Ruhelose Beine: Neue Therapien und alte Hausmittel
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Ruhelose Beine: Neue Therapien und alte Hausmittel
Seite 1 von 5 I n f o r m a t i o n s m a t e r i a l v o m 1 0 . 0 1 . 2 0 1 3 Ruhelose Beine: Neue Therapien und alte Hausmittel Kribbeln, Taubheitsgefühle, Schmerzen oder Brennen in den Beinen machen manchem den Alltag zur Qual und die Nacht zum Albtraum. Oft verbergen sich hinter diesen Symptomen geschädigte Nervenbahnen, Fehlsteuerungen im Gehirn oder schlecht durchblutete Gefäße. Jeder, der sich im Winter kalte Füße geholt hat und anschließend ins Warme kommt, kennt das: Die Füße sind taub vor Kälte. Oft sind sie ohne Gefühl. Werden sie erwärmt, fangen sie an zu pochen oder zu kribbeln. Das liegt daran, dass sich die Gefäße durch die Kälte zusammengezogen haben und dadurch schlecht durchblutet werden. Diese mangelnde Durchblutung und die Abkühlung der Nerven sind die Ursache des Taubheitsgefühls. Bei Zimmertemperatur weiten sich die Gefäße, sodass das Blut nun wieder ungehindert zirkulieren kann. Das ruft das Kribbeln hervor. Dieses Kribbeln wiederum ist ein Signal der Nervenenden in der Hautoberfläche an das Gehirn. Das ist an sich ganz normal. Kribbelt es aber in den Beinen, ohne dass ein erkennbarer äußerer Reiz vorliegt, kann es sich um eine Überempfindlichkeit der Nerven vor. Die Ursache von Kribbeln und Taubheitsgefühlen sollten Betroffene unbedingt ärztlich abgeklärt lassen, denn oft entwickeln sich solche Störungen zu starken Schmerzen im Bein. Sie können den Alltag der Patienten erheblich beeinträchtigen. Manche können kaum noch laufen oder stehen. Polyneuropathie Bei einer Polyneuropathie ist das periphere Nervensystem mit seinen Empfindungsnerven und zum Teil auch mit den motorischen Nerven geschädigt. Diese Nerven leiten Signale von Armen und Beinen zum Gehirn. Sind sie erkrankt, kommt es zunächst zu Kribbeln und Taubheitsgefühlen, später zu Schmerzen. Oft ist eine Polyneuropathie Ausdruck einer Erkrankung, welche den gesamten Organismus betrifft. Mögliche Auslöser sind Diabetes, Rheumatische Erkrankungen, Alkoholismus, Gefäßerkrankungen, Nierenerkrankungen oder Tumore. Der Fall Peter Achim T. Auch bei Peter Achim T. fing es mit einem leichten Kribbeln in den Zehen an. Am Ende musste er sich mit dem Rollstuhl zu den Untersuchungen fahren lassen, weil die Schmerzen in den Beinen inzwischen so stark geworden waren, dass er kaum noch laufen konnte. Sechs Jahre hat es gedauert, bis der ehemalige Außendienstmitarbeiter die richtige Diagnose für sein Leiden bekam. Anfangs meinten die Ärzte, seine Taubheitsgefühle und das Kribbeln rührten von einer Nervenschädigung her, verursacht durch sein früheres Fuß1 Seite 2 von 5 ballspielen. Eine normale Alterserscheinung, bei der man nichts machen könne. Doch dann wandelte sich das Kribbeln in Schmerzen, die am Ende so stark waren, dass der Mittfünfziger nicht einmal mehr Auto fahren konnte. Es war Zufall, dass Peter Achim T. an einem Abend im Jahr 2011 "Hauptsache gesund" sah. Das Thema "Schmerzen beim Gehen" erregte seine Aufmerksamkeit, denn es ging genau um sein Problem. Studioexperte war damals Dr. Rolf Malessa vom Sophien- und Hufeland-Klinikum in Weimar. Er behandelt häufig Patienten, die schon einen langen Leidensweg hinter sich haben. Als Chefarzt der Neurologie im Klinikum weiß er, dass es manchmal nicht einfach ist, die Ursache der Beschwerden herauszufinden. Wie ein Detektiv begibt er sich dabei auf Spurensuche, denn sein Berufsmotto lautet: "Es gibt keine Symptome, die man nicht erklären kann, sondern nur Diagnosen, die nicht stimmen." Nach der Sendung stand für Peter Achim T. fest: Ich muss nach Weimar zur Behandlung. Er bekam einen Termin und fuhr voller Hoffnung los. Dr. Malessa fand erst einmal die richtige Ursache für seine Beschwerden. Nach sechs Jahren der Ungewissheit lautete die Diagnose: Polyneuropathie, allerdings