Careum Working Paper 4 (deutsch)

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Careum Working Paper 4 (deutsch)
careum
working paper
4
Gesundheit global?
Perspektiven und Thesen zum
grenzüberschreitenden Wettbewerb um
Patienten und die Zukunft des
Medizinal- und Wellness-Tourismus
Stephan Sigrist & Sophie Fenner
Zürich & London
W.I.R.E.
[Web for Interdisciplinary Research & Expertise]
Think Tank der Bank Sarasin und
des Collegium Helveticum von ETH und Universität Zürich
W.I.R.E.
WEB FOR INTERDISCIPLINARY RESEARCH & EXPERTISE
—
Wirtschaft | Gesellschaft | Life Science
Think Tank der Bank Sarasin & Cie AG
und des Collegium Helveticum von ETH und Universität Zürich
2009
Careum
Pestalozzistrasse 3
CH-8032 Zürich
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www.careum.ch
Impressum
Herausgeberin/Konzept: Careum
Inhalt:
Stephan Sigrist & Sophie Fenner
Zürich & London
W.I.R.E., Web for Interdisciplinary Research & Expertise
www.thewire.ch
Gestaltung:
Agentur Frontal AG, Willisau
Produktion:
Careum Verlag
«Gesundheit global?»
Perspektiven und Thesen zum grenzüberschreitenden
Wettbewerb um Patienten und die
Zukunft des Medizinal- und Wellness-Tourismus
Stephan Sigrist & Sophie Fenner
W.I.R.E, Zürich & London
Zusammenfassung
Mit der zunehmenden Globalisierung des Gesundheitsmarktes wächst das Leistungsangebot
im Gesundheitstourismus kontinuierlich. Medizinaltouristen strömen von Industrieländern
in Schwellenländer, um gute Qualität zu niedrigen Preisen zu erhalten oder von Entwicklungsländern in Industrieländer, wo sie Behandlungen von höherer Qualität suchen. In der Schweiz
schätzt man die Medizinaltouristen auf 30‘000 Patienten jährlich. Der Wellnesstourismus besteht
hauptsächlich aus Heimaturlaub. Man geht in der Schweiz von 1,3 bis 1,5 Mio Übernachtungen
pro Jahr aus. Einen typischen Medizinaltouristen gibt es eigentlich nicht. Alle sind auf der Suche
nach modernster Technologie und hoher Qualität und wollen vermehrt selbst über den Verlauf
ihrer Gesundheit entscheiden. Das Wellnessgeschäft wird vor allem von weiblicher Kundschaft
mit einem Durchschnittsalter von 45 Jahren und einem höheren Nettohaushaltseinkommen geprägt. Internationale Topdestinationen sind nicht bekannt. Der europäische Alpenraum ist aber
mit Deutschland, Österreich, Frankreich und der Schweiz sicherlich einer der Hauptanbieter. Die
Schweiz gilt als Best Practice Beispiel, da sie es geschafft hat, Wellness in die Tourismus- und Gesundheitsmarke «Schweiz» zu integrieren. Im Medizinaltourismus sind alle Kontinente mit einer
Topdestination vertreten. Allerdings ist keines der westlichen Industrieländer als Lieblingsdestination aufgeführt. Brasilien, Dubai, Indien, Malaysia, Singapur, Südafrika und Thailand gelten als
Topplayer. Der Zugang zu modernster Technologie, hohe Qualität, tiefe Preise, stabile Wechselkurse, geringe Reisedistanzen und einfache Einreisebestimmungen gelten als Erfolgsfaktoren.
Auch im Wellnesstourismus sind hohe Qualitätsstandards, modernste Infrastruktur und professionell ausgebildete Mitarbeiter die wichtigsten Erfolgskriterien.
Die Zukunft des Gesundheitstourismus wird von der zunehmenden Globalisierung, dem demographischen Wandel, dem Fortschritt in der biomedizinischen Forschung, einem veränderten Lebensstil und der Logik der Konsumgütermärkte geprägt sein. Es wird neue internationale
Anbieter geben und neue Nachfragestrukturen und Formen des Zusammenlebens werden sich
entwickeln. Auch wenn alle diese Veränderungen ein grosses Wachstumspotential im Gesundheitstourismus versprechen, muss diese Entwicklung differenziert betrachtet werden. Ohne
international vergleichbare Qualitätsrichtlinien und radikaler Transparenz hat der Markt keine
Chance. Eine genauere Betrachtung der Zahlen zeigt, dass der betroffene Markt kleiner ist als erwartet. Auch ist der Gesundheitsmarkt nur bedingt vergleichbar mit dem Konsummarkt. Gesundheitssysteme sind aufgrund der staatlichen Regulierungen keine freien Märkte und das Mündigkeitskonzept der Patienten funktioniert im schweren Krankheitsfall nicht. Gesellschaftliche und
ethische Spannungsfelder des globalen Gesundheitstourismus verschärfen die Angst vor einer
Zwei-Klassen-Medizin und bei Krankheit zeigt sich der Wunsch nach Nähe und gewohnten, lokalen Einrichtungen. Es ist davon auszugehen, dass Anbieter im Westen aufgrund der hohen Preise
und einer guten Infrastruktur vor Ort eher in Nischenbereichen vom Medizinaltourismus profitieren können, während die grösseren Behandlungsvolumen durch Schwellenländer abgedeckt
werden.
1
1.
2
Eine neue Ära
Mit der fortschreitenden Ökonomisierung der Gesundheitssysteme in den Industrieländern verändern sich zahlreiche grundlegende Mechanismen. Eine
wachsende Zahl von Leistungsfeldern des Gesundheitswesens werden durch
wettbewerbsorientierte Strukturen geregelt: ehemals öffentliche Spitäler werden durch Unternehmen betrieben, die Forderung nach Transparenz und quantitativen Leistungsvergleichen wächst, Patienten wollen vermehrt bei Gesundheitsentscheiden mitbestimmen oder werden gar zu Konsumenten. Als Folge
dieser neuen Grundlagen werden Gesundheitssysteme rund um die Welt, mit
einigen Jahrzehnten Verzögerung auf die Industrie und die Konsumgüterbranche, globalisiert. Immer mehr medizinische Leistungen werden international angeboten und nachgefragt: England sendet Patienten aufgrund von Kapazitätsengpässen für chirurgische Eingriffe nach Indien, in Asien oder dem Nahen
Osten entstehen Luxuskliniken mit westlichen Qualitätsstandards zu Discountpreisen und in Europa wird man vielleicht schon bald den bevorzugten Arzt aus
einem beliebigen EU-Land auswählen und über die Krankenkasse in der Heimat
abrechnen können.
So liegt es nahe, Zukunft der heute nationalen Gesundheitssysteme auf den
Analogien der etablierten globalisierten Märkte neu zu denken. Die Vorteile für
Anbieter und Patienten erscheinen offenkundig: Für Leistungserbringer wie
Ärzte oder Spitäler eröffnen sich neue «Märkte» durch eine neue Generation von
mobilen und mündigen Patienten. Diese wiederum profitieren von der Möglichkeit, Leistungen global zu vergleichen und zu beziehen. Der entstehende globale Wettbewerb führt einerseits zu einer Effizienzsteigerung und andererseits zu
einer Ausrichtung an Qualität und neuen Differenzierungsmerkmalen. Neben
den krankheitsorientierten Angeboten von Spitälern verheissen Experten und
Trendforscher viel versprechende neue Märkte im Bereich von Gesundheitsund Wellnesstourismus, die sich parallel oder komplementär zur globalen Medizin entwickeln und dabei viel versprechende Wachstumsraten für Tourismusanbieter, die Hotellerie und auch die Schönheits- und Lifestyleorientierte Medizin
eröffnen.
Die globale Gesundheit liegt im Trend und scheint zu einem ernst zu nehmenden Faktor für die Gesundheitssysteme der nächsten Jahrzehnte zu werden.
Doch gerade angesichts dieser Dynamik gilt es, die zentralen Triebkräfte hinter
diesen neuen Märkten für Gesundheit und Krankheit zu analysieren und die damit verbundenen Chancen und Risiken zu bestimmen. So stellen sich einerseits
Fragen nach der echten Relevanz dieser neuen Märkte, den geographischen
«Hot Spots» für Prävention und Krankheitsbehandlung, den Anbietern und Patienten von morgen, aber auch nach den notwendigen Massnahmen für Akteure
aus Medizin, Wirtschaft und Politik, um Chancen zu nutzen und die Qualität in
der Gesundheitsversorgung zu erhöhen.
Hierfür werfen wir zunächst einen Blick auf den heutigen Stand des Medizinalund Wellnesstourismus. Auf Grundlage einer Zusammenstellung von relevanten
Triebkräften der Veränderung wird ferner ein Bild eines möglichen globalen
Gesundheitssystems gezeichnet. Auf Grundlage der wesentlichen Erkenntnisse
dieser Analyse werden zum Schluss übergreifende Thesen formuliert, die sich
konstruktiv und kritisch mit der Globalisierung der Prävention und der Krankheitsversorgung auseinandersetzen.
3
2.
4
Was sie schon immer über den Medizinalund Wellnesstourismus wissen wollten
Der Gesundheitsmarkt muss heute differenziert betrachtet werden. Neben dem
klassischen, heilungsorientierten Gesundheitsmarkt, den wir treffender «Krankheitsmarkt» nennen, entsteht ein neuer Markt für Produkte und Dienstleistungen, die Prävention und die Erhaltung von Gesundheit zum Ziel haben. Dieser
Markt basiert auf anderen Mechanismen, was das Verhalten der Patienten bzw.
Konsumenten, die Technologie und die Finanzierung anbelangt. Während der
Krankheitsmarkt meist stark reglementiert ist, stehen die neuen Gesundheitsangebote in einem freien Markt.
