PDF zum - Ökumenischer Arbeitskreis Enneagramm eV
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Nr. 34 November 2008 EnneaForum Wüstenzeit Rundbrief des Ökumenischen Arbeitskreises Enneagramm e.V. theater – ein Schreibaufruf Im der Frühjahrsausgabe des EnneaForums soll es um „theater“ gehen. Theater im weiteren Sinne. Unser Typentheater, die Rollen, die wir immer wieder spielen, die Masken, die wir aufsetzen, um etwas zu erreichen, etwas zu vermeiden, um die Kontrolle zu behalten, die Angst einzudämmen, unsere Außenwirkung zu verfeinern.... Jeder Typ hat da sein eigenes „theater“, das er in der Regel perfekt spielt. Lasst die anderen einmal hinter eure Kulissen schauen und schreibt, auch wenn’s nicht leicht fällt, etwas über euer persönliches Typentheater. Auch Theater in jeder anderen Form ist gefragt. Gibt es vielleicht ein Stück, einen Film, ein Buch, das euch typspezifisch angesprochen habt, wo ihr euch oder jemanden, der euch sehr nahe steht, wieder entdeckt habt? Dann erzählt darüber, damit auch andere ihre Freude daran haben. Gedacht sind nicht große und mehrseitige Artikel, eher kürzere Statements, dafür aber von jedem Typen, auch Gedichte und, bei diesem Thema mehr denn je, auch humoristische Beiträge. Bitte nehmt den Redaktionsschluss 1. März diesmal sehr ernst, es ist wieder Kirchentag und das Heft muss spätestens Mitte Mail fertig sein. Wir freuen uns schon auf eure Beiträge. Inhalt 4 Bei den Wüstenvätern zur Schule gehen 9 Ein Mensch in der Wüste 16 Wüüüste !!! 17 Abba, gib mir ein Wort 18 Eine Nacht und einen Tag in der Sahara 19 Wüstenzeit 20 Bergwüsten 23 Zwei moderne Wüstenväter – Inspirationen zur Spiritualität des Enneagramms 26 Segen des Sinai 27 Jahreshauptversammlung Rückblick 31 Termine 36 Neuer ÖAE-Vorstand gewählt 40 Buchrezensionen 45 Enneatainment 46 Das EnneaMann 47 Netzwerk Richard Rohr 48 Das Enneagramm und der interreligiöse Dialog 51 Wüsten-Erfahrungen Impressum Herausgeber : Ökumenischer Arbeitskreis Enneagramm e.V. Vorsitzende : Doris Wetzig Geschäftsstelle : Eveline Schmidt Wehlstr. 23 29221 Celle Tel+Fax (0 51 41) 4 22 34 info@enneagramm.eu Sparkasse Celle BLZ 257 500 01 Kto 4 006 813 Internet : www.enneagramm.eu Bildernachweis (jegliche Vervielfältigung nur mit vorheriger ausdrücklicher schriftlicher Genehmigung des Rechteinhabers!): Titelbild, Umschlagrückseite, 3, 5, 8, 9, 10/11, 13, 14, 15, 18/19, 26, 38/39, 41, 43, 46/47, 49, 51: Michael Schlierbach, schriftbildwort.de. S. 7: Holger Forssman. S. 20/21, 27–29, 36 oben: Hans-Peter Heinze. S. 23–25: Michael Schulz. Karikaturen S. 35: Philipp Buchheister. EnneaForum 34 Redaktion : Heike Heinze Am Graßdorfer Wäldchen 71 04425 Taucha, Tel. (03 42 98) 1 43 59 heike.heinze@enneaforum.de Co-Redaktion & Layout : Michael Schlierbach Druck : Rapp-Druck, Flintsbach, Auflage : 750 Probeexemplare und Vertrieb über die Geschäftsstelle. Enneaforum erscheint halbjährlich (Mai/Nov). Beiträge und Termine bitte bis 1.3. bzw. 1.9. an die Redaktion. Liebe Leserinnen und Leser! Wüstenzeit. Eine Zeit der Stille und Leere, der Einsamkeit. Eine Zeit, die manchmal freiwillig gesucht wird, manchen aber auch unfreiwillig überfällt. Keine einfache Zeit, aber eine Zeit, die die Chance des Wachstums in sich birgt. Einige Leserinnen haben ihre Erfahrungen mit Wüste und mit Wüstenzeiten aufgeschrieben, zu lesen ab S. 16. Dank an die engagierten Vierer- und Neunerfrauen (Was machen die anderen? Trauen sie sich nicht in die Wüste?). Wüste bzw. die Wüstenväter waren auch das Thema der diesjährigen Jahreshauptversammlung in Hünfeld, wer dort war erinnert sich an die intensive und dichte Atmosphäre, die spannenden Vorträge von Anselm Grün und Andreas Ebert und die wunderschöne Thomasmesse am Sonntagvormittag im Klostergarten. Berichte dazu findet ihr ab S. 27. Holger Forssman war so nett, das Thema Wüstenväter noch einmal für unser Heft zusammenzufassen (S. 4) und Michael Schulz stellt uns noch zwei moderne Wüstenväter daneben (S. 23) Dietrich Koller hat das Thema der Versuchungen Jesu in der Wüste aufgegriffen und enneagrammatisch weiter geführt, zu lesen auf S. 9. Außerdem ist sein neues Buch zum Thomasevangelium endlich erschienen. In diesem Heft gleich zwei Besprechungen dazu, mit ganz unterschiedlichen Eindrücken (S. 40). Ganz wichtig für uns ist natürlich auch der neu gewählte Vorstand des ÖAE. Während Rainer Fincke und Werner Lambach auf der JHV mit gebührendem Dank verabschiedet wurden, haben nun Arno Kohlhoff und Ruth Maria Michel mit ihrer Arbeit begonnen. Für dieses Heft habe ich unsere neue erste Vorsitzende Doris Wetzig und den zweiten Vorsitzenden Arno Kohlhoff interviewt. Ab S. 36 könnt ihr die beiden etwas genauer kennen lernen und von ihren Vorstellungen ihrer Arbeit für den ÖAE erfahren. Schließlich kommt auf S. 48 auch noch mal Rainer Fincke zu Wort mit seinen Vorstellungen, wie das Enneagramm im interreligiösen Dialog hilfreich sein kann. Schaut bitte auch auf die Terminseiten, es steht einiges an, vom ÖAE-Kirchentagsstand über einen Regionaltag in Köln bis hin zur Männerinitiation in Norddeutschland. Für unser Mai-EnneaForum möchte ich wieder um rege Mitarbeit bitten, und zwar von möglichst vielen unterschiedlichen Enneagrammtypen. Es ist wieder Kirchentag, das Heft soll also besonders auch für Außenstehende interessant werden. Wer neben dem vorgegebenen Thema (s. o.) noch andere interessante Beiträge hat, schicke mir sie gern zu, wie immer unter heike.heinze@enneaforum.de Zum Ende des Jahres wünsche ich euch und ihnen allen eine gesegnete Adventsund Weihnachtszeit. Herzliche Grüße Eure/Ihre EnneaForum 34 Bei den Wüstenvätern zur Schule gehen von Holger Forssman Die Anfänge des christlichen Mönchtums liegen in der ägyptischen Wüste. Dorthin zogen sich gegen Ende des 3. Jahrhunderts Einsiedler zurück, um zu fasten, zu beten und nebenher einfache Handarbeiten zu verrichten. Als es immer mehr wurden, die diesen Vätern folgten, wurden lose Siedlungen gegründet und Regeln für das Zusammenleben aufgestellt. Bereits um das Jahr 320 gab es die ersten Klöster. Frauen waren die Ausnahme, aber es gab auch Wüstenmütter und Nonnenklöster. ein paar kleine Schritte – in ihre Fußtapfen treten. Bei den Was kann ich – ein lutherischer Theologe – von den Wüstenvätern begegnet uns immer wieder das Thema des Wüstenvätern und -müttern lernen? Von evangelischen „Anfangs“. Kirchengeschichtlern werden sie eher ungünstig bewertet. Zum Wegbereiter dieser Aussteigerbewegung wurde Kein Wunder. Die Wüstenväter gingen von der selben Frage Antonius. Später nannte man ihn dafür den „Großen“. Antoaus, die auch Martin Luther umgetrieben hat: „Wie kann ich nius war ein einfacher Mann aus Mittelägypten, der vielgerettet werden?“ Aber ihre Antworten wiesen genau den leicht nie lesen und schreiben gelernt hat. Aber gerade seine Weg, den der Reformator bewusst verließ: strenge Askese, Schlichtheit machte ihn schon zu Lebzeiten zum denkbar Rückzug aus der Welt, Hinwendung zu Gott in unbedingter Einseitigkeit. Alles das hatte Martin Luther zuerst selber ver- besten Vorbild. Er sprach so, dass ihn jeder verstand. Und er konnte erklären, was das Asketenleben für einen Gewinn sucht und dann als Heilsweg abgelehnt. mit sich brachte. Das machte es anderen leichter, ihm zu Auch anderes finden wir bei diesen Vätern, was Bauchfolgen. Berühmt wurde er später vor allem, weil er so vielen grimmen verursacht: ein Zwei-Klassen-Christentum, in dem die frommen Asketen selbstgerecht auf die „Weltkinder“ „Versuchungen“ trotzte. Mich beeindruckt an ihm mehr, dass er immer bescheiden blieb und kein Eiferer wurde. herab blicken; ein Heilsegoismus, der die bedürftigen MitBetrachten wir ein paar Beispiele aus den Überlieferunmenschen aus dem Blick verliert; eine kriegerische Frömgen. migkeit, die den Kampf gegen die teuflischen Mächte in den Immer wieder kamen Ausstiegswillige zu Antonius. Er Mittelpunkt des Glaubenslebens rückt. hatte offenbar keine einheitliche Vorgehensweise, sondern Die Wüstenväter und -mütter waren freilich nicht in gab praktische Hinweise zum Anfangen, die auf die jeweilige allen Dingen einer Meinung. Zu den überlieferten Worten Persönlichkeit zugeschnitten waren. Einer Gruppe von junund Taten, die mich ärgern und wurmen, lassen sich immer gen Männern sagte er zum Beispiel „Hört die Heilige Schrift, auch Gegenbeispiele finden. Die Wüstenväter waren eigendie ist gut für euch.“ Leichter kann ein Anfang nicht sein, als ständige Persönlichkeiten. Manches, was einer gut heißt, wenn einer sagt: „Du hast doch schon mit dem ersten Schritt wird von einem anderen deutlich getadelt. Sie sind mitbegonnen. Bleib dabei und geh ihn weiter.“ Den Männern einander im Gespräch. Und deshalb laden sie ein, mit ihnen in dieser kleinen Geschichte war das ein wenig zu einfach. ins Gespräch zu kommen. Immer wieder folge ich dieser Enttäuscht sagten sie: „Auch von dir wollen wir etwas hören, Einladung, lerne von ihnen, reibe mich an ihnen, lasse mich Vater!“ Antonius nahm seinen Rat nicht zurück, sondern in Frage stellen und auf neue Gedanken bringen. gab ihnen daraufhin ein einzelnes Wort aus der Heiligen Schrift: „Wenn dich einer auf die rechte Wange schlägt, dann Vier Dinge will ich aufzählen, die ich an diesen Vätern biete ihm auch die andere dar.“ (Antonius 19) und Müttern bedeutsam finde. Die vier dazu abgebildeten Einem anderen Fragesteller gab er eine dreifache AntIkonen stellen heilige Wüstenväter dar. Sie stammen vom wort: „Wohin immer du gehst, habe überall Gott vor Augen. Dionysius-Kloster auf der nur von Mönchen bewohnten Was du auch tust, oder was du auch redest: für alles suche Halbinsel des Athos, wo man sich bis heute in dieser Nachein Zeugnis in den Heiligen Schriften. Wenn du dich an folge sieht. einem Orte niederlässt, dann entferne dich nicht leicht.“ Erstens: Anfangen (Antonius 3) Oftmals ist gar nicht das Anfangen selber die Schwierigkeit, sondern das Dabeibleiben. Die Ortsfestigkeit, Aller Anfang ist schwer. Vorbilder machen die Sache eindie Antonius empfiehlt, ist eine wertvolle Hilfe. facher. Wir können ihnen nachfolgen und – wenigstens EnneaForum 34 Dass in der einfachen Handarbeit auch eine Hilfe für das Anfangen liegt, erfahren wir aus dem Gespräch zweier anderer Wegbereiter: Altvater Moses fragte den Altvater Silvanos: „Kann der Mensch täglich einen neuen Anfang machen?“ Der Greis antwortete: „Wenn er ein Arbeiter ist, kann er sogar jede Stunde einen Anfang machen.“ (Silvanos 11) Die Handarbeit hilft also nicht nur, Ablenkungen zu vermeiden. Sie wird zum anschaulichen Zeichen dafür, dass ein Neubeginn jederzeit möglich ist. In einem weiteren Spruch erinnert uns Antonius daran, dass in jedem Anfang schon eine Vorstellung vom Ziel enthalten sein soll. Es gibt auch in der Frömmigkeit eine fruchtlose Betriebsamkeit. „Wer ein Stück Eisen hämmert, überlegt zuerst, was er machen will, eine Sichel, ein Schwert oder ein Beil. So müssen auch wir überlegen, welche Tugend wir anstreben wollen, damit wir uns nicht ins Leere bemühen.“ (Antonius 35) Zweitens: Selbsterkenntnis Damit sind wir auch schon bei einem zweiten Punkt: Welche Tugend ich anstreben will, weiß ich ja erst, wenn ich mich kenne. Die Wüstenväter bemühten sich um schonungslose Offenheit gegenüber den eigenen Schwächen. Von keinem Wüstenvater werden mehr Sprüche überliefert als von Poimen. Er wurde uralt und hatte viele Schüler. „Der Anfang“ sagt Poimen, „ist die Trauer.“ (Poimen 10) Damit meint er die Trauer über sich selbst. Der Selbstzufriedene und Selbstgerechte hat keinen Anlass zur Veränderung. Die Selbsterkenntnis geht dem eigentlichen Anfang also noch voraus. Vater Sarmata sagt dazu: „Mir ist ein Mensch lieber, der zwar gesündigt hat, aber einsieht, dass er gesündigt hat und bereut, als ein Mensch, der zwar nicht gesündigt hat, sich aber für einen hält, der Gerechtigkeit übt.“ (Sarmata 1) EnneaForum 34 In welchem Maße die Wüstenväter zur Selbstkritik fähig waren, zeigt folgende Geschichte: Vater Olympios nahm einmal über Nacht einen heidnischen Priester bei sich auf. Der war sehr beeindruckt vom asketischen Leben der Mönche und fragte: „Seht ihr bei solchem Verhalten nichts von eurem Gott?“ Olympios antwortete „Nein“. Da sprach der Priester: „Wenn wir in unserem Tempel Dienst tun und opfern, offenbart unser Gott uns seine Geheimnisse. Und ihr nehmt ohne Ergebnis so viel Mühe auf euch. Sicher habt ihr schlechte Gedanken, die euch von eurem Gott trennen.“ Olympios berichtete von diesem Erlebnis den Altvätern. Diese wunderten sich über die Weisheit des Heidenpriesters und bestätigten: „So ist es, die unreinen Gedanken trennen Gott vom Menschen.“ (Olympios 1) Gerne suche ich in den Überlieferungen auch nach Einsichten, die mich selber treffen. So ist für mich als Herztyp ein Ausspruch der Wüstenmutter Sarrha bedeutsam geworden, der von großer Selbsterkenntnis zeugt: „Wenn ich Gott anflehe, dass ich mit den Menschen gut stehe, dann wird man mich vor der Tür eines jeden finden, um Buße zu tun. Aber noch mehr werde ich bitten, dass mein Herz gegen alle rein sei.“ (Sarrha 5) Ich verstehe das so: In dem Wunsch nach Liebe und Anerkennung („dass ich mit den Menschen gut stehe“), begegne ich meiner eigenen Bedürftigkeit. Ich muss erkennen und zugeben, dass ich immer in Versuchung stehe, Menschen zu manipulieren und das auch oft getan habe. In der Bitte „dass mein Herz gegen alle rein sei“ wende ich mich an Gott mit dem Wunsch, dass er mich frei macht, anderen Menschen offen zu begegnen, ohne heimliche eigene Absichten. Und Vater Ammonas zeigt mir in einer Begebenheit, wie frei er sich von der allgemeinen Meinung gemacht hat. Einmal kamen Leute, um sich von ihm Recht sprechen zu lassen. Er aber stellte sich dumm, um sich nicht in ihre Angelegenheiten verwickeln zu lassen. Da trat eine Frau nah an ihn heran und rief: „Dieser Alte ist verrückt!“ Ammonas sagte zu ihr: „Ich habe mir in der Einsamkeit viel Mühe gegeben, diese Verrücktheit zu erlangen, nun will ich sie nicht deinetwegen heute wieder verlieren.“ (Ammonas 9) Aber auch die Selbstkritik hat Grenzen. Darauf weist der Wüstenvater Agathon hin. Er war weit und breit für seine Milde und Freundlichkeit bekannt. Es wird erzählt, dass einmal Besucher kamen, um ihn zu reizen und damit das Maß seiner Geduld zu erforschen. „Bist du Agathon?“ fragten sie ihn. „Wir haben gehört, du seist ein geiler Bock.“ – „Ja, so ist es!“ sagte Agathon in aller Ruhe. Andere gaben vor, noch mehr Gerüchte gehört zu haben. „Es heißt, du seist ein stolzer Mensch, ein Schwätzer, ein Verleumder…“ Alle diese Vorwürfe hörte Agathon sich an und bestätigte sie: „Das bin ich.“ Erst als einer sagte: „Dann bist du also Agathon der Ketzer“, widersprach er. „Ein Ketzer bin ich nicht.“ Als sie daraufhin in ihn drangen und wissen wollten, warum er sich die anderen Anschuldigen alle gefallen ließe, sagte er: „Diese nutzen meiner Seele. Aber Ketzerei … das ist die Trennung von Gott, und ich will nicht von Gott getrennt sein.“ (Agathon 5) EnneaForum 34 Drittens: Einfachheit In der Wüste ist das Leben auf das Grundsätzliche beschränkt: Trinken und Essen, Schutz vor Hitze und Kälte. Durch ihre einfachen Handarbeiten (Seile oder Körbe flechten, Netze knüpfen, Matten weben) und feste Gebetszeiten nach dem Sonnenstand haben die Väter und Mütter des Mönchtums die Ablenkungen von außen noch weiter vermindert. Von ihnen zu lernen, heißt auch, in die Schule der Einfachheit und Anspruchslosigkeit zu gehen. Drei von den Vätern hatten die Angewohnheit, jährlich gemeinsam zu Antonius zu kommen. Zwei von ihnen trugen ihm bei dieser Gelegenheit ihre Gedanken vor, um sie beurteilen zu lassen. Außerdem hatten sie Glaubensfragen, die sie an ihn richteten. Der dritte kam immer mit, sagte aber kein Wort. Nach vielen Jahren wandte sich schließlich Antonius an ihn: „Siehe, jetzt kommst du schon so lange Zeit hierher und fragst mich nichts.“ Er aber gab ihm zur Antwort: „Es genügt mir schon, dich zu sehen, Vater!“ (Antonius 27) Die Väter und Mütter haben in der Wüste also nicht nur die körperlichen Bedürfnisse reduziert. Das einfache Leben ermöglichte ihnen auch, einfach zu denken. Das zeigt unter anderem die häufig gegenüber Älteren vorgetragene Bitte „Gib mir ein Wort!“ Ein Gedanke auf einmal genügt. Mit diesem geht man dann wieder in die Einsamkeit. Erst wenn er eingedrungen, durchgekaut und verarbeitet ist, macht man sich wieder auf den Weg und holt sich ein neues Wort. Manche Väter spendeten bereitwillig solche Worte. Andere waren mit der Zeit so versunken, dass es schwierig wurde, sie zu Äußerungen zu bewegen. Zu den großen Schweigern gehörte Vater Pambo, der von sich sagen konnte: „Seit ich mit Gottes Gnade der Welt entsagt habe, hat mich kein Wort gereut, das ich gesagt habe.“ (Pambo 5) Allerdings heißt es von ihm eben auch, dass er nie auf der Stelle antwortete und wenn einer ungeduldig weiterfragte, ganz verstummte. (Pambo 9) Um so wertvoller sind dann die einzelnen Worte, die von ihm überliefert werden. Zum Beispiel sagte er zu Vater Theodor von Pherme, der ihn um ein Wort gebeten hatte, nach langer Zeit und mit viel Überwindung: „Theodor, geh, und hab mit allen Erbarmen.“ (Pambo 14) Ein anderes Mal sprach er: „Wenn du ein Herz hast, kannst du gerettet werden.“ (Pambo 10) Vater Paphnutios erzählte, wie er selber die Einfachheit gelernt hat: Als ich ein junger Mönch war, lebten die Altväter noch. Ich pflegte zweimal im Monat zu ihnen zu gehen – die Entfernung betrug 12 Meilen – um ihnen mein ganzes Denken darzulegen. Sie gaben immer die selbe Antwort: „An welchen Ort du auch hinkommst, vergleiche dich nicht mit anderen, und du wirst Ruhe finden.“ (Paphnutios 3) Viertens: Herausforderung Gerne lasse ich mich von den Wüstenvätern und -müttern zu Anfängen ermutigen. Auch Selbsterkenntnis und Einfachheit möchte ich bereitwillig von ihnen lernen. In manchen anderen Dingen fällt es mir sehr schwer, ihnen zu folgen. Ich ärgere mich über sie und empfinde den Wunsch, zu ihnen und ihren Verhaltensweisen deutlichen Abstand zu wahren. Meine Widerstände können allerdings auch Hinweise auf Punkte sein, an denen ich das Lernen besonders nötig habe. Antonius der Große Euthymios der Große Theodosiud der Koinobiarch Johannes vom Sinai EnneaForum 34 Ein Beispiel für diese Herausforderung möchte ich an den Schluss stellen. Die Überlieferungen aus der Wüste erwähnen zahlreiche Beispiele für vorbildlichen Gehorsam. Mich Autoritäten unterzuordnen ist mir immer schon schwer gefallen. Mit zunehmendem Alter wird es nicht leichter. Im Gegenteil. Darum plage ich mich mit den Überlieferungen zum Thema Gehorsam, ärgere mich und lasse mich in Frage stellen. Da gibt es eine Geschichte vom Altvater Zacharias, der besonders mystisch begabt war. Als er eines Tages eine Vision hatte, ging er zu Vater Karion, der eher als Mann der Tat bekannt war. Karion hatte kein Verständnis für den feurigen Bericht. Seiner Ansicht nach kamen Visionen von Dämonen und führten Menschen in die Irre. Zacharias ging zurück an seinen Ort, aber der Gedanke blieb. Also wandte er sich an Altvater Poimen und berichtete ihm von der Vision und den Gedanken, die seither in ihm brannten. Poimen erkannte sofort, dass Zacharias eine Botschaft von Gott empfangen hatte, schickte ihn aber weiter und sagte: „Geh zu einem dritten Altvater. Was der dir sagt, das tue.“ Dieser – in der Geschichte hat er keinen Namen – empfing Zacharias, noch ohne von ihm gehört zu haben, mit den Worten: „Du hast etwas von Gott geschaut. Aber geh hin und unterwirf dich deinem Vater!“ (Zacharias 4) Zacharias wird getadelt, weil er die Meinung von Vater Karion nicht gelten lassen will, obwohl er ihn selber um Rat gefragt hatte. Der unbekannte Altvater – und wahrscheinlich auch der berühmte Poimen – schätzen den Wert des Gehorsams höher ein als die Vision des Zacharias. Der ist im Recht. Aber vielleicht sehen die Väter die Gefahr, dass er es sich zur Gewohnheit macht, so lange andere um deren Meinung zu fragen, bis er an einen kommt, dessen Rat ihm gefällt. Das könnte mir jedenfalls unterlaufen. Ich neige dazu, nur die um Rat zu fragen, von denen ich mir passende Antworten erwarte. Die Schule des Gehorsams geht einen anderen Weg. Hier habe ich etwas zu lernen. EnneaForum 34 Ein anderes Beispiel: Der junge Johannes Kolobos zog sich zu einem ägyptischen Greis in die Wüste zurück, um ein Einsiedlerleben zu führen. Dieser Vater nahm ein dürres Stück Holz, pflanzte es ein und trug seinem Novizen auf, es täglich mit einem Eimer Wasser zu begießen „bis es Frucht bringt“. Sie waren so weit vom Wasser entfernt, dass Johannes seine Nachtruhe opfern musste. Spätabends ging er los, um frühmorgens zurückzukehren und den trockenen Ast zu begießen. Nach drei Jahren kam Leben in das Holz und noch später trug es Früchte. Die erste Frucht pflückte der Alte und brachte sie in den Gottesdienst mit. Dort sprach er zu den versammelten Brüdern: „Nehmt und esst die Frucht des Gehorsams!“ (Johannes Kolobos 1) Diese Erzählung scheint zunächst von einer sinnlosen Plackerei zu berichten, ja sogar von einem bösen oder grausamen Spiel. Der Neuling wird jahrelang gedemütigt und gequält. Er tut mir herzlich leid. Ich möchte nicht an seiner Stelle gewesen sein. Die Geschichte lohnt aber einen zweiten Blick. Das Ziel des Lehrmeisters ist nicht die Frucht aus dem dürren Ast, sondern „die Frucht des Gehorsams“. Johannes bekommt in diesen Jahren des Gehorsams die Gelegenheit, an sich selber zu arbeiten. Er nimmt sie wahr und hat am Ende etwas hervorgebracht, von dem er nicht wusste, dass es in ihm steckte. Dass mich der Gehorsam zu verborgenen Möglichkeiten des Wachstums führt, habe ich noch zu lernen. Ein letztes Beispiel: Vier Wüstenmönche kamen einmal zum bedeutenden Altvater Pambo. Jeder von ihnen lobte die Tugenden der drei anderen. Der eine war ein großer Faster, der zweite liebte die Armut, der dritte hatte es in der Nächstenliebe weit gebracht. Vom vierten sagten sie nur, dass er seit zweiundzwanzig Jahren einem Altvater diene. Pambo antwortete ihnen: „Die Tugend dieses letzten ist die größte. Jeder andere von euch hat seine Tugend frei gewählt. Er aber hat auf seinen Willen verzichtet und folgt dem eines anderen.