Inhalt 20 Seiten - Weinkeller Riegger AG

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Inhalt 20 Seiten - Weinkeller Riegger AG
trouvailles
de france
Zu Tisch!
Liebe Leserinnen, liebe leser
Wenn ich an Frankreich denke... Unser westlicher
Nachbar überrascht uns immer wieder mit unübertrefflicher Grandeur. Unvergesslich ein Tag in
Beaune, als wir uns für Burgunder Weine interessierten. Der Besitzer einer Maison du vin hörte
unser Begehren an wie ein Pater die Beichte,
schaute auf die Uhr, las fünf vor zwölf, erhob sich
und verkündete: «Madame, Monsieur, la France
va bouffer.» Für die Marseillaise war die Zeit zu
knapp.
Für eine französische Cave ist klar, dass ihre Weine auf die karte
ausgezeichneter restaurants gehören. so sehen es alle – vom
vigneron bis zum baron.
Diese erwartung wird vor dem ersten schluck wein schon in der
muttermilch aufgenommen und an der heimischen tafel gepflegt.
so Wie bei Baron Patrick de ladoucette in seinem château du nozet
bei Pouilly-sur-loire.
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Titelbild: Baron Patrick de Ladoucette auf Château du Nozet
Herausgeber: Weinkeller Riegger AG · Texte: Paul Imhof · Konzept, Layout, Fotografie und Produktion: Dani Schranz
Korrektorat: Françoise Reutimann · Druck: Druckerei Kyburz, Dielsdorf · Auflage 130000 Exemplare · © by Weinkeller Riegger AG
Der Auftritt wirkt etwas pathetisch, besonders in
Zeiten, da sich ein Leben binnen Sekunden in digitale Beliebigkeit auflösen kann. Doch es geht hier
um Identität und Bewusstsein, um Überzeugung
und Loyalität. Wenn ich an Häuser wie Deutz, de
Ladoucette und Léon Beyer denke, an Domaines,
mit denen wir schon seit Jahrzehnten zusammenarbeiten, oder auch an neue wie Cave Aureto, so
weiss ich, worauf ich mich verlassen kann. Verträge brauchten wir nie.
Seit bald 40 Jahren vertreten wir Champagne
Deutz, auch dank Max Kehl, dem legendären Zürcher Spitzenkoch. Kehl hat uns manche Tür geöffnet; nicht nur zu Deutz, auch ins Elsass sind wir
zusammen gefahren und haben dort Léon Beyer,
Maire von Eguisheim, und Gaby Massenez, den
grossen Distillateur, getroffen.
Gegen Ende der 1970er-Jahre lernte ich durch
einen Agenten Patrick de Ladoucette kennen, der
damals nach La Chaux-de-Fonds exportierte. Für
ihn waren wir Türöffner für die Deutschschweiz.
Und ihm, dem gewandten Weltbürger und alten
Freund, habe ich zu verdanken, dass ich im letzten
Moment auf den Kauf eines faulen Aktienpakets
verzichtet habe. Ich hatte an eine todsichere Anlage gedacht, an etwas Institutionelles wie die
Swissair, erzählte das dem Baron, und der sagte
bloss: «Finger weg von einer Firma, die in Belgien
und Frankreich Schrott zusammenkauft.» Das
Geld bleibt im Keller länger flüssig.
In der Provence trank ich einmal einen kernigen,
auffallend guten Rosé. Ich erfuhr, dass er von
einem Schweizer stamme, der ein Hotel mit Weingut besitze und seine Gäste auf Velos der Spitzenklasse die Gegend erkunden lasse. So lernte ich
Werner Wunderli kennen und kam dann mit Andy
Rihs ins Gespräch. Die Chemie stimmte. Wir freuen
uns, die Weine der Cave Aureto zu importieren.
Allen genannten Gütern ist das Bewusstsein eigen,
ein unverfälschtes Produit du terroir anzubieten.
Für mich ist dieses Selbstverständnis, diese Lust an
der Identität, immer noch eine der herausragenden
Eigenschaften Frankreichs. Ob es nun um grüne
Linsen aus Le Puy geht oder um Charolais aus dem
Burgund.
Peter Riegger
PS: Die vorgestellten Caves werden an der
Frühlingsdegustation von Freitag und Samstag,
27. und 28. März, in Birrhard vertreten sein.
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«Wir haben eine Kundschaft von Kennern»
Für Fabrice B. Rosset, Chef von Champagne Deutz, ist das Mass aller
Dinge der Stil des Hauses, die Assemblage des Brut classic.
