Heuschrecken vor der Wohnungstür?

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Heuschrecken vor der Wohnungstür?
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Ortwin Runde
Florian Pronold
Mitglied des Deutschen Bundestages
Mitglied des Deutschen Bundestages
Platz der Republik 1
11011 Berlin
Ortwin Runde
K
M
x
(030) 227-73465
(030) 227-76462
ortwin.runde@bundestag.de
Florian Pronold
K
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(030) 227-70407
(030) 227-76397
florian.pronold@bundestag.de
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Heuschrecken vor der Wohnungstür?
Diskussionspapier zur Einführung von REITs (Real Estate Investment Trusts) in
Deutschland
Langfassung
Stand: 2. März 2006
Heuschrecken vor der Wohnungstür?
Diskussionspapier zur Einführung von REITs (Real Estate Investment Trusts) in Deutschland
von Ortwin Runde, MdB und Florian Pronold, MdB1
„Seit wenigen Jahren stürzen sich die Fondsgesellschaften, zumeist aus den USA und
Großbritannien, geradezu auf deutsche Mietwohnungen. Sie heißen Terra Firma, Fortress,
Apellas oder auch Cerberus, wie der dreiköpfige Höllenhund aus der griechischen
Mythologie, der den Eingang zur Unterwelt bewachte. Rund 600.000 Mietwohnungen haben
die Investoren in den vergangenen fünf Jahren erworben, zumeist von Kommunen. Und es
sollen noch weit mehr werden. Auf die 3,3 Millionen Wohnungen, die Kommunen und Länder
derzeit noch halten, haben sie es abgesehen“, so schreibt Roland Kirbach in einem ZEITArtikel „Wenn der Investor klingelt“2. Er sieht den Traum vom „humanen Wohnen für alle“ vor
dem Aus, weil die deutschen Kommunen das Jahrhundertwerk des sozialen Wohnungsbaus
an die „Heuschrecken“ verscherbeln wollen, ohne die sozialen Folgen im Blick zu haben.
Klopfen die „Heuschrecken“ in Deutschland an die Wohnungstüren? Die Privat-Equity-Fonds
haben schon ein paar Türen aufgestoßen. Wie eine „Raupe Nimmersatt“ wollen sich
milliardenschwere Fondsgesellschaften an den Wohnungen, den Mietern und den neu zu
schaffenden Steuergeschenken in Deutschland laben. Die neueste „Raupe Nimmersatt“
firmiert unter dem Titel Real Estate Investment Trusts (REITs). Nur das sie sich nach ihrer
Fress-Orgie sicher nicht in einen schönen Schmetterling verwandeln wird.
Im Koalitionsvertrag wird die Einführung von solchen REITs ins Auge gefasst. Die
Finanzmogule und ihre Lobbyisten sehen darin eine Möglichkeit, neue Spekulations- und
Profitobjekte an die Börse zu bringen. Die von ihnen selbst verursachte jüngste Krise der
„offenen Immobilienfonds“ wird genutzt, um sich in einer Flucht nach vorne neue profitable
Anlageobjekte zu erschließen und manches Risiko von Fehlinvestitionen dort leicht und billig
loszuwerden.
Die REITs-Pläne bergen zahlreiche Gefahren - für Mieter, für die Wohnungswirtschaft, für die
Steuereinnahmen des Staates und insbesondere für die Kommunen. Auch könnten REITs
weitere Standortverlagerungen deutscher Firmen - zumindest mittelfristig - erleichtern.
1
Ortwin Runde ist Mitglied des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages und ehemaliger
Bürgermeister der Hansestadt Hamburg. Florian Pronold ist stellvertretender finanzpolitischer
Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion und Landesgruppenvorsitzender der bayerischen SPDBundestagsabgeordneten.
2
DIE ZEIT 05.01.2006
2
Gerade angesichts der von Franz Müntefering angestoßenen Debatte über den
„Heuschrecken“-Kapitalismus und den negativen Erfahrungen mit Privat-Equity- oder HedgeFonds muss die SPD besonders kritisch mit diesem zusätzlichen, qualitativ ähnlichen
Finanzmarktinstrument umgehen, in dem enorme gesellschaftliche und finanzielle
Sprengkraft steckt. Die globalen Finanzmärkte haben eine hohe Durchsetzungsfähigkeit:
Aber wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sind nicht schutz- und hilflos
ausgeliefert. Ob nimmersatte Raupen sich am Miet-Wohnungsmarkt voll fressen oder
Heuschrecken in die Häuser kommen, hängt weitgehend davon ab, ob wir ihnen die Tür
dazu mit REITs selbst sperrangelweit aufmachen. Soziale Grundbedürfnisse, wie die
günstige Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum, dürfen nicht auf dem Altar der
Profitgier und des freien Marktes geopfert werden.
II. Was sind eigentlich REITs?
Real Estate Investment Trusts (REITs) sind in ihrem „Ursprungsland“ USA eine Rechtsform
für Investmentgesellschaften (Trusts), die insbesondere in Immobilien oder Teilsegmente
des Immobilienmarktes investieren. In Frankreich wurden REITS bereits eingeführt, in
Großbritannien werden diesbezügliche Anstrengungen unternommen. In Deutschland
dagegen finden bisher Investitionen in Immobilien vorwiegend in offenen oder
geschlossenen Immobilienfonds statt, die nicht oder nur in sehr geringem Umfang über
Immobilien-AGs an der Börse gehandelt werden.
Mit diesen drei Instrumenten wurden bisher Immobilien in Deutschland „anlagetauglich“, d.h.
für Investoren zugänglich gemacht. In Form von offenen und geschlossenen
Immobilienfonds finden sich verbriefte Sondervermögen, die im Wesentlichen auf
Grundstücke und Gebäude zurückgehen. „Offen“ bedeutet dabei, dass die Höhe der
auszugebenden Anteile nicht begrenzt ist. Bei einem „geschlossenen“ Fonds wird das
Zertifikatkapital zur Zeichnung durch einen (begrenzten) Anlegerkreis einmalig aufgelegt. Ihr
Nachteil gegenüber dem bisherigen Konkurrenzmodell der sog. Immobilien-AG besteht
darin, dass (offene wie geschlossene) Fonds nicht an der Börse gehandelt werden.
Immobilien-AGs unterliegen jedoch der allgemeinen Unternehmensbesteuerung, also
insbesondere der Körperschafts- und der Gewerbesteuer. Offene Immobilienfonds
unterliegen dieser nicht, soweit sie nur in einem bestimmten Umfang auf GrundstücksSondervermögen zurückgehen und wenn sie die Kriterien des 2003 verabschiedeten
Investment- bzw. Investmentmodernisierungsgesetzes erfüllen.
3
Viele versprechen sich durch die Einführung von REITs einen Gewinn für die internationale
Wettbewerbsfähigkeit des „Finanzplatz Deutschland“, der im Kern die Vorteile3 von offenen
und geschlossenen Immobilienfonds sowie Immobilien-AGs vereinen sollen:
ƒ
Eine wesentlich höhere Spezialisierung bei den Investitionen, z.B. auf bestimmte
Marktsegmente im Immobilienbereich.
ƒ
Eine ausschließliche Besteuerung beim Anleger und nicht bei der REITs-Gesellschaft.
ƒ
Bessere Verfügbarkeit und Handelbarkeit ähnlich einer Immobilien-AG und damit Vorteile
gegenüber offenen Immobilienfonds und deutliche Vorteile gegenüber geschlossenen
Fonds.
