16/3001 - Landtag NRW

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16/3001 - Landtag NRW
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Amt für Kinder, Jugend und Familie
Landtag Nordrhein-Westfalen
Ausschuss für Familie, Kinder und Jugend
z. Hd. der Ausschussvorsitzenden Frau Margret Voßeler
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Jonny Hoffmann
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16
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16/3001
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Datum:
09.09.2015
Ihr Schreiben vom:
Auslandsmaßnahmen in der Jugendhilfe
Zuziehung von Sachverständigen im Ausschuss für Familie, Kinder und Jugend am 24.09.2015
Sehr geehrte Frau Voßeler
für die Einladung zu dem Sachverständigengespräch möchte ich mich recht herzlich bedanken. Nachstehend meine
kurze Stellungnahme.
Auslandsmaßnahmen haben im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe schon eine gewisse Tradition. Seit etwa Mitte der
90er Jahre (damals war die „Erlebnispädagogik“ im Vordergrund) stehen diese auch immer wieder mal in der Kritik.
Dabei geht es oft um fehlende Fachlichkeit bzw. pädagogische Ausbildung der Betreuer/innen vor Ort, aber auch um die
fehlende Rückkehroption der Kinder und Jugendlichen in ihre bisherige Lebenswelt.
Die Unterbringung eines Kindes oder Jugendlichen im Ausland kann aus meiner Sicht nur die absolute Ausnahme sein,
wenn mit anderen Möglichkeiten ein Kind oder Jugendlicher nicht mehr erreichbar ist; selbst nicht mehr durch eine
geschlossene Unterbringung nach § 1631b BGB in der Jugendpsychiatrie oder in einer geschlossenen Einrichtung.
Grundsätzlich kann sich auch hier die Frage stellen: Reicht nicht eine „einsame“ Gegend, wie die Uckermark aus?
Müssen es südliche oder exotische Länder sein?
Die Hilfen im Ausland können dann in Einzelfällen die notwendige und geeignete Hilfe sein, wenn auch die
entsprechenden Rahmenbedingungen des Landes, verbunden mit einem überzeugenden pädagogischen Konzept des
jeweiligen Trägers, vorliegen.
Dabei ist die bisherige Lebenswelt, auch im Hinblick auf die Rückkehroption des Kindes und Jugendlichen unbedingt
einzubeziehen.
Das heißt auch begleitende Elternarbeit und die „Rest-Familie“ auf die Rückkehr vorzubereiten. Wie findet sich der/die
Jugendliche wieder in seiner neuen Lebenswelt zurecht?
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Unabdingbar ist somit ein fachlich qualifiziertes Konzept bei einer Hilfe im Ausland mit der entsprechenden ReIntegration des Kindes / Jugendlichen in ein stabiles Umfeld in Deutschland.
Im Rahmen des Hilfeplanverfahrens müssen daher schon bereits vor Einleitung der Maßnahme im Ausland konkrete
Vereinbarungen getroffen und aufgezeigt werden, damit nach Beendigung dieser Maßnahme die Rückkehrvorbereitung
nach Deutschland beginnen kann und die Hilfen hier fortgeführt werden können.
Bei der Hilfedurchführung sollte es sich um einen in Deutschland anerkannten freien Träger der Jugendhilfe handeln für
den die entsprechenden Entgelt-, Qualitäts- und Leistungsvereinbarungsgrundlagen nach § 77 und §§ 78a ff. sowie § 79
a SGB VIII festgelegten Kriterien entsprechen. Die Bedingungen vor Ort müssen auch im Rahmen von
Hilfeplangesprächen ebenfalls vor Ort regelmäßig durch die Mitarbeiter/innen des belegenden Jugendamtes / örtlich
zuständigen öffentlichen Träger der Jugendhilfe überprüft werden.
Während für Einrichtungen im Inland eine entsprechende Betriebserlaubnis des jeweiligen zuständigen
Landesjugendamtes vorliegt, ist dies bei Auslandsmaßnahmen nicht der Fall.
