Glutensensitivität (Gluten Sensitivity) - Nahrungsmittel

Transcription

Glutensensitivität (Gluten Sensitivity) - Nahrungsmittel
Glutensensitivität
(Gluten Sensitivity)
INHALT
1 GLUTEN
Ein Gluten, so viele Proteine
2 GLUTENSENSITIVITÄT
8
10
Definition und Epidemiologie
11
Diagnostischer Algorithmus
12
Der diagnostische Ablauf
13
Anzeichen und Symptome
16
Unterscheidung zwischen
Zöliakie und Glutensensitivität
18
Was ist der Faktor FOXP3?
20
3 THERAPEUTISCHE INDIKATIONEN
22
4 KLINISCHE FÄLLE *
24
5 DR. SCHÄR
28
Dr. Schär
29
Dr. Schär Institute
30
Weiterführende Bibliographie
31
*Zusammengestellt vom wissenschaftlichen Komitee
2
4
EINLEITUNG
EINLEITUNG
Genetische Veränderungen glutenhaltiger Getreidesorten, zu denen es
in den vergangenen 10.000 Jahren
zwecks Steigerung der Mengen und
Verbesserung der Qualität gekommen ist, waren im Grunde ein „Evolutionsfehler“. Ebendieser hat die
Grundvoraussetzungen für das Auftreten glutenbedingter Erkrankungen
bewirkt. Diese Formen von Glutenunverträglichkeit betreffen eine
Vielzahl von Menschen und gehören
absolut betrachtet zu den häufigsten
lebensmittelbedingten Krankheitsformen. Allein von Zöliakie ist unter
Menschen europäischer Herkunft
ungefähr ein Prozent der Bevölkerung betroffen, im Kindes- wie auch
im Erwachsenenalter. Es gibt jedoch
neben Zöliakie und Weizenallergie
noch andere Formen der Reaktionen
auf Gluten: So spricht man, wenn
weder allergische noch autoimmune Mechanismen im Spiel sind, von
Glutensensitivität (Gluten Sensitivity). Im Vergleich zu anderen Formen
von Glutenreaktion scheint dieser
Befund einen noch viel größeren Teil
der Bevölkerung zu betreffen. Spezifische Diagnostika zur Identifizierung
von Glutensensitivität gibt es bislang
keine. Nur durch Ausschlussdiagnose
ist es möglich, Glutensensitivität zu
erkennen und mit einer glutenfreien
Diät zu behandeln.
ALESSIO FASANO
Professor für Pädiatrie mit Lehrstuhl für
Physiologie und Medizin an der School of Medicine der Universität Maryland, Baltimore (USA),
wo er das Mucosal Biology Research Center und
das Center for Celiac Research leitet.
CARLO CATASSI
Professor an der Università Politecnica
delle Marche (Italien). Dozent für Pädiatrie.
Kodirektor des Forschungszentrums Center
for Celiac Research der Universität Maryland,
Baltimore (USA).
ANNA SAPONE
Forscherin an der Seconda Università degli Studi
di Napoli, Abteilung für experimentelle Medizin
„Magrassi-Lanzara“, Neapel (Italien). Ihr Forschungsschwerpunkt ist die Permeabilität des
Darms. Zudem hat sie in führenden internationalen
Fachzeitschriften als Hauptautorin publiziert.
MICHAEL SCHUMANN
Internist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
der Klinik für Gastroenterologie, Rheumatologie
und Infektiologie am Campus Benjamin
Franklin der Charité, Berlin.
Gluten
4
1
1 | GLUTEN
Als Bestandteil von Weizen, Gerste,
Roggen und einigen anderen Getreidesorten ist Gluten ein Proteinaggregat, das sich zu 45 Prozent aus
Gliadinen und zu 55 Prozent aus
Gluteninen zusammensetzt.
Gluten bildet in wässriger Lösung
eine retikuläre, elastische und poröse Masse, welche die Hauptstruktur
des Teigs für die Brotherstellung darstellt. Physikalisch gesehen ist seine
Haupteigenschaft zäh-elastisch. Dies
zeigt sich daran, dass das „Material“
sowohl elastisch als auch plastisch ist
und die Fähigkeit besitzt, seine ursprüngliche Form zu verändern. Aus
backtechnischer Sicht seien die praktischen Vorteile von Gluten erwähnt,
etwa die Zunahme des Teigvolumens
von mit Backtriebmitteln hergestellten Produkten oder die Bindung der
Stärke während des Backvorganges.
Physiologisch gesehen trägt Gluten
dazu bei, die Assimilation der Stärke
während der Verdauung zu verzögern.
Roggen
Gerste
Weizen
Glutenine
Gluten
+ Energie
+ H2O
Gliadin
Glutenin
Gliadine
Gliadine (40 bis 50 unterschiedliche
Moleküle) sind einkettige monomere Proteine, die wenige molekulare Wechselwirkungen eingehen.
Sie verleihen dem Teig Dehnbarkeit.
