wie lernen Unternehmer - e-TC

Transcription

wie lernen Unternehmer - e-TC
Wie lernen Unternehmer?
Evolutorisches Lernen: Von unbewußter Inkompetenz zu bewußter Fähigkeit
Kazue Haga & Jochen Röpke
Fassung vom 12. Oktober 2007
Ergänzt 18. April 08
roepke@mafex.de
Wie lernen Unternehmer?
1. Kompetenzevolution und unternehmerische Funktion
2. Ein Lernzyklus
3.
Unbewußte Inkompetenz
4. Reflexion: Bewußte Inkompetenz oder der Sprung in die Evolution
5. Lernen durch Nicht-Tun
6. Bewußte Kompetenz und Ko-Evolution
7. Unbewußte Kompetenz oder die Evolutionsfalle
Literatur
1. Kompetenzevolution und unternehmerische Funktion
Was auf dem Weg zählt, ist die Fähigkeit zum Wandel (Laozi).
1
Dieser Text enthält Überlegungen, die sämtlich dem Motto von Laozi folgen. Über
Fähigkeiten zu verfügen ist schön und gut oder war, historisch gesehen, gut im Sinne einer
Viabilität für das Überleben. Reproduziert sich eine Gesellschaft heute, im 21. Jh., bei
gegebenen Fähigkeiten, wird sie Schritt für Schritt an die Basis der Entwicklungspyramide
durchgereicht. Sie vermag als Todesspaßgesellschaft zu überleben. Als unternehmerische
Wissensgesellschaft ist sie chancenlos.
Auf dem Weg des Unternehmers zählt seine Evolution: Selbstevolution. Wandel, das
Hervorbringen neuer Vielfalt, Innovation, reichen nicht. Notwendige Bedingung, mehr nicht.
Fähigkeit zum Wandel zu besitzen bedeutet Kompetenzen zu erwerben, um Wandel,
Vielfalt, Innovation hervorzubringen, selbst zu gestalten. Kompetenzen sind als integrale
Komplexe zu verstehen. 1 Innovation ist daher auch nicht (nur) das Ergebnis von guten
Entscheiden intelligenter Menschen. Es ist nicht (nur) das Ergebnis von rasch und effizient
umgesetzten neuen Ideen. Innovation ist, oder zumindest ist eingebunden in einen
komplexen transformatorischen Prozeß menschlicher Beziehungen, Geist, Emotionen und
Körpern.
So wie ich frage, wie mache ich das, wie erwerbe ich neue Fähigkeiten und wie verstärke ich
schon gegebene, aber noch nicht genügend entfaltete Fähigkeiten, erschließen wir eine
weitere Dimension der Selbstevolution: die Fähigkeit, neue Fähigkeit zu erwerben. Die
Fähigkeit zur Selbstevolution.
“Kann der Kapitalismus überleben?” fragt Joseph Schumpeter (1950). Seine Antwort: “Nein,
meines Erachtens nicht.” Schumpeter gibt zwei Antworten:
“Die These, die ich zu begründen versuchen werde, ist die, daß die gegenwärtigen und
künftigen Leistungen des kapitalistischen Systems ... die Vorstellung seines
Zusammenbruchs unter dem Gewicht wirtschaftlicher Fehlschläge widerlegen und daß
vielmehr gerade sein Erfolg die sozialen [seelischen, körperlichen] Einrichtungen, die es
schützen, untergräbt, und „unvermeidlich‟ Bedingungen schafft, unter denen es nicht zu
leben vermag...” (Schumpeter 1950, S. 105f.). Zum Zweiten vermutet Schumpeter,
Unternehmertum sei überholt. Innovation wird unternehmerische Routine von
Großorganisationen: das “Veralten der Unternehmerfunktion” (Schumpeter, 1950, S. 213ff.)
durch “Mechanisierung des Fortschritts”. Endlos ist über diese Aussagen debattiert worden.
Da wir keine Zeit für Begriffsdefinitionen aufwenden wollen, sagen wir einfach, Schumpeter
meint den Innovationskapitalismus. Die zweite Antwort Schumpeters ist schnell widerlegt:
Ohne neues Unternehmertum brennt der innovative Kapitalismus aus. Großunternehmen
können es nicht bringen, wie heute klar ist, mit gewissen Ausnahmen von Japan (siehe
später). In der ersten These liegt der theoretische Pfeffer. Der Kapitalimus untergräbt sich
selbst, weil er die Kompetenzen und Institutionen, denen es zu seiner Reproduktion bedarf,
mit tatkräftiger Unterstützung der politischen und medialen Klasse, selbst liquidiert. Leider
ist an dieser These einiges dran. Dennoch ist sie falsch – wenn wir die unternehmerische
Funktionaliät über Innovation hinaus erweitern: den evolutorischen Unternehmer mit dem
innovativen Unternehmer theoretisch und handlungspraktisch koppeln. Darum geht es in
unserem Beitrag.2
Unternehmerische Kompetenzen sind die Knappheit aller Knappheiten. Die Ausstattung mit
Kompetenzen, ein Nicht-Input, bestimmt über die Knappheiten der Inputfaktoren deren
Wertschöpfungsbeitrag. Warum vermag Toyota in den USA Automobile hoher Qualität
profitabel zu produzieren, während die amerikanischen Hersteller schlechte Autos mit
Verlust auf den Markt bringen. Gleicher Input (Humankapital, Rohstoffe), gleiche
Da die Kompetenzliteratur explodiert, möchten wir unsere Leser darauf hinweisen, daß wir nicht
vorgeben, diese Literatur in unseren Ausführungen im Einzelnen zu berücksichtigen. Bereits die
Abgrenzung und Typologie von sog. Kompetenz füllt Bände. Der Leser erfährt hier nichts davon.
2 Als ein Koreferat zu unserem Beitrag verweisen wir auf den Aufsatz von Peter Rassidakis,
Selbstevolution und.Systemevolution (unveröffentlicht, verfügbar beim Autor: rassidakis@mafex.de).
1
2
Institutionen (Recht, Steuer usw.), aber deutlich unterschiedliche Ergebnisse. Warum
arbeiten Amerikaner in Toyota- oder Honda-Werken mit höherer Motivation, höherer
Wirksamkeit als die gleichen Amerikaner in vom US-Management gelenkten Fabriken?3
(Das Bild zeigt den ersten Toyotawagen, Baujahr 1935, für fünf Personen,
Höchstgeschwindigkeit 100 km/h. Man beachte die Haltung der Menschen – sie verbeugen
sich – vor wem. Der BDI, würde, wenn er könnte, heute noch, in solch einem klaren Fall,
mit Unterstützung des BKA, Klage erheben, wenn er nicht das Schicksal des sterbenden
Frosches für seine Mitglieder kultivierte: Produktpiraterie à la Chinois, unternemerisch
erlernt vom japanischen Dieb: Vorbild Chrysler Airflow, PBUH).
Quelle: Les Echos,
http://www.lesechos.fr/diaporamas/index.php?id_diap=DIAP270807136_870AD9&id_rub
=1067&id_sous_rub=0&auto=0&id_photo=4169
In einer integrierten („globalisierten“) Welt mit freiem Austausch von Gütern und
zunehmend Humankapital tendieren die Einkommen der Arbeit zum Ausgleich.4 Diesem
Trend können Volkswirtschaften und Unternehmer nur entgehen, wenn sie Innovation und
Evolution strukturell koppeln.
Innovationen sind zunehmend nicht nur wissens-, viel bedeutsamer, sie sind
wissenschaftsbasiert. Akademisches Unternehmertum wird für die Durchsetzung des neuen,
in der Wissenschaft erzeugten Wissens, unverzichtbar. Wissenschaftler/Forscher und
Unternehmer, müssen, ohne ihre jeweiligen Funktionen aufzugeben, in ihrer Lebenspraxis in
beiden Funktionen leben können. Die Bewältigung unternehmerischer Aufgaben ist – was
dem Wissenschaftler selten bewußt ist - eine bedeutend komplexere Herausforderung als die
Erzeugung von Forschungswissen. 5 Hinzu kommt: im Wissenschaftssystem finden eher
Wir gehen unten auf den Komplex Toyota ausführlicher ein.
Die Bewegung zum Ausgleich der Löhne erkennt man auch daran, daß das Callcenter für deutsche
Kunden nach Indien ausgelagert werden: Der Druck auf die Löhne steigt in Deutschland, während in
Indien tendenziell die Löhne steigen.
5 „Wer in den Wissenschaften erfolgreich ist, glaubt leicht, dass alles andere eher einfach und machbar
ist“, beobachtet Heinz-Otto Peitgen, der an der Universität Bremen eine Ausgründung verwirklicht
hat. Peitgen hat aber bald gelernt, daß es „bedeutend schwieriger ist“, ein Unternehmen aufzubauen
und erfolgreich zu führen, als in der Wissenschaft Erfolg zu haben. „Es ist nicht nur alles anders, es ist
auch anspruchsvoller. Man bekommt die Folgen seiner Fehler sofort zu spüren. Die Strategien für
Problemlösungen sind praktisch nicht kalkulierbar, weil sie viel komplexer sind“ (Zitiert bei Lehn,
2007). Das bewußte Wahrnehmen von Inkompetenz wird zur Voraussetzung erfolgreichen
akademischen Unternehmertums.
3
4
3
negativ-evolutionäre Prozesse statt. Unternehmerische Kompetenz erodiert mit der Länge
der wissenschaftlichen Laufbahn. Der Forscher lebt mit unbewußter Inkompetenz. Wenn
eine wirksame strukturelle Kopplung zwischen Wissenschaft und Wirtschaft Voraussetzung
nachhaltiger Innovationsdynamik ist, wird evolutionäres Lernen unverzichtbar. 6 Die
unternehmerische mutiert dann in eine evolutorische Wissensgesellschaft (Tabelle 1).
Abbildung 1: Kopplung von Innovation und Evolution
Innovation
Evolution
Die hier dargestellten Überlegungen zum Erwerb von Fähigkeiten werden der Komplexität
der hier untersuchten Vorgänge nur in Grenzen gerecht. Wir können die Komplexität
hinnehmen und den Akteuren den Umgang mit Komplexität ihrer Selbstorganisation
überlassen. Nur Narren, so heißt es weiter, ignorieren Komplexität. Pragmatiker leiden unter
ihr. Einige wenige können sie vermeiden. Und Genies können sie entfernen. Wir überlassen
dem Leser, wo er uns einordnet. Eine brauchbare Theorie, auch spekulativen Charakters,7
könnte allerdings allen helfen. Die einzigen Probleme, die einfache Lösungen haben, sind
einfache Probleme. Die Herausforderung, auch theoretisch: Eingriffe in komplexe Probleme
führen zu nichts - außer zu neuen Eingriffen (5. Abschnitt).
Wir sprechen mehrfach nicht nur von Evolution, auch von Selbstevolution und Ko-Evolution
und bezeichnen den hier vorgestellten Ansatz als Selbstevolution durch Ko-Evolution, einen
Prozeß der gegenseitigen Hervorbringung. Was verstehen wir unter „Evolution“? Der
Sprachgebrauch ist in diesem Feld der Forschung verwirrend. Frühere Überlegungen zu
verschiedenen Arten des Lernens aufgreifend, könnte versucht werden, entsprechende
Ebenen des Evolutionsgeschehens zu unterscheiden (Tabelle 1):
(a) Evolution 1 (entsprechend Lernen 1): Evolution durch neues Wissen; in dieser Vorstellung
sind Innovation und Evolution unmittelbar verknüpft; wirtschaftliche Evolution gilt als ein
Prozeß der Schaffung von Neuerungen und ihrer wettbewerblichen Evaluierung/Selektion
und Diffusion; dies ist die herrschende evolutionsökonomische und populationsökologische
Betrachtungsweise;
(b) Evolution 2 (auf der Ebene von Lernen 2): Entwicklung/Erwerb und Ausbreitung von
Kompetenzen, insbesondere Fähigkeiten zur Durchsetzung von Neukombinationen;
(c) Evolution 3 (Lernen 3): Persönliche Entwicklung, Evolution von (Funktions-/Kompetenz-)
Bewußtsein und Reflexionsvermögen.8
Was „Lernen“ ist, definiert jede Theorie und jeder Praktiker anders. Eine sehr allgemeine Definition,
die auch große Teile unseres Ansatze einschließen könnte, gibt aus systemischer Sicht Niklas
Luhmann: Lernen als partielle Veränderung der kognitiven Struktur eines sozialen oder psychischen
Systems (Luhmann, 1984, S. 158).
7 Für Immanuel Kant ist „eine theoretische Erkenntnis ... spekulativ, wenn sie auf einen Gegenstand,
oder solche Begriffe von einem Gegenstande, geht, wozu man in keiner Erfahrung gelangen kann“
(Kant, 1968, S. 558). Was wir vorstellen, ist nicht-spekulativ im Sinne von Kant. Jedermann kann zu
den „Erfahrungen gelangen“, die wir hier theoretisch durchleuchten.
8 An anderer Stelle (Röpke, 2002) findet sich gleichfalls die Unterscheidung zwischen Evolution 1, 2, 3.
6
4
Jeder dieser drei Ebenen der Evolution läßt sich direkt mit der „Dreifaltigkeit“ evolutionärer
Prozesse (Variation/Neuheit, Selektion, Stabilisierung) verknüpfen.
In unserem Text verwenden wir Evolution durchgängig als Evolution 2 & 3. Die Evolution
von nicht-psychischen Systemen sprechen wir auch an, aus dem Zusammenhang ergibt sich
dann aber immer, was wir damit meinen.9
Die Verbindung mit der ökonomischen Wachstums- und Entwicklungslogik ist leicht
hergestellt: Evolution 2 und 3 machen Menschen produktiver. Beispielsweise gesünder
(weniger krank), psychisch und somatisch. Sie ist also etwas, was der Ökonom als
technischen Fortschritt bezeichnet: mit gleichem Aufwand an Ressourcen mehr Output
erzielen. Im Wachstumsmodell sieht es wie eine Vermehrung der Qualität und Menge von
„Arbeitskraft“ oder „Humankapital“ aus. Ihre Quelle ist natürlich etwas ganz anderes: reine
Neukombination nach Schumpeter (1911). Was neukombiniert wird ist das „Selbst“
(Abbildung 2). Der Mensch kombiniert sich selbst neu. Er selbstevolutioniert. Diese
evolutorischen Prozesse sind Teil einer Kondratieffdynamik, die Nefiodow (2000) als
„psycho-soziale Gesundheit“ bezeichnet und die für ihn als Antreiber des 6. Kondratieff
gelten.10 Wir sprechen von 4L-Gesundheit oder integraler Selbstevolution.11 Selbstevolution
bedeutet auch, um eine anti-darwinistische Metapher aufzugreifen, „Kreationismus“, der
mittlerweile auch die Veränderung unserer biologischen Grundlagen einschließt (Röpke,
2006). Wir sind alle Kreationisten. Der Mensch entkoppelt sich zunehmend von der Lenkung
durch seine biologische Natur. Unser Hirn ist uralt, andererseits ungeheuer lernfähig.12 Es
funktioniert nicht unabhängig von dem, was wir lernen. 13 Tiere leben mit ihren
Gewohnheiten. Sie warten auf Mutation. Der Mensch muß sich selbst bemühen.
Wie Abbildung 4 zeigt, ist selbstevolutives Tun die tiefste Ebene in einer unternehmerischen
Funktionshierarchie. Den verschiedenen Funktionen entsprechen verschiedene Systeme der
Beschreibung und Konstruktion der Welt.
Was wird nun „neukombiniert“ im Prozeß der Selbstevolution? Die Komponenten des
integralen Selbst. Integral heißt: keines der „L“ kann fehlen, ohne das es früher oder später
existentielle Probleme gibt. Alle Dimensionen des Selbst fördern sich wechselseitig.
Diese zielt auf eine andere Fragestellung, überschneidet sich jedoch mit der hier vorgestellten.
9 Wir verweisen hierzu auch auf Luhmann (1997, Kapitel 3, S. 413ff.), insbesondere auf seine
Überlegungen zu „Teilsystemevolutionen“.
10 Wir sprechen von einem „Kondratieff“ (Schumpeter, 1961) im Sinne einer „Basisinnovationen“ oder
einer „langen Welle. Nefiodow (2000, S. 224) betrachtet als Komponenten einer Basisinnovation: 1.
einen technologischen Kern, 2. ein Bündel neuer Technologien und 3. ein Bündel älterer Technologien.
11 4 L = Lernen, Leben, Lieben, Lebenswerk
12 Wie man ein gutes Gehirn noch besser machen kann, zeigt Amen (2005). Unser „zweites Gehirn“,
das Gehirn im Bauch, ist darin eingeschlossen. Dieses Gehirn im Darm kann einfache Funktionen
übernehmen, die den Funktionen des Kopf-Gehirns ähneln. Es handelt sich dabei um Bewußtseinsund Gefühlsfunktionen, die vielen Funktionen der rechten Gehirnhälfte gleichen. Wenn wir das obere
(Kopf-)Gehirn entlasten, steht dem Körper mehr Energie zur Verfügung. Durch Trainieren des BauchGehirns entlasten wir das Selbst von negativen Emotionen und entwickeln wir positive Gefühle. Zur
Biologie des Zweiten Gehirns vgl. Gershon (1998) und als zusammenfassende Internetquelle Gershon
(1999).
13 Dies ist ein Befund der Hirnforschung. Vgl. Jäncke (2006), Jäncke (o.J.). Jäncke unterscheidet
bewußte, bewußt unbewußte und unbewußte Gedächtnissysteme. Im Lernprozeß wirken alle
Dimensionen (4L) zusammen, wenn auch in der Regel sabotiert. In jeder einzelnen Dimension erfolgt
eine Interaktion der Komponenten (Subsysteme) des evolutorischen Lernens. Wer Sport treibt, seinen
Körper trainiert, kommt ohne „Geist“ nicht weit, muß seine Emotionen einbinden, weiter entfernt
liegende Ziele (Visionen) integrieren. Ko-evolutionäre Wirkfaktoren wie Persönlichkeit und
Ausstrahlung des Lehrenden/Trainers und seine Unterstützung beim Abbau von Lernblockaden,
sind elementare Bestandteile. Am Beispiel der Suggestopädie: „Superlearning“ nach Lozanow siehe
Kappel, 2007 und dort genannte Quellen. Für andere Lernverfahren wie Mind Mapping gilt
Entsprechendes.
5
Aufheben des Getrenntseins. 14 Die vier Dimensionen des Menschseins betrachten wir als
gleichberechtigte „Partner“. Die spirituelle Dimension kann ohne das gleichzeitige
Mitwirken des Körpers genausowenig auskommen wie die geistige oder emotionale.
Gleiches gilt für die wechselseitige Interaktion und Erzeugung der anderen Dimensionen.15
Das Selbst funktioniert als ein Integrales. Die Energetisierung des unternehmerischen Selbst
ist gleichfalls eine sich wechselseitig stimulierende.
Abbildung 2: Das integrale Selbst (4L)
Leben
Körperliche
Dimension
Lieben
Emotionalsoziale
Dimension
Das
integrale
Lernen
Selbst
Kognitiv –
geistige
Dimension
Lebenswerk
Spirituellseelische
Dimension
Wie Laozi sagt: „Der Körper ist die Heimstatt des Lebens, die Energie ist die Grundlage des
Lebens, der Geist ist der Herrscher über das Leben. Variiert eines davon seine Position,
werden alle drei in Mitleidenschaft gezogen … der Geist erstickt, wenn der Körper erschöpft
ist. Wessen Geist durch Gefühle und Gedanken verletzt ist, der weiß, daß der Körper auf der
Strecke bleibt, wenn der Geist erschöpft ist. Daher vertrauen Wahre Menschen bewußt ihrer
innersten Natur und ihrem Geist, die sich gegenseitig stützen. So erlangen sie
Vollkommenheit. So kommt es, daß sie schlafen, ohne zu träumen, und erwachen, ohne von
Sorgen bedrückt zu sein“ (Laotse, 1996, S. 67,39). 16 „Alles ist durch die Einheit bewirkt.
In der daoistischen Logik, die wir in unserem Text des öfteren ansprechen, besteht eine Harmonie
zwischen yin und yang, zumindest tendenziell. „Wenn wir Tao als Methode oder bewußten Weg, der
Getrenntes vereinigen soll, auffassen, so dürfen wir dem psychologischen Gehalt des Begriffes wohl
nahe kommen“ (Jung, 1986, S. 27). Psychologische Evidenz bestätigt das Harmoniemodell integraler
Interaktion der Komponenten des Selbst. Im folgenden einige empirische Belege zur Beziehung
zwischen Körper (Leben) und Beziehung (Liebe):
 Menschen ohne starke Beziehung haben ein zwei- bis dreimal größeres Risiko einen frühen Tod
zu sterben, unabhängig davon, ob sie rauchen, trinken oder Sport treiben.
 An Krebs zu sterben tritt bei sozial isoliert lebenden Menschen häufiger ein als bei Menschen, die
enge soziale Beziehungen haben.
 Geschiedene, getrennte oder verwitwete Menschen benötigen eine bis zu 10-mal häufigere
pyschotherapeutische Unterstützung als Verheirate.
 Schwangere Frauen unter Stress und ohne unterstützende Beziehungen haben dreimal häufiger
Problemgeburten als schwangere Frauen, die gleichem Stress ausgesetzt sind, aber soziale
Unterstützung genießen.
Soziale Isolation ist ein bedeutender Risikofaktor bei Herzkrankheiten, im Vergleich zu
physiologischen Einflüssen wie Essen, Rauchen, Fettleibigkeit oder fehlender körperliche Tätigkeit
(Hoffman, 1998).
15 Im Englischen wird dieses Konzept oder Verständnis des Selbst als „embodied spirituality“
bezeichnet. Es ist grundlegende für die ostasiatischen Weisheitstraditionen. Vgl. vertiefend zu
embodied und disembodied spirituality Ferrer (2007).
16 Der Dualismus von Körper und Geist, der das Denken seit Descartes prägt, ist den fernöstlichen
14
6
(Alles
muß
in
seiner
wesenhaften
Einheit
Wer einen Wagen zerlegt, hat keinen Wagen mehr“ (Laotse, 1975, Kapitel 39).17
bleiben)
Wer ein unternehmerisches Selbst zerlegt, hat keinen Unternehmer mehr. Blockade,
Disharmonie, Durchhänger, Nachzüglerei, Energieabfluß, schöpferische Zerstörung,
Tod. Auf jeder Ebene/Stufe – bei gegebener „Tiefe“ (Ken Wilber, Arthur Koestler)18 kann sich der Mensch bemühen, die vier Komponenten (Subsysteme) seines Selbst
zu integrieren. Schafft er das nicht, blockiert seine Evolution – ohne daß er es spürt.
Das ist leider so. Kein Affe merkt, daß er Affe ist. Oder: It takes no skill to copy a
chimp. Blinder Fleck. Und dieser läßt sich nur durch Selbstreflexion erkennen. Wir
nennen es Lernen 3. Wie die Komponenten des Selbst zusammenwirken, zeigt die
moderne Hirnforschung eindrücklich. Wer die Leistung seines „Gehirn“ erhaltend
und steigern will, was „soll“ er tun? 19 Die Interaktionsbrüche zwischen den
Komponenten des Selbst sind somit einerseits Anreger zur
Selbstevolution, andererseits bewirken sie eine temporäre Integration,
das Verweilen und Ausruhen auf einer Ebene der Evolutionsspirale
(Abb. 3), die Überwindung des Getrenntseins, Harmonie. Das Selbst
entsteht durch die Interaktion seiner Komponenten. Dies ist von
grundlegender Bedeutung für unsere Überlegungen. Nicht nur werfen wir dadurch
eine Menge begrifflichen Ballast über Bord („Bewußtsein“, 20 „freier Wille“,
geistigen Traditionen fremd. Die Griechen verstehen Körper (soma) als Physis, für die Chinesen ist
der Körper ein Mikrokosmos, der je nach Definition die Persönlichkeit einschließen kann. Wir
verstehen Körper als „Subsystem“ einer Person, strukturgekoppelt mit anderen Subsystemen, daher
von diesen beeinflußt und sie beeinflussend. Zu den Unterschieden griechisch-europäischer und
chinesischer Vorstellungen des Körpers siehe Sivin (1999). Seine Aussage – „The idea that ‚body„ is a
subset of ‚person„ is a reasonable corollary of the unity of mind and body in Chinese thought“ (S.6) –
stützt unsere systemische Vermutung.
17 In der Sprache des modernen Gelehrten: „ ... das Selbst (ist) als der Sitz der Integration für das
Ausgleichen und Integrieren [Laozi: für die „Harmonie“] ... der Ebenen, Linien und Zustände im
Individuum verantwortlich...“ (Wilber, 2001, S. 54).
18 Tiefe im Sinne von grundlegender und umfassender.
19 Siehe Amen (2005) für eine ausführliche Antwort. Für uns genügt der Hinweis: Vermeide Streß,
schlafe ausreichend, körperliche Bewegung, etc. Dies scheinen triviale Dinge. Sie müssen aber
tatsächlich getan werden, was heißt, die Knowing-Doing Gap im eigenen Leben zu überwinden. Wer
glaubt, dies sei eine einfache Angelegenheit, lese Florian Rötzer (2007): „Die jetzt 50-Jährigen sind
kränker als vorhergehende Generationen“ und die dort angeführten Quellen und Belege.
20 G.I.Gurdjieff unterscheidet vier Bewußtseinsszustände: Schlaf, Wachzustand des Bewußtseins,
Selbsterinnern (Bewußtsein des eigenen Seins), Zustand des objektiven Bewußtseins. Selbstevolution
beginnt im dritten Bewußtseinszustand. In unserer Logik sind Menschen, die ihre Stärken und
Schwächen zu reflektieren vermögen, in diesem Zustand. „… die Hauptschwierigkeit auf dem Weg,
Bewußtsein seiner Selbst zu erreichen (ist) die Tatsache, daß sie denken, sie besäßen es … und alles was
damit verbunden ist … Wille, Fähigkeit zu tun und so fort“ (zitiert in Ouspensky, 1999, S. 205f.;
Kursiv im Original, Hervorhebung durch uns). In der systemischen Theorie gilt Bewußtsein als „eine
Instanz der Beobachtung“ (Fuchs, 1998, S. 114). Das Bewußtsein prozessiert Beobachtungen –
Unterscheidungen und Bezeichnungen. Selbst-Bewußtsein: sich selbst beobachten. Diese Sicht läßt
sich mit der Gurdjieffs verbinden. Bewußtseine sind Systeme, die sich mit Hilfe ihrer
selbstgeschaffenen Elemente in einem Netzwerk der gleichen Elemente selbst erhalten oder
reproduzieren (Fuchs, S. 115). Evoluiert ein System oder wechselt von einem Zustand (Schlaf) in
einen anderen (Wachzustand), vermag es andere Beobachtungen zu prozessieren – es erfindet oder
besser konstruiert gleichsam Beobachtungen, die es im alten Bewußtseinsnetzwerk nicht existent
waren. In diesem Sinne ist evident, daß Unternehmer auf verschiedenen Ebenen des Bewußtseins
operieren, je nach ihrer Funktionstiefe und je nach der auf einer Funktionsebene konstruierbaren
Beobachtungen. Lernen 3 – der Schlüssel zur Selbstevolution - ist nach systemischer Theorie die
7
„Vernunft“; alles in „Anführungszeichen“, Philosophenfutter). Wir legen vielmehr
den Mechanismus frei, in dem das Selbst sich virtuell erschafft und evoluiert.