Auch hinsichtlich des globalen Gesundheitsmarkts gilt es, zwischen dem Medizinal- und dem Gesundheitstourismus zu unterscheiden. Diese Märkte unterliegen unterschiedlichen Finanzierungsmechanismen und werden durch andere
Anbieter und Nachfrager geprägt.
Der so genannte Medizinaltourismus umfasst die Inanspruchnahme ärztlicher
Behandlungen und Operationen ausserhalb des eigenen Landes, wobei der Aufenthalt im Zielland die Dauer eines Urlaubs meist nicht übersteigt. Entsprechende
medizinische Leistungen werden einerseits für die Behandlung von krankheitsbedingten Leiden, andererseits im Bereich der plastischen Chirurgie auch für
Schönheit in Anspruch genommen. Der Wellnesstourismus auf der anderen Seite wird als Reise und Aufenthalt zur Erhaltung oder Förderung der Gesundheit
verstanden. Im Vordergrund stehen nicht die Behandlung einer bestehenden
Krankheit oder die Vorbeugung, sondern ein Urlaub, in dem man sich körperlich
und seelisch entspannt, sich gleichzeitig regeneriert und Kraft tankt.
Mit der breiteren Definition von Gesundheit, die neben der körperlichen Ebene
auch die psychische und die soziale Dimension umfasst, wird eine grundsätzliche Abgrenzung schwierig, da die Behandlung von Krankheit und Prävention
Der Gesundheitstourismus
konvergieren. So kann das Segment der plastischen Chirurgie dem gesund-
wird durch die Nutzer –
heitsorientierten wie dem krankheitsorientierten Segment zugeordnet werden.
kranke und gesunde
Abbildung 1 zeigt einen Segmentierungsansatz aus der Literatur.
Individuen – segmentiert
Segmentierung des Gesundheitstourismus nach Anbietern
Gesundheitstourismus
Für gesunde Individuen
Für kranke Individuen
Tourismus zum gesunden Ich
Wellness
Beauty/Kosmetik
Therme/Sauna
SPA
Fitness
u.a.
Kur- und Rehabilitationstourismus
Therapeutische Ansätze
Ayurveda
TCM
Anti-Stress
Ernährung
Entwöhnung
u.a.
Medizinische Leistungen
Balneologie
Allergologie
Geriatrie
Orthopädie/Chiropraktik
Sportmedizin
u.a.
Abbildung 1: Systematik des heutigen Gesundheitstourismus (Quelle: [ROMEIß-STRACKE01], S.16)
2.1 Globale Gesundheit auf dem Vormarsch
5
Die Anzahl der global angebotenen medizinischen und gesundheitsfördernden Behandlungen wächst kontinuierlich. Im Medizinalbereich sind besonders
zahnärztliche, orthopädische sowie kardiovaskuläre Behandlungen gefragt.
Eine aktuelle Studie der McKinsey Berater 1 offenbart den bereits existierenden
globalen Charakter der Medizin anhand einer Zusammenstellung von weltweiten Patientenströmen.
Der globale Medizinal-
Patienten bereisen heute sowohl wirtschaftsstarke als auch schwächere Natio-
tourismus-Markt beträgt
nen jedes Kontinents um medizinische Leistungen in Anspruch zu nehmen. Üb-
60 Milliarden Dollar
licherweise erfolgen die Ströme von den Industrieländern in Schwellenländer,
wo Patienten gute Qualität zu niedrigen Preisen bekommen, aber auch von den
Entwicklungsländern in die Industrieländer, wo die Patienten die Behandlungen
von höherer Qualität suchen. Ein Bericht von Deloitte 2 schätzt den globalen Me-
Der Medizinaltourismus ist
bereits ein globales Phänomen
dizinaltourismus Markt auf jährlich 60 Milliarden US Dollar, wobei über 35 Länder ungefähr eine Million Medizinaltouristen behandeln.
Übersicht zu den globalen Patientenströmen
10%
33%
45%
27%
6%
39%
North America
1%
Europe
2%
5%
8%
26%
13%
32%
Middle East
93%
58%
87%
2%
4%
Africa
Latin America
12%
Asia
1%
>99%
95%
1%
Oceania
<1%
Medical travelers by point of origin
Africa
Europe
Middle East
Asia
Latin America
North America
Oceania
Abbildung 2: Medizintouristen und ihre Ausgangspunkte (Quelle: [McKin08], S. 5)
vgl. McKin08, S. 5
vgl. Deloi08, S. 7
1
2
6
Auch in der Schweiz hat sich ein entsprechender Markt im Bereich des Medi-
In der Schweiz lassen sich
zinaltourismus entwickelt. Swiss Health, ein von der Osec und Schweiz Touris-
pro Jahr 30‘000 Personen
mus gegründeter Verein zur Vermarktung der Gesundheitsdestination Schweiz,
behandeln.
schätzt, dass sich in der Schweiz pro Jahr rund 30‘000 Personen behandeln lassen. Dies generiert rund CHF 3 bis 5 Milliarden Umsatz pro Jahr in der Schweiz.
Andere Quellen gehen allerdings von tieferen Umsätzen aus. Zudem gehen Experten im Vergleich zu früheren Patientenzahlen von einer stagnierenden oder
teilweise gar rückläufigen Entwicklung aus. 3 Allerdings dürfen diese bestehen-
Genaue Datenerhebungen
den Schätzungen der Patientenströme und -zahlen nicht darüber hinwegtäu-
fehlen weitgehend
schen, dass genaue Datenerhebungen nach wie vor sehr schwierig sind und
weitgehend fehlen.
Im Wellnesstourismus gehören Kurhotels, Schwimmbäder, Massagen und esoterische Einrichtungen zu den beliebten Angeboten. Wellness- oder Regenerationsangebote wie Massagen, Saunabesuche oder Thermalbäder erfreuen sich
dabei einer hohen Beliebtheit. Eine Bevölkerungsbefragung in Deutschland
zeigte beispielsweise, dass die Hälfte der Befragten mindestens schon eine Massage erhalten haben und 20% der Bevölkerung bereits einmal zur Kur gefahren
ist.
Bevölkerungsbefragung über Wellnesserfahrungen in Deutschland
49,4 % der Deutschen
Bevölkerung hat schon
Wellness-Leistungen in
Massage
41.3
Dampfbad/Sauna
35.0
Thermalbad/Therme
33.2
Solarium
26.2
«Wohlfühlprogramm» für zu Hause
22.8
Besuch bei Kosmetikerin
15.8
Kur
18.9
10
Wellness-Studio, Spa
Beautyfarm, Schönheitsfarm
Basis: Gesamtbevölkerung ab 14 Jahre
Quelle: TdW 2008 / Potenzial: 64,82 Mio.
4.8
0.7
8.1
11.2
5.7
8.6
11.7
5.7
2.2
1.6
49.4
46.2
38.9
34.8
34.5
21.5
21.1
11.6
5.5
Habe ich schon mal probiert
Mache ich häufig/regelmässig
Abbildung 3: Nutzung von Wellnessangeboten in Deutschland (in %) (Quelle: [FocMdG07], S. 25)
GDIZdG06
3
Anspruch genommen
3.5 % der Schweizer
Der Wellnessurlaub bleibt allerdings Heimaturlaub. Gemäss dem Deutschen
Übernachtungen sollen dem
Wellness Verband finden drei von vier Wellnessreisen im Inland statt. Zu den
Wellnesstourismus gelten
Europäischen Wellnessdestinationen gehören die Schweiz, Deutschland, Österreich und Norditalien. Eine Abschätzung des Marktvolumens ist allerdings auch
in diesem Markt wegen fehlender Daten kaum möglich. Eine Schweizer Studie 4
schätzt, dass jährlich ca. 1,3 – 1,5 Mio. von total ca. 37 Millionen Übernachtungen
dem Wellnesstourismus gelten – also rund 3.5 Prozent. Der jährliche Umsatz für
Wellnessreisen beläuft sich demgemäss auf ca. CHF 300 Mio. Eine aktuelle Studie über Netzwerke im Schweizer Gesundheitssystem des Think Tanks W.I.R.E.
hat bei einer Befragung aller wichtigen Akteure allerdings gezeigt, dass viele
Hotels und insbesondere Reisebüros nur einen indirekten Bezug zum Gesundheitsmarkt sehen 5 . So zeigt sich letztlich auch im Bereich des präventionsorientierten Tourismus, dass die Einschätzung von Trendforschern und den Strategen
von Konzernen mit der Sicht des alltagsnahen Vertriebs weitgehend divergieren.
2.2 Der globale Patient
Trotz oder gerade aufgrund der wachsenden Zahl der medizinischen und gesundheitsorientierten Nachfragern gibt es ein breites Spektrum von Nachfragern im globalen Gesundheitsmarkt. Den charakteristischen Medizinaltouristen
gibt es nicht. Die Masse der Nachfrager von globalen Angeboten für Gesundheit
oder die Heilung von Krankheit besteht sowohl aus Einzelpatienten, als auch
aus Patientengruppen, aus kranken als auch gesunden Menschen und aus Privatzahlern als auch aus Kassenpatienten.
Gemäss den Autoren Milica und Karla Bookman6 können Gesundheitstouristen aufgrund ihres Einkommens segmentiert werden. Zum einen umfasst dies
reiche Patienten, die luxuriöse Hotels und Kliniken für ihren Aufenthalt aussuchen und medizinische Leistungen auf dem höchsten Qualitäts- und Preisniveau nachfragen (luxury medicine). Zum anderen die weniger wohlhabenden
Patienten, die günstige medizinische Basisleistungen in der nächst gelegenen Einrichtung hinter der Grenze nachfragen (border medicine). Insbesondere erstere,
also sehr wohlhabende Individuen, werden von aktuellen Studien immer wieder als attraktive Zielgruppe genannt, da diese insbesondere Länder wie die
Schweiz – durch die Synergien mit Banken und den hochwertigen Dienstleistungen – als Medizinal- und Wellnessdestinationen wählen.