“ (Pambo 3) Eine schöne Geschichte für Enneagrammkundige. Wie leicht halte ich das für meine Tugend, was ich besonders gut kann! Dafür lasse ich mich auch besonders gerne von anderen loben. In Wirklichkeit steht mir meine Tugend gar nicht zur Verfügung. Meistens erkenne ich sie nicht einmal selber. Sie tritt unwillkürlich ans Licht. Andere freuen sich daran. Welche Tugend steckt in mir? Das könnte sich zeigen, wenn ich weniger meinem eigenen Willen folgte. Ich habe bei den Wüstenvätern und -müttern noch nicht ausgelernt. Ein Mensch in der Wüste Die neun Versuchungen Jesu von Dietrich Koller I Wüste Wüste – kein schönes deutsches Wort für eine majestätische Schönheit. Desert – im Englischen klingt es schon interessanter. Kommt aus dem Latein. desero – sich aus der Verbindung mit Personen oder Sachen lösen. Ein desertor ist ein Ausreißer, ein Deserteur, ein Verräter an der Kultur der Verbindlichkeit. Endlich frei, endlich allein! Endlich angelangt, wo es keine Ablenkungen gibt, dem Wichtigsten zu begegnen: Mir selbst - und das heißt zugleich: Gott selbst. Auf griechisch heißt ein solcher Mensch mit spirituellen Absichten Eremit; ereemos ist die (überwiegend gefährliche) Einsamkeit. Oder Ana-Choret, der zurückgezogen Lebende. Heute besucht man die Wüste touristisch, motorisiert oder mit Kamelen. Der Stadtmensch (auch auf dem Dorf bist du heute ein Stadtmensch) sieht in seiner künstlich erhellten Nacht nie den überwältigend leuchtenden Sternenhimmel. Du lebst in einem Dauergeräuschmantel, in einem technischen Tinnitus ohne Ende und erlebst kaum die Tiefe einer völligen Stille. Auch in dir selber ist es selten still. So sehnst du dich nach der Wüste, aber gleichzeitig vermeidest du sie. Du willst dich von ihrer Übermacht bis an deine Grenzen herausfordern lassen, und doch hängst du an deinen lieben Gewohnheiten. Die Wüste ist eine Welt für sich, gleichsam ein anderer Planet. Es gibt Sandwüsten mit ihren grandios gekurvten Sicheldünen, blendend hell auf der Sonnenseite, tief schwarz auf der Schattenseite. Immer weht ein zarter Sandschleier an den Hängen der unmerklich wandernden Dünen. Es gibt Steinwüsten, mit Aberbillionen von nie gleichen Steinchen, einer schöner in Form und Farbe als der andere, glatt poliert von Wind und Sonne. Auch versteinerte Schneckenhäuschen EnneaForum 34 dort, wo vor Millionen Jahren mal ein Meer war. Es gibt schwarze Wüsten, weiße Wüsten, gelbe, Wüsten, rosa Wüsten. Wüsten mit bizarren, pilzartig erodierten Felsgestalten. Es gibt harte Ebenen, die vor zehntausend Jahren Savannen mit Nilpferden waren; du kannst noch die Faustkeile und Speerspitzen an den Rastplätzen der Jäger und Sammler finden, unberührt bis zu dem Moment, wo der Jeep darüber braust. Kommst du weit genug in die ägyptisch-lybische Sandwüste, die Sahara, findest du, wenn du Glück hast, kleine oder gar faustgroße, in der Sonne grünlich leuchtende Glassteine. Es ist extra-terristisches, buchstäblich überirdisches, chalzedon-artig leuchtendes Glas, nicht von Menschen geschmolzen, sondern von einem verdampfenden und flüssig gewordenen Meteor vor 19 Millionen Jahren stammend. So ein unberührtes Silicium hob ich vom Erdboden, als sei ein Stück vom Perlentor des himmlischen Jerusalem vor meine Füße zur Erde gefallen. Du kannst auch, kurz bevor du sinnlich wahnsinnig wirst, anfangen, die Anzahl der Sandkörner in deiner Hand zu schätzen. Du verstehst, dass dein Tagwerk zuhause dem einer Wüsten-Ameise gleicht, die von früh bis Nacht nur Sandkörner ein paar Zentimeter von einem Ort zum andern schleppt. Bestenfalls bist du ein Käfer, der seine Eier in seinen Mist legt und durch den Sand vor sich hin rollt. (Die Pharaonen hielten den Skarabäus für ein Symbol des ewigen Lebens und ließen ihn aus lybischem Meteorglas nachbilden.) Nein, du wirst klein und bescheiden. Aber das Viele wird dir eins. Du würdest nie an viele Götter glauben, nur noch an den All-Einen. Du staunst über das eigentlich unmögliche Wunder des Lebens. Die Zeit steht still, Gegenwart ist göttlich, denn Gott ist gegenwärtig. Du wirst nicht depressiv, du wirst glücklich - fürs erste; aber dahinter lauert der Wahnsinn und der Tod durch Verdursten. Aber ich will ja gar nicht von meinen winzigen Wüstenerfahrungen sprechen, in Ägypten, im Sinai, in der marokkanischen Sahara. Ich will von Jesus in der Wüste sprechen. II Dämonenluft Der erste historisch ziemlich genau bekannte Christ, der wie Jesus „vom Geist getrieben“ in die Wüste ging, war der etwa 24 jährige ägyptische Jüngling Antonius aus Kome, einem Fellachendorf im Niltal zwischen Alexandria und Luxor. Antonius der Große wurde 105 Jahre alt (251 bis 356). Nach dem Tod seiner Eltern verkaufte er seinen geerbten Bauernhof. Der Analphabet hatte im Gottesdienst das Evangelium vom Reichen Jüngling vernommen, der es trotz seiner Sehnsucht nicht schaffte, Jesus nachzufolgen. Seine Sehnsucht war offenbar größer. Es war die Sehnsucht nach Jesus in der Wüste. Keiner der Freunde ging mit. „Dafür gibt es keine Tradition!“ sagten sie und warnten ihn. Antonius war kein Weltflüchtiger, kein Kulturverächter, kein Abenteurer. Aber ein Radikaler. Er wollte Klarheit über sich selbst und über Gott selbst. Es ging ihm offenbar wie dem stoischen Philosophen, die von sich sagten: Immer wenn ich unter den Menschen verweile, komme ich unmenschlicher draus hervor; er meinte wohl: geschwätzig, eitel, verärgert, eingeschüchtert, aufgewühlt, lüstern, furchtsam jedenfalls durch alle „Todsünden“ von „Gott“ getrennt. Das eigene Seelenmuster und das Muster der anderen verunmöglicht 10 EnneaForum 34 die reine Begegnung. Nicht den Menschen wollte Antonius entfliehen, nicht sich selber wollte er entfliehen, er wollte sich dem Muster stellen und sich davon befreien. Das war eine kopernikanische Wende von außen nach innen. Zehntausende sind ihm später darin gefolgt, die vielen bekannten und die zahllosen unbekannten Wüstenväter (Abbas) und Wüstenmütter (Ammas) des 3. bis 7. Jahrhunderts in der ägyptischen, syrischen und judäischen Wüste. Es war ein 500jähriger spiritueller, mitunter modischer Wüstentrend, in dem auch Tausende körperlich, nervlich und geistlich zugrunde gingen. Denn: die Wüste ist erst einmal der Ort der Dämonen. Ob die Touristenscharen das merken, wenn sie heute zu den erneuerten und wieder voll besetzten koptischen Wüstenklöstern pilgern und sich dort von jüngeren, oft akademisch gebildeten Mönchen betreuen lassen . . .? Ich will hier kurz die Dämonenerfahrung des Antonius wiedergeben, wie sie sein Biograph, der große Konzilsbischof Athanasius von Alexandrien überliefert hat. Dämonen, Dämonien – es gibt sie und es gibt sie nicht. Sie sind körperlos, aber erscheinen tiergestaltig. Sie sind pure Luft, aber sie können einen halb zu Tode prügeln. Sie sind Phantome in den Nerven, aber auch Phantomschmerzen können rasend sein und die Muskeln lähmen. Der Böse bläst sich gewaltig auf („Böse“ und „Blase“ sind wortverwandt), aber „ein Wörtlein kann ihn fällen“ - wie ein Nadelstich in einen Luftballon. Die Dämonen sind mehr als nur animalische Symbole für die menschlichen Triebe und Leidenschaften. Sie sind eine okkulte Realität, aber sie haben keine eigene Wirklichkeit, sie können nur bluffen. „Als ob...“ ist die gängige Formel, mit denen Antonius dem Athanasios ihre Wirksamkeit beschrieb. Sie haben keinen realen, von Gott erschaffenen Körper, sie sind gefallene Engel und brauchen einen menschlichen Körper und eine menschliche Seele, um sich zu realisieren. Sie benötigen die schlechten Gedanken der Menschen, unsere negativen Gefühlsreaktionen das sind die begehrten Einfallstore der nichtigen Geister. Neurologisch passiert alles an den Synapsen, den Verbindungspunkten, wo eine Erregung überspringt von einem Neuron auf ein anders oder auf ein Organ. An den Nervenenden sind wir „versuchlich“ zum Guten oder zum Bösen. Wenn sich die „Dämonen“ in unsren ungeheilten Seelenwunden einmal festgesetzt haben, automatisieren und tyrannisieren sie uns, obwohl sie eigentlich „Nichtse“ sind. Die großen Maler der Versuchungen des Hl. Antonius (M.Grünewald, H. Bosch, Max Ernst) sind fasziniert von den im Wortsinn „phantastischen“ Erscheinungsbildern der Dämonen; aber leider malen sie Antonius immer als wehrlosen Greis, ein am Boden liegendes Opfer der brutalsten Überfälle. In Wahrheit war der gealterte Antonius immer Herr über die Dämonen. Nur der junge Mann, der Anfänger bis zu seinem 35. Lebensjahr, der sich zuerst in eine leere tem- pelchenartige Grabgruft am Dorfrand und dann in ein verlassenes römisches Kastell am Rande der Wüste eingeschlossen hatte, der lag hilflos am Boden und lernte, die Peinigungen zu ertragen und ihr Wesen zu erkennen. Nach zwanzig Jahren , in denen ihn die Dämonen immer verzweifelter anschrieen: „Geh weg aus unserem Reich! Was hast du in der Wüste zu schaffen!“ – trat Antonius aus seiner Verschanzung „wie aus einem Heiligtum hervor, eingeweiht in tiefe Geheimnisse und von Gott erfüllt.“ Die sich um das Schanzwerk versammelt hatten, „wunderten sich, dass er keine Spuren vom Fasten noch vom dem Kampf mit den Dämonen zeigte... Die Verfassung seines Inneren aber war rein, denn weder war er durch den Missmut grämlich geworden noch in seiner Freude ausgelassen ... er war vielmehr ganz Ebenmaß, wie vom Geist der nüchternen Überlegung geleitet, und sicher in seiner ihm eigenen Natürlichkeit.“ Der Bericht sagt weiterhin, dass der Herr nun durch Antonius Kranke heilte, Dämonisierte reinigte, durch seine freundliche Rede Depressive tröstete und Zerstrittene versöhnte. Viele gewann er für ein Leben in der Wüste - „und die Wüste bevölkerte sich mit Einzelgängern (monachoi), die ... sich einzeichneten für das Leben im Himmel.“ (Kap.14) Antonius hat immer betont, „das Werk ist leicht“, es sei keine schwere Arbeit, der schlechten Geister Herr zu werden kraft der in uns wohnenden, von Gott geschaffenen „Natur.“ Sie ist eine spirituelle Kraft, eine kriegerische Energie, lateinisch virtus, griechisch aretee genannt, die in jedem Menschen meist ungenutzt und untrainiert „virtuell“ vorhanden ist. (Kap.20). Und mit der Geistesgabe der Unterscheidung könnten wir lernen, „welche von den Geistern weniger böse sind, welche schlechter, mit welcher Aufgabe sich jeder von ihnen besonders eifrig beschäftigt, wie jeder von ihnen verscheucht und vertrieben werden kann.“ (Kap.22) Es ist auch zu unterscheiden, was ich tun soll, „wenn die Leidenschaften an mich herankommen? Soll ich ihnen widerstehen oder sie eintreten lassen?“ Zu dem, der schon in der Meisterschule ist, sagt der Altvater Joseph: „Lass sie eintreten und kämpfe mit ihnen!“ Aber zu den, der noch Lehrling ist und ungeübt, warnt derselbe Seelsorge vor näherer Einlassung: „Lass sie ganz und gar nicht hereinkommen, sondern haue sie auf der Stelle fort!“ (Apophtegmata Nr. 386). Dazu muss keiner in die Wüste gehen, aber täglich in die Stille. Keiner muss asketische Leistungen vollbringen, aber dauerhaft in der Übung der Wahrnehmung und Unterscheidung seiner Gedanken, Gefühle, Worte und Werke verbleiben. Keiner muss besonders fromm sein (es gibt ja auch religiöse Geister, Fundamentalismus genannt); aber jeder braucht die Anrufung des Namens dessen, der die Geister benannt und gebannt hat und einst erlösen wird. Darum will ich nicht länger bei Antonius dem Großen verweilen, sondern zu einem Größeren kommen: Jesus von Nazaret. III Jesus in der Wüste „… und sofort (nach Jesu Taufe und Geistempfang am Jordan) trieb ihn der Gottesgeist in die Wüste hinaus und er war in der Wüste 40 Tage lang versucht vom Satan und war bei den wilden Tieren und die Engel bedienten ihn.“ (Mk 1,12 f) „Sofort!“ Wem sich der Himmel aufgetan hat, der wird EnneaForum 34 11 schier gleichzeitig in seinen eigenen Abgrund schauen können und müssen. Wer keinen Funken Heiligen Geistes hat, braucht nicht getestet werden, er gehört eh schon zu den Besiegten. Wer auf eigene Faust in die Wüste geht, um spirituelle Erfahrungen zu machen, wird besiegt werden. Das ist tausendfache Erfahrung der Wüstenmönche. Jesus begibt sich nicht aus eigenem Antrieb in die existentielle und spirituelle Gefahrenzone. Er wird vom Hl. Geist hinausgetrieben. „Welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Söhne und Töchter.“(Röm 8,14) Getrieben sein, das ist eines der bevorzugten Worte Luthers. Alle Sprüche und Erzählungen der Gesamtbibel sind ihm ein einziger Beweis für den unfreien Willen. Der Mensch ist ein Wesen, das nur zum Schein einen freien Willen hat, ein Gaul, der entweder vom Teufel oder von Gott zugeritten wird. Ein humanistisches „Zwischenreich“, für den liberalen Humanisten Erasmus wichtig, kennt der anfechtungserfahrene Luther nicht. In unsrer Ersten Geburt werden wir vom Ego (vom Nichtigen und Illusionären) getrieben, in unsrer Zweiten Geburt vom Wahren Selbst (vom göttlichen Seinsgrund). Die Lehre vom unfreien Willen ist für Luther der Kernpunkt der Frohbotschaft: Die Alleinwirksamkeit der Gnade als die höchste und letzte Kraft im Universum bestimmt alles, wirkt auch durch unser Böses, ihr muss auch der Teufel wider willen dienen. Wir werden erlöst von der Illusion, wir könnten uns aus eigener Kraft vervollkommnen oder könnten andere Menschen mit unserem Willen und nach unsren Vorstellungen bekehren. Ohne die Erfahrung vom unfreien Willen gibt es auch keine Erfahrung eines durch die Gnade befreiten Willens. Die Gnade des Hl. Geistes treibt uns in die Anfechtungen, die Gnade des Geistes stürzt uns in die Niederlagen unsres heillosen Ego und schenkt uns darin die Auferstehung einer neuen Identität. Antonius hat es allen seinen Schülern immer wieder gesagt: „Nehmt die Versuchung weg und ihr nehmt eure Erlösung weg!“ Abbas Poimen sprach: „Die Dämonen kämpfen nicht mit uns, solange wir unseren Willen tun. Denn unsere Willensneigungen sind die Dämonen, und sie sind es, die uns bedrängen, unseren Willen zu tun. Wenn du aber sehen willst, mit wem die Dämonen kämpfen: Mit Moses und seinesgleichen!“ (Apophtegmata patrum Nr. 641) Und nun erscheint also mutterseelenallein ein neuer Mensch mosesgleich in der Wüste, ein geistgetaufter, geistgetriebener, damit er, ja genau dies ist der göttliche Wille, damit er mit allen Versuchungen der adamitischen Menschheit angegriffen wird. Er sollte, meint der Hebräerbrief (4,15), „mitleiden können mit unsren Schwächen“; darum musste er versucht werden „in allem!“ „So wie wir!“ 40 Tage hält er es aus, jeder Tag eine stellvertretende Reue und Buße für ein Jahr des Versagens Israels in der Wüstenzeit. 40 Tage kann der Mensch ohne Schaden fasten. Dann setzt eine irreversible Schädigung der Gehirnzellen ein. Die Wüste hat 40 Tage geschwiegen. Jesus hat geschwiegen, die Dämonen haben geschwiegen, vielleicht hat Gott auch geschwiegen. Große Stille. Wir kennen das: Erst wenn wir ganz still geworden sind, auch unsre Gewohnheitsgebete aufgehört haben, dann kommt - ja dann kommt erst einmal 1 EnneaForum 34 ein Überfall an innerer Geschwätzigkeit, auch religiöser Art, an inneren Bildern, auch völlig abstruser und zwanghafter Art. Alle schlafenden Ungeister, von deren innerer Existenz wir bisher nichts ahnten, steigen in uns hoch. Darum ist die Stille eine spirituelle Macht. Spirituell ist nicht dasselbe wie geistlich. Spirituell ist auch der Teufel, er gibt sich sogar fromm und bibelfest. Nun also taucht er vor Jesu Augen auf. Oder müssen wir nicht besser sagen: in Jesu Psyche taucht er auf, als des Menschen Jesu eigene Potentialität, eigene mögliche Sünde (nur – meint der dogmatisch und nicht psychologisch denkende Hebräerbrief – „nur ohne Sünde“, also ohne dass Jesus eine ihm mögliche Eigenmächtigkeit realisierte.) Sollen wir uns den Schatan (eine persisch-hebräische Bezeichnung für „Versucher“) als leibhaftige Erscheinung, eine Intelligenz mit Pferdefuß und Tierschwanz vorstellen? Handelt es sich vielleicht eher um den eigenen inneren „Schatten“ des Menschen Jesus? Wenn’s nicht so wäre, müssten wir dann nicht an der wirklichen Menschwerdung Gottes in Jesus zweifeln? Nichts Menschliches war ihm fremd. Daher seine spätere Erbarmungsfähigkeit. Der versucherische Angriff beginnt (nach Wüstenvätererfahrung) meistens zuerst am (bzw. im) Körper, dann am (bzw. im) Herzen, dann am (bzw. im) Geist - drei konzentrische Kreise der zu erstürmenden „Seelenburg“. Die Evangelisten Matthäus und Lukas haben in je verschiedener Weise versucht, dies innere Geschehen frei zu erzählen. Kein Mensch war Augenzeuge und es gibt auch keinen autobiographischen Bericht Jesu. So wage ich aufgrund des Ennegramms mit seiner Lehre über die neun Hauptsünden eine freie theologisch-psychologische Erzählstudie, selbstverständlich ohne Anspruch auf Historizität und ohne die unvergleichliche Fähigkeit der Evangelisten, knapp und keusch verdichtet, Wahrheit zu „dichten“. IV Die dreimal drei Versuchungen Jesu Sofort nach seiner Taufe im Jordan wurde Jesus vom Geist Gottes in die Wüste getrieben, um von Satan, dem Prüfmeister Gottes getestet zu werden. Vierzig Tage schwieg die Wüste, schwieg Jesus, schwieg Gott, schwiegen die Geister. Da versank er in der glühenden Mittagshitze seines 41. Wüstentages in eine große Leere. Ein Geist unendlicher Trägheit suchte seine Eingeweide auf. Die Schwerkraft der Erde überwältigte ihn, bis er willenlos auf dem Sandboden lag, über ihm eine kaum wahrgenommene unbarmherzige Sonne. Ein schwermütige Stimme sprach in seiner Leber: „Es ist alles so maßlos traurig. Gib auf, du bist nicht besser als deine Väter!“ Da durchzuckte ihn ein Blitz, als hätte ihn ein Engel berührt. Er sprang auf mit den Worten: „Tödliches Selbstmitleid, verschwinde! Ich habe noch einen langen Weg vor mir!“ Kräftig ausschreitend durchmaß er den Nachmittag bis zum Abend und schlief die Nacht über unter einem Tamariskenbaum in tiefem Frieden. Doch am Morgen des 42.Tages erwachte er mit einem fressenden Hunger im Gedärm, als säße ein Geist der Gier hinter seinem Nabel. Galiläas Basare mit ihren Broten und Fischen, Feigen und Trauben, Käse und Oliven tauchten vor ihm auf. Zorn über seinen Hunger, über die Unerreichbarkeit eines asketischen Ideals, über die Abgezehrtheit seines athletischen Körpers erfüllte ihn. Ingrimmig ergriff er einen rotbraunen, vom Wüstenwind rund geschliffenen Stein und schrie ihn an: „Verflucht seist du, wenn du mir nicht zum Brote wirst!“ (vgl. Matth 21,19) Schon wollte er wütend seine Zähne in den Stein schlagen, als der Geist des Fanatismus ihm zurief: „Nur zu! Du bist der Übermensch, der alles kann!“ Als Jesus das hörte, hielt er blitzartig inne, spie den Stein aus und erwiderte: „Kein Mensch lebt vom Brot allein. Wir leben zuerst und zuletzt vom Wort des Lebens aus dem Munde des Schöpfers. Gepriesen seist du, Gott des Lebens!“ Und siehe, da verlor sich die Gier, auch wenn der Hunger noch blieb. Er wusch seinen Körper mit dem nachtkühlen Sand. Da sah er im Schatten der Tamariske die weißen Kügelchen des zarten Manna, wie sie täglich mit dem Morgentau und den süßen Sekreten der Blattgallerte zu Boden fallen. Er nahm sie, sah auf zum Himmel, dankte und ließ sie sanft auf der Zunge zergehen. Dabei wurde ihm klar, dass er niemals für sich selber ein Speisungswunder tun wollte, sondern nur dem Volk zuliebe, das Hunger hat auf Gottes Wort und Gerechtigkeit. In der Nacht zum 43. Tag verwunderte er sich über die Erregung seines Geschlechts und noch träumenden Auges sah er die berückende Schönheit der vielbrüstigen Aschera. Sie trug das Antlitz seiner Jugendfreundin aus Magdala, die streckte ihre Arme nach ihm aus. Er wich zurück mit den Worten: „Rühre mich nicht an, ich bin noch nicht an meinem Ziel!“ Sich umdrehend stieß er auf einen Türsteher, der sprach mit feierlicher Stimme: „Komm herein, siehe, sie ist deine Göttin, nimm sie, denn du bist ihr Gott!“ Jesus erwiderte kalt: „Vielleicht bin ich schwul.“ - und ging an ihm vorüber. Auch der Traum war vorüber. Er stand vom Nachtlager auf, erhob seine Arme zum Sternenhimmel und rief in die Wüstennacht hinauf: „Mein Abba, du meine Amma, ich liebe dich!“ Da strömte in ihn ein Geist der Liebe, der ihn für immer bedingungslos zum Männerfreund, zum Frauenfreund und zum Kinderfreund machte. Da nun Jesus wusste, dass er gegen Satan bis jetzt nur die Zone seines Leibes behauptet hatte und dass nun die Prüfungen des Herzens kommen würden, die denjenigen nicht widerfahren , die schon auf körperliche Weise mitsamt ihrer ganzen Kultur niedergestreckt sind – da wappnete er sich für den 44. Tag. Er gelangte an eine Oase, an der sich allerlei beduinische Händler und jüdische Siedler eingefunden hatten. Er gesellte sich zu ihnen, bekam frisches Wasser und Datteln geschenkt und hörte ihren Gesprächen zu. Sie redeten zuerst von Krankheiten und Missernten, dann von Steuerlasten und Rechtsbrüchen, von Militärgewalt und Priesterherrschaft und schließlich vom Ausbleiben des Messias. Das ging Jesus zu Herzen und es war ihm, als trüge ihn sein Herz nach Jerusalem auf den heiligen Berg und auf die höchste Zinne des Tempels. Und er sah im Geist unter sich eine riesige Volksmenge, die schaute auf zu ihm und er hörte ihre Sprechchöre: „Komm Heiland hilf! Komm, spring herab, dann wollen wir dir folgen!“ Sein Herz schlug im Vorgefühl des Erfolges. Es sang in ihm der Psalm: „Denn er hat seinen Engeln befohlen über dir, dass sie dich auf Händen tragen!“ Schon wollte er springen, um ein Bad in der Menge zu nehmen und sich als Führer des Volkes feiern zu lassen, da ging ein Blitz durch sein Herz, die betrügerischen Bilder verschwanden und er begriff: „Ich darf meinen EnneaForum 34 1 Gott nicht zu meinen Zwecken herausfordern ich darf ihn nicht zu eigenem Ruhme missbrauchen! Ich darf mein Volk nicht durch Schauwunder verführen!“ Als er wieder den Rastenden lauschte und es um die jüngsten Folter- und Kreuzigungsgeschichten ging, überkamen ihn neue Bilder und er sah sich hoch an einen Pfahl gefesselt hängen und die Priester und Theologen unter ihm riefen hinauf: „Steig herab vom Pfahl, dann wollen wir dir glauben!“ Er aber wollte nicht springen, sondern erwartete seinen Tod und seine Auferweckung durch die Hand Gottes. Da wurde sein aufgewühltes Herz ganz ruhig und er erhob sich und verließ die Oase und ging mit gefülltem Beutel und gefüllter Flasche wieder in die Wüste hinaus. Am 45.Tag sah er auf seiner Wanderung einen sterbenden Hirten liegen, beugte sich über ihn, gab ihm zu trinken, so viel noch in der Flasche war, hob ihn auf seinen Rücken und trug den Halbtoten bis zur totalen Erschöpfung. Er legte seine Last ab und sank in Schlaf. Im Traum sah er die Familie des Hirten, wie sie sich freuten über den vermissten Vater, sich vor Jesus niederknieten und ihm die Hände küssten. Ein glitzerndes Glücksgefühl rührte sein Herz, wie er es noch nicht kannte. Aber blitzartig merkte er, es war nichts als hohler selbstzufriedener Stolz., den er mit einem bewussten Stich ins Herz zum Platzen brachte. Als Jesus aus dem Traum erwachte, war die Sonne schon untergegangen, der Hirte war verschwunden. Ebenso der Beutel mit den restlichen Broten samt seinen Sandalen. Ein Geist der Enttäuschung, der Verärgerung, ja der Kränkung wollte in ihn fahren, aber er setzte ihm blitzschnell den Riegel vor des Herzens Tür mit den Worten „Lass mich in Ruhe, du furcht- 1 EnneaForum 34 barer Geist, ich hasse dich! Niemals wieder rühre mich an!“ Der 46. Tag brach an. Die Morgensonne zeigte zwischen den Wellen der Sandhügel einen See. Jesus eilte ihm entgegen, der See aber floh vor ihm. Da merkte er, der See war eine Fata Morgana seines sehnsüchtigen Herzens. Aber da fand er in der Mulde eines großen Steins eine alte Pfütze von Regenwasser. Er neigte sich, daraus zu schlürfen, da sah er sein Gesicht gespiegelt. Wie gebannt betrachtete er sich. Er zweifelte, ob er es wäre: Bin ich ein Johannes der Täufer, ein wiedergekommener Prophet Elias, oder gar ein zweiter Moses ? In der rechten Herzkammer hörte er eine Stimme, die sprach: „Du bist ganz klein und jämmerlich!“ Die Stimme kam aus einem Quälgeist des Neides auf die großen Streiter der Wüste. In der linken Herzkammer aber sprach das befreiende Gebot: „Du sollst nicht vergleichen!