Phasensprünge und Schmetterlingseffekte sind in Selbstevolution integriert. Evolution im
spiraldynamischen Modell (Abbildung 3) vollzieht sich in einem sich selbst organisierenden
Chaos, bis eine neue Harmonie sich herstellt. Der Prozeß der Selbstevolution unterscheidet
sich daher auf abstrakt-systemischer Ebene nicht von Wandlungsprozessen in anderen
Systemen: Bescheiden unorganisierte Menschen, Organisationen, Systeme (auch der
Wirtschaft) operieren auf einer höheren Ebene der Wirksamkeit, verfügen über eine höhere
Vielfalt adaptiver und kreativer Antworten als hoch/durchorganisierte Systeme. Ein
temporäres Verrückt-spielen (aus der Sicht des Beobachters) ist eine Normalität der
Selbstevolution. 21 Schmetterlingseffekte mit nicht zurechenbaren ursächlichen
Zusammenhängen sind verbreitet. In selbstevolutionären Prozessen gilt also nicht die alte
Formel: großer Eingriff (viel Input) = große Änderung (viel Output). Wie kann aus der
Textilfirma Toyota der Welt größter Automobilhersteller werden? Welche Inputs haben
solches bewirkt? Keine. Die Vision eines Unternehmers (Kiichiro Toyoda) und
unaufhörliches Lernen auf allen Ebenen des Unternehmens („ The Toyota Way “), die eine
Fülle von Innovationen in der Fertigung ermöglichen.
Der Unternehmer als Held, ein Schumpeter untergeschobenes Klischee, vom Meister wie
folgt interpretiert: „Der entscheidende Schritt, der das Neue oder den praktischen Enderfolg
herbeiführt, ist in den meisten Fällen nur der Tropfen, der das Maß zum Überlaufen bringt
und für sich genommen von relativ geringer Bedeutung“ (Schumpeter, 1961, S. 238). Der
qualitative Wandel, die Diskontinuität in der Evolution, minimale Unterschiede können
ungeheure Konsequenzen, die geringste Handlung vermag unermeßliche Wirkungen haben.
„Eine Reise von tausend Meilen [die „Explosion“: Schumpeter, 1961, S. 110] beginnt mit
einem ersten Schritt. Wer festhält [auch sein Selbst], verliert es“ (Laozi, 64. Kapitel).
Das gilt für Produktzyklus, das gilt für die Evolution des Selbst. Auf den spiraldynamischen
Weg kommen, aus der Routine heraustreten, Münchhausen praktizieren.
Das alles Entscheidende ist nun, die Evolutionsspirale des Lebens in Gang zu bekommen
und am Laufen (auf dem Weg, im dao)22 zu halten. Das ist fast wie ein Bohren durch Gestein.
Ungeheuer mühsam, und wenn man durch ist – auf der tiefsten Stufe – Erleuchtung (nach
buddhistischer Logik). Das Ich (Ego), die große Illusion in den östlichen Traditionen – es ist
überwunden. Die Ich-Aktie ist wertlos, sogar für aasgeiernde Hedgefonds. Den Weg dorthin
ist das, was es zu gehen gilt. Es gibt Dinge, die man nicht tun sollte, und Dinge, die man tun
Überwindung des der Selbstblindheit (unbewußte Inkompetenz) im operativen Vollzug. Das
Bewußtwerden des blindes Flecks ist ein fortlaufender Prozeß, der sich immer wieder aus
„evolutorischen Fallen“ selbstbefreien muß (Abbildung 5).
21 „Ein System - jedes System, nicht nur jedes Wirtschaftssystem, sondern auch jedes andere -, daß zu
jedem gegebenen Zeitpunkt seine Möglichkeiten möglichst vorteilhaft ausnützt, kann dennoch auf
lange Sicht hinaus einem System unterlegen sein, das dies zu keinem gegebenen Zeitpunkt tut, weil
diese seine Unterlassung eine Bedingung für das Niveau oder das Tempo der langfristigen Leistung
sein kann.“ (Schumpeter, 1950, S. 138). Was wir hier machen, ist die Anwendung dieser Überlegungen
auf sich evolvierende Systeme. Wir zeigen die evolutionäre Problematik des Effizienzstrebens später
am Beispiel von Unternehmungen, welche auf Grund ihres hohen Organisationsgrades (den sie selbst
nicht reflektieren: unbewußte In/Kompetenz) eine basisinnovative Unfähigkeit und inkrementellinnovative Kompetenz stabilisieren. Diese Aussage steht in Einklang mit Ashbys „Gesetz der Vielfalt“
und Schumpeters Vermutung einer höheren Wirksamkeit nicht-gleichgewichtiger Systeme.
22 Gustav Jung, einen zentralen, im 18. Jh. aufgezeichneten daoistischen Text kommentierend,
kennzeichnet das dao als „Methode oder bewußten Weg, der Getrenntes vereinigen soll... die Absicht
dieser Vereinigung ist die Erzielung bewußten Lebens, chinesisch ausgedrückt: Herstellung des Tao“
(Jung, 1986, S. 27). Beispiele hierfür, die wir anführen, reichen vom Spiralmodell der Selbstevolution
bis zum später skizzierten japanischen Blumenstecken Ikebana.
8
kann: don’t‘s and do’s. Wir bezeichnen es (Abschnitt 4) unten als aktives Nicht-Handeln
(Chinesisch: wuwei). Wie man es tun kann, ist der Inhalt unseres Beitrages. Wenn man
betrachtet, was auf einen zukommt, aber auch, wie das Leben und der Umgang mit dem
Anderen wäre, würde es gelingen, sein Ego zurückzufahren, wir würden in einer anderen
Welt leben – und sie wäre schöner und reicher und vielfältiger. Das sich selbstorganisierende Selbst ist ein virtuelles. Es funktioniert vergleichbar der „unsichtbaren Hand“
von Adam Smith. Und sie wäre schöner und reicher und vielfältiger.
Wozu also dieser scheinbare Dogmatismus einer integralen (ganzheitlichen) Sicht? Weil wir
dadurch großzügiger, toleranter, mitfühlender, liebevoller, geistiger und gesünder werden,
und mit dem Anstieg dieser Fähigkeiten noch mehr integrieren können. Folge ist eine
Zunahme unserer eigenen Komplexität und gesellschaftlicher Komplexität.
Abbildung 3: Evolutionsspirale
Abbildung 3 zeigt unser Spiralmodell der Evolution. Selbstevolution (durch Ko-Evolution)
vollzieht sich im Durchlaufen einer Spirale.23 Auf jeder Ebene der Spirale ereignet sich das
Gleiche (Auftanken des Körpers, der Seele usw.), dennoch von Spirale zu Spirale auf
„tieferem“ Niveau. Sex auf der „tieferen“ Ebene ist ein anderer als auf der tierischen Ebene.
Die Vision auf der tieferen Ebene umfaßt andere Lebensziele als auf der weniger
entwickelten usw. Auf jeder Ebene ist jedoch – nach diesem Modell – die harmonische
Integration notwendig, nicht perfekt, dies schafft niemand, aber tendenziell. Evolutorische
Exzellenz: die vier Dinge (4L) besser machen, nicht in einer Dimension zum Star auflaufen.
Mit zunehmender Disharmonie (die Komponenten verharren auf unterschiedlichen Stufen
der Spirale) bremst die Evolution sich selbst aus. Sand im Getriebe der Selbstevolution.
Irgendwann endet die Entfaltung, und oft im (frühen) Tod. Wie man in China sagt: „Erwarte
keinen Elefantenzahn im Maul eines Hundes!“ Wenn man festhängt irgendwo in der Spirale,
23
Die Spiraldynamik stellen wir hier nicht vor. Wir verweisen auf Ken Wilber (2001) und in Anwendung auf
wirtschaftliche Fragestellungen Röpke & Xia (2007, Abschnitt 3.6).
9
wie gewinnt man neue Energie für das Weitergehen des evolutorischen Weges? Primär mit
Unterstützung und Anregung durch Andere, die eigenen Kompetenzen zu reflektieren
(Lernen 3). „Vermittle den Schülern eine Vision auf ihrem eigenen Weg des Lernens“ (Metz,
1996, S. 33) – so wird die Aufgabe eines (daoistischen) Lehrers umschrieben. Nur ist es mehr
als vermitteln. Gemeinsames Entdecken und Schaffen. Die strukturelle Kopplung zwischen
Lehrer und Lerner - ein Rollentausch ist immer dabei - beschleunigt die evolutionäre
Dynamik und hilft, die Spirale in die evolutionäre Tiefe zu gehen. Eine Vision hält den
lernenden Unternehmer auf dem Weg, erlaubt ihm auf sein Selbst wie ein Gärtner auf eine
Pflanze einzuwirken. Man kann die Pflanze nicht zum Wachstum zwingen, man kann schon
gar nicht, wie es der Mensch mit sich selbst kann, ihre Natur verändern. Dazu muß er
wissen, was er wie wozu verändern kann und will – auf dem Weg zur Erfüllung seiner
Lebensvision. Eine Vision zeigt den zukünftigen Weg, den jemand einzuschlagen wünscht.
(6. Abschnitt). Da er es gerne tut, aus freiem Willen, zwanglos, motiviert ihn die Vision, die
Fähigkeiten zu erwerben, die ihm erlauben, seinen Weg zu gehen.24
Eine Vision läßt sich als ein “Gelübde” mit sich selbst verstehen (Glasmann und Fields, 1996,
S. 33f.). Da das Selbst mehrere (im hier vorgeschlagenen Ansatz vier) Dimensionen aufweist,
gehen in die Gestaltung und Umsetzung einer Vision deswegen neben kognitiven und
körperlichen auch die emotionalen und spirituellen Ressourcen eines Menschen ein. Der
Unternehmer sieht sich als gestaltender Akteur in einer von ihm konstruierten zukünftigen
Ausprägung der Welt. Seine Vision muß nicht bewußt sein. Er handelt nach einem Leitbild,
daß er nicht bewußt konstruiert und wahrnimmt. Möglicherweise ist er auch nicht in der
Lage, anderen Menschen seine Vision explizit zu kommunizieren. Sein Beziehungsraum ist
durch eine unbewußte Vision gestaltet. Die evolutorische Energie einer Vision entfaltet sich
aber, wenn es gelingt, sie bewußt zu gestalten und zu kommunizieren. Wir schreiben daher
Vision der Lernebene 3 zu.
Abbildung 4: Unternehmerische Funktionstiefe
Unternehmerische
Ökonomisches Paradigma
Funktionale Tiefe
Funktion
Flatland
Routine (100)
„Wirt“
Homo oeconomicus
Unternehmertum in
Gleichgewicht- und
Allokationssystem
Arbitrage (60)
Findige Unternehmer;
Entdeckung und
Durchsetzung von
Tauschchancen
Neoklassik, Mainstream
Allokationslogik
Gleichgewicht
„Österreichische Schule”
(Hayek , Mises, Kirzner)
Tausch/Arbitragelogik
Tendenz zum Gleichgewicht
Daher: „The creation of wealth starts with a vision. ... Formulating a vision is the single most
important task of a business leader“ (Locke,2000, S. 18f.).
24
10
Innovation (5)
Neukombination
von Ressourcen
Innovation
Evolution (1)
Selbst- und
Ko-Evolution
Innovationsökonomie
(Schumpeter und NeoSchumpeterianer
Entwicklungslogik
Weisheitstraditionen in Ost
und West
(Bild: Leonardo Da Vinci)
Evolutionslogik
Die Zahlen in Spalte 2 sind eine grobe Schätzung in Prozent der empirischen
Ausprägung der Funktionen. In einer gegebenen Periode, beispielsweise ein Jahr,
operieren alle Unternehmer in der Routinefunktion, 60 Prozent als Arbitrageure,
usw.
Selbstevolution ist Evolution à la Münchhausen. Durch eigenes Tun und eigenes
Nichthandeln, bewußt oder nicht, seine Kompetenztiefe steigern; Selbstevolution ist
unmittelbar mit der Holarchie der Evolutionsebenen (Wilber, 2001) verbunden. Interagieren
zwei Menschen, um sich zu selbstevolutivem Tun anzuregen, sprechen wir von KoEvolution. Der Lehrer ist ko-evolutiv tätig. Wenn sein „Schüler“ nicht evoluiert, lernt auch er
nicht. Der koevolutive Lehrer (Trainer, Erzieher, Coach) ist kein Guru, 25 der seine Schüler
von seinem Willen abhängig macht, der den Schülern sagt, was sie zu tun und zu
unterlassen haben.26 Der Lehrer lernt vom Schüler damit der Schüler vom Lehrer lernt.
Der Lernalltag in Schule, noch mehr in Universität, sieht, wie jeder Lehrer und Schüler
(Student) aus Erfahrung weiß, ganz anders aus. 27 Wir vermuten eine Rückentwicklung von
Kompetenzen (siehe Abbildung). Die akademische Ausbildung von Managern illustriert.28
Guru = Lehrer; guru besar = großer Lehrer (Professor im Indonesischen). "The reason call(ing) these
people management consultants etc. gurus is that they're not sure how to spell 'charlatan'." (Peter
Drucker). Zur Kritik von Guruismus, Lebensläufen sog. Gurus und manchen Überraschungen aus
dem Leben unserer “großen Lehrer” siehe Falk (2005).
26 Lernen, in dem der Lehrer Guru ist, ist kurzfristig effizient. Ko-evolutives Lernen braucht oft mehr
Zeit, weil der Lehrer und der Schüler Rücksicht auf einander nehmen. Der Japaner Jiro Shirasu hat in
einem Brief vom 15.02.1946 einen interessanten Vergleich zwischen beiden gemacht. Seine Zeichnung
ist eine visuelle Darstellung des Unterschieds zwischen den beiden Vorgehensweisen, konkret:
zwischen
der
amerikanischen
und
japanischen.
Der
Brief
befindet
sich
unter:
http://www.ndl.go.jp/constitution/shiryo/03/080/080_002l.html. Zum Briefwechsel, in dem es um
die
neue
Verfassung
Japans
nach
dem
Zweiten
Weltkrieg
geht,
siehe
http://www.ndl.go.jp/constitution/shiryo/03/080/080tx.html
und
http://www.ndl.go.jp/constitution/e/shiryo/03/081/081tx.html (beide Briefe in Englisch; Abruf:
03.02.07).
27 Zum Lehren in Universitäten siehe Lohmann (2007). Der schlechte Lehrer setzt sich durch, auch
wenn er gute Lehre machen will, möglicherweise sogar kann. Zur MBA-Ausbildung in den USA
Mintzber (2005) und Fisher (2007). Wer sich Studiengebühren sparen will: „Das komplette Wissen der
MBAs“ für 34,90 Euros (Navarro, 2007).
28
Creutznacher (2007) geht ausführlich den Fragen nach, warum bisher in Schulen und Universitäten
unternehmerische Kompetenz eher erodiert denn gefördert wurde und wie sich Unternehmertum in
25
11
Abbildung: Kompetenzregression
Was, wie und von wem man lernen kann, darüber besteht nun keineswegs Einigkeit
zwischen Gelehrten und Praktikern. Dies gilt nicht zuletzt für das Lernen von
Unternehmertum (Röpke & Rassidakis, 2007). Vieles muß man – oft gegen die herrschende
Meinung von Wissenschaft und Erfahrungsträgern – selbst ausprobieren. Der Lernprozeß
auf den drei Ebenen (siehe Tabelle 1) ist selbst evolutorisch. Es geht also um eine Evolution
von Evolution. Die Tabelle zeigt, wie Lernen und Evolution verknüpft sind, sich verbinden
lassen.
Tabelle 1: Lern – und Evolutionsebenen
Lernen 0
Evolution 0
Optimierung
gegebenes
und/oder Die
Welt
ungleich verteiltes Wissen; Routineunternehmers
gegebene Fähigkeiten
Arbitrageurs
Anpassung an Daten
Routinehandeln
Stationäre Wirtschaft
diesen Institutionen „produzieren“ ließe. Der Hinweis, es fehle akademischen Gründern vor allem an
kaufmännischem Wissen und Managementkenntnissen, ist nicht überzeugend, theoretisch wie
empirisch. Zu letzterem siehe Mintzberg (2005) mit seiner Kritik an MBA-Studiengängen und generell
defizitärer Unternehmerkompetenz von MBAs (und ihren Lehrern). Wie entstehen solche Defizite?
The teacher holds back the pupils. Zu deutschen Managern: „Sie alle haben im Ausland studiert, sie
alle haben einen MBA und verstehen sich aufs Eigenmarketing - nur originelle Ideen haben sie nicht:
Manager werden zunehmend austauschbar.“ (Siebenhüter, 2007). Wahr oder nicht spielt hier keine
Rolle: sie werden so wahrgenommen oder konstruiert. Was die Autorin schreibt, widerspricht nicht
unseren Beobachtungen aus der Perspektive junger Unternehmen. Die Anschlußfähigkeit von
Gründungsunternehmen an etablierte Unternehmen ist bescheiden und fällt um so geringer aus, je
innovativer ihre Produkte sind. Quasi-Korruption (Bringst Du mir Vorteile, bekommst Du den
Auftrag, auch wenn der Konkurrent die bessere Leistung bringt), Hold-up-Verhalten und
kurzfristiges Vorteilsdenken gelten als weit verbreitet. Zu all diesem, – so Mintzberg und andere werden Manager auf Business Schools blindfleckig erzogen: Der Lehrer reflektiert nicht, was er
anrichtet. Lernen 3 (Reflektion) hängt durch.
12
des
und
Lernen 1
Evolution 1
Wissensgesellschaft
Erwerb und Anwendung Neues Wissen, gegebene Innovatoren
von Wissen
Fähigkeiten
Lernen 2
Evolution 2
Unternehmerische
Durchsetzungskompetenz Neue Möglichkeiten durch Wissensgesellschaft
Evoluierende Neuerer
„Energie
der
Tat“ erweiterte Fähigkeiten
(Schumpeter)
Lernen 3
Evolution 3
Reflexions-und
Visionskompetenz
Evolutorische
Funktionsund Wissensgesellschaft
Kompetenzbewußtsein
Reflexive
und
Innovatoren
(Visionsorientierte)
visionäre
Selbstreflexion
2. Ein Lernzyklus
Kompetenzorientierte Lernzyklen durchlaufen vier Phasen. Abbildung 5 zeigt ihre
Verknüpfung.
Der Schlüssel zu unternehmerischem Lernen ist der Übergang von der ersten zur zweiten
Phase, der Sprung in Lernen 3, das bewußte Wahrnehmen von eigener und - als Lehrer und
Coach - fremder Inkompetenz. Lernen ist eingebettet in Beobachtung und Wahrnehmung
einschließlich des Selbst. In welcher Phase der Lernprozeß einsetzt oder anzuregen wäre,
kann dabei offen bleiben. Wer von seinen Stärken überzeugt ist, mag diese weiter
vervollkommnen, Arbeit in der dritten Entwicklungsphase, Ausbau seines „komparativen
Vorteils“, Weiterentwickeln der vorhandenen Stärken (siehe unten).
Die folgenden Überlegungen beschreiben detaillierter ein Modell des Lernens von
Fähigkeiten. Das Modell impliziert nicht oder mündet nicht in einem Aktionsplan mit exakt
abgestimmten Zielvorgaben, quasi einer Zielvereinbarung mit sich selbst. Dies sei
vorausgeschickt, um konstruktivistische Vermutungen im Sinne F.A. Hayeks, die in unseren
Ausführungen erkannt werden könnten, zu zerstreuen. Der geschilderte Prozeß des
Kompetenzerwerbs, den wir evolutorisch nennen, vollzieht sich weitgehend spontan und
läuft nur in Grenzen kontrolliert ab. Er ist des Öfteren gekennzeichnet durch aktives NichtHandeln (wuwei) in der Logik der daoistischen Theorie. Dennoch ist er machbar. Menschen
sind der oft implizit benutzten und durch Erfahrung erworbenen Strategien, die sie
benutzen, um etwas (in sich) zu schaffen, selten bewußt. Dies gilt auch für die Regeln und
13
Strategien, unsere Fähigkeiten zu entwickeln. Der Andere (Lehrer, Trainer, usw.) spielt eine
Schlüsselrolle, um sie aus der Routine von Verhalten und Strategien herauszuführen
(Evolution durch Koevolution). Wissen (Lernen 1) ist nicht das Schlüsselproblem. Der
Herzinfarkt ist keine Sache von Nichtwissen von Patient und Arzt sondern ein Mangel an
„Energie der Tat“ (Schumpeter), welche einen Knowing-doing-gap bewirkt. 29 „Was den
Führer [innovativen und evolutorischen Unternehmer] charakterisiert, ist wie hier, so
überall die Energie der Tat und nicht die des Gedankens. Und diese Funktion ist wesentlich
für die Entwicklung auf allen Gebieten“ (Schumpeter, 1911/2006, S. 543f.).
Woher kommt diese „Energie der Tat“?30 Eine erste Antwort: Ohne “Schule” geht es nicht,
sagt Ouspensky (1995). Wir sprechen von „Evolution durch Ko-Evolution“, eine Praxis,
durch welche sich alle sog. Weisheitstraditionen auszeichnen. Dies hat Gefahren:
„Bekehrung“ durch Guruismus. Glaube zieht ein und vermag spirituelle Kompetenz zu
erodieren. Wenn man fest hängt irgendwo in der Spirale (Abbildung 2), wie gewinnt man
neue Energie für das Weitergehen des evolutorischen Weges? Woher kommen Anregung
und Aufforderung, die unbewußten Kompetenzen zu reflektieren (Lernen 3). „Vermittle den
Schülern eine Vision auf ihrem eigenen Weg des Lernens“ (Metz, 1996, S. 33), wurde die
Aufgabe eines (daoistischen) Lehrers umschrieben. Es ist mehr als vermitteln. Gemeinsames
Entdecken und Schaffen. Auch in den Prozeß der Ko-Evolution sind die Lernebenen und die
Stufen der Kompetenzentfaltung integriert. Lehrer, Coach, Partner usw. stehen nicht außen
vor. Der Guru leistet nur, wenn er sich selbst zum Schüler macht und anerkennt, daß auch er
mit unbewußten Fähigkeiten sein Leben gestaltet. „Nicht auf den Zehenspitzen stehen“
(wollen), ist einer der drei Schätze des Laozi.31
Abbildung 5: Evolutionslernen
Unbewußte Inkompetenz (Lernen 0)
Unbewußte Inkompetenz (Lernen 0)
Lernen 3
Lernen 3
Bewußte Inkompetenz
Bewußte Inkompetenz
Lernen 2/3
Lernen 2/3
Bewußte Kompetenz
Bewußte Kompetenz
Wuwei
Wuwei
Unbewußte Kompetenz
(evolutorische Falle)
Unbewußte Kompetenz
(evolutorische Falle)
Evolutorischer Lernzyklus
Herzversagen
ist
die
dominierende
Ursache
des
Sterbens
in
den
USA(http://www.cdc.gov/nchs/fastats/lcod.htm). Durch einen anderen Lebensstil ließe sich die
Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent, an einem Herzleiden zu sterben, um nahezu 40 Prozentpunkte
senken.
30 Die Lebensenergie qi aus der traditionellen chinesischen Medizin, ganzheitlich betrachtet, entspricht
dem Energiebegriff, wie wir ihn hier, mit Schumpeter, verwenden.
31 Laozi, Dao De Jing, Kapitel, 67. Die „drei Schätze“: Liebe, Güte, Barmherzigkeit; Beschränkung,
Genügsamkeit, Sparsamkeit; Bescheidenheit, nie der Erste, Größte, Beste etc. sein.
29
14
Das vierphasige Modell des Kompetenzerwerbs findet in der Praxis vielfach Anwendung.
Ein Beispiel ist das sog. neurolinguistische Programmieren (NLP).32 Der Samurai lernte seine
Kunst nach diesem Verfahren (Preston, 1991).33 Das Erlernen neuer Fähigkeiten durchläuft
die Phasen 1, 2, 3 und 4. Beim Verlernen von unbewußt genutzten Fähigkeiten ist eine
Rückkehr von Stufe 4 auf Stufe 2 erforderlich, das Rückgewinnen von Bewußtsein vor der
Initiierung neuer Lernprozesse oder das System läuft in eine evolutorische Falle (7.
Abschnitt).
Wie die Abbildung zeigt, sind die Lernebenen 1, 2 und 3 kausal verknüpft. Die Wirksamkeit
von Lernen 1 ließe sich dramatisch erhöhen, wenn der lernende Unternehmer seine
Lernfähigkeit (Lernen 2) verbessert und wenn sich seiner langfristigen Lernziele bewusst ist
(Lernen 3). Andererseits ist der Kompetenzerwerb auf den „tieferen“ Lernebenen 2 und 3
zumindest doppelt abhängig vom Erwerb von Wissen auf der Ebene 1: ein Unternehmer
muß sich neues Wissen aneignen, wenn er seine Fähigkeiten auf Ebene 2 und 3 stärken
möchte; tieferes Lernen ohne Bezug zum fachlich-berufsorientierten Lernen (Lernen 1) liefe
in Sinnkrisen oder macht nur „Sinn“ für Menschen, die ihr Leben jenseits der
Notwendigkeiten wirtschaftlicher oder beruflicher Existenzsicherung gestalten können.
Wer „Zahlungen“ tätigen muß um leben zu können, kommt um Lernen 1 nicht herum wenn eine Solidargemeinschaft ihm den Erwerb von Geldressourcen nicht abnimmt. In
alternden Gesellschaften schiebt sich diese Grenze zudem immer weiter in höhere
Lebensalter. Der Aufbau und die Sicherung unternehmerischer Existenz entkoppelt sich vom
Alter (wie Entwicklungen in Japan bereits deutlich machen: Haga & Röpke, 2007b).
3. Unbewußte Inkompetenz
Das folgende Zitat macht deutlich, wodurch sich evolutionäre Unternehmer auszeichnen.
Eine uralte Erkenntnis zwar, aber Alter schützt nicht vor Nichtbeachtung.
Entrepreneurs have the unique quality of not being threatened by others more talented
than themselves. Rather than fear competence, they embrace it. They recognize their own
competence and limits, and they are able to recognize it in others. They are mindful of
where it is needed and take action to fill the void. Further, they are able to attract is,
recruit it, manage it, develop it, and reward it. They know that they greatly enhance their
chances of success by surrounding themselves with the best. What they dread is being
dragged down by mediocrity (Mitton, 1997; unsere Hervorhebung).
Der amerikanische Unternehmerforscher Mitton beschreibt den Inhalt unseres Beitrages.
Unternehmer erkennen ihre Stärken und Schwächen. Da sie ihre Fähigkeit zu erkennen
vermögen, fällt es ihnen relativ leicht, auch andere Menschen (Mitarbeiter, Geschäftspartner)
Vgl. beispielsweise Mohl (1996), Emerick (1997, S. 59ff.), Dilts (1998);Gregory Bateson leistet die
Pionierforschung. Bereits 1951 (S. 228f.) formulierte Kurt Lewin drei für den sozialen Wandel
allgemeingültige Phasen von Veränderungsprozessen: unfreezing the present level gewohnter
Verhaltensweisen (Entlernen), moving to the new level oder dem Erlernen neuer Verhaltensweisen und
einer Stabilisierung des Erreichten in einem erneuten refreezing (Verstetigung der neuen Struktur).Ein
Grundgesetz dieser Ansätze: Jeder Mensch kann das erreichen, was irgendein Mensch bereits an
Fähigkeiten erreicht hat. Fähigkeitsevolution ist keine Frage der Begabung, sondern des Tuns, gespeist
durch unternehmerische Energie. Der disziplinierte Lerner „schlägt“ den Superbegabten. Der
japanische Laienmönch Yoshida (geboren 1283): „Auch für unser allgemeines Verhalten trifft das
Wort zu, daß auch bei geringer Begabung das ernste Streben der sichere Schlüssel zum Erfolg ist.