ƒ
Höhere Transparenz, z.B. im Hinblick auf die Werthaltigkeit, .durch die laufende
Bewertung der Anteile am Kapitalmarkt.
ƒ
Kontrolle durch den Kapitalmarkt durch hohe Ausschüttungsquoten von mindestens 90
Prozent.
Die Vorraussetzung für eine Zulassung von REITs in den USA sind, dass es sich um eine
ƒ
Organisation als Publikumsgesellschaft (mind. 100 Aktionäre, fünf Aktionäre dürfen
nicht mehr als 50 Prozent der Anteile halten)
ƒ
Anlageschwerpunkt bei Immobilien und Hypotheken (mind. 75 Prozent des
Anlagevermögens müssen in Immobilien oder Hypothekarkrediten investiert sein,
ebenso müssen 75 Prozent der Umsätze daraus erzielt werden) mit weigehender
Steuerbefreiung auf der Unternehmensebene
ƒ
Ausschüttung des allergrößten Teils ihrer Gewinne (mindestens 95 Prozent) an
die Anteilseigner, bei denen dann die Besteuerung erfolgen soll.
ƒ
Freie Handelbarkeit der Anteile.
In den USA gibt es drei Grundformen4 von REITs:
ƒ
Equity-REITs investieren überwiegend in Immobilien. Die Ausschüttungen kommen
überwiegend aus den Rückflüssen aus der Vermietung und aus
Veräußerungsgewinnen.
ƒ
Mortgage-REITs investieren dagegen weniger in Sachwerte als in Immobilienkredite.
Sie engagieren sich vornehmlich auf den Sekundärmärkten für
Immobilienfinanzierungen, indem sie Hypothekarkredite ankaufen oder in durch
Hypothekarkredite gedeckte Schuldverschreibungen investieren. Ihre
Ausschüttungen kommen überwiegend aus Zinserträgen und Handelsgewinnen.
ƒ
Hybrid REITs stellen eine Kombination aus Equity- und Mortgage-REITs dar.
3
Vergleiche Kofner, Stefan: REITs (Real Estate Investment Trusts), in: Wohnungswirtschaft und
Mietrecht (WM), 11-2005, S. 697 ff.
4
vergleiche Kofner, ebenda.
4
„Die Equity-REITs zeichnen sich durch einen hohen Spezialisierungsgrad aus. Die
objektbezogene Spezialisierung wurde in den USA so weit getrieben, dass bestimmte REITs
etwa nur in Gefängnisse oder ausschließlich in Hotels oder Pflegeimmobilien investieren.
Andere REITs zeichnen sich durch einen regionalen Spezialisierungsansatz aus. Sie
investieren nur in bestimmte Bundesstaaten oder mit Schwerpunkt auf Ballungsräume oder
Wachstumsregionen. Natürlich gibt es auch „Residential REITs“, die hauptsächlich in
Wohnimmobilien investieren.“5
In Deutschland soll der German-REIT (G-REIT) nach den Vorstellungen der Initiative
Finanzstandort Deutschland (IFD) eine börsennotierte Aktiengesellschaft sein, die auf der
Ebene der Gesellschaft keine Körperschaftssteuer zahlen soll, wenn bestimmte
Voraussetzungen vorliegen (z.B. Mindestanteil von Immobilien am Anlagevermögen von 75
Prozent; Mindestausschüttung von 90 Prozent). Die Ausschüttungen an die Anteilseigner
sollen bei diesen voll besteuert werden. Hier liegen die größten Probleme, da derzeit nicht
gewährleistet werden kann, dass bei ausländischen Anlegern tatsächlich eine vollständige
inländische Besteuerung möglich ist. Außerdem will die IFD noch eine Vielzahl zusätzlicher
steuerlicher Rosinen aus dem Kuchen picken, wenn die Umwandlung einer bestehenden
Kapitalgesellschaft in einen REIT ansteht (z.B. Verzicht auf
Grund und- Grunderwerbsteuer, auf die Gewerbesteuer, bevorzugte steuerliche Behandlung
aufgedeckter stiller Reserven).
III. Der Reiz der REITs
Der Reiz der REITs liegt insbesondere in der Börsennotierung und der damit leichteren
Handelbarkeit der REITs-Anteile, der Realisierung steuerlicher Vorteile auf der
Gesellschaftsebene z.B. auch durch steuerbegünstigte Aufdeckung stiller Reserven und den
Profiterwartungen auf dem deutschen Immobilien- und Mietenmarkt.
Zunächst hat das – mit Blick auf die in Unternehmensbilanzen enthaltenen Immobilien –
etwas mit den langfristig akkumulierten stillen Reserven deutscher Betriebsgrundstücke
zu tun. In den Bilanzen der deutschen Unternehmen sind nicht unerhebliche Werte
„verborgen“. In der Regel steht das Immobilienvermögen in den Unternehmensbilanzen mit
dem so genannten Buchwert, also dem Wert, der bei der Unternehmensgründung bzw. zum
Zeitpunkt der Anschaffung des Grundstücks in die Bilanz eingeführt wurde. Soweit das
5
Kofner, a.a.O., S. 698
5
Grundstück bebaut ist, reduziert sich der Bilanzwert darüber hinaus noch um
Abschreibungen. Gelänge es, diese „stillen Reserven“ möglichst steuerfrei aufzudecken,
würde das ein interessantes Objekt der Begierde für Finanzspekulanten, aber auch angesichts der „traditionellen“ Eigenkapitalschwäche deutscher Unternehmen - eine
durchaus interessante Finanzierungsperspektive für die Unternehmen selbst darstellen.
Ein weiterer „Reiz“ der REITs liegt in den Investitionsmöglichkeiten in den deutschen
Wohnungsmarkt. In Deutschland gibt es ein beachtliches nicht aus- und abgeschöpftes
Wertpotential. Es geht zurück auf eine solide, relativ gut erhaltene Bausubstanz, verknüpft
mit nur moderat ausgeschöpften Renditen. Das Mietniveau ist relativ niedrig.
Dementsprechend ergibt sich ein nicht unerhebliches Potential für Mieterhöhungen und dies
bei gleichzeitiger Unterbewertung der Wohnobjekte. Denn auch die Verkehrswertermittlung
von Immobilienobjekten orientiert sich am (oft steigerbaren) Jahresmietniveau. Zugleich ist
die Quote der Mieter unter den Wohnungsnutzern in Deutschland mit 57 Prozent hoch.
Diese Gemengelage ist für Anleger - wie etwa US-amerikanische Pensionsfonds - ein
„gefundenes Fressen“. Begünstigt wird das durch die massiven Umstrukturierungen der
deutschen Wohnungswirtschaft in der nächsten Zeit: Die (Miet-)Sozialbindung bei diversen
Wohnungsobjekten läuft innerhalb der nächsten fünf bis zehn Jahre aus und viele
Kommunen versuchen, ihren Wohnungsbestand zur Überwindung von Haushaltsengpässen
zu privatisieren.