Mit allen Trägern von Maßnahmen nach dem SGB VIII werden im Inland Vereinbarungen nach § 8a SGB VIII / KKG und
nach § 72a SGB VIII zur Gewährleistung des Kinderschutzes getroffen. Diese verbindlichen Instrumente der
Qualitätssicherung stehen in dieser gesetzlichen Grundlage für Angebote im Ausland zunächst nicht zur Verfügung.
Hier besteht aus meiner Sicht entsprechender Regelungsbedarf, der dies verbindlich vorschreibt und nicht durch
freiwillige Selbstverpflichtung des jeweiligen Trägers. Dies ist insbesondere von Bedeutung, da eine Betreuung im
Ausland in der Regel eine sehr „dichte und enge“ Betreuung darstellt und fast einer 1:1-Betreuung gleichkommt. Wichtig
erscheint auch, vor Beginn der jeweiligen Hilfe, Reaktionen in Krisensituationen zu vereinbaren, z. B. in dem jeweiligen
Gast-Land, um das Wohl des Kindes / Jugendlichen und dessen unmittelbare Rückkehr, zu ermöglichen.
Darüber hinaus sind die entsprechenden gesetzlichen Grundlagen zu beachten (beispielhaft):
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§ 8 Abs. 1 SGB VIII
Kinder und Jugendliche sind entsprechend ihrem Entwicklungsstand an allen sie betreffenden Entscheidungen
der öffentlichen Jugendhilfe zu beteiligen. …
§ 27 Abs. 2 Satz 3 SGB VIII
Demnach sollen Hilfen zur Erziehung nur im Ausnahmefall im Ausland stattfinden, wenn diese nach Maßgabe
der Hilfeplanung zur Erreichung des Hilfezieles erforderlich sind und warum diese nicht im Inland durchgeführt
werden können.
§ 36 Abs. 4 SGB VIII
Wird im Rahmen der Hilfeplanung ein erzieherischer Bedarf festgestellt, der die Erbringung einer erzieherischen
Hilfe im Ausland erforderlich macht, dann ist in der Regel die Stellungnahme eines Arztes für Kinder- und
Jugendpsychiatrie …, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kinder und
Jugendlichen verfügt, einzuholen (siehe auch § 35 a SGB VIII)
§ 36 SGB VIII
Der Hilfeplan ist regelmäßig zu überprüfen mit allen Beteiligten; Auslandsmaßnahmen sollten immer nur ein Teil
einer Gesamthilfeplanung sein.
§ 37 Abs. 1 + 3 SGB VIII, Zusammenarbeit bei Hilfen außerhalb der eigenen Familie
(1) … Durch Beratung und Unterstützung sollen die Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie innerhalb
eines im Hinblick auf die Entwicklung des Kindes oder Jugendlichen vertretbaren Zeitraums so weit
verbessert werden, dass sie das Kind oder den Jugendlichen wieder selbst erziehen kann. Während dieser
Zeit soll durch begleitende Beratung unter Unterstützung der Familien darauf hingewirkt werden, dass die
Beziehung des Kindes oder Jugendlichen zur Herkunftsfamilie gefördert wird. Ist eine nachhaltige
Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie innerhalb dieses Zeitraums nicht
erreichbar, so soll mit den beteiligten Personen eine andere, dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen
förderliche und auf Dauer angelegte Lebensperspektive erarbeitet werden.
(3) Das Jugendamt soll den Erfordernissen des Einzelfalls entsprechend an Ort und Stelle überprüfen, ob die
Pflegeperson eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen förderliche Erziehung gewährleistet. Die
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Pflegeperson hat das Jugendamt über wichtige Ereignisse zu unterrichten, die das Wohl des Kindes oder
des Jugendlichen betreffen.
Je nach Gastland ist ein entsprechendes Beantragungsverfahren bei „grenzüberschreitender Unterbringung“
erforderlich - nach der „ Brüssel IIa-Verordnung (Art. 55 und 56) – meist schon vorab geregelt durch den
Träger der Maßnahme.
Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag
Jonny Hoffman
Leiter des Amtes für Kinder, Jugend und Familie
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