragungen belegen, in denen er seine Orlando-Besuche in Stichworten skizziert: Nachher war ich noch mit einem Teil der Gesellschaft, zu denen noch Geyer, Molnár, Polgar und Egon Friedell kamen – mit dem ich mich, wie einst in Wien, immer noch sehr amüsant herumfrozzle, im Café Orlando di Lasso. (Erich Mühsam: Tagebücher. Hg. von Chris Hirte und Conrad Piens. Bd. 1. Verbrecher Verlag, Berlin S. 225) Heute war ich nach Tisch im Orlando die Lasso: Meßthaler, Weigert, Steinrück, Rosenthal, Strauß, Dr. Gotthelf, Polgar. Ich spielte mit Gotthelf Schach. (Ebda., S. 242) Ich ging dann ins Orlando, wo ich Rößler, Gotthelf, Eyssler, den jungen Dannegger und nachher Strauß mit der Marlow traf. Ich spielt mit Dannegger Billard und Ecarté, dann übergab ich der Marlow das Baccarat-Gedicht. (Ebda., S. 250) Nach dem Baden Mittagessen in der Torggelstube. Die Vallière war reizend, ich durfte graziös mit ihr zoten. Nachher saßen wir miteinander auf dem Sofa in der Nische des Cafés Orlando und spielten mit einem entzückenden weißen Zwergboxl. (Ebda., S. 226) ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------Verlassen Sie das Platzl Richtung Marienplatz geradeaus die Orlandostraße entlang, dann rechts in die Ledererstraße und wieder links in die Sparkassenstraße. Gleich hinter dem Alten Rathausturm, der heute das Spielzeugmuseum beherbergt, ist die Adresse Marienplatz 13, das nächste Ziel des Spaziergangs. Verfasserin: Gunna Wendt / Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek STATION 15: CAFÉ PERZEL – MARIENPLATZ 13 Das Café Perzel um 1907 (c) Archiv Monacensia Das Gastronomen-Ehepaar Anton und Theres Perzel eröffnete 1859 das Café Perzel am Marienplatz 13. 1906 übernahm Ludwig Walz das Café, 1917 richtete er dort eine Volkssängerbühne ein, auf der „Die Krähwinkler“ – Hans Blädel und Karl Flemisch – große Erfolge feierten. Zu den Stammgästen des Cafés gehörte der Schriftsteller und bayerische Ministerpräsident Kurt Eisner. Zwischen 1921 und 1930 wurde das Café in ein Weinlokal umgewandelt, 1931 als Café Perzel wiedereröffnet. Es wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. Heute befindet sich dort das 1954 eröffnete Kaufhaus Ludwig Beck. Der aus Düsseldorf stammende Schriftsteller Franz Held, einer der Wegbereiter der DadaBewegung, schildert in seiner Münchner Skizze Auf dem Marienplatz einen „Parade-Tag“: Schon ein halbes Stündchen flanierten die Studenten, Akademiker und sonstigen Privatiers auf dem Trottoir vor den engen Schlupfpforten der vielstöckigen, schräggegiebelten Häuser, dem neuen stolzgotischen Rathaus gegenüber. An der leicht vorgewölbten Front gegenüber dem Café Perzel, neben dem dämmrigen, gedrückten Tordurchgang unter den schwarzgelb gestreiften Spitztürmen des alten Rathauses, machte der gemalte Christophorus im Schein der Frühlingssonne sein liebenswürdigstes Schafsgesicht. [...] Schäumende Maßkrüge wurden übers Trottoir getragen, noch zahlreicher jetzt, wie zu andern Stunden. Denn es war ja Mittagszeit. Vorwitzig zeigte sich wohl gar schon eine Kaffeetasse auf einem kleinen Tablett, zaghaft wie ein erstes Maiglöckl, aus der Gassenschenke des Café Perzel. (Franz Held: Auf dem Marienplatz, zit. nach Schmitz, Walter [Hg.]: Die Münchner Moderne, a.a.O., S. 193) ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------Überqueren Sie den Marienplatz. Auf der anderen Seite des Platzes verläuft links neben dem Rathaus die Weinstraße. Direkt am Rathauseck befindet sich die nächste Station, Weinstraße 1. Verfasserin: Gunna Wendt / Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek STATION 16: DONISL – WEINSTRAßE 1 Das Donisl um 1907 (c) Archiv Monacensia Die Schänke „Zur alten Hauptwache“ in der Weinstraße 1 erhielt 1715 die Genehmigung zum „realen Bierausschank“, nachdem sie bis zu diesem Zeitpunkt nur Landwein von den Weinhängen um Landshut und Dingolfing angeboten hatte. Bereits seit 1315 befand sich in dem ehemaligen Kornmesserhaus eine Weinschänke. Von 1760 bis 1775 betrieb der Wirt Dionysius Haertl die Gastwirtschaft. Er gilt als der Namensgeber für den Donisl. Der Dadaist Franz Held zeigte sich jedoch von den phantasievollen Namens-Erklärungen, zu denen der Donisl einige Studenten inspiriert hatte, stärker beeindruckt und gibt sie in seiner Hommage an den Münchner Marienplatz wieder. Weißwürst im Donisl 1956 (c) Archiv Monacensia Einem Studenten ging seine magere, schäbig graue Dogge durch, kläglich heulend, entweder über die Musik oder in ihrer cettischen Kur gereizt durch den Bratenodem der Wirtsküche des nahen Gasthauses zum „Bayrischen Donisl“, ehemals „Zur alten Brandwache“. „Was ist eigentlich ‚Donisl‘?“ fragte ein Student seinen Kommilitonen. „Sollte es eine Umbildung von ‚Dionys‘ sein?“ Und er deklamierte: Zu Donisl, dem Tyrannen, schlich / Moritz, im Strolchengewande“„Kein Bein!“ entgegnete der andre, ebenfalls Philologe.„‚Donisl‘ stammt aus den spanischen Habsburgerzeiten. Wird ein rechter Lumpazi gewesen sein, ‚Don Isl‘.“ – „Ein Donna war's! Hör nur: Wallburgis – Burgl; Isabella – Isl. Hätte Kolumbus zur Herrscherin Kastiliens nicht Isl gesagt, so wäre sie nie mit den zwei ollen Oderkähnen rausgerückt.“ – Die Kommilitonen hatten sich diese Sorte Weisheit bei einem prolongierten Frühschoppen angewöhnt. (Franz Held: Auf dem Marienplatz, zit. nach Schmitz, Walter [Hg.]: Die Münchner Moderne, a.a.O., S. 195) ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------Die letzte Station des Spaziergangs liegt etwas weiter entfernt hinter dem Sendlinger Tor. Entweder nehmen Sie für eine Station die U3/U6 zum Sendlinger Tor oder Sie laufen ca. 10 Min. über die Rosenstraße und Sendlinger Straße zum Sendlinger Tor. Von dort aus erreichen Sie das nächste Ziel, Schillerstraße 49, über die Pettenkoferstraße, die nach einigen hundert Metern die Schillerstraße kreuzt. Das Ziel befindet sich dann in Laufrichtung rechts. Verfasserin: Gunna Wendt / Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek STATION 17: HOTEL FRANKFURTER HOF – SCHILLERSTRAßE 49 Hotel Frankfurter Hof nach 1908 (c) Archiv Monacensia Auf der Volkssängerbühne im Hotel Frankfurter Hof begann nicht nur Karl Valentins Karriere, sondern auch seine Zusammenarbeit mit Liesl Karlstadt. Josef Durmer, der Besitzer des Hotels, war von einem Auftritt Karl Valentins so begeistert gewesen, dass er ihn sofort engagiert hatte. Am 1. Juli 1908 trat der Volkssänger und Sprachkünstler zum ersten Mal in diesem renommierten Münchner Singspielhaus auf, hatte großen Erfolg und meldete daraufhin sein Gewerbe als „Singen im Stadtbezirk“ an. Damit war er „amtlich gemeldeter Volkssänger“. Liesl Karlstadt begegnete er 1911 zum ersten Mal. Sie schreibt darüber in dem unveröffentlichten Text Karl Valentin und ich, der sich in ihrem Nachlass befindet: Im Frankfurterhof in der Schillerstrasse, einem der besten Münchner Volkssängerlokale trat er als Solist auf, während ich als junge Anfängerin in das Ensemble kam, um Komödien zu spielen und mich als Solistin auszubilden. Mein Solofach war damals jugendliche Soubrette. So stand ich in einem grellfarbenen Flitterkostüm jeden Abend auf der Bühne und sang recht mittelmässig: „Ein jeder ruft Hipp Hipp Hurrah, die fesche Mizzi die ist da – und Jubel schallt durch's ganze Haus, ein jeder spendet mir Applaus!