Verfügt einer hingegen über reiche Gaben, ist jedoch ohne Selbstzucht, so führt der Mangel an
Disziplin auf geradem Wege zum Scheitern“ (Yoshida, 1963, S. 127).
33 Preston beschreibt das Vermächtnis eines alten Samurai, eines Schwertkämpfers der TokugawaZeit, der vertraut ist mit der Frage von Leben und Tod, von Sieg und Niederlage: die überlieferten
und über Jahrhunderte erprobten Prinzipien und Werte der Ausbildung zum Samurai, ihren Nutzen
im Alltag und im sportlichen Wettkampf: den Weg zur menschlichen Vervollkommnung.
32
15
kompetenzorientiert zu selektieren und zu Selbstevolution (durch Ko-Evolution) anzuregen.
In seiner Untersuchung der Transformation von großen Unternehmen und ihrer Führer hat
Jim Collins (2001) ähnliche Beobachtungen gemacht. Keith McFarland (2005) hat die
Lerndynamik bei den am schnellsten wachsenden amerikanischen Unternehmen beobachtet.
Auf diesem Wege lernen andere durch Beobachtung und Nachahmen der erfolgreichen
Unternehmer. Kompetenzbewußtsein pflanzt sich damit gleichsam fort. Ihr Bewußtsein ist
ein
Multiplikator
für
die
Schaffung
und
Ausbreitung
von
Kompetenz,
Persönlichkeitsmerkmale von relativer Zeitstabilität, auch bei anderen.
Kann jemand sich selbst evolutionieren, ohne irgendwann sich selbst zu reflektieren (ohne
Lernen 3)? Ob jemand überhaupt seine Schwächen angehen will oder nicht, sie zu kennen
und zu erfahren ist unverzichtbar. Bewußte Inkompetenz in sich wahrzunehmen heißt
Fähigkeitsbewußtsein entwickeln. Die erste und kritische Phase des Lernens. Gelingt dies
nicht (durch „Schule“ i.S. von Ouspensky; durch Ko-Evolution), verharren die Menschen in
ihren Problemlösungsroutinen, durch unbewußte Inkompetenz unaufhörlich reproduziert,
den Weg in die schöpferische Zerstörung nicht suchend und findend. Fähigkeitsmängel (3.
Abschnitt) bleiben ein Rauschen im nicht-reflektierten Selbst (Ego). Der evolutorische
Unternehmer „sichert … (sein) Überleben, indem er zerstört“ (Laotse, 1996, S. 34).
Wir sehen nicht, daß wir nicht sehen, wir hören nicht, daß wir nicht hören, wir wissen nicht,
daß wir nicht wissen. „Weise schauen mit den Augen, sie hören mit den Ohren, sie sprechen
mit dem Mund und gehen mit den Füßen. Wahre Menschen nehmen wahr, ohne zu schauen,
ohne zu horchen, sie folgen ohne zu gehen, und sie sind fair, ohne zu sprechen“ (Laotse,
1996, S. 116). Was Laozi beschreibt, ist der Unterschied zwischen bewußter und unbewußter
Kompetenz, die Fähigkeit des Weisen und des „Wahren Menschen“ im Daoismus. Wahre
Menschen wissen, daß etwas noch im Unterbewußtsein bleibt. Der normale Mensch nimmt
nicht wahr, daß er nicht sieht, usw., er denkt, handelt und fühlt bei unbewußter
Inkompetenz. Er bleibt dann in einer Lebensroutine hängen. In der biologischen Evolution
leisten Mutationen den Erwerb neuer Möglichkeiten. Bei Menschen kann dieser seit 100,000
Jahren, mit gewissen Ausnahmen, als abgeschlossen gelten.34
Die Kraft des Unbewußten als Hemmnis der Innovation beschreibt Schumpeter eindrücklich:
„Immer wieder lenkt der Gedanke in die gewohnte Bahn ein, auch wenn sie
unzweckmäßig geworden ist.... Das Wesen und die lebensfördernde kraftsparende
Funktion der festen Denkgewohnheiten beruht ja eben darauf, daß sie unterbewußt
geworden ist, ihre Resultate automatisch liefert und gefeit ist gegen Kritik und selbst den
Widerspruch einzelner Tatsachen. Das tut sie und das ist sie aber auch dann, wenn ihre
Stunde geschlagen hat, und da wird sie zum Hemmschuh. In der eigenen Brust dessen,
der Neues tun will, erheben sich die Elemente der gewohnten Bahn und legen
Zeugenschaft ab gegen den werdenden Plan. Eine neue und andersgeartete
Willensaufwendung wird dadurch nötig, außer jener, die schon darin liegt, inmitten der
Arbeit und Sorge des Alltags um Raum und Zeit für Konzeption und Ausarbeitung der
neuen Kombination zu ringen und sich dahin zu bringen in ihr eine reale Möglichkeit und
nicht bloß Traum oder Spielerei zu sehen“ (Schumpeter, 1964, S. 126, unsere
Hervorhebung).
Schumpeter schreibt des Weiteren: „Es ist das Anwenden dessen, was man gelernt hat, das
Arbeiten auf den überkommenen Grundlagen, das Tun dessen, was alle tun. Auf diese Art
wird nie ‚Neues„ geschaffen, kommt es zu keiner eigenen Entwicklung jedes Gebietes, gibt es
nur passives Anpassen und Konsequenzenziehen aus Daten“ (Schumpeter, 1911/2006, S.
125).35 „Auch handelt innerhalb der gegebenen Verhältnisse jeder Bieber rationell“ (dito, S.
34
35
Siehe hierzu ausführlicher Röpke & Xia (2007).
Schumpeter arbeitet ohne Lerntheorie. Die zitierte Aussage wäre deswegen zu differenzieren. Wie
16
170, Fußnote). „Verstand“ haben schließlich auch Tiere, behauptet der Philosoph. Sie nutzen
ihn, wie viele ihrer menschlichen Verwandten, mit unbewußter Inkompetenz.
Schumpeter deutet an, was wir im folgenden zu vertiefen versuchen: Unbewußtes Denken
und Fühlen sind das Normale, auch und gerade im ökonomischen Alltag. Bei bewußtem
Denken und Fühlen handelt es sich um eine Art von „hochenergetischem Luxus“ (Ciompi,
1997, S. 125). Wer sich diesen Luxus nicht leisten mag, verschenkt sein Evolutionspotential
und sein Überleben im Wettbewerb. Was auch seine Vorteile und ökonomisch durchaus
nutzenmaximierende Qualität hat. „Der ganze Unterschied zwischen dem Schwimmen eines
Körpers mit dem Strome und dem Schwimmen gegen den Strom liegt hier“ (Schumpeter,
1911, S. 121).
Ein Beispiel: Vierzig Prozent aller neubesetzten Managementpositionen stellen sich
innerhalb von 18 Monaten als Fehlbesetzung heraus.36 Was verursacht solch eklatantes und
kostspieliges Versagen? Ein Grund scheint das Unvermögen der die Interviews
durchführenden Topmanager zu sein, Bewerbern überhaupt zuzuhören, was sie zu sagen
haben. „Die meisten Führungskräfte halten nicht den Mund und hören nicht zu, sondern
dominieren das Gespräch, in dem sie ihr umfangreiches Wissen zu allen möglichen Themen
ausbreiten“ (Cronin, 1998). Und da nur Fragen, die prinzipiell durch Wissen unentscheidbar
sind, unternehmerische Fragen sind, können wir vermuten, der Topmanager, der Bewerber
auswählt, vermag unternehmerische Talente überhaupt nicht zu entdecken, weil er selbst
über keine verfügt. Was er natürlich bestreitet, weil er sein Leben nicht auf der Ebene von
bewußter Inkompetenz zu gestalten vermag, um die vielfältigen Potentiale, die
möglicherweise in ihm und anderen schlummern, erkennen zu können. Er ist sich deswegen
seiner unterentwickelten Fähigkeiten aktiven Zuhörens (eine typische wuwei-Fähigkeit
(Abschnitt 5) überhaupt nicht bewußt. „Unglücklicherweise hat niemand in der Firma den
Mut, dem CEO zu sagen endlich den Mund zu halten und zuzuhören“ (Cronin, 1998). Wer
ständig spricht, hört nicht, daß er nicht hört. Wer optimiert, merkt nicht, der er nicht
innoviert. Für den Optimierer ist Innovation ein blinder Fleck, wie Zuhören für den
Dauersprecher und Reflexion für Schumpeters „Bieber“. Er kann dann auch nicht
wahrnehmen, daß er nicht hören oder nicht innovieren kann. Er reproduziert seine
unbewußte Inkompetenz – und wird, wenn er gefeuert wird, dafür auch noch fürstlich
entlohnt. „Wer weiß redet nicht, wer redet weiß nicht“ (Laozi, Dao De Jing, 56. Kapitel,
Übersetzung Lin Yutang). „Gerade dann, wenn man etwas wirklich versteht, sollte man
wortkarg sein, und man sollte schweigen, solange man nicht gefragt wird“ (Yoshida, 1963, S.
59).
Aus einer gewissen Unzufriedenheit versuchen manche Leute sich in eine Richtung
(Dimension) zu entwickeln, die wenig für die Entwicklung ihrer Fähigkeiten bringt. Manche
treiben z.B. viel Sport und andere wollen stets gedrängte Termine in ihrem Terminkalender
haben (Zeitmanagement ohne Vision).37 Ihr integrales Selbst kommt dadurch aber nicht voran.
wir zeigen, lernen Unternehmer auf verschiedenen Ebenen, wobei die tiefste Ebene (evolutorisches
Lernen) über Leben und Tod des Unternehmers als Wirtschaftsmensch entscheidet. Jeder
Unternehmer, auch der innovative, kann, zu einem gegebenen Zeitpunkt, nur das tun, was er gelernt
hat. Das von Schumpeter angesprochene Lernen des Wirts ist die unterste Ebene (Lernen 0) in einer
mehrstufigen Lernhierarchie.
36
Fortune, 22. Juni 1998: „Don’t blow your new job“.
37 Was bleibt vom Tag, vom Leben, fragt der japanische Laienmönch Yoshida Kenko (1963, S. 76) wenn
wir die alltägliche, unverzichtbare Routine (Essen, Schlafen, usf.) ausklammern? „Die wenigen
übrigbleibenden Stunden vergehen nicht nur damit, daß wir wertlose Taten vollbringen, sinnlose
Reden führen, törichten Gedanken nachhängen, sondern es schwinden die Tage dahin, es enteilen die
Monate, ja das ganze Leben entgleitet uns sinnlos, da wir zu töricht sind, es recht zu nutzen.“ Yoshida
Kenko lebte von 1283 bis 1350. Er ist einer der am meisten kommentierten Klassiker in Japan. Seine
Aufzeichnungen werden an den höheren Schulen gelesen.
17
Wer nur eine Dimension in sich fördert – außer es ist jene, die bisher durchhängt – löst neue
Disharmonien in sich aus. Eine Frau (yin) mutiert in eine yang-(Mann-)Frau.38 Yoshida (1963,
S. 76): „… es schwinden die Tage dahin, es enteilen die Monate, ja das ganze Leben entgleitet
uns sinnlos, da wir zu töricht sein, es recht zu nutzen.“ Zhuangzi (zit. Lin Yutang, 2000, S.
115): „Sie… bleiben in die tausendundeinen Angelegenheiten verstrickt, bis sie sterben. –
Wie traurig!“.
Nach amerikanischen Schätzungen arbeitet der Amerikaner im Durchschnitt fünf Tage in
der Woche, drei davon halbwegs produktiv, zwei Tage Verschwendung (Belkin, 2007). Das
hindert Amerikaner nicht daran, noch mehr Zeit in die Arbeit zu investieren, auf Urlaub zu
verzichten (Leser, 2007), E-mails im Bad zu lesen (18 Prozent der Managerklasse) und
Handys im Bett zu nutzen. Mehrarbeit bringt bei gegebener Fähigkeit wenig. Der Ökonom
sagt: abnehmende Ertragszuwächse. Anscheinend geschieht dies häufiger und schneller, als
man bislang unterstellte. „Je länger du arbeitest, desto weniger effizient bist du“, sagt ein
Produktivitätsberater. Die Vorschläge zur Abhilfe sitzen in der Regel an Lernen 1,
gelegentlich auch Lernen 2 an, Lernen 3 bleibt ausgeblendet.
Neue Ideen für Produkte und Geschäfte kommen oft aus persönlichen Erfahrungen. Alte
Leute haben Schwierigkeiten beim Umgang mit dem Computer. Oftmals treten Probleme
gerade dann auf, wenn sie ein Interesse für Rechner entwickeln. Das erste Problem kommt
bei der Auswahl eines Rechners. Das zweite Problem haben sie, wenn sie den Umgang mit
einem PC lernen (wollen). Wenn es nur ein Wissensproblem wäre (Lernen 1), die
Schwierigkeiten wären schnell überwunden. Die Probleme liegen tiefer. Eines ist
Kommunikation. Alte Menschen haben oft Schwierigkeiten, einen Berater zu finden der sie
geduldig mit dem Rechner und seinen Möglichkeiten vertraut macht ohne sie mit IT-Wissen
zu überladen. Ihre nächsten Kontaktpersonen sind ihre Kinder oder Enkelkinder. Wenn z.B.
ein 75jähriger seinen 50jährigen Sohn anspricht, mag der Sohn antworten, daß der Vater
keinen PC und gar keinen Internetanschluß gebrauchen kann. Der 50jährige hängt an seiner
Vorstellung über alte Leute so fest (unbewußte Inkompetenz), daß er seinem Vater nicht
wirklich zuzuhören, seine Bedürfnisse empathisch wahrzunehmen und damit auf seine
Wünsche einzugehen vermag. Der 75jährige muß ihn immer wieder darauf ansprechen und
ihn von seinem Vorhaben überzeugen. Das ist um so schwieriger, wenn alte Leute nicht mit
ihren Kindern zusammen wohnen. Die Innovation Computer scheitert daher bei alten
Menschen an einer nicht-wirksamen Koevolution, gespeist aus unbewußter Unfähigkeit der
beiden Partner.39 Die Gründe neben institutionellen Beschränkungen und gesellschaftlichkulturellen konstruierten Vorstellungen über alte Menschen, nicht zuletzt an
Kompetenzproblemen. Dies hindert sie daran, in der Gesellschaft und Wirtschaft aktiver zu
agieren, auch wenn sie das könnten (und wollten). Technologische Entwicklungen, die alten
und behinderten Menschen im Haushalt helfen könnten, scheitern bei aller Unsicherheit am
empathischen Unvermögen der Entwickler, sich in die Bedürfnisse dieser Menschen
hineinzuversetzen.
Kommt sie nach der Arbeit in ihre Familie zurück, vermag sie kaum noch, ihre im Beruf gezeigte
Aggressivität los zu werden (Freeland, 2007). .
39 Zum Internetverhalten alter Menschen siehe Corbière (2007). Wie die Autorin berichtet (nach
Befragungen von Initiative D21 und TNS Infratest), benutzen 78 Prozent der über 50 Jahre alten
Deutschen nicht das Internet. Ein anderes Beispiel: im Callcenter eines Elektrogerätherstellers rufen
viele alte Kunden an. Elektrogeräte wie Fernseher haben üblicherweise Funktionen in Kombination
mit einem PC. Viele alte Leute kommen damit nicht zurecht. Sie haben allerdings auch bei Beratung
durch ein Callcenter Schwierigkeiten; ihnen fällt es schwer, ihre Probleme am Telefon im Gespräch zu
beschreiben. Darauf wird im Callcenter normalerweise zuwenig eingegangen. Folglich lassen alte
Menschen das Callcenter links liegen.
38
18
Unser Beispiel alter Menschen macht erneut deutlich: Die Natur wird nicht abgeschafft. Sie
wird in die Innovations- und Selbstevolutionsdynamik integriert, evoluiert zu einem
Aktionsparameter evolutorischen Unternehmertums: Evolution der Evolution.
4. Reflexion: Bewußte Inkompetenz oder der Sprung in die Evolution
Die echte Stärke des Unternehmers ist nicht die immense Ausstattung mit Ressourcen,
vielmehr die Kraft des Potentials, welches durch unternehmerische Intelligenz (Kompetenz)
zu erkennen und zu nutzen ist. Innovatives unternehmerisches Handeln erfordert einen
„großen Überschuß von Kraft über das Erfordernis des Alltags“ (Schumpeter, 1964, S. 126)
hinaus, die temporäre Überwindung des unbewußt-„gewöhnlichen Fühlens und Denkens“
(Ciompi, 1997, S. 125). Wobei immer zu bedenken ist, daß der Weg vom unbewußten zum
bewußtes Denken und Tun selten von alleine, sondern oftmals und viel leichter mit Hilfe
von anderen sich vollzieht, einen Vorgang den wir Ko-Evolution nennen. Beispiele dafür
stellen wir vor.
Die Überwindung der durch Fähigkeitsroutinen geprägten Aktivitätsmuster besteht negativ gesprochen - darin, die unbewußten Schemata, die Verhalten in gewohnten Bahnen
festhalten, aufzulösen (Kurt Lewin: unfreezing, Strukturauflösung) um eine
Neustrukturierung, das Erlernen neuer Kompetenzen zu ermöglichen. Lernen beginnt und
endet im Unbewußten. Bewußte Prozesse sind notwendig, da sie es erlauben, „Störungen“ in
der strukturellen Kopplung durch Kompetenzentfaltung zu beheben, um sie dann wiederum
überflüssig zu machen.
Dieses Wahrnehmen, die bewußte Aufmerksamkeit (awareness und attention) bezieht sich
auf alle Elemente unternehmerischer Kompetenz, kognitive, körperliche, emotionale und
seelische. Beispielsweise muß man sich seiner eigenen Emotionen bewußt werden und
erkennen, wie problematisch negative Emotionen wie Neid, Gier, Eifersucht, Aggression
oder Haß sein können.
„Every individual tends to develop patterns of mistakes. The more aware you are of these
patterns, and the more you study rather than dismiss and deny your „mistakes‟ the fewer
you will make” (Geist, 2007). Der Autor untersucht die “Fehler” von Investoren an der Börse.
Warum machen sie immer wieder die gleichen Fehler. Sie leiden, wie die “behavioral
finance” uns aufklärt, an emotionalen Schwächen.
Bewußte Inkompetenz schließt Stärken und Schwächen ein. Wenn ich meine Stärken nicht
stärker mache, verzichte ich auf Kompetenz: die Lücke zwischen den Fähigkeiten die ich
habe, und denen, auch in der gleichen Dimension (etwa Emotion, Empathie: interpersonelle
Sensibilität), die ich hätte, wenn ich sie verstärkt hätte. Wir kommen auf diesen wichtigen
Punkt zurück.
Abbildung 6:
Bewußte Inkompetenz
nicht-evoluierte Stärken
Schwächen
Erhaltung von Fähigkeit
Kompetenz umschließt auch die Erhaltung gegebener Fähigkeiten. „Wer rastet rostet“. Der
biologische Tod ist die Folge des Nichterhaltens von biologischer Lebensfähigkeit. Auch
19
Unternehmer sind trivialerweise Menschen, die nach biologischen Regeln funktionieren.
Sogenannte Zivilisationskrankheiten sind überwiegend nicht genetisch bedingt. Sie folgen
aus der Mißachtung von Regeln eines gesunden Lebens, etwa Essensgewohnheiten. Viele
wissen eigentlich um die Grundregeln einer gesunden Lebensweise.40 Sie praktizieren sie
dennoch nicht. Andere vermögen nicht mit Streß umzugehen und handeln sich
Bluthochdruck ein. Folge: Sie verlieren Kompetenz, sie evoluieren negativ. Der „natürliche“
Tod als Höhepunkt der Involution, der Tod im Markt als Futter für Investmentbanker.
Wie wir in der Abbildung 6 andeuten, besteht zwischen den drei Fähigkeitskomplexen eine
Abhängigkeit. Eine Möglichkeit haben wir durch Pfeile angedeutet. Woher kommen
Übergewicht, Diabetis, Schlaganfall usf.? 60 % der Amerikaner „leiden“ an den Folgen von
Übergewicht. Menschen investieren zu wenig Zeit und Aufmerksamkeit in die Erhaltung
ihrer Fähigkeiten eines gesunden Lebens. Da die Körperkomponente mit Geist, Emotion und
Spiritualität gekoppelt ist, ziehen körperliche Leiden auch diese mit nach unten.
Über Kognition (Wissen) allein Kompetenz aufzubauen oder nur zu erhalten, funktioniert
nicht. Emotionale Intelligenz und ihre Entwicklung ist für Kommunikation mit
Geschäftspartner genau so unverzichtbar wie für Kommunikation mit dem eigenen Körper.
Negativ emotionalisierte haben Schwierigkeiten, mit problematischen Essensroutinen
zurechtzukommen - wie umgekehrt das Ernährungsverhalten („Körper“ im 4-L-Modell) auf
Emotion wirkt. 41
Um Fähigkeit auch nur zu erhalten, ist evolutorisches Unternehmertum erforderlich. In
zweifacher Weise. Manche glauben zwar zu wissen, was zu tun ist. Aber das Wissen bleibt
nicht angewendet. Keine „Energie der Tat“ (Schumpeter). Das zweite Problem: Das Wissen
ist höchst unsicher: Handeln bei Unsicherheit. „Wir sollten uns klarmachen, dass das Wissen
der Menschen winzig ist im Vergleich zu dem, was er nicht weiß“, sagt der chinesische
Philosoph Zhuangzi (2003, S. 118). Menschen und Kulturen unterscheiden sich hinsichtlich
ihrer Toleranz von Unsicherheit beträchtlich. Den Grad ihrer Unsicherheitsvermeidung
kennen sie aber nicht. Unsicherheit ist der Schrecken der Managerklasse: nicht kalkulierbar.
Daher besser zukaufen (acquisitions) als den mühsamen Weg der Selbstinnovation durch
Selbstevolution zu gehen. „Ein Weg kommt zustande, in dem er begangen wird.... Ein Lauf
gelingt/vollbringt sich beim Gehen“ (Zhuangzi, 2003, S. 51, 160).
Natürlich glaubt der Ernährungswissenschaftler alles zu wissen, um uns zu sagen, wie wir
uns gesund ernähren (und der BWL-Professor, wie wir ein Unternehmen strategisch
ausrichten). Folgen wir seinen Ratschlägen, ist das gut für die Rentenversicherung (Früher
Tod bringt die Rente ins Lot) und für mein Übergewicht: wir werden fetter (für die USA:
Pollan, 2007). Der Kollege sieht es sowieso wieder anders, und der Kollege vom Kollegen
wieder anders. Was tun? Leben mit Unsicherheit. Unsicherheit tolerieren lernen, Fähigkeiten
wie Ambigitätstoleranz entwickeln, mit echter Unsicherheit umzugehen. Vor allem aber:
Ernährung zu einem bewußt gestalteten lifetime project zu machen. Du ißt, was du bist.
Unternehmerischen Möglichkeiten sind nur deswegen eine stark abnehmende Funktion des
chronologischen Alters, weil der Mensch zu wenig in seine Fähigkeiten, angefangen mit
seinen bestehenden, investiert. Jedermann mag gerne und gut essen. Biologie, überlagert von
Kultur. Beide wirken gegen die Erhaltung des unternehmerischen Lebens. Wer seine
Schwächen kennt und seine Stärken evoluiert, vermag den Gleichlauf zwischen
Dies schließt junk-food-Vegetarier ein, die große Masse der Vegetarier, die glauben, Verzicht auf
Fleisch alleine bringe etwas für die Gesundheit – vielleicht für die Seele (kein Schlachten von Tieren).
41
Emotionen regulieren das Essen und das Essen reguliert Emotionen (Macht, 2007). Der Autor
untersucht nicht den uns interessierenden Zusammenhang zwischen Essen („intake“)
und
Gesundheit, eine evolutionäre Beziehung.
40
20
biologischem und chronologischem Alter zumindest zeitweilig aufzuheben, und einige
Forscher behaupten – für mehrere hundert Jahre.
Der (biologischen) Evolution geht es nicht um ein langes Leben. Sie interessiert sich um die
Zahl unserer Kinder und Neffen, um Reproduktion. Warum sollte die Natur (natürliche
Selektion) wünschen, das Leben eines Menschen zu erhalten oder auszuweiten, der seine
Fähigkeit sich zu vermehren eingebüßt hat? Für die egoistischen Gene, die all dies steuern,
ist unser Lebensalter gleichfalls uninteressant. Solange sie das Sagen haben, bleiben wir
Sklaven der Natur, bis wir lernen, unsere Evolution selbst zu steuern. Wir werden
Selbstevolutionäre. „Zu lernen, ohne des Lernens müde zu werden, darin liegt der Weg, sich
selbst zu führen“ (Laotse, 1996, S. 153). Schöpfungsgeschichtlich gehen wir Schritte zurück,
in den Zustand, der herrschte, bevor Gott uns der Natur, den Kräften der Evolution und
damit einem Lebensmaximum von 120 Jahren unterwarf. Wir werden das, was wir früher
waren: „Helden der Vorzeit“ (Genesis, 6:4). „Ich will den Menschen, den ich erschaffen habe,
vom Erdboden vertilgen.“ (Genesis, 6:7). Spielen wir Gott (blasphemisch: Münchhausen)
und schauen was passiert.
Die Probleme und Chancen einer Selbstevolution liegen im Übergang von biologischnatürlich determinierten Systemen, die bis heute unser Verhalten und unsere moralischen
Vorstellungen steuern, weitgehend implizit und unbeobachtet, zu Post-Natur-Systemen. Die
Natur wird nicht abgeschafft. Sie wird in die Innovations- und Selbstevolutionsdynamik
integriert, evoluiert zu einem Aktionsparameter evolutorischen Unternehmertums:
Evolution der Evolution. Hier erschließt sich ein riesiges Potential für Marktschaffung und
Wertschöpfung gerade auch in den alternden Gesellschaften der Industrielländer, da sich
das biologische Alter immer mehr vom chronologischen entfernt. Dennoch bleibt, rotz
steigender Lebenserwartung, unternehmerisches Engagement alter Menschen, sehr
bescheiden.42
Auch die theoretischen Paradigmen zur Beobachtung und theoretischen Erfassung der
Wirklichkeit unterliegen einem Wandel. Die neoklassische Mainstreamökonomie herrscht
über die innovationslose „Steinzeitökonomie“ und gedanklich auch noch in „postmodernen“ Gesellschaften wie der deutschen. Sie ist nie um Antworten verlegen, die keine
sind. Das Modell der Innovation von Schumpeter wird seinerseits überlagert vom
Paradigma der Evolution. Neoklassik ist eine Ökonomie des Todes, Schumpeter herrscht
über die schöpferische Zerstörung, danach das Eintreten in die Selbstevolution bis zur
Unsterblichkeit (Evolutionsökonomie). Dies ist auch wörtlich gemeint. Eine Wirtschaft wie
die deutsche, neoklassisch durchanalysiert und paralysiert (Analyse
Paralyse), ist auf dem
Weg in die Kondratieffarmut. Und das heißt: sie verschenkt Lebensspanne und
Möglichkeitsräume ihrer Menschen.
Das größte Verbrechen aus evolutorischer Sicht: nicht die Welten zu erschließen, die in
unserem Potential angelegt sind, weil wir in sie nicht eintreten dürfen, können und wollen.