Ferner ist eine Differenzierung auch aufgrund der Motive, die die Menschen zu
einer Behandlung im Ausland bewegen möglich und umfasst mehrere relevante
Gruppen (nachfolgende Seite):
siehe ELKauf02, S. 4
siehe WIRECol09
6
vgl. Book07, S.48
4
5
7
8
1)Patienten, die für medizinische Eingriffe in nahe gelegene Nachbarländer
reisen, weil die Entfernung geringer ist als zu der Klinik im Inland.
2)Wartelisten-Patienten, denen die Wartezeit auf ihre Behandlung im Heimatland zu lange dauert.
3)Patienten, deren gewünschte Behandlung im Heimatland nicht angeboten
wird.
4)Patienten, denen die Kosten des medizinischen Eingriffs im Heimatland zu
hoch sind und nach einer günstigeren Behandlung im Ausland suchen.
5)Patienten, die eine Geschäfts- oder Privatreise antreten und währenddessen
medizinische Dienstleistungen nachfragen wollen oder dies spontan vor Ort
tun.
6)Im Ausland lebende Menschen (Expats), die ärztliche Hilfe in ihrem ursprünglichen Heimatland nutzen wollen.
7)Patienten, die aufgrund von Gesetzen oder moralischen Aspekten im wohnhaften Land spezielle Eingriffe, wie z. B. Abtreibungen, nur im Ausland nachfragen können.
Die US-Studie von McKinsey 7 geht davon aus, dass Qualität das Hauptentscheidungsmerkmal im Medizinaltourismus ist und hat die wichtigsten Motive identifiziert.
Übersicht zu den wichtigsten Motiven für medizinische Behandlungen im Ausland
Modernste Technologie
und hohe Qualität locken
Patienten ins Ausland
Lower-cost care for
discretionary procedures
Lower-cost care for
medically necessary
procedures
4%
9%
Quicker access for medically
necessary procedures
15%
40%
32%
Better-quality care for medically
necessary procedures
Abbildung 4: Medizinaltouristen-Segmente (Quelle: [McKin08], S.4)
vgl. McKin08, S.4
7
Most advanced
technology
1) Modernste Technologie
Das grösste Segment (40%) besteht aus Touristen, die sich auf die Suche nach
der modernsten und führenden Technologie machen. Dabei lassen sich solche
Patienten nicht von Reisedistanz und Kosten beeinflussen. Die USA gilt in diesem Segment als beliebteste Destination.
2) Hohe Qualität
Die zweitgrösste Gruppe (32%) nimmt für eine bessere Behandlungsqualität
medizinischer Leistungen eine grössere Reisedistanz, höhere Kosten und fremde Kulturen vor Ort in Kauf.
3) Geringe Wartezeit
15% der Medizinaltouristen reisen aufgrund verkürzter Wartezeiten in andere
Länder. Die Zahl dieses Typs Touristen hängt von den Kapazitäten und Infrastrukturen in den Heimatländern ab.
4) Tiefe Kosten für ärztlich notwendige Behandlungen
9% der Reisenden suchen für ärztlich notwendige Behandlungen Einrichtungen
mit tieferen Kosten. Dieses Segment verfügt über das grösste Wachstumspotential.
5) Tiefe Kosten für beliebige Behandlungen
Patienten, die aufgrund der tiefen Kosten für beliebige Behandlungen wie kosmetische Eingriffe ins Ausland verreisen, stammen grösstenteils aus Industrieländern, meist aus den USA.
Der Patient entscheidet
So unterschiedlich diese Patientengruppen erscheinen, sie haben dennoch alle
immer häufiger selbst über seine
ein Merkmal gemeinsam, nämlich die Mündigkeit. Der Term des «mündigen Pa-
eigene Gesundheit
tienten» verdeutlicht den wachsenden Wunsch, die Verantwortung über die eigene Gesundheit selbst wahrzunehmen, den Arzt allein auszuwählen und sich
vorab durch Laien- und Fachpresse im Internet über seinen Krankheitszustand
und die möglichen Behandlungsmethoden zu informieren.
Beim Wellnesstourismus zeichnen sich die Merkmale des «Kunden» wesentlich
deutlicher ab. Typische Nachfrager von Wellness-Angeboten sind vielfach Menschen in der zweiten Lebenshälfte, deren Kinder zumeist erwachsen und selbstständig sind. Sie besitzen eine höhere formale Bildung, entsprechende berufliche Positionen mit höheren Einkommen und gehören zu den reisefreudigen
Gesellschaftsschichten, die anspruchvoll und reiseerfahren sind. Sie wissen, was
ihnen die Gesundheit wert ist und dass sie nur mit einem gesunden leistungsorientierten Körper den beruflichen Anforderungen genügen. Der typische
Wellness-Gast hat Freude am Leben und investiert gerne und eigenverantwortlich in seine Gesundheit. Eine Untersuchung in Deutschland 8 hat ergeben, dass
vgl. Zuinst05, S. 19
8
9
10
die Zielgruppe hauptsächlich selbstständige Frauen, aber auch viele Hausfrauen und Mütter sind, die sich eine Abwechslung im Alltag gönnen wollen. Das
Durchschnittsalter der Wellness-Touristinnen liegt bei 45 Jahren und sie verfügen über ein durchschnittlich höheres Nettohaushaltseinkommen. In den letzten Jahren hat sich die typische Wellness-Klientel aber deutlich verjüngert und
umfasst vermehrt auch gesundheitsbewusste junge Erwachsene. Als Klientel
der Wellnessindustrie werden die Männer nur langsam als relevante Zielgruppe
entdeckt. Künftig dürften aber – mit dem wachsenden Leistungsdruck – immer
mehr Männer Wellnessurlaube buchen.
Nach dem Berufsbild lassen sich die Wellnesskunden generell in zwei Kategorien einteilen. Einerseits die Berufstätigen, die im Alltag viel Stress erleben. Anderseits sind es ältere Personen, die sich das Älterwerden möglichst angenehm
gestalten wollen und deshalb Körper und Geist sehr bewusst pflegen. Ebenfalls
eine Zielgruppe sind grössere Firmen, die sich für ihre Arbeitnehmer spezielle
Wellnessangebote entwickeln lassen. Dadurch können hohe Krankheitskosten
eingespart werden.
2.3. Die wichtigsten Anbieter im Medizinal- und Wellnesstourismus
Die Veränderungen des Gesundheitsmarktes lassen ein grosses Potential für
den Medizinal- und Wellnesstourismus erahnen. Doch welche Anbieter und Destinationen setzen sich auf dem globalen Markt am besten durch?
Der Medizinaltourismus ist bereits heute ein globales Phänomen. So sind alle
Kontinente mit einer Topdestination vertreten. Abbildung 5 zeigt die weltweit
gefragten Anbieter sowie die Kosteneinsparungen im Vergleich zur USA. Auffallend bei dieser Zusammenstellung ist jedoch, dass keines der westlichen Industrieländer als zentrale Destination aufgeführt wird. Bereits bestehen auch
erste Bewertungssysteme. Thailand hat es beispielsweise mittels Preis, Service
und Kundenorientierung geschafft, sich im Medizinaltourismusbereich weltweit
einen Namen zu machen. In Bangkok gibt es inzwischen rund 400 Privatkliniken,
die eine Rundumversorgung mit Abholdienst, Reiseorganisation für Angehörige
und Übersetzern bieten. Das Bumrungrad Spital in Bangkok hat im Jahre 2005
400‘000 ausländische Patienten von über 150 verschiedenen Nationen behandelt.
Die Qualität dieser Destinationen wird teilweise durch die JCI (Joint Commission International), eine amerikanische Non-Profit-Organisation gemessen.
JCI hat sich auf die Akkreditierung und Zertifizierung von Spitälern weltweit
spezialisiert, um die Sicherheit innerhalb der globalen Patientenbehandlung zu
erhöhen.
Wellness ist weiblich
Jeder Kontinent hat eine
Gesundheitsdestinationen und Player des globalen Gesundheitsmarktes
Topdestination für
den Medizinaltourismus
Hungary
Gulf States
• Cost: 40%–50% of U.S.
• Mainly used by Europeans
• Reliable dental and cosmetic
surgery
• No JCI accreditation
• Healthcare City designed
to provide advanced
healthcare services
• 38 JCI accreditations total;
with 17 in Saudi Arabia
India
• 450‘000 tourists in 2007
• Cost: Avg. 20% of U.S.
• 10 JCI accreditations
Thailand
• 1.2 million tourists in 2006
• Cost: Avg. 30% of U.S.
• 4 JCI accreditations
Mexico
• Cost: 25%–35% of U.S.
• High volume of U.S. visitors
due to proximity
• Mainly dental and cosmetic
surgery
• 3 JCI accreditations
Singapore
• 410‘000 tourists in 2006
• Cost: Avg. 35% of U.S.
• 13 JCI accreditations
Costa Rica
• Cost: 30%-40% of U.S.
• Mainly dental and cosmetic
due to proximity to U.S.
• 1 JCI accreditation
Brazil
• Cost: 40%–50% of U.S.
• Proximity makes it attractive
for U.S. patients
• Reliable cosmetic surgeries
• 12 JCI accreditations
South Africa
• Cost: 30% to 40% of U.S.
• Suitable for cosmetic
surgery
• No JCI accreditation
Malaysia
• 300‘000 tourists in 2006
• Cost: Avg. 25% of U.S.