eine besondere entzündliche Form. Zunächst wurde Peter Achim T. mit Capsaicin-Salbe behandelt. Capsaicin ist der Stoff, der auch die Chilischote scharf macht. Der Extrakt wirkt durchblutungsfördernd und wird medizinisch auf der Haut angewendet. Begleitend wurde eine Immunglobulintherapie verordnet. Immunglobuline sind Antikörper, mit denen gesunde Menschen eindringende Krankheitserreger abwehren. Die Immunglobuline werden in diesem Fall gegeben, um das Immunsystem gewissermaßen davon abzulenken, sich überaktiv gegen die eigenen Nerven zu richten. Bei Peter Achim T. schlug diese Therapie an und er ist nicht mehr auf den Rollstuhl angewiesen. Ursächliche oder symptomatische Behandlung Bei der Behandlung einer Polyneuropathie verfolgen Ärzte zwei verschiedene Ansätze – die kausale und die symptomatische Therapie. Kausal bedeutet, dass nach den Ursachen oder Auslösern der Krankheit gesucht wird. Lassen sich diese eindeutig identifizieren und abstellen, verschwindet damit auch die Polyneuropathie. Kann die Ursache nicht gefunden und abgestellt werden, greift die symptomatische Therapie. Dabei werden Medikamente eingesetzt, welche die Reizentstehung in den Nerven hemmen oder das körpereigene System zu Schmerzhemmung aktivieren. Parallel dazu wird eine sogenannte multimodale Schmerztherapie verordnet. Hierbei lernt der Patient, mit seinen Schmerzen umzugehen und diese durch gezielte Strategien zu mindern. Dazu zählen Bewegungstraining, Stressbewältigungsprogramme, Entspannungsübungen und Psychotherapie. Die Schaufensterkrankheit und das Bernhard-Roth-Syndrom Treten Kribbeln, Taubheit oder Schmerzen besonders bei Belastung auf, vermuten Ärzte oft eine Gefäßschädigung. Die häufigste hierbei ist die Periphere Arterielle Verschlusskrankheit - kurz PAVK oder auch Schaufensterkrankheit genannt. Dabei haben die Betroffenen beim Gehen extreme Schmerzen. Linderung verspüren sie erst, wenn sie eine Ruhepause einlegen. Die Krankheit entsteht durch die Einengung oder den kompletten Verschluss der unteren Beinarterien. In Deutschland sind schätzungsweise 4,5 Millionen Menschen von der Krankheit betroffen. In den meisten Fällen ist eine Arteriosklerose, also eine Verhärtung und Verdickung der Arterien, die sich meist schleichend und über viele Jahre hin entwickelt, die Ursache für eine schlechtere Durchblutung. Wesentlich seltener ist eine Entzündung der Arterien die 2 Seite 3 von 5 Ursache. Ist die Arterie zu 90 Prozent geschlossen, treten starke Schmerzen im Bein auf. Um die Sauerstoff- und Nährstoffzufuhr zu sichern, sucht sich das Blut parallele Umgehungskreisläufe. Hauptursachen für die Verengung der Gefäße sind Rauchen, Diabetes oder Bluthochdruck. Um die PAVK erfolgreich zu behandeln, müssen zunächst die auslösenden Risikofaktoren beseitigt werden: Rauchen stoppen, Blutdruck einstellen, Diabetes behandeln. Anschließend sorgt ein gezieltes Gehtraining für die verbesserte Durchblutung der Beine. Dabei werden die Umgehungskreisläufe aktiviert. In einigen Fällen wird die Krankheit durch Medikamente oder das Einsetzen eines Stents behandelt. In manchen Fällen ist eine Amputation des betroffenen Beines erforderlich. Gequetschter Nerv Meralgia parästhetica oder BernhardRoth-Syndrom nennt sich eine Krankheit, die brennende Schmerzen im Oberschenkel verursacht. Ursache ist die Einengung eines Nervs, der aus dem Becken kommt und dann durch die Fasern des Leistenbandes weiter führt. Dort kann er leicht eingeengt werden. Männer sind von dieser Störung dreimal so häufig betroffen wie Frauen. Gegen das Bernhard-Roth-Syndrom helfen lokale Injektionen, Schmerzmittel oder eine Operation, in der der Nerv entweder freigelegt oder, wenn es gar nicht anders geht, durchtrennt wird. Die Nervendurchtrennung ist allerdings mit einem hohen Risiko verbunden: Bei jedem fünften Patienten führt der Eingriff zu schlecht behandelbaren Dauerschmerzen. Vorbeugen ist auch beim