Ausgangspunkt der persönlichen Entwicklung ist daher die zweite Phase, das Erkennen
bzw. Wahrnehmen, daß ich mit meinen gegenwärtigen Fähigkeiten „Probleme“ habe oder
erzeuge. Komme ich nicht auf diese Ebene, ende ich, dem unternehmerischen Lauf folgend,
in Routine.
„Erkenne dich selbst“ (Thales von Milet), eine uralte griechische Einsicht.43 „Ein Mann, der
Für die Unternehmerforschung sind alte Menschen (noch) kein Thema; vgl. die Untersuchungen des
Global Entrepreneurhsip Monitors, für Deutschland Sternberg u.a. (2007).
43 Der Aphorismus war auf einer Säule in Delphi eingeritzt. Platon zitiert die Maxime des öfteren.
Nach Aristoteles ist „Erkenne dich selbst“ zu einem der „bekanntesten Aussprüche“ im antiken
Griechenland geworden.
42
21
sein Fach wirklich versteht, ist sich seiner Mängel deutlich bewußt und aus diesem Grunde
nie mit sich selbst zufrieden. Er wird sich seiner Fähigkeiten niemals rühmen“ (Yoshida,
1963, S. 114). Der daoistische Führungsheoretiker Sunzi (535 - 453 v. Chr.), Autor der „Kunst
des Krieges“ äußert zur gleichen Zeit wie Thales und fast ein Jahrtausend vor dem
japanischen Laienmönch Yoshida Kenko: „Wenn du die anderen und dich selbst kennst,
wirst du auch in hundert Schlachten nicht in Gefahr schweben; wenn du die anderen nicht
kennst, dann siegst du einmal und verlierst einmal; wenn du die anderen nicht kennst und
dich selbst nicht kennst, dann wirst du in jeder einzelnen Schlacht in Gefahr sein“ (Sun Tsu,
1997, S. 110). Wir können diese Aussage auch als Paradigma der Selbstevolution deuten. Die
Schlachten sind der Weg der Evolution, kein Krieg mit sich selbst, obwohl Entfaltung des
Selbst oftmals schmerzhaft ist. Kriege gewinnt, wer nicht aktiv handelt: der wuwei-Krieg (4.
Abschnitt). Die selbstevolutiven Gefahren sind Stillstand und Rückentwicklung. Von Sunzi
stammt auch folgende Beobachtung: „Eine Katze vor dem Loch, und zehntausend Mäuse
wagen es nicht herauszukommen; ein Tiger im Tal, und zehntausend Hirsche können es
nicht durchqueren“ (Sun Tsu, 1997, S. 132). Wer sind Katzen und Tiger? Unsere unbewußten
Fähigkeiten, die uns daran hindern, das in uns liegende Potential zu erkennen und zu
erschließen.
„Ich weiß, daß du nicht weißt, daß du nicht weißt“, sagen sie den Menschen aus dem Westen
(Cha, 2007). Was sie uns daher mitteilen: Ihr lebt, was Wissen und seine Nutzung angeht, auf
der Ebene unbewußter Unfähigkeit. Und sie haben wohl recht. Die gesamte
Lissabonstrategie der Europäischen Union, die Vielzahl der europäischen und nationalen
Forschungs- und Innovationsprogramme kultiviert einen Knowing-doing-gap, ohne das wir
wüßten, das wir darum nicht wissen (Röpke & Xia, 2007, 5. Kapitel).
Ein arroganter und ungeduldiger Mensch kann lernen aktiv zu hören und andere
Gesichtspunkte wahrzunehmen - aber nur dann, wenn er zuerst erkennt, wie seine erlernten
Gewohnheiten ihm selbst schaden und seine Beziehungen vergiften (Goleman, 1998b, S. 66f).
Eine Schwäche, die man erkennt, kann zur Stärke werden
Wenn einer weiß, was mit ihm nicht stimmt, und sich entsprechend verhält, lebt er
höchstwahrscheinlich viel länger als derjenige, der sich für kerngesund hält und seine
Schwächen nicht wahrhaben will. In diesem Sinne kann dir also selbst eine gewisse
Schwäche einen großen Gefallen erweisen, wenn du dir nur eingestehst, daß sie da ist. ...
Hast du einmal deine Grenzen erkannt und akzeptierst, kannst du mit ihnen umgehen, statt
gegen sie anzugehen und über sie zu stolpern...Und dann wirst du erkennen, daß deine
Grenzen vielfach deine Stärken sind.(Hoff, 1984, S. 53).
Gewohnte Verhaltensmuster werden so lange festgehalten, bis Probleme entstehen, die neue
Probleme, Krisen und Leiden erzeugen. Chuangzi beschreibt auf dieser Ebene operierende
Menschen: „Und so gehen diese Leute jahraus jahrein in ihrer Tretmühle, in ihre eigenen
Angelegenheiten verstrickt, und können nicht heraus. Sie lassen ihre körperlichen Begierden
mit sich durchgehen und bleiben in die tausenduneinen Angelegenheiten verstrickt, bis sie
sterben – wie traurig!“ (zitiert in Lin Yutang, 2000, S. 115). Andere Menschen lernen wie die
Welt zu regieren ist, während der Weise lernt, wie er sich selbst regiert.
Der Sumurai Yamamoto erkennt mit großer Klarheit das Grundprinzip selbstevolutorischen
Wandels:
„Man erkennt im immerwährenden Wissen des eigenen, niemals vollendeten Könnens, dass
für das Ausüben einer Kunst kein Ende existiert. So lebt der Meister sein Leben, sich seiner
Unvollkommenheit bewußt, niemals mit seinen Fähigkeiten zufrieden, selbst an seinem
allerletzten Tag nicht, weder eingebildet noch herablassend.“(Yamamoto Tsunetomo,
1710/2000, S. 20).
Auslöser für Neukombinationen sind vielfältig. Im ökonomischen System spielen
22
wettbewerbliche Herausforderungen eine Schlüsselrolle. Die Alltagsroutine oder ein
„adaptive response“ reichen nicht aus, diese zu bewältigen; schöpferische Zerstörung ist die
natürliche Folge (Schumpeter, 1950). Jüngere Beispiele sind Buchhandel und Verlagswesen.
Die Brockhaus-Verleger bieten ihre Lexika kostenlos im Internet an, weil ihr altes
Geschäftsmodell (Druck) nicht mehr tragfähig ist: „Brockhaus kapituliert vor dem Internet“
(Clausen u.a., 2008). Bleibt der Unternehmer in seiner Alltagsroutine gefangen, läßt sich ein
Sprung in die schöpferische Antwort („creative response“ nach Schumpeter), die Vertiefung
der Kompetenzprofile auf einer gegebenen Ebene der unternehmerischen Hierarchie, die
Harmonisierung seiner yin-yang-Bipolarität und schon gar nicht eine funktionale Mutation
bewältigen: Er fühlt, denkt und handelt bei unbewußter Inkompetenz.
„Be your own worst critic“, wird amerikanischen Unternehmern mit auf den Weg gegeben
(Maloney, 1998). Sich selbst verstehen, sich seiner Stärken und Schwächen bewußt werden.
Dies schließt Befreiung von der Herrschaft willkürlicher Standards und Erwartungen ein, die
einen daran hindern, eigene Standards und langfristige Ziele (Visionen) zu finden und zu
verwirklichen. „So sollten wir also sorgfältig erwägen, welche unserer Betätigungen uns als
die wichtigste erscheint, und wir müssen, haben wir uns einmal für eine entschieden, alle
Gedanken an anderes von uns abtun und mit ganzer Hingabe nur dies eine betreiben“
(Yoshida, 1963, S. 128).
Ein erster kritischer Umschlagpunkt in der unternehmerischen Selbstevolution ist daher
Erkennen, Beobachten und das Sich-Bewußtwerden der eigenen Inkompetenz. Der Mangel
an Kompetenz wird bewußt wahrgenommen: bewußte Inkompetenz. Ohne (Selbst)Beobachtung gibt es keine Dinge - auch keine Inkompetenz. Selbstevolution ist an das
Selbst-Beobachten und damit die bewußt wahrgenommene Emergenz eigener, nicht
verwirklichter Fähigkeitspotentiale gebunden. Eine Unfähigkeit, außer jener, die der
einzelne selbstbeobachtet, existiert nicht. Der Unternehmer lebt, im 4L-Raum, wie ein Tier,
daß seine verhaltensregulierenden Gene nicht zu erkennen vermag.
Selbstbeobachung ist deswegen für Selbstevolution essentiell. Man muß erst die Motive und
Ziele und die Fähigkeitsbasis des eigenen Handelns verstehen um andere verstehen zu
können und mit ihnen ko-evolutiv zu wirken. Daher ist Selbstwissen Schlüssel zum
Verstehen anderer. Und wer andere nicht versteht, kommt über unternehmerische Routine
nicht hinaus - oder muß, als Innovator auf Glück oder „rent-seeking“ oder den
Aktionsparameter Macht setzen.44
Dies heißt jedoch: es existiert keine Aufmerksamkeit, kein Wahrnehmen, kein Bewußtsein in
der Domäne der Beziehungen des (strukturgekoppelten) Systems Unternehmer.
Kompetenzlücken und -mängel bleiben damit Träger des Alltagshandelns, auch wenn dieses
noch soviel Schwierigkeiten heraufbeschwört. Vor der Veränderung kommt das Akzeptieren
der eigenen (In-)Kompetenz. Neues läßt sich erlangen, wenn das Alte akzeptiert, bewußt
anerkannt und reflektiert ist (Lernen 3). Bewußtes (durch Lernen 3 zu erzeugendes)
Akzeptieren der eigenen Schwäche (im obigen dreifachen Sinn) ist Keim der Veränderung.
Es hilft, eingefahrene Bahnen zu verlassen, neu anzufangen, Neues zu lernen, neue
Fähigkeiten zu erwerben (Lernen 2).
Jeder Mensch hat viele Schwächen und manche Stärken. Diese zu erkennen und zu
überwinden oder im Falle von Stärken zu verbessern, reichen tausend Leben nicht. Was wir
hier nicht erörtern: An welchen Schwächen und Stärken arbeitet der Unternehmer? Unsere
Antwort: An denen, die dem Erreichen seiner langfristigen Ziele (oder seiner „Vision“,
seinem „Gelübde mit sich selbst“) dienen. Vision ist Teil von Lernen 3. Über Visionen läßt
In the long run, wie Keynes sagt, bringt das nichts außer dem Tod. Im Sinne Laozis beobachtet
Yoshida (1963, S. 136): „Man kann sich nicht auf Macht verlassen: die Starken gehen zuallererst
zugrunde“.
44
23
sich selbstevolutive Dynamik bewußt entfalten. Ohne Unterstützung durch einen „Lehrer“ ist
Visionsarbeit fast nicht zu machen. Auch Unternehmer- und Unternehmensvisionen sind
keine Ausnahmen. 45 „Sehen, was man nicht berühren kann. Erkennen, was noch nicht
wirklich geworden ist. Vermittle den Schülern eine Vision auf ihrem eigenen Weg des
Lernens. Der berufene Lehrer [wir denken an Mckinsey und Co und den Schüler Siemens
AG] vermittelt Visionen von mehreren Möglichkeiten. … Der Lehrer vertraut seiner inneren
Vision. Er läßt Ideen kommen und gehen. Sein Herz ist offen wie der Himmel“ (Metz, 1996,
S. 33).
Unbewußte Kompetenz schließt immer die oben angesprochene Dreiheit der Kompetenz ein.
Kenne deine Stärken, Schwächen und die Erosion der Fähigkeiten. Eine Vision baut immer
auf die Stärken eines Unternehmers. Nur diese geben ihm Hoffnung, Selbstvertrauen und
Weitblick für die Zukunft. Er spürt aber auch, wenn er an seiner Vision arbeitet, was ihm
fehlt, was er mit sich tun muß, um seine Stärken zu verstärken. Die nicht evoluierten Stärken
sind dann auch seine Schwächen.46
Die Erosion von Fähigkeiten, die rückwärtslaufende Evolution (Involution), ist ein
schleichender Prozeß. Dies macht sie schwierig zu erkennen und noch schwieriger
aufzuhalten. Darin eingelagert sind die Probleme des nicht-umgesetzten Wissens, der Lücke
zwischen Wissen und Tun, der Krankheit der Wissensgesellschaft.
Bei unbewußter Unfähigkeit weiß ich noch nicht, daß ich nicht weiß. Erst wenn ich weiß, daß
ich nicht weiß, bin ich mir meines Unwissens bewußt. Wenn ich es nicht weiß, handele ich
als Besserwisser. Nicht zu wissen erzeugt Besserwissen, die Krankheit der
Wissensgesellschaft. Wäre die Krankheit geheilt, wäre die Wissensgesellschaft überwunden.
Die Lufthansa weiß47 (und Swissair wußte es noch besser): Geschäftsreisende fliegen niemals
mit Billigfluggesellschaften. Sie tun es. Der Marktanteil der Etablierten erodiert. Erkennen
und reagieren auf schwache Signale, seit der Achsenzeit vor mehr als 2000 Jahren fester
Bestandteil der Selbstevolutionsarbeit von Budhdhismus und Daoismus: unbewußte
Fähigkeit. Wirksames Handeln beginnt im embryonalen Stadium. Es findet in der Phase der
Ereignisse statt, wo alles noch formbar und leicht zu gestalten ist. Chinesen verfügen über
eine relativ hohe Toleranz für Unsicherheit. Der japanische Philosoph Watsudji (1999) führt
chinesischen Gleichmut und Ambiguitätstoleranz angesichts hoher Unsicherheit, Turbulenz,
Krisen auf sozialpsychologische Evolutionsprozesse zurück, in hohem Maße angeregt durch
klimatische Bedingungen. Sie versuchen daher auch nicht, beobachtet der französische
Philosoph und Sinologe Jullien (1999), die Welt faustisch, nach einer grandiosen Idee, nach
einem Masterplan oder als überlegen erdachten Konzept zu gestalten, eine ideale Situation
zu verwirklichen. Sie lassen sich vom Situationspotential beflügeln. Situation und
Situationspotential für evolutorisches Handeln ändern sich ständig. Dinge zu erzwingen ist
in der chinesischen (ostasiatischen) Tradition eine schlimme Sache. Macht ist auf Einfluß
reduziert (Bormann, 2003). Der Weise wie der Stratege, handelt nicht, er transformiert. „Die
Idee der chinesischen Regulation ist eine … Harmonie, gedacht unter dem Begriff des
Prozesses, als Harmonie in der Evolution“ (Jullien, 2000). Dies sind in unserer
Evolutionslogik unbewußte Fähigkeiten. Was bleibt dann von „Planungssicherheit“? Eine
nichtreflektierte Inkompetenz der Managerklasse.
Der Frosch in einem Behälter voll warmen Wassers sieht keine Probleme. Er fühlt sich wohl.
Die Temperatur des Wassers steigt, er fühlt sich immer noch wohl. Die kleinen
Temperaturunterschiede überfordern seine Wahrnehmungsfähigkeit. Er reckt und streckt
45
Wir erörtern Visionsarbeit in unserem Beitrag nicht ausführlich und begnügen uns mit einigen Hinweisen.
Wir schreiben hier über Individuen. Für Unternehmen gilt Vergleichbares. Es ist in einer
Organisation nur viel schwieriger zu machen. Visionsarbeit endet in Zynismus. Wir sprechen unten
einige Voraussetzungen an. Wir nennen es, der japanischen Visionslogik folgend, uchi-Vision.
47 Besser wußte, denn heute weiß sie es.
46
24
sich und genießt sein Leben. Spaßgesellschaft. Steigt die Temperatur weiter an, fehlen ihm
irgendwann Kraft und Wille, aus dem Behälter zu springen. Die Lebensenergie (Qi)
zirkuliert immer schwächer. Der Tod kommt. Er verbrüht im heißen Wasser. Wie entgehen
wir dem Schicksal des Frosches? In der Regel nicht. Das ist aber nicht zwangsläufig so.
Todkranke werden wieder lebendig - nicht nur im Neuen Testament. Voraussetzung ist:
Wenn in ihnen noch Lebenshoffnung/wille steckt.
" Je langsamer die Risiken anwachsen und je mehr Menschen sie betreffen, umso blinder sind
wir für sie" (Reinhold Messner).
"Die sogenannte feine Achtsamkeit erfaßt die Probleme bereits, bevor sie entstehen, sie hält
Unglück ab, indem sie auf kleine und subtile Dinge gerichtet ist und es nicht wagt, den
Begierden nachzugeben" (Laotse, 1996, S. 111).
Zum Verlauf einer Krankheit schreibt Yoshida in einer Logik der Strategie schwacher
Signale: „ Sie schreitet unaufhaltsam fort. Solange sie noch nicht gefährlich ist und der Tod
nicht unmittelbar zu drohen scheint, glauben sich die Menschen in Sicherheit und meinen,
das Leben laufe immer so weiter wie bisher. Sie wollen erst dann Einkehr bei sich halten,
nachdem sie diese oder jene weltlichen Pläne verwirklicht haben, doch plötzlich
verschlimmert sich die Krankheit, und sie stehen an der Pforte des Todes… wenn sie ihre
Gesundheit nur dieses Mal wiedererlangten und am Leben blieben – aber die Krankheit
wütet immer mehr, und schließlich reißt der Tod die Verzweifelten an sich“ (Yoshida, 1963,
S. 156). Yoshida beschreibt hier den alltäglichen Tod des Unternehmers, er läuft seinen
Produktzyklus zu Ende, reizt ihn aus bis er nichts mehr hergibt außer dem Konkurs. Sie
arbeiten effizient aber meiden Innovation. Sie machen, wie Peter Drucker sagt, das Falsche
effizient und das Wirksame unterbleibt. 48
Dem Frosch eine „feine Achtsamkeit“ anzutrainieren und seine biologisch erworbenen
„Begierden“ zu überwinden, hieße ihn zu mutieren. Sich selbst zu evoluieren vermögen nur
Menschen. Und nirgendwo ist der Anreiz zur Selbsterhaltung und Selbstevolution höher als
in der Wirtschaft. Aber auch Menschen und die meisten Wirtschaftsmenschen, ziehen das
Schicksal des Frosches dem Erfassen von Problemen vor, solange diese noch klein sind. Sie
leben, wie John M. Keynes es (in anderem Zusammenhang) formuliert, auf der Stufe von
„economic animals“. Leider ist dies der Weg nichtreflektierter Evolution. Diese spielt nicht
russisches Roulette mit uns, ist sozusagen kein day trader.49 Evolution spielt nicht russisches
Roulette mit uns, sondern wägt die kleinen Vor- und Nachteile des Überlebens im
Selektionskalkül ab (Gottfredson, 2005).50
5. Was wie tun? Lernen durch Nicht-Tun (wuwei):
Evolution geschieht. Keine Spezies weiß, was mit ihr passiert. Sie braucht keine
Modellbildung und Zweck-Mittel-Beziehung um sich zu evoluieren. Evolution geht
organisch aus einer Ausgangsbedingung gekoppelt mit Umweltherausforderungen hervor.
„Top-Manager zahlreicher Unternehmen … wollen gar nichts Neues schaffen. Das würde ja
Anstrengung und Zeit erfordern, die ihnen in ihrer Karriereplanung nicht zur Verfügung steht.
Deshalb arbeiten sie effizient, aber meiden eigene kreative Ideen“ (Leciejewski, 2007).
49 Day trader sind Spekulanten, die aus den Kursbewegungen einer Aktie während eines Tages
Gewinne zu erzielen hoffen.
50 Schumpeter behauptet, und das macht ihn bis heute bei allen suspekt, die in einer gleichen
Chancenverteilung ein überragendes Ziel der Zivilgesellschaft sehen, unternehmerische Intelligenz sei
ungleich verteilt. Wie dem auch sei. Intelligenzunterschiede existieren, auch in der Welt der
Wirtschaft - und außerhalb. Der wirtschaftliche Tod (und wie Gottfredson, 2005 zeigt) jedweder Tod
ist auch eine Frage der Intelligenz (Kompetenz). Gottfredsons Überlegungen sind eine
Herausforderung für die sog. Evolutionspsychologie (Soziobiologie). Menschliche Intelligenz ist eine
Fähigkeit, die vernünftiges Handeln und adaptives Problemlösen fördert, insbesondere in neuen, sich
verändernden und komplexen Situationen. Soziobiologen behaupten demgegenüber auf spezifische
Aufgabenfelder ausgerechte Intelligenzunterschiede (Schweizer-Messer-Syndrom).
48
25
Es ist also wu-wei-Evolution. Kompetenzevolution geschieht gleichfalls. Sie ist eingebettet,
wenn sie gelingen soll, in ein von Selbst-so (ziran). In diesem Sinne ist sie auch zeitlos, was
nicht dem Bemühen widerspricht, den Umgang mit Zeit wirksam zu gestalten.
An Kompetenzzielen evolutorisch zu arbeiten, von Lernen 0 und 1 auf Lernen 3 zu wandern,
dann durch Lernen 2 die Fähigkeitsevolution in sich selbst leisten, ist ein dreigleisiger
Prozeß:
(1) Verhindere die Rückentwicklung des Könnens (negatives Lernen 2, nicht zu verwechseln
mit Entlernen). Wir können solches in allen vier Dimensionen des Selbst beobachten.
Gesundheit haben wir mehrfach angesprochen. Wissen und Besserwissen. Macht verdrängt
Empathie. Die Rückentwicklung des Islam seit dem Mittelalter. Eine verbreitete Krankheit
der politischen und ökonomischen Elite. Wer in der Wirtschaft nicht hört, wird exterminiert.
Der schwerhörige homo politicus verliert Stimmen und Macht: Nur deswegen benötigen wir
Demokratie. „The people speak: Abe‟s not listening“ (Masaki, 2007).
(2) Erkenne deine Stärken. Wenn die Stärken voller entwickelt sind, werden Beschränkungen
unwichtiger. Wer ein guter Programmierer ist, wird ein besserer Programmierer. Wenn er
seine Programme verkaufen will, aber schlecht zu kommunizieren weiß, muß er dennoch
um diese Schwäche wissen. Er kann sie selbst beheben (was bei beschränktem Zeitbudget zu
Lasten seiner Programmierfähigkeiten geht, und bewirken kann, daß Konkurrenten ihn
überflügeln). Wenn er jedoch seine Schwäche kennt, vermag er sich mit jemandem zu
verbünden, der ihm beisteht, seine Software zu verkaufen.
Der Softwareentwickler mit starkem Ego und viel Wissen (Besserwisser) macht es alleine –
und scheitert. Warum sollte jemand, der Angst vor Wasser hat, partout schwimmen lernen.
Warum bei der Marine Karriere machen? Es gibt genügend andere Berufe, Sportarten und
Freizeitvergnügen.
Chinesische Tischtennisspieler wissen, daß sie eine schlechte Hinterhand haben. Also üben
sie Tag und Nacht mit hoher Disziplin, dieses Manko auszubügeln. Mitnichten. Sie
verbessern ihre Vorderhand – und werden unschlagbar (zu diesem Beispiel Turner, 1997, S.
68)
(3) Erkenne deine Schwächen. Herausfinden, wo man nicht gut ist – und das Handeln auf
der Grundlage dieser Schwäche unterlassen. Das Nicht-Gute oder Unwirksame (das NichtVernünftige sagt der Philosoph) unterlassen! Wer schlecht kommuniziert, sollte nicht als
Verkäufer seiner Produkte agieren. Das Nicht-Gute nicht tun. Aktives Nicht-Tun (wuwei)
sagen die Daoisten. Was viel schwieriger zu machen ist, als aktives Tun.
„Man handelt nicht (wuwei), doch es gibt nichts, was nicht getan ist.“ (Laozi, Dao De Jing,
Kapitel 48).51 Nichts bleibt ungetan, obwohl man nicht handelt.52 Man erkennt die Weisheit
dieser Aussage, wenn man das Gegenteil von wuwei in Betracht zieht: wangwei. (Destruktive)
Intervention (wangwei) verhindert die evolutorische Entwicklung eines Systems. Wer nicht
eingreift, erhält den Raum (yin) und schafft neue Möglichkeiten (yang) für die Evolution
eines Systems. Willkürliches Eingreifen in die Komplexität eines Systems, auch des
Selbstsystems, verringert die Evolutionsdynamik. Nicht einzugreifen ist allerdings psychisch
viel schwieriger als ein Tun des Eingreifens. Man muß es lernen. Die gesamte Abfolge der
Lernstufen ist hier involviert. 53
Übersetzung Gerstner (2001), S. 246.
Nichthandeln ist nicht das Gleiche wie Laisser-faire.
53 Die yin-yang-Betrachtung scheint uns daher (Gegenmeinung: Bormann, 2003, S. 27f.) auch durchaus
einer sozial-evolutionären Transformationsdynamik zugänglich, vorausgesetzt, wir integrieren sie in
ein Spiralmodell des Selbst. An anderer Stelle erläutern wir yin-yang-Unternehmertum ausführlicher
(Röpke & Xia, 2007, 4. Kapitel).
51
52
26
Nicht-Tun im Handeln ist gebunden an selbst-evolutives und ko-evolutives Tätigsein. Der
aktive Nicht-Tuer in der Wirtschaft muß „natürlich“ 54 Impulse, Störungen,
Herausforderungen aus den Systemen Wirtschaft, Politik usf. entweder adaptiv oder
schöpferisch verarbeiten – wenn er als homo oeconomicus nicht untergehen will. Dieses
erfordert ein Lernen auf der selbstevolutiven Ebene, wie wir es hier erläutern. Ko-Evolution
ist nicht nur immer impliziert, sie folgt gleichfalls einer Nicht-Tun-Dynamik. Der koevolutive „Lehrer“ interveniert nicht in das Leben einer anderen Person. Er ist empathisch
genug, um wahrzunehmen, wann der Andere seine Unterstützung wünscht. Der andere läßt
es ihn wissen. Nach der östlichen Tradition interveniert der wahre Führer nicht in andere
Systeme – aber ihre Anwesenheit und ihr Einfluß ist immer spürbar. Die Politik „lebt“ von
machtmotivierter Intervention in komplexe Systeme. Sie scheitern zwar durchgängig, aber
Scheitern stört nicht die Funktionsweise des Politiksystems. Politik kann so agieren, weil sie
über den Aktionsparameter Zwang verfügt („Hier spricht die Staatsgewalt“). Der
Unternehmer kann das nicht. Ohne Mitarbeiter kommt er nicht weit, ohne Kunden ist er tot.
Weniger tun bedeutet daher mehr zu erreichen. Er ist wie Wasser, das nicht kämpft, sondern
die Hindernisse, auf die es stößt, umfließt. Der authentische Führer, auf den tieferen Ebenen
des Selbst, beherrscht seine Egozentrik. Ein bescheidenes Ego zeigt Charakter und Weisheit,
ein Spiegelbild bewußt entfalteter Kompetenz. „Durch das sich nicht unterfangen, der Erste
zu sein, kann man seine Anlagen entwickeln und reifen lassen.“ (Dao De Jing, Kapitel 67)55
Der japanische Laienmönch Yoshida Kenko, vom Daoismus inspiriert: „Sich in keinerlei
Wettstreit einlassen, sondern nachgeben, sich selber im Hintergrund halten und die anderen
sich nach vorn drängen lassen ist bei weitem das Beste. … Die Menschen sollten im
allgemeinen so auftreten, als wüßten oder könnten sie nicht besonders viel“ (Yoshida, 1963,
S. 90; S. 144). Wie schwierig solches ist, zeigt des Unternehmers Kommunikationsverhalten.
„Alles Unglück kommt durch den
Mund“
sagt
ein
chinesisches
Sprichwort. Zuhören ist aktives NichtTun. Zuhören ist die Grundfähigkeit
von kommunikativer Fähigkeit und
diese
Basiskompetenz
des
Unternehmers. Den Affengeist zügeln. Wie? Durch Zuhören. Große Ohren. Dies die
Botschaft aus Japan: http://www.1101.com/home.html.