• Mainly cosmetic surgery and
alternative medicine
• 1 JCI accreditation
Abbildung 5: Aktuelle Anbieter für den Medizinaltourismus (Quelle: [Deloi07], S.7)
Schwellenländer und
Gemäss dem US-amerikanischen Wirtschaftsmagazin Forbes 9 werden im Me-
osteuropäische Nationen
dizinaltourismus weltweit sieben Topdestinationen unterschieden. Tabelle 1
prägen die globale Medizin
zeigt einen Vergleich von Standort, Spezialisierung, Qualität, Preis, Infrastruktur,
Kultur und USP (Unique Selling Proposition) – dem wichtigsten Qualitätsmerkmal – dieser Lieblingsdestinationen. Eine exakte Rangliste kann jedoch nicht gebildet werden, da immer andere Motive oder Ausgangsorte vorliegen. So zeigt
sich auch bei diesen Benchmarks die Problematik der Datentransparenz, die nur
punktuelle und keine systematische und damit objektive Vergleiche erlauben.
Forb07
9
11
Kosmetische
und Plastische
Chirurgie
Herzkreislaufbehandlungen,
Orthopädie
Herzkreislaufbehandlungen,
orthopädische
Behandlungen
Zahnbehandlungen, Plastische
Chirurgie, Herzkreislaufbehandlungen
Vereinigte
Arabische Emirate
Dubai
American Hospital
Indien
New Delhi
Escorts Heart
Institute
Malaysia
Kuala Lumpur
Prince Court Medical Center
Spezialisierung
Brasilien
Rio de Janeiro
The Ivo Pitanguy
Clinic
Stadt, Spital
Land
Standort:
JCI zertifiziert
JCI zertifiziert
Gründer, Prof. Ivo
Pitanguy, führende
Grösse der Plastischen Chirurgie
Reputation Qualität,
•B rustvergrösserung für
$ 4‘500
•Hüftoperation für
$ 8‘000
•b illigste Medizindestination
•D oppelschrittmacher für $ 7‘500
•H üftoperation für
$ 6‘000
•H üftoperation für
$ 24‘000
•Angiogramm für
$ 5‘000
•B rustvergrösserung für
$ 4’400
•Fettabsaugung ab
$ 550
Preise
•M odernste
technologische
Einrichtungen
(300 Betten, 12
Operationssäle)
•Unter der Leitung
der Medizinischen
Universität Wien
•I n den USA und UK
ausgebildete Ärzte
•Umfassende
Unterstützung
der Patienten und
deren Familien für
Transport, Visa,
Sightseeing etc.
•Englisch sprechendes, westlich
trainiertes Ärztepersonal
•B au des weltweit
grössten Healthcare Centers in
Kooperation mit
University of Harvard (Eröffnung
2010)
•I nternational
anerkanntes Bildungszentrum
•H ealth & Beauty,
Klinik an Spital
angeschlossen
•D reisprachiges
Personal
Infrastruktur
Grosse Distanz zu
USA/EU
•G rosse Distanz zu
USA
•H ohe Umweltbelastung
Nähe zu Europa
Nähe zu USA
Umwelt
Geographie,
Politik, Wirtschaft,
•T iefe Wechselkurse
•Politische und
wirtschaftliche
Stabilität
•H oher Bildungsstand
•V iele gesetzliche
Restriktionen
für ausländische
Investoren
•Armut, ethnische
und religiöse
Zwiste
arabische Kulturen
•Politische
Stabilität
•T iefe Wechselkurse
Kultur
Hohe Qualität zu
tiefen Preisen
Weltweit billigste
Medizindestination
Weltweit grösstes
Healthcare Center
Hohe Reputation
in der Plastischen
Chirurgie
Selling Proposition
USP-Unique
12
Tabelle 1: Topdestinationen des Medizinaltourismus
Herzkreislaufbehandlungen,
Orthopädie
JCI zertifiziert
Plastische Chirurgie, Weltweit 1. Herztransplantation
Herzkreislauffand in Südafrika
behandlungen
statt (1967)
Südafrika
Mossel Bay
Bay View Private
Hospital
Thailand
Bangkok
Bumrungrad International Hospital
Onkologie
(Diagnose und
Behandlung)
Singapur
National Cancer
Center
•Angioplastie für
$ 13‘000
•Hüftoperation für
$ 12‘000
•G esichtslifting ab
$ 6‘300
•H erz Bypass für
$ 35‘000
Teuerste asiatische
Reisedestination
•Englisch als
Landessprache
•v iele Erholungsund Wellnesseinrichtungen
•« Europäische»
Kultur
•S aubere, gepflegte
Umwelt
•G rosse Distanz zu
USA/EU
•Grosse Distanz
•900 Angestellte
zu USA/EU
•Kapazität für
6‘000 Patienten
•Englisch als Hauptsprache, Dolmetscher sind auch
vorhanden
•Luxusspital mit
Meerblick, Gourmetmenus
•H öchst ausgebildete (in UK, USA)
Ärzte
•K liniken bieten
höchste Privatsphäre und
Diskretion
•G rosses Angebot
an Sozialisierungsdienstleistungen,
z.B. «Look Good,
Feel Good» Workshop für Frauen,
die mit Haarausfall kämpfen
•K inderhort und
-therapiestätte
•Englisch als
Hauptsprache
Medizinaltourismus wird von
thailändischer
Wirtschaft aktiv
unterstützt
Tiefe Wechselkurse
•Politische
Stabilität
•M edizinaltourismus wird von der
Regierung gefördert
Hohe Behandlungskapazitäten zu
tiefen Preisen
Plastische Chirurgie
im Luxusambiente
Führende
Krebsforschung
13
14
Im Wellnesstourismus sind keine Datenerhebungen oder Listen von internatio-
Die Schweiz gilt als
nalen Topdestinationen bekannt. Europa ist mit Deutschland, Österreich, Frank-
Best Practice Beispiel im
reich und der Schweiz jedoch sicherlich einer der Hauptanbieter. Deutschland
Wellnesstourismus
verfügt über die weltweite grösste Dichte an prädikatisierten Kurorten und der
Touristenanteil entspricht ungefähr 8 – 9% des BIP. Das US-amerikanische Gesundheitstourismusmagazin «Health Tourism»10 sieht die Eidgenossenschaft
als Best Practice Beispiel. Die Schweiz arbeitet seit langem kontinuierlich daran, Wellness in die Tourismus- und Gesundheitsmarke «Schweiz» zu integrieren.
Wellness gilt denn auch als wichtiger Anreiz für Freizeit und Geschäftsreisen in
der Schweiz. Natur, Authentizität, Gesundheit und hohe Qualitätsstandards ver-
Wellness gilt als klarer
vollständigen dabei das Bild der Wellnessdestination Schweiz. Der Österreicher
Bestandteil der Hotellerie
Kurtourismus beschäftigt zurzeit bis zu 200‘000 Angestellte und verfügt gemäss
und Reisewirtschaft im
der Statistik der European Spas Asscociation 11 über einen Anteil von 10% am eu-
europäischen Alpenraum
ropäischen Spa-Markt. Frankreich führt mit seinen 110 Heilbädern und ca. 50‘000
Angestellten einen Wellnesstourismus, der sich strikt auf den medizinischen Aspekt ausrichtet. Dadurch wird leider eine ökonomische und sinnvolle Nutzung
der Infrastruktur verhindert. Neben der klaren Positionierung von Ländern im
europäischen Alpenraum zeigt sich, dass die USA, Südamerika aber auch Grossbritannien Wellness weniger stark in der Hotellerie und Reisewirtschaft integriert haben und der Begriff dort mehrheitlich kaum genutzt wird.
Schlüsselfaktoren für Erfolg
Der Vergleich der Leistungsmerkmale der heute erfolgreichen Destinationen im
Gesundheitstourismus erlaubt eine qualitative Bestimmung der zentralen Erfolgsfaktoren, die auch für die Zukunft Relevanz haben werden: Bereits bei der
Kundensegmentierung galten der Zugang zu moderner Technologie und hohe
Qualität als die meist genannten Beweggründe für den Medizinaltourismus.
Auch unter den sieben Topdestinationen 12 dominieren Destinationen, die eine
hohe Qualität bieten können (z.B. Dubai, Singapur, Malaysia), über eine hochste-
Informationsmöglichkeiten in
hende Forschung verfügen (z.B. Singapur, Dubai), neuste Technologien anbie-
der eigenen Landes-
ten (z.B. Dubai) und darüber hinaus eine hohe Reputation in einem spezifischen
sprache sowie Online Marketing
Feld der Medizin geniessen (z.B. Brasilien, Südafrika). Neben den expliziten
sind entscheidend
qualitätsbestimmten Entscheidungskriterien spielen auch der Preis (z.B. Indien,
Thailand) oder Wechselkurse (z.B. Malaysia, Südafrika) eine wichtige Rolle. Ferner
sind aber auch die Distanz (für die USA z.B. Brasilien, für die EU z.B. Dubai) sowie
Einreisebestimmungen (z.B. Malaysia, Thailand) entscheidend. Laut einer an der
Fachhochschule Mainz erfassten Diplomarbeit13 gelten der Netzwerk-Gedanke,
Informationsmöglichkeiten in der jeweiligen Landessprache und das Online
Marketing als weitere Erfolgsfaktoren. Das Internet ermöglicht eine schnelle, direkte und kostengünstige Kommunikation zwischen Patienten und Einrichtungen und wird daher rasch zum zentralen Kommunikationsmedium der Kliniken
siehe Health09
siehe ESPA902
12
gemäss Forb07
13
siehe EEkker09
10
11
für Werbung und Service avancieren. Allerdings dürfte die alleinige Kommunikation ohne internationale Ratings und Qualitätsmessungen kaum ausreichend
sein.