Bei keinem andern Wein spielt der Name des Produzenten eine wichtigere Rolle als beim Champagner. Der Name steht für Stil, Zuverlässigkeit und
Qualität. Bei jedem andern Wein würde man sich
verbitten, für eine Flasche ohne konkrete Inhaltsangabe, weder Jahrgang noch Terroir noch Traubensorten, 30 bis 40 Franken und mehr zu bezahlen.
Anders ausgedrückt: Bei keinem Wein verlangt
die Kellerarbeit mehr Fingerspitzengefühl, Erfahrung und Selbstvertrauen als beim Champagner. In
ihm wirkt sich das ganze Spektrum önologischer
Kompetenz und Komplexität aus, kumuliert in der
Zahl der Weinlagen und Jahrgänge, die zur Cuvée
assembliert werden. Jahrgangschampagner mögen
zwar durch Exklusivität auffallen, aber die Kunst,
Jahr für Jahr aus variablen Zutaten nach demselben
Grundrezept den Geschmack des Hauses zu schaffen, führt zu höherer Reputation als die Selektion
reiner Lagen- und Jahrgangschampagner. Und zu
einer Umkehrung der Werte: Was bei Stillweinen
verpönt ist, gilt beim Champagner als Gipfel der
Meisterschaft.
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«Es ist ein Challenge, auch in einem schlechten
Jahr einen guten Non-millésimé zu machen», erklärt Fabrice B. Rosset, Präsident und Generaldirektor von Champagne Deutz, im gediegenen Sitz
des Traditionshauses in Aÿ. «Wenn man Deutz zu
den Toperzeugnissen zählt, was viele tun, dann ist
das vor allem dem hohen Niveau des Non-millésimé Deutz Brut classic zu verdanken.»
Natürlich keltert auch Deutz Jahrgangschampagner und Cuvées wie Amour de Deutz, einen Blanc
des Blancs von herausragender Prägnanz. Gut
87 Prozent der verkauften Flaschen enthalten freilich Brut classic. «Wir haben eine Kundschaft von
Kennern», betont Rosset, «eine internationale
Kundschaft, die in New York diniert hat und auf
dem Rückweg nach Tokio einen Stopover in Paris
einschaltet, und da muss die Flasche Deutz Brut
classic immer gleich schmecken.»
Der Stopover kann auch in Zürich stattfinden, an
Deutz Brut classic mangelt es nicht – etwa im neuen
Restaurant Walter im Airside Center. Der Erfolg gibt
Deutz recht, er ist das Resultat von Eigenständigkeit, Qualität und Konstanz. Nicht grundlos vertraut Weinkeller Riegger als Importeur für die
Schweiz diesem Haus seit fast 40 Jahren.
Die Geschichte der Firma beginnt mit William
Deutz und Pierre-Hubert Geldermann, 1809 respektive 1811 in Aachen geboren. Die beiden wanderten in die Champagne aus und gründeten 1838
in Aÿ eine Handlung. Sie kauften «Roh-Cuvées»,
degorgierten sie, gaben Dosagen dazu, etikettierten die Flaschen und verkauften sie nach England,
Deutschland und Russland.
Was Deutz fehlte, waren eigene Reben – in der
Champagne nichts Ungewöhnliches. Geologie und
Meteorologie sowie althergebrachte Besitzverhältnisse legten die Basis für ein eigenwilliges Modell.
Die Champagne liegt so nahe bei Paris, dass die
kurzen Wege dem Weinverkauf förderlich waren.
Man gab sich in der Hauptstadt mit den bleichen
und säuerlichen Stillweinen zufrieden. Die knappen Vegetationszyklen liessen die Trauben nicht
immer ausreifen, und frühe Kälteeinbrüche verhinderten, dass die Weine ausgegoren abgefüllt wurden. Beim Einsetzen wärmerer Temperaturen
begannen sie in den Flaschen wieder zu gären,
gerne in den Kellern der Kunden. Flaschen platzten, andere hielten dank besserer Glasqualität dem
Druck der gefangenen Kohlensäure stand.
Als sich die wahre Bestimmung der Weine aus der
Champagne offenbarte, gehörten die Weingärten
längst mehreren tausend Besitzern – heute rund
15000 Winzer bei 290 Maisons de Champagne und
25 Coopératives. Firmen, die sich bereits einen
Namen gemacht und ein Verkaufsnetz aufgebaut
hatten, bezogen von den zahlreichen Winzern
Trauben oder Moste und veredelten sie selber. Aus
dem Zwang, mit den gebräuchlichen Sorten Pinot
noir, Pinot Meunier und Chardonnay trinkbare
Weine zu keltern, entstand die Cuvée, der Verschnitt aus verschiedenen Terroirs und Jahren, die
zum Markenzeichen eines Hauses auswuchs. Zwar
erwarben viele Häuser mit den Jahren selber Rebland, auch Deutz, blieben aber auf ihre Zulieferer
angewiesen.