The Toyota Way
„Each professional is expected to spend time out in the field talking to car buyers. Most big
companies have something like it; what distinguishes Toyota is that its executives actually
listen and have turned those insights into profits” (Taylor, 2007, S. 50).
Am Beispiel des Zuhörens sehen wir, um wieviel schwieriger aktives Nicht-Handeln als
aktives Tun ist. Wie leicht ist es, dem andern ins Wort zu fallen, sein Wissen dem anderen
aufzuladen, sein mit Wissen vollgepacktes Selbst zu reproduzieren (Self-promotion als
Primärtugend). Die Medien warten nur darauf. Der Kollege erwartet es, plant und exekutiert
entsprechende Gegenwehr. 56 Unternehmerisch betrachtet ist Zuhören können
Voraussetzung von Empathie, Erkennen der Bedürfnisse der Anderen (Mitarbeiter, Kunden).
Kommunikative Kompetenz wird notwendige Bedingung innovativen Erfolges. Wer Macht
hat oder anstrebt hat oder bewirkt (so Galinsky u.a. 2006) eine unterentwickelte Fähigkeit,
Bedürfnisse und Vorstellungen anderer zu erkennen, Empathie erodiert. Eine schlichte
In der doppelten Bedeutung von selbstverständlich und „ziran“ (Japanisch shizen). Ziran ist ein
Schlüsselkonzept der daoitischen und zen-buddhistischen Logik. Natürlich
spontanes Handeln
spontane Natürlichkeit
die Dinge sich selbst entwickeln lassen
von-selbst-so-sein
das-wasaus-sich-selbst-heraus-ist-was-es-ist.
55 Übersetzung Lin Yutang (2000), S. 203.
56 Vgl. Leendertse (2006) zum Kommunikationsverhalten in Unternehmen.
54
27
Erkenntnis daher auch nicht unplausibel: „Dem Erfolg von Toyota liegt nach Ansicht
vieler Experten ein ziemlich schlichtes Geheimnis zu Grunde: Toyota scheint vor
allem deshalb so übermächtig stark, weil die Gegner so schwach sind“ (Seith &
Schallenberg, 2007). Wir sagen: unbewußte Inkompetenz.
Die nächste Abbildung zeigt Gründe für das Scheitern von Existenzgründern in
Deutschland. Auftragsmangel und Finanzierungsprobleme dominieren. Beide sind
unmittelbar mit Kommunikation verknüpft. Hören auf Kunden, Mitarbeiter, Berater,
Geldgeber, sich in andere hineinversetzen, Besserwissen. Es gibt niemand, der
gründet, ohne von anderen beraten und informiert zu sein. Auftragsmangel heißt:
die Produkte kommen nicht an. Wer produziert Leistungen, von denen er weiß,
überzeugt ist: dafür existiert kein Markt. Niemand. Wie kommt er dazu, es dennoch
zu machen?
Quelle: Maatz (2007)
Damit wird wuwei zu einem Schlüssel unternehmerischen Erfolgs. „Wissen verhindert
zuzuhören“.57 Kommunikation ist Hören, voll und ganz, sagt auch die konstruktivistisch
angelegte System/Kommunikationsforschung. Über die Bedeutung eines Satzes bestimmt
nicht der Sprecher, vielmehr der Hörer. Kommunikation ist Konstruktion und nicht
Informationsübertragung. Sie hängt nicht von dem ab, was übertragen wird (Inputlogik),
sondern von dem, was im Empfänger geschieht. Wenn der Empfänger sich verändert, lernt
der Zuhörer anders und anderes zu hören, der Zuhörer evoluiert. Auf diese Weise gewinnt
das, was der Andere sagt, auch wenn es phonetisch das gleiche ist, eine andere Bedeutung.
Ohne „wuwei“-Kommunikation läuft sich die Wissensgesellschaft fest. Selbstevolution
transformiert die wissensbasierte in eine unternehmerische Wissensgesellschaft (Tabelle 1).
Das Wahrnehmen des eigenen Persönlichkeitsprofils (self-assessment: Miner, 1997b, S.
237ff.), die Beobachtung des Selbst aus der Sicht des Anderen, der Sprung in Funktional- und
Fähigkeitsbewußtsein, die kommunikative Ko-Konstruktion von Subjekt (Unternehmer) und
Objekt (Kunde) eröffnet dem Unternehmer überraschende Handlungsalternativen, ohne seine
57
Zitiert von Krishnamurti (1967), S. 97.
28
Persönlichkeitsausprägung grundlegend zu ändern. Er operiert dann im wuwei-Modus der
Selbstevolution.
(1) Der Unternehmer kann durch Auswahl von Mitarbeitern bzw. durch Einbinden von
anders profilierten Partnern eigene Unzulänglichkeiten zu kompensieren versuchen. Sein
unternehmerischer Erfolg bleibt aber immer noch von ihm selbst abhängig, was zugleich
auf die Grenzen dieser Möglichkeit verweist. Er muß bei sich selbst ein Minimum an
Kommunikationsfähigkeit sicherstellen, einen kommunikativen Schwellenwert, den er
nicht unterschreiten kann, ohne seine unternehmerischen Ziele zu gefährden. Er muß
sich verständigen und austauschen können, was eine minimale Ähnlichkeit zum
Anderen bedingt. Sonst lassen sich seine Schieflagen und Macken durch Andere nicht
mehr kompensieren. Unternehmertum ist nicht delegierbar. Im Sinne der Vorstellung des
integralen Selbst (Abbildung 1) harmonisiert er die Dimensionen seines Selbst.
(2) Er kann eigenen Schwächen durch Einsatz kompensierender Verhaltensweisen begegnen
(weiß ich um meinen Jähzorn, ziehe ich mich aus „gefährlichen“ Situationen zurück oder
bitte (vorher) andere, um entsprechende Interventionen/“Störungen“). Komme ich leicht
aus der Ruhe, kann ich Panikreaktionen durch Einbinden von Ruhe/Reflexionspausen
vorbeugen. Negative Emotionen lassen sich steuern ohne sie zu überwinden.
Die Voraussetzung für solches erfolgreiches „Persönlichkeitsmanagement“ ist immer der
Sprung von unbewußter zu bewußter Unfähigkeit, „die gute Kenntnis der eigenen Person
und das Zugeben der eigenen Unzulänglichkeiten“ (Göbel und Frese, 1998, S. 176):
„Akzeptanz der eigenen Fehler, Offenheit für Kritik, Aufsuchen von ehrlichen
Rückmeldungen, sich immer wieder überlegen, welche Schwächen man aufweist“, (dito)
können einem helfen, die Kompensation der eigenen Probleme zu erreichen. Aber wer kann
das schon? Und ohne auf der (dritten) Ebene bewußten Erwerbs neuer Fähigkeiten zu
arbeiten? Immerhin: Die Kenntnis der eigenen Person eröffnet dem Unternehmer
bemerkenswerte Handlungsstrategien bereits vor dem Eintritt in die dritte Phase bewußten
Fähigkeitserwerbs.
In diesem Sinn determiniert Persönlichkeit den Unternehmenserfolg und wenn Persönlichkeit
eine selbst- und ko-evolutionäre Variable ist, seine Nachhaltigkeit.
„Der Unternehmer setzt seine Persönlichkeit ein und nichts andres als seine Persönlichkeit.
Seine Stellung als Unternehmer ist an seine Leistung geknüpft und überlebt seine Tatkraft
nicht “ (Schumpeter, 1911/2006, S. 529).
Auch bei unveränderter Persönlichkeitsstruktur verfügt ein Unternehmer über
unterschiedliche Handlungsstrategien - potentiell erfolgreiche und erfolglose. Wobei sich die
Waagschale außerhalb eines Routinesystems in der Wirtschaft rasch dem Pol der
Erfolglosigkeit nähert. Operiert der Unternehmer im Modus unbewußter Kompetenz ist
solches nicht ohne Risiko (evolutorische Falle), wie wir unten zeigen.
Um solches zu erkennen, ist ein Lernen auf der dritten Ebene unverzichtbar. Eine Vision sagt
uns dann auch mehr, was wir nicht tun sollten (wuwei), auch nicht auf der Grundlage
unbewußt eingesetzter Fähigkeiten, um unsere Vision zu leben als das sie uns vorschriebe,
was zu tun ist.
6. Bewußte Kompetenz und Ko-Evolution
Auf der dritten Evolutionsstufe werden neue Kompetenzen bewußt erworben und
angewendet: bewußte Kompetenz. Lernen und Ausüben der Fähigkeit sind bewußt vollzogene
Prozesse, eingebettet in den „hochenergetischen Luxus“ (Ciompi) von Fühl-, Denk- und
Verhaltensprozessen bei Erreichen einer „kritischen Masse“: der Emergenz von neuen
Kompetenzprofilen durch evolutorisches Lernen.
29
Abbildung 7: Die Funktion des evolutorischen Unternehmers
Im Durchlaufen des evolutorischen Lernzyklus gibt es drei kritische Phasen, den Übergang
von unbewußter zu bewußter Unfähigkeit, von letzterer zu bewußter Fähigkeit und von
unbewußter Fähigkeit zu unbewußter Inkompetenz (6. Abschnitt). Die erste Phase ist reine
Reflexion, Erkennen der eigenen Stärken und Schwächen in ihrer prozessualen Dualität. Zu
wissen, welche Fähigkeiten man erwerben oder verstärken will, ist Reflexion. Woher kommt
die Energie zum Erlernen von Fähigkeiten? Läßt sich diese Energie selbst erzeugen - und
wie? Importieren läßt sie sich, aufgrund der operationalen Geschlossenheit von
Unternehmersystemen, nicht, wohl aber stören, in Prozessen der Ko-Evolution.
Erkennen des eigenen Persönlichkeitsprofils, der zentralen, übergeordneten Bereiche einer
Person, geschieht bei der Arbeit unter Arbeitskollegen, im Privatleben auf dem Weg des
Unternehmers. Und dieser Prozeß kann intensiv sein aber auch mild und sukzessiv.
Im japanischen Unternehmen kommt es oft vor, daß ältere Angestellte jüngere
Kollegen darauf aufmerksam machen, was sie anders/besser machen sollen und
können. Ältere haben früher schon mal ähnliche Erfahrungen gemacht. Daher
können sie die Jüngeren nachempfinden, sich in sie hinein versetzen, ihre eigene
Fähigkeitserfahrung am Fähigkeitsprofil der jüngeren Kollegen reflektieren und sie
zu Eigenreflexion (Lernen 3) anregen. Japanische Angestellte sind relativ offen
zueinander in diesem Punkt. In Japan machen neue Angestellte am Anfang
unabhängig vom Schulabschluß fast dieselben Aufgaben. Hochschulabsolventen, die
bei einem Hersteller anfangen, arbeiten z.B. zunächst einige Monate in der
Produktion. Dort erleben sie, wie es in der Produktion läuft, welche Probleme
auftreten können, wie sie alleine oder gemeinsam angegangen werden. Das wirkt
positiv auf das Kommunikationsverhalten, in dem sich ein beträchtlicher Teil des
Wissensaustausches vollzieht. 58 Wer auf etwas wirkt, bevor es geworden ist,
erzwingt nichts. Innovationen wie Kaizen, Just in time, lebenslange Beschäftigung,
sind aus solchen dichten, weitgehend machtfreien Interaktionen hervorgewachsen.
Im Unternehmen lernt man dadurch, bescheiden zu sein/werden; man lernt, welche
der im Studium erworbenen Kenntnisse für die Aufgaben im Betrieb verwendbar
sind, was im Arbeitsprozeß zusätzlich noch zu lernen ist. Die Folge ist ein relativ
58
Vgl. Nonaka & Takeuchi (1997) sowie Capurro (1998) für eine reflektierende Darstellung
30
geringe Lücke zwischen Wissen und unternehmerischem Tun.59
Ein anderes Beispiel zur ko-evolutiven Praxis.60 Neun Japaner gründeten nach dem
Erreichen der betrieblichen Altersgrenze ein Unternehmen. Bis es dazu kommt,
dauert allerdings seine Zeit. Die neun Gründer verfügen zwar 40 Jahre lang über ein
informelles Netzwerk bei der Firma aber keinen Zugang zu irgend etwas außer der
Arbeit. Sie haben sich (Nach dem Ausscheiden aus dem Betrieb) in einem Verein
kennengelernt und begonnen, sich darüber auszutauschen, was ihre jeweiligen
Stärken sind. Sie schufen also außerhalb des betrieblichen Netzwerkes ein neues, das
es ihnen ermöglicht, auf den Lernebenen 2 und 3 ko-evolutorisch tätig zu sein. Da die
Gründer selbst alte Leute sind, glaubten sie, die Bedürfnisse ihrer potentiellen alten
Kunden gut zu kennen, sahen hier eine Marktchance und gründeten, in Kenntniss
ihrer jeweiligen Stärken und Schwächen, die sie durch eine entsprechende
Arbeitsteilung berücksichtigen, ein neues Unternehmen: Einfache Dienstleistungen
und Produktion von Gütern (wie den Ersatz einer Papierschiebetür) für alte
Menschen. Inzwischen arbeiten sie mit Gewinn. Bezogen auf das unternehmerische
Funktionsmodell (Abbildung 4) somit eine „Mutation“ von evolutorischem zu
innovativem Unternehmertum: inkrementell veränderte Produkte für einen neuen
Markt (alte Menschen).
Wie wird ein Lernprozeß bewußt vollzogen? Man muß seine Stärken und Schwächen
kennen und eine Vorstellung für ein selbstentwickeltes entferntes Ziel (Vision) haben,
was man werden, wer man sein und was man erreichen möchte. Gerade im Hinblick
auf diese weit in der Zukunft liegende Vision (Fernziel) lassen sich Stärken und
Schwäche erkennen und Kompetenzziele formulieren.
Bei manchen traditionellen Kunstarten hat sich ein Idealbild als entferntes Ziel
herausgebildet. So lernt man bei der ältesten Ikebana-Schule Ikenobo an alten
Meisterwerken, was natürliche und harmonische Schönheit (für die Ikenobo-Schule)
ist (siehe Abbildung 8.). Dieses Schönheitsideal ist Jahre entfernt für den, der sich in
diese Kunst einlernt. Ohne diese Vision weiß er nicht, welche Fertigkeiten er
benötigt, dem Ideal nahe zu kommen, und wo seine gegenwärtigen Stärken und
Schwächen liegen (Haga, 1999).
Abbildung 8: Ein Schönheitsideal der Ikenobo-Schule aus „Rikka Taizen“ (1683)
Wir gehen darauf im Zusammenhang mit sog. uchi-Beziehungen in japanischen Unternehmen noch
ausführlicher ein. Siehe unten Abschnitt 7.
60 Dieses Beispiel aus einer Sendung im japanischen NHK, „Kakei Shindan“ [Überprüfung der
Haushalte], 06.01.07.
59
31
Quelle: http://www.ikenobo.jp/ikebanaikenobo/history/index.html
Daß bei Unternehmern und Unternehmen Vision eine ähnliche Rolle spielt, haben wir öfters
betont. Bei klassischen Kunstarten existiert das Idealbild (Endziel) bereits de facto, was nicht
heißt, daß sie sich nicht fortentwickeln könnte. Ein evolutorisches Unternehmen muß
allerdings ein entferntes Ziel 61 ausmalen können. Eine Vision ergibt sich aus Gedanken
jenseits der alltäglichen Routinen und ist mit den gegenwärtig verfügbaren Fähigkeiten nicht
zu erreichen. Die Zukunft enthält endlos viele Möglichkeiten im Vergleich zu den
Beschränkungen der Vergangenheit. Vision schafft damit Möglichkeitsräume jenseits der
Beschränkungen der Gegenwart. Sie zeigt auf, was wir noch nicht sind, um zu sein, was wir
sein müßten, wäre die Vision Wirklichkeit.
Für den Erwerb neuer Kompetenz ist es daher wichtig, daß man damit anfängt, gegen den
Strom zu schwimmen, Enttäuschungen als Herausforderungen konstruiert und sich davor
hütet, seine noch bescheidenen Fähigkeiten mit denen zu vergleichen, die schon weiter auf
dem Weg sind.62 „So wird er denn, wie er sich selbst fördert, auch von einem anderen …
gefördert“ (Seneca, 2004, vierter Band, S. 249). In unserer Sprache: Ko-Evolution wirkt nur
bei jenen, die sich selbst evolutionieren. Kleine Schritte verhindern Überforderung im
Evolutionsprozeß. Der Unternehmer jenseits der Routine schwimmt gegen den Strom. Das
Schwimmen gibt ihm die Kraft (die Kompetenzen) weiter zu kommen.
„Der ganze Unterschied zwischen dem Schwimmen eines Körpers mit dem Strome und dem
Schwimmen gegen den Strom liegt hier. ... (es) bedarf einer besonderen... Kraft, um die
Bewegung eines Körpers gegen die Strömung zu erklären“ (Schumpeter, 1911, S. 121). Laozi
wird die Aussage zugesprochen: „Lernen ist wie Schwimmen [Rudern] gegen den Strom.
Sobald man aufhört, treibt man zurück.“
Wer so beginnt, ist immer noch schwach, sprich: seine Fähigkeiten sind unentwickelt - im
Hinblick auf die Kompetenzen, die er hätte, wäre seine Vision keine Vision mehr, sondern
geschaffene Wirklichkeit. „Man scheint allgemein der Auffassung zu sein, diejenigen, die
eine Wissenschaft oder Kunst erlernen, sollten sich vor anderen, solange sie noch
ungeschickt sind, nicht allzusehr zeigen, sondern erst dann hervortreten, wenn sie es nach
langer Arbeit in aller Stille zu einiger Vollkommenheit gebracht haben, denn dann würden
sie einen viel stärkeren Eindruck machen. Aber wer so denkt, wird nur schwerlich etwas gut
erlernen können. Selbst noch ungelenk und unfertig sich unter Meister begeben, nicht
verlegen werden, wenn man verspottet und verlacht wird, sondern unbekümmert und mit
Welches in praxi niemals erreicht wird, weil mit steigenden Fähigkeiten neue Zeile am Horizont
auftauchen. Es gilt also die alte Weisheit: Der Weg ist das Ziel. Oder wie Zhuangzi sagt: Der Weg
kommt zustande in dem man ihn geht.
62 Vgl. Rassidakis (2001) zur Problematik des Vergleichs eigener und fremder Fähigkeiten.
61
32
aller Kraft weiterarbeiten – dies allein ist der Weg, auch ohne angeborenes Talent dem
Mißerfolg zu entgehen. Wer so vorgeht, wird, wenn er nicht erlahmt, bald die Begabten
übertreffen, die sich um nichts mehr bemühen. Man bringt ihm hohe Achtung entgegen, er
genießt öffentliche Anerkennung und erlangt unvergleichlichen Ruhm. Diejenigen, die man
jetzt als berühmt preist, sind früher oft Stümper genannt worden, und ihre Schwächen
waren zahllos.“63
Ohne eine ko-evolutive Kommunikation zwischen dem Lernenden und dem
Lehrer/Fortgeschrittenen (im Unternehmenskontext auch „leader“) schafft man das aber
kaum.
„Es wird Fehler geben, die ihm sein Lehrer oder fortgeschrittene Schüler aufzeigen. Dieser
Fehler muß er sich während des Trainings ständig bewußt sein, und er muß sich auf deren
Vermeidung konzentrieren. Dies bedeutet, daß er ungeachtet seines Leistungsstandes nie
seine Übungen automatisch durchführen darf (Preston, 1991, S. 93).
Samurais haben bewußtes Lernen systematisiert. Ihre Methodik prägt bis heute die Kultur
japanischer Unternehmen. Eine Vision für die ganze Organisation ist in Japan auch
heutzutage üblich. Die meisten japanischen Unternehmen formulieren ihre Vision kurz und
einprägsam. 64 Viele Samurai-Fürsten haben eine kurze Visionen als einen Familienkodex
geschaffen. Um eine Samurai-Elite entsprechend der Vision auszubilden, wurde in vielen
Lehen (han) ab Mitte des 18. Jahrhunderts Schulen für Kinder von Samuraifamilien
gegründet.65 Die Kinder kamen im Alter zwischen sieben und zehn Jahren in die Schule
(hanko) und lernten bis zum Alter von zwanzig Jahren sowohl Japanisch und chinesische
klassische Literatur als auch die Kunst des Kämpfens. In Aizu war der Kern der Vision, daß
ein Samurai lediglich dem Shogun treu ist. Auch wenn die Politik anderer Fürsten sich
veränderte, blieb die Politik von Aizu davon unbeeinflußt. Die Samuraischule in Aizu,
Nisshinkan, orientierte sich an dieser Vision. Die Kinder der Samurais wurden bereits mit 6
Jahren in eine Gruppe von 10 Kindern integriert und lernten ihr Leben nach den „Zehn
Yoshida (1965), S. 107. Yoshida lebte von 1283 bis 1350.
Sony (Anfang der 50-er Jahre des 20. Jh.): Become the company most known for changing the worldwide
image of Japanese products as being of poor quality. Canon (heute): „The corporate philosophy of Canon is
kyosei. A concise definition of this word would be "Living and working together for the common good," but our
definition is broader: "All people, regardless of race, religion or culture, harmoniously living and working
together into the future." Unfortunately, the presence of imbalances in our world in such areas as trade, income
levels and the environment hinders the achievement of kyosei. Olympus: Promote healthy and pleasant lifestyles
by offering new value through business activities in harmony with society.Olympus has created new value in
tune with the expectations of society, through advanced optical technologies and production technologies. The
new value has been materialized in form through our digital single-lens reflex (SLR) cameras and endoscopes
with an. Based on this corporate [vision], Olympus is pursuing innovation in order to become a company where
all stakeholders, including shareholders, clients and employees, are proud of the Olympus brand
(http://www.olympus-global.com/en/corc/profile/index.cfm.). Toyota (heute): “Toyota aims to
achieve long-term, stable growth in harmony with the environment, the global economy, the local
communities it serves, and its stakeholders. (Okuda, 2003). Wie die Vision in der Praxis lebt, ist
Gertner (2007) zu entnehmen. Der Chef von Toyota, Watanabe, äußert zu seiner Vision („Traum“):
„Mein Traum ist, ein Auto zu bauen, das von London bis Istanbul mit einer einzigen Tankfüllung
fährt, das die Luft beim Fahren sauberer macht, das keine Unfälle verursacht und Menschen in keiner
Weise schadet, sondern im Gegenteil sogar die Gesundheit fördert“ (Watanabe, 2006). Wir bemühen
Toyota nicht ohne Grund. Viele japanische Firmen operieren nicht auf diesem Niveau. So haben
Unternehmen des 5. Kondratieff, ähnlich deutschen Firmen („SAP-Aktionäre vermissen eine Vision“:
Koenen, 2007a), mangels Lernbereitschaft, an Innovationskraft eingebüßt. Produzenten von
integrierten Schaltkreisen, so zeigt Ushiyama (2006), müssen niedrigpreisige „commodities“
exportieren, verlieren Marktanteile in China und zu Hause. Koreanische, taiwanesische und
zunehmend festlandchinesische Konkurrenten, viel später auf den Produktzyklus aufgesprungen und
damit basisinnovativ noch junge Firmen, rauben ihnen Marktanteile und Gewinn.
65 Vgl. Wikipedia (2007 a)
63
64
33
Regeln“ 66 der Aizu-Samurai zu gestalten. Sie waren sich im Alltag dessen bewußt und
wurden danach geprägt. Die Samurai in Aizu galten als die tapfersten.
Visionsorientiertes Lernen ist in japanischen Unternehmen weitverbreitet. Beispiel Canon.
Die Firmenphilosophie, die wir in diesem Aufsatz Vision nennen, ist kyosei, wörtlich
übersetzt etwa „Symbiose“. Die Richtlinien im Unternehmen ordnen sich in in kyosei ein und
geben konkrete Hinweise, wie man als Mitarbeiter visionsgeleitet arbeitet. Beispielsweise
lautet eine Richtlinie „Sanji-Spirit“: man ist sich stets seiner Spontaneität, Autonomie und
Selbstdisziplin bewußt. Eine Gehalterhöhung ist mit dieser visionsharmonischen Tätigkeit
verknüpft. Im Unternehmen gibt es auch eine Prüfung67 über die Vision. Man denkt nicht
mehr aktiv an die Vision, aber man arbeitet nach der Firmenvision.68 Bewußte Kompetenz
wird unbewußte Kompetenz.
7. Unbewußte Kompetenz: die Evolutionsfalle
Ist eine Fähigkeit gemeistert, läßt sie sich unbewußt-routiniert anwenden: unbewußte
Kompetenz. Ursprünglich bewußte Abläufe verfallen einer „sekundären Automatisierung“
(Ciompi, 1997, S. 73), nunmehr höhere Fähigkeiten werden routiniert eingesetzt. „Erst wenn
solches Denken zu einer unbewußten körperlichen Durchführung gelangt ist“, lehrt uns ein
Samurai aus der Tokugawa-Zeit, „ist er bereit für den Zustand des ‚Keine Gedanken„, der
äußersten Konzentration auf den Kampf von Mann zu Mann“ (Preston, 1991, S. 25) 69.
In Japan wird zwischen zwei kulturellen Weltkonstruktionen unterschieden: uchi und soto
Sie beeinflussen, fast prägen, das Verhalten gegenüber anderen Menschen. 70 UchiVgl. Verband für Tourismus und Landesprodukte in Aizu. Die Regeln lauten z.B.: 1. Man darf den
Älteren nicht widersprechen... 3. Man darf weder lügen noch angeben, 4. Man darf nicht als feige
erscheinen, 5. Man darf Schwache nicht mißhandeln. Nach den zehn Regeln kommt schließlich noch
der Satz: „Was nicht geht, geschieht nie.“ (Unsere Übersetzung). Siehe hierzu die oben zitierte
Aussage von Zhuangzi: „Ein Weg kommt zustande, in dem er begangen wird.... Ein Lauf
gelingt/vollbringt sich beim Gehen“
67 Die Prüfung besteht aus einem schriftlichen und mündlichen Teil; ein Mitarbeiter muß dabei seine
„Vision“ hinsichtlich seiner Aufgabenbereichen darstellen, im Grunde eine Aufforderung,
Visionskompetenz zu erwerben und im täglichen Handeln zu berücksichtigen. Wenn man sich als
neuer Mitarbeiter im Betrieb mit der Firmenvision auseinandersetzt und sie immer wieder in der
Firmenzeitschrift liest, geht die Firmenvision irgendwann in das Bewußtsein ein und gewinnt
unbewußte Züge. Eine Gehalterhöhung nach dem Prüfungsergebnis erfolgt allerdings lediglich in
bestimmten Karrierephasen, die relativ am Anfang des Berufsweges im Unternehmen liegen.
68 Eine Strategie für Kundenwerbung arbeitet analog nach dieser Logik. Canon sendet wiederholt
dieselbe Botschaft an die Konsumenten. Nur hier wird das mit Absicht gemacht und ist reines
Marketing. Für ein wirkliches Gelingen scheint es notwendig zu sein, daß der jenige, der die Botschaft
sendet, selbst an die Vision glaubt und nach ihr lebt, er muß also die Vision „lieben“, sonst erzeugt
diese Art des Marketing Zynismus und Zurückweisung beim Nachfrager.
69 Wir haben uns des öfteren gefragt, warum die moderne Pionierunternehmerschaft Japans durch
Samurais geprägt wurde. Während der historische Nachweis als unbestritten gelten kann (vgl.