Zu beiden Faktoren tritt eine Finanzmarktlage, die auf das Produkt REITs geradezu
gewartet zu haben scheint. Nach dem Platzen der „New-media-Blase“ zum
Jahrtausendwechsel, den dunklen Wolken, die am Himmel für offene Immobilienfonds
aufgetreten sind, bietet die Einführung von REITs dem Finanzmarkt eine zusätzliche
Revitalisierungsperspektive. Mit einem „neuen“ Produkt könnte verloren gegangenes
„Vertrauen“, das heißt Umsätze, zurück gewonnen werden. Banken, Fonds und
Versicherungen könnten aber auch eine exit-Strategie verfolgen. Risiken vergangener
Fehlinvestitionen oder unterbliebene Sanierungen der offenen Immobilienfonds könnten in
REITs versteckt und auf Kosten gutgläubiger Anleger „versilbert“ werden. Die allgemein
vermutete Wertbeständigkeit von Grundstücken unterstützt diese Markterwartung.
Schon diese „Reizauslöser“ werfen Fragen auf, mit denen geklärt werden kann, ob die
Einführung von REITs in Deutschland zum gegenwärtigen Zeitpunkt vernünftig und aus
sozialdemokratischer Sicht wünschenswert ist:
ƒ
Inwieweit bedarf der deutsche Immobilienmarkt einer Zufuhr von in- und
ausländischem Kapital, die nicht mit den bisher zur Verfügung stehenden
6
Instrumenten erreicht werden kann? Welche Vorteile entstehen daraus und für wen?
Welcher gesellschaftliche Gegenwert ist für einen „Tribut“ an vornehmlich
profitgetriebenen Investoren einzufordern?
ƒ
Mobilisieren REITs tatsächlich zusätzliche Investitionen? Reichen bisherige
Anlagemöglichkeiten nicht aus? Können Fehlinvestitionen der offenen
Immobilienfonds in REITs versteckt und auf Kosten gutgläubiger Anleger „versilbert“
werden?
ƒ
Inwieweit stärkt das Produkt REITs den Finanzmarkt Deutschland und trägt zur
Schaffung von Arbeitsplätzen bei? Beschränken sich die Wirkungen der Einführung
von REITs auf einen Einmal-Effekt?
ƒ
Was bedeutet die Einführung von REITs für die mit dem Wohnungsmarkt
verbundenen sozialen und gesellschaftlichen Entwicklungen?
ƒ
Können die Vorteile von REITs auch ohne neue Steuergeschenke nach geltendem
Recht realisiert werden? Inwieweit ist bei der Einführung von REITs ein steuerlicher
Impuls erforderlich bzw. dem Instrument immanent? Welche fiskalischen und
steuersystematischen Einbußen sind mit der Einführung von REITs absehbar?
IV. Der „Haken“ beim Erfolg des REITs-Projektes: Die steuerlichen Fragen
Die Vorteile des Investitionsobjekts REITs, nämlich eine gezielte Investition in bestimmte
Teilmärkte des Immobilienmarktes bei leichter Handelbarkeit an der Börse, können mit den
bereits vorhandenen Immobilien-AGs schon heute ohne große Probleme realisiert werden.
Auch offene und geschlossene Fonds bieten zahlreiche Vorteile für Investoren. Der
Kernpunkt bzw. der Haken der deutschen REITs wir erst deutlich, wenn man die
steuerpolitische Wunschliste der REITs-Propagandisten ansieht. Ausgehend von dem
Vorbild in den USA werden erhebliche (unternehmens-)steuerliche Privilegierungen ins Auge
gefasst, die miteinander verschränkt sind. REITs sind nichts anderes als Rosinen-Pickerei
aus den bisherigen Investmentmöglichkeiten im Immobilienbereich, verbunden mit einer
Rolle rückwärts in der Steuerpolitik der großen Koalition.
1.)
REITs sollen einerseits wie die Immobilien-AG börsennotierbar sein - andererseits aber wie
die offenen Investmentfonds von den Unternehmenssteuern befreit und obendrein zu einem
viel größeren Umfang auf Immobilien als Investmentvermögen zurückgehen dürfen, als dies
nach den Regeln des Investment- bzw. Investmentsteuergesetzes derzeit möglich ist. Durch
die Börsennotierbarkeit haben REITs gegenüber Fonds einen deutlichen Vorteil: Es muss
7
keine Liquidität für einen Rückkauf von Fondsanteilen bereitgehalten werden. Dies reguliert
der Finanzmarkt selbst: Rückkaufobligationen, zu denen Fonds verpflichtet wären, entfallen
angesichts der „Börsenregulierung“.
Die gewünschten Steuervorteile für REITs sind besonders pikant. Zum 01.01.2006 hat die
große Koalition ein „Steuerschlupfloch“ für geschlossene Fonds (Schiffs-, Windkraft-,
Filmfonds, usw.) beseitigt. Dem steuerlichen Fehlanreiz für (wirtschaftlich oft unsinnige)
Investitionen in diese Branchen, um durch die bisherigen hohen Verlustzuweisungen Steuern
zu sparen, ist durch die Einführung von § 15b EStG die Attraktivität genommen worden. Es
widerspricht steuerpolitischer und steuersystematischer Konsistenz, der Fonds-Branche
ein „neues“ Finanzmarktinstrument als Ersatz zukommen zu lassen. Deutsche REITs sollen
nun eine gerade erst gestopfte „Marktlücke“ füllen, d.h. die „Rosinen“ aus den
verschiedenen Produkte picken und gleichzeitig den kapitalkräftigen Anlegern, die über §
15b EStG ausgebremst werden, neue Steuersparmodelle eröffnen.
2.)
Die REITs-Propagandisten wollen ein Sondersteuerrecht gegenüber anderen Einkünften
aus Immobilien schaffen. Geplant ist eine Kombination aus Steuerfreiheit auf
Unternehmensebene und einer besonders hohen Ausschüttung von Gewinnen auf der
Anlegerseite, sie mit interessanten steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten für diese
einhergeht.
Mindestens 90% der Gewinne des REIT sollen ausgeschüttet und beim Anteilseigner voll
versteuert werden, um so REITs für Anleger (und den Fiskus) attraktiv zu machen. Das
Problem: Nur wenn der Fiskus das bei den Anteilseignern einnimmt, was er dem
„Unternehmen REIT“ vorher schenkt, wird das behauptete „Nullsummenspiel“ aufgehen.
Unternehmen und Anteilseigner müssten dazu gleichermaßen der deutschen Steuergewalt
unterliegen. Außerdem müsste die Anteilseignerbesteuerung, bezogen auf Deutschland,
über das bislang mit dem Halbeinkünfteverfahren vorgegebene Maß hinausgehen. Und dies
setzt ständige, in großem Umfang anfallende Gewinne der REITs voraus.
Der wesentliche Haken: Fallen die (theoretische) Steuerpflicht des REIT einerseits und des
Anteilseigners andererseits international auseinander, ist die steuerliche Zugriffsmöglichkeit
stark eingeschränkt, nicht zuletzt durch die derzeit bestehenden Bindungen der
Bundesrepublik an Doppelbesteuerungsabkommen (DBA). Im Ergebnis führt dies zu einem
beachtlichen steuermindernden Gestaltungspotential für die Anteilseigner. Warum?
8
Nicht in Deutschland ansässige Personen unterliegen nur beschränkt der deutschen
Steuergewalt.
Die beschränkte Steuerpflicht differenziert dabei nach Einkunftsarten: Soweit es sich um
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung handelt, greift Deutschland darauf via § 49 Abs.