BernhardRoth-Syndrom das Mittel der Wahl. Und das ist ziemlich einfach, denn die Beschwerden werden u. a. durch Übergewicht, einen zu engen Autositz, zu fest und falsch anliegende Gurte im Auto oder eine zu enge Hose ausgelöst. Schmerzen in der Hüfte und brennende Füße Der Fall Doritt M. Über mehrere Jahre litt Doritt M. aus Chemnitz unter starken Schmerzen in der Hüfte. Sie konnte kaum noch sitzen. Um die Schmerzen zu lindern, hatte sie sich im Laufe der Zeit eine Schonhaltung angewöhnt, die sie selbst folgendermaßen beschreibt: "Ich habe immer auf der vordersten Kante des Stuhles gesessen, das Bein ausgestreckt und habe damit versucht, den Winkel zwischen Bein und Hüftgelenk so groß wie möglich zu lassen. In Beratungen habe ich mich dann weit nach hinten gelehnt. Für Außenstehende sah das unordentlich aus, würde man sagen." Ärzte diagnostizierten Arthrose. Ein künstliches Hüftgelenk stellten sie ihr jedoch nicht in Aussicht, weil sie dafür zu jung ist. Doch damit wollte sich Doritt M. nicht abfinden. Sie recherchierte im Internet und bekam schließlich Hilfe in der Uniklinik Mannheim. Dr. Stefan Fickert, Orthopäde und Unfallchirurg, fand heraus, dass hinter den Schmerzen von Doritt M. eine Fehlbildung ihres Hüftgelenks steckt. "Das Problem bei Frau M. war eine Störung des Übergangs zwischen Oberschenkelkopf und Schenkelhals in dem Sinne, dass es ein Zuviel an Knochen an einer bestimmten Stelle im Gelenk gab. Und dieses Zuviel an Knochen führt bei der Beugung der Hüfte zu Schmerzen. Wir haben in der Operation den überflüssigen Knochen entfernt. Damit war der Druck weg." Durch diese Operation kann sich Doritt M. nun endlich wieder schmerzfrei bewegen und sitzt auch wieder ganz normal am Tisch. Brennende Füße: Der Fall Ellen W. Ellen W. aus Dresden leidet unter ständigem Brennen an den Füßen. Das Phänomen muss von vielen verschiedenen Seiten abgeklärt werden. 3 Seite 4 von 5 1. Station: Allgemeinmedizin der Uniklinik Dresden Dr. Andrea Aschoff beginnt mit der Ursachenforschung. Im Gespräch kann sie klären, dass Rauchen oder Alkohol als mögliche Auslöser bei Frau W. nicht in Frage kommen. Liegt möglicherweise eine Gefäßerkrankung vor? 2. Station: Angiologie In der Gefäßabteilung wird eine sogenannte Doppleruntersuchung gemacht. Dabei wird der Blutdruck nicht nur an den Armen, sondern auch an den Beinen gemessen. Gravierende Unterschiede würden den Verdacht auf eine Gefäßerkrankung nahe legen. Doch auch das trifft für Frau Walther nicht zu. 3. Station Röntgenabteilung Da Frau Walther vor vier Jahren einen Bandscheibenvorfall hatte, kann auch eine mögliche Ursache die Schädigung der Nerven in der Wirbelsäule sein. Um das abzuklären wird eine Magnetresonanztomographie (MRT) gemacht. Doch auch hier sind keine Auffälligkeiten zu finden. 4. Station Neurologie Hier wird die Nervenleitfähigkeit überprüft. Dabei werden drei Dinge näher abgeklärt: das Schmerzempfinden, das Vibrations- und das Temperaturempfinden. Selbsttest für zu Hause Auch zu Hause kann man in einem kleinen Selbsttest herausfinden, ob die Nerven noch in Ordnung oder schon geschädigt sind. Zahnstocher: Schmerzempfinden Zahnstocher – Pieksen Sie sich kurz in den Unterschenkel, anschließend in den Fuß. Gibt es einen Unterschied? Normalerweise wird der Minischmerz schnell vergehen. Spüren Sie allerdings minutenlang den Schmerz noch nach oder spüren Sie den Schmerz gar nicht, ist das möglicherweise ein Zeichen für eine Nervenstörung. Stimmgabel – der Vibrationstest Bringen Sie eine Stimmgabel zum Vibrieren und legen Sie sie an den Knöchel und das Großzehengrundgelenk. Spüren Sie die Vibration? Hammer oder Wasserglas: Temperaturempfinden Halten Sie ein Stück kaltes Metall oder ein Glas kaltes Wasser an die Innenseite Ihres Unterschenkels. Danach an den Fuß. Spüren Sie einen Unterschied? Wie schnell spüren Sie die Kälte? Spüren Sie gar keine Kälte, sollten Sie auch darüber Ihren Arzt