„Wir wollen keine Gags, sondern großes Kino machen!“
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„Wir wollen keine Gags, sondern großes Kino machen!“
Im Gespräch Dr. Wolfgang E. Frank, Geschäftsführer Grapevault Wine Fund No. 1 Firmenfoto „Wir wollen keine Gags, sondern großes Kino machen!“ Herr Dr. Frank, welche Idee steckt hinter Grapevault? Und was sind die Ziele des Weinfonds? Das Ziel des Grapevault Wine Fund No. 1 ist es, Investoren an der gesamten Wertschöpfungskette der Premiumweinindustrie teilhaben zu lassen. Rund 20% unseres Investitionsvolumens stecken wir in den Handel mit Sammlerweinen und Raritäten. Ein weiteres Geschäftsfeld ist mit 10% die Entwicklung und Vermarktung neuer und innovativer Technologien, die dazu dienen sollen, Probleme in der Weinindustrie zu lösen – zum Beispiel alternative Flaschenverschlüsse oder Weindatenbanken. Der Schwerpunkt unserer Interessen liegt mit 70% aber eindeutig auf Spitzenlagen beziehungsweise Weingütern, die im Besitz von Toplagen sind. Die Idee und Überzeugung, die dahinter steckt, lautet: Wirklich große Weine wachsen nur auf großen Lagen. Wieso glauben Sie, dass Investments in Weinbergslagen Profit abwerfen? Wir sind davon überzeugt, dass Rebflächen selbst in Zeiten von Börsenturbulenzen weitgehende Wertstabilität und die Möglichkeit überdurchschnittlicher Wertsteigerungen bieten. Dies gilt insbesondere, wenn sich die dahinterstehenden Betriebe darauf konzentrieren, Premium- und Superpremiumqualitäten zu erzeugen, und wenn es ihnen gelingt, sich quasi als Luxusmarke zu etablieren. Da die Margen in diesem Segment für gewöhnlich sehr hoch sind, ist es nicht verwunderlich, dass Luxusunternehmen, Versicherungen und sogar Pensionskassen zunehmend in Weinimmobilien und Weingüter investieren. Beim Stichwort große Lagen denken die meisten Weinprofis und -liebhaber in erster Linie an Grands Crus in Frankreich oder an einige Toplagen in Italien. Grape- 32 vault hat sein Investitionsprogramm allerdings mit dem Einstieg bei den Weingütern Baron Knyphausen und August Kesseler gestartet. Warum fiel der Startschuss ausgerechnet im Rheingau? Die Entscheidung, im Rheingau anzufangen, hat mehrere Gründe. Zum einen sind die hiesigen Spitzenlagen – im Gegensatz zu den meisten Toplagen in Frankreich oder Italien – noch bezahlbar. In Burgund werden teilweise astronomische Preise verlangt. Mehrere Millionen Euro pro Hektar Rebfläche – ein solches Invest lässt sich kaum refinanzieren. Außerdem sehen wir im Rheingau ein Riesenpotenzial. Inwiefern? Momentan ist der Rheingau bei zahlreichen Weinkritikern out. Dabei hat der Rheingau einige der qualitativ wertvollsten Weinbergslagen zu bieten. Früher genossen die Spitzenweine aus der Region Weltruf. Der teuerste Wein auf der Titanic war zum Beispiel kein Bordeaux oder Burgunder, sondern ein Johannisberger. Wir wollen an diese glorreichen Zeiten anknüpfen und dazu beitragen, dass die Weine aus dem Rheingau wieder zu alter Stärke kommen. Es geht nicht um irgendwelche Gags oder hessische Folklore, wir wollen großes Kino machen. Das klingt toll und medienwirksam – aber was bedeutet das konkret? Im Rheingau tut sich unheimlich viel. Wir haben zum Beispiel im regionalen VDP die Prüfungsordnung optimiert. Die Zulassungsbedingungen für Große Gewächse wurden verschärft, in den Prüfungsprozess werden jetzt auch externe Verkoster eingebunden. Künftig wird es keine Gefälligkeitsgutachten mehr geben. Es kann sogar passieren, dass manche VDP-Betriebe plötzlich ohne Große Gewächse dastehen, wenn die Kriterien dafür nicht erfüllt werden. Wer die Entwicklung genau ver- folgt hat, der hat gemerkt, dass schon die 2012er Qualitäten bei den Toperzeugern signifikant besser waren als die 