mueller kabisch immobilie
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mueller kabisch immobilie
FORUM EINS | Oktober 2005 RÜCKKEHR I N D I E S TA D T FORUM ist eine zweimal im Jahr erscheinende Publikation der Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft mbH (> www.lwb.de), die sich an einen ausgewählten, interessierten Leserkreis wendet. Thematisiert werden wohnungswirtschaftliche Entwicklungen und Trends, die sich im Spannungsfeld städtebaulicher Veränderungen und urbaner Lebenswelt spiegeln. FORUM ist kein Fachmagazin, sondern will den Blick dafür schärfen, dass die heutige Attraktivität der Städte maßgeblich den Leistungen der Immobilien- und Wohnungswirtschaft zu verdanken ist. Am Beispiel Leipzigs lässt sich gerade dies eindrucksvoll belegen. I N H A LT Seiten 4 bis 9 Ludwig Burkardt ist Vorsitzender des Aufsichtsrates der Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft mbH. Rückkehr in die Stadt Eine Studie rüttelt an den Grundfesten der Theorie von der Suburbanisierung Seiten 10 bis 15 HOFFNUNG FÜR UNSERE STÄDTE Während die Bevölkerungszahlen in ostdeutschen Großkommunen wie Halle, Rostock, Erfurt oder Cottbus stagnieren, kann Leipzig in den kommenden zehn bis zwanzig Jahren mit einer gleich bleibenden oder leicht steigenden Zahl rechnen. Es sieht so aus, als würde sich die Ansiedlung von Unternehmen wie Porsche, BMW und DHL in Leipzig oder AMD und Siemens in Dresden mittelbar auf die Attraktivität von Wohnstandorten auswirken. Dabei ist die Situation auf den ostdeutschen Wohnungsmärkten überall schwierig. Mehr als 25.000 vermietbare Wohnungen stehen allein in Leipzig leer, werden die nicht vermittelbaren hinzugezählt, sind es wohl noch einmal so viel – ein Fünftel des Wohnungsbestandes der sächsischen Großstadt. Und dennoch schwingt Hoffnung mit. Im Rahmen des Stadtumbaus werden jährlich einige tausend Wohnungen in den Großsiedlungen abgerissen, die ersten marktstabilisierenden Wirkungen sind bereits erkennbar. Mehr Ein- und Zweipersonenhaushalte, eine steigende Lebenserwartung, höhere Wohnansprüche der geburtenstarken Jahrgänge, die langsam in der zweiten Hälfte ihres Lebens ankommen, sind ebenfalls Hoffnungsschimmer, zu denen sich nun ein weiterer hinzu- Seiten 16 bis 23 Mit Leipzig zum Erfolg Warum Investor Steffen Hildebrand auf Leipzig schwört und eine Metropole zu neuen Ufern aufbricht Seiten 24 bis 27 Liebevolle Blicke auf eine vertraute Stadt Leipziger und ihr Plädoyer für eine neue Liebe Seiten 28 bis 32 Ein etwas ungewöhnlicher Verkaufstipp Liebhaber für Haus mit Seele gesucht Ludwig Burkardt Aufsichtsratsvorsitzender der LWB FORUM EINS | OKTOBER 2005 2 Schöner Wohnen in Leipzig Die sächsische Stadt bietet allen fast alles gesellt. Experten des Deutschen Instituts für Urbanistik haben Indizien für einen Trend zur Rückkehr in die Stadt ausgemacht, der das bisherige Leitund Weltbild der Architekten und Stadtplaner von der Suburbanisierung stark ins Wanken bringen könnte: Immer mehr Menschen – insbesondere die gehobene Mittelschicht – zieht es statt ins eigene Häuschen auf dem Land in attraktive, innenstadtnahe Quartiere. Die Erstausgabe von FORUM beschäftigt sich ausführlich mit dieser Analyse. Zudem zeigen die kommenden Seiten die Facetten des Wohnens und Lebens in der sächsischen Großstadt. Wir spüren auf, was Leipzig aus den Freiflächen macht, die durch Abriss und Stadtumbau entstanden sind. Zum Schluss bleibt unser Wunsch als eine der größten kommunalen Wohnungsgesellschaften der Republik, dass auch Sie nach der Lektüre dieser Premierenausgabe ein wenig neugierig auf Leipzig geworden sind. Anregende Unterhaltung wünscht RÜCKKEHR IN DIE