Die Rebflächen erstrecken sich auf dem 49. Breitengrad über rund 35 000 Hektaren in einem herben Klima auf unterschiedlichen kargen Böden. Die
Ebene über einer Schicht aus Kreide nannte man
einst Champagne pouilleuse, armselig, unfruchtbar; seit man ihr Potenzial begriffen hat, heisst sie
«trockene Champagne». Die Kreide beherrscht
den Wasserhaushalt. In diesem feinkörnigen, porösen Gestein aus kalkhaltigen Algen und den Scha-
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len winzigster mariner Lebewesen können Unmengen von Wasser gelagert werden. An der Oberfläche mag der Boden trocken sein; sind aber die
Wurzeln der Rebstöcke einmal in die Kreide eingedrungen, finden sie trotz der geringen Niederschlagsmenge immer Wasser. Nicht der Boden
hindert die Reben, so kraftvoll auszureifen wie
etwa im Burgund, sondern das Klima. Diesen
Makel gleicht der Untergrund mit der Prise Fluidum
aus, die den Champagner verzaubert und ihn auf
unnachahmliche Weise von allen andern Schaumweinen unterscheidet.
Das Mirakel ruht in der tertiären Bodenschicht,
die über der Kreide liegt. Der Geologe James E. Wilson erklärt: «Die tertiären Trümmergesteine selbst
nehmen sich recht steril aus, doch der Sand bringt
in die Textur eine Grobkörnigkeit ein, die zur Entstehung einer guten Bodenstruktur beiträgt. Ton,
Mergel und verwitterte Kreide bilden das Bindemittel für diese Partikel und verleihen dem Boden Körper. Der subtile ‹magische› Bestandteil aber ist
Braunkohle. Sie selbst trägt zur Bodenzusammen-
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setzung wenig bei, aber sie ‹würzt› den Boden mit
ihren Mineralien wie Eisen, Schwefel oder Zink»
(aus: «Terroir – Schlüssel zum Wein», Boden,
Klima und Kultur im französischen Weinbau).
Exposition, Kleinräumigkeit und Klima tragen
weiter zur Vielschichtigkeit der Weine bei. Spitzenjahrgänge gibt es in der Champagne kaum weniger
häufig als in andern Weinregionen, aber nie überall
gleichzeitig, weil sie als nördlichstes Weingebiet
Frankreichs im Grenzraum bekömmlicher Temperaturen häufiger Schwankungen ausgesetzt ist und
sofort auf Wetterkapriolen reagiert. Man kann
sicher einen Jahrgangschampagner in einem tollen
Jahr aus Reben einer bestimmten Lage keltern,
aber nicht den Basischampagner, der den Stil des
Hauses charakterisiert und in grossen Mengen produziert wird.
So degustieren bei Deutz von Januar bis Mai die
verantwortlichen Experten Fabrice B. Rosset,
Michel Davesne (Kellerchef), Joachim Verdier
(Önologe) und Jean-Marc Lallier-Deutz (Nachkomme der Gründerfamilie und verantwortlich für
den Export) die eigenen und die zugekauften Stillweine von insgesamt 200 Hektaren, die alle separat
vergoren worden sind. Für den Brut classic kombinieren sie alle drei Rebsorten zu je einem Drittel auf
der Basis der Weine von 20 bis 30 Crus des aktuellen Jahrgangs. Je nach Resultat ergänzen sie die frische Cuvée mit Weinen aus der Reserve älterer
Jahrgänge; ihr Anteil beträgt je nach den organoleptischen Eigenschaften der Weine aus dem laufenden Jahr 20 bis 40 Prozent. Am Ende sind es
circa 30 oder mehr Weinsorten, die zu Brut classic
verschnitten werden. Auf der Flasche steht kein
Jahrgang, weil in der Flasche mehrere Jahrgänge
enthalten sind – doch perlt der Wein einmal in der
Flûte, ist er garantiert drei Jahre lang im Keller auf
der Hefe gereift. Erst dann zeigt sich, wie die Cuvée
gelungen ist.