Auch die Regierung
Die meisten erfolgreichen Standorte des Gesundheitstourismus wären heute
muss mitmachen
ohne die Unterstützung und Förderung durch die lokalen Regierungen nur bedingt erfolgreich. So hat zum Beispiel das philippinische Gesundheitsdepartement einen Medizinalreiseführer verfasst und in Europa veröffentlicht. Malaysia
hat die visafreie Aufenthaltsdauer im Falle eines gesundheitlichen Aufenthalts
von 30 Tagen auf 6 Monate verlängert. Und Singapur hat einen Medizinischen
Hub, eine Kollaboration zwischen Industrie und Regierungsvertretern gegründet, um den Gesundheitsstandort besser zu fördern. Die Schweiz hat im Herbst
2008 mit der Gründung des Vereins «Swiss Health» durch den Branchenverband
Schweiz Tourismus und die Exportorganisation Osec auch auf diesen Trend
reagiert. Das Ziel dieses Vereins ist es, das Schweizer Gesundheitswesen und
dessen Leistungen international zu vermarkten und ausländische Patienten in
die Schweiz zu bringen. Um die Vereinsaktivitäten optimal und effizient betreiben zu können, sind Osec und Schweiz Tourismus nicht selbst operativ tätig. In
der Startphase wird die Geschäftsstelle bzw. die operative Führung von «Swiss
Health» durch die SWIXMED AG im Rahmen eines Mandats übernommen, die
sich auf die Organisation von medizinischen Behandlungen für ausländische
Patienten in der Schweiz spezialisiert hat und jährlich Kunden aus über 30 verschiedenen Ländern betreut. Die bestehenden Aktivitäten und Erfolgmeldungen dürfen jedoch dennoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass kaum internationale, vergleichende Studien existieren, die einen effektiven Einblick in die
heutige Situation und die Leistungen erlauben. Selbst in der Schweiz fehlen
entsprechende Daten weitgehend, das Angebotspektrum von Swixmed ist auf
wenige Basisinformationen beschränkt und gibt für Nachfrager aus anderen
Ländern keine Einsicht über konkrete Behandlungsorte, Qualitätsstandards, Erfahrungen oder Preise. Tabelle 2 fasst die Schlüsselfaktoren des erfolgreichen
Medizinaltourismus nochmals zusammen.
Kategorie
Erfolgsfaktoren
Qualität
Hohe Reputation, international anerkannte Qualitätsstandards (z.B. JCI Zertifizierung),
Erfolgsgeschichten, Pionierleistungen
Technologie
Führende Forschung, Kollaboration zwischen Universitäten und Industrie,
State-of-the-art Technologie
Preis
Tiefe Kosten, tiefe, stabile Wechselkurse
Reise
Geringe Distanz, einfache Einreisebestimmungen, Urlaubskombinationsmöglichkeiten
Information
Standort Marketing, Informationsbereitstellung: zeitgleich und in beliebiger Sprache
Politik
Stabilität, Kollaboration zwischen Regierung und Industrie
Tabelle 2: Erfolgsfaktoren des Medizinaltourismus
15
16
Auch in der Kur- und Wellnesswirtschaft ist Qualität massgebend bei der Wahl
Hohe Qualitätsstandards, eine
von Angebot und Standort. Nach Auffassung des Deutschen Industrie- und
moderne Infrastruktur sowie
Handelskammertages (DIHK) gelten drei wesentliche Erfolgsfaktoren, um aus
professionell ausgebildete Mit-
Wellnesstourismus Wertschöpfung zu generieren: Wo Wellness draufsteht, muss
arbeiter prägen den erfolgrei-
auch Wellness drin sein. Es gelten also hohe Qualitätsstandards. Zweitens muss
chen Wellnesstourismus
eine moderne Infrastruktur auf- oder ausgebaut werden. Für gesundheitsorientierte Anwendungen sind bestimmte bauliche Voraussetzungen wie Schwimmbäder, Saunen etc. unumgänglich. Drittens müssen professionelle Mitarbeiter
aus- und fortgebildet werden. Erst gut ausgebildete Fachkräfte machen die Vermittlung und Betreuung hochwertiger Wellness-Programme zu dem vom Kunden erhofften Erholungs- und damit Erfolgserlebnis. Während die Voraussetzungen in der Theorie klar gesetzt sind, dürfte die Realität hier allerdings noch nicht
den gesetzten Erwartungen entsprechen. So gibt es keine internationalen Qualitätslabels, die effektiv Anwendung finden. Die Qualität der Angebote in den
verschiedenen Betrieben divergiert noch weit auseinander und erlaubt keinen
objektiven Vergleich von Leistungen.
Nebst den zunehmenden Erfolgsmeldungen gilt es die Entwicklungen im Me-
Gesundheitstourismus:
dizinal- und Wellnesstourismus kritisch zu betrachten: So befürchten Experten
«Internal Brain Drain»
beispielsweise negative Effekte, so dass der Patientenstrom in Entwicklungslän-
oder Katalysator?
dern einen sogenannten «internal brain drain», d.h. die Abwanderung von Kapital und qualifizierten Fachkräften mit sich bringen wird. Andere sind der Meinung, dass dadurch von der Notwendigkeit, die eigenen Kosten zu reduzieren
und die Qualität in reicheren Gesundheitssystemen zu verbessern, abgelenkt
wird. Auf der anderen Seite wird argumentiert, dass der Medizinaltourismus
auch zur Schaffung von Arbeitsplätzen und lokaler Know-how Verteilung beitragen wird. Dabei wird der Medizinaltourismus auch nicht als «Ablenkung» von
notwendigen Reformen, sondern eher als Katalysator angesehen. Die Aussicht,
weitere Einnahmen an medizinische Einrichtungen in Indien oder Thailand zu
verlieren, führt bereits heute zu erhöhter Preistransparenz und tieferen Kosten.
2.4. «Wind of Change» im Gesundheitstourismus
Der Gesundheitssektor und der damit verbundene Tourismus ist im Begriff sich
auf verschiedenen Ebenen massgeblich zu verändern. Faktoren, die die Ausprägung des Gesundheitstourismus der Zukunft prägen, betreffen die Politik, den
gesellschaftlichen Wandel, ökonomische Entwicklungen, die Demographie und
natürlich die überdurchschnittliche Kostenentwicklung. Um einen Blick auf die
Rahmenbedingungen und Erfolgsfaktoren für den Medizinal- und Wellnesstourismus der nächsten Jahre zu werfen, werden nachfolgend verschiedene relevante «Drivers of Change» präsentiert.
1.Die Globalisierung des Gesundheitsmarkts und der sogenannte «Shift to
East» bringt neue Anbieter und internationalen Wettbewerb. Wichtige Tendenzen dieser Wirtschaftsöffnung sind die Luxusmedizin, der Preisfokus und
der Gegentrend der Sehnsucht nach Nähe.
Globalisierung
Konsequenzen
Die Schwellenländer gewinnen wirtschaftlich
und politisch immer mehr an Bedeutung.
Der pazifische Wirtschaftsraum konkurrenziert
den europäischen.
• M edizinische Leistungserbringer operieren zunehmend
international, der Wettbewerb unter Anbietern steigt
• Angebote werden global nachgefragt und zwar dort, wo sie
am billigsten sind. Distanzen verlieren dabei immer mehr
an Bedeutung
Neue Krankheiten, insbesondere Infektionskrankheiten, verbreiten sich global
• Notwendigkeit für Kooperationen zwischen
verschiedenen Gesundheitssystemen wächst
Globalisierung vs. Regionalisierung
• M it der Öffnung der Gesundheitsmärkte ist auch
ein Gegentrend, das Vertrauen in lokale Strukturen,
erkennbar
Tabelle 3: Globalisierung als Triebkraft der Veränderung des Gesundheitsmarktes (Quelle: [GDIZdG06], S. 28)
2.Die steigende Zahl der älteren Menschen bringt veränderte Nachfragestrukturen und neue Formen des Zusammenlebens mit sich.
Demographischer Wandel
Konsequenzen
Lebenserwartung der Menschen steigt
• N
achfragestruktur von Gesundheitsdienstleistungen
und -produkten verändert sich
• Chronisch-degenerative Erkrankungen werden häufiger
• Nachfrage für Pflegeangebote wächst
• G esundheitsausgaben steigen (siehe Abbildung 6)
Tabelle 4: Demografischer Wandel als Triebkraft der Veränderung des Gesundheitsmarktes (Quelle: : [GDIZdG06], S. 21)
17
Westeuropäische Männer erzielen im Alter die höchsten Gesundheitskosten
Healthcare expenditures among European Union Member States by age and gender
Average healthcare expenditure per
person as a share of GDP per capita
18
20%
European Union-15 males
18%
European Union-15 females
16%
European Union-10 males
14%
European Union-10 females
12%
10%
8%
6%
4%
2%
0%
0
5
10
15
20
25
30
35
40
45 50 55
Age (years)
60
65
70
75
80
85
90
95 100+
Source:
Economic Policy Committee and the European commission. 2006. The impact of ageing on public expenditure: projections for the EU25 Member
States on pensions, health care, long-term care, education and unemployment transfers (2004-2050). Special Report No 1/2006, DG ECFIN, February
14, 2006.
Note: “European Union-15” refers to the European Union Member States of Austria, Belgium, Denmark, Finland, France, Germany, Greece, Ireland,
Italy, Luxembourg, Portugal, Spain, Sweden, Netherlands, and United Kingdom. “European Union-10” includes those Member States that joined the
European Union on 1 May 2004: Cyprus, Czech Republic, Estonia, Hungary, Latvia, Lithuania, Malta, Poland, Slovakia, and Slovenia. Although the
two sets of lines illustrate that nominal healthcare spending is higher among the European Union-15 than European Union-10, both illustrate the
general relationship between healthcare expenditure and age.
Abbildung 6: Gesundheitsausgaben in der EU nach Alter, Geschlecht und Ländern (Quelle: [EUPolCom06])
3.Der Fortschritt in der biomedizinischen Forschung legt die Grundlage für
eine neue Generation von Therapien. Neue diagnostische Möglichkeiten
läuten ein neues Zeitalter im Umgang mit der Gesundheit ein.