Glutenine sind vielkettige polymere
Proteine, die viele molekulare Wech-
ARG
180
VAL
ILE
VAL
PRO
ILE LEU
HIS
GLN
GLN
190
GLN GLN GLN
GLN
PRO
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SER
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169
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PHE
SER
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HIS
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ARG
ALA
GLN
LEU
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GLN
GLN
266
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255
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TRP
SER
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PRO 260
GLN 160 LEU
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PHE
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TYR
PHE
GLN
HIS
GLY ILE
GLN PRO TYR
ASN
VAL
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PRO 60
80
GLN
GLN
PRO
GLN
157 ASN
ILE
GLN
LEU
247
CYS
PRO 200
SER
PRO
PHE
156 CYS
GLN
LEU
GLN
LEU
MET
CYS CYS LEU
GLN
GLU
GLU
GLN
126
GLU
GLN
ALA
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MET
PHE
GLN
PRO
GLN
LEU
GLN 120
240
LEU
ARG
ASP
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GLN
LEU
GLN
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LEU ALA LEU ASN
LEU
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VAL
GLN
PRO 230
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GLN 150
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PRO 90
130
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PRO
GLN
THR
GLN
GLN
GLN
LEU
GLN
GLN
LEU
THR
GLU 20
GLN
GLN
GLN
LEU
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SER
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PRO
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VAL
GLN
GLN
VAL
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PHE PRO
GLN
PRO
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GLN
GLN
ASN
GLN
GLY
SER 210
PRO
GLN
LEU
LEU
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GLN
GLN
GLN
PHE
GLN
VAL
VAL
PRO
110
ALA
ALA
ARG
TYR
GLN
ALA 220
GLN
GLN
GLN 100
HIS
PRO
PRO
GLN
GLN
SER
GLN
GLN
GLY ARG
SER
GLN
GLN
GLN
PRO
GLN
140
ASN GLN
GLN
GLN 40 GLN
GLN
30
GLN
PHE
GLN
PRO
GLN
LEU
PRO
GLY
PHE
GLN
GLN
PRO
GLN
VAL
PRO
6
selwirkungen eingehen. Durch sie erhält der Teig Elastizität. Sie bestehen
aus HMW-Untereinheiten (High
Molecular Weight, drei bis fünf verschiedene Moleküle) und LMW-Untereinheiten (Low Molecular Weight,
16 bis 25 verschiedene Moleküle).
GLN PRO
SER
70
TYR
PRO
LEU
GLN
PRO
ALA
HIS
VAL
VAL
Struktur des Gliadins
1 | GLUTEN
Struktur
des HMWGlutenins
lin dank einer Oxidase abgebaut, die
es über die Zwischenstufe Glutamaty-Semialdehyd in Glutaminsäure
umwandelt. Die vom Organismus
synthetisierbare Glutaminsäure ist
sowohl eine Proteinkonstituente als
auch ein erregender Neurotransmitter des Nervensystems als Vorstufe
zur γ-Aminobuttersäure (GABA).
Damit die Glutaminsäure ins Gehirn
gelangen kann, wo sie für die Proteinbiosynthese verwendet wird, muss sie
in Glutamin umgewandelt werden.
Gliadine und Glutenine gelten wegen des hohen Anteils an Prolin
als schwer verdaulich. Verdauungsprobleme im Zusammenhang mit
Prolin entstehen im Wesentlichen
durch das Fehlen jener Verdauungsenzyme im menschlichen Darm,
die als Prolylendopeptidasen (PEP)
bezeichnet werden.
Als nicht essenzielle Aminosäure, die
demnach vom menschlichen Organismus synthetisierbar ist, wird Pro-
Prolin
Glutaminsäure
COOH
HN
C
H2C
CH2
CH2
H
Glutamin
COOH
H2N
C
H
COOH
H2N
C
CH2
CH2
CH2
C=O
COOH
NH2
H
EIN GLUTEN, SO VIELE PROTEINE
Die im Samen einer einzelnen Weizensorte vorhandenen Speicherproteine
machen zwar nur zehn bis 15 Prozent des Trockengewichts aus, sind
aber äußerst heterogen (bis zu 100
verschiedene Moleküle). Dank dieses Polymorphismus lässt sich jede
kultivierte Sorte anhand der ihr
eigenen Speicherproteinkomposition identifizieren („Fingerprint“).
Besonders hoch ist der allelische
Polymorphismus bei den Gliadinen. So wurden beispielsweise in
italienischen Weichweizensorten 25
Allele für die α-Gliadine gefunden,
die sich am Chromosom 6A befinden, 22 Allele am Chromosom 6B
und 19 Allele am Chromosom 6D.
Die ausschlaggebenden Antigen
wirkenden Epitope für eine potenzielle Glutenunverträglichkeit
beim Menschen sind in diesen
α-Gliadinen enthalten.
8
Der hohe Prolin- und Glutamingehalt von Gluten verhindert die vollständige Proteolyse durch Verdauungsenzyme, sodass sich die langen
toxischen Oligopeptide im Dünndarm ansammeln.
Gliadinpeptide haben unterschiedliche Wirkungen auf die verschiedenen Systeme:
LGQQQPFPPQQPY verursacht: Agglutination von K538-Zellen, Apoptose,
Neuanordnung des Aktins mit Induktion morphologischer Veränderungen
im Darm des Zöliakiepatienten, ist
aber für T-Zellen nicht immunogen.
QLQPFPQPQLPY ist für T-Zellen
immunogen, löst jedoch keine
Veränderungen im Darm des Zöliakiepatienten aus.
1 | GLUTEN
Glutensensitivität
10
2
2 | GLUTENSENSITIVITÄT
DEFINITION
Unter „Glutensensitivität“ (GS) fallen jene Fälle von Reaktion auf Gluten, die zwar mit ähnlichen Symptomen wie Zöliakie oder (gastrointestinale) Weizenallergie einhergehen,
aber nicht diesen beiden Krankheits-
bildern zugeordnet werden können.
Man definiert Glutensensitivität (Gluten Sensitivity) folglich als „Reaktion
auf die Aufnahme von Gluten bei
Fällen, in denen Zöliakie und Weizenallergie ausgeschlossen wurden“.