1 Nr. 6 Einkommensteuergesetz (EStG) zu. Dieser Zugriff wird dadurch gefestigt, dass das
Besteuerungsrecht an solchen Einkünften nach dem so genannten OECD-Musterabkommen
(OECD-MA; das ist in der Regel das Vorbild für die deutschen
Doppelbesteuerungsabkommen mit anderen Staaten) normalerweise dem Staat zusteht, in
dem das Grundstück gelegen ist. Miet- und Pachterträge aus Grundstücken in Deutschland
wären ohne Anrechnung ausländischer Steuern nach Art. 6 OECD-MA in Deutschland zu
versteuern.
Etwas anderes gilt, wenn Erträge in Verbindung mit dem Grundstück anders qualifiziert
werden müssen. Dies kann der Fall sein, wenn das Grundstück in ein
Unternehmensvermögen eingebunden ist. Die sich insofern ergebenden Erträge könnten
dann als solche aus Kapitalvermögen (Dividenden, Zinsen) einzuordnen sein. Hier ist schon
der innerstaatlich geregelte Zugriff schwächer. Nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 EStG kann der
deutsche Fiskus zwar auf Einkünfte aus Kapitalvermögen zugreifen, davon sind jedoch
Erträge aus Investmentanteilen im Sinne des Investmentsteuergesetzes ausdrücklich
ausgenommen. Im Investmentwesen gibt es also nicht einmal den reduzierten Zugriff auf
Kapitalerträge beschränkt Steuerpflichtiger. Von der deutschen REITs-Branche-in-spe
wird dies augenscheinlich auch für ihr Instrument angestrebt.
Diese schwache Situation des deutschen Fiskus bei Kapitalerträgen findet sich im
OECD-Musterabkommen in Sachen Doppelbesteuerung wieder: Der Zugriff auf
Kapitalerträge ist dort „gemischt gelöst“. Das heißt, sowohl der Staat aus dem die
Kapitalerträge stammen, als auch der Staat, in dem der Steuerpflichtige „sitzt“, können auf
das Steuersubstrat zugreifen und regeln dann ergänzend, wer welche Steuern aus dem
jeweils anderen Staat anrechnet bzw. anderweitig berücksichtigt (Art. 11, 12 OECD-MA). Mit
anderen Worten: In derartigen Konstellationen würden auch Ausschüttungen aus einem
REIT steuerlich an Deutschland vorbei gehen.
Eine ähnliche Problematik entsteht, wenn der REIT in eine (internationale) Verschachtelung
von Unternehmen eingebunden wird und dessen Erträge wegen des so genannten
Dividendenprivilegs eine steuerliche Begünstigung erfahren. Die Anteilseignerversteuerung
würde sich erst über mehrere Staaten fortpflanzen und wäre deswegen noch schlechter
9
nachzuvollziehen, d.h. kaum kontrollierbar. Der Anleger in Deutschland wäre benachteiligt,
dem Transfer von Steuersubstrat über andere Länder wäre so Tür und Tor geöffnet.
Eine erste Bezifferung der aus dieser Gesamtschau für den Fiskus eintretenden Verluste
erscheint mit Blick auf die französische REITs- Einführung möglich: In Frankreich soll dem
Finanzminister nach einem positiven steuerlichen Effekt durch Aufdeckung stiller Reserven
nun jährlich ein Volumen von 2 Mrd. Euro fehlen6. Steuereinnahmen sollten durch die
Besteuerung mit dem halben Steuersatz auf die Aufdeckung sogenannter „stiller Reserven“
bei der Einbringung von Immobilien in REITs generiert werden (sog. Exit-Tax, die bis zum
31.12.07 läuft). Verlässliche Zahlen, ob der französische Fiskus tatsächlich darüber
relevante Mehreinnahmen generieren konnte, liegen bisher nicht vor.7
3.)
Angesichts dieser politisch längst als „problematisch“ erkannten Gemengelage diskutiert
die deutsche Finanzmarktbranche Lösungen, mit denen das am REITs-Anteilseigner
„klebende“ Steuersubstrat – unter „Umgehung“ der international- und
doppelbesteuerungsrechtlichen Lage – Deutschland in moderatem Umfang erhalten bleiben
kann. Schließlich bleibt der potentielle Umsatz mit REITs lukrativ und profitabel. Gesucht
wird mithin eine Lösung, mit der Ausschüttungen des REIT dem deutschen Fiskus
angemessen zugute kommen. Dazu gibt es verschiedene Ansätze:
Eine Lösung wäre denkbar über ein so genanntes treaty-overriding (ein über den Vertrag,
d.h. das DBA, „Hinwegreiten“), das derzeit in anderen Ausnahmekonstellationen ermöglicht
wird. Eine solche Regelung ist zwar innerstaatlich gültig und wird auch von deutschen
Behörden und Gerichten angewandt, sie ist allerdings eindeutig völkerrechtswidrig und
berechtigt den Vertragsstaat u.U. zur Kündigung eines DBA (auf die allein aufgrund der
aktuellen wirtschaftlichen Stärke der Bundesrepublik verzichtet wird). Da sich die
Anteilseigner nicht auf die Völkerrechtswidrigkeit eines treaty-overriding berufen können,
wird man bei dessen Implementierung von vornherein allerdings fragen dürfen, welche
Attraktivität eine REITs-Einführung (plus treaty-overriding) dann für ausländische Investoren
überhaupt noch haben dürfte.
Die Initiative Finanzstandort Deutschland (IFD) diskutiert daher zwei weitere
Konstruktionen, um eine den deutschen Fiskus halbwegs befriedigende Lösung
sicherzustellen. Mit dem sog. Einheitsmodell soll der Anteilseigner die Ausschüttung aus
6
Vgl. FTD vom 28.10.2005 – „Briten treten kräftig auf die Bremse“, weitaus niedrigere Steuerausfälle
will die Deutsche Bank errechnet haben (vgl. FAZ vom 24.01.06)
7
Vgl. Bericht des BMF zu REITs und offenen Immobilienfonds in Frankreich vom 14.02.06, Seite 2.
10
dem REIT als Ergebnis eines sich selbst gewährten Nießbrauchsrechtes erhalten, das dem
deutschen Fiskus einen (nicht näher erläuterten) Zugang zu den Erträgen ermöglichen soll.
Weil dies jedoch vor Gericht als Umgehung qualifiziert werden bzw. erhebliche zivilrechtliche
Probleme aufwerfen könnte, wird daneben ein sog. Trennungsmodell erörtert. Dabei sollen
die Immobilien eines REIT im Rahmen eines Treuhändermodells ausgegliedert werden: Der
Anteilseigner hätte dann Anteile am REIT und am aus Immobilien bestehenden
Treuhandvermögen. Erträge soll er aber nur aus dem treuhänderischen Immobilienbestand
bekommen, die mithin Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sein sollen. Aber auch
diese beiden Konstruktionen sind dem Einwand ausgesetzt, dass sie den Schlüsselreiz eines
deutschen REIT reduzieren. Die mit einer Auslandskonstruktion verbundenen Steuervorteile
würden „eingedampft“. Dementsprechend schlagen die Vertreter des Trennungsmodells
auch zugleich eine Quellenbesteuerung dieser Immobilienerträge mit zwanzig Prozent vor.
Nur so kann zumindest ein gewisser Steuervorteil gegenüber der synthetischen
Einkommensbesteuerung, also der üblichen Einkommensbesteuerung, bewahrt bleiben.