“ Im Schlusscouplet sang ich die Männer im Parkett an: „Ach Du lieber süsser guter braver Mann – hast mir diese Liebesschmerzen angetan...“ usw. und ich war stolz auf meine Leistung. (Liesl Karlstadt: Karl Valentin und ich. Nachlass Liesl Karlstadt, Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek München) Liesl Karlstadt und Karl Valentin 1933 Doch ihr Selbstbewusstsein wurde auf eine harte Probe gestellt, als ihr Valentin, der damals schon ein Star war, in der Künstlergarderobe ohne Umschweife erklärte, sie sei für eine Soubrette viel zu mager, vor allem hätte sie einen zu kleinen Busen und sei überhaupt viel zu brav und schüchtern. Verfasserin: Gunna Wendt / Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek Aber, meinte er, ich besitze komisches Talent und er würde mir raten, mich auf's Komische zu verlegen. Meine Verehrung für Karl Valentin schlug daraufhin in Hass um. Später befolgte ich seinen wohlgemeinten Rat – er schenkte mir eine von ihm verfasste Parodie auf eine Soubrette – ich sang auf komisch und hatte den ersten grossen Erfolg. Nun war unsere Freundschaft besiegelt und aus der erwuchs eine jahrzehntelange Partnerschaft. (Ebda.) Auch Karl Valentin hat seine erste Begegnung mit Liesl Karlstadt schriftlich festgehalten: Im Jahr 1911 lernte ich im Frankfurter Hof meine Partnerin kennen. Ich entdeckte ihr komisches Talent, und wie sie die ersten Jahre meine Schülerin war, so wurde sie später meine Mitarbeiterin und Mitverfasserin meiner Stücke. Mit ihr war es möglich, das bekannte Tiroler Terzett „Alpenveilchen“ mit Valentin, Flemisch und Karlstadt herauszubringen. Alle, die es gesehen haben, werden sich gern an das komische Bauerndeandl erinnern, das in höchst g´schamiger Weise das Lied vom Edelweiß sang. (Theo Riegler: Das Liesl Karlstadt Buch. Süddeutscher Verlag, München 1961, S. 5) Über ihre erste gemeinsame Nummer mit Karl Valentin auf der Volkssängerbühne des Frankfurter Hofs heißt es in Liesl Karlstadts Bühnenalbum: Liesl als naiv-fesches Dirndl mit dem Edelweiß in der Hand, Valentin als zitherspielender Tiroler vor einem wildromantischen Gebirgspanorama – natürlich aus Pappe, zusammenklappbar –, der Dritte im Bund Karl Flemisch als sein Vater mit Rauschebart und Gitarre. Am Ende geriet Valentin jedesmal in einen geschickt inszenierten Streit mit dem Theaterdirektor und hatte seinen Abgang mit den klassisch gewordenen Worten: „Vater, nimm's Gebirg mit, wir gehen!“ (Bühnenalbum Liesl Karlstadt. Nachlass Liesl Karlstadt, Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek München) Bei diesem ersten gemeinsamen Auftritt war Liesl Karlstadt zwar noch in einer weiblichen Rolle, als fesches Dirndl, zu sehen, aber doch schon ganz anders, als sie es aus ihrer Soubrettenzeit gewohnt war. Zweifellos war sie in dieser Zeit begierig, von ihrem erfahrenen Partner zu lernen. Ehrgeizig war sie sowieso. Ihre eigene genaue Beobachtungsgabe, kombiniert mit den Hinweisen und Ratschlägen des Partners, habe sie große Fortschritte in der Menschendarstellung machen lassen. Aus der Beobachtungssensibilität und der Neugier entwickelte sich ihre Lust, in andere Rollen zu schlüpfen, sich zunächst in verschiedenen Frauenfiguren auszuprobieren und ziemlich bald auch Männerfiguren zu verkörpern, allen voran den Firmling aus dem gleichnamigen Sketch und den Kapellmeister aus der Orchesterprobe. Gesellschaft im Frankfurter Hof (c) Archiv Monacensia