informieren. Und ewig zucken die Beine Seit 2009 ist das Restless Legs Syndrom (RLS) in den Internationalen Katalog der Krankheiten aufgenommen worden. Rund acht Millionen Menschen leiden in Deutschland unter dieser Krankheit, die in unterschiedlichen Schweregraden auftreten kann. Die Betroffenen klagen über quälende Unruhe und ein Kribbeln in den Beinen. Die Beschwerden treten vor allem abends und nachts auf. Noch sind die genauen Ursachen nicht geklärt. Experten vermuten eine Störung des Nervenstoffwechsels im Gehirn. In manchen Fällen wird diese Störung vererbt. Ruhelose Beine können aber auch während der Schwangerschaft, bei einer Nierenfunktionsstörung oder durch Medikamente verursacht werden. Krämpfe in den Waden Nächtliche Wadenkrämpfe sind meist ein Zeichen für überforderte Muskeln. Treten die Krämpfe allerdings sehr oft auf, sollten sie von einem Arzt abgeklärt werden. Manchen Betroffenen hilft die Einnahme von Magnesium, obwohl es keine Studie gibt, welche diese positive Wirkung stichhaltig beweist. Manchmal werden wiederkehrende Krämpfe auch mit Chinin – einem Stoff aus der Chinarinde behandelt. Aufgrund möglicher Nebenwirkungen ist hier unbedingt ein Arzt zu konsultieren. 4 Seite 5 von 5 Eine Studie der Universität Groningen hat gezeigt, dass abendliche Stretchingübungen Wadenkrämpfe verhindern und unruhige Beine beruhigen. "Hauptsache gesund"-Fitnessexperte Jürgen Reif empfiehlt sie Betroffenen deshalb jeden Abend: "Dehnungsübungen wirken auf den Muskel, aber auch auf den ganzen Körper. Man wird in sich ruhiger, weil man sehr konzentriert mit seinem Körper umgeht. Und das wirkt sich auch insgesamt sehr positiv auf die unruhigen Beine aus." Tipp vom Sporttherapeuten Jürgen Reif Stellen Sie sich neben das Bett. Machen Sie einen Ausfallschritt nach vorn und drücken Sie nun das hintere Bein so gut wie möglich durch. Halten Sie diese Position für mehrere Sekunden. Nun drücken Sie das vordere Bein durch und ziehen die Zehen hoch. Halten Sie auch diese Position mehrere Sekunden. Anschließend wechseln sie die Beine. Quarkwickel gegen schwere Bein Wer unter Venenproblemen leidet, hat es oft mit schweren Beinen zu tun. Ein Quarkwickel kann da hilfreich sein, weil er belebend auf die Venen wirkt. Quark enthält darüber hinaus eine geringe Menge an Milchsäure, die oberflächlichen Hautentzündungen entgegenwirkt. Man nehme eine Baumwollwindel oder eine große aufgefaltete Mullkompresse und gebe darauf einen Becher Quark. Darauf lege man ein zweites Baumwolltuch in der gleichen Größe. Jetzt wird der Quark mit einem Nudelholz glatt gerollt. Die Quarkschicht sollte ungefähr fingerdick sein. Diese Kompresse legt man auf das betroffene Bein. Der Wickel kann bis zum Austrocknen des Quarks auf der Haut bleiben. Bei akuten Entzündungen sollte der Wickel jedoch nach etwa 15 Minuten entfernt werden, da er sich schnell erwärmt und damit seine Wirkung verliert. Idealerweise wendet man den Wickel einmal pro Woche an. Unruhige Beine in der Traditionellen Chinesischen Medizin So, wie das Nervenfasersystem den gesamten Körper durchzieht, beschreibt die Traditionelle Chinesische Medizin Energiekanäle. Diese werden Meridiane genannt. Sechs Meridiane sind hauptsächlich für die Beine verantwortlich. Dabei sind Blase und Nieren den Knochen zugeordnet, Milz und Magen den Muskeln und Leber und Galle den Sehnen. Je nachdem, welche Symptome auftreten, sucht der Therapeut den entsprechenden Meridian und versucht, diesen freizuklopfen. Auf diese Weise sollen sich Energieblockaden lösen und die Beschwerden gelindert werden oder ganz verschwinden. Experte im Studio: Dr. Rolf Malessa, Chefarzt Neurologie am Sophien- und Hufeland-Klinikum in Weimar Anschrift: MDR FERNSEHEN, Redaktion "Hauptsache gesund" 04360 Leipzig Internet: www.mdr.de/hauptsache-gesund E-Mail: hauptsache-gesund@mdr.de Thema der Sendung am 17.01.2013, 21:00 Uhr: "Kranke Schilddrüse – kranker Mensch" 5