Hirschmeier, 1964), schienen die Begründungen hierfür wenig überzeugend. Der Bericht von Preston
(1991) über das Vermächtnis eines Samurai enthält nunmehr eine detaillierte Beschreibung der
Philosophie und Praxis des Erlernens des „Samurai-Geistes“. Sie macht die von uns des öfteren
betonte Verwandtschaft zwischen Daoismus und Zen erneut deutlich, und entspricht inhaltlich
Erkenntnissen, welche die Grundlage von NLP und ähnlichen westlichen Lernverfahren bilden.
Samurais lernten in ihrer Ausbildung Kompetenzen, die sie für unternehmerisches Handeln
prädestinieren mußten, als die Umwelt ihnen die Freiheit gewährte, einen unternehmerischen Weg
jenseits der Routine auch zu dürfen.
70 Grundlegend Watsuji (1992); einen guten Überblick zu uchi und der Gegenwelt soto gibt Wikipedia
(2007 b); zur anhaltenden Bedeutung in der japanischen Gesellschaft Takayama-Wichter & Wichter
(2000); zur Bedeutung im interkulturellen Kontext J-seed (o.J.). Ökonomisch gesprochen lassen sich
die unterschiedlichen Muster der Interaktion von uchi und soto als „nicht-tarifäre“ bzw. gesetzliche
Handelshemmnisse bezeichnen. Ausländer haben Schwierigkeiten in Japan Fuß zu fassen, solange sie
66
34
Beziehungen sind eng verwandt mit ko-evolutiven Prozessen. Das „Innen“ (uchi) operiert
auf der unbewußten Ebene der Beziehungen. 71 Wenn Verhalten nicht in ein „uchi“
eingebettet ist, scheint Koevolution kaum möglich, auch in anderen Kulturen als der
japanischen. Japanische Unternehmen sind im Vergleich mit westlichen und chinesischen
stärker uchi-strukturiert. Die Beziehungen sind relativ harmonisch und vertrauensorientiert,
das Machtgefälle ist gering. Japanische Mitarbeiter innovieren daher leichter „im Haus“.
Probleme kommen auf den Tisch, bevor sie sich zu großen Problemen mausern, weil
Mitarbeiter sie zu verschweigen suchen (Fackler, 2007). Neue Ideen werden relativ offen
diskutiert und mit Unterstützung der Kollegen leichter umgesetzt. Innovationen bleiben
daher im Unternehmen und wandern nicht aus. Der Lücke zwischen Wissen und Tun bleibt
gering. Der „konsensuelle Bereich“ der Interaktionen ist hoch.72
Uchi Japan Air Lines
JAL reform step ejects execs from private rooms
Kyodo News
sich nicht in ein uchi-Netz einzubinden vermögen. uchi ist das „Innen“, soto das „Außen“, verwandt
aber nicht identisch mit Max Webers Unterscheidung zwischen Binnen- und Außenmoral. In der
Systemlogik von Niklas Luhmann sind uchi-Beziehungen ein Unterfall von „Interaktionssystemen“:
„Kleinstbegegnungen persönlicher und nichtpersönlicher Art“, „unmittelbare Kontakte zwischen
Menschen in kleinen, alltäglichen Begegnungen“ (Luhmann, 1997, S. 813). Ihre hierarchische
Überlappung kennzeichnet das japanische „Organisationssystem“, welches Kontakte jenseits der
Anwesenheit lenkt. Organisationssysteme, zumindest des japanischen Typs „schwimmen auf einem
Meer ständig neu gebildeter und wieder aufgelöster Kleinstsysteme“ (S. 812).
71 uchi scheint uns direkt eingebunden in ziran (japanisch shizen). Laufen Interaktionen im uchi-Modus,
geschehen sie auch von „selbst-so“. Sie sind so, wie sie von sich und aus selbst her sind (zum
Vergleich des chinesischen ziran und des japanischen shizen siehe Wohlfahrt, 2001, S. 111-116). Wir
können diesen Zusammenhang hier nur andeuten und verweisen auf weitere Veröffentlichungen,
insbesondere Band 2 der „Reisen in die Zukunft kapitalistischer Systeme“. Um was es hier geht:
Selbstevolution im sozialen Kontext (uchi), also Ko-Evolution, ist geprägt durch die Spontaneität des
‚Von-selbst-so‟. So etwas im organisatorischen und erzieherischen Kontext zu machen, dafür gibt es
nur wenige Fälle, von denen wir lernten könnten, etwa die Samuraitradition (Schwertkampf) oder
chinesischen Energieübungen (Frantzis, 2006), zudem es alles Dinge sind, von denen Schulweisheit
behauptet, sie existieren überhaupt nicht. Die einleitend angesprochene Interaktion von Innovation
und Evolution wird andererseits jenen Unternehmern und Organisationen wettbewerbliche Vorteile
verschaffen, die sich einer „uchi-shizen“-Logik zuzuwenden vermögen. Die schöpferische Zerstörung
der amerikanischen Automobilindustrie durch japanische „uchi“-Konzerne ist ein Hinweis.
72 Konsensuell meinen wir in der Definition von Maturana: „Wenn zwei oder mehr Organismen in
rekursiver Weise als strukturell plastische Systeme interagieren und jeder Organismus so zum
Medium der Verwirklichung der Autopoiesis des anderen wird, ergibt sich wechselseitige
ontogenetische strukturelle Kopplung, die einen konsensuellen Bereich abgrenzt“ (Maturana, 1998. S.
121). Verständlicher Maturana interpretierend: „Wenn zwei Lebewesen über längere Zeit hinweg
interagieren, sich also gegenseitig zu Strukturänderungen anregen ('perturbieren'), 'parallelisieren'
sich (die) Strukturen … der beiden interagierenden Lebewesen. Diese gleichen sich immer mehr
aneinander an, und es bilden sich Gemeinsamkeiten (partielle Isomorphien) aus. Diese gemeinsamen
Strukturbereiche beider Lebewesen bezeichnet Maturana als konsensuelle Bereiche.“ (Riegas, 1990, S.
333). Tritt in einem Team ein disruptiver Kommunikator auf, zerstört er diesen Bereich. Entweder er
verläßt das Team (gelegentlich, um sein eigenes Ding zu machen), taucht ab (innere Immigration).
Disruptiv bedeutet ökonomisch, Dinge zu machen oder zu fordern, welche den auf nachhaltige
Neuerungen ausgerichteten Konsens, uchi, verletzen. Die intersubjektive Welt des uchi ist eine
konsensuelle und nicht eine objektive Definition einer Welt. Dies ist ein Grund, warum die
japanischen organisatorischen Innovationen, so schwierig zu imitieren sind, wenn sie nicht
Kernelemente der dichten, auch sprachlich-kulturellen Interaktionen einschließen.
35
Japan Airlines Corp. said Wednesday it has done away with individual offices for its 10 board
members as well as the conference room at its headquarters, forcing them to share a single
large room as part of management reform efforts.
The top officials, including President Haruka
Nishimatsu and Chairman Toshiyuki Shinmachi, will
have their own desks and an elliptical conference
table where they can huddle for discussions in a new
360-sq.-meter space on the 24th floor of the 25-story
building, JAL said.
Staff will have free access to the room to promote
communications between management and lowerranking employees.
Earlier this year, Nishimatsu said he would cut his
annual salary to 9.6 million yen to "share the pain"
with other staff. JAL is now promoting restructuring
efforts, including pay cuts and early retirement.
Japan Airlines Corp. President Haruka Nishimatsu (center
front) shares a large room with other employees
Wednesday after JAL did away with individual executive
offices. KYODO PHOTO
Quelle: The Japan Times, 17. Mai, 2007,
http://search.japantimes.co.jp/print/nb20070517a5.html
Ein Irrläufer der Evolution
„International Engine of the Year“ 2004
„Bester neuer Motor“ 2004
„Bester Verbrauch“ 2004, 2005 und 2006
„Bester 1,4- bis 1,8-1-Motor“ 2004, 2005 und 2006 „Sieger im ADAC EcoText“ 2004 und 2005
„Sieger im ADAC Eco-Test“ 2004 und 2005
Mit Europas umweltfreundlichstes Auto (89 von 90 Punkten) beim ADAC
Vergleichstest 1.Platz der VCD-Auto Umweltliste“2004/2005***, 2005/2006 1. Platz
in der Klasse Familienautos 2006/2007
Quelle: www.toyota.de
36
Alice
Schweitzer‟s
jüngere
Schwester?
Paris Hilton will in Zukunft umweltfreundlich durch die Gegend fahren - in einem
Hybridfahrzeug.
©
World
Entertainment
News
Network
Die Hotelerbin, die nach ihrem kürzlichen Gefängnisaufenthalt geschworen hatte, ihr Leben
vollkommen zu ändern, hat ihren Range Rover gegen ein Hybridauto von Ford eingetauscht nachdem sie ein Gratis-Modell vom Hersteller bekommen hat. Ihre Fans sollen ihrem
Beispiel nun folgen. Hilton: "Hybridfahrzeuge sind die neue Art der Fortbewegung. Jeder
kann mitmachen, egal wie alt."
Datum: 26.Juli 2007
Gratisreklame
On the hybrid front, the big news for 2007 was this spring's launch of the LS460h hybrid
from Lexus, which became the first mass-produced luxury sedan to feature a hybrid
powertrain. In addition to the LS460h's environmentally conscious credentials striking a
chord with the well-to-do in Tokyo and London, it is destined to become the preferred mode
of transport for Hollywood stars arriving at the red carpet for the Oscars (Lyon, 2007).
Der Hybridmotor für PKWs wurde von westlichen Unternehmen früh, durch Druck von
oben (Topmanagement) und trotz vergleichbaren oder besseren Wissens der Ingenieure, ad
acta gelegt73 – bis die japanische Konkurrenz anfängt, in ihren Marktanteilen zu räubern. In
den USA sind Hybrid-Pkws der einzige noch wachsende Markt.74
„Blue Motion“ ist die Antwort von Volkswagen, ein Mittelklassewagen (Passat), auf
sparsamen Verbrauch getrimmt, mit Hilfe „sehr klassischer Technik“ (Lefèvre, 2007). Der
französische Autotester mokiert sich, warum die marginalen Neuerungen nicht gleich in
In deutschen Unternehmen herrscht ein „Hauen und Stechen“: „Jeder gegen Jeden“ (Leendertse,
2006). Wissenschaftliche Untersuchungen stützen dieses Bild. Die Stimmung der Mitarbeiter im
mittleren Management ist von Frustration und Abwanderungsgedanken geprägt, ergibt sich aus einer
Untersuchung
der
Unternehmensund
IT.Beratung
Accenture
(http://www.presseportal.de/story_rss.htx?nr=927234). Nach Umfragen des Gallup-Instituts sieht es
mit der Motivation in deutschen Unternehmen wie folgt aus: 90 Prozent der Mitarbeiter fühlen sich
gegenüber ihrer Arbeit nicht verpflichtet; 68 Prozent machen Dienst nach Vorschrift; 20 Prozent haben
eine innere Kündigung vollzogen (Koenen, 2007b). Für den Ökonom Harvey Leibenstein ist solches
ein Ausdruck von „X-Ineffizienz“. Könnte man diese irgendwie beseitigen, beispielsweise durch
„uchi-Management“, ließe sich Leistung, Wertschöpfung, Innovation ohne zusätzlichen „Input“
steigern.
74
Auf 38 Prozent beläuft sich die Wachstumsrate für Hybridautos in den USA. Der
73
Hybridmarktanteil von Toyota steigt auf 51 Prozent. Der Anteil von Hybridpkws am
Gesamtmarkt ist 2.2 Prozent (Durbin, 2008).
37
allen Passatmodellen Anwendung finden, zu dem es, wie er vorrechnet, kein Kostenproblem
ist. 75 Probleme wie die bei Airbus illustrieren das Fehlen von uchi-Interaktion und –
Entscheiden zumindest auf der Ebene des leitenden Managements.76
Although most automakers are working on hybrids, Toyota has the advantage of
10 years of experience in selling the technology. And it has 10 years of feedback from
drivers on which to base improvements, rather than relying on information from
labs (Japan Times, 2007).
„Haben die (deutschen) Autohersteller wirklich geschlafen?“, fragt Wolfgang Peters, der die
Autoseite der FAZ betreut. Wer schläft, weiß nicht daß er schläft. Wer nicht zuhört (was
potentielle Kunden ihm sagen, eine Kernkompetenz von Toyota-Honda) 77, weiß nicht, daß
er nicht zuhört. Die Hybridtechnologie für Personenwagen ist ein Kommunikations- und
Empathieproblem
und nur marginal eine technologische Herausforderungen. Jeder
Hersteller kann das machen, wenn er will. Renault und Daimler bauen Hybridmotoren für
Autobusse, die sich auch gut verkaufen. Warum nicht für den PKW?
Wer risikoavers ist, weiß nicht daß er Herausforderungen nicht kreativ annimmt:
Unbewußte Inkompetenz. 78 Der Marktanteil von Hybrid-Pkws in den USA beträgt 2,24
Wie am
Beispiel der Autoindustrie deutlich wird, reicht die Unterscheidung
basisinnovativ/disruptiv und erhaltend nicht aus, um das Innovationsgeschehen in Altkondratieffs zu
beschreiben. Toyota wie Volkswagen innovieren erhaltend, wenn man innerhalb einer laufenden
langen Welle (4. Kondratieff) argumentiert. Was Toyota macht, ist andererseits von einer anderen
Innovationsqualität, möglicherweise auch disruptiv (wir wissen es gegenwärtig noch nicht), eine
radikale Neuerung (ein neuer Motorentyp) in einer langen Welle; VW modifiziert demgegenüber
innerhalb einer langen Welle einen gegebene Marke (Passat) durch erhaltende Innovation. Die
Anforderungen an Technologie und Innovationsmanagement sind daher auch sehr verschieden, und
wir vermuten, ohne uchi-Komponenten läßt sich Vergleichbares wie das was Toyota oder Canon im
Markt für Bildgeräte macht, nicht leisten. In China oder nachholenden Industrialisierern generell
wiederum eine andere Konstellation: Der alte Kondratieff ist Neuland, ökonomisch eine echte
Basisinnovation, auch wenn ein großer Teil des Wissens und der Produktionsfertigkeiten verfügbar
ist. Ökonomisch ist das Überbau. Für Altindustrialisierer wie Deutschland ist eine derartige Situation
hochbrisant, insbesondere wegen der „Sterbende Frosch“- Problematik: das Unterschätzen neuer
Wettbewerber wegen Hochmuts, Arroganz, Unwissens und organisatorischem Soto, von Laozi
(Kapitel ) überdeutlich angesprochen. Der bescheidene Anfang und das rasche Lernen kippen
etablierte Wettbewerber. Der Superlacher Brilliance aus China, Durchfaller in allen Crashtests,
verbessert nicht nur seine Sicherheitstechnik in Riesenschritten. Shenyang Brilliance Jinbei
Automobile Co. Plant für das Jahr 2009 die Einführung eines Hybridmodells von Brilliance (FAZ, 1.
September 2009, S. 49: „Brilliance will glänzen“) – bevor die deutschen Produzenten mit Hybridautos
auf dem Markt sind. Die deutsche Regierung muß in Brüssel ökologisch mauern, weil die
vorgesehenen Belastungen für CO2-Emissionen die deutsche Industrie im Vergleich zu ausländischen
Anbietern unverhältnismäßig belasten würde. Aber wie Angela Merkel feststellt: „Deutschland und
die Antomobilindustrie sind auf engste verbunden.“
76 „Doch statt zumindest im operativen Geschäft an einem Strang zu ziehen, arbeiteten die deutschen
und die französischen Manager meist gegeneinander. Die Produktionsabläufe wurden weniger nach
betriebswirtschaftlichen Effizienzen, sondern vor allem nach politischem Proporz gestaltet. Die beiden
Welten schotteten sich derart voreinander ab, dass sie sogar zwei unterschiedliche Softwaresysteme
nutzten und so zu unterschiedlichen Maßen kamen, wie die Probleme der zu kurzen Kabelbäume im
A380 offenbarten“ (Nölting, 2007). Die Topmanager von EADS haben in einem Feld weise Vorsicht
gezeigt und rechtzeitig ihre Aktionoptionen abgestoßen. Insidergeschäfte rügt die französische
Aufsichtsbehörde und erhebt Anklage. Ob dies ernst gemeint ist, zeigt der Prozeßverlauf. Wer sich in
Frankreich die besten Rechtsanwälte leisten kann, kommt, selten, vor Gericht. Eine Verurteilung ist
noch seltener (Robert-Diard, 2008).
77 Wir bleiben dennoch verunsichert, erfahren wir doch: „.. der Erfolg der Japaner beruht, zum Teil
darauf, dass es dort praktisch keinen Betriebsrat gibt“ (FAZ, 13. September, 2007, S. 21).
78 Peters (2007a) legt eine Batterie von Fragen vor, die sich jeder Automobilhersteller auch vorlegt,
75
38
Prozent (Jahr 2006). Toyota verkaufte von Prius 106971 Einheiten. Insgesamt wurden im Jahr
2006in den USA 265 000 Automobile mit Hybridantrieb zugelassen – rund zehnmal mehr als
vor 5 Jahren (Debus, 2007). China wird für den Hybridantrieb von Toyota (Prius) und Honda
(Civic) erschlossen. 79 Die Luxusmobile bleiben nicht verschont. Toyota baut einen
Hybridantrieb in sein Luxusgefährt Lexus LS ein. „Die 62. IAA fährt unter dem Banner der
Hybriden… die deutschen Autohersteller ziehen jetzt nach“, berichtet Peters von der
Internationalen Automobilausstellung in Frankfurt. „Zu kaufen sind sie allerdings nur bei
der japanischen Konkurrenz“(Peters, 2007b). Eine parallel zur IAA geschaltete
Anzeigenkampagne versichert dem deutschen Leser: „Autos aus Deutschland. Die besten
der Welt.“ Zu ergänzen ist: Um Automobile ohne schädliche Emissionen zu entwickeln,
„müssen die Hersteller in der Gegenwart hohe Profite einfahren“ (Peters, 2007b), das heißt,
sie müssen Autos verkaufen, die in der Gegenwart weiterhin hohe Schadstoffemissionen
produzieren – und zudem die Aktionäre zufrieden stellen: Profite für den Aktienrückkauf.
Lernen ist eine schwierige Angelegenheit. Man müßte lernen, sich leer zu machen von
Techniknarzissmus – für die Bedürfnisse der Kunden. „Das leere Qi [unternehmerische
Energie] sehen sie als harmonisierend an.“ (Dao De Jing, Kapitel 42, Übersetzung
Gerstner, 2001, S. 226).
Was im Geiste vorbereitet ist, kann in der Ausführung nicht schief gehen (siehe Abbildung 3
zur Evolutionsspirale und der Harmonisierung von Geist, Körper, Geist und Seele).
Die Kaufhauskette Isetan läßt seit 1955 jeden Verkäufer alle Äußerungen von Kunden
notieren. Die Informationen werden dann zur Abstimmung des Sortiments auf die
Bedürfnisse der Kunden ausgewertet. Das Kaufhaus sind des Weiteren externe Beobachter
ein, um die Zufriedenheit der Kunden zu überwachen und falls erforderlich die Mitarbeiter
nachzuschulen (Mayer-Kuckuk, 2007b).
Yahoo ist für uns das klassische Gegenstück. Innovationen mit negativem Kundennutzen.
Wir berichten aus eigener Erfahrung. Im Deutschen heißt das verschlimmbessern. Kein
Kunde wird gefragt, null Kommunikation. Einfach gemacht. Scharenweise wandern die
Kunden zur Konkurrenz, sogar Start ups wie Investor Village züchtet Yahoo: Ein super
Message Board für Investoren wird total verunstaltet. Flucht zur Konkurrenz. Yahoo mail
rühmte sich bis Anfang Oktober 2007: das beste Mailprogramm überhaupt. Mag jeder sehen
inklusive Honda und Toyota. „Wie ausdauernd, wie anfällig ist diese Energiepackung
[Hybridtechnik]? Und wie teuer ist ihr Ersatz? Wie wird ihre Verschrottung umweltfreundlich und
erschwinglich veranstaltet? Wie sieht die gesamte Umweltbilanz eines solchen Autos eigentlich aus?
Schließlich: Wer kann, wer will sich ein solches Auto leisten? Solche Fragen können derzeit weder die
Autohersteller noch deren Kritiker eindeutig beantworten.“ Besser läßt sich Risikoscheu und der Ruf
nach Planungssicherheit nicht beantworten. Bis wir die Antwort haben, ist das Hybridauto längst
etabliert. Die japanischen Hersteller bewegen sich auf der Erfahrungskurve nach unten, während die
Skeptiker und Aversen noch über das Aufspringen nachdenken. Die unbewußt Unfähigen sind
entweder schöpferisch zerstört (verdrängt) oder dürfen sich mit Peters und der europäischen
Automobilindustrie freuen: Wir hatten Recht. Zur Frage, wer sich ein solches Auto leisten will, meldet
die FAZ in einer kleinen Notiz (10.3. 2007, S. 47): „Jeder vierte deutsche Autofahrer erwägt den Kauf
eines Fahrzeuges mit Hybridantrieb.“ Solches sollte auch dem Erwerb eines MBA-Grades Auftrieb
geben, da doch längst bekannt ist: Marketing ersetzt Kompetenz. Marketing seinerseits ist nicht ohne
Konkurrenz: OIBIDATA (operating income before interest, taxes, depreciation, and amortization)
schlägt alle, fast: cover your ass verhindert, begleitet, überlebt jeden Hybriden – wenn er nicht Lexus
heißt: „40 Prozent aller Lexus sind heute Hybridversionen, beim RX kaufen 65 Prozent der deutschen
Käufer die Hybridvariante. Laut einer Umfrage von Conti erwägt ein Drittel aller potenziellen
Autokäufer in Deutschland, über einen Hybrid nachzudenken.“ (Auto, Motor und Sport, 6. Juli 2007:
http://www.auto-motor-und-sport.de/tests/technik/hxcms_article_505088_14055.hbs).
79
Les Echos, 6. August 2007, S. 17.
79
Les Echos, 6. August 2007, S. 17.
39
wie er will. Dann über Nacht: Umstellung auf ein neues Mailprogramm,
Funktionsverschlechterung, so weit Auge und Tastatur reichen. Bei Mails ist es schwieriger
zu flüchten: Ausnutzen von Kundenbindung.
Automobile mit Hybridantrieb sind ein klassisches Beispiel von Laozis
Produktzyklustheorie. „Eine Reise von 1000 Meilen beginnt mit einem ersten Schritt“ (Dao
De Jing, Kapitel 64). Der erste Hybridzug rollt seit Juli auf Gleisen Norden von Japan
(Kageyama, 2007). Die Wahrnehmung des Winzigen und noch Schwachen überfordert die
Wahrnehmungskompetenz (kognitiv, emotional) des unternehmerischen Entscheiders und
medialen Beobachters (siehe Abbildung).80
Abbildung81 9: Produktzyklus
(Die Anmerkungen folgen Laozi, Dao De Jing,verschiedene Kapitel)
Quelle: Röpke & Xia, 2007
Herrscht in einer Familie keine uchi-Beziehung, gibt es auch keine Ko-Evolution ihrer
Mitglieder. Entweder stagniert die Fähigkeitsentwicklung oder die Partner entwickeln sich
auseinander. Stagnation oder Scheidung oder Unterdrückung der Frau (im Islam). Für die
Funktion der uchi-Beziehung ist auch flexible Abwechselung zwischen uchi und soto wichtig.
Wer in seiner Außenwelt auf uchi setzt, kommt unter die Räder. Wer im Innenverhältnis soto
praktiziert, zerstört die Beziehung. Uchi ist aber nicht mit Familismus gleichzusetzen,
vielmehr ein vertrauensbegründender und machtfreier Interaktionsmodus, der alle Stufen
von Routine bis Ko-Evolution durchlaufen kann.82
„Hybridautos spielen auch in den USA bisher nur eine Nebenrolle“ (Debus, 2007), also kein
Problem, wenn wir noch nicht dabei sind. Mag sein, mag nicht sein. Der „first mover advantage“
bleibt heiß diskutiert (Markides & Geroski, 2005). Wenn allerdings Große wie Toyota (und nicht ein
unbekannter Start-up) „deal with a thing while it is still nothing“, verschiebt sich das Risikoprofil für
etablierte Unternehmen in problematische Regionen.
81 Über den Preis des Besserwissens (= entgangene Marktchancen) berichtet Cooper (2007): June 7
(Bloomberg) -- Toyota Motor Corp., Japan's biggest carmaker, said it had sold more than 1 million
gasoline-electric hybrid cars since it started selling them in 1997. The company had sold 1.047 million
hybrid vehicles as of May 3. Toyota plans to sell 1 million hybrid cars annually in the early 2010s. That
compares with company forecasts for total vehicle sales of 9.34 million this year, including sales at
subsidiaries Daihatsu Motor Co. and Hino Motors Ltd. Sales of Toyota's most popular hybrid car, the
Prius, tripled to a record 24,009 last month in the U.S., ranking it ninth among all vehicles. The surge
helped Toyota sell 269,023 cars and light trucks in May, a record for the month.
80
Die moderne Managementtheorie hat diese Aspekte ko-evolutiven Lernens wenig thematisiert. Im
Anschluß an die Untersuchung von Nonaka & Takeuchi (1997) zum japanischen
Wissensmanagement, wurde versucht, Lernen und Weitergabe von Wissen, implizit und explizit, im
organisatorischen Kontext zu verstehen und für Strategiezwecke aufzubereiten (vgl. Capurro, 1998,
für einen guten Einblick in dieses Vorgehen). Theorie und Praxis haben diese Ideen aufgegriffen.
Casella & Hanaki (2006) untersuchen die Folgen dichter persönlicher Beziehungen für Produktivität
und unterscheiden zwischen „network“, in welchem Information nur „lokal“ fließt (in unserem Sinne
uchi) und Informationsprozesse im Markt (signaling, bei uns soto). In eine ähnliche Richtung geht die
bekannte Unterscheidung zwischen „tacit“ und „explicit“ (Polanyi). Beardsley u.a. (2006) zeigen, wie
moderne Informationstechnologien „tacit interactions“ fördern. In unserer Logik ist all dies zunächst
Lernen 1 bei weitgehender Nichtreflexion von (Durchsetzungs/Unternehmer-) Kompetenz. Im
82
40
Wir skizzieren nunmehr drei Problemfelder mit unbewußter Kompetenz.
(1) Wie paßt sie in die Spiraldynamik evolutorischen Geschehens (Abb. 3)? Wenn ein
Unternehmer, eine Organisation, eine „Kultur“ unbewußt kompetent handelt und Strategien
umsetzt, die Umwelt jedoch jenseits einer Stationarität sich wandelt, also durch zunehmende
Komplexität und Turbulenz sich auszeichnet, ist eines sehr wahrscheinlich: unbewußte
Fähigkeit wird zu unbewußter Unfähigkeit. Wir nennen dies die Kompetenz- oder
Evolutionsfalle.
Um dem zu entgehen, müßte der Akteur den evolutorischen Prozeß von unbewußter zu
bewußter Inkompetenz erneut durchlaufen, das heißt eine Metakompetenz – Reflexion
unbewußter Fähigkeit - entwickeln. Wir erläutern dieses Phänomen am Beispiel des
japanischen uchi.