Unbenommen von diesen schwer verdaulichen Konstruktionen wird das Trennungsmodell
selbst in der Finanzmarktbranche angesichts seiner gegenüber Investoren schwerlich
kommunizierbaren Struktur abgelehnt8. Ferner behindere diese Struktur auch die den
Vorzug der REITs begründende Börsengängigkeit. Denn dort würde „nur“ der REITs-Anteil
gehandelt, die daneben konstruierte Beteiligung am Treuhandvermögen müsste aber in
einem zusätzlichen Verfahren rechtsverbindlich übertragen werden. Alles in allem offenbaren
sich hier nicht unerhebliche rechtlich-konstruktive Probleme.
Daneben bliebe als voraussichtlich letzte Möglichkeit, die Besteuerung sicherzustellen, eine
Kündigung sämtlicher Doppelbesteuerungsabkommen durch Deutschland. Das wäre
jedoch ein Lobbytribut, der seinesgleichen in der deutschen Steuerrechtsgeschichte sucht.
Genauso schwierig, aber im Sinne der Steuereinnahmen deutlich sinnvoller, wäre es, die
REITs-Frage zu einem Projekt europäischer Steuerharmonisierung zu machen.
Fazit: Im jedem Fall würde steuerpolitisch ein Sonderrecht für immobilienbezogene
Kapitalgesellschaften geschaffen. Das widerspricht den Plänen der großen Koalition, ein
rechtsformneutrales, vereinheitlichtes Unternehmenssteuerrecht zu schaffen. Das Problem,
die Anlegerbesteuerung durch den deutschen Fiskus auch bei ausländischen Anteilseignern
oder international tätigen Firmen zu gewährleisten, ist nicht gelöst und auch kaum in den
Griff zu bekommen. Steuerausfälle in Milliardenhöhe sind zu erwarten. Außerdem käme es
zu einer Rolle rückwärts in der Steuersystematik, weil die große Koalition rein steuerlich
8
Vgl. Handelsblatt vom 21.10.2005 -. „Investoren warnen vor Geburtsfehler der neuen ImmobilienAG“.
11
motivierte Investitionen, die ökonomisch aber zweifelhaft sind (wie bei den Film-, Schiffs- und
Windfonds), erst jüngst unterbunden hat.
4.)
Die REITs-Propagandisten haben noch weitere Steuergeschenke auf ihrem Speise-Zettel:
Die Befreiung von REITs auf der Unternehmensebene hat noch einen zusätzlichen,
spezifisch deutschen steuerpolitischen Sprengstoff. Dieser bezieht sich auf die
Gewerbesteuer. Eine steuerlich „systemkonforme“ Ausgestaltung von REITs, d.h. der
vollständige Verzicht auf die Besteuerung der Unternehmensebene, würde nämlich auch den
grundsätzlichen Verzicht auf die Gewerbesteuer bei REITs bedeuten (müssen). Nun gilt
dieses Privileg zwar bereits für die Erträge im Kontext des Investmentsteuergesetzes (vgl. §
11 InvestmStG), die Ausdehnung um den REITs-Faktor dürfte allerdings die Kommunen
massiv Geld kosten. Damit wird das Projekt „REITs-Einführung“ zu einem Mittel, die
Gewerbesteuer auszuhöhlen, unbenommen von den schon bestehenden
gewerbesteuerlichen Befreiungen wie z. B. für bestimmte immobilienbezogene
Vermögensmassen nach § 3 GewStG und anderen gewerbesteuerlichen
Immobilienprivilegien nach § 8 Nr. 7, 9 Nr. 1 GewStG.
5.)
Das gleiche Augenmerk ist auf die Grundsteuer und die Grunderwerbsteuer als wichtige
Steuereinnahmen für Städte und Gemeinden zu richten (der Ertrag der Grundsteuer steht
den Gemeinden, die Grunderwerbsteuer steht den Ländern zu). Beide Faktoren spielen bei
der Einbringung von Grundstücken in REITs eine erhebliche Rolle. Es dürfte sich von selbst
verstehen, dass die Branche versuchen wird, auch diese „Belastung“ im politischen Prozess
zu Lasten des Fiskus zu minimieren. So werden die „Einführungskosten“ der REITs gesenkt,
um das Produkt attraktiver erscheinen zu lassen.
Aus dem gleichen Grund wollen REITs-Propagandisten, dass der Fiskus bei Aufdeckung
der in Grundstücken ruhenden stillen Reserven deutlich niedriger besteuert. Würde die
SPD auf ein solches Ansinnen eingehen, wäre dies gleich doppelt gefährlich - zum einen
wegen des milliardenschweren Verzichts auf Steuereinnahmen (abgesehen vom
möglicherweise positiven Einmaleffekt) und der daraus resultierenden Nicht-Einhaltung der
Maastricht-Kriterien und zum anderen hätte ein Verzicht auf stille Reserven an dieser Stelle
des Besteuerungs- und Wirtschaftssystems Dammbruchqualitäten im Hinblick auf die aus
europäischen Gründen zu reformierende Wegzugsbesteuerung. Die Standortbindung
deutscher Unternehmen würde gelockert.
12
V. Effekte oder Effekthascherei? – Weitere relevante Aspekte bei einer REITsEinführung in Deutschland
Ein zwingendes öffentliches Interesse an REITs erscheint aufgrund der steuerlichen
Probleme alleine schon nicht erkennbar. Trotzdem muss nach den übrigen, insbesondere
volkswirtschaftlich Effekten des Instrumentes gefragt werden. Denn es ist auch unser
Interesse, den Standort, insbesondere den Finanzplatz Deutschland, so interessant wie
möglich zu gestalten.
1. Die Bedeutung von REITs für die deutsche Volkswirtschaft, insbesondere den deutschen
Arbeitsmarkt
Eine Kernfrage ist, ob durch REITs neue Arbeitsplätze am Finanzstandort Deutschland
entstehen. Die IFD argumentiert, ohne eine REIT-Gesetzgebung bestünde die Gefahr,
attraktive Arbeitsplätze im Immobilieninvestmentgeschäft an jene Standorte zu verlieren, die
eine solche Gesetzgebung haben. Überprüfbare Zahlen werden natürlich nicht angeboten.
Ob es einen so geannten First-Mover-Effekt gibt, darf bezweifelt werden, weil das JobPotential, das der „Markteinführer“ für dieses Finanzmarktinstrument für sich erschließen
kann, in Deutschland eher nicht erreicht werden dürfte. Aufgrund der Einführung von REITs
in anderen Mitgliedstaaten der EU gehört Deutschland nicht zu den „first movern“ in diesem
Segment. Daneben will man ein REITs-bedingtes Job-Potential im Zusammenhang mit der
Ansiedlung der Zentralen von REIT-Gesellschaften erkennen. Da die Gefahr besteht, dass
die Finanz-Manager ihr eigenes Jammern über vermeintlich zu hohe Arbeitskosten in
Deutschland selbst glauben, ist es wahrscheinlich, dass neue Arbeitsplätze nicht nach
Deutschland verlagert werden.
2. Die Konkurrenzlage als Argument: REITs in Europa
In der laufenden Diskussion werden REITs jedoch noch andere starke wirtschaftliche
Impulse zugeschrieben. Ausgangspunkt ist das Grundstücksvolumen, das auf REITs warte
und dessen Umgliederung an sich eine eigene wirtschaftliche Dynamik entfalte. Nach
Angaben der M. M. Warburg Bank9 wird das in Immobilien gebundene Vermögen in
Deutschland auf 3.000 Mrd. Euro geschätzt. Die Hälfte davon diene gewerblichen Zwecken.