“ Da zerstörte er den Spiegel, indem er ihn austrank. „Amen, Amen!“ sprach er, „Du Gott allein weißt, wer ich bin - und das genügt.“ Als nun Jesus alle Lügen des Herzens aufgelöst und alle Wahrheit des Herzens vollbracht hatte, wusste er, dass nun die feinsten und schwersten Verführungen über ihn kommen würden, die Prüfungen seines Geistes. Und so kam der 47. Tag der Wüste. Er musste eine hohe Bergkette überwinden und während er aufstieg, überzog sich der Himmel mit einer grauen Wolkendecke. Es wurde unerträglich schwül und ein heftiger Kopfschmerz setzte ein. Auf dem Kamm des Berges empfing ihn ein mörderischer Sandsturm, der verfinsterte das Mittagslicht. Er warf sich zu Boden. Todesangst überfiel ihn und er glaubte zu sterben. Er zitterte und zagte und betete: „ Vater, ist´s möglich, so lass mich leben! Doch nicht wie ich will, sondern wie du willst! Ich lege meinen Geist in deine Hände!“ Im Fieberwahn sah er die Wüste tief unter sich, er sah ihre Ränder, er sah in der Ferne die blühenden Städte und Dörfer, die Wälder und Flüsse, er sah die Tempel und Dome, die Königsschlösser und Präsidentenpaläste, die Wolkenkratzer der Bankhäuser und die Büchereien der Universitäten bis ans Ende der Erde. Ein gleißendes Licht lag über allem und aus dem Licht erschien ihm der herrliche Fürst dieser Welt. Da fürchtete er sich sehr. Er spürte alle seine Neigung zu Unterwerfung und Gehorsam, zu Hingabe und Treue. Die Angst trieb ihn, dem Angebot des Fürsten zu willfahren, als dieser majestätisch und gnädig sprach: „Das alles, was du geschaut hast, will ich dir geben. Du wirst die Welt zur Kirche machen und die Kirche zur Welt, und dein Christusname wird über allem leuchten und niemand wird dir widerstehen - wenn du mir jetzt Treue schwörst und mir huldigst!“ Da zuckte ein Blitz in Jesu Gehirn, er stand auf und sprach mit fester Stimme: „Nein! Ich will die Welt nicht beherrschen, sondern erleiden und lieben und alles von meinem Gott empfangen, wenn ich einst von einem höheren Berg aus gen Himmel fahre, du aber fahre in deine Höllen!“ Da war das Fieber samt dem Kopfschmerz von ihm gewichen und er lief im verebbenden Sandsturm die andere Seite des Berges hinab. Jesus wusste, er hatte der größten, nämlich der messianischen Versuchung widerstanden, die ganze Welt mit physischer und psychischer Gewalt, mit Schwert, Geld und Magie zu christianisieren. Er dachte, nun sei er für bewährt genug befunden und strebte dem Ende der Wüste zu. Tags drauf, dem 48. Tag, kam er in den Bergen vor dem Ende der Wüste an einer Höhle vorbei, drin saß ein Eremit beim Meditieren. Eine feine Magie zog ihn hinein, er setzte sich schweigend neben den Greis. Nach fünf Stunden bat er ihn um Einweihung in die Geheimnisse der Meditation. Lange verweilte er beim Einsiedler und lernte von ihm die Weisheit der uralten Lehrer aus Ägypten und Mesopotamien, Indien, Persien, China. Dann sprach der Greis:„Bleibe bei mir, junger Mann, du bist gelehrig! Geh nicht in die Welt zurück, verachte sie! Nur hier findet dein Geist die Erleuchtung!“ Jesus schaute ihm in die Augen und in einer Blitzerleuchtung erkannte er den Missbrauch der Weisheit und verließ die Höhle mit den Worten: „Mensch, du bist von einem religiösen Geist besetzt, das ist nicht der Geist der Liebe!“ Nun nahte der letzte, der 49.Wüstentag. Jesus freute sich auf das Heimkommen ins fruchtbare Grünland. Er dachte, er habe genug gelitten, nun dürfe er es sich wohl sein lassen. Das habe er wahrlich verdient. Freudig dahineilend machte er Pläne, wie er seine siegreiche Rückkehr feiern würde. Er würde ein Fest veranstalten und alle Freunde und Freundinnen einladen. Zuerst müsste er sich beim Geldverleiher großzügig ausstatten, um alle Gäste auf seine Rechnung reich bewirten zu können. Er überschlug die Summe, die Speisen und Getränke. Er würde mit allen singen und tanzen und so die Leiden der Vergangenheit vergessen. Und wenn die Moralisten sagen werden: „Seht den Fresser und Weinsäufer!“ dann wird er ihnen fröhlich zurufen: „Seht die Miesmacher und Mückenseiher!“ Sein Kopf schwirrte von tausend Ideen. Plötzlich blieb er stehen, stutzte, nahm sich wahr wie ein Fremder und erkannte den Geist des falschen Trostes, den Geist der Völlerei. Er wusste nun, dass er bis in seine Todesstunde angefochten und in Versuchung sein würde wie alle Menschenkinder. Erst am Ende seines Lebens würde er im Angesicht seiner Feinde ein Festmahl stiften, ein schlichtes Mahl mit Brot und Wein. An seinem Tisch sollten die Menschen ihre Leiden und Sünden nicht verdrängen und vergessen, sondern bedenken und verwandeln. Er würde mit ihnen den unumgänglichen Weg der Anfechtungen gehen, denn ohne Anfechtung gibt es keine Entwicklung. Und alle würden erkennen, dass es ohne Versuchung keine Schuld und ohne Schuld keine Vergebung und ohne Vergebung keine Erlösung und ohne Erlösung vom Bösen keine bleibende Freude gibt. Mit dieser Quint-Essenz begann der Fünfzigste Tag, der erste der öffentlichen Wirksamkeit Jesu. Nachwort für dogmatische Bedenkenträger unter den Lesern: Ich liebe Jesus als meinen Meister und menschgewordenen Gott, der unentwegt in mir an meiner Reinigung arbeitet. Mir ist wichtig, dass Jesus als Mensch selbst erfahren darin ist, wie Sünde entstehen will und wie sie schon im Keim erstickt werden kann. Entsprechend sagt der Jakobusbrief (Kap 1) über die Versuchung, dass ihr Ursprung nicht in Gott oder in einem Teufel liegt. Vielmehr: „Wer versucht wird, wird von der eigenen Leidenschaftlichkeit gereizt. Erst wenn die Reizung zur Empfänglichkeit geworden ist und den (verfälschten) Samen aufgenommen hat, entsteht die Sünde; und erst wenn die Sünde durch eine Tat vollendet ist, gebiert sie den Tod.“ In diesem Sinne ist der Jesus meiner Erzählung sowohl sündenerfahren als auch unschuldig, und damit auch frei zur Schuldübernahme. Und wichtig ist mir, dass mir der innere Christus Anteil gibt an seiner Erleuchtung und an seiner Autorität. So ist es immer möglich, dass ein Mensch aus seinem langjährigen Schlaf erwacht und aufsteht zur täglichen Arbeit der Wahrnehmung und täglichen Übung der Aufmerksamkeit in allen Situationen. Dazu ist ihm gegeben das (so oft ungenutzte) Werkzeug der Unterscheidung der Geister. Denn unsere Versuchung sieht oft zum Verwechseln ähnlich unserer Berufung. Wir werden ja gerade an unsrer Berufung versucht. Unsere Berufung aber ist der Ruf von den individuellen oder kollektiven Ego-Mächten zur Macht des wahren menschlichen und göttlichen Selbst. Einfacher gesagt: von der automatischen, anspruchsvollen Eigenliebe zur freien, bedingungslosen Menschenliebe. In allen neun Versuchungen entschied sich Jesus statt der egoistischen Selbstliebe für die Gottes- und Menschenliebe – und das ist nie ein Triumphzug, sondern ein Kreuzweg. EnneaForum 34 1 Wüüüste !!! Simsalabim, man schickt uns in die Wüste! Ach, liebe Leute, was sollen wir da? Ein Meer aus Land, hat Ufer nicht, nicht Küste! Ob Abraham das auch so sah? Fata Morgana, Glut in mir steige! Tausend-und-eine-Nacht dunkel sich neige, Sinkend zu Boden, das Firmament, Stillt unser Herz, wenn blutend es brennt! Der Wüste schulden wir größte Ehre: Den Wüstenvätern wurd’ sie Ziel und Heim, In Zuflucht vor menschlicher Misere Entstand der Typen Ursprung, Sinn und Keim. Ich sah die Wüsten Sahara, Atacama und Hammada, Die Kalahari, Nevada, Die Panama und Chihuahua! *********** Im Morgenland träumt meine Seele leise ... Unendlich weit im Nirgendwo ein Hauch von Sein ... Verschmelz’ ich in der Dünen sanften Weise ... Und tauche in den Frieden dieser Welten ein ... Ach nein, ich nehm’ das Zepter in die Hand, Throne auf höchstem Berg, der mir bekannt, Man baue Highways quer durch’ s ganze Land, Nach meinem Namen werden sie benannt! Schon zieht die Karawane weiter, Oasenfrüchte, Palmenhain, Weihrauch, Basare, Tänze heiter, Zehntausend Sterne laden ein! Kein Wegweiser! Ich irre, bange! Woher nun Wasser? Woher Brot? Wohin? Verloren! Wüstenschlange!! Ich ende als Gerippe, tot!!! Bist du gelehrt? Denk’ an Philosophie, Den Stein der Weisen, die Astronomie, Auch Satellitenwüstenkarten: So kann getrost die Reise starten. 1 EnneaForum 34 Der Brunnen Wasser, täglich Segen, Konnt’ ich den Dürstenden hergeben, Nahm daraus Kraft und gab sie weiter, Als Wasserträger stolz und heiter. Ich strebe, nach solch wüster Tour, Nach Al Masyaf, Perfektion pur, Sechs Sternen im Hotel Palace Endlich Vollkommenheit am Platz. Studier’ die Verse, ihre Ordnung, Romantik, Poesie und Schwung, Der Typen NEUN bis EINS Geschichten, Um ihr Geheimnis hier zu lichten. ********* Dem Wagnis Wüste folgt Vertrauen, Hier Heilung, dort Verwundbarkeit. An allen Wegen kannst du bauen, Bist du zum ersten Schritt bereit. Dagmar Levsen Abba, gib mir ein Wort von Heike Breunig-Bußmann Die Silhouetten der Großstadt Kairo liegen hinter mir. Ich betrete die Wüste. Mein Vorhaben, den Eremiten, den Wüstenvater, in seiner Höhle aufzusuchen, kommt mir im Moment doch sehr abenteuerlich vor. Die Wanderung durch die Wüste, so ganz alleine, ohne vermeintlichen Schutz, betrachte ich als ordentliche Herausforderung. Ich versuche meine Gedanken zu ordnen und die Fragen meines Kopfes gleich zu beantworten. Ich habe vorgesorgt, Wasser bei mir, trockne Fladen, entsprechende Kleidung. Orientierung geben mir die Sonne und die Sterne, da kenne ich mich aus. Den Kompass habe ich selbstverständlich auch dabei. Das sind meine Stützen, die mir die Wanderung durch die Wüste ermöglichen. Also, wovor fürchtest du dich? Vor der eigenen Fantasie, die Sonne könnte dich verbrennen? Du könntest dich verlaufen? Wahrscheinlich ist es der Gedanke an die Einsamkeit, der mir Furcht einflößt. Ganz alleine mit mir selbst, ganz alleine mit der kargen Natur. Wie halte ich das aus? Der Wüstenvater, zu dem ich wandern will, hat sich freiwillig für ein Leben auf Sparflamme entschieden. Freiwillig aus der sozialen Gemeinschaft ausgeklinkt, freiwillig auf seine materiellen Güter verzichtet, freiwillig entschieden für «All ein(s) sein». Ich betrete die Wüste und laufe los. Die Sonne, der Wind, die Ruhe. Ruhe ist nicht geräuschlos. Ich atme die Wüste, ich rieche die Wüste. Unendliche Weite? Begrenzte Weite! Horizont oder Himmel? Sand, Sandkorn. Ein Korn ist klein, viele Körner sind Sand. Sand rinnt zwischen die Zehen. Es schmerzt. Sand ist wie ein Teppich. Er ist weich und bedeckt den Boden. Dieser Teppich hier ist hügelig. Hügel, Berg, Sanddüne. Kann ich sie erklimmen? Oben stehen und rufen? Der Rufer in der Wüste. Werde ich gehört? Von wem? Bekomme ich Antwort? Will ich Antwort oder habe ich Fragen? Einsamkeit, Alleinsein, Unendlichkeit, Endlichkeit. Das Ende - der Anfang. Wo? Überall und immer, nimmer. Hoffnung - das Licht. Ich erreiche die Oase. Unter Palmen ruhe ich aus. Das Wasserbecken, die Quelle als Zentrum der kleinen Oase, bietet auch den Kamelen der Nomaden Erfrischung. Hier sind fröhliche Menschen versammelt. Lebendigkeit hält wieder Einzug. Noch einmal betrete ich die Wüste und laufe los. Diesmal in der sternenklaren Nacht. Ich nähere mich der Höhle meines Wüstenvaters. Mein Herz klopft aufgeregt. Ich beschließe, vor dem Eingang der Höhle bis zum nächsten Morgen zu verweilen und rolle mich zusammen. Am nächsten Morgen betrete ich die Höhle. Zunächst umgibt mich nur Dunkelheit. Als meine Augen sich daran gewöhnen, erkenne ich die Umrisse meines Wüstenvaters. Er sitzt aufrecht und entspannt, er erwartet mich. Sein dunkelblauer Turban sitzt tief auf dem Kopf und lässt nur einen Sehschlitz für die Augen frei. Ich schaue in diese unergründlichen Augen und stelle die Frage, die schon seit 2000 Jahren gestellt wurde: «Abba, gib mir ein Wort!?» „Wenn der Baum nicht von den Winden geschüttelt wird, wächst er nicht und trägt keine Wurzeln.» So der Mönch: «Wenn er nicht versucht wird und die Versuchung nicht erträgt, wird er kein Mann.» Ich spüre, wie sich diese Worte in mein Herz graben. Mein Herz ist es, das mich durch mein Leben führt. Mit dem Herzen erspüre ich die Menschen meiner Umgebung, erfasse Situationen und Räume. Hier ist ein guter Platz. Hier ist ein guter Platz für die Worte des Wüstenvaters, sie zu bewahren und zu wiegen. Ich fühle diese Augen auf mir. Wärme steigt in meinen Körper. «Abba, gib mir ein Wort!» Der Turbanmann bleibt stumm. Da begreife ich. Natürlich, nur ein Wort. Und dieses Wort brennt jetzt in meinem Herzen. Mir wird klar, es ist für mich und für niemanden sonst. Es ist mir ganz allein. Langsam entlasse ich die Augen des Turbanmannes in seinen Sehschlitz. Ich drehe mich um. Ich habe mein Wort, ich habe meine Heilung, und ich habe die Wüste durchquert. Ich verlasse die Höhle und betrete noch einmal die Wüste, die wüste Wüste. Der Heimweg liegt vor mir. Bevor ich meine Füße in Gang setze, erhebe ich meine Stimme und schreie gegen den Wüstensand: «Wenn der Baum nicht geschüttelt... « Ich sehe die Worte mit dem Wind verfliegen. Sie werden die nächste Oase erreichen, wo die Bäume stehen, deren Kronen geschüttelt werden und deren Wurzeln halten und stark werden. Ich laufe los. Ich brenne. Die Höhle im Hintergrund wird kleiner, zuletzt nur noch ein Punkt. Sie liegt hinter mir. Jetzt bin ich ganz sanft und stark. Die Wüste erwartet mich. Die Herausforderung liegt vor mir. Ich nehme sie an - ich habe den Wind bei mir. EnneaForum 34 1 Eine Nacht und einen Tag in der Sahara Wüsten-Eindrücke einer NEUN von Ria Müller-Österreich Nach überstandenen wüsten Zeiten und durchlebten Wüstenzeiten war es für mich an der Zeit, meine Erfahrung mit der (natürlichen) Wüste zu machen. Sie beginnt in der Oase. Ich dachte immer, das sei ein Durchgangsort: ankommen - ausruhen - weiter gehen. Aber Oase ist ein sicherer Lebensraum in Wüstennähe. Die Oase, in meinem Fall das Draa-Tal in Marokko, das sind Dattelpalmen, so weit das Auge sehen kann, gestampfte Lehmhäuser, tiefe Brunnen, Esel, Ziegen, Spatzen. Und schlanke Menschen (ich habe keinen einzigen dicken gesehen), die aufrecht gehen und mit großen freundlichen Augen in die Welt blicken. Vom Dach unserer Herberge konnte ich beides sehen, die Oase und die Wüste - wie zwei Seiten einer Medaille. Wir fuhren einmal nachts mit dem Jeep in die Sandwüste in den Süden Marokkos. Der Fahrer kannte sich aus, ohne Zweifel, denn er fuhr ohne Licht wegen der Nähe zur algerischen Grenze. Gott sei Dank schien der Mond! Die Wüste kam uns entgegen, was heißt, der Weg war verweht; ein Fahrgefühl wie bei Neuschnee. Mit viel Anlauf, unzähligen Stoßgebeten, Dauergequieke (hysterische Weiber) kamen wir ans Ziel. Das war ein wirklich netter Ort mit vielen Dünen und mit ein paar Tamarisken. Diese hielten mit ihren Wurzeln den Sand fest. Am Morgen sang sogar ein Moula-Moula auf den spärlichen Zweigen. Übermütig wie Dreijährige sind wir erst mal die Dünen rauf und runter. Bei zwanzig Grad Celsius um einundzwanzig Uhr ein echtes Vergnügen. Unsere Gastgeber richteten für uns derweil ein Lager und machten Feuer für den Tee. Dieses Nationalgetränk aus Grüntee mit viel Zucker vom Zuckerhut wird zu jeder Mahlzeit und als Willkommensgruß gereicht. Der erste Aufguss, so sagt es die Tuareg-Tradition, ist streng wie das Leben. Der zweite Aufguss ist süß wie die Liebe und der dritte ist sanft wie der Tod. Wir baten immer anschließend um einen milden Verbenen-Tee. Während für uns eine wohlschmeckende Linsensuppe gekocht wurde, suchten wir nach bekannten Sternbildern und aßen Safrankekse. So schön kann Wüste sein! Selbst die Nacht im Schlafsack in den Dünen war genussvoll. Der in der Wüste so unerklärlich nahe Sternenhimmel animierte mich immer wieder zum Schauen. So richtig heiß wurde es am nächsten Tag ab zehn Uhr morgens. Wir waren unterwegs zu einer Einsiedlerhütte, die vor achthundert Jahren bewohnt gewesen war. Unterwegs gab es tolle Fundstücke; in schwarzen Stein eingeschlossene Schnecken, Tonscherben, leere Insektenpanzer und – als ich zu Hause den Sand durch ein Sieb schüttete, blieben Fischschuppen hängen. Das Bücken fiel immer schwerer, obwohl auch in der Wüste eine frische Brise weht. Wir krochen, heimgekehrt, 1 EnneaForum 34 schnell ins Beduinenzelt und genossen dort erst mal nur Wasser, köstliches Wasser! Dann lagen wir zu Tische. Was mir lange nachging war die Stille der Wüste, so still, dass das eigene Herz zu hören war. Im Angesicht der Wüste drängte sich mir der Gedanke auf, ein Teil des Ganzen zu sein und nicht die Krone der Schöpfung. Und wie verloren wir ohne unseren Reisebegleiter gewesen wären! Wüste verlangt viel weise Voraussicht und Anpassung. Jede Landschaft prägt ihre Bewohner. Fülle und Überfluss tun es und Mangel und Entbehrung ebenso. Ich habe den Eindruck gewonnen, dass die wirklichen menschlichen Qualitäten aus dem Verzicht wachsen. Demut ohne Unterwürfigkeit und Stolz als Ausdruck innerer Stärke spiegeln sich in den schönen dunklen Augen und im aufrechten Gang der Menschen, die mit (der) Wüste vertraut sind. Wüste terrakottafarbener Sand immer auf Wanderschaft Ich bin es auch Müllerin Wüste eine Erfahrung mitten im Alltag Ich suche die Oase Durststrecke Oase sicherer Lebensraum nahe der Wüste Ich kenne jetzt beides Respekt Esel will nicht muss aber doch Ich bin auch störrisch Verwandtschaft Kamel ein Lastenträger zeigt keinerlei Emotion Ich würde mich wehren Lebensaufgabe Wüstenzeit von Karin Fuest Vor einigen Jahren hätte ich zu diesem Thema noch gar nichts schreiben können, da es für mich, eine mittlerweile dreiundvierzigjährige soziale Neun, noch stark angstbesetzt gewesen ist. Damals strebte ich nach der Fülle des Lebens, die sich für mich in dem Wunsch des Miterlebens ausdrückte. Jahrelang habe ich mich damit überfrachtet, zu viel Anteil am Leben anderer zu nehmen, mit ihnen zu leiden und ihre Sorgen zu meinem Lebensmittelpunkt zu machen. Eigene Bedürfnisse und Gefühle unterdrückte ich durch zu viel essen, zu viel arbeiten und zu viel Zeit, die ich mit Nebensächlichkeiten verbrachte. Ich konnte die notwendigen Grenzen nicht mehr setzen. Durch den anschließenden psycho-physische Zusammenbruch wurde mir plötzlich mein Beschäftigungsmaterial entzogen. Ich konnte der Konfrontation mit meiner Angst vor dem Alleinsein und Abgelehntwerden nicht länger ausweichen. Bisher hatte ich es vermieden, mich mit mir selbst auseinander zu setzen, weil mein Selbstbild deprimierend ausfiel. Ich hielt mich für minderwertig, körperlich unattraktiv und unbedeutsam. Um so wichtiger in meinem Leben war die Gemeinschaft mit anderen. Ohne die anderen war ich ein Nichts. Einsamkeit fühlte sich existenzbedrohend für mich an. So wie ich in meiner Jugend übermäßig zum Flügel Eins tendiert habe, indem ich mich vollkommen anpasste und sehr brav gewesen bin, nutzte ich als Erwachsene meinen Flügel Acht übermäßig stark, um mich für die Belange anderer Menschen einzusetzen. Für meine eigenen Belange fehlte mir dazu der Antrieb. Ich hielt mich nicht für wertvoll genug, auch nahm ich mich nicht wichtig. Das sieht nach außen wie Bescheidenheit oder Gleichgültigkeit aus, ist in Wahrheit aber viel schlimmer. Meine Bewunderung galt Menschen, die etwas aus ihren Fähigkeiten gemacht hatten. An mir selbst konnte ich keine besonderen Vorzüge erkennen und machte mich daher abhängig von der Gunst der anderen. Wollten sie mich dabei haben, ging es mir gut, lehnten sie mich ab, ging es mir schlecht. Über lange Lebensstrecken war ich anderen ein guter Freund und mir selbst der beste Feind. In meiner vom Schicksal erzwungenen Auszeit merkte ich, dass ich die Welt und die anderen Menschen nicht wirklich brauchte, um glücklich zu sein. Erstaunt stellte ich fest, dass ich mir selbst genügte und entdeckte Wesenszüge, die ich niemals an mir vermutet hätte. Ich war ja überhaupt nicht so, wie ich es mir selbst eingeredet hatte oder wie es mir Menschen, die es nicht gut mit mir meinten, versucht haben weis zu machen. Es war nicht notwendig, dass ich den Erwartungen von irgend jemandem entsprach, noch musste ich in eine ganz bestimmte Gruppe hineinpassen, EnneaForum 34 1 um überleben zu können. Zum ersten Mal hatte ich mir die Tarnkappe vom Kopf gerissen und festgestellt, dass ich auch ohne sie leben konnte. Meine Konturen verschärften sich. Natürlich eckte ich an und wurde abgelehnt. Doch gerade das, was ich früher so sehr gefürchtet hatte, gab mir nun Auftrieb und Kraft. Ich begann mich zu zeigen und eine eigene Meinung zu vertreten. Durch Sport bekam ich mein Körperbewusstsein zurück und verspürte immer häufiger ein Sättigungsgefühl. Ich wurde genährt und es gab endlich ein „Ich bin satt geworden“. Kein Vergleich zu der Pseudofülle, die meinen Hunger nie hat wirklich stillen können. Auf einmal wusste ich ganz genau, was und wie viel ich wollte. Ich fing an zu mir selbst zu stehen. Heute weiß ich ganz genau, wann es genug ist - nicht nur beim Essen oder bei der Arbeit, sondern auch bei egoistischen Menschen, die sich meine naturgemäß naive Gutmütigkeit zu Nutze machen wollen. Ich traue meinem Bauchgefühl wieder! Dass ich selbst die wichtigste Person in meinem eigenen Leben bin habe ich erst durch die Wüstenzeit begreifen können. Seitdem ich auf mich selbst konzentriert bleibe, erfüllt sich mein Wunsch von anderen wahr-genommen zu werden. Die Besessenheit mit der ich versucht hatte unbedingt Teil einer Gruppe zu werden ist mir allerdings abhanden gekommen, ebenso wie de Angst vor Ablehnung und Ausgrenzung, weil ich nun erfahren habe, dass Trennung nur in der menschlichen Vorstellung existiert. In Wahrheit sind wir alle auf ewig untrennbar miteinander verbunden. So kann ich es heute zulassen, nicht überall Mitglied zu sein oder von jemandem nicht gemocht zu werden. Ich suche die Einsamkeit und Stille, um bei mir selbst zu sein. Auch bewundere ich keinen anderen mehr oder fühle mich kleiner im Vergleich mit ihm, weil ich weiß, dass alles, was ich an anderen sehe, auch in mir selbst verborgen ist. Die Wüste hat sich für mich in einen Ort der Fülle verwandelt, weil ich selbst sie jetzt lieben und annehmen kann. Ich grenze sie nicht mehr aus meinem Leben aus und renne einer Fata Morgana hinterher, sondern lade sie täglich zu mir ein. In der Wüste habe ich mich von meinem Irrglauben der Minderwertigkeit befreien können und zu mir selbst zurückgefunden. Ich erlebe jeden Tag neu, dass ich ich selbst bleiben kann und gleichzeitig bei dem Selbst der anderen. Es gibt ein Sowohl - Als auch, wo es früher für mich nur ein Entweder-Oder gegeben hat, wobei ich immer leer ausgegangen bin, zugunsten der anderen. Jetzt bin ich wieder im Gleichgewicht. Die Wüste hat mich mit Einklang erfüllt. 0 EnneaForum 34 Bergwüsten von Heike Heinze Was ist Wüste? Ist es ein Ort der Einsamkeit, der Stille, des Friedens? Oder eine Ort der Furcht, des Ausgeliefertseins? Ein Ort der grenzenlosen Weite oder einer, der mich meine Grenzen erfahren lässt? Ein Ort gar, wo die Dämonen wach werden und mich quälen bis fast zum Zusammenbruch? Oder doch ein Ort von großer Gottesnähe und Vertrauen? Ich habe noch keine der großen Wüsten unserer Erde kennen gelernt. Wüste aber, so scheint es mir nach den Erfahrungen dieses Sommers, kann man überall erleben. Auch dort, wo man es gar nicht erwartet. Wir waren in den Osttiroler Alpen unterwegs, zu zweit, mit Rucksack von Hütte zu Hütte. Ich hatte die Tour gut vorbereitet und mit Hilfe meiner Karte geplant. Aber schon am Abend des ersten Tages lief alles ganz anders. „Über das Kalser Törl wollen Sie gehen?