Medizinisch-technischer Fortschritt
Konsequenzen
Potential neuer Diagnostik wächst
• Frühe Erkennung erhöht Heilungschancen
• Bessere Diagnostik erhöht die Zahl potenziell Kranker
• Nachfrage nach Prävention steigt
Exponentieller Fortschritt der medizinischen
Technologie
➢• Preise für etablierte Technologien sinken
Fortschritt in der Informationstechnologie
und der Telekommunikation legt die
Grundlage für die Vernetzung
• Informationsflut prägt den Umgang mit Gesundheit
• Einführung von E-Health Systemen, TelemedizinAnwendungen
Tabelle 5: Medizinisch-technischer Fortschritt als Triebkraft der Veränderung des Gesundheitsmarktes (Quelle: [GDIZdG06], S. 16)
4.Der Lebensstil als zentraler Einflussfaktor führt zu einer steigenden Bedeutung der Eigenverantwortung. Wegen des ungenügenden Gesundheitsverhaltens sinkt die Lebenserwartung. Die gesellschaftliche Solidarität
nimmt ab.
Gesundheitsverhalten
Konsequenzen
Soziale Determinanten: Einkommen, Bildung,
Ernährungsverhalten
• Fokus von Gesundheitsleistungen weitet sich aus
• Prävention erfasst zunehmend auch den Lebensstil der
Menschen
• B edeutung der Eigenverantwortung wächst
Zunehmende Polarisierung im Gesundheitszustand
• D
ie Schere öffnet sich zwischen den Gesunden und den
nicht Gesunden
Gesundheit wird breiter definiert
• D
er Alltag spielt eine zentrale Rolle für den Gesundheitszustand
• G esundheit wird zum Statussymbol
Tabelle 6: Gesundheitsverhalten als Triebkraft der Veränderung des Gesundheitsmarktes (Quelle: [GDIZdG06], S. 24)
5.Die Logik der Konsumgütermärkte und der Industrie prägt den Gesundheitsmarkt. Die Grundversorgung wird reduziert, Gesundheit wird zur Privatsache.
Ökonomisierung
Konsequenzen
Ökonomisierung der Prozesse
• L eistungserbringung richtet sich zunehmend nach der
Privatwirtschaft
• D ie Spitalfinanzierung erfolgt in der Schweiz beispielsweise nach Fallpauschalen, was zu einem Wettbewerb und
einer Vergleichbarkeit von Leistungen führen wird
Ökonomisierung des Patientenverhaltens
• A
us Patienten werden Konsumenten, Gesundheit wird
zum Konsumgut, Bedürfnisse stehen im Zentrum. Neben
dem traditionellen Markt für die Behandlung von Krankheit entwickelt sich ein neuer Markt für Gesundheit
• Das Angebotsspektrum in der Medizin differenziert sich
zunehmend in einen preissensitiven/kostenorientierten
Bereich und ein Premiumsegment mit Zusatzleistungen
Tabelle 7: Ökonomisierung als Triebkraft der Veränderung des Gesundheitsmarktes (Quelle: [GDIZdG06], S. 27)
19
20
6.Fragen der Liberalisierung, der Finanzierung des Gesundheitssystems und
der Prävention gelten als zentrale Schaltstellen für die Zukunft des Schweizer Gesundheitswesens.
Politische Einflussfaktoren
Konsequenzen
Regulierung vs. Deregulierung
• L iberalisierung führt zu Wettbewerb und mehr Effizienz
bei Leistungserbringern
• D ie Politik fördert den globalen Austausch von medizinischen Leistungen, so will die EU die Patientenmobilität
fördern, so dass Leistungen landesübergreifend verrechnet werden können
• Als Folge der Finanzkrise von 2008 ist der Ruf nach staatlicher Regulierung stärker geworden. Dies eröffnet einen
weiteren Handlungsspielraum für Regulierungen im
Gesundheitssystem
Finanzierung des Gesundheitswesens:
staatlich oder privat?
• H
offnung auf Kosteneinsparungen und bessere
gesundheitliche Eigenverantwortung bei stärkerer
privater Kostenbeteiligung
• Gefahr einer Zwei-Klassen-Medizin bei tiefer Regulierung
Tabelle 8: Politische Einflussfaktoren als Triebkräfte der Veränderung des Gesundheitsmarktes (Quelle: [GDIZdG06], S. 29)
3.Thesen über die Zukunft der globalen
Medizin und Prävention
Abschliessend präsentieren wir vier zukunftsorientierte und vielleicht provokante Thesen zu den Entwicklungen des globalen Medizinal- und Wellnesstourismus. Diese sollen eine Basis für eine kritische Auseinandersetzung mit den
heute diskutierten Trends und Sichtweisen liefern. Die Thesen basieren einerseits auf den vorhergehenden Analysen, gehen aber als Denkanstösse über die
rein faktenbasierte Argumentation hinaus.
1. Grundvoraussetzungen: Qualität und Effizienz statt Preis
Der zentrale Erfolgsfaktor der heutigen Top-Destinationen des Gesundheitstourismus dürfte im Wesentlichen auch in Zukunft relevant bleiben und angesichts der analysierten Triebkräfte der Veränderung noch stärker an Bedeutung
gewinnen: die Qualität. Eigenschaften, die zu einer hohen Versorgungsqualität
beitragen – also der Zugang zu neuen Technologien, Kompetenz in Forschung
und Entwicklung – dürften damit weiterhin grundlegende Erfolgsfaktoren bleiben.
Qualität muss breiter definiert
Zu den Gewinnern des Gesundheitstourismus gehören dementsprechend Län-
werden: Es gelten harte und
der mit den etablierten qualitätsassoziierten Kriterien wie Hightech-Medizin
«softe» Kriterien
und hochklassige medizinische Forschung. Darüber hinaus gilt es aber Qualität
im Gesundheitssystem breiter zu definieren. Im Sinne eines biopsychosozialen
Gesundheitsverständnisses gehören auch vermeintlich «softe» Faktoren wie die
Lebensqualität einer Destination, das Klima, aber auch Faktoren wie politische
Stabilität und Sicherheit zu den Erfolgsfaktoren der Zukunft. Länder wie die
Schweiz sind beispielsweise gut positioniert um von den neuen Märkten zu profitieren, zumal neben der Kompetenz in der Medizin auch das Wellness-Segment
seit Jahren kontinuierlich ausgebaut wird.
Qualität gilt auch in Zukunft als
Bislang wurde in bestehenden Studien neben der Qualitätsorientierung von ei-
zentraler Erfolgsfaktor
ner polaren Entwicklung der Gesundheitsmärkte und einer gleichzeitigen Ausbildung eines Discountsegments im Gesundheitstourismus gesprochen. Diese
Tendenz lässt sich auf Basis der hier vorliegenden Daten nicht bestätigen. Zwar
gewinnt der Preis als Entscheidungskriterium eine immer wichtigere Bedeutung, doch eine radikale Kostenorientierung in Analogie an Budgetprodukten in
Konsumgütermärkten wird auf eine geringe Nachfrage treffen. Kostengünstige
Leistungen ohne Qualitätsgarantie werden in keinem Gesundheitssystem einer
Kostengünstige Gesundheits-
Schwellen- oder Industrienation nachhaltig Bestand haben. Effizienz allerdings
leistungen ohne Qualitätsgaran-
schon. Folglich wird die Herausforderung in der Identifikation der Destinationen
tie haben keinen Bestand
liegen, die eine hohe Qualität zu den besten Konditionen bieten.
2. Radikale Transparenz
Global anerkannte Sicherheits-
Mit der steigenden Bedeutung der Qualität wächst gleichzeitig das Verlangen
und Qualitätsstandards fehlen
nach Vergleichen und Qualitätsrichtlinien. Die Datenlage ist allerdings in den
meisten Ländern bereits im nationalen Umfeld dürftig und erlaubt nur bedingte
Vergleiche von Leistungen. Im internationalen Kontext ist die Verfügbarkeit von
21
22
Informationen nochmals dürftiger, so dass kaum objektive Vergleiche von Leistungen und Qualität möglich sind. Im Medizinaltourismus haben zwar einige Anbieter auf die Forderung reagiert und nutzen Attribute wie US/EU ausgebildetes
Personal, die Verwendung von modernsten Informationstechnologien, Koordination von Vorsorge und Nachuntersuchungen, Zertifizierung durch eine Qualitätsorganisation etc. Ein internationaler Vergleich zeigt jedoch schnell, dass es
an global anerkannten Sicherheits- und Qualitätsstandards fehlt. Auch bei der
Planung und Organisation eines medizinischen Eingriffs im Ausland steht ein
Patient vor einem Dickicht von Angeboten und der Qual der Wahl bei der Suche
nach einem Vermittler. Medical Tourism Org, Healism oder Medical Tourism Gui-
Wer hilft dem Patient bei der
de sind Anlaufstellen für Medizinaltouristen und geben Auskunft und Hilfe bei
Planung – Medizinalvermittler
der Koordination eines medizinischen Aufenthalts im Ausland. Welche Agentur
oder Reisebüro?
aber vertrauenswürdig ist, kann nicht beurteilt werden. Jeder Vermittler preist
andere Destinationen als ihre Favoriten an. Auch ist nicht klar, wo die Grenze
zwischen dem gewöhnlichen Reisebüro und dem Medizinalvermittler verläuft.
Im Umfeld einer solch intransparenten Datengrundlage wächst das Risiko, dass
Entscheide auf Basis von Schein-objektiven Kriterien wie dem Preis getroffen
werden. Gleichzeitig leistet dies einer Überbewertung subjektiver Empfindungen und Erfahrungen Vorschub und eröffnet die Positionierung von medizinischen Leistungen durch schöngefärbte Marketinggeschichten und dem «share
of voice».
Zwar setzen sich Organisationen wie die Joint Commission International (JCI),
die International Society for Quality in Health Care (ISQUA), National Committee for Quality Assurance (NCQA), die International Organization for Standardization (ISO) und die European Society for Quality in Healthcare (ESQH) für die
Sicherheit und Qualität in Spitälern ein, trotzdem mangelt es an gemeinsamen
internationalen und durchsetzbaren Richtlinien.