Dabei sei der Anteil der im Eigentum der Unternehmen stehenden Immobilien mit 73 Prozent
in Deutschland ausgesprochen hoch (USA 25 Prozent, Großbritannien 54 Prozent). Bis 2010
13
könnten nach den Prognosen Immobilien im Wert zwischen 50 und 130 Mrd. Euro in REITs
eingebracht werden. Die hohe Liquiditätsreserve privater Anleger und das
Diversifizierungsinteresse von Versicherungen würden REITs eine breite Nachfrage im
Finanzmarkt sichern. REITs besäßen insbesondere die Möglichkeit, die Liquiditätsbasis
der deutschen Unternehmen zu verbessern. Dies biete insgesamt
Wachstumsperspektiven.
Dagegen spricht jedoch, dass Grundbesitz per se eine Liquiditätskomponente besitzt und die
Kreditwürdigkeit der Unternehmen (Basel II, Rating) verstärkt. Dazu braucht es nicht dessen
Versilberung in REITs. Die Auflösung von Grundbesitz zieht allerdings vermehrten
Mietaufwand nach sich. Dieser belastet das Betriebsergebnis. Je höher also die mit REITs
verbundene Erwartung ist, darüber höhere Renditen als über die bisherigen
Immobilienanlageformen erreichen zu können, umso stärker müssen Mieten steigen, umso
stärker wird der Druck sein, deswegen den Standort Deutschland zu verlassen. Schon aus
diesem Grund ist der behauptete wirtschaftliche Impuls durch REITs ausgesprochen
zweifelhaft.
REITs könnten per se zu leichteren Unternehmensverlagerungen führen. Dies hat das
Bundesministerium für Finanzen bislang verneint: Im Zentrum stand die Frage, inwieweit die
Bindung an ein Grundstück vor Ort von einer Standortverlagerung abhält. Unbeachtet bleibt,
dass wegen zu erleichternder Unternehmenszusammenschlüsse und -verlagerungen in
Europa (Stichworte: SEEG, Umsetzung EU-Fusionsrichtlinie, Reform der
Wegzugsbesteuerung) zumindest überlegt werden müsste, ob die Existenz von REITs in
anderen EU-Mitgliedstaaten (und deren zu gewährende „Gleichberechtigung“ in
Deutschland aufgrund des EU-Diskriminierungsverbotes) bei Verlagerungsüberlegungen
eine „nützliche“ Rolle spielen dürfte.
Immerhin: In Europa gibt es REITs bereits in Frankreich (dort bezeichnet als SIICs –
Sociétés d´Investiments Immobiliers Cotees, seit 2003), Italien (FII – Fondi di investimento,
seit 1994), Spanien, den Niederlanden (FBIs – Fiscale beleggingsinstelling, seit 1969) und
Belgien (SICAFs). Dabei handelt es sich aber nicht immer um dasselbe Konstrukt zu den
gleichen Bedingungen, wie dies die monolithische Begriffswahl nahe legen könnte. Die
Einführung von REITs ist in Großbritannien (PUT – Property Unit Trust) für den Sommer
2006 geplant, mittlerweile soll sie erheblichen Bedenken im Londoner Finanzministerium
begegnen10. Außerhalb Europas gibt es (in welcher Ausgestaltung auch immer) REITs in
Japan, Australien, Kanada, Hongkong, Singapur und Malaysia – und natürlich in ihrem
9
M.M. Warburg & Co Investment Research, Einführung von REITs in Deutschland, Hamburg Juli
2005.
10
Vgl. FTD vom 28.10.2005 – „Briten treten kräftig auf die Bremse…“
14
„Herkunftsland“ den USA. Vor diesem Hintergrund kann die Frage aufgeworfen werden, ob
die REITs-Existenz in anderen Mitgliedstaaten der EU einen deutschen „Widerstand“
gegen die nationale Einführung eines solchen Finanzmarktinstrumentes nicht wirkungslos
macht. Dies wäre allerdings – vorbehaltlich einer noch gründlicheren Prüfung dieses
Aspektes - ein belastbarer Grund für (irgendeine) Einführung von REITs in Deutschland.
Diese Argumentation greift erst recht, wenn (wie zum Ende der 15. Legislatur; Stichwort:
Entwurf zu § 3 Nr. 70 EStG) eine steuerprivilegierte Aufdeckung stiller Immobilienreserven
ohne REITs-Einführung umgesetzt würde. Denn mit der an eine solche Aufdeckung der
stillen Reserven anschließende Auslagerung in einen französischen, niederländischen, etc.
REIT wäre der Verlust wirtschaftlichen Substrats für Deutschland der gleiche wie bei der
Installation über einen deutschen REIT mit ausländischen Anlegern. Ob und inwieweit dieses
Argument allerdings politisch durchschlägt, hängt von der Abwägung aller Faktoren ab, die
REITs zur Folge haben könnten.
VI. Die Auswirkungen von REITs für den Wohnungsmarkt in Deutschland
Die Auswirkungen von REITs auf den deutschen Wohnungsmarkt sind von
entscheidender Bedeutung. Hier bestehen soziale Unterschiede zu anderen EUMitgliedsstaaten. Der volkswirtschaftliche Kontext von Immobilien ist in Deutschland ein
anderer als etwa in „my-home-is-my-castle“ Großbritannien“. Der Mieter-Anteil unter den
Wohnungsnutzern ist in Deutschland ausgesprochen hoch.
Drei Aspekte sind zu gewichten: (1.) Das deutsche Interesse an ausländischem
Kapitalzufluss für das hiesige Wohnungswesen, (2.) der Einfluss auf die
Privatisierungstendenzen der öffentlichen bzw. öffentlich geförderten Wohnungswirtschaft
sowie (3.) Auswirkungen auf vorhandene Sozialstrukturen.
1.
Gibt es für Deutschland einen volkswirtschaftlichen Anreiz durch REITs, weil damit
Liquidität aus dem Ausland für das Wohnungswesen hier zufließt? Bedarf es in
Deutschland eines solchen Mittelzuflusses? Und wem würde dies überhaupt nützen?
Angesichts eines regional zwar differenzierten, aber gleichwohl flächendeckenden
Leerstandes von Gewerbeimmobilien in Deutschland und dem gegenüber stehenden von München, Frankfurt und Hamburg einmal ausgenommenen- relativ gesättigten
Marktes im Bereich des Wohnungswesens darf man doch an der Notwendigkeit
„ausländischer Liquidität“ für den deutschen Immobilienmarkt zweifeln.
15
Seit der Einführung von REITs in anderen Ländern hat sich deren Marktvolumen überall
deutlich gesteigert. Der Umfang der Investitionen in Immobilienaktiengesellschaften wird
aber nicht allein durch die Etablierung von REITs bestimmt. So hat sich in den letzten zwei
Jahren die Marktkapitalisierung von deutschen Immobilienaktien im EPRA-Index von 500
Mio. auf über 3 Milliarden Euro versechsfacht – und das ohne REITs. Hier braucht es eine
weitergehende, vergleichende Untersuchung von REITs-Einführungen in anderen Ländern,
um diese Frage beurteilen zu können.
2.