“ Die Hüttenwirtin schüttelte den Kopf. „Nicht zu empfehlen. Zu gefährlich. Und auch nicht markiert!“ Nein, da sollten wir schon besser die Route übers Schobertörl nehmen, das seien allerdings elfhundert Höhenmeter und dann ein Weg über steiles Geröll um einen Gletscher herum. Oben hatte es frisch geschneit. Keiner wusste, wie der Weg jetzt aussah. Während Hans in Ruhe seinen Apfelstrudel aß, war ich ziemlich frustriert. Nun mussten wir gleich am zweiten Tag alles umplanen. Es war mir auch peinlich. Dass meine neu gekaufte Karte so fehlerhaft war, dafür konnte ich zwar nichts. Aber trotzdem, wie hatte ich mich auch nur auf eine einzige Karte verlassen können? War ich denn das erste Mal in den Bergen? Ich war einfach zu sorglos gewesen, und nun mussten wir einen Weg gehen, der für den zweiten Tag viel zu lang, zu steil und zu schwierig war. Da hatte ich uns ja was Schönes eingebrockt. Hoffentlich ging alles gut. Als wir am folgenden Morgen früh zeitig und bei strahlendem Sonnenschein aufbrachen, war die Angst mit im Gepäck. Was würde uns erwarten? Nicht nur die Anstrengung machte mir Sorgen. Einen Weg um den Gletscher, hatte die Hüttenwirtin gesagt, der war sicher steil und schwierig. Und dazu der viele Schnee. Natürlich waren da auch wieder die Selbstvorwürfe. Hättest du dich bei deiner Vorbereitung nicht ein bisschen besser informieren können? Warum hast du nicht gleich daran gedacht, eine Alpenvereinskarte zu kaufen? Du weißt doch, dass die viel genauer sind. Am Ende müsst ihr noch umkehren und die Tour abbrechen. Was Hans dann sagen würde? Je weiter wir nach oben stiegen, umso mulmiger wurde mir, nicht nur von der Steigung und der Hitze. Einzig eine Gruppe von fünf Frauen hatte uns überholt, sonst lag das Tal in einsam schweigender Weite unter verschneiten Dreitausendern. Zum Glück kamen wir zügig voran. Gegen elf, nachdem wir ein paar Schneefelder und eine Felskuppe überwunden hatten, sahen wir es schließlich von weitem, das Törl. Allerdings lag vor uns, in gleißendem Weiß unter tiefblauem Himmel und das ganze Tal ausfüllend der Gletscher. Eiswüste, fiel mir in dem Moment ein. Groß, erhaben - und zum Fürchten. Denn wir mussten ja weiter, da oben, nur noch 150 Höhenmeter über uns war das Törl – und Gott sei Dank, links davon, auf einer Felsnase sahen wir jetzt fünf kleine Gestalten auftauchen. Der Weg war also begehbar. Plötzlich in meinem Kopf die Melodie des Mendelsohn-Chores: „Und er hat seinen Engeln befohlen über dir...“ Aber überzeugte mich das Psalmwort? Würden die Engel mich auch dann behüten und auf Händen tragen, wenn ich den Berg herausforderte, meine Kräfte und Fähigkeiten überschätzte? Mit meinen Fragen und Zweifeln im Kopf und dem Psalm im Herzen ging es über Schneefelder und Steine weiter nach oben, zunehmend rutschiger und steiler, am Ende war es nur noch eine rutschende Masse aus kleinen Steinen und Neuschnee. Als wir endlich das Seilende erreichten, war es allerhöchste Zeit. Noch steiler wäre nicht mehr ohne Hilfe möglich gewesen. Aber auch nachdem wir mit Hilfe des Seils die schlimmste Strecke überwunden hatten, ging es weiter, teilweise nur auf Händen und Füßen über Fels und Neuschnee, zuerst nach oben, später nach unten. Erst weit hinter dem Törl endeten Schneefelder und glattes Blockgestein und man konnte langsam wieder von einem begehbaren Pfad sprechen. Aber da zitterten die Knie bereits, die Nerven lagen blank. Erst als wir die Hütte erreicht, unser EnneaForum 34 1 Zimmer bezogen und uns mit eiskaltem Wasser die Strapazen des Tages abgewaschen hatten, als wir schließlich mit einem kühlen Radler draußen in der Sonne saßen, fielen Anspannung und Stress langsam von mir ab. Gott sei Dank, dass du uns begleitet und behütet hast, ob mit oder ohne Engel. Mit dem Berg ist nicht zu spaßen. Auch die nächsten Tage verliefen nicht wie geplant. Die Besteigung des einen Gipfels mussten wir kurz vorm Ziel abbrechen, weil ein aufkommendes Gewitter uns in die Flucht jagte, beim nächsten begann es unterwegs zu schneien und wir mussten streckenweise auf dem Hintern rutschen, um über den nassen Fels heil wieder nach unten zu kommen. Den Weg zur nächsten Hütte schließlich legten wir im Dauerregen zurück. Die Angst blieb immer dabei, eingenistet im Kopf, obwohl ich doch gar kein Kopfmensch bin. Was da alles passieren könnte! Abends in der Hütte, erleichtert und mit meinem Tagewerk zufrieden dann gar nicht mehr nachzuvollziehen. Im Alltag vertraute ich doch auch auf Gottes Führung und Begleitung. Warum nicht hier, in den Bergen, wo ich sie doch um so vieles nötiger hatte? Für den sechsten Tag unserer Tour waren Gewitter angesagt. Die Schafhirten vor der Hütte meinten, bis zwei oder drei würde sich das Wetter halten, vielleicht. Wir hatten einen langen Weg vor uns, gingen sehr früh los, kamen zügig voran. Es war ein wunderschönes Tal, die Wolken, die umherzogen, boten herrliche Fotomotive, vom Gipfel konnten wir weit ins Land schauen. Mit der Angst als Begleiterin konnte ich nun schon langsam leben - sie ließ sich ja wohl doch nicht abstellen. Erst auf dem Abstieg wurde mir bewusst, was mir solche Angst einjagte. Ich war ja sozusagen nicht „im Dienst“, sondern ging meinem ganz privaten Vergnügen nach, war dabei, meine Grenzen auszuloten und vielleicht weiter zu stecken. Ob der Herr dafür Verständnis hatte? Wäre ich nicht sozusagen selber schuld, wenn mir was passieren würde? War das nicht schlicht und ergreifend Leichtsinn, was ich hier trieb? Gegen vier, kurz vor dem Ziel, wurde es noch einmal steil und unwegsam. Die sich im Süden zusammenballenden Wolken waren näher gekommen, es gab erste Wassertropfen und ich war erschöpft. Man sah schon den Talweg zur Hütte, aber die Hütte selber war einfach nicht zu entdecken. Auf den glatten Steinen war das Gehen so mühsam. Und das Gewitter kam immer näher. Doch dann, mitten hinein in die aufkommende Panik plötzlich die Gewissheit, das Erkennen, die Zusage: es wird nichts passieren, du wirst heil ankommen. Mach dir doch nicht immer solche Sorgen. Vertrau einfach! Alles wird gut. „Ja, er hat seinen Engeln befohlen über dir...“ Und plötzlich ging es. Ohne nachzudenken trottete ich hinter Hans her, kurze Zeit später kam die Hütte in Sicht, und erst kurz nachdem wir sie erreicht hatten tobte das Unwetter los, tobte mit Hagel, Blitz und Donner den ganzen Abend und bis in die Nacht hinein, in der wir friedlich und entspannt in unseren Wolldecken schliefen. Für den Rest der Tour war es, als ob ich die Verantwortung abgegeben hätte an einen, der größer ist als ich. Freilich war die Angst noch da, als wir am nächsten Tag mit unserem Bergführer über den Gletscher und am Drahtseil über steile verschneite Felsen nach oben zur letzten Hütte, 350 Meter unter dem Großglockner, hinaufstiegen. Mir war EnneaForum 34 beinahe übel als ich von dort aus den Gipfel sah, den wir am nächsten Tag besteigen wollten, oder gar die 1500 Höhenmeter hinab ins Tal blickte. Aber in mir war das Wissen, dass alles so wie es geschehen würde gut war. Ich war nicht leichtsinnig, wenn ich bei dieser Tour ein paar mal an meine Grenzen geraten war. Und ich fühlte mich gehalten, auch in meinem so genannten Leichtsinn. Und als uns der kommende Morgen mit minus 8 Grad und Schneetreiben begrüßte und der Bergführer meinte, da sollten wir wohl doch lieber absteigen, da war es für mich in Ordnung. Der Gipfel, nein, der musste jetzt nicht auch noch sein. Es war genug. Beinahe schon fröhlich machte ich mich mit Handschuhen, Seil und Steigeisen an den mühsamen Abstieg, und als wir am Nachmittag unten im Tal ankamen, strahlte ich vor Erleichterung übers ganze Gesicht. Es war eine intensive Zeit gewesen, die mich an meine Grenzen und darüber hinaus geführt hatte. Aber erst einmal hatte ich wieder festen Boden unter den Füßen. Lange habe ich hinterher noch über das nachdenken müssen, was ich in dieser einen Woche oben in den Bergen erlebt habe. Der Begriff „Wüste“ ist mir immer wieder in den Sinn gekommen. Ausgeliefert sein, den eigenen Ängsten und Selbstzweifeln ins Gesicht schauen müssen. Wüste als ein Ort, wo nichts mehr sicher ist, wo sich Ängste und Befürchtungen über ihr Maß hinaus aufblähen und die Sicht auf die Realität verstellen. Wo sie eine eigene dämonische Kraft entwickeln und dich damit konfrontieren, wie klein, wie ausgeliefert, wie hilflos du eigentlich bist. Und doch gab es auch diese Ahnung von Vertrauen, wie ein Geschenk. Ein klein wenig ist davon übrig geblieben und begleitet mich seither durch den Alltag. Vielleicht bleibt es eine Weile. Und im nächsten Jahr, so viel ist gewiss, geht es wieder auf den Berg. Vielleicht diesmal bis zum Gipfel. Zwei moderne Wüstenväter – Inspirationen zur Spiritualität des Enneagramms von Dr. Michael Schulz Seit dem Aufbruch der frühen Wüstenväter hat es immer wieder vielfältige Wege in die Wüste gegeben. Bis in die Moderne hinein. So will ich heute zwei moderne Wüstenväter zu Wort kommen lassen, die uns in unserer christlichen Enneagramm-Arbeit in die Tiefe und die Gegenwart Gottes führen können. Carlo Carretto war sechs Jahre Präsident der katholischen Jugend Italiens. 1954, mit 44 Jahren, tritt er in die Gemeinschaft der Kleinen Brüder Charles de Foucauld’s ein. Zehn Jahre lebt er in der Wüste Sahara. 1964 kehrt er nach Italien zurück und gründet das inzwischen viel besuchte Gebets- und Meditationszentrum in Spello bei Assisi. Als Kleiner Bruder Jesu in der Nachfolge Charles de Foucauld’s erinnert er in seinem Buch „Geistliche Briefe aus der Wüste – Wo der Dornenbusch brennt“ (Freiburg 1974, 44) an das, was so bedrängend eben auch durch die christliche Enneagramm-Arbeit offenbart wird: Nämlich jene, unsere Blindheit, Verbohrtheit und Verblendung, die auch das Enneagramm aufdeckt. Carlo Carretto sagt: „Blind und verbohrt – der Zustand kann Jahre, Jahrzehnte dauern. Er verführt uns zu einer pharisäerhaften Doppelrolle: Habgier im Herzen und in der Hand den Rosenkranz; Egoismus, aber im Kopf schöne Ideen für die Reform der Kirche. Dem, der die Wahrheit ist, bieten wir Lüge an. Die Glut des Evangeliums ersticken wir unter dem dunstigen Schleier einer Religiosität, die den Willen Gottes weder sucht noch erfüllt. Das ist der springende Punkt. Dort beginnt das wahre Gebet, wo der Wille Gottes gesucht wird. Im Grunde sind die Dinge einfach, äußerst einfach… Kurz: Es geht um den Willen, nicht um Worte. Der göttliche Geist sucht in uns den guten Willen. Der Geist Jesu findet sich dort ein, wo der Wille danach verlangt, denn er ist die Liebe und zur Liebe gehören zwei. Wenn ich mich seiner Liebe zuneige, zögert er nicht. Ja, er kommt mir schon entgegen. Er ist schon da, denn er liebt mich viel mehr als ich, Geschöpf der Armut, ihn lieben kann. Liebe erweist sich in Taten. So war es beim verlorenen Sohn: Aufstehen ist eine Tat, die Schweine verlassen ist eine Tat. Mit ganzer Tatbereitschaft muss die Seele sagen: ‚Ich will zu meinem Vater gehen’ (Lk 15, 28).“ Carlo Carretto lebte viele Jahre in der Wüste. Nur ganz wenige werden das als ihren Weg ansehen können. Und EnneaForum 34 kaum einer von uns wird das als seinen spirituellen Weg gehen können, aber Carlo Carretto leitet uns an, auch in unseren Groß- und Kleinstädten die ‚Wüste’ zu entdecken. In seinem Buch „In deiner Stadt ist deine Wüste – geistliche Erfahrungen“ (Freiburg 1980, 22f, 74ff) sagt er: „Das Wort ‚Wüste’ ist freilich mehr als geographischer Ausdruck, der uns einen unbewohnten, ausgedorrten, unfruchtbaren und leeren Landstrich vor Augen führt. Wer sich vom Geist führen lässt, der das Wort Gottes beseelt, für den ist ‚Wüste’ dass ich forthin mit Gott zusammen den Weg gehe… Wenige stellen Gott in die Mitte und halten die Augen des Glaubens fest auf ihn gerichtet. Um uns ein wenig dorthin zu befördern, stößt uns die raue Wirklichkeit in die Armut, in die Schwäche, in die Sünde, aber wir triefen dermaßen von Stolz...“ „Nicht umsonst ist die Demut die Königin der Tugenden… Ein Riesenschritt ist getan, wenn wir einmal im Glauben erfahren, dass wir unsere Geschichte nicht allein machen. Wir machen sie zusammen mit Gott und er ist der Erste die schweigende Suche nach Gott. Ein Wurfseil, das die in Gott verliebte Seele über den finsteren Abgrund der eigenen Gedanken wirft, über die bizarren, tiefen Klüfte der Versuchung, über die bodenlosen Schluchten der Ängste, die den Weg zu Gott ungangbar machen… Die Russen, die sich darauf verstehen und darin Meister sind, nennen sie ‚Pustinia’. Pustinia kann einen geographischen Ort bezeichnen, zugleich aber auch einen Ort, wohin die Wüstenväter sich zurückgezogen haben, es kann auch Einöde bedeuten, irgendeinen ruhigen Ort, die Wüste ist der Ort, wo wir Mut fassen können, wo wir mit unseren Worten die Wahrheit sagen, weil es uns bewusst wird, dass Gott die Wahrheit ist. Die Wüste ist der Ort, wo wir uns läutern und uns zum Handeln rüsten als würden wir mit der glühenden Kohle berührt, die der Engel auf die Lippen des Propheten legte…“ (Jes 6, 1 ff). Carlo Carretto sagt weiter: „Meine Schwäche liegt darin, dass ich mich in der großen Stadt alleine fühle… Die Wirklichkeit bestand schon, aber was soll die Wirklichkeit, wenn ich nicht reif bin, sie zu fassen. Gott bedeutet mir nichts, wenn ich nicht entdecke, dass er der Lebendige ist. Es nützt mir nichts, wenn er zu mir kommt, und ich sehe ihn nicht.“ und wir sind die zweiten, die zugreifen, wenn überhaupt“. Carretto leitet nicht nur an, in deiner Stadt deine ‚Wüste’ zu entdecken, sondern auch zur „Kontemplation auf den Straßen“ (in: Lebenswege des Glaubens, Freiburg 1978, 61) „Die ständige Annahme der Gegenwart Gottes in den Dingen um uns ist nur ein Anfang“. Ich ergänze: Unser Enneagramm offenbart uns neun Weisen unserer Blindheit für die Wirklichkeit und unserer Gottesblindheit. Natürlich dann auch unsere unterschiedlichen Gaben, Gott zu suchen. Carretto sagt uns deshalb: „Meine spirituelle Geschichte beginnt in dem Augenblick, indem ich im Glauben erfahren habe, dass ich nicht mehr allein bin, EnneaForum 34 Nun bin ich seit vielen Jahren Pfarrer in der Mitte, im Zentrum einer unserer deutschen Hauptstädte. Das geöffnete Portal unserer Marktkirche, das zur Stille einlädt, liegt gerade mal 50 m gegenüber dem Haupteingang des Landtags, des politischen Zentrums unseres Landes. Das ist gefährlich, der Geist der ‚roten Teppiche’ kann abfärben, aber es ist auch eine Chance, immer wieder den geistlichen Weg zwischen Markt und ‚Kirche’ zu suchen. Das Erlebnis, dass auch die Großstadt fähig ist, Stille in sich zu bergen, dass selbst Wolkenkratzer aufleuchten können wie Diamanten, war für Carlo Carretto von ähnlich einschneidender Bedeutung geworden wie sein Aufenthalt in der Wüste Sahara. Seine Schriften sind konkrete Antwort und praktische Hilfe für alle, die von ihrem Alltag so in Anspruch genommen sind, dass sie nicht mehr wissen, wie ein geistliches Leben bei ihnen Raum gewinnen kann. Um die Einübung in die Gegenwart Gottes vor allem ging es auch Charles de Foucauld (1858-1916), der als zweiter moderner Wüstenvater zur Einübung in die Präsenz Gottes zu Wort kommen soll. Charles de Foucauld, der mit einer besonderen persönlichen Geschichte in der Sahara unter den erwarten alles von ihm allein…“ (Die Schriften von Charles de Foucauld, D. Barrat Hg., Einsiedeln 1961, 128f). Tuareg im Hoggar lebte, wurde durch Senussikrieger, denen er ebenfalls mit der Präsenz der Gegenwart Gottes dienen wollte, getötet. Er verfasste eine geistliche Regel. Zu seinen Lebzeiten aber fand sich kein einziger Bruder. Später, nach seinem Tod, entstanden auf seine Inspiration und Regel hin geistliche Gemeinschaften und Bewegungen. Charles de Foucauld schreibt einmal über die Einübung ins Sterben, im ‚Jetzt’ des Glaubens, in dem zugleich das allzeit präsente ‚Jetzt’ unseres Sterbens vergegenwärtigt wird: Diese fast naiven geistlichen Ermahnungen zum Leben aus der Gegenwart Gottes sind provokativer und revolutionärer als sie anmuten. Es sei versucht, sie aus dem Geist von Charles de Foucauld in ‚Theologie’ und ‚Spiritualität’ zu ‚übersetzen’: Einübung in ein Leben aus der Gegenwart Gottes und der Beziehung zu Gott. „Lasst uns niemals um die Zukunft besorgt sein; Lasst uns in jedem Augenblick unseres Lebens das Vollkommenste tun, d.h. das tun, was der Wille Gottes uns im gegenwärtigen Augenblick aufgibt. Ist das getan, brauchen wir uns so wenig um die Zukunft zu sorgen, als würden wir in der nächsten Stunde sterben… Beim Gedanken an die Zukunft wollen wir nur Gott bitten, dass wir in jedem Augenblick unserer Existenz seinen Willen tun und ihn so auf die bestmögliche Art verherrlichen… Im übrigen aber lasst uns so wenig um die Zukunft besorgt sein, als wäre das Leben dieser Welt für uns zu Ende: leben wir ganz und einzig dem gegenwärtigen Augenblick. Wenn – was häufig vorkommt – der Wille Gottes uns im gegenwärtigen Moment zur Aufgabe stellt, uns materiell (z.B. durch Handarbeit, Ausruhen, Nahrung, Pflege der Gesundheit usw.) oder geistig (Studium, Betrachtung) auf die Zukunft vorzubereiten, gut, widmen wir uns zur rechten Zeit dieser Vorbereitung, doch nicht um unserer selbst und der Zukunft willen, sondern um Gottes willen, um zu tun, was er gegenwärtig von uns verlangt. Widmen wir uns diesen Dingen, weil das, gleich ob es sich um materielle oder geistige Arbeit handelt, gegenwärtig der Auftrag Gottes für uns ist. Auf diese Weise wird die Zukunft manchmal, häufig, fast unaufhörlich durch uns vorbereitet; aber nie aus uns heraus und nie durch unsere Sorge… sondern immer dadurch, dass wir die Erfüllung des Willens Gottes in der Gegenwart wollen… Darin besteht Leben aus dem Glauben… Wir verlassen uns nicht mehr auf uns oder irgendein Geschöpf, sondern überlassen uns ganz Gott und Carlo Carretto, Charles de Foucauld, auch unsere ganze christliche Enneagramm-Arbeit erinnern uns daran, dass unsere Verstrickungen und Verhärtungen (unser Muster) sich nur langsam etwas abmildern und aufgeweicht werden. Wir bleiben Sünder. Dennoch, notwendige Heilungsarbeit im Hinblick auf den eigenen Schatten und ‚Balken’ suchen, geschehen lassen, Selbsterkenntnis und Gotteserkenntnis suchen. Nicht die Konzentration auf das Wesentliche und das Wenige, das es gerade zu tun gilt in der Gegenwart, durch in die Zukunft jagende und sorgende Gedanken vereiteln; vielmehr aufmerksam, dankbar und erwartungsvoll präsent werden, im tiefen Wissen um die Präsenz Gottes. Nach seinem Willen fragen und versuchen, ihn zu tun (Liebe, und tue was du willst!), bescheidene Einübungen in Meditation und Kontemplation. Sich in die Gegenwart Gottes fallen lassen, seine Führung suchen. Sich in das Vertrauen, den Glauben einüben: Dass er besser für dich sorgen kann als du mit deinem oftmals zwanghaften eigenen Willen. Nicht das tun, was ängstliches Sorgen aus dem Haben-Modus vorgaukelt, sondern das tun, was wirklich ‚dran’ ist! First things first!“. Aber auch dann die zweiten und dritten Dinge nicht vergessen (und tun). Wir sehen, hier ist eine Tradition, die bis in unsere Gegenwart führt. Als normale Christen sollen wir uns allerdings vor jeglichem spirituellen Idealismus und geistlicher Perfektion hüten; nüchtern immer wieder dem Aufblitzen von ‚Wüste’ in unserem eigenen Leben ansichtig werden, aber auch die ‚Oasen’ dankbar genießen lernen. Dieser Artikel wurde gekürzt. Die ausführliche Fassung findet sich unter www.enneagramm.eu EnneaForum 34 Segen des Sinai Auf der Lebensreise sind wir im Rasthaus SINAI angekommen. Ein reiches GASTMAHL hat uns empfangen, das das Auge erfreut und den Körper nährt. Der WIND hat uns die Musik gespielt und ein Lied aus uralter Zeit gesungen. Die SONNE hat uns die Wärme ins Herz getragen und uns mit Kraft gefüllt. Das WASSER hat uns die sanfte Stärke gezeigt, die aus dem Fließen erwächst. Die WÜSTE hat uns die Ruhe und das Schweigen gelehrt. Wir haben den Klang der Stille gehört und das Wunder ihrer Farbigkeit bestaunt. In der GEMEINSCHAFT haben wir Geborgenheit erlebt, Beduinenfrauen haben uns die Lebensfreude in Bescheidenheit vorgelebt. Auch die VERBUNDENHEIT mit den Elementen und aller Schöpfung haben wir gespürt. Das WORT hat unseren Geist beglückt, neue Türen geöffnet und unseren Blick geschärft. Mit der Fülle des SINAI IM HERZEN können wir nun getrost weiter reisen. Jutta-Verena Jacobi EnneaForum 34 Jahreshauptversammlung 6.–8. Juni 2008 im Kloster Hünfeld Rückblick Als Neu(n)ling auf der JHV Ja, da kam ich nun an jenem Freitagabend in einen Riesensaal voller Leute. Völlig unübersichtlich. Da kenne ich niemand. Hilfe, ich gehe unter. Und da verlasse ich dann am Sonntag einen Riesensaal voller Leute. So viele gute Bekanntschaften, tolle Gespräche, viel zu Lachen, und eine Menge Erfahrungen. Hilfe, ich werde Euch vermissen. Und was lag dazwischen? Am meisten überrascht hat mich, dass es so leicht war, ins Gespräch zu kommen, denn ich kannte nur zwei Personen schon vorher. Gut, zugegeben, durch eifriges Studium der Bilder im EnneaForum waren mir doch einige zumindest optisch bekannt. Jetzt denke ich mit Freude an die guten Tischgespräche und Pausengespräche, und an alle Erkenntnisse, die ich dabei gewann, weil andere freimütig von sich und ihrem Leben erzählten. Oder mir sehr großzügig Einblicke in ihre Religion gewährten. Danke, Margitta. Ich weiß jetzt auch nicht nur mehr über die Wüstenväter, sondern ich weiß auch, wie viele Einsichten es schenkt, wenn man gemeinsam einen biblischen Text, schon hundert mal gehört, durchfühlt und durchspricht mit Hilfe des Bibliologs. Danke, Andreas. Am meisten beruhigt hat mich in der geschlossenen Sitzung der JHV die Erkenntnis: es wird auch hier mit Wasser gekocht. Das war am Samstag. Am Sonntag dann erfuhr ich ganz deutlich: es sind Ströme lebendigen Wassers. Die Thomasmesse, die mir vorher niemand erklären wollte, hat mich insgesamt am meisten beeindruckt. Ich trage sie heute noch in mir. In das Labyrinth wäre ich erst gerne alleine reingegangen, in meinem Tempo. Und dann ging ich dort mit vielen, im allgemeinen Tempo. Danke an alle, mit denen zusammen ich erfuhr, wie schön es ist, gemeinsam zur Mitte unterwegs zu sein. Danke für den Segen, Ruth. Danke für alle Lieder, Gisela und Beppo. Und danke für Brot und Wein, an den zuerst, der sie uns eigentlich spendet, und dann an alle, die die Gaben austeilten. Irgendwann konnte ich nur noch weinen, so schön war’s. Tränen als Dank an unseren Schöpfer, der so fühlbar anwesend war, der alle Zwischenräume zwischen uns ausfüllte. Und: alle, die mir gesagt hatten, man kann die Thomasmesse nicht erklären, man muss sie erleben, alle diese hatten recht. Das Abschiednehmen zog sich auch heraus, denn es waren ja so viele, denen ich noch was sagen wollte, durfte, konnte. Und von denen ich noch etwas gesagt bekam. Und dann haben wir doch noch mal grandios gesungen, in der Klosterkirche. Und auch ich als Bauchtyp kann sagen: Mein Herz wollte gar nicht mehr aufhören zu singen. Es war hellwach. Zur Abrundung des Ganzen fand ich bei der Abfahrt noch einen Zettel an der Windschutzscheibe mit der Aufschrift „Es war schön, Dich kennen zu lernen.