STADT 3 R Ü C K K E H R I N D I E S TA D T Überraschende Fakten für Stadtplaner, Architekten und die Politik B is heute gilt die seit Jahrzehnten anhaltende Suburbanisierung weithin immer noch als der bestimmende räumliche Trend. Seit einiger Zeit ist jedoch ein verstärktes Interesse am Wohnen in der Stadt zu beobachten, so dass langsam die Diskussion über eine Rückkehr in die Stadt beginnt. Diese „Renaissance der Stadt“ scheint eine neue Phase der Stadtentwicklung einzuläuten. Dabei erfährt auch das Wohnen in der Innenstadt eine Aufmerksamkeit, die über die mit der Gentrificationstheorie erfassten Vorgänge hinausgeht: Innenstadtnahe Quartiere werden als Wohnstandort nicht nur von einer bestimmten Lebensstilgruppe wiederentdeckt. Die folgenden Überlegungen sind im Rahmen eines laufenden Projekts des Deutschen Instituts für Urbanistik zum Thema „Wohnen in der Innenstadt“ entstanden. Sie stützen sich unter anderem auf Ergebnisse einer schriftlichen Bewohnerbefragung aus zwei innenstadtnahen Untersuchungsgebieten in München und Leipzig. Das Projekt soll noch 2005 abgeschlossen werden. In München handelt es sich um das Glockenbach- und Gärtnerplatzviertel in der Innenstadt, in Leipzig um den Stadtteil Schleußig am Innenstadtrand. Die Befragung wurde zum Jahresende 2003 durchgeführt. Ausgangssituation Die durch die industrielle Revolution des 19. und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts bedingten Ursachen der Stadtflucht schwächen sich ab. Es ist sogar ein steigendes Interesse am Wohnen in der Stadt – auch im innenstadtnahen Bereich – zu beobachten. Dabei ist davon auszugehen, dass die dauerhaft veränderten Rahmenbedingungen zur Stadtentwicklung die Basis für die Wiederentdeckung des Wohnens in der Innenstadt sind. Folgende Ursachen sind hierfür zu nennen: Zur Bevölkerungsentwicklung Einwohnerverluste der Städte durch Umlandwanderung, rückläufige Bevölkerungsentwicklung und ihre Auswirkungen auf die Städte sind ein derzeit allerorten diskutiertes Thema. In einigen Städten ist jedoch der Rückgang der Einwohnerzahl gestoppt, vor allem Ballungsräume verzeichnen wieder Einwohnerzuwächse. Besonders bemerkenswert erscheint – nach Jahren des Bevölkerungsverlustes – die Zunahme der Einwohnerzahl in manchen Innenstadtgebieten. Überdies ist zu erwarten, dass in Städten, die über innenstadtnahe Recyclingflächen verfügen, ein Anstieg der Einwohnerzahl erfolgen wird. Das Neue der derzeitigen Entwicklung besteht vor allem in der „Wiederentdeckung“ innen- Eine Studie des Deutschen Instituts für Urbanistik, Berlin, (> www.difu.de) sieht Anzeichen für eine sensationelle Trendwende: Beispiele aus München und Leipzig zeigen den wachsenden Wunsch nach Wohnraum in den Städten und da besonders in den innenstadtnahen Bereichen – und zwar quer durch alle Altersgruppen. Im Folgenden Auszüge aus dem Bericht des Instituts. Arbeitsort und Wohnung rücken wieder dichter zueinander. FORUM EINS | OKTOBER 2005 4 RÜCKKEHR IN DIE STADT 5 stadtnahen Wohnens – nicht nur der Ein- bis Zweipersonenhaushalte und bestimmter Lebensstilgruppen. Es sind vielmehr Menschen aller Lebensphasen und Haushaltsgrößen, mit unterschiedlichen Lebensstilen und Gewohnheiten, für die der innenstadtnahe Bereich zum Wohnstandort erster Wahl wird. Arbeitsplatzentwicklung in der Stadt Die „Randwanderung” von Arbeitsplätzen und Wohnbevölkerung gehört zu den selbstverständlichen Gewissheiten der letzten Jahrzehnte. Die Städte – zunächst die Großstädte – verzeichnen in den letzten Jahren jedoch wieder Beschäftigungsgewinne. Mit zunehmender Zahl von Unternehmensansiedlungen und -gründungen in der Stadt entstehen auch im innenstadtnahen