2011er. Und wir stehen keinesfalls schlechter da als etwa die Top-Riesling-Erzeuger in anderen Gebieten. Wenn man Weine mit internationaler Reputation erzeugen will, sollte man aber auch die internationale Distribution und Reputation ins Auge fassen. Da gibt es noch reichlich Defizite. Wo sehen Sie noch Optimierungsbedarf? Prestigeträchtige Weine aus Bordeaux und Burgund verkaufen sich am Sekundärmarkt wie geschnitten Brot. Aber deutsche Spitzenweine – da läuft doch international bis auf einige Trockenbeerenauslesen von Starwinzern nichts. Aber genau dahin muss es gehen! Deshalb haben wir zum Beispiel auf der Prowine China mit den Weinen von Baron Knyphausen Flagge gezeigt. Die Resonanz war riesig. Inzwischen ist China schon unser größter Exportmarkt. Eins steht fest: Wir werden unsere akquirierten Weingüter bis zum Anschlag striezen und qualitativ zum Klingen bringen. Dass wir auf dem richtigen Weg sind, zeigen die jüngsten Bewertungen unserer Weine in deutschen und internationalen Medien. So wurde gerade erst vor kurzem der Erbacher Marcobrunn 2012 von Baron Knyphausen in der „Zeit Online“ in einem Artikel der Lange-Brüder über die besten Weine im Jahr 2013 als der Knaller des Jahres bezeichnet. Das freut uns außerordentlich, vor allem weil wir den Marcobrunn für sensationell, aber auch für schwierig halten und mit der kompromisslosen Stilistik ein großes Risiko eingegangen sind. Unser Credo lautet: Wenn Weine aus großen Lagen ihr Terroir reflektieren sollen, dann müssen sie signifikant unterschiedlich sein und schmecken. Deshalb experimentieren wir mit dem Einsatz von Holz und mit Maischegärung beim RiesWEIN+MARKT 2/2014 Im Gespräch „Wir werden unsere akquirierten Weingüter bis zum Anschlag striezen und qualitativ zum Klingen bringen“, sagt Dr. Wolfgang E. Frank, Geschäftsführer des Grapevault Wine Fund No. 1. Der Anlagefonds investiert in diverse Weinprojekte, schwerpunktmäßig in Top-Weinbergslagen. Werner Engelhard sprach mit Dr. Frank über dessen Credo und die Pläne des Unternehmens. ling oder testen verschiedene Methoden der Tannin-Extraktion. Ich halte nun mal nichts davon, mit aller Gewalt einen einheitlichen Rheingau-Stil durchzusetzen. Wir wollen nicht everybody’s darling sein, sondern markante, individuelle Weine machen. Das gilt im Übrigen auch für unseren Rheingauer Gemischten Satz. Erzählen Sie mehr davon! Mit dem Gemischten Satz wollen wir beim Weingut Baron Knyphausen die leider in Vergessenheit geratene uralte Tradition aufleben lassen, unterschiedliche autochthone Rebsorten gemischt anzupflanzen, die Trauben zum selben Zeitpunkt zu ernten und zusammen auszubauen. Wir haben deshalb im Jahr 2011 im Eltviller Rheinberg eine Parzelle mit den Rebsorten Gewürztraminer, Silvaner, Elbling, Gelber Orleans, Weißer Heunisch, Roter Riesling und Riesling bepflanzt. Bereits im Jahrgang 2012 konnte die Jungfernernte eingebracht werden. Die Qualität hat uns Recht gegeben und uns ermuntert, diesen Weg konsequent weiter zu beschreiten. Wie passt es dann ins Bild, dass August Kesseler vergangenes Jahr zusammen mit Vertragswinzern einen Rheingauer Riesling für den Discounter Netto kreiert hat? Einerseits High-End-Anspruch, andererseits Discount – das widerspricht sich doch!? Keineswegs! Wir möchten einerseits hochwertige Weine im High-End-Bereich verkaufen, andererseits aber nicht elitär wirken, sondern auch einem breiten Publikum gute Weine zu erschwinglichen Preisen zur Verfügung stellen. Projekte, die wir gemeinsam mit Vertragswinzern realisieren, sind da eine sinnvolle Option. Und wenn diese Weine dann für 7,99 Euro pro Flasche bei den Discountern stehen, dann haben doch alle was davon. WEIN+MARKT 2/2014 Schließlich sollen unsere Betriebe wirtschaftlich