“ Danke, Almut. Diesen Satz möchte ich wohl auch weitergeben an alle: Es war schön, Euch kennen zu lernen. Barbara Gitzinger EnneaForum 34 Meine Erfahrungen bei der JHV in Hünfeld Leben in der Gegenwart Christi Als Absolvent des Pilotkurses und schon lange tätiger Enneagrammtrainer war ich nun zum ersten Mal bei der Jahreshauptversammlung. Ich hoffte zum einen, viele liebe Menschen wieder zu treffen. Zum anderen wollte ich mich nach einem sehr tief gehenden inneren Heilungsweg neu in der Enneagrammarbeit orientieren und positionieren. „Die Heilungswege des Enneagramms“, so nenne ich meine Seminare, und so lockten mich natürlich auch die angekündigten Vorträge von Anselm Grün und Andreas Ebert. Ich muss sagen, meine Begeisterung wuchs ständig. Die Beschreibung der Wüstenväter, das Übersetzen ihrer Erfahrungen und der Erkenntnisse mit Ihrer Heilungsarbeit, ist Anselm Grün hervorragend gelungen. Es hat mich beeindruckt und tief berührt, dass die Heilungsschritte und Heilungserfahrungen scheinbar zeitlos sind. Auch wenn wir heutzutage nicht mehr diese tiefe Askese leben müssen, so geht auch jetzt der Heilungsweg durch all die Leidenschaften, oft sehr „steinig“ zurück zum inneren Heil werden. Gott liebt mich, so wie ich bin! Ich lasse mich auf Gottes Weg ein und bin begleitet. In tiefer Dankbarkeit dafür, wie Anselm Grün beschreibt, was mir unbeschreibbar scheint, konnte ich meine eigenen Heilungserfahrungen still und leise dazu legen. In dieser Intensität ging es mit Andreas Ebert weiter: Von meinem Zweier-Bruder (wie Andreas mich liebevoll nannte) durfte ich erstmals die Methode des Bibliologs kennen und schätzen lernen. Seine Konkretisierungen zu der Lehre der Leidenschaften brachte mir weitere Vertiefung, die ich mit meinen Erinnerungen an schmerzhafte Momente und zaghafte innere Schritte gut in Verbindung bringen konnte. So ist mir der „Gewissenscheck nach Evagrius Pontikus“, diesem großen Begleiter des inneren Heilungswegs eine gute Hausaufgabe zur Weiterarbeit. Es war für mich ein Geschenk, als YaBeppo bei dem bewegenden und mitreißenden Gospelabend, mit uns seine Heilungserfahrung teilte. Hier durfte ich unmittelbares Einlassen und körperbezogene Gotteserfahrung hautnah miterleben. Nach all diesen dichten Erfahrungen, all den lieben Begegnungen, hatte ich nicht erwartet, dass dann am Sonntag „unsere“ Thomasmesse, dem ganzen noch ein Sahnehäubchen aufsetzt: So viele Momente zum Sein, so viele Möglichkeiten die innere Bewegung auszudrücken und sich heilsam beschenken zu lassen! Nun bin ich gesegnet und reich beschenkt, gestärkt in der Gewissheit, am richtigen Ort gewesen zu sein und mit dem richtigen Thema ausgestattet zu sein, in meinen Alltag zurück gekehrt. Franz Habig Bei kaltem Wetter bin ich unterwegs ins Bonifatiuskloster Hünfeld bei Fulda, wo die Jahresversammlung des ÖAE stattfindet. Bei sehr warmem Wetter fahre ich wieder zurück. Und dazwischen ? Hat sich die lange Reisezeit gelohnt ? Ja, im klösterlichen Gebäude spürte ich im weitesten Sinn eine spirituelle Heimat. Die beiden Erfolgs-Referenten Pater Anselm Grün und Pfr. Andreas Ebert versammelten magnetartig viele Mitglieder und Neugierige zu einer aufmerksamen Runde. Das Wiedersehen mit Freunden und Begegnungen mit neuen Enneagramm-Interessierten war spannend und voller Überraschungen. Pater Anselm Grün konnte dank seiner charismatischen Art sein Wissen über die Entwicklung der spirituellen und psychologischen Arbeit der Wüstenväter und Wüstenmütter bildhaft ausdrücken. Persönliche Worte einzelner Wüstenväter bereicherten die Ausführungen. Wer hätte gedacht, dass der damalige Rückzug in die Wüste unter einfachsten Lebensbedingungen so viele Jahrhunderte später wieder unterschiedlichste Menschen berühren und zum Nachdenken bringen würde? Sogar zu eigenen Wüstenerfahrungen! Pfarrer Andreas Ebert hat uns mit der biblischen Verbundenheit geradezu herausgefordert. Er ergänzte den Vorredner, korrigierte liebevoll, und seine seelsorgerliche Ausstrahlung hat sicher manche/manchen berührt. Eine mir unbekannte Art, einem biblischen Text näher zu kommen in Form eines Bibliologs, war informativ und auch für Theologen/Theologinnen herausfordernd. Ich war von dieser Annäherung an einen Bibeltext, seine Einbettung ins tägliche Leben und die Hinführung zum Mitmenschen fasziniert. Bibelarbeit im weitesten Sinn, seelsorgerliches Denken und Eingehen auf Menschen waren sicher für viele von uns ein intensives Erlebnis. Die eigentliche Jahresversammlung war für mich als EnneaForum 34 Der Himmel auf Erden Mitglied aus der Schweiz informtiv. Ich wünsche mir vermehrt Kontaktmöglichkeiten zwischen dem ÖAE und dem E-Forum-Schweiz. Der Wechsel im Vorstand und ihre Verabschiedung wurden sehr sympathisch gestaltet. Im Verlaufe der Thomas-Messe am Sonntag, die wir gemeinsam im bewaldeten Park rund ums Kloster erlebten, wurde der neue Vorstand gesegnet, und ihre zukünftige intensive Arbeit richtig gewürdigt. Erfüllt von inneren und äußeren Begegnungen sende ich allen OrganisatorInnen und Mitbeteiligten einen herzlichen Dank. Barbara Hugentobler-Rudolf Und hier noch einen persönlichen Text dazu: Leben in der gegenwart christi Gelassen den eigenen weg gehen Leben in der kraft christi Sich seiner führung ganzheitlich anvertrauen. Leben in der gegenwart christi Für ihn einen herzensplatz frei halten Leben in der kraft christi Sich von dieser lebensenergie berühren lassen Leben in der gegenwart und kraft christi Geleitet, getragen, geliebt dank seiner segnenden nähe bhr Eindrücke einer Vier: Nur wegen der Thomasmesse mehr als 10 Stunden Autofahrt hinnehmen? JA, JA, JA! Sie wäre es wert gewesen – und gab es noch viele andere Highlights bei der JHV 2008. Die Messe unter freiem, blauen Himmel, die frühsommerliche Atmosphäre, das frische Grün der Wiesen und Bäume, die Vögel, die tanzenden Hummeln … der Himmel kam zu uns! Und das war nur der Rahmen, dazu kam die mitreißende Musik, die afrikanischen Klänge, die YaBeppo und Gisela inszenierten und uns mit einbezogen. Ich bekam eine Ahnung von dem leidenschaftlichen Musizieren in afrikanischen Gemeinden. Im Kern des Ereignisses stand die lustvolle aber auch herausfordernde Predigt Rainer Finkes über Luk 9, 57–61, eingebettet in wohltuende Anweisungen einer spürbar erlösten Acht: Friedrich Karl Völkner. Glückwunsch an Friedrich Karl und auch an Barbara! P.S. Ich wünsche mir für meinen Achtermann und für mich selbst auch diesen erlösten Zustand! Andreas Ebert gab der ganzen Messe durch die gesungene Abendmahlsliturgie einen feierlichen Rahmen wie er schöner nicht sein konnte. Es gäbe noch viel zu sagen zur Messe- mein Herz ist übervoll von Eindrücken, aber ich bremse mich, weil ich auch noch zu anderen Teilen der JHV etwas bemerken möchte aus meiner 4er Sicht. Ich empfand Anselm Grüns Vortrag sehr informativ, sehr tiefgehend und er gibt mir viele positive Anstöße. Jedoch, ohne Andreas Ergänzungen und seiner unnachahmlichen Fähigkeit, komplizierte Sachverhalte «ins Leben zu holen», bliebe der erste Vortrag für mich ein Fragment. So aber hoffe und denke ich, kann ich wirklich etwas «mit nach Hause nehmen». Ich werde diese JHV in bester Erinnerung behalten. Sie war gespickt mit Highlights, wie glücklich kann ich mich nennen, dabei gewesen zu sein! Ein Stück Himmel auf Erden! Großer Dank an alle, die dieses Ereignis möglich machten! Heide Förster EnneaForum 34 EnneaForum Rundbrief des Ökumenischen Arbeitskreises Enneagramm e.V. Nr. 34 November 2008 Ökumenischer Arbeitskreis Enneagramm e.V., Geschäftsstelle : Eveline Schmidt, Wehlstr. 23, 29221 Celle, Tel./Fax : (0 51 41) 4 22 34, info@enneagramm.eu, www.enneagramm.eu Regionale Gesprächskreise Raum Aachen: Gisela Engel/Regina Walz Ofdener Gracht 7 52477 Alsdorf Tel. 02404/55 64 2 ritterfest@t-online.de Raum Ahrensburg/ Hamburg-Nord: Doris Wetzig Diekskamp 3 h 22949 Ammersbek Tel. (040) 60 55 92 96 dw@doris-wetzig.de Raum Bielefeld: Friedrich-Karl Völkner Tel. (0 52 01) 30 87 friedrich-karl.voelkner@enneagramm.eu Raum Bodensee: ca. alle 6 Wochen. Gabriela v. Witzleben Mannheimer Str. 22 78467 Konstanz gabriela@von-witzleben-coaching.de www.von-witzleben-coaching.de Tel. 07531-7 26 04 87 Mobil: 0171-42 11 462 20149 Hamburg Tel. 040/4 80 80 99 pamela@gainpower.de Hamburg-West: Margitta Conradi Tönninger Weg 106 22609 Hamburg Tel. 040/8007658 marcor.conradi@yahoo.de. Kassel: Werner u. Heidrun Lambach Am Heilhaus 1 34127 Kassel Tel. 0561-98326-352 Werner_Lambach@t-online.de Raum Köln/Bonn: Gerd Heck u. Ute Fassbender-Heck Kantstr. 8 53332 Bornheim Tel. 02222/93 67 75 heck-aipf@web.de Enneagramm und was dann? Sr. Marie-Helene Hüben MSC Haus Josef (auf dem Terrain von Haus Blegge) Paffrather Str. 261 51469 Bergisch-Gladbach Dortmund: in geraden Monaten am 2. Donnerstag ab 19.30 Uhr bei Julia Çiçekli Bergmeisterstraße 15b 44269 Dortmund Tel. (0231) 4772030 julia_ci@web.de Marburg: Barbara Melnyk In der Gemoll 42 35037 Marburg Tel. 06421/3 49 35 bagomelnyk@t-online.de Duisburg: (Treffen einmal monatlich) Herbert Friedrich Innsbrucker Allee 40 47249 Duisburg Tel. 0203/70 40 34 Münster: Adelheid Weller Keltenweg 44 48167 Münster Tel. 0251 / 624163 adelheidweller@web.de Raum Göttingen: Inge und Ludger Temme 37139 Adelebsen Tel. 0 55 06 – 76 44 62 ludger.temme@enneagramm.eu Reutlingen: (Offene Gruppe, jeweils am 3. Mittwoch im Monat, 19.30–22 Uhr, im Kath. Bildungswerk, Schulstr. 28, 72764 Reutlingen) Gisela Eichner Hesseweg 2 72581 Dettingen Tel. 07123/87 86 1 eichner.gisela@gmx.de Hamburg: Pamela Michaelis Isestr. 55 Wiesbaden: Enneagramm Wiesbaden mit Pfr. Dr. Michael Th. Schulz. Ansprechpartner: Yvonne Herget Tel. 0611/20 572 98 (abends) Yvonne.Herget@t-online.de oder christa.schuld.marktkirchengemeinde. wiesbaden@ekhn-net.de Tessin (CH): Ruth Maria Michel Kurs- und Ferienzentrum VBG Casa Moscia CH-6612 Ascona Tel. 0041 (0)91 791 29 44 ruth.michel@bibelgruppen.ch Toggenburg (CH) und Umgebung: monatliches Treffen in ungezwungener Atmosphäre im Wohnzimmer. Ruth Niederbäumer Waisenhausstrasse 17 9630 Wattwil, CH Tel. (071) 988 76 00 r.niederbaeumer@bluewin.ch Raum Zürich: Ludwig Zink Theseacher Str. 50 CH-8126 Zumikon Tel. 0041/043 288 08 30 ludwig_zink@yahoo.de Raum Bad Vilbel: Marianne Nitsche Vogelsbergstr. 8 61184 Karben Tel. 06039/3700 inmavoma.nitsch@t-online.de. Im folgenden die Enneagramm-Angebote der kommenden Monate. Genauere Angaben finden Sie im Internet unter www.enneagramm.eu. In Klammern sind die Leiter genannt, deren Kontaktdaten finden Sie auf Seite IV. Dezember 2008 1.–5.12.2008 3.–7.12.2008 5.12.2008 Exerzitien mit dem Enneagramm, Geistliches Zentrum Hünfeld, Tel. 06652/94 0 (Sr. Marie-Helene Hübben) Miteinander wachsen. Basiskurs für Paare. Hirschberg (bei Heidelberg), www.Hans-Neidhardt.de (Karin Kunze-Neidhardt und Hans Neidhardt) Enneagramm und Wertimagination, Spirituelles Zentrum St. Martin , 80469 München, www.stmartin-muenchen.de (Marion Küstenmacher, Andreas Ebert) Januar 2009 6.1.2009 9.–11.1.2009 15.–20.1.2009 21.–25.1.2009 23.–25.1.2009 30.1.–1.2.2009 Enneagramm-Einführung, ESG Essen, 45141 Essen, www. esg-essen.de (Julia Çiçekli) Neun Wege zur Ganzheit, 53721 Siegburg, Tel. 02241/125-0 (Sr. Marie-Helene Hübben) Enneagramm Professional Training bei Heidelberg (Gündel/Moore) Enneagramm-Intensivtraining. www.Hans-Neidhardt.de (Karin Kunze-Neidhardt und Hans Neidhardt) Enneagramm und Trauma-Aufstellung, Konstanz, www. von-witzleben-coaching.de (Gabriela v. Witzleben) Enneagramm I (Einführungskurs) im St. Ansgar-Haus, Hamburg, Helf@egv-erzbistum-hh.de, Telefon (040) 24877–460 (Doris Wetzig) Februar 13.–14.2.2009 13.–14.2.2009 14.–15.2.2009 Enneagramm I (Einführungskurs), 22926 Ahrensburg, info@vhs-ahrensburg.de, Tel. (04102) 8002-20 (Doris Wetzig) Grundlagenseminar, Konstanz, www.von-witzlebencoaching.de (Gabriela v. Witzleben) „Der Ego-freie Beziehungsraum“ - das Enneagramm in Beratung und Therapie, Gilching (Maria-Anne Gallen, Ass. Lidschreiber-Granato, Eva) März 6.–9.3.2009 7.3.2009 7.3.2009 7.3.2009 13.–15.3.2009 20.–22.3.2009 26.–29.3.2009 27.–28.3.2009 Out of the maze – heraus aus dem Labyrinth – Entwicklungswege mit demEnneagramm und angrenzenden Methoden, Intensivphase 1, im Allgäu (Gündel/Moore) Erster Regionaltag des ÖAE in Köln (siehe Randspalte) Enneagramm-Tag zum Kennenlernen (Wally Kutscher, www.exerzitienhaus-cham.de) Schnupperkurs zum Kennenlernen des Enneagramms, Ev. Gemeinschaftsverband Hessen-Nassau, 34626 Neukirchen/Knüll, www.eghn.de (Margit Lambach-Bialowons) „Sich selbst und andere besser verstehen lernen“ – Einführung ins Enneagramm, Schönblick – Christliches Gästezentrum Württemberg, 73527 Schwäbisch Gmünd, www. schoenblick-info.de (Margit Lambach-Bialowons) Jahrestagung des ÖAE in Hünfeld Enneagramm-Intensivtraining. www.Hans-Neidhardt.de (Karin Kunze-Neidhardt und Hans Neidhardt) Enneagramm-Einführungskurs, VHS, 44137 Dortmund, vhs. domap.de (Julia Çiçekli) Termine Richard on the Road Deutscher Evangelischer Kirchentag in Bremen 20. – 24. Mai 2009 Der ÖAE wird auch auf diesem Jahr wieder mit einem Stand präsent sein, diesmal einem Doppelstand zusammen mit dem EMT, den EnneagrammlehrerInnen in der mündl. Tradition nach Helen Palmer. Iris Gramberg, Dipl.-Psychologin aus Oldenburg wird für den EMT diese Aufgabe übernehmen, Doris Wetzig seitens des ÖAE. Anlässlich des Kirchentags in Bremen steht der 20. Jahrestag des Standardwerks von Andreas Ebert und Richard Rohr „Das Enneagramm“ an und wie ich hörte, soll es eine überarbeitete Sonderausgabe gebe. Der ÖAE hat dieses Mal für Bremen keine Einzelveranstaltung mit Richard Rohr geplant, denn 2010 folgt bereits der ökumenische Kirchentag in München. Andreas Ebert hat dort dem ÖAE freundlicherweise sein Spirituelles Zentrum St. Martin als Enneagrammzentrum zur Verfügung gestellt und wir sind sicher, dass dort neben Andreas und Richard noch weitere Persönlichkeiten unsere Arbeit mit dem Enneagramm in München bekannt machen werden. «Renew the Face of the Earth» eine Internationale Tagung in Assisi 29. Mai bis 1. Juni 2009 Das «Center for Action and Contemplation» des Franziskanerpaters Richard Rohr und «Caritas international» laden ein zu einer Konferenz mit spirituellen LehrerInnen aus verschiedenen Religionen, um über die großen Probleme dieser Welt (Armut, Krieg und Gewalt, Klimawandel) vor einem spirituellen Hintergrund zu diskutieren, um zu beten und eine - wie auch immer geartete Stimme - gegen die Zerstörung der Welt zu erheben. Jeder ist eingeladen, an dieser Konferenz teilzunehmen. Nähere Informationen auf der Homepage des cac: www.cacradicalgrace. org oder bei Ulla Peffermann-Fincke und Rainer Fincke in Lübeck Upeff@aol.com „Einweihung in das Wahre Selbst“ 3.–7. Juni 2009 Männerinitiation mit Richard Rohr in Norddeutschland in Zusammenarbeit mit dem Gemeindedienst der Nordelbischen Kirche, dem Nordelbischen Männerforum und der Erzbistum Hamburg, Referat Männer und Frauen. Informationen s.u., unter www.maennerpfade.de sowie bei Klaus Wetzig, Diekskamp 3 h, 22949 Ammersbek/Hamburg „Emerging Church“ Montag, 8.6. 2009 10–17 Uhr Ein Studientag mit Richard Rohr zu neuen Konzepten von Gemeindeaufbau für Menschen der postmodernen Gesellschaft Birgitta Haus des Erzbistums Hamburg, Schmilinskystr. 80, 20099 Hamburg EnneaForum Termine 1 Eine Veranstaltung in Zusammenarbeit des ÖAE mit dem Referat für Frauen und Männer des Erzbistums Hamburg. Nähere Informationen bei Rainer Fincke und Ulla Peffermann-Fincke, Dummersdorfer Str. 2a, 23569 Lübeck, Upeff@aol.com Detailliertere Informationen zu vorstehenden Terminen werden noch rechtzeitig auf unserer Internetseite veröffentlicht bzw. sind ab ca. Mitte Januar 2009 auch in der Geschäftsstelle erfragbar. April 2.–5.4.2009 17.–19.4.2009 27.4.–1.5.2009 29.4.–3.5.2009 30.4.–3.5.2009 Männerinitiation – Was ist das? Was macht den Mann zum Mann Was macht wahre Männlichkeit aus? Lässt sie Stärke und Schwäche in gleicher Weise zu? Immer mehr Männer stellen sich diese Fragen. Unsicher und unzufrieden mit unseren Rollen als Mann in Familie, Kirche und Gesellschaft sind Männer auf der Suche nach Sinn und Identität, unserer innersten Wahrheit, der tiefsten Leidenschaft eines Mannes. Und nicht selten erspüren wir dabei, dass wir in einer Krise stecken. Diese Krise ist vor allem auch eine spirituelle Krise. Außerhalb unserer modernen westlichen Gesellschaften wurden und werden junge Männer in die wesentlichen Mysterien und Geheimnisse des Lebens initiiert, eingeweiht. Die Erfahrung dieser Initiation macht den Jungen zum Mann. „Als ich ein Kind war, redete ich wie ein Kind, dachte wie ein Kind und urteilte wie ein Kind. Als ich ein Mann wurde, legte ich ab, was Kind an mir war.» Initiationsriten sind die ältesten bekannten Systeme spiritueller Unterweisung. Sie gehen allen institutionellen Religionen voraus. In unseren westlichen Gesellschaften haben wir allerdings keine echten Initiationsriten mehr. Wir schaffen stattdessen Pseudobilder vom Mann, die seine innere Leere und seine wahre Sehnsucht nicht zu füllen vermögen. Der amerikanische Franziskanerpater Richard Rohr gehört zu den Pionieren einer christlichen Männerbewegung und ist Vorkämpfer dieser spirituellen Erneuerung. Seine Bücher „Der Wilde Mann», „Masken des Maskulinen», „Endlich Mann werden», „Vom Wilden Mann zum Weisen Mann» und andere sind auch im deutschsprachigen Raum zu Bestsellern geworden. Wer nun nach diesen Ausführungen Lust und Interesse auf mehr bekommen hat, der findet unter www.maennerpfade.de weitere Angaben. Gekürzter Beitrag von Ludger Temme EnneaForum Termine Enneagramm-Einführung Hohenstein-Ernstthal, Evangelische Erwachsenenbildung Sachsen, landesstelle@ eeb-sachsen.de, Tel. 0351 / 47 17 295 (Heike Heinze / Roberto Schreiber) „Wieder neu sehen lernen …“ – Biblische Geschichten mit Bibliodrama-Methoden erleben (enneagrammatische Auswertung möglich), Bildungsstätte St. Bonifatius, 59955Winterberg, www.bst-bonifatius.de (Margit Lambach-Bialowons) „Ich bin so und Du ganz anders – ist das okay?“ – Einführungskurs ins Enneagramm mit Stress- und Trostpunkt-Integration, Bildungsstätte St. Bonifatius, 59955Winterberg, www.bst-bonifatius.de (Margit Lambach-Bialowons) Miteinander wachsen. Basiskurs für Paare. Schwanberg (bei Würzburg). www.Hans-Neidhardt.de (Karin Kunze-Neidhardt und Hans Neidhardt) Enneagramm-Grundkurs mit Elke Kauschinger (Enneagramm-Trainerin, ÖAE) (Wally Kutscher, www. exerzitienhaus-cham.de) Mai 7.–10.5.2009 20.–24.5.2009 29.5.–1.6.2009 3.–7.6.2009 Enneagramm-Intensivtraining. www.Hans-Neidhardt. de (Karin Kunze-Neidhardt und Hans Neidhardt) Deutscher Evangelischer Kirchentag in Bremen (siehe Randspalte) „Renew the Face of the Earth“ eine Internationale Tagung in Assisi (siehe Randspalte) „Einweihung in das Wahre Selbst“. Männerinitiation mit Richard Rohr (siehe Randspalte) Juni 8.6.2009 11.–14.6.2009 22.–24.6.2009 25.–30.6.2009 „Emerging Church“. Studientag mit Richard Rohr (siehe Randspalte) Enneagramm-Aufbaukurs mit Reinhard Wetzel (Betriebswirt und Master Coach): Das Enneagramm in Beruf und Alltag (Wally Kutscher, www.exerzitienhauscham.de) „Noch einmal neu beginnen …” Biblische Geschichten mit Bibliodrama-Methoden erleben, Schönblick – Christliches Gästezentrum Württemberg, 73527 Schwäbisch Gmünd, www.schoenblick-info.de (Margit Lambach-Bialowons) Enneagramm Intensiv bei Heidelberg (Gündel/Moore) Juli 2.–5.7.2009 Enneagramm-Intensivtraining. www.Hans-Neidhardt. de (Karin Kunze-Neidhardt und Hans Neidhardt) August 2.–8.8.2009 26.–28.8.2009 Enneagramm und Familienaufstellung, Berggasthof Höchsten/Bodenseenähe, www.von-witzlebencoaching.de (Gabriela v. Witzleben) „Mit Stress- und Trostpunkten umgehen lernen” – Weiterführungs-Seminar Enneagramm, Schönblick – Christliches Gästezentrum Württemberg, 73527 Schwäbisch Gmünd, www.schoenblick-info.de (Margit Lambach-Bialowons) Erster Regionaltag des ÖAE in Köln am Samstag, 7. März 2009 September 5.9.2009 14.–18.9.2009 18.–21.9.2009 „Aus Lähmungen zur Lebendigkeit …“ – BibliodramaWorkshop, Ev. Gemeinschaftsverband Hessen-Nassau, 34626 Neukirchen/Knüll, www.eghn.de (Margit Lambach-Bialowons) „Ich bin so und Du ganz anders – das ist okay!“ – Wie das Enneagramm Beziehungen leichter macht, Bildungsstätte St. Bonifatius, 59955Winterberg, www.bst-bonifatius.de (Margit Lambach-Bialowons) Out of the maze – heraus aus dem Labyrinth – Entwicklungswege mit demEnneagramm und angrenzenden Methoden, Intensivphase 2, Weinheim (Gündel/Moore) Oktober 8.–11.10.2009 8.–15.10.2009 16.–18.10.2009 23.–25.10.2009 Enneagramm-Beziehungskurs Naundorf (Sächs. Schweiz), Evangelische Erwachsenenbildung Sachsen, landesstelle@eeb-sachsen.de, Tel. 0351 / 47 17 295 (Heike Heinze / Roberto Schreiber) Enneagramm Professional Training bei Hamburg (Gündel/Moore) „Sich selbst und andere besser verstehen lernen” – Einführung ins Enneagramm, Bildungsstätte St. Bonifatius, 59955Winterberg, www.bst-bonifatius.de (Margit Lambach-Bialowons) Enneagramm I (Einführungskurs), 27711 OsterholzScharmbeck, info@bredbeck.de, Tel. (04791) 96 18-0 (Doris Wetzig) November 5.–8.11.2009 6.–8.11.2009 6.–9.11.2009 Enneagramm-Vertiefungskurs in Hohenstein-Ernstthal, Evangelische Erwachsenenbildung Sachsen, landesstelle@eeb-sachsen.de, Tel. 0351 / 47 17 295 (Heike Heinze / Roberto Schreiber) Enneagramm live. Basiskurs, Hirschberg (bei Heidelberg). www.Hans-Neidhardt.de (Karin Kunze-Neidhardt und Hans Neidhardt) Out of the maze – heraus aus dem Labyrinth – Entwicklungswege mit demEnneagramm und angrenzenden Methoden, Intensivphase 2, Weinheim (Gündel/Moore) 2010/2011 19.–21.2.2010 4.–6.2.2011 Jahrestagung des ÖAE in Rothenburg/T. Jahrestagung des ÖAE in Wiesbaden-Naurod Einladung zur Jahrestagung 2009 20.–22.3.2009 im Bonifatiuskloster Hünfeld bei Fulda Liebe ÖAE-Mitglieder, wir werden uns auch zur folgenden Jahrestagung wieder in Hünfeld treffen und freuen uns ganz besonders, dass Heidi von Wedemeyer uns an der Jahrestagung der Unterschiedlichkeiten und unterschiedliche Weltsichten der neun Enneagrammtypen in Panels näher bringen wird – wie zuletzt im Jahr 1999. Wir reagieren damit auf vielfach geäußerte Wünsche von alten und neuen Mitgliedern, wie auch auf den Wunsch der zuletzt abgeschlossenen Enneagrammtrainer (ÖAE), denen dieser Unterrichtsbeitrag gefehlt hat. Details könnt ihr der dem Heft beigefügten Einladung zur Jahrestagung und zur JHV entnehmen. Eure Doris Wetzig Liebe ÖAE Mitglieder und interessierte Gäste, es ist endlich soweit, am 7. März 2009 ab 14 Uhr findet nun unser erster Regionaltag statt und zwar in Köln-Klettenberg. Zu diesem Treffen sind vor allem alle ÖAE-Mitglieder, die nicht zur JHV kommen können, aber auch alle Menschen, die am Enneagramm Interesse haben, herzlich eingeladen. Die Teilnahme ist kostenlos. Wir beginnen mit einer kleinen Kurzeinführung ins Enneagramm und die Arbeit des ÖAE. Anschließend stehe ich für Fragen und Diskussionen zur Verfügung. Interessanterweise entstand der Kontakt anlässlich der Enneagramm-Tagung in Assisi mit Andrea Becker aus Köln und mittlerweile gibt es schon weitere Interessenten aus dem Umfeld von ÖAE und EMT. Ziel ist, dass sich dort eine aktive Regionalgruppe bildet, die sich regelmäßig austauscht. Eine Mitgliedschaft im ÖAE ist nicht Voraussetzung. Damit wir den Platzbedarf planen können bitten wir, dass Ihr Euch bis Ende Januar bei Eveline Schmidt in der Geschäftsstelle anmeldet, gerne auch per E-Mail an Info@enneagramm.eu. Im Februar erhaltet Ihr dann die genaue Adresse des Treffpunkts. Ich würde mich natürlich besonders freuen, wenn das der Start für weitere Aktivitäten wäre. Wenn also Bedarf oder auch einfach Lust auf ein Regionaltreffen besteht, meldet Euch doch gerne in der Geschäftstelle bei Eveline. Vor Ort ist eigentlich nur Raum für den Tag zu organisieren (Gemeindehaus, Praxisräume o.