Bereich neue, hochqualifizierte Arbeitsplätze. Die Vermutung, dass mit der Entstehung von qualifizierten Arbeitsplätzen auch die Nachfrage nach entsprechendem Wohnraum steigt, bestätigt sich durch den hohen Anteil derjenigen Bewohner, die in den Untersuchungsgebieten im innenstadtnahen Bereich ihren Arbeitsplatz haben. Die Dienstleistungs- und Wissensgesellschaft und der Eintritt ins Informationszeitalter begünstigen einen Lebensstil, bei dem die Trennung von Wohnen und Arbeiten obsolet wird und sich die Standorte wieder einander annähern. Zur Suburbanisierung in den 90er-Jahren Die Wanderungsmotivuntersuchungen der 90erJahre brachten auch Überraschendes zutage. So ist die Akzeptanz der Stadt weit höher als angesichts der Umlandwanderung vermutet werden kann. Viele Umlandwanderer wären in der Stadt geblieben, wenn sie ihren Wohnflächenbedarf bei gleichen Kosten in der Stadt hätten realisieren können. Die Attraktivität der Stadt und des innenstadtnahen Bereichs kommen auch in den Bewohnerbefragungen in Leipzig und München zum Ausdruck. Bei freier Wahlmöglichkeit würden nur 3,7 Prozent der Bewohner des Untersuchungsgebiets in Leipzig und 7,3 Prozent in München im Umland wohnen wollen. Weiterhin zeigt sich, dass die Kosten des Umlandwohnens zunehmend bewusster wahrgenommen und so > LEIPZIGS STADTUMBAU Der Stadtumbau darf nicht allein auf den Abriss von Wohnungen reduziert werden und ist längst kein ostdeutsches Phänomen mehr. Auch wenn im Osten der Leerstand höher ist, zeigen sich in einigen Regionen der alten Bundesländer längst ähnliche wirtschaftsstrukturelle und demografische Probleme. Wer diese für Momente außer Acht lässt und einen unbefangenen Blick auf abgeschlossene Projekte, auf Nachnutzungen und Freiflächengestaltungen wirft, der erkennt die Potenziale des Stadtumbaus. Die Entdichtung von Stadträumen durch Grünzonen und Spielplätze, die Aufwertung der gewachsenen Wohnstandorte durch Rückbau und vielfältige urbane Lebensräume sind Argumente für das Wohnen in der Stadt. Die folgenden Seiten stellen gelungene Beispiele für die sinnvolle Nutzung von Brachflächen in Leipzig vor. zum Beispiel das Zweitauto den höheren Wohnkosten in der Stadt gegenübergestellt werden. Im Münchner Untersuchungsgebiet können sich sogar 45 Prozent der Befragten vorstellen, auf ihren Pkw zu verzichten. Wohnleitbilder ändern sich Wie Deutsche wohnen wollen, scheint eindeutig zu sein. Untersuchungen zeigen: Das frei stehende Einfamilienhaus gilt seit Jahrzehnten als das unangefochtene Wohnleitbild und ist mit Abstand die favorisierte Wohnform. In einer „postfordistischen“ Gesellschaft haben sich indes die ökonomischen und sozialen Bedingungen gegenüber dem 19. und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts grundlegend verändert. Die Bedingungen, die dem Wohnleitbild „frei stehendes Einfamilienhaus“ zum Durchbruch verhalfen (und dem keine Bemühungen der Stadtplaner je wirklich etwas anhaben konnten), existieren nicht mehr. Daher ist es auch nicht verwunderlich, wenn sich neue Wohnpräferenzen herausbilden. Das frei stehende Einfamilienhaus wird für bestimmte Bevölkerungsschichten seine Dominanz als favorisiertes Wohnleitbild verlieren. FORUM EINS | OKTOBER 2005 6 Die (gehobene) Mittelschicht und das Wohnen in der Innenstadt Es ist zunehmend eine (gehobene) Mittelschicht, die in innenstadtnahen Quartieren wohnt und bestimmte Areale wieder für sich entdeckt. So ist auffällig, dass in beiden Untersuchungsgebieten das Bildungsniveau außerordentlich hoch ist und über dem jeweiligen städtischen Durchschnitt liegt. Ähnlich verhält es sich bei den Einkommen, auch sie liegen eher über dem städtischen