EPIDEMIOLOGIE
Wenn weder der klassische Zöliakieassoziierte, autoimmune noch der allergische Mechanismus involviert sind,
hat man es mit GS zu tun. Obwohl
noch keine Ergebnisse umfassender
Untersuchungen an der Allgemeinbevölkerung vorliegen, scheint dieser
Befund sechs bis sieben Mal häufiger
als Zöliakie. Die verlässlichsten epidemiologischen Daten beziehen sich auf
die Zöliakie: In Deutschland leidet ungefähr einer von zweihundert Einwohnern unter Zöliakie. Den etwa 60.000
bereits diagnostizierten Fällen stehen
allerdings mindestens 400.000 Betroffene gegenüber, denen zwar keine Zöliakiediagnose gestellt wurde, für die aber
ein Komplikationsrisiko besteht. Dennoch scheint der „glutensensitive“
Bevölkerungsanteil bei Weitem größer zu sein als die Gruppe der Zöliakiebetroffenen. Doch während Glutenreaktionen wie Zöliakie oder Weizenallergie an allergischen und autoimmunen Mechanismen erkennbar
und somit einfach zu diagnostizieren
sind, gibt es für GS bislang keine typischen Marker, die eine Identifizierung
erlauben würden.
DIAGNOSTISCHER ALGORITHMUS
Der „First Consensus Conference
on Gluten Sensitivity“ vom 11. und
12. Februar 2011 in London ist es
zu verdanken, dass erstmals ein diagnostischer Algorithmus „kodifiziert“
wurde. Dieser könnte endlich mehr
Klarheit zu den verschiedenen Formen von Glutenreaktion (Weizenallergie, Zöliakie, Glutensensitivität)
und zu dem angesichts der komplexen Symptomatik einzuschlagenden
Weg der Diagnosefindung schaffen.
History and Physical Exam – Initial Evaluation
Consider Differential Diagnosis
Wheat Allergy (WA)
Celiac Disease (CD)
Gluten Sensitivity (GS)
• Skin Prick Test
• Wheat Specific Serum IgE
• Gluten challenge
• tTG IgA + /EMA + Total IgA
• Deamidated AGA
• AGA
Test +
Challenge +
NO
tTG and/or
dAGA +
WA ruled out
YES
NO
Suspected GS
YES
WA diagnosis
confirmed
EGD with
biopsies
Gluten
challenge +
YES
NO
Potential CD
Biopsy positive
YES
CD diagnosis
confirmed
12
GS diagnosis
confirmed
NO
GS ruled out
Consider other
diagnosis
2 | GLUTENSENSITIVITÄT
DER DIAGNOSTISCHE ABLAUF
Der Anamneseansatz ist bei GS
von besonderer Bedeutung. Zunächst muss abgeklärt werden, ob
die betroffene Person Symptome
aufweist, die der Glutensensitivität zugeordnet werden können. Da
sich diese Symptome mit Zöliakiesymptomen überschneiden können, besteht der erste Schritt darin,
den Patienten den verfügbaren Zöliakietests zu unterziehen. Können
eine Zöliakie und auch andere typische Befunde wie etwa Weizenallergie ausgeschlossen werden, ist
dann eine Dünndarmbiopsie vorzunehmen.
Wenn jedoch mit der Biopsie keine
Erkrankung (Zöliakie eingeschlossen) festgestellt wird, kann ein Nachweis von Antigliadin-Antikörpern
den Verdacht auf GS erhärten: In
einem solchen Fall ist versuchsweise
eine glutenfreie Diät angezeigt.
Zusammenfassend sollte die Diagnosefindung wie folgt ablaufen:
1
Ausschluss von Weizenallergie – Die Klassifizierung der
Weizenallergie umfasst: respiratorische Allergien (bei Erwachsenen häufiger), u. a. Bäckerasthma
und Rhinitis; Lebensmittelallergien
(hauptsächlich bei Kindern feststellbar) mit Magen-Darm-Symptomen
(leicht zu verwechseln mit Zöliakie),
Nesselsucht (Urtikaria) und Angioödem, Bronchialverengungen, Verschlechterung der atopischen Dermatitis; WDEIA (Wheat Dependent
Exercise Induced Anaphylaxis), eine
weizenabhängige anstrengungsinduzierte anaphylaktische Reaktion, die
14
hauptsächlich durch ω-5-Gliadin
vermittelt und vom 1-B-Gen kodiert
wird, das vom Aegilops speltoides
B-Genom des Weizens abgeleitet ist;
Kontakt-Urtikaria.
2
Ausschluss von Zöliakie –
Zöliakie ist eine Autoimmunkrankheit, die von
spezifischen serologischen Markern
charakterisiert ist, vor allem AntiTissue-Transglutaminase-Antikörper
(tTG) und EMA (Anti-Endomysium-Antikörper). Wenn die serologischen Marker negativ sind, lässt
sich Zöliakie erst dann ausschließen,
wenn erwiesenermaßen kein IgAMangel vorliegt, der einen falschnegativen Befund bedingen kann.
2 | GLUTENSENSITIVITÄT
3
Suche nach den Genen
HLA DQ2/8, obwohl
nicht unbedingt erforderlich. Die Untersuchung der genetischen Ausstattung ist insofern
sinnvoll, als bei Fehlen der Heterodimere DQ2/8 in Zweifelsfällen
eine Zöliakie praktisch ausgeschlossen werden kann. Bei GS sind die
Haplotypen HLA-DQ2 und DQ8
in etwa 50 % der Fälle vorhanden,
wodurch der diagnostische Wert
des Tests weniger Relevanz hat.