Zunächst muß unbewußte Fähigkeit nicht bedeuten, daß sie bewußt erworben wurde. Der
Erwerb von Fähigkeit ist in vielfältige Ursache-Wirkungsketten eingebunden. Die
protestantische Ethik, motivationaler Treiber des Frühkapitalismus (Weber, 2006, S. 23ff.), ist
irgendwie in das Selbst der Unternehmer gekommen, ohne daß diese bewußt
wahrgenommen hätten, daß diese von ihnen eingesetzten Fähigkeiten ihnen
Wettbewerbsvorteile im Markt beschert haben.83 Heute wissen wir um das (kontroverse)
Warum und Wie. In Japan wurden – eine funktional äquivalente Funktion übernehmend wie
Max Weber‟s protestantische Unternehmer im Frühkapitalismus - statusentmündigte
Samurais zu Pionieren der Modernisierung (Hagenthese): 84 unbewußte Inkompetenz.
„Emotionale Vitalität und Empfindsamkeit“ sind (nach Watsuji, 1992, S. 119) charakteristisch
für den japanischen Charakter – unbewußte Kompetenz, zweifellos, aber auch, unsere
Vermutung, Fähigkeitspotential „verschenkend“ und nur bewußt, durch Lernen 3 in das
unternehmerische Selbst integrierbar, denn, so Watsuji: „Diese Lebendigkeit und Sensibilität
des Gefühls ermüdet jedoch leicht und ist nicht von fester Dauer.“ Dies ist kein Problem,
wenn japanische Unternehmen mit inkrementellen Neuerungen Geld verdienen, aber
hierbei, zunehmend, durch die Tigerökonomien vor ihrer soto-Haustür in Bedrängnis
geraten; 85 und sie haben es hier zu großer Meisterschaft gebracht, Beispiel
japanischen Kontext funktioniert so etwas, weil unbewußte Fähigkeiten ständig mitlaufen. Die
Nichtreflexion dieser macht es bis heute für westliche Unternehmen schwierig, die japanischen
Organisationsinnovationen schöpferisch zu adaptieren. Toyota und Honda ziehen davon. Die Frage,
wie auf dieser Grundlage Basisinnovationen als langfristige – im Schumpetermodell - Träger der
Entwicklungsdynamik entstehen können, ist kaum untersucht (Haga, 2006).
83 Vergleichen wir das frühindustrielle Unternehmertum in den USA mit japanischen Kaufleuten im
18. Jahrhundert, sind die Unterschiede in unbewußter Kompetenz deutlich erkennbar. In beiden
Fällen führen die jeweils verfügbaren unternehmerischen Fähigkeiten zu unternehmerischem Erfolg,
indes in ganz unterschiedlichen Umwelten. Im Japan der Tokugawa-Periode bleibt die Wirtschaft
weitgehend stationär. Unternehmerischer Erfolg in diesem Marktumfeld verhindert wirtschaftlichen
Fortschritt nach der gewaltsamen Öffnung Japans gegen Ende des 19. Jh. Es bedurfte eines neuen
Typus von Samurai-Unternehmer, um solche Herausforderungen zu meistern. Zum Hintergrund
dieser Überlegungen vgl. Watanabe (1988).
84 Hagen (1962) hat dazu eine Erklärung geliefert, Hirschmeier (1964) empirische Evidenz vorgestellt.
Zu neueren Entwicklungen, insbesondere der „Defizite“ japanischen Innovationsunternehmertums
siehe Bird & Mitsuhashi (2003), Brown u.a. (2005) sowie Haga (2006).
85 Bis in die 80er Jahre des 20. Jh. verfügen japanische Produkte bei asiatischen Konsumenten über
einen exzellenten Ruf. Mit dem Aufstieg von Korea und Taiwan, später China geraten sie immer
stärker ins Hintertreffen. Ihr Design gilt bei Konsumenten als eher veraltet und technologisch sind sie
nicht mehr führend. Dies beobachten Konomoto u.a. (2006, S. 11). Zum Innovationsverhalten
japanischer Unternehmen bemerkt die OECD (2006, S. 128) in ihrem Länderbericht zu Japan:
„Although the government and the business sector recognized by the end of the 1980s the importance
shifting from a catching-up process to a system based on fundamental product innovation through
creativtiy, Japan has been slow to adjust its corporate system and industrial structure to this new
41
Automobilindustrie (4. Kondratieff). Sind die jähen emotionalen Stimmungswechsel und
dichten Interaktionen in einer nichtreflektierten uchi-Kultur aber nicht ein Handicap, wenn
es gilt Basisinnovationen durchzusetzen, ein Innovationstyp, in dem Japan bislang nicht so
erfolgreich agiert. Leidet japanisches Unternehmertum an einer Schwäche von
Kondratieffkompetenz (Haga, 2006) – oder ist solche ein Merkmal aller bestehender
Unternehmen, die in einem Kondratieff groß geworden sind?86
Auch eine Topfirma wie Toyota kann auf gesättigten Märkten wie dem japanischen PKWMarkt nicht mehr trumpfen. Umsätze stagnieren, schrumpfen sogar. 87 Was Toyota kann:
Anderen Produzenten Marktanteile in einem rückläufigen Markt abnehmen. Diese Aussage
läßt sich verallgemeinern: Wer in „alten“ Kondratieffs Geld verdienen will, muß
inkrementell neu-kombinieren und muß anderen Unternehmen Kunden „stehlen“. Die
schöpferische Zerstörung ist somit nicht ein Phänomen von Basisinnovationen, vielmehr ein
allgemeines Muster innovativen Wettbewerbs. Wie beispielsweise die Automobilindustrie
zeigt, ist inkrementelle Innovation in gelaufenen Kondratieffs durchaus mit Scheitern
verknüpft. Eine Firma wie Renault beherrscht die moderne Elektronik nur unzureichend.
Die Firma zerstört ihre Reputation durch inkrementelle Neuerungen, die nur aus der Sicht
der Ingenieure den Kundennutzen fördern. Renault hat ein Kommunikations- und
Empathieproblem.88 Daimler versenkt Milliarden in die Entwicklung eines Autos (Smart),
das offensichtlich zu dem praktizierten Preis-Leistungs-Verhältnis keine positive Rendite
erzielbar macht. 89 Die westlichen Konzerne wollten China mit Billigversionen ihrer PKWs
erschließen. Versuch gescheitert (Peters, 2007c)? Die Hoffnung ist nicht gestorben. 90
Chinesen wollen so etwas nicht kaufen. Ist auch klar, wie Angela Merkel, sogar der Verband,
in dem die Automobilfirmen organisiert sind, immer wieder betonen: Sie halten sich nicht an
die „Spielregeln“. Warum gerade bei Automodellen? Chinesen durchlaufen psychischmemetisch den gleichen Prozess wie wir. Auto als Prestigeobjekt, „conspicuous
consumption“ (verschwenderischer Konsum) hat es Veblen vor vielen Jahren bezeichnet.
Das Beispiel zeigt erneut, wie bedeutsam im Selbst evoluierte Empathie in Produktion und
Marketing ist. Emerging markets zeigt sich auch in psychischen Aufholprozessen.91 Solches
nicht zu erfassen gleicht neo-kolonialem Management. In den post-industriellen
Gesellschaften des Westens und Japans begegnen wir einer ganz andere Situation, die das
environment.“ Demgegenüber sehen Forscher im EU-Raum Japan als Spitzenreiter der Innovation,
teilweise noch vor den USA (FAZ, 27. Februar, 2007, S. 17: Zwischen Fortschritt und Stillstand). Die
für diese Erkenntnis herangezogenen Indikatoren scheinen uns allerdings nicht von überzeugender
Aussagekraft.
86
Wenn Auslandskonkurrenz heimischen Produzenten in Alt-Kondratieffs zusetzt, beschleunigt sich
der Niedergang. Die Marktsignale sind in der Regel erst ex-post eindeutig. Ganze Industrien
verschwinden, Schritt für Schritt, vor den Augen des Managements, ohne daß dieses solches
strategisch reflektiert
87 The Financial Times, 10. Mai, 2007, S. 14: Toyota slows down.
88 Es geht somit nicht um technologische
Fähigkeit, vielmehr um „ganzheiltliche“ Kompetenz, hier:
das Beobachten, Wahrnehmen und Eingehen auf die Bedürfnisse der Kunden. „ Wir haben die
Hybrid-Technik im Konzern, aber in Europa fragen die Kunden noch nicht so sehr nach Hybridautos,
deshalb
setzen
wir
hier
lieber
auf
unsere
Dieselmodelle.“
(http://www.autozeitung.de/online/render.php?render=57543; kein Datum, vermutlich Juli 2007).
Die französische Regierung fördert derweil den Kauf von
Hybrid-Autos von Toyota mit
Steuervergünstigen.
89 „Smart kostet Daimler 3,9 Milliarden“ (Handelsblatt, 12. Juni, 2007, S. 1). Mit diesem Geld hätte
Daimler, das von Hybridmotoren wenig hielt, einen solchen für Airbus entwickeln können.
90 „Schwellenländer wie China oder Indien, wo Autos derzeit noch Luxusgüter sind, (bieten) große
Absatzchancen“ (Gorgs, 2007). Die Konkurrenten aus diesen Ländern sind zudem erstmal zu schlagen. Der
indische Hersteller Tata plant, mit Unterstützung von Bosch, ein Billigauto für 1800 Euro.
91 Die Marketingwissenschaft argumentiert hier oft mit der Bedürfnispyramide von Abraham
Maslow, ein robustes Modell, das zumindest grobe Schieflagen verhindert.
42
Management vieler Konzerne und Industrien durch Nichtzuhörenkönnen zu bewältigen
hofft. Viele Menschen wünschen „Billigautos“. Sie bekommen sie aber nicht. Ihre Kaufkraft
stagniert, ihre Werte ändern sich, die Industrie macht ihre Produkte immer teuer und
komplexer – während die Kaufkraft der Nachfrage stagniert.
Angst vor
Selbstkannibalisierung spielt zweifellos herein, die Intrapreneure nehmen offensichtlich
lieber einen Absatzrückgang hin, als ihre Modellpolitik grundlegend anzupassen. 92 Der
größte Marketingfehler ist jedoch, seine Kunden nicht erst zu nehmen. Und auch hier
beginnt alles im Kleinen: Laozi-Schumpeterhypothese des Produktzyklus. Ryan Air und
andere, wenn sie dürften (internationale Langstreckenflüge anbieten): LH et al., wo blieben
sie? Sie leben von den Renten einer strukturellen Kopplung mit der politischen Klasse.
Der Ausstieg aus der alten und der Einstieg in eine neue Wellen, dies ist deutlich geworden,
ist keine Frage von Wissen (Lernen 1). Nano- oder Bio-Wissen ist überreichlich verfügbar.
Wissensteile sind geschützt aber kein ernsthaftes Hindernis für radikale Neuerung. Die
Beschränkungen sind solche der Kompetenz (Lernen 2 und 3). „Wer sich allein auf sein
eigenes Wissen verläßt, dem wird unweigerlich sehr viel entgehen. Verstandesmenschen
werden schließlich mit ihrem Wissen am Ende sein“ (Laotse, 1996, S. 90). Die sogenannte
Wissensgesellschaft ist eine entwicklungs- und evolutionslogische Fehlkonstruktion.
Damit verknüpft: uchi-Beziehungen erschweren die radikale Abweichung und damit
Erwartungsenttäuschung, welche eine nicht-erhaltende Innovation verlangt, in bestehenden
Unternehmen. Ist uchi wirksam in ein langfristiges Ziel (Vision) eingebunden, macht eine
Abweichung von der erhaltenden Neuerung noch größere Schwierigkeiten. Uchi fördert
Inkrementelles und erschwert/verhindert Radikales. „Der sichere Weg zu [erhaltenden]
Neuerungen“. 93
In Japan ist dies offensichtlich. Japanische Unternehmen haben
Schwierigkeiten, das radikal Neue zu wagen. Sie sind Meister der inkrementellen Innovation
(The Economist, 2005).94 Neue Chancen verwirklichen in Japan bestehende Unternehmen –
wenn sie den Produktzyklus erhaltend sind.
Nochmals Toyota als Beispiel. Toyota ist einer der wenigen Automobilhersteller, die sich
intensiv mit Nanotechnologie beschäftigen, diese nicht nur von anderen Unternehmen
einkaufen (etwa Nanolack), vielmehr selbst entwickeln, anwenden und Ergebnisse der
eigenen Forschung in wissenschaftlichen Zeitschriften nach Patenterhalt publizieren. Lux
Research (eine Beratungsfirma für Nanotechnologie) hat Toyota in ihren Börsenindex für
Unternehmen der Nanotechnologie aufgenommen. 95 Eine Firma wie Toyota forscht und
entwickelt an der Grenze des Bekannten, nutzt die Erkenntnisse – und manches davon wird,
nach der Patentverleihung, in wissenschaftlichen Zeitschriften wie Nature publiziert –
jedoch um im bestehenden Markt, im selbst-endogenisierten Kondratieff (Automobil)
Nur selten können wir einen Kommentar wie diesen lesen: „Neuwagen sind schlicht zu teuer“
(Schmidt, 2007). Für andere Güter mit längerem Verbrauchshorizont gilt Vergleichbares.
93 So der Titel eines Aufsatzes von Kanter (2007). Die Autorin beschreibt Erfolgsfaktoren für
Neuerungen - in bestehenden Unternehmen. Nach unserer Meinung führt ihre Anwendung – wie die
japanische uchi-Logik- zur Verbesserung inkrementeller Innovationsprozesse, nicht zum
Hervorbringen radikal-disruptiver Innovationen.
94 Sie folgen damit den früh ausgesprochenen Vermutungen von Schumpeter (1911), bestätigt durch
die moderne Theorie des Innovationsmanagement (Chistensen, 1997; Markides & Geroski, 2005).
95
Interessant der Kommentar in Nanotechweb (2006), Lux Research zitierend: „ ..the index contains large
companies that are applying nanotechnology to existing product lines. Lux is replacing GM and NEC with
Toyota and Intel. "Toyota has a history of nanotech research dating back to seminal patents in nanoclay
composites and extending into automotive fuel cells that have nanostructured components," said Matthew
Nordan, vice president of research at Lux Research. "While GM remains the world leader in using
nanocomposite materials for body mouldings, Toyota is better positioned financially to pursue next-generation
nanotech applications in the auto industry." (Unsere Hervorhebung).
92
43
Wettbewerbsvorteile zu erlangen, produktzyklentheoretisch: eine Verlängerung
des
Produktzyklus zu verwirklichen, die Sättigungsgrenze zu verschieben. Das hierzu auch
Patente notwendig sein mögen, kann sein. Patente sagen aber wenig über
Innovationsleistung und Markterfolg (Scanlon, 2006). Toyota gilt andererseits als
hochinnovatives Unternehmen, als ein „high leverage innovator“, als Nr. 1 unter 94
Unternehmen, die anderen Unternehmen im Hinblick auf Markterfolg überlegen waren,
obwohl sie weniger als diese, für Forschung und Entwicklung ausgaben.96
Uchi-Lernprozesse sind somit durchaus gut für schöpferische Zerstörung, wie Ford, GM
und Chrysler erfahren müssen. Unternehmen wie Honda und Toyota haben daher auch
kaum Probleme mit einer unternehmensinternen Lücke zwischen Wissen und Tun. Die
Forscher in den Laboratorien arbeiten im „Auftrag“ der Produktentwickler und Designer,
die Bedürfnisse anderer Abteilungen (Produktion, Marketing usw.) sind permanent
reflektiert. Da Bedürfnisse, anders bei einem Einstieg in einen basisinnovativen Zyklus nicht
zu schaffen sind, keine neue Nachfrage zu „kreieren“ ist (Heuss, 1965, S. 25ff.), ist dies relativ
einfach. Aber eben nur relativ, wie die vielfältigen Probleme der Integration von
Forschungswissen und Entwicklungserkenntnissen in Unternehmen zeigen auch im
inkrementellen Neuerungsprozessen zeigen. „Wenn Änderungen keinen Vorteil bringen, ist
es besser, nichts zu ändern“ (Yoshida, 1965, S. 88). Wenn es nur so einfach wäre. Wieviele
nutzlose Neuerungen erschweren das Leben der Käufer von Automobilen und
Elektrogeräten? Die permanente Abstimmung von Bedürfnissen und F&E macht es
Entwicklern und Machtpromotern schwierig, eine empathiearme Bedürfniskonstruktion im
Unternehmen durchzudrücken.
Toyota ist kein Einzelfall in Japan. Firmen wie Canon forschen und entwickeln aktiv in den
Paradigmen des 6. Kondratieff, der Bio- und Nanotechnologie. 97 Was von diesen
Bemühungen in neue Produkte jenseits der Inkrementalität eingeht, wissen wir noch nicht.
Bis jetzt können wir feststellen: Radikale Neuerungen sind eher Mangelware. Bestehende
Unternehmen blockieren sich durch ihre unbewußte Kompetenz. Sonys Niedergang könnte
ein Beispiel sein. Der Sprung von analoger zu digitaler Technologie wurde nicht gemeistert.
Samsung und andere zogen vorbei. Ein Amerikaner wurde zum CEO bestellt, er regiert aus
New York, und was wir von seiner Führungsstil wissen, scheint er kein Freund von uchi zu
sein.98 Neugründungen laufen - im internationalen Maßstab betrachtet – in Japan kaum.
Japan ist Schlußlicht. 99 Siehe hierzu auch Abbildung 10, welche das unterentwickelte
Gründungsgeschehen in Japan deutlich zeigt : Willst du Japan oben sehen, mußt du die
„Tabelle“ drehen . Der Meister der inkrementellen Innovation leidet unter einer Fähigkeit,
die er (noch) nicht reflektieren vermag. Er muß also, um auch das Radikale zu meistern,
erneut im Ursprung des evolutorischen Zyklus beginnen, oder wie es der Daoismus sagt: im
Nichtsein wu (Röpke & Xia, 2007, 4. Kapitel).
96
Nach einer Untersuchung von Booz Allen Hamilton, über die Scanlon (2006) berichtet.
Wer über Nanotechnologie eine exzellente Einführung die Grundprinzipien und das ökonomische
Potential sucht (oder vermißt), ist auf der Website von Canon bestens aufgehoben. Zum aktuellen
Innovationsverhalten großer japanischer Konzerne siehe Finsterbusch (2007).
98
Die Informationen zu Sony entnehmen wir Bastian (2007).
99 Siehe hierzu die jährlichen Auswertungen des Global Entrepreneurship Monitors. Der Anteil von
Wagniskapitalinvestitionen am BSP erreicht in Japan (Jahre 2000-03) den niedrigsten Wert aller von
der OECD erfaßten Länder: 0.03 Prozent (OECD, 2006, S. 168). Zum Vergleich: EU15: 0.13; USA: 0.38).
Den Ursachen hierfür nachzugehen, ist ein anderes Thema. Die von Bird & Mitsuhashi (2003)
vorgestellten Überlegungen überzeugen nicht. „There is no requirement that entrepreneurship be
limited only to new opportunities pursued by newly founded organizations“(S. 172). Im Anschluß an
Schumpeter (1911) ist eine Unterscheidung zwischen radikal/disruptiv und marginal/erhaltend
unverzichtbar, wobei der erste Innovationstyp von Neugründungen, der zweite von bestehenden
Unternehmen verwirklicht wird.
97
44
Abbildung 10: Gründungsdynamik im internationalen Vergleich
Quelle: Sternberg u.a. (2007): S. 13.100
Japanische Innovatoren sind mehrfach in uchi-Beziehungen integriert. Das Radikale wird
eingefangen und gezähmt. Die Wege das Neue durchzusetzen, von unternehmensinterner
Innovation, über shanai-Vorhaben (internes Projekt), einen Spin-out bis zu einem
kooperativen Venture, 101 zeichnen sich allesamt, wenn auch mit abnehmender Intensität,
durch eine enge Anbindung an die Stammfirma aus. Unabhängige Gründer haben es schwer
und Silicon-Valley-Muster der Innovationsdynamik sind bestenfalls embryonal entwickelt.
Zufall oder nicht: Startups in Japan gelten auch heute noch als Ausdruck eines Samurai„Geistes“ (Hall, 2006).
uchi@U$A: John [Singlestone], you are hired! John, you are fired.
uchi@Japan: Isseki san. Wir begrüßen Sie in unserer Gemeinschaft. [30 Jahre später]: Isseki
san, wir wünschen Ihnen ein gesundes und langes Leben.
soto@BRD: Herr Dr. Einstein (Physiker, 51 Jahre): Wir teilen Ihnen hiermit mit, daß Sie
nach §§ soundso, zum Ende des Quartals fristlos entlassen sind. Ein Widerspruch gegen
diesen Entscheid ist ausgeschlossen. Wir bitten Sie, Ihren Informationspflichten gemäß §§
soundso gegenüber der AOK und der Arbeitsagentur umgehend nachzukommen. Für
Ihren weiteren Lebensweg wünschen wir Ihnen viel Erfolg.
(2) Ein zweites Problemfeld: Jede Funktionsebene im Spektrum von Routine, Arbitrage,
Innovation, Evolution, nutzt unbewußte Fähigkeiten, die einerseits funktionsübergreifend,
anderseits aber auch eine Ausprägung der Funktionstiefe sind. Dieses muß noch keine
Schwierigkeit bringen, wenn der Unternehmer weiß, auf welcher Funktionsebene er jeweils
in seinem unternehmerischen Lauf ist. Viele, wohl die meisten Unternehmer, wissen solches
nicht, wobei das Nichtwissen mit (potentiell) zunehmender Funktionstiefe abnimmt. Für
Routine- und Arbitrageunternehmer würden wir eine funktional-unbewußte
Funktionsinkompetenz annehmen. Das schließt nicht aus, daß sie auf ihrer jeweiligen
Funktionsstufe unbewußt kompetent ihrem Geschäft nachgehen. Sie setzen sich somit
mangels nicht-reflektierter Funktionstiefe einem hohen Risiko des Scheiterns aus. Sie sehen
aber nicht, daß sie (ihre Funktion) nicht sehen. Da sie solches nicht zu reflektieren vermögen,
bleiben sie Gefangene in einem selbstkonstruierten funktionalen Gefängnis – ihrer
Todesstrafe harrend. Die Selbstbefreiung aus diesem Gefängnis schafft der Unternehmer
kaum alleine. Lebenslange Haft – die im Wettbewerb allerdings durch einen Gnadentod
(schöpferische Zerstörung sich) verkürzt. Funktionsmeuterei verlangt nach einem koevolutiven Partner – welcher im Idealfall aus einer tieferen Funktionsebene stammt. 102
Bei der Betrachtung der Gründungsquoten ist die Heterogenität der untersuchten Länder zu
beachten. Ein Land wie Japan oder Deutschland wäre deswegen nur Ländern vergleichbaren
Entwicklungsniveaus (OECD-Länder) gegenüberzustellen.
101 Vergleiche zu diesen Wegen der Innovation in Japan Brown u.a. (2005).
102 „Deutsche Manager fallen bei Finanzinvestoren durch“ (Dembkowski, 2007). Finanzinvestoren
(Funktion Arbitrage) evaluieren Routinemanagement. Die Schwächen, welche Investoren bei
deutschen Managern beobachten, kann sich ein Innovator eigentlich nicht leisten. Bei inkrementeller
Neuerung mag man über die Runden kommen, ein nachhaltiger Unternehmenserfolg läßt sich
dadurch nicht sichern. Inwieweit Investoren eine ko-evolutive Funktion übernehmen (können), sei
100
45
Läßt sich ein Unternehmer auf Funktionswechsel ein, sind funktional unwirksam
gewordene Paradigmen - ein Unternehmer kann nur in Grenzen mit
Handlungskompetenzen des stationären Kreislaufs, der Allokationsökonomie, die
Herausforderungen einer Innovationswirtschaft bewältigen -, zu entlernen oder zu
verdrängen, zumindest temporär, um neue, funktional harmonisierte
Fähigkeitsprofile zu erlernen. Unternehmerlogik ist somit auch in seiner
funktionalen Differenziertheit evolutionärem Lernen und Selbstevolution
zugänglich, jedoch nicht im Sinne einer Input-Output-Logik. Nicht-Linearitäten und
chaosnahe Prozesse sind vielmehr das Normale.
Die Evolution unternehmerischer Fähigkeiten ist eingebunden in Lernprozesse
unterschiedlicher Bewußtseinstiefe. Damit wird Unternehmertum aber ein
erwerbbares, prinzipiell auch reproduzierbares Muster von Fähigkeiten, und ist
damit offen für Lehre und Training. Über Inhalte ist damit noch nichts gesagt, 103
wohl aber über den instrumentellen Kern: Unternehmerausbildung ist grundsätzlich
betrachtet das Fördern von oder das Anregen zu Bewußtseinswachstum.
Auf die Frage: „Wo ist der Beweis, daß so etwas auch funktioniert?“, gibt es zunächst nur die
Antwort: Ausprobieren, Selbstbeobachten. Durch lineare Ursache-Wirkungsketten und
entsprechende Evaluierungsroutinen läßt sich die chaotische Dynamik selbst-evolutiver
Prozesse nicht erfassen, sondern nur negieren. Die Probleme, die sich damit für Lehre und
Training ergeben, liegen auf der Hand. Eine Trainingspraxis, die ohne diese Probleme
auskommen will, verschenkt aber auch die Potentiale (selbst-) evolutorischer Entfaltung von
Unternehmertum.
(3) Die oben genannten kritischen Phasen in unternehmerischen Lernprozessen sind in
Zyklen hoher Unsicherheit eingebettet. Durch Wellen bewirkt sich die Harmonisierung
zwischen den Bipolaritäten.
„ ... Entwicklung (vollzieht sich) in Wellenform. ...Wenn wir ... beschreiben wollen, was
wirklich geschieht, dann paßt nur das Bild der Wellenbewegung und nicht das der
einheitlichen Kurve“ (Schumpeter, 1911/2006, S. 490f.). Solange die Welle sich reproduziert,
überlebt das System und vermag, evolutionäre Chancen zu nutzen. Laozi: „Es bewegt sich in
Zyklen und ist nicht in Gefahr“ (Dao De Jing, Kapitel 25, Übersetzung Gerstner, 2001, S. 144)
Weigert sich ein System in diese Zyklen einzutreten, stirbt es. Im wettbewerblichen Markt ist
das offensichtlich. Zwei Polaritäten, zwischen denen sich die Zyklen bewegen, haben wir
angesprochen: uchi/soto und yin/yang. Hält ein System an einem Pol fest, blockiert seine
Evolution. Ein uchi-Unternehmen kommt nicht auf eine neue basisinnovative Welle. Die
yang-Frau104 opfert ihre Familie – Kinderkrippen hin oder her.
Bei ying und yang geht es um passive (aufnehmende) und aktive (energetische) Beteiligung
an einer Aufgabe und Bewältigung einer Herausforderung. Bei uchi-soto um das
Wahrnehmen des Selbst und anderer. Sowohl yin-yang als auch uchi-soto sind in einen
spiraldynamischen Prozeß eingebunden. 105 Dieses ständige Pendeln zwischen Bipolaritäten
dahingestellt. Sie managen nicht selbst Unternehmen, sondern suchen unterbewerte Unternehmen mit
gutem Management. Ob sie solches erkennen können, mag man gleichfalls bezweifeln. Für radikale
Neuerungen und Unternehmensgründungen treffen die fünf Kriterien erfolgreichen Managements
(Praktische Erfahrung, Erfolgsbilanz, persönliches Netzwerk, strategische Erfahrung, ShareholderPerspektive) ohnehin nicht zu. Innovation verlangt den evolutorischen Coach und Partner.
103
Zu einem Beispiel Röpke & Rassidakis (2007)
104
Abendländisch: Alphaweibchen.