Sonderangebot
Champagne Deutz rosé
millésimé, 2009, 75cl
50.–
statt CHF 63.20
Tiefe Wurzeln, weite Sicht
Das Elsässer Gut Domaine Léon Beyer ist 435 Jahre alt. Wer so
tiefe Wurzeln schlägt, entwickelt Gelassenheit und Weitblick.
Schon beim ersten Schluck fällt auf, warum dieser
Riesling so perfekt zum Essen passt. «R de BeyeR»
alias RR, ein Grand Cru der Domaine Léon Beyer,
erfüllt den Gaumen mit substanzieller Dichte, aber
nicht so opulent, dass das Essen chancenlos verkümmern müsste – im Gegenteil, fruchtige Säure
und typische Mineralität dieser Rebsorte schaffen
zwischen Speis und Trank ein munteres Wechselspiel, das vor allem im Elsass, einer Hochburg
kulinarischer Lebenskunst, zum Hochgenuss wird.
Das zweite R von «R de BeyeR» könnte auch für
Rarität stehen, denn diesen Wein keltern die Beyers nur in guten Jahren und in limitierten Quantitäten: Vom Jahrgang 2008, der uns zu einer
Kartoffelsuppe mit kernigen Wurststückchen, zu
pochierter Lachsforelle auf Topinambur-Mousseline und zu gebratenen Kalbsnierchen begleitet,
wurden bloss 3500 Flaschen abgefüllt. Auch Juniorchef Yann Beyer war erfreut, als der Sommelier im
«L’Atelier du Peintre», einem Ein-Stern-Restaurant in Colmar, die Flasche entkorkte.
Riesling ist auf der ganzen Welt berühmt, nur nicht
in der Schweiz. Liegt es vielleicht an einer Verwechslung mit Riesling-Silvaner, einer Kreuzung,
die heute offiziell nach ihrem Kreateur MüllerThurgau genannt wird? Oder an der Schweizer Hingabe zu Chasselas, einer ausserhalb der Landesgrenze ziemlich missachteten Rebsorte? Möglich,
dass man schlicht vergessen hat, wie wundervoll
die Weine aus der Elsässer Nachbarschaft schmecken – getränkt mit Wasser, das der halben
Schweiz entspringt. Riesling gehört zum Rhein.
Nach derzeitiger Quellenlage wurde die Sorte erstmals 1435 im Rheingau erwähnt. Sie gilt als älteste
Rebsorte deutschen Ursprungs und floriert beidseits des Stroms hervorragend, auch im Elsass.
17.80,
8
17.–
18.70,
45.90, alle 75cl
Der Landstrich zwischen Rhein und den schützenden Vogesen, zwischen Jura und Pfälzerwald hat
allein in den letzten 300 Jahren sechsmal die
Staatszugehörigkeit wechseln müssen. Die Winzer-
Für bier gebaut, für wein ideal – In diesem Keller bewahrt Yann Beyer seine besten Flaschen auf.
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Beyers Laden im Touristendorf Eguisheim.
andere länder, andere Sitten. Beyer braucht Etiketten für 45 Länder.
familie Beyer in Eguisheim hat diese Fährnisse mitund überlebt, einmal französisch, dann deutsch,
wieder französisch und so weiter – ein Hin und
Her, das die Elsässer Seele mit Fatalismus imprägniert hat.
Im Büro demonstrieren in leicht abgegriffenem
Rot reihenweise Guides Michelin für mehrere Länder, wie wichtig die Betreuung der Kunden und die
Gastronomie für das Elsässer Weinhaus stets war
und geblieben ist. Gegenüber, auf der andern Seite
des gepflästerten Hofs, druckt eine handliche Maschine Etiketten aus: Beyer liefert in 45 Länder.
«Würden wir für jede Charge Etiketten in der Druckerei bestellen, käme uns das teuer zu stehen»,
erklärt Yann. 45 Länder und kein Papier, das für
mindestens zwei genügen würde? Nicht einmal bei
den Angelsachsen: Auf der britischen Etikette steht
Sulphide, auf der amerikanischen Sulfide. Bei
sieben weissen Traubensorten und einer roten,
30 verschiedenen Weinen und 45 Ländern kommt
da allerhand zusammen.