Daher erfordert die sichere Diagnose eine Biopsie der duodenalen
Schleimhaut.
4
Analyse des intestinalen
Schadens – Wenn keine
Atrophie der Darmzotten
besteht, ist dies ein Zeichen dafür, dass keine Zöliakie vorliegt.
Mit einer Biopsie der duodenalen
Schleimhaut sind nämlich bei gegebener Zöliakie eine Reduktion oder das Verschwinden der
Darmzotten sowie eine erhöhte
Anzahl von IEL (intraepitheliale
Lymphozyten > 30) zu beobachten. Der erhöhte Wert der intraepithelialen Lymphozyten ist nicht
nur der erste und sensibelste Hinweis der Auswirkung des Glutens
auf die Darmschleimhaut, sondern
auch als Einzelbefund das wichtigste histologische Charakteristikum von Zöliakie. Bei Zöliakie
sind die intraepithelialen Lymphozyten auch im Magen und im Kolon erhöht.
5
Abklingen der Symptome
durch Anwendung einer
glutenfreien Ernährung –
Bei Patienten, die den diagnostischen Kriterien für GS wie zuvor
dargestellt entsprechen und deren
Symptome sich mit jenen von Zöliakiepatienten überschneiden, lässt
sich die Symptomatik lösen, indem
auch eine glutenfreie Ernährung
eingehalten wird. Wichtig bei der
glutenfreien Ernährung ist, dass diese nach dem „Doppelblindprinzip“
durchgeführt wird, um den Placeboeffekt auszuschalten.
16
2 | GLUTENSENSITIVITÄT
ANZEICHEN UND SYMPTOME
Ein Patient mit GS zeigt im Allgemeinen eine deutliche abdominale
Schmerzhaftigkeit (68 % der Fälle).
Ein Ekzem oder andere Formen von
Hautexanthemen sind bei 40 % der
Fälle gegeben. Der Betroffene kann
über Migräne (35 % der Fälle) und
an einem Fatigue-ähnlichen Syndrom (33 % der Fälle) leiden. 33 %
der Patienten klagen über Diarrhoe.
22 % der betroffenen Personen leiden unter Depressionen. Auf Ebene
des Kreislaufs kann Anämie (20 %
der Patienten) festgestellt werden,
ebenso Ameisenlaufen oder Gefühlsverlust in den distalen Gliedmaßen
(Beine, Arme, Finger). Gelenkschmerzen liegen bei 11 % der Patienten vor. Darüber hinaus können
episodisch folgende Symptome auf-
treten: Sodbrennen und/oder Übelkeit und Erbrechen (15 % der Fälle),
Darmkollern (10 %) und abdominale Blähungen (25 %), Verstopfung
(von 20 % der Fälle angegeben).
Schließlich klagen 20 % der Patienten über Gleichgewichtsstörungen
und 10 % über Glossitis.
Abdominale Schmerzhaftigkeit
Ekzem
Migräne
Anämie
Chronische Erschöpfung
Depression
UNTERSCHEIDUNG ZWISCHEN
ZÖLIAKIE UND GLUTENSENSITIVITÄT
Zöliakie ist eine autoimmune Enteropathie, die durch den Verzehr
von Gluten verursacht wird. GS
hingegen ist eine Form von symptomatischer Intoleranz gegenüber Gluten: Der Betroffene verträgt kein
Gluten und entwickelt gastrointestinale Symptome, die jenen von Zöliakiepatienten sehr ähnlich sein können. Dennoch ist das allgemeine
Krankheitsbild der Glutensensitivität in der Regel weniger schwer-
ZÖLIAKIE
GLUTENSENSITIVITÄT
Zeitraum zwischen
Glutenexposition und
Auftreten der Symptome
Wochen bis Jahre
Stunden bis Tage
Pathogenese
Autoimmune (angeborene
und adaptive Immunität)
Bislang unklare
immunologische Reaktion
HLA
HLA DQ2/8
(~ 95% der Fälle)
unklar
Autoantikörper
Positiv (hohe Sensitivität
und Spezifität)
Negativ*
Enteropathie
typisch
Fehlt; gelegentlich mittelgradige intraepitheliale
Lymphozytose (Marsh 0–1)
Symptome
Intestinale und
extraintestinale
Intestinale und
extraintestinale
Komplikationen
Begleiterkrankungen,
langfristige Komplikationen
Keine Begleiterkrankungen, langfristige
Komplikationen sind
nicht bekannt
* ausgenommen: Anti-Gliadin-Antikörper IgA und/oder IgG (AGA)
18
2 | GLUTENSENSITIVITÄT
wiegend und es finden sich weder
Anti-Tissue-Transglutaminase-Antikörper noch autoimmune Begleiterkrankungen.
Im Unterschied zu Zöliakiebetroffenen liegen bei Patienten mit GS
keine histologischen Läsionen vor,
bzw. beschränken sich diese auf
den ersten Grad der Marsh-Skala
(siehe Seite 21). Außerdem weisen
sie eine normale intestinale Permeabilität und eine Überregulierung des Claudin-4 auf. Claudine
sind integrale Transmembranproteine, die für die Funktionalität der
versiegelnden Verbindungen (Tight
Junctions) eine Rolle spielen. Tight
Junctions blockieren den Durchtritt von Flüssigkeiten zwischen
den Zellen, indem sie eine Art
Band um die Zelle herum bilden
(Zonula). Ihr Vorhandensein ist
insbesondere in den Epithelzellen
von Deckgeweben wie der Haut
oder dem Darmepithel maßgeblich, damit keine Substanzen zwischen den verschiedenen Kompartimenten durchsickern können.