Hieraus leitet sich die Forderung nach der Entwicklung, Messung und Durch-
Forderung nach der Entwicklung,
setzung von international nutzbaren Qualitätskriterien ab. Dies umfasst einer-
Messung und Durchsetzung von
seits «harte» Kriterien wie Output-Daten von Ärzten und medizinischen Insti-
international verwendbaren
tutionen, andererseits gilt es aber aufbauend auf einer erweiterten Definition
Qualitätskriterien
Bewertungskriterien für «softe» Faktoren wie die Behandlungsqualität, die Lebensqualität einer Destination oder den Convenience-Faktor zu definieren. Im
Zug der Ausbildung von internationalen Netzwerken werden sich Qualitätskriterien durch weitere Vergleichsmöglichkeiten und Benchmarks immer besser
beurteilen lassen. Hierbei ist davon auszugehen, dass sich die Durchsetzung solcher Richtlinien beschleunigt und selbst verstärkt, wenn eine gewisse kritische
Masse von transparenten Daten publiziert wird, da der Druck auf Institutionen
und Länder wächst, die keine Informationen zur Verfügung stellen. Transparenz
punkto Qualität und Leistungsspektrum sowie der einfache Zugang zu solchen
Daten ist damit die elementare Grundlage damit sich der Medizinal- aber auch
der Wellnesstourismus überhaupt entwickeln kann. Ohne entsprechende Massnahmen bleibt das Phänomen der globalen Gesundheit eine Nische. Gleichzei-
tig fördert der internationale Austausch von Leistungen langfristig die Transparenz und damit auch die Qualität.
Definition und Wahrnehmung
Losgelöst von den realen Strukturen eines Gesundheitssystems werden sich
von Gesundheit und Krankheit
die Vorstellungen und Definitionen von Gesundheit und Krankheit durch die
werden weitgehend globalisiert
digitale Vernetzung und die zunehmende Reisehäufigkeit weiter globalisieren. Methoden der östlichen Medizin verbreiten sich weiter im westlichen Kulturraum, die Schulmedizin dürfte in den kommenden Jahren umgekehrt aber
v.a. die medizinischen Standards beispielsweise in Schwellenländern verändern. Dies kann einerseits zu einer besseren Versorgungsqualität beitragen,
andererseits aber auch durch die Übertragung von Krankheitsdefinitionen
auf einen anderen Kulturraum zu einer steigenden Zahl von Neu-Diagnosen
von Krankheiten führen, die möglicherweise zuvor nicht als solche angesehen
wurden. Damit besteht auch ein Risiko einer Polarisierung, da Anforderungen
und Realität der medizinischen Versorgung nicht übereinstimmen.
3. Gesundheit bleibt (vorerst) regional
Die eingangs der Studie geschilderten Mechanismen, die zur Globalisierung der
nationalen Gesundheitssysteme beitragen, finden bereits in mehreren Feldern
der internationalen Gesundheitsmärkte Anwendung: Eine wachsende Zahl von
Patienten sucht Leistungen ausserhalb der nationalen Grenzen, verschiedene
Länder und Regionen positionieren sich mehr oder weniger erfolgreich international für medizinische oder Wellness-bezogene Leistungen. Werden diese
schwachen Signale linear extrapoliert und auf die Zukunft übertragen, so könnten sich die Gesundheitssysteme in den nächsten 20 oder 30 Jahren weitgehend
globalisieren. Die Visionen eines grenzenübergreifenden Gesundheitssystems,
das durch Wettbewerb eine immer höhere Qualität hervorbringt, in dem mündige Patienten Leistungen vergleichen und neue Wachstumsoptionen für die
besten Destinationen schaffen, würde zur Realität.
Bei einer genauen Analyse bestehen allerdings mehrere gewichtige Faktoren,
die gegen eine Globalisierung der Gesundheitssysteme sprechen und in der
These münden, dass Gesundheit regional bleibt. Die Vorstellung an eine baldige Ausbildung eines globalen Gesundheitsmarkts enpuppt sich als Hype, der
einzelne Erfolgsbeispiele auf das Gesamtsystem überträgt und dabei den zentralen, systemrelevanten langfristigen Treibern zu wenig Rechnung trägt. Hierfür
sprechen vier Gründe:
a. Der Markt für Gesundheitstourismus ist kleiner als erwartet
«Echte» Medizinaltouristen
Der bestehende Medizinaltourismus ist in Realität kleiner als bislang erwar-
machen nur 35–45% aller
tet. Der Bericht von McKinsey zeigt beispielsweise, dass in den USA weniger als
internationalen Patienten aus
die Hälfte der offiziell als Medizinaltouristen betrachteten Patienten «echte»
Medizinaltouristen sind, d.h. Patienten, die aktiv und explizit wegen einer ärzt-
23
24
lichen Behandlung ins Ausland reisen. Um das effektive Marktvolumen fassen
zu können, müssen von der Gesamtzahl der im Ausland behandelten Patienten
Auswanderer (Expats), die eine ärztliche Behandlung am aktuellen Wohnort
in Anspruch nehmen, sowie sämtlichen Touristen, die aufgrund eines Notfalls
eine Klinik vor Ort aufsuchen, subtrahiert werden. Am Schluss bleiben somit nur
noch zirka 35–45% des Ursprungsstroms als effektive Medizinaltouristen
übrig (siehe Abbildung 10).
Übersicht zu den effektiven Patientenzahlen im Medizinaltourismus
All international inpatients1
receiving care
100%
Subtract expatriates seeking care in
their country of current residence
Subtract emergency cases
–25% to –30%
–30% to –35%
35% – 45%
Medical travelers
Abbildung 10: Effektiver Medizinalmarkt (Quelle: [McKin08], S. 3)
Wird diese Rechnung auf die Schweiz angewendet, bleiben von den ursprüng-
In der Schweiz werden nur
lich geschätzten 30‘000 Patienten jährlich auch nur noch 10‘500 bis 13‘500 Me-
13‘500 Medizinaltouristen
dizinaltouristen übrig, das vermutete Marktvolumen verkleinert sich entspre-
behandelt
chend.
Ferner bestehen betriebswirtschaftliche Einschränkungen. So ist beispielsweise
das viel gepriesene lukrative Segment für die Behandlung von sehr reichen Patienten aus dem nahen Osten, die mit einer grossen Zahl von Verwandten und
Bediensteten anreisen, aufgrund der aufwendigen Infrastruktur und einer nur
schwer planbaren Auslastung nicht für öffentliche Spitäler geeignet und auch
für private Anbieter nicht zwingend gewinnbringend umsetzbar. Auch im Well-
Wellness grenzt sich in den
nesstourismus hinkt der Markt den Prognosen und Modellen von fortschritts-
Hotels nicht von den ohnehin
orientierten Experten nach. Mit Ausnahme der Alpenregion ist «Wellness» kaum
vorhandenen Einrichtungen für
ein entsprechend positionierter Markt und grenzt sich in Hotels nicht von den
Sport und Erholung ab
ohnehin vorhanden Einrichtungen für Sport und Erholung ab. Zwar haben in der
Schweiz grosse Reiseunternehmen den Trend der Wellnessreisen in ihre lang-
fristige Strategie integriert, doch die Realität zeigt ein anderes Bild. Eine aktuelle
Studie von W.I.R.E. lässt darauf schliessen, dass selbst in der Schweiz Gesundheitsferien von einer Mehrheit der Reisebüros, die letztlich Reisen verkaufen,
nur bedingt als relevanter Markt angesehen wird. Ungeachtet dessen besteht
für Länder mit einer bestehenden, hohen Infrastruktur und Kompetenzen die
Möglichkeit, das Konzept einer «Regenerationsreise» insbesondere im Umfeld
von benachbarten Ländern weiter zu etablieren. Um einen effektiven Nutzen für
den Gesundheitszustand eines Menschen zu erzielen, müssen solche Angebote
aber möglichst nahe an den Alltag gebracht werden – eine jährliche Wellnessreise dürfte dabei einen limitierten Nutzen haben. Das Konzept von Wellness
muss aber noch weiter entwickelt und «erlernt» werden.
b. Gesundheit ist kein Konsumgut (im herkömmlichen Sinn)
Bei schwerem Krankheitsfall
Der Vergleich des Gesundheitsmarkts mit Konsumgütermärkten hat seine Be-
funktioniert die Gesundheit
rechtigung im Sinne, dass sich Patienten vermehrt wie Konsumenten verhalten,
nicht als Konsumgut
aktiv nach Informationen suchen und in Behandlungsentscheide eingebunden
werden wollen. Die vollständige Übertragung der Mechanismen aus Handel
und konsumorientierten Märkten führt jedoch zu falschen Schlüssen. So ist ein
schwer kranker Mensch nur bedingt entscheidungsfähig. Verhaltensweisen von
mündigen Kunden, aus einer Vielzahl von Optionen rational oder emotional zu
entscheiden, funktionieren im Fall von ernsthaften Krankheiten nur bedingt.
Gesundheitssysteme sind
Ebenfalls sind Gesundheitssysteme trotz der Tendenz zu liberaleren Strukturen
keine freien Märkte
und der vermehrten Anwendung marktwirtschaftlicher Modelle keine freien
Märkte wie sie in der Bekleidungs- oder Lebensmittelbranche spielen. Die nach
wie vor hohe Regulierung verändert Anreizsysteme und führt nicht notwendigerweise dazu, dass Patienten die erhofften Kosten-Nutzen-Anwendungen
durchführen. Zusätzlich sind die Finanzierung sowie der Zugang zu Anbietern
durch komplexe Mechanismen gesteuert. Obwohl Gesundheitsgüter in hohem
Mass preisunelastisch sind, hängt der langfristige Erfolg medizinischer Innovationen erheblich von den politischen Vorgaben ab. Auch wenn die Initiative der
EU hinsichtlich der Förderung der Patientenmobilität und dem Abbau von strukturellen Schranken durchaus in die richtige Richtung zielt, so dürfte dennoch
eine längere Zeitspanne notwendig sein, bis die Anreize und Verhaltensweisen
ein globales «Sourcing» fördern.