Mit Blick auf die ohnehin laufenden strukturellen Veränderungen in der deutschen
Wohnungswirtschaft durch Privat Equity Fonds und andere wird man REITs per se keine
positive oder negative Wirkung zuschreiben können, sondern nur eine mehr oder weniger
große Verstärkung von ohnehin um sich greifenden Tendenzen. Die Diskussion um die
Einführung von REITs muss für die SPD Anlass sein, diese Entwicklungen kritisch zu
betrachten und unabhängig von der REITs-Einführung Korrekturelemente und
Begrenzungen gegen eine insgesamt bedenklich erscheinende Entwicklung erarbeiten.
Die staatlichen Einflussnahmemöglichkeiten auf das Wohnungswesen sind in
Deutschland vielfältiger Art: Sie reichen von der Gestaltung des privaten Mietrechts und
der damit verbundenen Rahmensetzung für mögliche Mietpreiserhöhungen bzw. für
Mietvertragskündigungen bis zur Standardsetzung durch das Bauordnungs-,
Bauplanungs- und Städtebaurecht oder seine Teilnahme am
Wohnungswirtschaftsverkehr durch soziale Wohnraumsubventionierung (Wohngeld,
soziale Wohnraumförderung), durch das Polizeirecht (Abwenden von Wohnungsnot zur
Bekämpfung von Gefahren für öffentliche Sicherheit und Ordnung) bzw. als Eigentümer bzw.
Bauherr von Wohnraum und als Akteur auf dem Immobilienmarkt. Nicht vergessen werden
dürfen natürlich auch die Einflussnahmen durch die Steuerpolitik, namentlich etwa
Grund- und Grunderwerbsteuer.
Die unterschiedlichen Komponenten stehen dabei nicht losgelöst nebeneinander, sondern
bedingen vielmehr ein den jeweiligen gesellschaftspolitischen Bedürfnissen angepasstes
Zusammenspiel. Mit REITs wird auf verschiedene Elemente dieses Zusammenspiels
zugegriffen. In besonderer Weise erfolgt ein „Zugriff“ auf die Rolle des Staates, d.h. speziell
der Kommunen, in ihrer Verantwortung als Wohnungseigentümer.
16
Der kommunale Wohnungssektor in Deutschland erlebt einen umfangreichen Umbau.
Der auf 21 Millionen Wohneinheiten geschätzte Bestand von Wohnimmobilien im Besitz
der öffentlichen Hand und öffentlicher Unternehmen ist das Ergebnis der
Wohnraumknappheit und des notwendigen Wiederaufbaus nach dem Zweiten Weltkrieg. Die
enorme gesellschaftliche Bedeutung vergegenwärtigt sich in der Gegenüberstellung zum
Gesamtwohnungsbestand in Deutschland: Angesichts von rund 39,4 Mio. Wohneinheiten
in Deutschland (31,6 Mio. in den alten, 7,8 Mio. in den neuen Bundesländern11) macht der
Besitz der öffentlichen Hand bzw. des durch die öffentliche Hand geförderten Bestandes
immer noch deutlich mehr als die Hälfte aus. Massive Knappheiten auf dem Wohnungsmarkt
sind beseitigt, vor allem wegen des umfangreichen kommunalen Engagements, gefördert mit
Mitteln des Bundes und der Länder. Jenseits regional begrenzter
Interventionsnotwendigkeiten, speziell mit Blick auf die Hebung der Bausubstanz etwa unter
ökologischen Gesichtspunkten, wird daher kein größerer Bedarf mehr gesehen, auf den
Wohnungsmärkten aktiv zu werden.
Vor dem Hintergrund kommunaler Haushaltsengpässe sind nun in den vergangenen Jahren
in großem Umfang Wohnungen aus dem öffentlichen Bestand privatisiert worden.
Spektakulär war im Juli 2004 der Zuschlag über die GAGFAH mit ihren rund 82.000
Wohnungen an das Investment-Unternehmen Fortress. Fortress bereitet den Börsengang
der GAGFAH für 2006/2007 vor. 138.000 Wohnungen der E.on (vormals Veba)Immobilientochter Viterra gingen im Mai 2005 für 7 Mrd. Euro an den britischen Fonds Terra
Firma und die US-Bank Citigroup. Ebenso aufmerksam wurde die Veräußerung von 65.000
Wohnungen der Berliner GSW an ein Konsortium aus dem Goldman-Sachs-Fond Whitehall
und der Private Equity-Firma Cerberus im Mai 2004 verfolgt. Cerberus hat darüber hinaus in
2005 sehr aktiv Wohnungen in Deutschland gekauft, zuletzt von der BGAG. Diese Verkäufe
sind in Berlin zuletzt in die Kritik geraten, weil Cerberus erhebliche Teile dieses Bestandes
aus Renditeinteressen weiterveräußert hat12. Für die Mieter ist es dabei nicht nur
unangenehm, alle halbe Jahre eine neue Wohnungsverwaltung „serviert“ zu bekommen.
Mittlerweile soll sich nach Veräußerungen gemeinnützig ausgerichteter
Wohnungsgesellschaften an Fonds das geltende Mietrecht als zu schwacher Schutzschild
gegenüber Mieterhöhungen erwiesen haben13. Das Interesse an der Wohnsubstanz besteht
nur insoweit als sie sich rentabel für die Käufer verwerten lässt. Allein 2004 wechselten rund
300.000 Wohnungen im Rahmen von Portfolioverkäufen den Besitzer. Der Trend, mit dem
11
Zahlen nach Deutsche Bank Research vom 03.05.2005 – „Wohnungsportfolios in Deutschland:
Weitere Verkäufe sind programmier“ und BMF.
12
Vgl. Berliner Zeitung vom 16.11.2005 („Der Staat und das Volkseigentum“) bzw. vom 12.10.2005
(„Ausverkauf bei der GSW“).
13
Vgl. tageszeitung vom 01.12.2005, „Dann packen wir eben wieder Kisten“.
17
im Wesentlichen US-amerikanische Opportunity Fonds auf dem deutschen Wohnungsmarkt
aktiv sind, ist ungebrochen. Von (internen) Seiten des BMF wurde der Hoffnung Ausdruck
verliehen, mit der Einführung von REITs könnten sich daneben deutsche WohnimmobilienREITs als neue deutsche Kapitalmarkt-Akteure etablieren. Demgegenüber wird ein
Deutsche-Bank-Analyst zitiert: „Die Mobilisierung von Wohnimmobilien bekäme durch
einen deutschen REIT zusätzlich Schwung“14 – offenbar unbenommen von der
„Bodenhaftung“ des Investors.
Im Hintergrund dieser Transaktionen steht – das ist mithin klar - das Investoreninteresse
nach einer soliden und zugleich rentablen Anlageform: Die Preise am deutschen
Wohnungsmarkt sind, wie ausgeführt, nicht überhitzt. Nachdem u.a. aus Sozialbindungen
folgende Verwertungsbeschränkungen auslaufen, bestehen gute Renditeaussichten.
Die Bausubstanz ist eher auf einem hohen Niveau. Im Übrigen sind Mieteinnahmen
staatlicherseits durch die Übernahme von Wohnkosten im Rahmen von Hartz IV in gewisser
Weise „garantiert“; das Ganze bei einer relativ hohen Quote an Mietern unter den
Wohnungsnutzern. Angesichts von nicht auszuschließenden „Crash“-Erwartungen für die
Immobilienmärkte in den USA, in Frankreich und in Großbritannien ist Deutschland eine
Oase.