Bei glutensensitiven Patienten ist eine
erhöhte Ausprägung des Toll-likeRezeptors 2 (TLR2) feststellbar, jedoch keine Veränderung der an adaptiven Immunantworten beteiligten
Zytokine TH1 und TH17 wie IL-6,
IL-17 A, IL-21: Diese sind nur bei
Zöliakiebetroffenen erhöht. Daher ist
bei Patienten mit GS eine reine Beteiligung des angeborenen Immunsystems möglich. Toll-like-Rezeptoren
sind typische Rezeptoren der adaptiven Immunität. Wie sich bei bakteriellen, viralen oder fungalen Infektionen zeigt, kommt es nach ihrer
Aktivierung zu einer Reaktion entzündlichen Typs, die hauptsächlich
von neutrophilen Granulozyten und
den Zellen des monozytisch-makrophagischen Systems getragen wird.
WAS IST DER FAKTOR FOXP3?
Um sich vor Autoimmunkrankheiten und exzessiven entzündlichen
Reaktionen zu schützen, nutzt das
Immunsystem eine Reihe von zentralen und peripheren regulierenden
Mechanismen, die zusammen als
immunologische Toleranz bezeichnet werden. Die immunologische
Toleranz wird durch zumindest drei
Hauptmechanismen sichergestellt:
klonale Deletion, Anergie und Suppression. Anergie ist das Abschalten
der proliferativen und effektorischen
Reaktionen der T-Lymphozyten nach
dem Erkennen des Antigens. Dieses
Abschalten wird durch zahlreiche Signalwege reguliert, von denen viele
an die doppelt (sowohl aktivierend
als auch unterbindend) wirkenden
Membranmoleküle der Oberfamilie des CD28-Rezeptors gebunden
sind. Suppression ist das Ergebnis der
Aktivität einer Subpopulation von
CD4+ T-Lymphozyten, die als TReg
bekannt ist. TRegs (regulatorische TZellen) sind durch die Ausprägung
der α-Kette des Interleukin-2-Rezeptors (CD25) und durch den FOXP3Transkriptionsfaktor charakterisiert.
FOXP3 agiert sowohl als Aktivator
als auch als transkriptioneller Repressor, weshalb die durch ihn bedingten Mutationen die Entwicklung von Autoimmunkrankheiten
verursachen.
Intraepitheliale CD3+ Lymphozyten (in Braun) in der Darmschleimhaut
Glutensensitivität
20
Normale Kontrolle
Zöliakie in der aktiven Phase
2 | GLUTENSENSITIVITÄT
Im Unterschied zur Zöliakie sind
bei GS keine Autoimmunantikörper
vorhanden und eine mögliche, wenn
auch nur minimale Darmschädigung
(Marsh 0–1) bildet sich mit einer
glutenfreien Diät zurück. Histologisch betrachtet, ist beim normalen
Darm die Höhe der Zotten größer
als die Tiefe der Krypten (Verhältnis
Zotte/Krypte > 3). Nimmt dieser
Verhältniswert ab, bedeutet dies eine
progressive Schädigung der Darmschleimhaut, bis hin zur vollständigen Verflachung der Zotten. Bei
Zöliakie sind typischerweise die Enterozyten in Mitleidenschaft gezogen
(Vakuolisierung); dies ist auch bei
vielen anderen Darmerkrankungen
der Fall, etwa bei der postinfektiösen chronischen Diarrhoe oder der
Abetalipoproteinämie. Die Typisierung des Zellinfiltrats der Lamina
propria kann wichtige Hinweise auf
die Art der Erkrankung liefern: Eine
Erhöhung des eosinophilen Infiltrats
weist auf eine eosinophile Gastroenteritis oder eine allergische Enteropathie hin, während das Fehlen
von Plasmazellen mit Agammaglobulinämie in Verbindung gebracht
wird. Die enzymatische Analyse der
Biopsien kann einen Laktase-, Saccharase- oder Maltasedefekt zeigen.
Entsprechende Färbungen des apikalen Zytoplasmas können auf eine
mikrovilläre Atrophie hinweisen.
Der Marsh-Index kodifiziert das histologische Diagnoseschema von Zöliakie: Bei Typ 0 (Normalzustand) werden in der Darmschleimhaut weniger
als 30 IEL pro 100 Enterozyten
nachgewiesen, während Typ 4 eine
äußerst seltene Läsion bedeutet, die
von einer totalen Zottenatrophie mit
normalen IEL-Werten gekennzeichnet ist. Bei Zöliakie liegt der MarshIndex üblicherweise bei 3, kann aber
von 1 bis 3c variieren. Bei Glutensensitivität spricht man von Marsh 0–1,
wobei 0 für einen normalen Zustand
der Zotten steht und 1 für eine Läsion infiltrativen Typs mit normaler
Zottenarchitektur und in der Norm
liegendem Schnitt der Krypten, aber
erhöhter Anzahl der IEL (zwischen 30
und über 100 IEL pro 100 Enterozyten). Die Marsh-Klassifizierung ist
hilfreich, um Darmschädigungen
präzise und rasch zu bewerten; außerdem erlaubt sie eine Gegenüberstellung verschiedener Läsionen in
unterschiedlichen Zeiträumen, um
jene Patienten besser kontrollieren zu
können, die nur langsam auf eine glutenfreie Ernährung ansprechen.