Riesling, Gewürztraminer, Pinot gris und Pinot
blanc zeichnen die Elsässer Weinkultur besonders
aus. Gewürztraminer, der mit seiner sanften, dennoch ausgeprägten Charakteristik Anfängern den
Einstieg zum Weingenuss erleichtert, aber auch
Habitués beglücken kann. Pinot gris, bis zu einer
EU-Regelung von 1993 auch Tokay d’Alsace genannt, der seine ganze Kraft unvergleichlich in
Vendanges tardives und insbesondere als Grain
Eine Dynastie, die 1580 gegründet wurde, lässt sich
nicht so rasch erschüttern. Ein Gut wie Domaine
Léon Beyer kann man nicht erfinden, ebenso wenig
aus einem ökonomischen Bausatz zusammenbasteln – so etwas kann nur wachsen. Das alte schmucke Riegelhaus am Dorfeingang von Eguisheim kurz
vor Colmar verkündet Gelassenheit; Zeitläufte und
Zeitgeister haben hier Ruhe gefunden. In den
Reben neben dem funktional gebauten Weingut
schneiden Angestellte Zweige von Pinot-noirStöcken und lassen sie zu Boden fallen; sie werden
gehäckselt und der Verrottung überlassen, um später wieder als Dünger in die Stöcke aufzusteigen.
Die unvergleichliche Burgunder Rebe wird im Elsass traditionell leicht und ohne Pièce ausgebaut.
«Bei uns macht der Rote nur 4 Prozent aus, der
Rest sind Weissweine», sagt Yann Beyer. «Unser
Pinot noir schmeckt frisch und passt zu Charcuterie.»
noble verdichtet. Pinot blanc, dank erfrischender
Säure und einer gewissen Leichtigkeit ein valabler
Durstlöscher – und die prägende Sorte im Crémant
d’Alsace, der prickelnder Assemblage von den östlichen Ausläufern der Vogesen: kein Champagner,
aber nach der gleichen Methode gemacht.
Überragend bleibt Riesling. Die Sorte gedeiht
nirgendwo besser als auf den Hängen des Elsass –
jedenfalls nach dem Verständnis derjenigen, die
eine mineralische, sehr trockene, knisternde Vinifizierung schätzen. Riesling zeichnet eine enorme
Vielseitigkeit aus, die sich allerdings nur dort entfaltet, wo die Sorte nicht in Hitze und Holz gesotten
wird. Sie will Sonne, aber in Massen. Sie treibt spät
aus und braucht länger zur Reife, was sie bei geeignetem Wetter dazu befähigt, weiterzureifen und
dereinst als Vendange tardive eine Tranche Foie gras
zu veredeln, eine andere Elsässer Köstlichkeit.
Abstecher
Das Restaurant L’Atelier du Peintre, dotiert
mit einem Michelin-Stern, in der Altstadt von
Colmar. Mittagsmenüs ab 24 Euro.
L’Atelier du Peintre
1 rue Schongauer, 68000 Colmar
+33 3 89 29 51 57, atelier-peintre.fr
Einführungsangebot
Riesling «R de Beyer»
Alsace, 2008, 75cl
29.–
ab 1. mai 2015
chf 35.–
«Das Terroir entscheidet»
Patrick de Ladoucette besitzt Weingüter in Regionen, deren Weine
er schätzt. Er sucht das Beste im Original, preist Cru und Cuvée –
Wie Pouilly-Fumé vom Stammsitz.
Die Loire fliesst hier in wilder Schönheit. In seinem
randvollen Bett streift der Fluss das Städtchen
Pouilly-sur-Loire und verwandelt die flacheren
Zonen in eine Auenlandschaft. Vom Château du
Nozet aus können wir von der Loire keinen Tropfen
entdecken, bedauerlicherweise, denn für Baron
Patrick de Ladoucette wäre das Quaken von Entenfamilien gewiss eher zu akzeptieren als das tägliche
Schrummen von der Autobahn, die seinen Schloss-
park rasiert. Bei einer Verbreiterung musste er das
Wäldchen opfern, das er als Sicht- und Lärmschutz
angepflanzt hatte.
Solche Widrigkeiten schluckt der Schlossherr
mit dem Fatalismus des Realisten, der um die Sinnlosigkeit weiss, gegen den Individualverkehr angehen zu wollen. Gelassenheit prägt auch sein
Weinverständnis. «Ich leite das Haus seit 40 Jahren. Ich bin nie auf Gimmicks wie Betoneier hereindrei Crus, eine Cuvée – baron de ladoucette: «ich glaube nicht an monocrus.»
gefallen», sagt er. Er macht den Wein, wie er ihn
mag. Und wie er ihn mag, so wird er hier seit langer
Zeit gemacht. Nüchtern und sauber, erfrischend,
terroir- und sortentypisch, mineralisch und mit
herber Würzigkeit durchsetzt – Pouilly-Fumé, Sauvignon blanc nach Art des oberen Loire-Tals.