ä.). Um alles andere kümmert sich der ÖAE. Eure Doris Wetzig Losung: Mensch, wo bist Du (1. Mose 3,9) Der ÖAE wird auf dem 32. Deutschen Evangelischen Kirchentag im Bereich „Markt der Möglichkeiten“ wieder vertreten sein und sich einen Doppelstand mit dem EMT teilen. Das hat den Vorteil, dass wir die Kurzeinführungen ins Enneagramm wechselseitig durchführen können und es eigentlich immer eine Standbesetzung geben wird. Zwei Unterstützer haben sich schon gemeldet, ich selbst werde auch anwesend sein, wir brauchen aber noch Helfer am Stand, die Interessierten Infos zum Enneagramm und zum ÖAE geben können. Am Stand hat sich schon so manch interessantes Gespräch entwickelt und die Menschen, die wir dort treffen haben meist ein Anliegen, das auch uns am Herzen liegt. Die Losung des Kirchentags weist auf die Frage, die sich Menschen heutzutage mehr und mehr stellen und auf die Suche nach uns selbst. Ich würde mich über jede kostenfreie Mithilfe freuen. Bitte meldet Euch telefonisch bei Eveline Schmidt in der Geschäftsstelle oder bei mir per E-Mail unter doris.wetzig@enneagramm.eu Eure Doris Wetzig EnneaForum Termine Adressliste Enneagrammtrainer (Genaueres unter www.enneagramm.eu) Brigitte Beyer NLP Trainerin und Coach (DVNLP), Enneagrammtrainerin (IPE) Holtruperstr. 43 48308 Senden Tel. (0 25 97) 17 12, Fax (0 25 97) 9 67 07 mail@beyer-brigitte.de www.nlp-enneagramm.de Michaele Casselmann Dipl. Psych., Dipl. Theol., Europ. Zertifikat für Psychotherapie Norbert Lomb, Pfarrer, Europ. Zertifikat für Psychotherapie Kasseler Str. 28 37247 Großalmerode Tel. 05604-6389 NorbertLomb@gmx.net Çiçekli, Julia (ehemals Wendzinski) Enneagramm-Trainerin (ÖAE) Bergmeisterstraße 15b 44269 Dortmund 0231/4772030 julia_we@web.de Andreas Ebert Spirituelles Zentrum St. Martin Arndtstr. 8 80469 München info@stmartin-muenchen.de Tel. 089 20244294 www.stmartin-muenchen.de Gisela Eichner Erwachsenenbildnerin und Lektorin Hesseweg 2 72581 Dettingen Tel. (07123) 87861 eichner.gisela@gmx.de, Rainer Fincke und Ulla Peffermann-Fincke Dummersdorfer Str. 2a 23569 Lübeck Tel. (04 51) 30 42 92 Gotthard Fuhrmann Supervisor, DGSv Winzerstraße 82 A 01445 Radebeul Tel. (03 51) 8 30 13 68 gotthard.fuhrmann@arcor.de. Maria-Anne Gallen Dipl.-Psych., Psycholog. Psychotherapeutin, Praxis Laubanerstr. 1 a 82205 Gilching Tel. 08105 77 77 37 Fax. 08105 77 77 38 MAGallen@web.de www.gallen-praxis.de Sr. Marie-Helene Hübben msc Haus Josef (auf dem Terrain von Haus Blegge) Paffrather Str. 261 51469 Bergisch-Gladbach maria@cplusnet.de Barbara Hugentobler-Rudolf/ Gustav Etter VDM Lettenstr. 3 CH-8126 Zumikon/ZH Tel. +41.44.918.05.88 FAX +41.44.918.21.49, b.m.hugentobler@bluewin.ch Dr. Samuel Jakob Halden 132 CH 5728 Gontenschwil Tel. 0041 (0)62 773 13 31 Fax 0041 (0)62 773 82 68 samuel.jakob@bluewin.ch; Dipl. Päd. Johanna Jesse-Goebel Sauerbruchstr. 12 45470 Mühlheim/Ruhr Tel. (02 08) 38 10 56 Fax 38 10 57 praxis@jesse-goebel.de www.praxis-jesse-goebel.de Justine Krause Beratung – Supervison – Coaching – Seminare Niendorfer Kirchenweg 5e 22459 Hamburg Tel. 040/588009 justinekrause@t-online.de Wally Kutscher Enneagramm-Trainerin (ÖAE) Königsberger Str. 7 93413 Cham Tel. 09971/32541 wallykutscher@freenet.de Werner Lambach Am Heilhaus 1 34127 Kassel Tel. 0561-98326-352 Werner-Lambach@t-online.de Carola Modrejewski Lebenswerkstatt Steinbergstr. 87, 31139 Hildesheim 05121-6986155 www.lebenswerkstatt-seminare.de info@lebenswerkstatt-seminare.de Hans Neidhardt und Karin Kunze-Neidhardt Moltkestr. 18 69469 Weinheim Tel. (0 62 01) 18 68 05 (H.N.) Fax (0 62 01) 18 68 06 www.hans-neidhardt.de hans.neidhardt@t-online.de Tel. (0 62 01) 50 72 78 (K. K.-N.) Fax (0 62 01) 50 72 99 www.mensch-und-system.de info@mensch-und-system.de Hans Peter und Anna Maria Niederhäuser Obere Hardstrasse 16 CH-8570 Weinfelden Tel. 0041 71 622 43 01 niemail@freesurf.ch www.niederhaeuser.ch.vu Roberto Schreiber Roberto Schreiber, Supervision nach DGSv, Coaching, Organisationsentwicklung, Zertifizierter Enneagrammtrainer (IPE), Dipl. Sozialarbeiter/Sozialpädagoge (FH) Friebelstr. 8 01219 Dresden Tel. 0162/9051761 roberto_schreiber@web.de Friedrich-Karl Völkner Enneagramm-Trainer (ÖAE), Halle/Westfalen, Evangelischer Pfarrer, Bibliodramaleiter (ZHL), Tel. 05201-3087, Fax -849634 friedrich-karl.voelkner@enneagramm.eu Dipl.-Päd. Gerald Weidner Im Kammerfest 3 63628 Bad Soden Salmünster Tel. ( 0 66 60) 17 42 Weidner.SJH@t-online.de Doris Wetzig Enneagramm-Trainerin (ÖAE) Diekskamp 3 h 22949 Ammersbek (U-Bahn: Hoisbüttel) Tel. (040) 60 55 92 96 dw@doris-wetzig.de www.k-und-g.net Margit Lambach-Bialowons Enneagramm- und Bibliodrama-Kurse Pangesweg 11 34132 Kassel Tel. (05 61) 4 00 37 77 margit.lambach@gmx.de Pamela Michaelis zert. Enneagrammlehrerin, Supervisorin, Trainerin Isestrasse 55 20149 Hamburg Tel. (0 40) 4 80 80 99 Fax (0 40) 4 80 17 87 pamela@gainpower.de Agentur für Kommunikation EnneaForum Termine Heike Heinze Heike Heinze, Dipl. Religionspädagogin, Enneagrammtrainerin (ÖAE) Am Graßdorfer Wäldchen 71 04425 Taucha Tel. 034298 14359 heike.heinze@enneaforum.de Dagmar Levsen Enneagramm Trainerin, Typisierung Gothastr. 46 53757 Sankt Augustin Tel./Fax 02241-332254 dalevsen@gmx.de K+G Gündel/Moore EnneagrammWorks S6,25 68161 Mannheim Tel./Fax (06 21) 1 44 49 juergen.guendel@freenet.de www.enneagrammportal.de Gerd Heck und Ute Faßbender-Heck Arena-Praxis für psycholog. Fortbildung (aipf ) Kantstr. 8 53332 Bornheim Tel. (0 22 22) 93 67 75 Fax (0 22 22) 93 67 73 aipf-heck@t-online.de. Plansecur zum Thema – Geld und Beratung „Das Maß jeder Plansecur-Beratung sind die Menschen, die sie in Anspruch nehmen. Überzeugen Sie sich selbst!“ Berater und Begleiter zu sein – das ist meine eigentliche Berufung. K+G Agentur für Kommunikation www.k-und-g.net Zwei Dinge haben mir immer Freude bereitet: der Umgang mit Zahlen und die Beratung und Begleitung von Menschen. Deshalb war ich nach meiner Tätigkeit als Bankkaufmann und einer theologisch-pädagogischen Ausbildung im diakonischen und kirchlichen Bereich tätig. Dabei wurde mir klar: „Berater und Begleiter zu sein – das ist meine eigentliche Berufung.“ Seit 1995 bin ich selbstständiger Plansecur-Berater, seit 1998 auch Gesellschafter der bundesweit tätigen Unternehmensgruppe. Hier kann ich diese beiden Begabungen gleichermaßen leben: Ich möchte nicht nur ein Experte für Finanzfragen sein, sondern auch ein Ratgeber, dem man vertrauen kann und der sich dauerhaft um die anstehenden Fragen gewissenhaft kümmert. Ich sehe es als ein Geschenk an, dass dies auch die Beratungsphilosophie der Plansecur ist. Ganzheitliche Vermögensberatung und systematische Finanzplanung, wie sie die Plansecur seit mehr als 20 Jahren praktiziert, beginnt nicht immer mit einem Vermögen. Aber stets mit einem fachkundigen Rat und einem individuellen Plan. Denn kein Mensch gleicht dem anderen. Entsprechend vielfältig sind die Wünsche und Ziele, die unsere Kunden mit Hilfe ihres persönlichen Beraters verwirklichen: ■ Vernünftige Grundabsicherung der ganzen Familie ■ Kapitalaufbau mit Maß und System ■ Ertragreiche Geldanlagen ■ Vorsorge fürs Alter ■ Tragfähige Hausfinanzierungen ■ Solide Konzepte für Existenzgründer ■ Kurzum – beruhigende Sicherheit in allen persönlichen und beruflichen Geldangelegenheiten. Doch bei aller Vielfalt, eines haben unsere Kunden gemeinsam: den Wunsch, verantwortungsvoll und erfolgreich mit ihrem Geld umzugehen, um das Beste aus ihrer jeweiligen Vermögenslage zu machen. Darum vertrauen sie der Plansecur. Sie haben erfahren, dass sie hier nicht nur bedarfsgerecht und kompetent beraten werden, sondern auch glaubwürdig. Falls auch Sie Sicherheit in all Ihren privaten und beruflichen Geldfragen wünschen und individuellen Rat suchen, dann sollten wir uns einmal näher kennen lernen. Bei dieser Gelegenheit können wir über die Plansecur, unser Beratungsangebot und ebenso ausführlich über Ihre Ziele und Wünsche sprechen. Rufen Sie doch einfach einmal an. Zeit für ein gutes Gespräch findet sich immer. Plansecur-Beratung · Werner Lambach · Brandaustraße 10 · 34127 Kassel Fon 05 61 / 8 61 65 91 · Fax 05 61 / 4 00 92 26 · w.lambach@plansecur-beratung.de www.plansecur-beratung.de/w.lambach Neuer ÖAE-Vorstand gewählt Ludger Temme, Arno Kohlhoff, Doris Wetzig, Ruth Maria Michel, Friedrich-Karl Völkner Auf der diesjährigen Jahreshauptversammlung in Hünfeld wurde der Vorstand neu gewählt. Zum besseren Kennen Lernen wollen wir die einzelnen Mitglieder in persönlichen Interviews vorstellen. In diesem Heft unsere erste Vorsitzende Doris Wetzig und den zweiten Vorsitzenden Arno Kohlhoff. Doris Witzig, 1. Vorsitzende Doris, nach drei Jahren Vorstandsarbeit bist du nun zur ersten Vorsitzenden gewählt worden. Was ist dir in den drei Jahren wichtig geworden? Mir war und ist es wichtig, das Enneagramm weiterzugeben. Es ist ja nicht nur ein gutes und verständliches Mittel, sich selbst „auf die Schliche“ zu kommen und an sich zu arbeiten sondern auch, non-duales Denken zu fördern, einem Weg, das Gebot „Liebe deinen Nächsten“ in das tägliche Miteinander zu integrieren. Meine Bestrebungen bekamen durch die Wahl vor drei Jahren ein reales Feld, das es zu beackern gab und gibt. Wollte ich früher nie einem Verein beitreten macht es mir heute Freude, meine Kenntnisse und Erfahrungen aus meinem beruflichen Umfeld sowie meine Energie und freie Zeit in eine wirklich gute Sache zu stecken und zu sehen, wie sich etwas bewegt und entwickelt. Diese ehrenamtliche Arbeit gibt mir mehr zurück als man mit Geld bezahlen kann. Der Vorstand hat sich im September zu einer Klausurtagung getroffen. Was sind eure Ziele und Anliegen für die kommenden drei Jahre? Wir haben an unserer diesjährigen Klausur drei volle Tage wirklich hart gearbeitet und ich bin dankbar, dass meine Kollegen diesen straffen Zeitplan mitgetragen haben. Wir ergänzen uns untereinander sehr gut und obgleich wir alle vollberuflich tätig sind, hat jeder von uns zusätzliche Aufgaben übernommen. Die Ausrichtung des ÖAE war neben der Weiterbildung, den Jahrestagungen und Kirchentagsveranstaltungen der wichtigste Punkt und dies ist zusammengefasst in: - Weiterführung, aber auch Professionalisierung der Weiterbildung durch Trainerbegleitung - Das interne Netzwerk stärken und regional präsent sein. - Kontakt nach außen national und international fördern, um den ÖAE einerseits bekannter zu machen und andererseits auch die Mitglieder über aktuelle und auch internationale Entwicklungen zu informieren. - Spiritualität und Enneagramm stärker miteinander zu verbinden, im Verein wie auch in der Weiterbildung. Du hast damals am Pilotkurs der ÖAE-Trainerausbildung bei Gerd und Ute Heck teilgenommen. Magst du uns etwas über deine Enneagramm-Geschichte erzählen? Das Enneagramm habe ich, wie so viele, durch das Buch von Rohr/Ebert kennen gelernt und dort 1994 erst einmal meinen Mann als Typ gefunden – das war einfacher, als sich selbst zu entdecken. Nach einem Anfängerkurs bei Pfr. Dr. Michael Schulz nahm ich einige Jahre an seinem regelmäßigen Arbeitskreis in Wiesbaden teil. Nach meinem Umzug nach Hamburg Ende 1999 führte ich dies in der regelmäßigen Gruppe bei Pamela Michaelis weiter und besuchte dazwischen drei Kurse bei Sr. Anneliese Heine bevor ich in den Pilotkurs bei Gerd und Ute Heck einstieg. Bereits während des Pilotkurses führte mich mein persönlicher Weg erneut zu Sr Anneliese Heine auf den 3jährigen „Weg der Heilung“. So habe ich direkt nach dem Abschluss meine ersten Kurse gegeben und ich glaube, das ist wichtig für den ersten Einstieg. Seit 2005 gebe ich nun Kurse in Bildungseinrichtungen sowie katholischen und evangelischen Kirchengemeinden. Für so ein ziemlich anstrengendes Kurswochenende ist der größte Lohn die Freude und oft auch die Hoffnung, mit der die Menschen dann den Kurs verlassen mit einem doch deutlichen positiven Blick auf sich und ihre Umwelt. Und es sind immer einige wenige dabei wo man weiß, für sie ist das erst der Anfang auf dem Weg der Selbsterkenntnis. Auf dem Weg nach Assisi im Juni diesen Jahres gab ich zusammen mit Pfr. Martin Möslein einen Anfängerkurs an der Chiesa Luterana in Florenz. Die Atmosphäre in diesem Refugium direkt neben dem Fluss Arno in Florenz, die Offenheit und die Freunde, die mir die Menschen entgegenbrachten, die es vor z.T. mehreren Jahrzehnten nach Florenz verschlagen hatte, das alles sind wunderschöne Begegnungen mit Menschen, die sich auf den Weg gemacht haben und die ich in mein Herz geschlossen habe. Du wohnst in der Nähe von Hamburg und bist beruflich in einem ganz anderen Umfeld als deine Vorgänger tätig. Erzähl uns ein bisschen über Doris Wetzig privat! Mit privat meinst Du sicher die Doris außerhalb des ÖAE. Auch dort lässt sich privates und berufliches oft nicht trennen. Aber zu den Fakten: Ich bin in mit meinem Mann Klaus glücklich verheiratet und habe eine erwachsene Tochter. Seit meinem Umzug aus Wiesbaden arbeite ich bei einem Hamburger Hafenbetreiber als Sekretärin/Assistentin im Vorstand. Die Arbeit erfordert neben Loyalität und Zuverlässigkeit Verantwortungsbewusstsein und Organisationstalent und bietet einen großen Freiraum für Kreativität – selten künstlerisch sondern eher in Bezug auf die Lösung von Aufgaben und Problemen. Mein ganz privates Leben sieht dann schon eher wie das einer SIEBEN aus, um im Enneagramm zu bleiben. Mein Mann und ich singen in zwei Gospelchören, der eine ist einmal wöchentlich in der Kirchengemeinde, der andere alle vier Wochen am Wochenende zuzüglich gelegentlicher Konzerte. Dazu besuchen wir einmal in der Woche je einen Tango-Argentino Kurs und einmal ein Sport-Studio. Mein Mann ist aktiv in der Männerarbeit von Richard Rohr tätig und in die Organisation der ersten Männerinitiation 2009 hier im Norden in seiner Freizeit stark eingebunden. Zudem macht er derzeit die Ausbildung als Enneagrammlehrer in der mündlichen Tradition und lernt für die anstehende Prüfung. So gibt es natürlich viel Gemeinsames, aber auch viel Diskussionsstoff. Haben wir beide zusammen freie Zeit, sind wir an schönen Tagen im Garten, gehen mit unserem Hütehund, einem Bobtail spazieren oder fahren an die Ostsee, was trotz der Nähe leider selten vorkommt. Im Enneagramm bekennst du dich zu Typ VIER. Wo siehst du deine Stärken und Schwächen? Ich habe seit meiner Kindheit auf meinem Stresspunkt, dem Muster Zwei gelebt. Aber im tiefsten Inneren hatte ich ganz andere Vorstellungen vom Leben und dieses Helfen fand ich eigentlich nicht stimmig für mich. Im Weiterbildungskurs hatte ich mehr mit Menschen des Typs Vier zu tun und stellte fest, dass so typische Dinge sich bei mir bereits im Kindesalter gezeigt hatten. Ich sah mich schon als Kind immer als einsam und alleine – einfach anders halt. Durch die Teilnahme an verschiedenen Panels kristallisierten sich deutlich mein starker Dreierflügel und der selbsterhaltende Subtypus heraus. Und mit einem Augenzwinkern könnte ich sagen, meine Entwicklung in Richtung zur Eins ist erkennbar und zwar positiv, weil ich mit dem Enneagramm eine deutliche Weltverbesserung suche, aber auch negativ, weil ich sehr perfektionistisch sein kann – was beides meiner Umwelt auch nicht entgeht. Meine Schwächen? Auch ich habe die Neigung, gelegentlich aus einer Mücke einen Elefanten zu machen. Ich glaube, es war für meinen Mann eine große Erleichterung, dass diese Mini-Dramen nichts mit ihm sondern mit Typ Vier zu tun haben. Meine Stärken kommen sicher einerseits aus dem Dreierflügel, der mich Dinge binnen kürzester Zeit effizient planen und durchführen lässt. Andererseits muss ein Ergebnis nicht nur gut sein, sondern auch etwas Besonderes haben. Arno Kohlhoff, . Vorsitzender Arno, die EnneaForum-Leser kennen dich schon aus deinen Artikeln übers Prozessmodell. Auch beruflich arbeitest du mit dem Enneagramm. Erzähl uns ein bisschen über diese Arbeit! Gibt es auch bei dir so eine Art Enneagramm-Geschichte? Möglicherweise hat der eine oder die andere auch noch meinen Artikel zu Integrität in der Ausbildung oder meinen persönlichen Erfahrungsbericht über das Neujahrstreffen mit R.Rohr in Prag („Pension Sprint“) in Erinnerung. Wichtiger ist mir jedoch, dass ich in den nächsten Jahren viele der älteren und neueren Mitglieder unter uns per- EnneaForum 34 sönlich kennen lernen kann und ein Gespür dafür bekomme, wie unsere Mitglieder aktiv in die Arbeit mit dem Enneagramm und im ÖAE eingebunden werden können. Zur Frage: Als Kind habe ich am meisten darunter gelitten, nicht verstanden (und damit „gesehen“) worden zu sein. Nach dem kompensatorischen Motto „gib anderen das, wonach du dich immer gesehnt hast“ habe ich früh begonnen, mich in andere Menschen hinein zu versetzen und sie aus ihrem Bezugsrahmen heraus zu verstehen. Diese Fähigkeit habe ich ausgebaut, professionalisiert und so bin ich Psychotherapeut geworden. Die Entdeckung des Enneagramms war für mich auf diesem Wege eine wunderbare Offenbarung, weil es Menschen und deren Motive so präzise (durch-)schauen kann. Dadurch wird meine Welt ein wenig berechenbarer. In meinen Gesprächen mit Klienten erwähne ich das Enneagramm eher selten, vielmehr dient es mir als Hintergrundwissen. Manchmal bekomme ich Gänsehaut, wenn Klienten genau die zu ihrem Typen gehörige spirituelle Aufgabe formulieren und leben lernen, ohne explizite Kenntnis des Enneagramms zu haben. Zum Beispiel der DREIER-Mann, der stets wie aus dem Ei gepellt daher kommt, sich selbst die Maske vom Gesicht gezogen hat und tränenreich und verunsichert um Wahrhaftigkeit ringt und sich langsam der Frage zuwendet: „wer bin ich wirklich“? Oder die kämpferische ACHTER-Frau, die die Seifenblase ihrer vermeintlichen Stärke durchstochen hat, sich haltlos und ausgeliefert fühlt, um sich doch in wundervoller Weise gehalten weiß, ohne zu verstehen, was sie hält. Oder der in seiner Steifheit so clownesk wirkende EINSER-Mann, der sich täglich in Gelassenheit übt, weil - so sagt er grinsend - „dies die einzige Disziplin ist, in der ich noch nicht versucht habe, Perfektion zu erzielen“. Um keinen falschen Eindruck zu erwecken: nicht immer spielt das Enneagramm in meiner Arbeit eine große Rolle, die unmittelbare Begegnung mit dem Menschen jedoch immer. Das Enneagramm ist immer nur so wertvoll, wie der Resonanzboden, auf den es fällt. Und das ist von Begegnung zu Begegnung sehr unterschiedlich. Was hat dich bewogen, im ÖAE-Vorstand mitzuarbeiten? Was werden deine Schwerpunkte sein? Es kommt der Punkt, wo selbst eine NEUN wie ich nicht mehr verleugnen kann, dass sie etwas beizutragen hat. Auch wenn es sich oft nicht wahr anfühlt. Ich habe gerade auch im ÖAE viel Wertschätzung und Ermutigung erfahren durch mein Engagement als Autor und Mit-Ausbilder bei der ÖAEAusbildung zum/r Enneagrammtrainer/in.. Nicht zu vergessen das eine oder andere 4-Augen-Gespräch a la „Arno, du bist doch Psychologe, ich hätte mal eine Frage…“. Sandra Maitri, eine Schülerin von A.H.Almaas bezeichnet den Punkt, der uns als Trostpunkt vertraut ist, als unser „Seelenkind“. Das ist der Teil von uns, der in unserer Entwicklung am meisten verletzt wurde, sich deshalb nicht weiter entwickeln konnte und darum der Heilung durch liebevolle Zuwendung bedarf. Das ausgelassene DREIERKind, das sich auf der Bühne des Lebens in der bewundernden Aufmerksamkeit der Anderen sonnt, ist genau dasjenige Kind, welches wir NEUNER nie sein durften. Die Sehnsucht EnneaForum 34 Die anderen Vorstandsmitglieder im Kurzporträt, sie werden im kommenden Heft ausführlich vorgestellt: Ludger Temme, Schatzmeister Ru Jahrgang 1960, im Ruhrgebiet aufgewachsen, Studium der kath. Theologie, Arbeit als Seelsorger im Bistum Essen, später Ausstieg und Ausbildung zum Kaufmann, seit 2003 Einrichtungsleitung im Altenhilfebereich in Südniedersachsen. Wurde durch seine Frau Inge Mitglied im ÖAE, seitdem regelmäßiger Besuch von Tagungen, Jahreshauptversammlungen, ÖAE-Trainerausbildung. Ja Friedrich Karl Völkner, Beisitzer Jahrgang 1947, verheiratet mit Barbara, 5 erwachsene Söhne, Gemeindepfarrer in Halle/Westfahlen, EnneagrammTrainer ÖAE, Ausbildung für Bibliodrama, gibt regelmäßig Bibliodrama-Kurse im Kloster Damme. Ist im ÖAE für die Trainerausbildung zuständig, begleitet die Ausbildung unter dem Schwerpunkt Enneagramm und Spiritualität. En Sp U Bi dr E Fe vo te (In ha ist da, jedoch meist verdrängt oder verleugnet. Die Gewahrwerdung dieses Mangels wäre zu schmerzhaft. Mich dem zu stellen versöhnt mich mit mir und meinem Leben. Auf den Punkt gebracht: ich arbeite im ÖAE-Vorstand mit, weil mein Beitrag anderen etwas bedeutet und ich mich dadurch selbst beschenke. Meine Schwerpunkte liegen bei der individuell zu gestaltenden Kontaktpflege mit den Mitgliedern sowie internationaler Kooperationen, der Vorbereitung und Durchführung der Jahrestagung (mein persönliches highlight!) sowie die Professionalisierung und Mitgestaltung des ÖAE-Ausbildungskonzepts inklusive der Entwicklung und Durchführung eines train-the-trainer-Konzepts, dass den ausgebildeten Trainern Lernperspektiven eröffnen wird. Du bist Psychologe in eigener Praxis und wohnst in Amberg. Was gibt es noch über Arno Kohlhoff privat zu berichten? Arno privat ist sehr selbst erhaltend, schläft gerne lange, braucht es gemütlich warm am Holzkamin und baut sein eigenes Gemüse an. Ich bin bekennender Fußballfan vom KSC, liebe Tiere und Hunde im Besonderen und spiele im Verein Tischtennis. Mich fasziniert Astronomie, und der klare Sternenhimmel über der australischen Wüste war ein unvergessenes Erlebnis. Ich bin verheiratet mit Susanne, einer SECHS, ebenfalls Psychotherapeutin. Meistens treffen wir uns in der HerzTriade und lieben uns. Streit gibt es dann, wenn mein Autonomie-Bedürfnis sich nicht mit ihrem Bedürfnis nach Sicherheit verträgt. Unser kleiner Spitzmischling Lulu ist ein Mitbringsel von einer Enneagramm-Tagung in Asissi. Dieser Tage haben wir unseren Adoptivsohn in spe aus Äthiopien (10 Monate alt) das erste Mal im Arm halten können. Im November werden wir ihn ein zweites Mal in Addis Abeba besuchen können und ihn nach Hause mitnehmen. Aufregende Zeiten! n Ruth Maria Michel, Schriftführerin Jahrgang 1958, lebt in der Schweiz, Ausbildung in Theologie und Exerzitienbegleitung, Enneagrammtrainerin ÖAE. Verantwortlich für das Ressort Spiritualität in den VBG (Vereinigte Bibelgruppen in Schule, Universität und Beruf, die das Evangelium in die Welt der Bildung tragen will. Die VBG-Enneagramm-Arbeit lässt sich leiten von den drei E, in denen eine Dynamik innewohnt: E für Evangelium, E für Enneagramm, E für Exerzitien. 