Therapeutische
Indikationen
22
3
3 | THERAPEUTISCHE INDIKATIONEN
Die Therapie darf erst nach angemessener Diagnose erstellt werden.
(1) Wenn aufgrund der Anamnese
und mit entsprechenden klinischen
Tests Weizenallergie und Zöliakie ausgeschlossen werden können (durch
Bestimmung der spezifischen Antikörper im Serum: tTG/EMA/dAGA
negativ und normale Gesamt-IgA);
(2) die Darmbiopsie in der Norm
liegt und keinen Hinweis auf Zottenatrophie liefert; (3) im Serum Anti-Gliadin-Antikörper IgA und/oder
IgG (AGA) möglicherweise vorhanden sind; (4) andere, möglicherweise
für die Symptome verantwortliche
Erkrankungen ausgeschlossen wur-
den und (5) eine Verbesserung der
Symptomatologie durch den Verzicht
auf glutenhaltige Produkte festgestellt
wird, kann der Patient als glutensensitiv „etikettiert“ und über einen bestimmten Zeitraum mit einer glutenfreien Ernährung behandelt werden.
Normalerweise führt die Vermeidung von glutenhaltigen Nahrungsmitteln bei Menschen mit GS in relativ kurzer Zeit zu einem Rückgang
der Anzeichen und Symptome. Unabhängig davon, ob Weizenallergie,
Zöliakie oder Glutensensitivität vorliegt, ist die Behandlung immer die
gleiche: Es geht darum, Gluten aus
der Ernährung zu verbannen.
DENNOCH IST DER UNTERSCHIED ZWISCHEN DEN DREI FORMEN VON
GLUTENUNVERTRÄGLICHKEIT SIGNIFIKANT:
Bei Weizenallergie kann ein zeitweiliger Verzicht auf glutenhaltige Nahrungsmittel
reichen, außerdem kann die Verabreichung von Cortisonen notwendig sein.
Bei Zöliakie muss die glutenfreie Ernährung auf Dauer erfolgen (der Zöliakiebetroffene
darf Zeit seines Lebens keine glutenhaltigen Nahrungsmittel zu sich nehmen, selbst
solche nicht, in denen Gluten nur in Spuren vorhanden ist).
Bei Glutensensitivität kann die Unterbrechung einer glutenhaltigen Ernährung
ebenfalls zeitlich beschränkt werden. Allerdings sollte generell ein Zeitrahmen von
ein bis zwei Jahren nicht unterschritten werden.
Klinische
Fälle
24
4
4 | KLINISCHE FÄLLE
FALLSTUDIE 1
JUNGE FRAU MIT VERDACHT AUF PRIMÄR BILÄRE ZIRRHOSE
FINALE DIAGNOSE: GLUTENSENSITIVITÄT
Anzeichen und Symptome: schwere Asthenie, Anorexie, refluxähnliche Dyspepsie,
retrosternales Brennen, Diarrhoe mit Gewichtsverlust von etwa 10 kg
in 3 Monaten und Hautjucken. Keine abdominalen Schmerzen.
24 Jahre
Klinische Abklärungen
Therapie
• Instrumentale Tests: mittels Gastroskopie
wird eine Ösophagitis vom Grad A nach LosAngeles-Klassifikation nachgewiesen; kardiale
Inkontinenz; chronische Duodenitis mittleren
Grades mit abwechselnden Bereichen mit fingerförmigen Zotten und anderen mit kürzeren,
dickeren Zotten (Marsh 1).
Es wird eine Corticosteroidtherapie verordnet, jedoch ohne Besserung der Symptome. Aufgrund
einer Prädisposition für Zöliakie und der typischen
gastrointestinalen Symptomatologie wird die Patientin auf eine glutenfreie Ernährung gesetzt.
• Biohumorale Tests: autoimmune Serologie und
Zöliakiemarker negativ, lediglich erhöhte Werte
der AGA IgA, des Haplotyps HLA DQ2 und der
Alkalischen Phosphatase.
Die glutenfreie Ernährung bewirkt eine deutliche
Besserung der Symptome, das Verschwinden des
Juckreizes und eine Reduktion der Alkalischen
Phosphatase auf Normalwerte.
Ergebnisse
Diagnose
• Verdacht auf Primäre Biläre Zirrhose, daher
wird der Patientin nach der Regel „see and
wait“ eine Therapie mit PPI und Motilitätsmedikamenten verschrieben.
• Aufgrund der Verschlechterung der Symptome
wird eine Untersuchung auf AMA und andere
typische Marker für hepatische Krankheiten
durchgeführt, die negativ verläuft. Eine hepatobiläre-splenische Sonographie mit hepatischer
Biopsie bringt ebenfalls negative Ergebnisse.
1
FALLSTUDIE 2
45-JÄHRIGE FRAU MIT REZIDIVIERENDEN OBERBAUCHSCHMERZEN
FINALE DIAGNOSE: GLUTENSENSITIVITÄT
Anzeichen und Symptome: rezidivierende Oberbauchschmerzen nicht kontinuierlich,
sondern mehrfach wöchentlich, ohne eindeutigen Zusammenhang zur Nahrungsaufnahme.
Gelegentlich besserten sich die Beschwerden nach dem Stuhlgang. Durchfälliger Stuhl
bei einer formal nicht als Diarrhoe zu wertenden Stuhlfrequenz (2–3 pro Tag).
45 Jahre
Klinische Abklärungen
Ergebnisse
• Keine gastroenterologische Vorerkrankungen und
Operationen.