«Jeder unserer Weine wird in seiner Appellation
gemacht. Sancerre in Sancerre, Pouilly-Fumé hier.
In allen Appellationen, in denen wir ein Gut besitzen, haben wir einen Keller mit allem, was dazugehört. Nur keine Weingurus. Die brauchen wir
nicht.»
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Monsieur führt uns in einen Salon des Schlosses.
Auf einer Kommode stehen drei Flaschen, gefüllt
mit grünlich schimmerndem, trübem Saft, Crus
von drei verschiedenen Parzellen im fortgeschrittenen Gärstadium nach 15 bis 18 Tagen. Jede Fla-
sche mit Etikette, «de Ladoucette Pouilly-Fumé –
Echantillon de cave», dann von Hand geschrieben
der Jahrgang 2014 sowie jeweils C52, C54, C60.
Der Baron schenkt aus jeder Flasche ein.
Wir probieren. Das Jahr sei erfreulich gewesen,
die Traubenreife sehr gut. C52 hat eine kräftige
Säure. C54 schmeckt etwas weicher, dann dringt
die belebende Säure durch, sie sei eben «un peu
masqué par glycérine». C60 fällt durch einen deutlichen Hefeton auf. «Saubere Aromen, nichts von
Grün», sagt de Ladoucette und giesst den Inhalt
der Echantillons in eine Karaffe.
Wir probieren. Die spontane Assemblage du jour
schmeckt komplexer, dichter, nerviger als die memorierte Addition der einzelnen Muster: Die mineralischen Kanten des C52 sind leicht geschliffen, der
Hefeton von C60 aufgelockert durch Säure. Die herausragenden Elemente der einzelnen Crus verbin-
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Das ist die Gerechtigkeit der Natur.» Verteilt auf
mehr als 360 Crus.
Beiläufig erzählt er weiter, das Olivenöl stamme
von Villa Vallombrosa, seinem Gut in der Provence.
Dort produziert er Rosé, weil Rosé in der Provence
die Würzigkeit erhält, die ihm gefällt. Und Olivenöl? Überlässt er den Fachleuten. «Ich brauche
ein neues Leben, um das zu lernen.» Der Kaufmann, der eine Zeit lang in Lausanne Handel studiert hat, wundert sich, wie man nach einem
Leben als Banker mit 50 auf die Idee kommen
kann, ein Weingut zu führen. «Späteinsteiger
haben keine Zeit, ein Gut zu entwickeln. Sie brauchen 20, 30 Jahre, um eine Farbe kennenzulernen.
Mir bleiben noch ein paar Jahre für Rot.»
de ladoucette auf château du nozet: «späteinsteiger haben keine zeit, ein gut zu entwickeln.»
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den sich in der Cuvée zu charaktervoller Harmonie.
«Nie hat ein Cru die Cuvée übertroffen», sagt de
Ladoucette, gross gewachsen, geeicht mit der
Autorität des erprobten Granden. Widerspruch ist
zwecklos, weil überflüssig: «Ich glaube nicht an
Monocrus. Die Unterschiede ergeben ein Maximum.»
Die Basis legte der Pouilly-Fumé von Château du
Nozet, seit 1787 im Familienbesitz, dann kam Sancerre dazu und 1993 die Spitzenlage Clos de la
Poussie, dieselbe Rebsorte, ein paar Kilometer
flussabwärts auf der andern Seite der Loire gelegen. Doch Sancerre steht hier nicht zur Diskussion,
hier gehts um Pouilly-Fumé und um nichts anderes, assembliert je nach Jahrgang aus unterschiedlich vielen Crus.
Ein Maître, stilvoll in weissem Jackett, betritt den
Salon, bittet à table. Nach einem Marsch fast
durchs ganze Schloss werden wir am Kopf einer
langen Tafel platziert. Zu Saumon mariné à l’huile
d’olive et citron vert schenkt der Maître de Ladoucette 2012 aus. «Alle unsere Weine hier werden
mit der gleichen Sorgfalt gemacht, und keiner
schmeckt gleich. Das macht nicht die Cuve aus»,
erklärt de Ladoucette, «das Terroir entscheidet.
Das Stichwort für die einzige Konzession an die
Nachbarregion Sancerre, die der Herr über 80 Hektaren Pouilly-Fumé in Kauf nimmt – weil er hier keinen Roten hat. Zur Poularde rôtie et ses petits
légumes zeigt Comte Lafond Grande Cuvée rouge
2010, dass Pinot noir auch zwischen Champagne
und Bourgogne zu glänzen versteht. Den Roten aus
Sancerre präsentiert de Ladoucette als Hommage
an den Gründer des Guts, Comte Lafond, einen
Ahnen der Familie, der aus dem Burgund gekommen war und sich im 18. Jahrhundert in Sancerre
installiert hatte. Der Pinot noir trumpft nicht durch
Wucht auf, er begleitet finessenreich die Poularde,
die sich zu behaupten versteht.