40 % Theologische Mitarbeiterin im christlichen Kurs- und Ferienzentrum Casa Moscia am Lago Maggiore, Kursleiterin von Exerzitien- und Kontemplationskursen, Geistliche Begleiterin, Mitarbeit im Redaktionsteam der Zeitschrift INSIST (Integriert denken - ganzheitlich glauben - werteorientiert handeln). Im Enneagramm bekennst du dich zu Typ NEUN. Wo siehst du deine Stärken und Schwächen? Diese Frage langweilt mich ein wenig, weiß doch jeder Enneagramm-Interessierte, was er/sie von einer NEUN erwarten kann und was nicht. Da bin ich keine Ausnahme. Wichtiger als festlegende Stärken und Schwächen sind die Liebe, der lebendige Weg, die Entwicklung und die Begegnung. Darauf baue ich im ÖAE und im Leben allgemein. EnneaForum 34 Buchrezensionen Dietrich Koller Das Thomasevangelium für heute. Ein spiritueller Begleiter Stuttgart 00 (ISBN -1-1-1) Das Neue Testament ist eine Sammlung von sehr verschiedenen Texten. Erst um das Jahr 350 herum stand endgültig fest, welche Schriften die Kirche mehrheitlich als „Heilige Schriften“ in dieser Sammlung behalten wollte. Die Gründe für das Ausscheiden anderer Bücher konnten sehr unterschiedlich sein: Manche waren nur regional bekannt. Manche waren zweifelhafter Herkunft beziehungsweise mehr oder weniger offensichtlich gefälscht. Manche wiederum lieferten die Stichworte für die damaligen Gegner des „rechtgläubigen“ Christentums. Dieser letzte Grund gab wahrscheinlich den Ausschlag, das Thomasevangelium zu verwerfen. Dieses ist eine Sammlung von 114 Jesusworten, die einen sehr alten und ursprünglichen Eindruck machen. Forscher datieren das Thomasevangelium heute mehrheitlich ins 1. Jahrhundert und stellen es damit neben die biblischen Evangelien. Weil in dieser Spruchsammlung die Heilungen Jesu ebenso fehlen wie Geburt, Passion und Auferstehung, konnte es passieren, dass sich die „Gnosis“ darauf berief, eine esoterische Unterströmung der frühen Kirche, von der man sich später deutlich und klar distanzierte. Die Gnosis beschrieb den Heilsweg als persönlichen Erleuchtungs- und Erkenntnisweg und hatte an der Heilsgeschichte entsprechend wenig Interesse. Über 1500 Jahre lang war die Schrift verschollen. Erst 1945 wurde zufällig eine koptische Übersetzung des vollständigen Buches in Ägypten gefunden, zusammen mit anderen frühchristlichen Texten. Dietrich Koller hat dieses Buch in den letzten Jahren zunächst für sich selber neu entdeckt. Gemeinsam mit seiner Frau hat er die Jesusworte des Thomasevangeliums Tag für Tag seiner morgendlichen stillen Zeit zu Grunde gelegt. Die Ergebnisse dieser Meditation bilden den ersten Teil des Buches „Betrachtungen der 114 Jesusworte des Thomasevangeliums“. Hier stellt Koller jedes Wort an den Anfang einer Seite und fügt eine persönliche Auslegung hinzu, vielfach in Gebetsform, in Zwiesprache mit Jesus. Tatsächlich laden diese Jesusworte zum Gespräch ein. Jesus spricht uns neu an, in unvertrauten, weil lange vergessenen Worten. Kollers Auslegungen sind Antworten, Rückfragen und Selbstbefragungen. Der zweite Teil des Buches bietet eine kurze Einführung in die Hintergründe des Thomasevangeliums. Koller hat sich erst nach der unmittelbaren Begegnung mit dem Stand der wissenschaftlichen Forschung vertraut gemacht. Diese Reihenfolge behält er für die Leserinnen bei. Das ist ungewöhnlich, aber das Ergebnis gibt ihm Recht. Er erzählt also im zweiten Teil von der Auffindung des Buches und von den Interpretationen. Er berichtet, wie es dazu kommen 0 EnneaForum 34 konnte, dass dieses Evangelium in Vergessenheit geriet. Und er verteidigt es gegen moderne Deutungen, die es antikirchlich missbrauchen wollen. Das ist Populärwissenschaft im besten Sinne. Dem Buch ist als erster Anhang ein weiterer frühchristlicher Text beigefügt, das „Perlenlied der Gnosis“. Hier wäre eine kurze Auslegung und Einordnung ebenfalls hilfreich gewesen. Den zweiten Anhang bildet eine Anleitung zu einer meditativen Übung. Das Buch ist in gewohnter Sorgfalt verfasst und wird herzlich empfohlen. Allerdings teile ich Kollers Einschätzung hinsichtlich der Zielgruppe nicht. Koller legt das Thomasevangelium den Suchenden ans Herz, „denen die kirchliche Erlösungslehre nicht mehr verständlich ist“. Aber wollen wir wirklich die Zersplitterung der christlichen Landschaft weiter fördern und am Ende lauter kleine Territorien vorfinden, die alle ihren eigenen Jesus verehren? Mir erscheint es eher angebracht, das Thomasevangelium als Heilmittel gegen eine Vereinnahmung Jesu zu betrachten. Jesus gehört uns nie, sondern tritt uns immer wieder neu entgegen, mit seinem Trost und seiner Zumutung. So kann uns das Thomasevangelium einen neuen Blick auf ihn schenken und uns lehren, neu auf ihn zu hören. Holger Forssman, München Spirituell erwachsen werden - Dietrich Kollers Thomasevangelium Wer die Worte Jesu in der Überlieferung des apokryphen Thomasevangeliums zum ersten Mal liest, hat ein besonderes Leseerlebnis: dieser Jesus fasziniert. Manche der Sprüche und Kurz-Dialoge erinnern zwar an Worte aus den synoptischen Evangelien, andererseits tritt da einer mit einer Autorität auf, die frisch, frech und bisweilen unerhört ist. So etwas provoziert spontane Zuwendung oder Ablehnung. Es bedarf deshalb der behutsamen, methodischen Annäherung an die 114 Sprüche des Thomas-Evangeliums, um sich der Sache dieser Botschaft zu nähern. Hier setzt die Arbeit von Dietrich Koller an. Koller ist Gestaltpsychologe und emeritierter evangelischer Pfarrer in Erfurt. Soeben ist sein Buch „Das Thomasevangelium für heute“ im Kreuz-Verlag erschienen. Der erste Teil bietet den sorgfältig überarbeiteten Text der 114 Sprüche mit Hinweisen auf verwandte Texte in den Evangelien und in anderen Sprüchen des Thomas-Evangeliums. Jeder Spruch wird interpretiert, aber nicht trocken exegetisch, sondern mit meditativer Intuition. Koller begreift den Sinn des Textes aus der eigenen Lebenserfahrung. Da er über beachtliche sprachliche und theologische Kompetenz verfügt, sind dabei originelle Texte mit eigener Aussagekraft entstanden. Dazu ein Beispiel: Logion 1: Wer die Bedeutung dieser Worte findet, wird den Tod nicht schmecken. Erkenntnis ist Geschmack des Lebens (D.Koller) Soviel und so wenig verstehe ich: Wer mit seinen Kopfgedanken bei der dogmatischen und moralischen Bedeutung dieser Worte der göttlichen Weisheit stehen bleibt, der bleibt in der Welt des Todes. Wer den Weg des Vertrauens wagt, wer den Verstand seines Kopfes dem Verstand seines Herzens einordnet, der kann mit diesen Worten die tödlich-kalte Welt der Berechnungen überschreiten und schmeckt das Leben selbst. Zwei Drittel des Buches sind auf diese Weise gestaltet. Wer zunächst nur den Kontakt zu den 114 Sprüchen sucht, sollte den Weg über diese Begleittexte suchen: ein Gewinn für die eigene spirituelle Praxis kann sich wie von selbst einstellen. Er führt den Leser zu Gedanken, welche einen unentwickelten Glauben herausfordern: es geht um spirituelles Erwachsenwerden. Leser, die sich zur Geschichte des Thomasevangeliums informieren wollen, finden im zweiten Teil des Buches Ausführungen, wie es 1945 im ägyptischen Nag Hammadi/Luxor entdeckt wurde. Obwohl es von der Zeit seiner Entstehung - vor 70 n.Chr.- wie von der Art seiner Theologie her hinein gepasst hätte, haben die frühen Kirchenväter das Thomasevangelium nicht in den Kanon der neutestamentlichen Schriften aufgenommen; eine Entscheidung, die Koller relativiert. Ferner entfaltet Dietrich Koller die Theologie des Thomasevangeliums. Nach dieser Lektüre hat man den Eindruck, das Buch erscheine heute zur rechten Zeit. Um das verständlich zu machen, sei an Beiträge erinnert, die seit Anfang der neunziger Jahre die theologische Diskussion in beiden Kirchen beeinflusst haben. 1991 veröffentlichte der irische Theologe Peter de Rosa „Der Jesus Mythos“, eine Bestandsaufnahme über „die Krise des christlichen Glaubens“. Seine Grundfrage lautete: „Wie kann das Christentum verstanden und gelebt werden, damit es das dritte Jahrtausend überlebt?“ Er war nicht der einzige, der eine grundsätzliche Neuorientierung der christlichen Theologie forderte: David Steindl-Rast, Benediktiner, und sein Mitautor, der Physiker Frithjof Capra, sahen eine „Wendezeit im Christentum“(1993). Ausgehend von der Naturwissenschaft fordern sie in der Theologie einen „Paradigmenwechsel“. Der emeritierte evangelische Theologie-Professor K.P. Jörns veröffentlichte 2004 „Notwendige Abschiede“. Wie die anderen Kritiker befindet auch er sich „auf dem Weg zu einem glaubwürdigen Christentum“. Die überlieferte Dogmatik und die von ihr bestimmte kirchliche Praxis werden als nicht mehr glaubwürdig angesehen. Es bedarf eines generell neuen Konzeptes für Kirche und Christentum, wenn es in absehbarer Zukunft nicht implodieren oder überrollt werden soll. Als eines von vielen Beispielen für diese Sicht nennt Jörns den “Abschied vom Verständnis der Hinrichtung Jesu als Sühnopfer und von dessen sakramentaler Nutzung in einer Opfermahlfeier“. gegenüber anderen Religionen (P.Schmidt-Leukel, Gott ohne Grenzen.2005) bis hin zur christologischen ZweiNaturen-Lehre (H.M.Kuitert, Kein zweiter Gott, Jesus und das Ende des kirchlichen Dogmas. 2004) kommt alles auf den Prüfstand. Das ist wohl unvermeidlich in einer Zeit, in der sich zum Beispiel von den größeren evangelischen Landeskirchen jährlich bis zu 10.000 Mitglieder verabschieden. Wie passt nun Kollers „Thomasevangelium“ in diese Situation? Er setzt die theologische Diskussion der Experten ebenso voraus wie die Abwanderung derer, welche die historischen Kirchen verlassen. Abrissarbeiten auf der „Baustelle Christentum“ interessieren ihn wenig. Er stellt fest, dass sich „bei Thomas kein Wort (findet), das auf eine Erbsündenlehre oder Sündenfallgeschichte hinwiese“, kein Wort auch über die Heilsbedeutung des Todes Jesu, keine Erlösungslehre, welche die„Satisfaktion“ Gottes durch das stellvertretende Sühnopfer Jesu als zentrale christliche Glaubenslehre verkündet. Im Thomasevangelium werden die Worte Jesu noch vor aller christlichen Theologie überliefert. Nur Jesus selbst, der „Lebendige“ tritt hervor. Noch ist aus dem Verkündiger des Reiches Gottes nicht der Verkündigte geworden, dessen Heilsbedeutung zu entfalten war, damit er selbst als Inhalt der Botschaft verkündigt werde. Hinter diese Stufe der Überlieferung, deren wichtigster Repräsentant der Apostel Paulus war, geht das Interesse an „Jesus, dem Lebendigen“ zurück. Koller versucht die christliche Ursituation, die Begegnung mit Jesus selbst, herbeizuführen. Das Thomasevangelium ist besonders geeignet, diese Begegnung zu ermöglichen, da es nur eine Sammlung von Sprüchen Jesu, also die früheste Form schriftlicher Überlieferung von Jesus darstellt. Koller konzentriert sich auf die urchristliche Situation vor aller christlichen Theologie, auf abgrenzende Polemik kann er verzichten. Ob die Verwendung des Thomasevangeliums um eine Verortung im Zusammenhang der 2000 Jahre kirchlicher Entfaltung der Jesus-Botschaft herum kommt, muss bezweifelt werden. Sollen dogmatische Aussagen, die heute als Hindernis für eine Begegnung mit Jesus empfunden werden, in den Keller für Verpackungsmüll? Welche sollen da hinein? Wie steht es mit neuen Verpackungen? Allerdings sind das wohl Fragen, die nur noch Theologen interessieren. Wer sich auf der Suche nach Jesus selbst befindet, für den wird das „Thomasevangelium für heute“ von Dietrich Koller eine willkommene Hilfe sein. Gerhard Heck Vom Absolutheitsanspruch des Christentums EnneaForum 34 1 Andreas Ebert Die Spiritualität des Enneagramms Claudius-Verlag 00 erste Eindrücke von Marie Helene Hübben Dieses Buch muss ich mir einver-leiben, dann bin ich bei Evagrius Pontikus und der Heimkehr zu mir selbst und zu Gott, denn die Heimkehr fängt nach Evagrius immer im Leib an. Ich muss es mir einverleiben, aber dazu brauche ich mehr als die 14 Tage, die mir bis zum Redaktionsschluss noch bleiben. Mit Spannung habe ich es erwartet und als ich bekam schlug ich es einfach auf, dabei bin ich als Zwei bei der Zwei gelandet. Wie damals 1990 als ich das erste Buch bekam. Andreas beschreibt die Erfahrung des Ennesgramms an seinem eigenen Leib und an seiner Seele, er vermittelt Erfahrungen aus der Seelsorge und spirituelle Hilfen zur Weiterentwicklung. Es kann sich beim Lesen eine innere Verwandtschaft zwischen der LeserIn und dem Verfasser entwickeln. Mich besticht die einfache klare „Gestalt“ des Buches. Was mir besonders gut gefällt ist die einfache, klare, ver- ständliche und schöne Sprache, die dazu anregt, gerne darin zu lesen. Das Buch ist auch mit Graphiken ausgestattet, einem Bild und außerdem auf vielen Seiten mit einem Freiraum. Beim Kapitel über die Wüstenväter, hier besonders über Evagrius, sind wichtige Sätze als Lesehilfe sehr prägnant zusammengefasst. Der ganze „Wüstenvätertext“ besteht aus Verbindungen zwischen damals und heute. Unter dem Blickwinkel: ökonomisch, sozialkritisch und spirituell. Die LeserIn wird hinein genommen in eine spannende Geschichte. Man hat den Eindruck, die Zeit der Wüstenväter sei unsere Zeit. Kirchengeschichtlich ist die Situation um Origines und Evagrius sehr erhellend dargestellt, so dass alle Vorbehalte gegen Evagrius wegfallen können. Das Buch kann nicht gelesen werden ohne den eigenen Standpunkt zu erkennen und zu überdenken. Fortsetzung folgt, weil ich noch Zeit brauche für die Ein-verLEIBUNG. Beim nächsten Mal eine kurze Rezension über: - Die neun Typen des Enneagramms und die neun logismoi des Evagrius. - Evagrius und das Prozessmodell des Enneagramms. 4P[KLT,UULHNYHTTKPL LPNLUL:WPYP[\HSP[j[LU[MHS[LU + AS%NNEAGRAMMISTDIE1UELLEEINERTIEFENUNDUMFASSENDEN SPIRITUELLEN7EISHEIT!NDREAS%BERTERSCHLIETINSEINEM NEUEN"UCHDIE4IEFENDIMENSIONENDES%NNEAGRAMMS%R SCHILDERTSEINE7URZELNINDER,EIDENSCHAFTSLEHREDER7àSTENVÊTER ZEIGTWIESICHDAS%NNEAGRAMMALS0ROZESSSEELISCHENUNDGEIST LICHEN7ACHSTUMSVERSTEHENLÊSSTUNDGIBTZAHLREICHEPRAKTISCHE (INWEISEFàRKONKRETESPIRITUELLEÃBUNGSWEGEMITDEM%NNEA GRAMM%XERZITIEN+ONTEMPLATION"IBLIOLOG3CHRITTE0RO GRAMM6ISIONSSUCHE !NDREAS%BERT $IE3PIRITUALITÊT DES%NNEAGRAMMS 3(ARDCOVERMIT ,ESEBÊNDCHEN )3". % EnneaForum 34 %RHÊLTLICHIN)HRER"UCHHANDLUNG ODERBEIDER #LAUDIUS6ERSANDBUCHHANDLUNG "IRKERSTR-àNCHEN 4EL&AX %-AILVSB EPVDEWWWCLAUDIUSDE Stephen Mitchell. Wer Gott sucht, hat ihn schon gefunden: Die spirituellen Wurzeln des Alltags. München: Claudius Verlag, 00. ( S.) Der anglikanische Pfarrer Stephen Mitchell schreibt über Gott und die Welt. Das, was diese Begriffe bezeichnen, sind für ihn nicht zwei getrennte Bereiche, weil er Gott in unserer Lebenswelt allgegenwärtig auffindet. Das Erkennen der Präsenz Gottes in der Welt ist für ihn das Heilmittel, dem sonst überall erkennbaren Rückzug des Glaubens aus dem Alltag der Neuzeit entgegen zu treten. Der englische Originaltitel «Gott im Bad» thematisiert die Grundaussage des Buches: Gott ist an jedem Ort schon da in unseren Lebensumständen, «wir leben, weben und sind» (S. 16) in ihm. Abgeleitet vom englischen Begriff «to believe in» (Vertrauen setzen in) ist Glaube kein «Glaube an» Gott, sondern «in ihn» bzw. im eigentlichen Sinne «in ihm». Die in dieser Weise als Lokalisierung verstandene Auffassung des Glaubens führt dazu, Gott nicht als ein mögliches/gedachtes Gegenüber zu begreifen, sondern als die Wirklichkeit selbst, in der wir hier und heute existieren. Das rechte Verständnis von Gottes schon immer «Drinnensein» wird in 12 verschiedenen Stationen (gleich Kapiteln) abgeschritten und bewusst gemacht. Der gedachte Gesprächspartner ist für den Autor der intellektuelle, «aufgeklärte» Kirchenferne oder Agnostiker, der zu den traditionellen Glaubensaussagen keinen Zugang mehr hat. Für ihn schaufelt Mitchell auf 79 Seiten dicht gedrängt den Weg zu einem neuen Verständnis und damit einer anderen Art von Aufklärung frei. Die «lang vergessene EnneaForum 34 Wahrheit über Gott» (S. 15) ist seine Präsenz in unseren sinnlichen Erfahrungen. Gott ist kein Konzept, sondern die erfahrene Realität unseres gelebten Lebens. Die «revolutionären Folgen: Es gibt keine Suche nach Gott, denn wir sind schon in Gott» (S. 21). Dass im lateinischen Glaubensbekenntnis «credere in deum» steht, ist für ihn ein Hinweis, dass die «Orthodoxie der christlichen Tradition» die kirchlichen Dogmen untergrabe und sich auf die Annahme des ganzen Lebens ausrichte (S. 27). Aus dieser Haltung heraus müssten einerseits Aussagen christlicher Tradition neu gesehen werden, andererseits dürfte der wahre Charakter des Lebens auch in seiner Tragik nicht verdreht werden. «Das Risiko, dass alles schief geht, bedroht jede unserer Entscheidungen» (S. 33). «In Christus» gehen wir - aus unserem Kopf heraus - hinunter auf die Erde und nehmen unser Menschsein an. Das Personsein ist das gemeinsame Geheimnis Gottes und des Menschen. Die Radikalität der Liebe erweist sich ihrer Bedingungslosigkeit, die es ermöglicht, «alle Dinge zu umarmen» (S. 54). Dass man keine Angst haben solle in jedweder Berührung mit der Welt, dem Leben - denn es ist Gott -, ist eine der Kernaussagen des Buches. Religion ist hier nicht die Bewegung über die Welt hinaus, sondern ganz hinein. Das finde ich als Leser richtig, weil es auch eine Gegenbewegung zu einer lange gepflegten, lebensfeindlichen Einseitigkeit westlicher Religiosität ist. Aber wenn wir unsere Bilder von Gott und Welt in dieser Weise übereinander legen und feststellen, dass da gar kein Unterschied ist, geht gleichzeitig wieder etwas Wesentliches verloren. Und das ist es auch, was mich beim Lesen gestört hat: hier fehlt etwas. Mein inneres Gefühl für Balance rief nach so viel (kataphatischer) Fülle von Gottes- und Weltbeschreibung nach (apophatischer) Entleerung, um Raum zu machen für die Dimension des Unsagbaren. Wo liegt das Problem? «Die Religion muss ihren Platz in der heutigen schnelllebigen und vielschichtigen Welt behaupten, wenn sie weiter existieren will ... und verhindern will, dass sie von der Kultur abgelöst wird» (S. 77). Wenn Kultur zur Religion wird und diese dann auch ersetzt (als Ergebnis dieser Entwicklung könnte man wohl auch einige Erscheinungsformen von «Esoterik» bezeichnen), was ist dann verloren gegangen? Warum ist damit ein «Verlust der Moral und des politischen Impetus» verbunden? Welche Inhalte vermittelt die Kirche dann noch als «eine prophetische Stimme in der heutigen Kultur»? Diese Fragen, die sich aus seinem Text heraus ergeben, werden leider von Mitchell nicht beantwortet. Welche Kriterien zur Unterscheidung zwischen Religion und Kultur bzw. zwischen Sehen und prophetischem Hellsehen kann ich denn benutzen oder genauer: wo bekomme ich sie her? Was ist das unterscheidend Religiöse? Im indischen Rigveda (X,90,3) wird über die Größenverteilung des Urwesens gesagt: «Ein Viertel sind alle Wesen, drei Viertel ist Unsterbliches im Himmel.» Daran habe ich mich erinnert, als mir bewusst wurde, das die im Buch vertretenen Größenverhältnisse so nicht stimmen können. Der Autor taucht in das eine Viertel in seiner ganzen Vielfalt ein, aber auf das Gewicht und die Auswirkungen der verbleibenden drei Viertel auf das Gesamtbild wird nicht richtig Bezug EnneaForum 34 genommen. Ohne den Blick auf Transzendenz vermittelt die in dem Buch eindrücklich beschriebene Immanenz Gottes ein verzerrtes Bild der Wirklichkeit. Mitchells religiöse Weltanschauung ist panentheistisch (bedeutet: alles im Universum ist Teil Gottes, doch Gott ist mehr als das Universum), jedoch kommt das „Mehr Gottes“ nicht zum Tragen. Vor lauter Integration des Gottesbildes in unsere Lebenswelt wird die Dimension der notwendigen Transformation des Menschen vergessen. Wenn aufgrund von Ähnlichkeit die Gefahr einer voreiligen Vergottung des Menschen besteht, ist für Selbstüberwindung gar kein Raum mehr. Wenn ich (nur im Kopf) meine, ich wäre schon da, dann muss ich mich nicht mehr auf den Weg machen. Erst die auch mögliche Erfahrung einer abgrundtiefen Getrenntheit zwischen mir und Gott lässt die paradoxe Widersprüchlichkeit der Wirklichkeit zum Vorschein kommen und kann einen Impetus zur Überwindung der Trennung hervorrufen. Aus der daraus entstehenden kreativen Spannung haben sehr viele religiöse Phänomene ihren Ursprung genommen, die bei Mitchell keine Erwähnung finden. Askese z.B., die spirituelle Einübung in eine innere Haltung, bei der auch der Verzicht auf sonst übliche («weltliche») Verhaltensweisen eine Rolle spielt. Oder Kontemplation, in der die in der „Welt“ tätigen Seelenkräfte zur Ruhe kommen und dem Übenden ein reines Schauen widerfahren kann. Auf die in dieser Hinsicht grundlegende mystische Tradition wird nicht explizit Bezug genommen. Aus der Erkenntnis eines nur begrenzt möglichen Sprechens über Gott weist der Verfasser nicht auf das Schweigen, sondern zieht eher den Schluss, dass man Sinnlosigkeit ignorieren und sich auf die gute Tat konzentrieren solle (S. 85). Die protestantische Ethik schimmert durch. Mitchell will Missverständnisse über eine falsche Aufgespaltenheit der Wirklichkeit in der christlichen Tradition beseitigen und wendet sich dabei an Menschen, die an der Kirche leiden oder denen sie nichts mehr sagt. Diese Leserschaft kann dieses Buch ansprechen und ein Stück weit tragen. Beim Blick auf den Lebensbaum werden dessen spirituelle Wurzeln allerdings nicht freigelegt. Wie kann eine heilsame Sichtweise (Welt und Gott sind nicht getrennt) nicht nur im Kopf, sondern im ganzen Menschen verankert werden? Eine Transformation des Bewusstseins setzt eine spirituelle Praxis voraus, die nicht in Salongesprächen eingeübt wird. Wer an dieser Stelle Weiterbringendes kennen lernen möchte, dem würde ich die Werke Richard Rohrs empfehlen. Und wer mehr über die drei Viertel wissen will, gehe in die Wüste oder ersatzweise auf die nächste Jahrestagung des ÖAE. Peter Pfandt Enneagrammatische Witzvarianten: Pauline Widmann, Schrobenhausen. Zeichnungen: Philipp Buchheister, Hamburg. Als ein achtjähriges Mädchen das Taschengeld dafür verwendet, ihrer ZWEIERmutter ein Geschenk zu kaufen, ist diese sehr dankbar und glücklich, denn im allgemeinen tut ein ZWEIER alles für andere, bekommt aber nie die Dankbarkeit und Anerkennung, die er sich eigentlich insgeheim wünscht. Das Mädchen scheint das verstanden zu haben, denn sie sagt: „Dafür, dass du so schwer arbeitest, Mutter, und es keiner richtig würdigt.“ Die ZWEIERfrau entgegnet: „Dein Vater arbeitet auch schwer.“ Da meint das Mädchen: „Ja, aber er macht nicht so viel Aufhebens davon.“ Enneatainment Zwei SIEBENER kommen von einer feuchtfröhlichen Party. Sie sind etwas unsicher auf den Beinen und warten spät nachts ungeduldig an der Bushaltestelle, lange nachdem die Busse den Verkehr eingestellt haben. Mehrere Stunden vergehen, ehe sie, sinnlos betrunken wie sie sind, bemerken, dass der letzte Bus schon lange weg ist. Aber sie sehen mehrere Wagen im Depot geparkt und beschließen, einen auszuleihen und selbst nach Hause zu fahren. Enttäuscht stellen sie fest, dass sie den richtigen Bus nicht finden können. „Ist das zu glauben,“ sagt der eine SIEBENER, „da stehen Hunderte von Bussen und nicht ein 36er ist darunter.