Auf die positive Gliadinserologie und die gering
erhöhten IELs in der Dünndarmschleimhaut hin
hatte die Patientin eigenständig recherchiert und
daraufhin vor fünf Monaten eine glutenfreie Diät
(GFD) begonnen. Diese führte zu einer Beschwerdebesserung hinsichtlich Schmerz- und Stuhlsymptomatik. Die Patientin ist nun gespannt, ob diese
Mischsituation als Zöliakie einzustufen ist. Sie
hätte aber auch in Internetforen den Begriff der
Glutensensitivität gelesen, könne diesen jedoch
nicht sicher einordnen. Es wird mit der Patientin
eine Gluten-Reexposition vereinbart: Sie nimmt
über drei Monate wieder glutenhaltige Kost (ca.
15 g pro Tag) zu sich. Daraufhin werden Gastroskopie und Zöliakieserologie wiederholt. Nach diesen
drei Monaten haben sich die Beschwerden wieder
eingestellt. In der genannten Funktionsdiagnostik
finden sich allerdings die gleichen Veränderungen
wie bereits eingangs geschildert. Die Patientin
drängt nun, ihre Diät erneut auf eine GFD umzustellen. Unter der Vorstellung einer Glutensensitivität wird diesem Wunsch entsprochen – bei einem
Wiedervorstellungstermin nach wenigen Wochen
in der Sprechstunde schildert sie, bereits eine Beschwerdebesserung erfahren zu haben.
• Symptomatik bereits seit 4 Jahren, deswegen zwischenzeitlich eine beträchtliche Zahl an Funktionsuntersuchungen durchgeführt: Abdomensonographie, Gastroskopie, Atemtests auf Laktoseintoleranz und bakterielle Fehlbesiedlung unauffällig.
• Gastroskopie mit 4 Biopsien aus dem Duodenum
(3 x Pars descendens duodeni, 1 x Bulbus duodeni),
deren histologische Untersuchung eine normale
Architektur der Dünndarmschleimhaut zeigte.
Intraepitheliale Lymphozyten jedoch grenzwertig
erhöht (38 IELs pro 100 Enterozyten).
• Koloskopie zeigte lediglich zwei Polypenknospen,
die mit der Zange entfernt werden konnten, aber
sicherlich keine Erklärung für die Symptomatik
der Patientin darstellen.
• Labordiagnostik umschließt einen normozytären
Hämoglobinwert von 11.5 g/dl im Blutbild, Normalwerte für Nieren- und Leberparameter, eine
normwertige Elastase im Stuhl.
• Aufgrund der geringen IEL-Erhöhung in den
Duodenalmukosaproben Zöliakieserologie durchgeführt: Transglutaminase-IgA-Level normal, Gliadin-IgA-Level erhöht. Überweisung in die gastroenterologische Sprechstunde. Da die Patientin in
den letzten Jahren mehrfach im südeuropäischen
Ausland Urlaub machte, wird eine Lambliendiagnostik im Stuhl nachgeholt: Ergebnis negativ.
26
2
4 | KLINISCHE FÄLLE
FALLSTUDIE 3
JUNGE FRAU MIT ANALFISTEL UND VERDACHT AUF MORBUS CROHN
FINALE DIAGNOSE: ZÖLIAKIE
Anzeichen und Symptome: seit der Adoleszenz rekurrierende abdominale Schmerzen
in Verbindung mit einem vorrangig diarrhoischen Stuhl.
28 Jahre
Diagnosefindung
Diagnose
Einweisung in die allgemeine Chirurgie Anfang
1996 aufgrund von schmerzenden und blutenden hämorrhoidalen Knoten im Analbereich sowie
Analrhagaden. Ein Fistelgang, der sich bis zum
inneren Schließmuskel ausdehnt, und ein hämorrhoidaler Prolaps werden erkannt. Eine Hämorrhoidektomie mit Fistelektomie und plastischer
Chirurgie des Anus wird durchgeführt. Bei der Entlassung wird eine lokale Therapie verordnet. Nach
fast einem Jahrzehnt wird die Patientin wegen
Verschlechterung der diarrhoischen Symptome,
starkem Gewichtsverlust, abdominaler Distension,
markanter Hypoproteinämie, serologischen Elektrolytentgleisungen und dreifach erhöhten Transaminasen neuerlich stationär aufgenommen.
Morbus Crohn im ilealen Bereich, erschwert
durch eine perianale Erkrankung, Hashimoto-Thyreoiditis der Schilddrüse, Diabetes mellitus Typ I.
Klinische Abklärungen
• Hämatochemische Tests: leichte makrozytische
Anämie mit Reduktion von Folsäure und B12,
leichte Erhöhung der PCR, Negativität für das
gesamte Autoantikörpermuster mit Ausnahme
einer Erhöhung der GAD Ab, TG Ab, TPO Ab,
HLA DQ2 positiv.
Therapie
Als erste Vorkehrung Kortisontherapie in niedriger
Dosierung und Mesalazin. Okuläre Hypertonie und
Hyperglykämie treten auf. Die Therapie wird abgebrochen, die Symptome werden neuerlich akut.
Die histologische Analyse ist mit einer möglichen
Zöliakie kompatibel, die HLA sind positiv. Die
Patientin hält eine glutenfreie Ernährung ein.
Ergebnisse
Dank der glutenfreien Ernährung zeigt sich eine
nachhaltige Besserung des Zustands. Sporadische
Rekrudeszenzen der proktologischen Symptomatologie in Zusammenhang mit okkasionellen und
nicht gewollten Kontaminationen mit Gluten. Die
Patientin leidet nicht an Morbus Crohn, wohl aber
an Zöliakie. Die Nachkontrollen ergaben keine Entzündungen im Bereich des Ileums.