Und dann, zum Käse, Baron de L, Collection
2002. Sauvignon blanc auf einem Niveau, wie es
kraftvoller, dichter und aromatischer selten zu erreichen ist, ein Wein voller Komplexität und Tiefe.
Man denkt an die Kellerarbeit, ist versucht, Holz
herauszuspüren. Der Baron lacht. Holz? «Wir suchen nicht das Holz im Wein. Das letzte Holzfass
haben wir 1956 aus dem Keller geschafft», sagt er.
«Und von da an nannte man mich Monsieur sans
bois.»
sonderangebot
baron de L
Pouilly-Fumé AC
2009, 75 cl
50.–
statt CHf 59.40
Südliche Sonne, provenzalischer Zauber
Aus Frankreichs Süden ist Rosé besonders berühmt. Cave Aureto
im Naturpark Luberon hat auch anderes zu bieten.
Nicole Guillot, Directrice de vente der Cave Aureto,
braucht wenige Worte: Bis in die 1980er-Jahre sei
der Luberon eine Region der Kirschen, Reben und
Melonen, der Oliven und Kooperativen gewesen.
Vier Fünftel der Bauern hätten sich genossenschaftlich organisiert. Dann seien die ersten Investoren aufgetaucht, die Einheimischen hätten sich
aus den Kooperativen gelöst und angefangen, ihre
Trauben selber zu verarbeiten. «In 20 Jahren sind
gegen 30 Domaines entstanden», erklärt Nicole
mit dem Enthusiasmus der Einheimischen, «dazu
kommen solche, die nicht aus Winzerfamilien
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stammen – wie Aurélie, unsere Önologin, und ich.
Wir arbeiten jetzt für Investoren. Die haben Besitz
mit Reben gekauft und brauchten Leute.»
Ihre Investoren stammen aus der Schweiz. Da
ist Werner Wunderli, der sich aus dem herkömmlichen Beruf verabschiedet hat und mit seiner Frau
in Oppède, ebenfalls im Luberon, die Résidence Les
Petitons mit elf Ferienappartements betreibt. Und
da ist Andy Rihs, dessen Name für Hörgeräte und
Radrennsport steht, der sich Ende der 1990erJahre in Südfrankreich eine zweite Bleibe erwarb
und dazu noch ein Weingut, La Coquillade. «Das
la coquillade im regionalen naturpark luberon: das edle resort ist aus einem lädierten weiler entstanden.
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andern Cuvées, im Gegenteil. In ihrem Blut fliessen
die heimischen Weine mit, ihren Geist kreuzen die
neuen Ideen, die ein international vernetztes
Weinbusiness generiert. Das Ziel beflügelt Aurélie,
moderne Weine zu machen, ohne die traditionellen
zu verraten – was ohnehin unklug wäre, denn im
Goût du terroir wurzelt der Charakter der Region.
Das weiss nicht nur Michelin, das suchen vor allem
auch die Gäste.
zeitgemässe weine, ohne die tradition zu verraten. Nicole guillot und aurélie julien sind im luberon aufgewachsen.
war nicht geplant», erzählt er später. Das Weingut
war heruntergewirtschaftet, Rihs hatte es 2006
trotzdem gekauft, dann Werner Wunderli die Verantwortung für Umbau und Leitung übertragen.
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Nun thront La Coquillade als önotouristisches
Resort der prachtvollen Art auf dem Hügel, entstanden aus einem Weiler mit sechs Häusern, das
alte Gemäuer in traditionell inspirierter Architektur
in neuem integriert. Umgeben von Weinbergen
und mit einer Königsloge auf den Mont Ventoux gesegnet, den Kalvarienberg der Radfahrer, inmitten
einer gut geschützten Landschaft, des Parc naturel
régional du Luberon.
Das Hotel hat längst sein Publikum gefunden
wie auch das Restaurant Le Gourmet. «Man befindet sich in Bacchus’ Reich», steht im Guide Michelin 2014, der «Le Gourmet» einen Stern verliehen
hat. «Man ehrt die Lagenweine wie alle Früchte,
die in provenzalischer Erde gedeihen, und bereitet
sie mit grosser Finesse zu.»