“ „Das ist jetzt egal“, sagt der andere SIEBENER. „Lass uns jetzt den 22er bis zur Endstelle nehmen und die letzten paar Kilometer nach Hause laufen.“ Eine feine EINSERdame sieht einen kleinen ACHTERjungen auf der Straße eine Zigarette rauchen. Sie schimpft empört: „Was machst du denn da, Bengel! Das werde ich deiner Mutter erzählen!“ Der ACHTERjunge raucht genüsslich weiter und meint: „Wie Sie wollen. Aber dann erzähle ich Ihrem Mann, dass Sie fremde junge Männer auf der Straße anquatschen.“ EnneaForum 34 Das EnneaMann von Arno Kohlhoff Das EnneaMann ist die Enneagramm-Version für den Mann. Nur existiert es leider nicht. Das Enneagramm kommt seltsam geschlechtsneutral daher, was ich schon immer irritierend fand. Während das Spannungsverhältnis zwischen dem Weiblichen und dem Männlichen vieles in unserem Leben bestimmt, bleibt die Geschlechterfrage beim Studium des Enneagramms meist außen vor. Dabei müssten wir doch zwingend annehmen, dass geschlechtsgebundene genetische und soziokulturelle Faktoren entscheidenden Einfluss auf die Ausgestaltung eines Typmusters nehmen. Hinzu kommt, dass wir dazu tendieren, bestimmte Muster einem bestimmten Geschlecht zuordnen. Diese Geschlechterstereotypie äußert sich etwa darin, dass die Vier und die Zwei spontaner mit Frauen in Zusammenhang gebracht werden, während Muster Fünf und besonders die Acht eher an einen Mann denken lassen. Nebenbei bemerkt, vielleicht ist das einer der Gründe, weswegen sich Achter-Frauen häufig für eine Vier halten und Vierer-Männer sich oft allzu gern als Drei wahrnehmen (besonders, wenn sie einen starken 3er-Flügel haben). Ich hatte das Glück, Männerarbeit und das Enneagramm zeitgleich ca.1989 kennen zu lernen, weil der amerikanische Franziskanerpater Richard Rohr in seinem Wirken beides in seiner Person vereint. Fast zeitgleich veröffentlichte er zusammen mit Andreas Ebert seinen EnneagrammKlassiker und „Der Wilde Mann - Geistliche Reden zur Männerbefreiung“ (1987, Claudius Verlag). Damals trafen sich wöchentlich Männer im Rahmen der autonomen evangelischen Studentengemeinde in Heidelberg. Anfangs lasen wir wöchentlich ein Kapitel aus Rohrs Buch, später wurden die Gespräche immer persönlicher. Die Männergruppe half mir, Solidarität und Freundschaft unter Männern einzuüben, einen differenzierteren Blick auf mein Mann-Sein zu bekommen und meine männliche Identität zu fördern. Wir jungen Männer erlaubten uns, „schwach“ zu sein in dem Sinne, dass wir offen über Gefühle, Ängste und Sehnsüchte sprachen. Das war nicht leicht und manchmal recht stockend. Auch sprachen wir über unsere Beziehungen zu unseren Müttern (dazu fanden die Söhne kaum Worte) und unseren Vätern (sehr emotionale Gespräche). Am Beispiel der Vaterbeziehungen wird deutlich, wozu ein EnneaMann gut wäre, warum es Sinn machen kann, Enneagrammm und Männerarbeit zusammen zu führen: einige aus unserer Gruppe berichteten von abwesenden Vätern – Väter, die emotional (oder auch körperlich) abwesend waren, dem Sohn also nur unzureichend als Modell für Männlichkeit zur Verfügung standen. Je nach Enneagramm-Muster fielen unsere Antworten auf diesen erlebten Mangel unterschiedlich aus: einem Neuner Mann fehlt die männliche Energie, sich von der Mutter zu lösen, was in den Beziehungen zu Frauen zur Folge hat, dass er in ihnen vor allem einen Mutterersatz sucht. Seine Beziehungen halten nicht lange. Der Dreier-Mann hingegen spürt den Zwang, EnneaForum 34 seinem Vater seine Daseinsberechtigung als Mann quasi zu beweisen, indem er kompromisslos erfolgreich wird. Die innere Not des Einser-Mannes wiederum treibt den Ehrgeiz an, ein besserer Vater zu werden. Der Sechser- Mann kompensiert den gefühlten Vater-Mangel, indem er die Führung in der Beziehung an seine Frau ab tritt, um ja kein Macho zu sein. Der Siebener-Mann will erst gar nicht erwachsen werden, möchte „aus Überzeugung“ kinderlos bleiben, weil er weiß, dass er keinen guten Vater abgeben würde. Ich selber lernte und lerne immer noch, gut mit Autorität und Aggression umzugehen. Dabei ist mir das Enneagramm der Spiegel, der Selbsterkenntnis fördert, die Männerarbeit, wie sie R. Rohr verkörpert, mein Wegweiser, der meinem Handeln Kraft und Richtung verleiht. Arbeit von Richard Rohr zu unterstützen, ist der ÖAE. Was bedeuten diese Erfahrungen mit Richard Rohr für die Frage nach einer Erneuerung der Kirche? Ein wesentliches Problem unserer Großkirchen ist ja, dass der Apparat, die Organisation, die Gebäude, die Repräsentanz im öffentlichen Leben… einen so großen zeitlichen und finanziellen Raum einnehmen, dass geistliches Leben in der Gemeindearbeit immer mehr „eingequetscht“ wird in die wenigen freien Lücken des vorgegeben Arbeitsplans einer Gemeinde. Genau so oft habe ich aber eine große Müdigkeit erlebt bei den Pastorinnen sowie bei den leitenden haupt- und ehrenamtlichen MitarbeiterInnen. Die Sorge um die Zukunft der Gemeinde, Verlustängste beim Verkauf von kirchlichen Gebäuden, Zorn über kirchenleitende Entscheidungen belasten enorm. Und das spüren dann auch die „normalen“ Gemeindeglieder. Viele Gemeindepastoren und Ehrenamtliche sind geistlich und seelisch „ausgebrannt“ und können so nur schwer ihrer Aufgabe als geistliche Begleiter, Seelsorger und inspirierende Prediger des Evangeliums nachkommen. Und sie haben oft niemanden, der ihnen aus diesem Dilemma heraus hilft. Vielleicht ist das eine wichtige Aufgabe von christlichen Gemeinschaften wie dem Netzwerk Richard Rohr: Welchen Beitrag leistet es für einen zeitgemäßen, erwachsenen Glauben einen Rahmen zu bieten für neue einerseits und für eine positive Entwicklung der Situation der Kirche heute? Erfahrungen mit dem Glauben in der Statement von Rainer Fincke beim Katholikentag in Osnabrück Begegnung mit inspirierten Lehrern, Ich will Ihnen zur Beantwortung dieser Frage zunächst aus und für den Austausch von „Schülern“ über die Inhalte. Unsere meinem eigenen spirituellen Werdegang erzählen. Ich bin 53 Kirche braucht geistlich inspirierte Lehrer, Pfarrer und geistJahre alt, seit 25 Jahren ordinierter evangelischer Pfarrer und liche Begleiter für die Menschen in unseren Gemeinden. Und seit 7 Jahren leite ich in Lübeck eine große Kirchengemeinde sie braucht Orte, wo diese Menschen ihrerseits Orientierung, mit 10.600 Gemeindegliedern. Inspiration und Kraft bekommen. Ein solcher Ort ist das Center Ich glaube, ich war 4 Jahre Gemeindepastor, als ich in eine for action and contemplation in Albuquerque. Ein solcher Lehrer tiefe spirituelle Krise geriet. Ich rackerte und machte eine ist Richard Rohr. Aktion nach der anderen. Es kamen viele Menschen zu Es geht ihm gerade in seiner spirituellen Arbeit darum, den meinen Veranstaltungen. Und doch habe ich mich immer Glauben sprachfähig zu machen. Eine Sprache zu finden, die es stärker gefragt: was machst Du da eigentlich. Ist das nicht Menschen neu ermöglicht, einen Zugang zu Gott zu finden. Wer alles nur eine Inszenierung? Ich kam mir blind vor - und wie ist Gott? Wo ist Gott? Wie kann ich von Gott reden in einer Weise, soll ein Blinder einen Blinden führen? So konnte es nicht die die Menschen heute jenseits aller Konfessionalität verstehen? weiter gehen. Ich überlegte ernsthaft, aus dem Pfarrdienst Wie kann ich von Gott reden in einer globalisierten Welt, in auszuscheiden. der wir in einer früher nicht gekannten Intensität Kontakt mit Damals begegnete ich einem Menschen, der mir sehr Menschen aus dem muslimischen, buddhistischen oder hinduistigeholfen hat, dass ich heute hier stehe und sagen kann, ich schen Kontext haben? Die Antwort finden wir - so Richard Rohr bin gerne Pastor, ich bin überzeugt von dem was ich sage - in der Dualität von action and contemplation, von Kampf und und lebe. Das war der amerikanische Franziskaner Richard Kontemplation. Nur wenn wir uns ganz einlassen auf den Schmerz Rohr. Ich lernte Richard Anfang der neunziger Jahre kennen und die Freude dieser Welt und uns genauso ganz zurückziehen über die Beschäftigung mit dem Enneagramm. 1993 habe ich können in die Welt der Stille und des Loslassens, können wir den dann das erste große Seminar mit ihm auf dem Koppelsberg Gott erleben, der uns in allen Erfahrungen des Lebens ganz nahe bei Plön organisiert: „Sehnsucht nach Gott?“ mit zweiist. Wir können mit ihm und durch ihn und um ihn unser Leben hundert jungen Teilnehmern aus allen Konfessionen. Ich als Geschenk annehmen und feiern. war fasziniert wie dieser Franziskaner eine Sprache fand, um Lassen Sie mich zum Schluss noch anmerken, dass es mir über wesentliche Dinge des Glaubens zu sprechen, so dass keineswegs um Heiligenverehrung geht. Richard Rohr ist auch nur ganz unterschiedliche – oft sehr kritische - junge Menschen ein Mensch mit vielen Haken und Ösen. Dennoch tut es unserer ihm an den Lippen hingen. So ist der Kontakt zu ihm und Gesellschaft gut, eine neue Kultur von Lehrerschaft zu entwickeln. später zu seinem „Center for action and contemplation“ entMan könnte auf die Frage nach der Rettung der Kirche antworten: standen. Wir brauchen nicht immer effektivere Manager, keine noch besIn Deutschland ist Richard Rohr vor allem durch seine seren Entertainer, neue geistliche Lehrer und Lehrerinnen braucht Männerarbeit bekannt, aber auch durch viele Auftritte bei die Kirche! Kirchentagen und Seminar- und Vortragsreisen zu spiritu(Dieser Beitrag wurde gekürzt. Die ausführliche Fassung ellen Themen. Ein wichtiger Kreis in Deutschland, um die findet sich unter www.enneagramm.eu) Netzwerk Richard Rohr Das Enneagramm und der interreligiöse Dialog Wenn ich mich zurück erinnere an mein Theologiestudium, so war die Frage nach anderen Religionen damals weitgehend uninteressant. Seminare über die Theologie des Islam, des Hinduismus oder Buddhismus wurden selbst an der renommierten Universität Göttingen kaum angeboten und wenn ja nur von wenigen Kommilitonen besucht. Auch in meiner beruflichen Laufbahn als Pastor bin ich bis vor wenigen Jahren kaum tiefer mit anderen Religionen konfrontiert worden. Sicher – es gab Besuche in einer Moschee oder im Urlaub in einem indischen Ashram. Doch tieferes Wissen um die mystischen Geheimnisse der verschiedenen Religionen hatte ich nicht und ist auch bis heute unzureichend vorhanden. Dass es mir nicht alleine so geht wurde mir deutlich im Vorstand der ACK (Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen) Lübeck, als wir vor einem Jahr planten, den Dialog mit den muslimischen Gemeinden in Lübeck zu beginnen. Es ist erschreckend, wie wenig wir von einander wissen. Und gleichzeitig wird immer mehr Menschen klar, dass wir mehr von einander wissen müssen, dass wir nicht mehr wie vor einigen Jahrzehnten in religiös gleichen Gruppen leben – hier in Mitteleuropa z.B. als evangelische und katholische Christen, sondern dass die Globalisierung zu einer direkten Begegnung mit Menschen anderen Glaubens geführt hat. Und das ist nicht immer einfach, wir stehen z.B. vor der Frage ob in Lübeck eine Moschee mit einem Minarett gebaut wird. Deduktive Theologie - die Sackgasse der Dogmatik Also haben wir mit der ACK Lübeck begonnen, zwischen Muslimen, Christen und Juden eine regelmäßige Begegnung zu organisieren. Doch rasch zeigte sich, dass das mit enormen Schwierigkeiten verbunden ist. Eins unserer Ziele, eine Art religiöse Landkarte Lübecks zu erstellen, wo alle Kirchen und Moscheen und alle Verantwortlichen der Gemeinden eingetragen werden mit Namen und Adresse, stieß rasch auf Widerspruch der muslimischen Seite. Man vermutete hier offensichtlich ein Ausschnüffeln von christlicher Seite. Erschwerend kommt hinzu, dass in Lübeck keiner der muslimischen Geistlichen deutsch spricht und - wie wir dann erfuhren - auch nicht deutsch sprechen soll. Die muslimischen Geistlichen werden alle paar Monate ausgetauscht, damit sie sich nicht zu sehr integrieren. Alle Gespräche laufen also über Dolmetscher. Also ließen wir das zunächst einmal ganz ohne große Ansprüche losgehen und sprachen über mögliche Gemeinsamkeiten im Glauben, z.B. über Abraham. Doch auch hier wurde es rasch schwierig. Die anwesenden Sunniten und Aleviten gerieten darüber so heftig in Streit, dass unsere ökumenischen Unterschiede geradezu lächerlich wirkten. Zu den nächsten Treffen kamen immer weniger Muslime und zuletzt saßen wir Christen mit dem Vertreter der jüdischen Gemeinde alleine. EnneaForum 34 von Rainer Fincke So kann Begegnung also nicht gelingen. Inzwischen habe ich mich mit der Problematik des interreligiösen Dialogs näher befasst und erkenne manche Grundprobleme, die auch schon im ökumenischen Dialog zwischen den verschiedenen christlichen Konfessionen deutlich werden, im interreligiösen Bereich nur noch verschärfter sind. Auch hier gibt es ja die dogmatische Ebene, die politisch-diakonische Ebene und die mystische Ebene. Und auch im interreligiösen Dialog wird deutlich, dass der Weg über die Diskussion dogmatischer Grundsätze nicht zusammen führt. Es ist der Weg deduktiver Theologie also einer Theologie, die von absoluten Glaubenssätzen kommt, die dann auf die konkrete Situation „hinunter gebrochen“ wird. Ein typisches Beispiel für deduktive Theologie ist im letzten Jahrhundert die Dogmatik des Schweizer reformierten Theologen Karl Barth gewesen. Sein Gott war der „Ganz Andere“. Gott als jemand der „ist“ wie sein treuer Schüler Hellmut Gollwitzer sagte, der nicht „geschieht“. Von diesem ganz anderen Gott ist die Welt her zu erklären. Dieses Glaubenssystem von Karl Barth hat ganze Theologengenerationen geprägt und war historisch gesehen als kritisches Instrument gegen die idealistische Theologie der deutschen Christen wichtig gewesen, weil es sich nicht in die totalitäre Ideologie des Faschismus eingliedern ließ. Aber es war ein theologisches Denken, das „von Gott her“ zu erklären war, von absoluten Glaubensaussagen ausging. Man musste seine Aussagen teilen, es ging ihm um ein klares Bekenntnis. Kompromisse gab es nicht, das war mit Karl Barth in Glaubensfragen nicht zu machen. Solche deduktiven Systeme gibt es heute in allen religiösen Glaubensschulen. Man wird mit absoluten Glaubenssätzen konfrontiert und entweder kannst du sie annehmen und dich dazu bekennen oder eben nicht. Man kann auf diesem Weg vielleicht zu einem Nebeneinander kommen, sich vielleicht tolerieren. Aber es kann nicht zu einem Miteinander kommen. Induktive Theologie – die Weite der Mystik Ein anderer Weg wird in der Mystik der Religionen deutlich. Hier finden wir einen induktiven Weg des Glaubens. Ein solcher „induktiver Weg“ geht davon aus, dass ich als Mensch Erfahrungen mit Gott mache. Spirituelle Erfahrungen hängen immer mit dem Menschen zusammen, der diese Erfahrungen macht. Spiritualität gibt es nicht „an sich“. Den Mystiker der Religionen ging es deshalb nicht um dogmatische Aussagen, sondern um Erfahrungsräume. Theologie wird somit immer auch zu Anthropologie. Hier öffnet sich nun das Feld der Begegnung von Psychologie und Spiritualität, in dem auch das Enneagramm seine Bedeutung hat. Einer der interessantesten zeitgenössischen Theologen , die sich mit dem interreligiösen Dialog auf solche induktive Weise beschäftigen, ist der indische Jesuit Sebastian Painadath. Seit über 20 Jahren kommt er jedes Jahr für 3 Monate nach Deutschland und gibt Kurse über das Miteinander der Religionen, die andere Zeit des Jahres lebt er in einem christlichen Ashram in Südindien. Sein bekanntestes Buch „Der Geist reißt Mauern ein“ beschreibt einen ganz anderen Weg des religiösen Miteinanders als den der Dogmatik. Painadath beschreibt ein gemeinsames Ziel von Mystikern aller großen Religionen. Es geht hier immer um Weg der Vergöttlichung des Menschen. Durch den Glauben, durch religiöse Praxis kann der Mensch in eine höhere Stufe des Bewusstseins kommen, wir können auch sagen: Gott näher kommen. Das bedeutet nicht, dass der Mensch Gott ist, aber „göttlich“. Painadath gibt eine große Zahl an Beispielen aus verschiedenen Religionen, die das Ziel der „Vergöttlichung des Menschen“ zeigen: Christliche Meister Paulus: „Wenn jemand in Christus ist, dann ist er eine neue Schöpfung: Das Alte ist vergangen, siehe, es ist alles neu geworden.“ (2. Kor 5,17) „Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir“ (Galater 2,20) Johannes: „Wie du Vater in mir bist und ich in dir bin, sollen auch sie in uns sein“ (Joh 17,22- 23, 26) Irenäus von Lyon (11-0): Dazu ist das Wort Gottes Mensch geworden und der Sohn Gottes zum Menschensohn, damit der Mensch das Wort in sich aufnehme und, an Kindesstatt angenommen, zum Sohn Goittes werde (Adv. Heres.III.18.7 Klemens v. Alexandrien (10 – 1): Es gibt einen göttlichen Samen im Menschen. Der Mensch wird nicht zum Gott werden, aber er wird vergöttlicht (Stromata 7.10.31) Origenes (1-): „Durch die Inkarnation wurde die menschliche Natur in Jesus und in uns göttlich“ (Schönborn, 31) Augustinus ( – 0): „Gott ist Mensch geworden, damit der Mensch Gott werde“ (Pl.38, 1997) Thomas von Aquin (1225 – 1274) Der eingeborene Sohn nahm menschliche Natur an im Hinblick darauf, uns die Teilnahme an seiner Göttlichkeit zu ermöglichen, damit er durch seine Menschwerdung uns zu Göttern verwandelt. (Opus 57, 1-4) Meister Eckhart (10 – 1): Gott und ich – wir sind eins. Er wirkt und ich werde. (Quint,187) Martin Luther (1 – 1): Der Mensch mit Gnaden beholfen ist mehr als ein Mensch. Ja die Gnade Gottes macht in gottförmig und vergöttlicht ihn (WA. 2.248.1) Thomas Merton (11 – 1): Weil unser Innerstes Ich das vollkommene Bild von Gott ist, findet man, wenn das icIch wach werde, in sich selbst die Gegenwart von dem, dessen Bild es ist (Ruhbach, 504- 508) EnneaForum 34 Hindu Meister Upanishaden (00 – 00 v. Chr.): „Wer alle Lebewesen im Atman (Geist) sieht, und den Atman in allen Lebewesen, vor dem sucht sich das Eine nicht zu verbergen“ (Isa Up. 1,6,7) „Brahaman ist Freude. Denn aus Freude werden alle Lebewesen geboren (Tait.Up.1.11) Baghagavad Gita (um 00 v. Chr.): Ich bin das Selbst, das allen Wesen innewohnt. Ich bin der Anfang, Mitte und Ende aller Wesen (10:20) Islamische Sufis Fariduddin Attar (- 10): Du wohnst in meiner Seele immer drinnen, ich bin die Schale, Du der Kern tief drinnen. Nichts will ich, Liebster, als dich zu beschreiben, und dann allein mit deiner Gnade bleiben. (Schimmel, Gärten der Erkenntnis, 124) Dschelaluddin Rumi (-1): Die Färbung Gottes ist das Farbfass ER, in ihm gibt eine Farbe es nur mehr. Wer in das Fass fiel – sprich: Erhebe dich!“ Der ruft voll Freude: „Lass, das Fass bi ich!“ Ich bin das Fass“, heißt: Ich bin Gott“ zu sagen – Das Eisen wird des Feuers Farbe tragen (Schimmel, Gärten der Erkenntnis, 151) Ähnliche Texte findet man auch im Buddhismus, Jainismus, Taoismus, Sikkhismus und anderen Religionen. Die Vergöttlichung des Menschen - wir können auch sagen die Einheit von Gott und Mensch - scheint ein wichtiges Anliegen der Mystiker aller Religionen zu sein. Die spannende Frage ist nun, auf welchem Weg komme ich zur Einheit mit Gott. Offensichtlich liegt allen Religionen eine Wahrheit zugrunde. Es wäre ja auch geradezu blasphemisch, wenn wir das religiöse Leben außerhalb des christlich-jüdischen Kulturkreises als unabhängig von Gott sehen würden. Dann wäre Gott ja ein Provinzgott der westlichen Kultur und nicht der allmächtige Schöpfer des Himmels und der Erde. Welche Wahrheit könnte das sein? Und könnte das Wissen um die Persönlichkeitsstruktur des Menschen, die das Enneagramm uns bietet, eine Hilfe sein auf dem Weg zur Entdeckung unserer „göttlichen Strukturen?“ Sebastian Painadath beschäftigt sich viel mit der Verbindung von Psychologie und Spiritualität. Wie sieht die moderne Psychologie die Psyche des Menschen und wie kann dies in Einklang gebracht werden mit alten spirituellen Erkenntnissen? Der Artikel wird im nächsten Heft fortgesetzt. Die vollständige Fassung ist schon jetzt unter www.enneagramm.eu zu finden. 0 EnneaForum 34 Ich BIN SEINE Sehnsucht Und so richte ich „mein Eigenes“ aus Gott zu begegnen lege mein Herz – weißes Blatt Papier – in die Stille, in die hinein SEINE Liebe göttliche Weisheit schreibt. Wie im Dunkeln des Erdreichs nur der Same keimt, nimmt in der Nacht der Stille meiner Seele Kraft zu sich mir eröffnend ihr Licht durchfluteter Grund. Zulassen, werden lassen, was in göttlicher Liebe mein Leben ausmacht, das Sorgen IHM überlassen heißt aus dem Glauben mein Hier-Sein leben. Ursula Möckel Wüsten-Erfahrungen von Barbara Hugentobler-Rudolf Nein, ich habe keine äußeren Wüstenerfahrungen. Ich war nie in Tunesien, Algerien, Marokko, noch in der Wüste Gobi oder im Altai Gebirge Ja, ich habe und mache immer wieder innere Wüstenerfahrungen. Meine intensiven Vorbereitungsarbeiten zum Wochenendkurs «Lebensweisheit der Wüstenväter» haben mich inspiriert. So habe ich für mich eine Meditationsform entwickelt, die mir im schwierigen Alltag kleine Oasen – eben Wüstenerfahrungen – ermöglicht zum Überleben. Gerne lasse ich euch daran teil haben : Nach einer Einstimmung, um mit dem Atem achtsam umzugehen und der inneren Ruhe viel Raum zu geben, mache ich mich auf den Weg in die Wüste. Ich verlasse das Dorf, zunächst gehe ich auf einem steinigen Weg. Er wird immer schmaler, sandiger. Ich muss meine Schritte verlangsamen, es wird steil. Allmählich nähere ich mich den einsamen Kellions. Ich spüre, eine große Stille – im wahrsten Sinne des Wortes. Der Blick in die Natur ist überwältigend. Hier bin ich, ganz allein, aber nicht einsam, sondern umgeben von einer geheimnisvollen Aura. Ich stehe vor dem Eingang, dem Weitblick zugekehrt und bewege Worte von Bruder Klaus: «Herr und mein Gott, nimm alles von mir, das mich hindert zu dir». Ich lasse los: so gut es geht. Befreie mich von Ballast: nur so kann ich meinem Innersten wirklich begegnen. – Stille Mit einer Verneigung beende ich die Stille und drehe mich der Öffnung des Kellions zu. Ich blicke ins Dunkel hinein und lasse nächste Worte erklingen: «Herr und mein Gott, gib alles mir, was mich fördert zu dir.» Ja, nur DU, kannst mir hier in der Stille der Wüstenoase den Blick nach innen weiten, mich stärken, Gelassenheit erahnen lassen. Eine große Ruhe ist in mir und um mich. Ich fühle mich geborgen. Stille Mit einer Verneigung beende ich diese Stille und setze mich auf eine kleine Erhöhung am Boden, wie wenn ein Gebetskissen oder ein Schemel da wären. Ich richte meine Aufmerksamkeit auf den Atem und verweile in meinem ureigenen Rhythmus. Letzte Worte erklingen in diese Stille hinein : «Herr und mein Gott, nimm mich mir und gib mich ganz zu eigen dir.» Ja, dieses kleine, fensterlose Kellion wurde mir wichtig. In ihm kann ich zur Ausgeglichenheit finden, mitten im Alltag Kräfte sammeln und getrost den Anforderungen entgegen sehen. Für eine Vier ein gewaltiges Erlebnis. EnneaForum 34 1 Leer-reich Nichts wunderbarer Als die Wüste. Ruhig, farbig, lebendig, voller Klänge und Überraschungen. Auch die Innere Wüste Verbirgt Schätze, die es zu entdecken gilt. Lass Dich beschenken. Jutta-Verena Jacobi