• Instrumentale Tests: die ÖGD zeigte eine RefluxÖsophagitis, antrale Gastropathie HP-negativ
und fokale Zottenatrophie II. Grades nach Marsh
im Bereich des Zwölffingerdarms. Eine Darmspiegelung zeigt schließlich eine Ileitis terminalis und eine unspezifische chronische Proktitis.
3
Dr. Schär
28
5
5 | DR. SCHÄR
Innovative Lösungen für besondere
diätetische Ernährungsbedürfnisse, die
hinsichtlich Genuss und Geschmack
richtungsweisend sind: Dies ist seit
über 30 Jahren das Leitprinzip des
Unternehmens Dr. Schär. Als Pionier und unumstrittener europäischer
Marktführer im Segment glutenfreie
Nahrungsmittel hat das Unternehmen mit den sechs Marken Schär,
DS, Glutano, Beiker, Glutafin und
Trufree ein breites Sortiment an glutenfreien Trocken- und Tiefkühlprodukten geschaffen. Beliebt und gefragt sind diese Produkte, die weltweit
vertrieben werden, nicht nur wegen
des hohen Qualitätsstandards, der
absoluten Sicherheit und ihrem Innovationsgehalt, sondern auch wegen
des köstlichen Geschmacks. Um der
Herausforderung gerecht zu werden,
gesunde Ernährung für Zöliakiebetroffene, schmackhafte Produkte sowie höchstmögliche Sicherheit und
Qualität in Einklang zu bringen,
hat Dr. Schär schon sehr früh in die
Forschung investiert und eine eigene
Forschungs- und Entwicklungsabteilung aufgebaut. Die dort von Experten gewonnenen wissenschaftlichen
Erkenntnisse fließen – zusammen mit
Ergebnissen aus der Marktforschung
und dem ständigen Dialog mit Kunden und Verbrauchern – in die Produktentwicklung ein. Nur so ist es
möglich, stets am Puls der Zeit zu bleiben und Zöliakiebetroffenen kontinuierlich hochattraktive, innovative Produkte zur bestmöglichen Lösung ihres
Ernährungsproblems anzubieten.
Das Dr. Schär Institute ist die internationale Wissensplattform von
Dr. Schär, die Ernährungsexperten
und Mediziner bei der Betreuung
von Zöliakiebetroffenen und Patienten mit Glutensensitivität (Gluten
Sensitivity) unterstützt. Gerade in
diesem Bereich ist ständige Weiterbildung von essenzieller Bedeutung.
Deshalb bietet die Abteilung Professionals, der international operierende Ernährungsexperten angehören, einen kompetenten Service
für alle Fachleute, die sich mit glutenbedingten Erkrankungen und ausgewogener glutenfreier Ernährung befassen. Um den Erfahrungsaustausch
mit der Welt der Wissenschaft zu fördern, die Aufmerksamkeit gegenüber
glutenassoziierten Erkrankungen zu
steigern und vor allem das tägliche
Leben jener zu erleichtern, die eine
www.drschaer-institute.com
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glutenfreie Ernährung einhalten,
bedient sich das Dr. Schär Institute
eines wissenschaftlichen Komitees
aus Kinderärzten, Gastroenterologen, Spezialisten der Ernährungswissenschaften und anderen Experten
aus ganz Europa.
Auf unserer Webseite www.drschaerinstitute.com finden Sie eine Auswahl von Informationsmedien, die
wir eigens für die in diesem Bereich
arbeitenden Fachleute erstellt haben,
sowie eine vollständige Bibliothek
aller aktuellen Studien zum Thema
Zöliakie, Gluten Sensitivity und glutenfreie Ernährung mit Richtlinien
für Diagnose und Therapie.
BIBLIOGRAPHIE
WEITERFÜHRENDE BIBLIOGRAPHIE
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coeliac disease in childhood with functional gastrointestinal disorders:
a prospective study in patients fulfilling Rome III criteria, R. Turco,
G. Boccia, E. Miele, E. Giannetti, R. Buonavolonta`, P. Quitadamo, R.
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Smecuol, Sonia Niveloni, Roberto Mazure, Eduardo Maurino, Pascale
Aeschlimann, Walter Binder, Daniel Aeschlimann, and Julio C. Bai
21 The Lancet - Gluten sensitivity: from gut to brain, Marios Hadjivassiliou, David S Sanders, Richard A Grünewald, Nicola Woodroofe,
Sabrina Boscolo, Daniel Aeschlimann
22 The American Journal of Gastroenterology - Between Celiac Disease and Irritable Bowel Syndrome: The “No Man ’s Land” of Gluten
Sensitivity, Elena F. Verdu, David Armstrong, Joseph A. Murray
23 International Archives of Allergy and Immunology - Different Profiles of Wheat Antigens are recognised by patients suffering from Coeliac Disease and IgE-Mediated food allergy, Claudia Constantin, Wolf
Dietrich Huber, Gerhard Granditsch, Margit Weghofer, Rudolf Valenta
24 Schizophrenia Research - Novel immune response to gluten in
individuals with schizophrenia, Diana Samaroo, Faith Dickerson, Donald D. Kasarda, Peter H.R. Greend, Chiara Briani, Robert H. Yolken,
Armin Alaedini
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Dr. Schär AG/SPA, Winkelau 9, I - 39014 Burgstall / Postal
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