Obendrein soll die Konstruktion des REIT – mit seiner Rechtsfähigkeit – das Potential bieten,
in den lukrativen PPP-Markt (Public Private Partnership) in Deutschland einzusteigen.
Schon jetzt sind optimale Konditionen für einen Einstieg in das deutsche Immobilienwesen
vorhanden. Die instrumentelle Ergänzung durch REITs ist nicht zwingend nötig bzw. rechtlich
heute schon möglich, allerdings ohne die geplanten Steuervorteile der REITs, die sie
besonders profitabel machen sollen.
Aus dem Blickwinkel der Wohnungsbaugesellschaften sind REITs in dieser Konstellation
möglicherweise auch attraktiv: Als Sammelstelle für „Geldgeber“ bieten sie u.U. die
(zweifelhafte) Chance, einer Veräußerung der Gesellschaft bzw. ihres Bestandes an einen
Fonds zuvorzukommen. Diese Chance kann sich aber im Verhältnis zur drohenden
Komplettveräußerung durchaus als Wahl zwischen Pest und Cholera herausstellen. Eine für
die Wohnungsgesellschaften attraktive REITs-Einführung müsste zudem eine weitere
Abfederung durch den Bundesfinanzminister enthalten: Viele Wohnungsgesellschaften
genießen Steuerprivilegien, die ihnen bei der Entlassung aus der Gemeinnützigkeit 1990
gewährt wurden. Soweit eine Umwandlung in einen REIT in Betracht gezogen würde,
14
Vgl. Reinhard Hönighaus, „Kaufrausch auf dem Wohnungsmarkt“, Immobilien-Sonderbeilage der
Financial Times Deutschland vom 26.05.2005.
18
müssten Ausschüttungen nachversteuert werden. Um eine echte Wettbewerbschance zu
vermitteln, würde wohl ein entsprechender Verzicht des Fiskus eingefordert. Für eine
politische Bewertung im Ganzen erscheint es sinnvoll, auch diese Steuerfrage beziffert zu
bekommen.
Von übergreifendem Gewicht ist angesichts dieser Gemengelage, wie sich die oben
beschriebenen und durch REITs verstärkten Tendenzen auf die vorhandenen
Sozialstrukturen auswirken. Es bedarf keiner prophetischen Gabe, um anzunehmen, dass
die mit den REITs-Renditeinteressen verbundenen Transaktionen zu einer weiteren
Separierung im Bestand zwischen „guten“ und „schlechten“ Immobilien der
Wohnungsbaugesellschaften führen könnten. Dementsprechend gefährdet sind aus
sozialdemokratischer Sicht sich über das Wohnungswesen spiegelnde
gesellschaftspolitische Ziele, eine möglichst vernünftige „soziale Durchmischung“ erreichen
zu wollen. Aus diesem Grund wird es wichtig sein, dass die Einnahmeerwartungen der
öffentlichen Hand durch REITs, ob nun in Form zusätzlicher Steuereinnahmen, Einnahmen
aus Vermögensveräußerungen bzw. durch Ablösung von mit den Wohnungsgesellschaften
verbundenen Verbindlichkeiten, abgewogen werden auch mit Hinblick auf jene Kosten, die
die öffentliche Hand in der Folge einer weiteren sozialen Segregation durch
Wohnungsprivatisierung zu tragen hat. Hier wäre es z.B. sehr interessant zu erfahren, ob
und inwiefern Wohnraumveräußerungen in Frankreich an bzw. unter Zuhilfenahme von
REITs zu Tendenzen geführt haben, die die deutsche Politik beispielsweise mit Programmen
zur „sozialen Stadt“ auffangen will. Finanzpolitisch kann man nur darauf hinweisen, dass
REITs aller Voraussicht nach wie ein Katalysator einer ohnehin laufenden Entwicklung
wirken dürften. Hier brauchen wir besonders genaue Analysen und Bewertungen, um das
Ziel sozialdemokratischen Wohnungsbaupolitik, bezahlbaren Wohnraum für alle zu
schaffen, nicht selbst auszuhebeln.
VII. REITs – Bedingungen für die Einführung sind nicht erfüllt
Die Risiken und Gefahren der Einführung von REITs sind im Koalitionsvertrag bereits
angesprochen: „Produktinnovationen und neue Vertriebswege müssen nachdrücklich
unterstützt werden. Dazu wollen wir die Rahmenbedingungen für neue Anlageklassen in
Deutschland schaffen. Hierzu gehören:
- Die Einführung von Real Estate Investment Trusts (Reits) unter der Bedingung, dass die
verlässliche Besteuerung beim Anleger sichergestellt wird und positive Wirkungen auf
Immobilienmarkt und Standortbedingungen zu erwarten sind. (…)“.
19
Auf Drängen der SPD wurde der entsprechende Passus mit den Bedingungen
aufgenommen, die erfüllt sein müssen, bevor REITs auf den Weg gebracht werden - die
verlässliche Besteuerung der REITs, sowie positive Wirkungen auf den Immobilienmarkt in
Deutschland und auf die Standortbedingungen.
In Frankreich kam es durch die Einführung von REITs zu jährlichen Steuerausfällen von 2
Milliarden Euro. In Großbritannien ist von der ursprünglichen Euphorie bezüglich der
Einführung von REITs nicht mehr viel übrig geblieben, weil die Probleme und Nachteile zu
gravierend erscheinen. In Deutschland ist eine deutliche Verkomplizierung des Steuerrechts
zu erwarten, massive Steuerausfälle drohen, auch die Kommunen müssen um
Gewerbesteuer- und Grundsteuereinnahmen fürchten, wenn die Protagonisten der REITs
ihre Vorstellungen in die Tat umsetzen können, ganz zu schweigen von den Auswirkungen
auf den Mietwohnungsmarkt, der alleine schon die Profitgelüste des internationalen
Finanzkapitals geweckt hat.
Solange die steuerpolitischen, haushalterischen und gesellschaftspolitischen Schwierigkeiten
und Gefahren nicht verlässlich ausgeräumt werden können, ist die Einführung von REITs in
Deutschland mit den Festlegungen der großen Koalition nicht vereinbar. Trotzdem wollen die
Fachpolitiker der großen Koalition bis zum Herbst klären, ob REITs dennoch eingeführt
werden könnten. Viele Lobbyisten drängen auf eine schnellere Entscheidung. Sollte die
große Koalition die Einführung von REITs als Finanzmarktinstrument in die Tat umsetzen
wollen, dann dürfen damit keine steuerlichen Privilegien geschaffen werden. Der deutsche
Immobilienmarkt dürfte durchaus ausreichende Perspektiven bieten, um REITs ggf. ohne
steuerliche Förderung zu installieren. Darüber hinaus muss die begleitende Gesetzgebung in
einem bislang noch nicht vollständig bekannten Umfang Regulierungen umfassen, die eine
sozial vernünftige Begleitung der damit verbundenen wirtschafts- und wohnungspolitischen
Fragen sicherstellt.
Wir brauchen Zeit und eine breite Debatte über die Folgen der REITs-Einführung, nicht nur
unter Finanzmarkt-Experten, sondern auch mit Mietervereinen,
Wohnungsbaugenossenschaften, den Kommunen und all denen, die auch kein Interesse
daran haben, den Speise-Zettel für das weltweit agierende Finanzkapital noch attraktiver zu
machen.
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