Durchschnitt; dem entspricht die jeweils unter dem Durchschnitt liegende Arbeitslosenquote. Da es sich bei den Untersuchungsgebieten mit über 12.000 Einwohnern (Leipzig) bzw. über 20.000 Einwohnern (München) um eigenständige Stadtquartiere bzw. Stadtviertel handelt, ist die Vermutung, dass es sich hier nur um „inselhaft“ aufgewertete innenstadtnahe Areale handele, in beiden Fällen nicht zutreffend. Soziale Differenzierung und Lebensstile in der Innenstadt Aufgrund der sozialen Differenzierung bilden sich in Innenstadtquartieren zunehmend Quartiere mit einem spezifischen sozialen Milieu, in dem sich Menschen gleicher Anschauung und LEIPZIG UND SEINE BRACHFLÄCHEN Hohes Bildungsniveau, hohes Einkommen – besonders die gehobene Mittelschicht entdeckt innenstadtnahe Quartiere wieder für sich. gleichen Lebensstils zusammenfinden. Offensichtlich zieht z. B. die im Münchner Untersuchungsgebiet herrschende Atmosphäre von Offenheit, Toleranz und Vielfältigkeit weiteres Publikum an. Jedoch: Auch Gruppen, die unterschiedliche Lebensstile repräsentieren, können der gleichen sozialen Schicht angehören. In den Stadträumen kommt es also zur Ausdifferenzierung unterschiedlicher Milieus nach Lebensstilen bei gleicher Schichtzugehörigkeit, die sich indes in ihrer symbolischen Lebensführung von- Der Wunsch nach einem Eigenheim im Umland schwindet. RÜCKKEHR IN DIE STADT 7 RÜCKKEHR IN DIE S TA D T I S T K E I N E MODEERSCHEINUNG Gespräch mit Hasso Brühl, Projektleiter der Studie des Deutschen Instituts für Urbanistik, Berlin » Das frei stehende Einfamilienhaus als höchstes Wohnziel verliert in bestimmten Bevölkerungsschichten an Bedeutung. einander abgrenzen. Das Wohnen in der Innenstadt spricht also nicht nur einen bestimmten Lebensstiltypus an, sondern hier finden sich vielmehr unterschiedliche Lebensstile wieder. Soziale Segregation und Verdrängung Wenn man von den neuen Innenstadtbewohnern spricht, sind diejenigen gemeint, die zu den etwa 60 Prozent gehören, die oberhalb der „Wohlstandsschwelle“ einzuordnen sind. Vor allem die so genannten „Exkludierten“ (die „A’s“: Arme, Ausländer, Arbeitslose) werden nicht nur symbolisch an den Rand der Gesellschaft, sondern aufgrund der steigenden Mieten im Innenstadtbereich konkret an den Stadtrand verdrängt. Nicht von ungefähr entstehen in allen Städten, die über innenstadtnahe Gewerbeflächen verfügen und deren Wiedernutzung auch dem Wohnen dienen sollen, vorrangig Eigentumswohnungen im hochpreisigen Sektor. Die Konsequenz ist, dass längerfristig mit einem „sozialen Umkippen“ innenstadtnaher Quartiere in umgekehrter Richtung zu rechnen ist, denn diese „Inseln des Wohlstands“ in den Innenstädten scheinen sich immer weiter auszubreiten. Wer heute – im Gegensatz zu den vergangenen Jahrzehnten – in die Stadt zieht, gehört zu den Gewinnern, zumindest nicht zu den Verlierern der Gesellschaft. Innenstädte: nichts für Kinder? Eine bedeutsame Gruppe der Umlandwanderer ist der Zwei-Generationen-Haushalt, insbesondere die Gruppe der jungen Familien. Die Innenstadt bzw. innenstadtnahe Gebiete werden jedoch auch von jungen Familien angenommen. In den Untersuchungsgebieten ist zu beobachten, dass junge Familien oder Haushalte, die vor der Familiengründung stehen, in ihren innenstadtnahen Quartieren bleiben wollen und nur aus Gründen des steigenden Flächenbedarfs eine größere Wohnung suchen. Allerdings finden sie da keinen angemessenen Wohnraum, vor allem zu akzeptablen Preisen. Das Innenstadtwohnen wird von diesen Personengruppen dabei keineswegs, wie vielfach unterstellt, von vornherein als familien bzw. kinderfeindlich empfunden. Auch aus stadtentwicklungspolitischer Sicht