erfolgreich arbeiten. Apropos Wirtschaftlichkeit: Wann rechnen Sie mit einem return on invest? Bei August Kesseler schreiben wir jetzt schon schwarze Zahlen. Bei Baron Knyphausen gehen wir davon aus, 2014 oder 2015 in die Gewinnzone zu kommen. Und wie geht’s weiter mit der Expansion? Wir sind immer auf der Suche nach interessanten zusätzlichen Rebflächen. Unsere Akquiseinteressen sind dabei rein lagenbezogen. Es muss nicht unbedingt ein bekanntes Spitzenweingut sein – Hauptsache, die Lagen sind erstklassig. Das Weingut von Christoph von Oetinger hätten wir gern gehabt, aber das hat leider nicht geklappt. Natürlich könnte man manche Betriebe schlucken und filetieren, aber wir sind keine Heuschrecken. Was die Lagen angeht, haben wir im Rheingau eher Siegelsberg als Marcobrunn im Visier. Im Ausland finden wir vor allem Kalifornien mit Chardonnay und Pinot Noir oder auch das Piemont interessant. Mittelfristig wird es dann einen Überbau für alle Betriebe geben, unter dessen Dach Vertrieb und Marketing gebündelt werden. Die einzelnen Weingüter sollen zwar ihre Identität und Eigenständigkeit behalten, aber perspektivisch betrachtet macht es Sinn, einen hauptverantwortlichen Koordinator für die Bereiche Außenbetrieb und Kellertechnik zu haben. Möchten Sie weitere Investoren ins Boot holen? Momentan ist der Grapevault Wine Fund No. 1 geschlossen, und es ist nicht geplant, weitere Investoren an Bord zu nehmen. Aber wenn jemand zwei, drei Millionen Euro mitbringt, kann man darüber reden – gegebenenfalls auch über weitere Fonds... Von der Halbleitertechno‑ logie zum Weinfonds Dr.-Ing. Wolfgang E. Frank ist – wie viele Akteure in der Weinbranche – ein Quereinsteiger. Eigentlich kommt er aus dem Bereich der Elektrotechnik, die er an der TU München studierte und in der er auch promovierte. Spezialgebiet: Halbleitertechnologie. Mit seiner Firma Triangle Research hat er eine Reihe von Industrie-Unternehmen beraten. Als Consultant ist er für die Prozessoptimierung, Restrukturierung und Durchführung von Six-Sigma-Projekten bei Großunternehmen verantwortlich. Vom „Weinvirus“ wurde er bereits während seines Studiums befallen. In Verkostungen bei Münchner Weinhändlern und Weinliebhaberkreisen hat er mit der Zeit „alles, was skurril und teuer ist, rauf und runter getrunken“. Im Laufe der Zeit hat er zudem rund 15.000 persönliche Weinnotizen gesammelt. 2009 kam ihm die Idee, mit Grapevault einen Weinfonds zu gründen. Heute ist Dr. Frank zusammen mit Stefan Sedlmeyr (Dipl.-Sommelier UIW) Geschäftsführer der Grapevault Wine Investments GmbH. Das Unternehmen mit Sitz im bayerischen Deisenhofen fungiert als Komplementär der Grapevault Wine Fund No. 1 GmbH & Co. KG. Mit der Mehrheitsbeteiligung am traditionsreichen Rheingauer Familienweingut Baron Knyphausen (Eltville-Erbach) im Februar 2010 hat der Weinfonds „den Startschuss für eine internationale Expansion gegeben“. Bei dem Weingut kümmert sich Dr. Frank inzwischen als Geschäftsführer (neben Gerko Freiherr zu Knyphausen) um das operative Geschäft. 2011 stieg Grapevault beim Weingut August Kesseler (Assmannshausen) ein. Neben Dr. Frank hat der Grapevault Wine Fund drei weitere Gesellschafter: Der Diplom-Sommelier UIW Stefan Sedlmeyr leitete die Weinabteilung für Hampel Kunstauktionen in München und gründete 2004 zusammen mit Hans Friedrich das WeinAuktionshaus Munich Wine Company in München. Der studierte Humanmediziner und Außenhandels-Betriebswirt Hans Friedrich ist langjähriger Händler von Edeluhren und Premiumweinen. Stanley W. Bronisz (MBA) schließlich hat sich als StrategieAdvisor für Kapitalanlagegesellschaften einen Namen gemacht und berät mehrere Investmentfonds in Sachen Anlagepolitik und Risikostreuung. -wer- 33