105 Eine Person ist weder absolut yang noch absolut yin. Angenommen, in einem Betrieb arbeiten A
(Mann, Vorgesetzter, jünger als B) und B (Frau, Sachbearbeiterin, älter als A) zusammen. Hinsichtlich
46
ist unverzichtbar um kritischen Lernphasen zu bewältigen. Dabei arbeiten nicht nur
Vernunft und Geist, sondern auch Emotion/Gefühle sowie Körper und Seele. Es ist ein
ganzheitlicher Lernprozeß, „embodied spirituality“ (Ferrer, 2007). Ganzheitliches (Integrales)
ist in der heutigen Kultur mit ausgeprägter Vernunft- und Verstandeskultur, wie sie im
Westen herrscht, eher ungewöhnlich.106 Es gibt seit den alten Griechen zwei Denkrichtungen;
die eine schätzt Ratio und positioniert sich als Objektivismus. Die andere ist Subjektivismus
und schätzt eher Gefühle. 107 Sie ko-existieren nicht sondern gelten als Gegensätze. 108 Als
descartische Gegensätze gedacht (nicht als Polaritäten wie in den Traditionen des Ostens)
läuft diese Tradition in offensichtliche Schwierigkeiten. Diese durchziehen auch die
wissenschaftliche Beschäftigung mit diesen Fragen, nicht zuletzt Wirtschaftswissenschaft
und Sprachwissenschaft. 109 Die Versuche, auch theoretischer Natur, den Descartismus zu
überwinden häufen sich allerdings. Sie laufen, steuerungstheoretisch, auf ein aktives NichtTun (wuwei) hinaus.110 Interveniere niemals in komplexe Systeme, auch nicht dein eigenes.
Es ist die Hoffnung auf Leben, im Diesseits, die selbstevolutive Energie mobilisiert.
Selbstevolution geschieht immer zwanglos, deswegen funktioniert sie überhaupt. Wer auf
etwas wirkt, bevor es geworden ist, erzwingt nichts. Um dieses zu ermöglichen, müssen
auch pädagogische Anlässe geschaffen werden, in denen man Unternehmertum ganzheitlich
erlernen kann. Dabei geht es weniger um Wissen und Analysieren, als um Handeln und
Kompetenz.
Aizu Kanko Bussan Kyokai [Verband für Tourismus und Landesprodukt in Aizu],
http://www.aizukanko.com/~aibase/01shirou/rekishi/rekishi_04.htm, Abruf: 28.01.07.
der ersten zwei Elemente ist A yang, aber B ist auch in einer Dimension yang, da sie älter ist als A.
Dadurch entsteht ein gegenseitiger Respekt zwischen A und B. Zwischen ihnen existiert keine absolut
dominante Position. Uchi-soto ist gleichfalls flexibler Natur. Ein uchi-Raum wird weiter nach außen
erweitert, aber auch auf einen kleineren Kreis eingeschränkt. Angenommen, in einem Betrieb gibt es
interne uchi. A von Abteilung X spricht mit B von Abteilung Y. Sie unterhalten sich auf der uchi-Ebene.
A macht sich gerade Gedanken um einen Kollegen C, der auch in derselben Abteilung (X) arbeitet und
bittet B darum, sich bei der Zusammenarbeit mit C um ihn zu kümmern. Da wechselt A seine
Position. Nun ist B für A soto (außer uchi), und A und C sind innerhalb uchi. A und B sind aber gleich
wieder in uchi, wenn sie sich anschließend noch über ein neues gemeinsames Thema unterhalten. Vgl.
Wikipedia (2007 b). “… they (uchi-soto) may overlap and change over time and according to
situation.“ Ausführlicher zur yin-yang-Polarität und zu Fallstudien von yin- und yang-Dominanz
Röpke & Xia, 2007, 5. Kapitel.
106 Dabei erkennt die Gehirnforschung (Roth, 2003, S. 154ff.), daß Emotionen unser Denken
beherrschen und empfiehlt der hier vorgestellte Ansatz, Emotionen bewußt beherrschen und entfalten
zu lernen.
107 Vgl. Lakoff & Johnson (1980), S. 189.
108 „Topmanager blenden ihre Emotionen im Job aus und leben sie gezielt an anderer Stelle aus“,
beobachtet (und empfiehlt) ein Personalberater einer großen deutschen Beratungsfirma (Niermeyer,
2007). „Wenn der Pöbel spricht, gewinnen die Emotionen und nicht der Intellekt“, belehrt uns der
Beteiligungsfondsmanager Guy Hands (zitiert in FAZ, 1. März, 2007, S. 25: Firmenjäger in
Regulierungssorge).
109 So geben Lakoff & Johnson (1980, S. 226-228) einen Überblick der Lücke zwischen Objektivismus
und Subjektivismus in der Sprachwissenschaft und schlagen einen Lösungsmöglichkeit vor.
110 Die systemische Theorie sieht das ganz ähnlich. Vergleiche Peter Fuchs (1999, S. 13): „Wenn
Evolution konzediert wird, ist Intervention dezidiert imaginär. “
47
Amen, Daniel (2005): Making a good brain great. Harmony Books.
Astyk, Sharon (2007): How much did the Green Revolution matter? Or can we feed the
world
without
industrial
agriculture?
Energy
Bulletin,
29.
Januar,
http://www.energybulletin.net/25315.html
Bastian, Nicole (2007): Blick in den Abgrund, Handelsblatt, 22. März, S. 10.
Beardsley, Scott u.a. (2006): Competitive advantage from better interactions, The McKinsey
Quarterly, Number 2, S. 52-63.
Belkin, Lisa (2007): Wasting time can serve a purpose, New York Times/Le Monde, 23. Juni,
S. 5.
Bird, Allen & Mitsuhashi, Hitoshi (2003): Entrepreneurs and entrepreneurial processes:
historical and theoretical perspectives on entrepreneurship in the Japanese context, Asian
Perspectives, vol. 27, S. 125-175.
Bormann, Peter (2003): Über Strategie. Die Wirksamkeitstraditionen Alteuropas und Altchinas im
systemtheoretischen Vergleich, http://www.fen.ch/texte/gast_bormann_strategie.pdf
Brown, Clair, Linden, Leg & Yamaguchi, Eiichi (2005): The role of Japanese start-up in hightech innovation. ITEC Policy Brief, Doshiba University, 23. März.
Capurro, Rafael (1998): Wissensmanagement und darüber hinaus. Der Ansatz von I. Nonoka
und H. Takeuchi, http://www.capurro.de/nonaka.htm
Cassela, Alessandra & Hanaki, Noboyuki (2006): Why personal ties cannot be bought,
American Economic Review, Papers and Proceedings, May, S. 261-264.
Cha, Ariana Eujung (2007): China gets cold feet for foreign investment, Washington
Post.com,
2.
Februar,
http://www.washingtonpost.com/wpdyn/content/article/2007/02/01/AR2007020101700_pf.html
Charan, Ram (2007): Finding the courage to be a leader, Yahoo Finance, 28. Februar,
http://finance.yahoo.com/expert/article/companyknow/25417
Christensen, Clayton M. (1997): The innovator's dilemma, Boston: Harvard University Press.
Ciompi, Luc (1997): Die emotionalen Grundlagen des Denkens. Entwurf einer fraktalen
Affektlogik. Göttingen: Vandenhoeck.
Citrin, Jim (2007) : Ten leadership taboos exposed, Yahoo Finance, 8. Mai,
http://finance.yahoo.com/expert/article/leadership/31503?count=30&start=6#dtkcmtscnt
Clausen, Sven u.a. (2008): Brockhaus kapituliert vor dem Internet, Financial Times
Deutschland,
13.
Februar,
http://www.ftd.de/technik/medien_internet/:Brockhaus%20Internet/316489.html.
Cooper, Chris (2007): Toyota Says Worldwide Hybrid Car Sales Top 1 Million (Update1),
Bloomberg.com, 7. Juni,
http://www.bloomberg.com/apps/news?pid=20601101&sid=atAqPjvDSm4k&refer=japan
Corbière, Cecile de (2007): Internet: Les Allemands veulent rattrapper leur retard, Le Figaro,
1. Januar, S. 18.
Covey, Stephen R. (2004): The 8th habit. From effectiveness to greatness. New York: Simon &
Schuster.
Cronin, Richard J. (1998): CEOs, learn to listen. Fortune, 3. August, S. 21.
The Economist (2005): Competing through innovation, 14. Dezember.
Debus, Tom (2007): Marktanteil: 1,61 Prozent, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21. April, S.
48
53.
Dembkowski, Sabine (2007): Deutsche Manager fallen bei Finanzinvestoren durch, Spiegel
Online, 25. Juli, http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,druck-496278,00.html
Dilts, Robert B. (1998): Von der Vision zur Aktion, Paderborn: Junfermann.
Durbin, Dee-Ann (2008): US hybrid sales up 38 percent in 2007; Prius leads the pack.
Yahoo
Finance,
21.
April,
http://biz.yahoo.com/ap/080421/hybrids_growth.html?printer=1
Emerick, Jr. John J. (1997): Be the person you want to be. Harness the power of Neuro-Linguistic
Programming to reach your potential. Rocklin, CA: Prima Publishing.
Fackler, Martin (2007): The „Toyota Way‟ is translated for a new generation of foreign
managers, The New York Times, 15. Februar.
Falk, Geoffrey D. (2005): Stripping the gurus, http://www.strippingthegurus.com/
Ferrer, Jorge N. (2007): Embodied spirituality,
http://www.integralworld.net/index.html?ferrer2.html
Finsterbusch, Stephan (2007): Mit Innovationen aus der Krise, Frankfurter Allgemeine
Zeitung, 4. Juni, S. 22.
Fisher, Anne (2007): The trouble with MBAs, Fortune, 30. April, S. 33-34.
Frantzis, Bruce (2006): Die Energietore des Körpers öffnen, 2. Auflage. Windpferd.
Freeland, Christia (2007): What price love? The Financial Times, 10. Februar, S. W20.
Fuchs, Peter (1998): Das Unbewußte in Psychoanalyse und Systemtheorie, Frankfurt am
Main: Suhrkamp.
Fuchs, Peter (1999): Intervention und Erfahrung, Frankfurt am Main: Suhrkamp.
Galinsky, Adam D. u. a. (2006): Power and perspectives not taken, Psychological Science,
Vol. 17, No. 12, S. 1068-1074.
Geist, Richard (2007): Avoiding psychological mistakes in micro-cap investing: an in-depthlook, College Stock, http://www.collegestock.com/tips/avoiding-psychological-tradingmistakes.html
Gershon, Michael (1998): The second brain. New York: Harper & Collins.
Gershon, Michael (1999): The enteric nervous system: a second brain. Hospital Practice,
07/1999, http://www.hosppract.com/issues/1999/07/gershon.htm.
Glassman, Bernard/Fields, Rick (1997): Anweisungen für den Koch. Lebensentwurf eines
Zen-Meisters. Hamburg: Hoffmann und Campe.
Göbel, Sigrun/Frese, Michael (1998): Konsequenzen für die Praxis: Ein Leitfaden für
erfolgreiches Unternehmertum. In: Frese, Michael (Hrsg.) (1998): Erfolgreiche
Unternehmensgründer. Psychologische Analysen und praktische Anleitungen für
Unternehmer in Ost- und Westdeutschland. Göttingen: Verlag für Angewandte Psychologie,
S.171-204.
Gorgs, Claus (2007): Zweifel am Erfolg von Billigautos, Financial Times Deutschland, 12.
Oktober,
http://www.ftd.de/unternehmen/autoindustrie/:FTD%20Konferenz%20Automotive%20Z
weifel%20Erfolg%20Billigautos/264695.html
49
Gottfredson, Linda S. (2005): Innovation, fatal accidents, and the evolution of general
intelligence,
http://www.udel.edu/educ/gottfredson/reprints/2005accidents&intelligence.pdf.
Haga, Kazue (1999): Blumenarrangement, Bericht
http://wwwb.dcns.ne.jp/~fwip3270/berichte/blumen.htm
über
Japan,
23.12.
1999,
Haga, Kazue (2006): Quellen der Entwicklungsdynamik in alternden Gesellschaften.
Diplomarbeit, FB Wirtschaftswissenschaften, Universität Marburg.
Haga, Kazue & Röpke, Jochen (2007): Gründungsdynamik in alternden Gesellschaften,
www.mafex.de
Hagen, Everett (1962): On the theory of social change, Homewood, Ill.
Hall, Kenji (2006): Japan startups: is the Samurai spirit back, Business Week, 23. August,
http://www.businessweek.com/smallbiz/content/aug2006/sb20060823_774671.htm?chan=
search
Hardt, Christoph (2007): Der Bußgänger, Handelsblatt, 26. Januar, S. 10.
Heintze, Cornelia (2005): Das skandinavische Erfolgsmodell und sein kulturelles Fundament
– eine Annäherung, Arbeit, Heft 3, Jg. 14, S. 221-242.
Hirschmeier, Johannes (1964): The origin of entrepreneurship in Meiji Japan ( Harvard East
Asian Series, 17). Cambridge, Mass.
Hoffman, C. (1998): The hoop and the tree: An ecological model of health. The Humanistic
Psychologist,
vol.
26
(1,2,3)
S.
123-154.
http://www.hoopandtree.org/hum_psych_article.htm
Inediatis
(o.J):
Lebenslanges
http://www.imediatis.ch/imediatis/deutsch/trends/lebenslangeslernen.html
3.2.2007).
Lernen,
(Abruf:
Innovations-Report (2007): Driving on the wrong side of the road: the myth of efficiency in
car
manufacturing,
19.
April,
http://www.innovationsreport.de/html/berichte/wirtschaft_finanzen/bericht-82936.html.
Iwata, Vorname (2007): On managment: “Enhance your strength”, Hobo Nikkan Itoi
Shimbun, 5. September, http://www.1101.com/iwata/2007-09-05.html
J-Seed Ventures (o.J.): What I can do to maximize the success of my office in Japan? J-Seed
Ventures, www.j-seed.com/english/success.html.
Jäncke, Lutz (2006): „Die Geschlechter gleichen sich an“. Weltwoche, Ausgabe 41/06,
http://www.weltwoche.ch/artikel/print.asp?AssetID=15090&CategoryID=82
Jäncke, Lutz (o.J.): Wie das Gehirn lernt. Gibt es eine Neuropädogik?
http://www.phs.unisg.ch/org/phs/phsweb.nsf/SysWebRessources/Ringvorlesung+Vortr
ag+Jaencke/$FILE/Vortrag+Jaencke.pdf
Japan Times (2007): Toyota‟s plug-in hybrid approved for road tests, Japan Times, 26. Juli,
http://search.japantimes.co.jp/print/nb20070726a3.html
Jullien, François (1999): Über die Wirksamkeit, Berlin.
Jullien,
François
(2000):
Der
chinesischen
http://members.eunet.at/hans68/CHinPhilWege.htm.
Wege
der
Wirksamkeit.
Jung, Carl Gustav (1998): Einführung, in: Richard Wilhelm und C.G. Jung, Geheimnis der
Goldenen Blüte. Das Buch von Bewußtsein und Leben, Köln, S. 10-65.
50
Kant, Immanuel (1968): Kritik der reinen Vernunft, Theorie-Werkausgabe Band 4,
Frankfurt/Main.
Kanter, Rosabeth Moss (2007): Der sichere Pfad zu Innovationen, Harvard Business
Manager, Februar, S. 44-63.
Kageyama, Yuri (2007): Japan hybrid train fights global warming, Yahoo Finance, 29. Juli,
http://biz.yahoo.com/ap/070729/japan_hybrid_train.html?.v=1
Keith, Jan (2007): God bless Toyota, Financial Times Deutschland, 10. Mai,
http://www.ftd.de/unternehmen/industrie/197801.html?p=2
Kirkland, Russel (1996): Taoism, in: Philosophy of Education: An Encyclopedia.
Koenen, Jens (2007a): SAP-Aktionäre vermissen eine Vision, Handelsblatt, 11. Mai, S. 16.
Koenen, Jens (2007b): Motivation by Al Kaida, Handelsblatt, 3. Juli, S. 11.
Konomoto, Shingo u.a. (2006): Asia‟s new growth mechanisms toward 2010 and beyond.
Suggested strategies for Japanese companies. Nomura Research Institute Papers No. 112,
December 2006.
Krishnamurti, J. (1967): Commentaries on living. Third Series, Madras & London: Quest
Books.
Laotse (1975): . Tao Te King. Text und Einführung von Rudolf Backofen, 2. Auflage, Engelberg
und München.
Laotse (1996): Also sprach Laotse. Die Fortführung des Tao Te King, 2. Auflage, Bern.
Laozi (2001): Dao De Jing, Übersetzung in Ansgar Gerstner (2001): Eine Synopse und
kommentierte
Übersetzung
des
Buches
Laozi,
Dissertation,
FB
Sinologie,
Universitätsbibliothek Trier.
Lakoff, George & Johnson, Mark (1980): Metaphors we live by, Chicago, London: The
University of Chicago Press.
Leciejewski, Klaus (2007): Gefährliche Feuerwehr, Handelsblatt, 23. Februar, S.I (Karriere).
Leendertse, Julia (2006): Jeder gegen jeden, Handelsblatt, Karriere und Management, 17.
November, S. 6.
Lefèvre, Jean-Christophe (2007): La Passat Bluemotion, économe grâce à son sens du détail,
Le Monde, 26. Juni, S. 30.
Leser, Eric (2007): Une nation sans vacances, Le Monde, 30. Juni, S. 31.
Lewin, Kurt (1951): Field theory in social science. New York: Harper & Row.
Lin Yutang (2000): Die Weisheit des Laotse, 15. Auflage. Frankfurt am Main.
Locke, Edwin A. (2000): The prime movers. Traits of great wealth creators. New York:
Amacom.
Lohmann, Michael (2007): Universitäre Lehre als Tragödie, Telepolis, 25. April,
http://www.heise.de/tp/r4/artikel/25/25095/1.html
Luhmann, Niklas (1984): Soziale Systeme, Frankfurt am Main: Suhrkamp.
Luhmann, Niklas (1997): Weltgesellschaft, Frankfurt am Main: Suhrkamp.
Luhmann, Niklas (2002): Das Erziehungssystem der Gesellschaft, Suhrkamp: Frankfurt am
Main.
Lyon, Peter (2007): A golden time everywhere but at home, Japan Times, 7. Oktober,
http://search.japantimes.co.jp/print/fv20071007pl.html
Maatz, Björn (2007): DIW kritisiert Reform der Förderung für Existenzgründer,
FTD.de, 18. Januar, http://www.ftd.de/politik/deutschland/152027.html Maatz,
Macht, Michael (2007): How emotions affect eating: A five-way model, Appetite, Juli 2007.
51
Markides, Constantinos & Geroski, Paul A. (2005): Fast second. How smart companies
bypass radical innovation to enter and dominate new markets, San Francisco, Jossey-Bass.
Masaki, Hisane (2007): The people speakt: Abe‟s not listening, Asia Times, 31. Juli,
http://www.atimes.com/atimes/Japan/IG31Dh02.html
Maturana, Humberto (1998): Biologie der Realität. Frankfurt am Main: Suhrkamp.
Matzler, Kurt & Bailom, Franz (2007): Die Fähigkeit, Glück zu haben, Frankfurter
Allgemeine Zeitung, 23. April, S. 20.
McFarland, Keith (2006): Was zeichnet einen Unternehmer aus? Mafex Working Papers,
October 2006, www.mafex.de
Markides, Constantinos C. & Geroski, Paul A. (2005): Fast second, San Francisco: JosseyBass.
Metz, Pamela K. (1996): Das Tao des Lernens, Paderborn.
Mayer-Kuckuk, Finn (2007a): Ticken im Toyota-Takt, Handelsblatt, 9. Mai, S. 10.
Mayer-Kuckuk, Finn (2007b): Fusionswelle bei Japans Kaufhäusern,
August, S. 12.
Handelsblatt, 20.
Mintzberg, Henry
(2005): Manager statt MBAs. Eine kritische Analyse.
Frankfurt/New York: Campus.
Mitton, Daryl G. (1997): Entrepreneurship: One more time – non-cognitive characteristics
that make the cognitive click. Babson College, Frontiers of Entrepreneurship Research 1997.
http://www.babson.edu/entrep/fer/papers97/mitton/mit1.htm
Mohl, Alexa (1996): Der Meisterschüler. Das NLP Lern- und Übungsbuch, Paderborn:
Junfermann.
Nanotechweb
(2006):
Nanotechnology
news
http://nanotechweb.org/articles/news/5/1/3/1.
in
brief,
6.
Januar,
Nature (2005): Toyota‟s production line leads from lab to road, Nature, 435, 23. Juni, S. 10261027, http://www.nature.com/nature/journal/v435/n7045/full/4351026a.html
Navarro, Peter (2007): Das komplette Wissen der MBAs, München: Finanzbuchverlag.
Nefiodow, Leo A. (2000): Der sechste Kondratieff, Sankt Augustin, Rhein-Sieg-Verlag
Niermeyer, Rainer (2007): Müssen Manager authentisch sein? Frankfurter Allgemeine
Zeitung, 3. Februar, S. C5.
Nölting, Andreas (2007): Die Mutter aller Managementfehler, manager-magazin.de, 28.
Februar, http://www.manager-magazin.de/unternehmen/artikel/0,2828,469138,00.html
Nonaka, Ikujiro & Takeuchi, Hirotaka (1997): Die Organisation des Wissens: Wie japanische
Unternehmen eine brachliegende Ressource nutzbar machen, Frankfurt am Main.
OECD (2006): OECD Economic Surveys Japan. Paris.
Okuda,
Hirsohi
(2003):
Chairman‟s
message,
http://www.toyota.co.jp/en/ir/library/annual/pdf/2003/chairmans_message_e.pdf
Ouspensky, P.D. (1995): Psychologie der möglichen Evolution des Menschen, 5. Auflage,
Seeshaupt und München.
Ouspensky,P.D. (1999): Auf der Suche nach dem Wunderbaren. Perspektiven der
Welterfahrung und der Selbsterkenntnis, Bern, München, Wien.
Palmer, Majia (2007): Delay fails to dim Canon‟s faith in new breed of TV, The Financial
52
Times, 8. Juni, S. 22.
Peters, Wolfgang (2007a): Keine Hybrid-Versprechungen, Frankfurter Allgemeine Zeitung,
7. März, S. 1.
Peters, Wolfgang (2007b): Das klimagerechte Auto, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13.
September, S. 1.
Peters, Wolfgang (2007c): Jetzt noch ein Wandel der Werte, Frankfurter Allgemeine Zeitung,
13. September, Beilage Internationale Automobilausstellung 2007, S. A3.
Pollan, Michael (2007): Unhappy meals, The New York Times, 28. Januar.
Preston, Thomas (1991): Samurai-Geist. Der Weg eines Kriegers in den japanischen
Kampfkünsten.
Rassidakis, Peter (2001): Wege der Selbtevolution, Marburg: Mafex BoD.
Rassidakis, Peter (2007):
rassidakis@mafex.de
Selbstevolution
und
Systemevolution.
Verfügbar
von
Riegas, Volker (1990): Glossar, in: Volker Riegas & Christian Vetter, Hrsg., Zur Biologie der
Kognition, Frankfurt am Main: Suhrkamp.
Robert-Diard, Pascale (2008): Advocats des puissants, Le Monde 2, 22. März, S. 2028.
Röpke, Jochen (2002): Der lernende Unternehmer, Marburg Mafex: BoD.
Röpke,
Jochen
(2006):
Innovationsdynamik
und
Lebensverlängerung.
Ein
Entdeckungsverfahren zur Überwindung des Todes, in: Nicolas Dallmann und Marc Seiler,
Hrsg., Innovation und Reform, Stuttgart, S. 21-64.
Röpke, Jochen & Rassidakis, Peter (2006): Training and teaching entrepreneurs: The Mafex
approach. Mafex working papers, December, www.mafex.de.
Röpke, Jochen & Xia, Ying (2007): Reisen in die Zukunft kapitalistischer Systeme.
Grundzüge einer daoistischen Kinetik wirtschaftlicher Entwicklung. Marburg: Mafex/BoD.
Rötzer, Florian (2007): Die jetzt 50-Jährigen sind kränker als vorhergehende Generationen,
Telepolis, 13. März, http://www.heise.de/tp/r4/artikel/24/24832/1.html.
Roth, Gerhard (2003): Aus Sicht des Gehirns, Frankfurt am Main.
Schmidt, Boris (2007): Neuwagen sind schlicht zu teuer, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 6.
Oktober, S. 54.
Schumpeter (1911/2006): Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung. 1. Auflage.
Schumpeter, Joseph A. (1950): Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie, Basel: Francke.
Seith, Anne & Schallenberg, Jörg (2007): Die Fehler der anderen, Spiegel Online, 24. April,
http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,druck-479114,00.html.
Seneca (2004): Philosophische Schriften. Vollständige Studienausgabe. Wiesbaden.
Siebenhüter, Sandra (2007): Schlechte Führung. Chefs mit Charakter dringend
gesucht,
Spiegel
Online,
1.
September
,
http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,druck-502547,00.html.
Sivin, Nathan (1999): State, cosmos, and body in the last three centuries B.C.,
http://ccat.sas.upenn.edu/~nsivin/micro.html
Sternberg, Rolf, Brixy, Uda & Hundt, Christian (2007): Global Entrepreneurship
Monitor
(GEM).
Länderbericht
Deutschland
2006,
März
2007,
http://www.gemconsortium.org/download/1173512878468/GEMNational%20Report%20Germany%202006.pdf.
53
Sun Tsu (1999): Wahrhaft siegt, wer nicht kämpft. Die Kunst der richtigen Strategie. 4. Auflg.,
Freiburg i. Br.: Bauer.
Takayama-Wichter, Taeko & Wichter, Sigurd (2000): Uchi/soto du uchi/soto/yoso in der
japanischen Gesellschaft. Lebende Sprachen, 45, S. 150-161.
Taylor III, Alex (2007): America‟s best car company, Fortune, 19. März, S. 48-52.
Turner, Colin (1997): The Eureka principle. Alternative thinking for business and personal
success, Element: Shaftesbury u.a.
Ushiyama, Ryuichi (2006): Japan‟s IC exports to China dominated by low priced products:
“value-added” manufacturers demystified, JCER Staff Report No.77, 24. Februar,
http://www.jcer.or.jp/eng/pdf/kenrep77e.pdf
Verein zur Förderung des Japanisch-Unterrichts an VHS e.V. (2005):
Protokoll des 14. Fortbildungsseminars vom 11. bis 13. März 2005 in Kronberg
Watsuji Tetsuro [siehe Bild] (1992): Fudo – Wind und Erde. Der
Zusammenhang zwischen Klima und Kultur. Darmstadt.
Watanabe, Katsuaki (2006): Interview mit Oliver Santen, Bild, Mai
2006 (kein Datum).
Watanabe, Kishichi (1988): The business ideology of Benjamin Franklin and Japanese values
of the 18th century, Business and Economic History, Second Series, Volume 17, S. 79-90
(verfügbar unter: http://www.thebhc.org/publications/BEHprint/v017/p0079-p0090.pdf).
Weber, Max (2006): Religion und Gesellschaft, Frankfurt am Main.
Wikipedia
27.01.07]
(2007 a): http://ja.wikipedia.org/wiki/%E8%97%A9%E6%A0%A1 [Abruf:
Wikipedia (2007 b): uchi-soto, http://en.wikipedia.org/wiki/Uchi-soto, Abruf 31.1.2007
Wilber, Ken (2001): Integrale Psychologie. Freiamt.
Yoshida, Kenkô (1963) : Tsurezuregusa - Betrachtungen aus der Stille, deutsche Übersetzung
von Benl, Oscar, Frankfurt am Main: Insel.
54