ist die Abwanderung von Familien in das Umland aus vielen Gründen nicht erwünscht. Es gilt daher, die Vorstellung vom familienfeindlichen Stadtleben sowohl seitens der Stadtplanung als auch der Wohnungswirtschaft zu korrigieren und ein Leitbild des „familien- und kindgerechten Wohnens“ für innenstadtnahe Gebiete zu entwickeln – im Übrigen sollte auch dieser Aspekt in die derzeitige Debatte zur Bevölkerungsentwicklung und die Ausrichtung der Familienpolitik einfließen. Ausblick Die Geschichte des Wohnens in der Innenstadt ist bislang eher eine Geschichte der Verdrängung des Wohnens durch tertiäre Nutzungen, jahrzehntelang begleitet von einem negativen Image der Innenstadt als Wohnstandort. Dieses Image beginnt, sich positiv zu verändern, und man kann heute mit vorsichtigem Optimismus von einer Wiederentdeckung innenstadtnahen Wohnens sprechen. (Quelle: Difu-Berichte 1/2 2005) FORUM EINS | OKTOBER 2005 8 Ihre Studie fördert überraschende Ergebnisse zutage – stehen wir vor einem radikalen Umbruch des Wohnens? Es ist nicht so, dass nun alles nur noch in die Innenstädte drängt. Schon gar nicht ist der Trend zur Rückkehr in die Städte überall in gleicher Weise vorhanden. Aber es ist keine Modeerscheinung, dass es die gehobene, gut verdienende Mittelschicht zunehmend in citynahe Quartiere zieht. Vor allem in Städten, denen es wirtschaftlich gut geht, zeichnet sich dieser Trend ab. Das hat auch damit zu tun, dass im Informationszeitalter Arbeitsplatz und Wohnort wieder näher aneinanderrücken. Hat das Häuschen im Grünen an der Peripherie der Stadt mit diesem Trend ausgedient? Nein. Es wird immer Menschen geben, die das Wohnen im Umland, sei es im frei stehenden Einfamilienhaus oder im Reihenhaus, bevorzugen. Diese Wohnform war für mehrere Jahrzehnte für über drei Viertel der Deutschen das Leitbild schlechthin, aber Wohnleitbilder ändern sich. So haben immer mehr Menschen die täglichen Verkehrstaus satt, auch ist das Wohnen in der Stadt wieder attraktiver geworden. Zudem steigen die Kosten des Wohnens im Umland. Erst- und Zweitauto werden z. B. angesichts der Energiepreisentwicklung immer teurer. Absehbar ist zudem, dass politische Lenkungsinstrumente wie Pendlerpauschale oder Eigenheimzulage früher oder später wegfallen werden. Insofern relativieren sich geringere Wohnkosten im Umland, zumal wenn man mit öffentlichen Verkehrsmitteln in der Stadt wesentlich preiswerter – und auch schneller – zu seinem Arbeitsplatz oder ins Kino kommt. Lässt dieser Trend zur Rückkehr in die Stadt auch einen kulturellen Umbruch erwarten? Hier lassen sich bestenfalls Thesen aufstellen, denn wir reden über Prozesse, die sich über lange Zeiträume erstrecken und die vielleicht erst in 20 oder 30 Jahren wirken. Aber wenn es vor allem die gehobene und gut verdienende Mittelschicht ist, die das innenstadtnahe Wohnen bevorzugt, dann wird dies auch Auswirkungen auf das Bild und die Politik in der Stadt haben. Diese Mittelschichten werden sich vermutlich mehr einmischen in stadtgestalterische und kommunalpolitische Diskussionen. Allerdings hat dieser verstärkte Zuzug einer eher im Wohlstand lebenden gehobenen Mittelschicht möglicherweise auch zur Folge, dass finanziell schlechter gestellte Bevölkerungskreise an den Stadtrand gedrängt werden. Gibt es vergleichbare Trends in anderen Ländern Europas und der Welt? Ja. Manchester und Liverpool haben z. B. nach ihrem wirtschaftlichen Niedergang als traditionelle Industriestandorte einen neuen Aufschwung – auch in ihren Innenstädten – geschafft. Sie haben ihre Innenstädte so umgekrempelt, dass z. B. in Manchester heute fast sechsmal mehr Menschen leben als zu Zeiten des