Für die Restaurierung des Weinbergs braucht es
etwas mehr Geduld, die neu bepflanzten Lagen
schiessen nicht im Turbotempo aus dem Boden.
Nachdem ein unterirdisches Kellergebäude eingerichtet worden ist mit allem, was die Önotechnologie bietet, kann sich Aurélie Julien mit Können
und Hingabe dem Weg der Weine widmen. Rasch
entflammt eine Diskussion über Rosé, als wir im
Keller über die Kunst reden, im Süden erfrischende
Weine zu schaffen.
«Der Bedarf an Rosé steigt von Jahr zu Jahr.»
«Wir müssen machen, was die Märkte wollen.»
«Man sagt, dass ein Winzer, der einen guten
Rosé machen kann, sein Handwerk versteht.»
«Mir macht Rosé Spass.»
Natürlich verachtet Aurélie Julien keineswegs die
Cave Aureto bewirtschaftet 36 Hektaren Rebflächen in der AOP Ventoux, der AOP Luberon und
der IGP Vaucluse. Sie sind mit den typischen Sorten des Südens und des Rhonetals sowie einigen
Weltsorten bestockt, so mit Grenache, Carignan
und Syrah, mit Mourvèdre und Cinsault, mit Grenache blanc, Marsanne, Clairette und Roussanne,
mit Viognier und Chardonnay, Cabernet Sauvignon
und einigen Neuzüchtungen.
Frankreichs Süden ist bekannt für Assemblages,
weniger für sortenreine Weine. Aureto pflegt beides. Rosé keltert Aurélie Julien einmal aus Cinsault,
Grenache und Syrah der AOP Ventoux, dann aus
Caladoc und Grenache der IGP Vaucluse. Auch die
Weissen, komponiert aus markanten Sorten wie
Marsanne und Roussanne in beiden, ergänzt mit
Viognier im Tramontane (IGP Vaucluse) sowie Clairette und Grenache blanc im Autan (AOP Ventoux), brillieren durch Frische, gepaart mit der
würzigen Dichte, die der Sonne des Südens zu verdanken ist.
Bei den Roten spannt die Kellermeisterin den
Bogen vom traditionellen Stil bis zum sortenreinen
Wein – Syrah ist in jedem Wein eingebunden. Ihre
neuste Cuvée, Tempesta rouge, 2012, IGP Vaucluse, ist nach 20 Monaten Reife in neuen Barriques eben vorgestellt worden. Der kräftige,
konzentrierte Syrah stammt von einem kleinen
Hügel inmitten des Naturparks.
einführungsangebot
tempesta, IGP Vaucluse
100 Prozent Syrah
2012, 75 cl
32.–
ab 1. Mai 2015
CHF 38.–
strecken Sie
die
fühler aus!
einladung zur
Frühlingsdegustation
Freitag, 27. März, und
Samstag, 28. März 2015
Weinkeller Riegger AG
Birrhard
Mit Genüssen für Nase, Augen und Gaumen
locken wir Sie an die Frühlingsdegustation nach
Birrhard. Lassen Sie sich verwöhnen durch eine
Auswahl neuer Weine und Delikatessen.
Baron Patrick de Ladoucette, Léon Beyer
und das Weingut Aureto (F) werden ihre Weine
präsentieren. Ebenso Martin Donatsch und das
Weingut Saxer (CH), Josef Ehmoser und Josef
Umathum (A), Villa Huesgen (D), Louis Latour
(F), Peter Zemmer (I) und Viñas Don Martin
(ARG).
Zusätzlich werben folgende Gäste mit ihren
Delikatessen um Ihre Aufmerksamkeit: Salmo
Fumica (Räucherfisch), Marc Nydegger (Sake),
Städtlichäsi Lichtensteig, Genusswerk (Öl, Essig,
Senf), Bäckerei Eberhard, Mägenwil, EssenZ
(Pesto), Genuss-Manufaktur Eichberg, Heinzer
Metzgerei, Muotathal.
Im Eventraum Cubus gibts saftige Spezialitäten
vom Grill, zubereitet von Gaucho Delux.
Wir freuen uns auf Ihren Besuch und heissen
Sie jetzt schon herzlich willkommen.
Degustationszeiten: Freitag, 16 bis 21 Uhr, Samstag, 11 bis 17 Uhr, kostenloser Eintritt.
Weinkeller Riegger AG, Langgass, 5244 Birrhard, Telefon 056 201 41 41, info@riegger.ch
Filiale Wallisellen, Richtiarkade 1, 8304 Wallisellen, Telefon 044 542 43 13