Ein allgemeiner Mentalitätswandel von der staatlichen Wohlfahrt zum individuellen Verantwortungsprinzip ist zwar festzustellen, nach wie vor bestehen aber
hohe Erwartungen an staatliche Leistungen.
c. Patienten suchen regionale Strukturen
Im Fall von Krankheit dominiert der
Die Gesundheitsversorgung ist historisch gewachsen und gründet sowohl auf
Wunsch nach vertrauten,
sozial konstruierte aber auch angeborene Verhaltensweisen. So ist der Wunsch,
lokalen Versorgungseinrichtungen
im Fall von Krankheit in der Nähe von nahestehenden Menschen zu sein, ein dominantes Motiv, das die Ausbildung des Medizinaltourismus beeinflussen wird.
Natürlich ist ein planbarer Eingriff wie das Einsetzen eines neuen Hüftgelenks
nur bedingt von der Sehnsucht nach lokaler Versorgung betroffen. Die enorm
starke Verwurzelung und Forderung nach regionalen Versorgungsstrukturen,
25
26
wie sie in der Schweiz in Anbetracht der sehr hohen Spitaldichte immer wieder
offensichtlich wird, ist aber mehr als nur eine soziale Konstruktion.
d. Der Medizinaltourismus birgt ethische Probleme
Der Medizinaltourismus birgt gesellschaftliche und ethische Spannungsfelder
Globaler Medizinaltourismus
auf mehreren Ebenen. In entwickelten Ländern wie der Schweiz kann die Nut-
verschärft die Ängste vor einer
zung der Infrastruktur von öffentlichen Spitälern für die Behandlung von wohl-
Zwei-Klassen-Medizin
habenden Patienten aus dem Ausland zu negativen Reaktionen seitens der heimischen Bevölkerung führen. Ein globaler Medizinaltourismus dürfte indes zu
einer Verschärfung der Ängste vor einer Zwei-Klassen-Medizin beitragen, da für
vermögende Personen sämtliche medizinischen Leistungen – selbst solche die
im Heimatland möglicherweise einer ethischen Beschränkung unterliegen – zugänglich sind, während nicht vermögende Patienten als Folge einer stärkeren
Kostenkontrolle durch Krankenkassen oder den Staat auf günstigere Behandlungen im Ausland angewiesen sein würden.
4. Masse im Osten – Nische im Westen
Ausgehend von den demographischen Tendenzen dürften sich die relevanten
Relevante Zielgruppen
Zielgruppen für den Medizinaltourismus primär in den Schwellenländern ent-
entwickeln sich in den
wickeln, wo neben einer überdurchschnittlichen Zahl von sehr wohlhabenden
Schwellenländern
Menschen vor allem eine wachsende Mittelschicht in den nächsten Jahren
Zugang zu qualitativ hochstehenden medizinischen Leistungen suchen wird.
Insbesondere in Ländern, in denen die lokalen Strukturen und Qualität von
medizinischen Einrichtungen nicht ausreichend vorhanden sind, besteht – vorausgesetzt Transparenz und Finanzierungsmodelle stehen zur Verfügung – ein
Potential für neue Nachfragergruppen. Aufgrund der Bedeutung der Distanzen
dürften in diesen Märkten jedoch primär andere der etablierten Destinationen
aus dem asiatischen Raum, z.B. Thailand weiter an Bedeutung gewinnen. Europäische oder US-Kliniken sind verhältnismässig weit entfernt und dürften aufgrund der hohen Preise nur für die limitierte Gruppe der Super-Reichen eine
Option bieten.
Sollte sich die heute bestehenden Tendenz verstärken, dass westliche Länder
wie England Patienten aus Kapazitätsengpässen für Behandlungen in Schwel-
Der Westen profitiert eher in
lenländern behandeln lassen, so werden auch in diesen Segmenten aus Grün-
Nischenbereichen, während der
den des Kosten-Nutzen-Verhältnisses primär Destinationen im Nahen Osten,
Osten die grösseren Behand-
Indien oder Asien vom Medizinaltourismus profitieren. Solange die Mehrheit
lungsvolumen abdeckt
der Patienten in europäischen Ländern in den Heimmärkten ausreichende Infrastruktur mit hoher Qualität findet, wird die Mehrheit der medizinischen Behandlungen vor Ort stattfinden. Zusammenfassend ist davon auszugehen, dass
Anbieter im Westen aufgrund der bestehenden hohen Preise und einer guten
Infrastruktur vor Ort eher in Nischenbereichen vom Medizinaltourismus profitieren können, während die grösseren Behandlungsvolumen durch Schwellenländer abgedeckt werden.
4.
Gesundheit global?
Zusammenfassende Gedanken
Zusammenfassend lassen sich mehrere Eckpunkte definieren, die Gesundheitssysteme künftig erfüllen müssen um von den Potentialen des Medizinal- und
Wellnesstourismus zu profitieren.
Primär gilt es die grundlegenden Rahmenbedingungen eines globalen Marktes
– Transparenz über vergleichbare Leistungen und Qualität, rechtliche Grundlagen, definierte Finanzierungswege etc. – zu etablieren. Bevor diese auf einer
internationalen Basis anwendbar sind, müssen sie national verfügbar und etabliert sein.
Der Medizinal- und Wellnesstourismus wird sich langsam entwickeln und benötigt Geduld. Wer überhöhte Hoffnung hat, könnte enttäuscht werden. Anbieter
und Patienten und die dahinter liegenden gesellschaftlichen Verhaltensänderungen benötigen Zeit und Unterstützung. Dies erfordert, dass entsprechende
Konzepte nicht nur gegen aussen klar positioniert werden, sondern auch innerhalb eines Landes in der Ausbildung und mit internationalen Netzwerken
gefördert werden. Gleichzeitig muss die lokale Bevölkerung über den Nutzen
und das Potential von Medizinaltourismus-Konzepten informiert und aufgeklärt
werden.
Obschon sich die Strukturen langsam entwickeln, dürften sich Definitionen und
Vorstellung von Gesundheit durch das Internet und die steigende Reisehäufigkeit zunehmend globalisieren. Dies kann einerseits zu einer Sensibilisierung für
einen Leistungsbezug im Ausland, andererseits aber auch zu einem stärkeren
Bewusstsein über Diskrepanzen zwischen einer idalen und der effektiv zugänglichen Versorgung führen.
Neben dem Fokus auf Individualpatienten wächst die Bedeutung von Regierungen und Staaten als Verhandlungspartner für die Ausbildung von Netzwerken im Medizinaltourismus. Mit der Rückkehr des starken Staates als Folge der
Finanzkrise von 2008 ist davon aus zugehen, dass die Regulierung in den Gesundheitssystemen – insbesondere auch in den USA – zunehmen wird. Mit
Ausnahme der Nischenmärkte von Individualpatienten wird ein Stakeholder
Management und der klare Einbezug der Politik, gerade hinsichtlich der wachsenden Märkte in Asien, zum vielleicht wichtigsten Faktor.
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Autoren
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Dr. Stephan Sigrist ist Leiter des Think Tanks W.I.R.E. (Web for Interdisciplinary
Reseach & Expertise) der Bank Sarasin und des Collegium Helveticum, der transdisziplinären Forschungsstelle von ETH und Universität Zürich. Der Forschungsschwerpunkt von W.I.R.E. betrifft Entwicklungen und Trends in den Bereichen
Lifesciences, Wirtschaft und Gesellschaft. Stephan Sigrist hat zum Thema «Wandel im Gesundheitswesen: strategische Ausrichtung der Pharmabranche» promoviert und beschäftigt sich seit mehreren Jahren mit langfristigen Entwicklungen in den Bereichen Pharma/Biotechnologie, Gesundheit und Food sowie
mit generellen Makro-Trends in Wirtschaft und Gesellschaft.
Sophie Fenner-Albrecht ist assoziierte Researcherin bei W.I.R.E.. Sie hat an der
ETH Zürich mit einem Master in Industrial Management and Manufacturing
abgeschlossen und arbeitete danach bei der Schindler Gruppe, wo sie im Corporate Human Resources Support Services Team für die weltweite Einführung,
Weiterentwicklung und Unterstützung eines SAP basierten Personalverwaltungssystems verantwortlich war. Davor war Sophie Fenner für Chocolats Halba
als Logistik Expertin für die Qualitätssicherung in der Produktion sowie für Siemens Schweiz als E-Business und CRM Spezialistin in der Automation and Drives Abteilung tätig. Seit 2008 lebt sie in London und arbeitet als freischaffende
Beraterin.
Literaturverzeichnis
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heutigen Gesundheitstourismus
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[Deloi08] Deloitte Center for Health Care Solutions (2008): Medical Tourism – Consumers in Search for Value
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[ELKauf02] Eveline Lanz Kaufmann (2002): Wellness-Tourismus – Entscheidungsgrundlagen für Investitionen und
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[Book07] Milica & Karla Bookman (2007): Medical Tourism in Developing Countries
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[ESPA902] European Spas Association http://www.espa-ehv.com/deutsch/
[EEkker09]) Elena Ekkernkamp, Diplomarbeit der Fachhochschule Mainz (2009): Analyse der Erfolgsfaktoren für deutsche
Kliniken auf dem internationalen Markt Medizintourismus
[EUPolCom06]: Economic Policy Committee and the European Comission (2006): The impact of ageing on public expenditure
projections for the EU25 member states on pensions, health care, long term care, education and unempolyment transfers
(2004–2050). Special Report No 1/2006, DG ECFIN