Niedergangs. Auch in New York steigen nach Jahren des Bevölkerungsverlustes in einigen Vierteln wieder die Einwohnerzahlen. Aber noch einmal: Von einem nennenswerten Bevölkerungszuwachs in deutschen Innenstädten sind wir im Allgemeinen noch weit entfernt. Die Ablösung des Industriezeitalters durch die Informations- und Wissensgesellschaft befördert jedoch prinzipiell das Wohnen in den Innenstädten. LEIPZIG UND SEINE BRACHFLÄCHEN « > STADTTEILPARK RABET Mit dem Stadtteilpark Rabet im Leipziger Osten hat die Lebensqualität seiner Bewohner eine enorme Aufwertung erfahren. Die Anlage folgt dem Charakter eines klassischen Volksparks mit einem weitläufigen Wiesenbereich im Inneren sowie Baum- und Strauchbepflanzungen an der Parkkante. Umschlossen wird der Park von einem ein Kilometer langen Aktivband – einer Asphaltstrecke für Jogger, Radfahrer und Inlineskater. Der Freizeittreff Rabet im Zentrum der Anlage wurde saniert und auf 600 Quadratmeter erweitert. 9 WIE ZU KAISERS ZEITEN E dles Parkett, große Holzfenster, verzierte Türen und Stuck an den Zimmerdecken: Mandy Aurich (29) hat ihre Art zu wohnen gefunden – in einem Gründerzeithaus in Leipzig-Connewitz. Vor zehn Jahren kam die kaufmännische Angestellte nach Leipzig. Sie zog mehrmals um, wohnte in Neubauten und am Rande der Stadt. Doch seit ihrer Begegnung mit der ersten Gründerzeitwohnung in der Gottschedstraße war klar: Das ist es. Mittlerweile wohnt die gebürtige Erzgebirglerin mit ihrem Lebensgefährten, Sohn Moritz (2) und Katze Emilia Leoni seit zwei Jahren in der Scheffelstraße. Die helle und freundliche Wohnung in der ersten Etage war kein Zufallstreffer. „Ich habe mindestens 40 Wohnungen besichtigt und 100 Exposés durchgeschaut, bis ich auf das richtige Angebot gestoßen bin“, verrät die 29-Jährige. „Das Haus ist sehr gut saniert. Und die ruhige Lage der Scheffelstraße, die direkt in die Hauptschlagader Karl-Liebknecht-Straße führt, ist ideal.“ Auenwald und Fockeberg sind in greifbarer Nähe. Bis zum Naherholungsgebiet Cospudener See sind es mit dem Rad 15 Minuten. Straßenbahn, Ärztehaus und Einkaufsmöglichkeiten liegen quasi vor der Haustür. Die Innenstadt ist ebenfalls in wenigen Minuten erreichbar. „Nach einem stressigen Tag im Büro kann ich mich in meiner Wohnung entspannen. Ich liebe die Höhe und Größe der Räume und mag es, mir auf dem Balkon die Sonne ins Gesicht scheinen zu lassen.“ Im gesamten Stadtgebiet stehen rund 12.000 Häuser aus der Gründerzeit. Damit verfügt Leipzig über den größten zusammenhängenden und hochwertigsten Bestand an Mietshäusern aus dieser Epoche in ganz Deutschland. Mit Gründerzeit ist die Zeitspanne zwischen 1880 und 1910 gemeint. In diesem Zeitraum entwickelte sich die Industrie durch neue Maschinen und Technologien schlagartig. Leipzig platzte, wie viele andere Städte Europas auch, aus allen Nähten. Arbeiter und Angestellte benötigten Wohnraum, der rings um die historische Innenstadt wuchs. Trotz Bombardierung im Zweiten Weltkrieg blieb in Leipzig viel der alten Bausubstanz erhalten. Ein Teil davon verfiel durch die Vernachlässigung während der DDR-Zeit unrettbar. Inzwischen sind jedoch fast 10.000 Häuser saniert. Das Schicksal der verbleibenden 2.000 Gebäude ist noch ungewiss. Ein Projekt, SCHÖNER WOHNEN IN LEIPZIG Das gibt es nur in Leipzig: Europas größtes geschlossenes Gründerzeitareal und Jugendstilensemble neben solidem DDR-Wohnungsbau der 50er- und 60er-Jahre und modernisierter Platte – all das bietet die Messestadt. In Leipzig wohnt man gern in Industrie-Lofts oder baut sich Stadthäuser mitten in der City. Wie „Schöner Wohnen“ in Leipzig aussieht, das zeigen die folgenden Seiten. FORUM EINS | OKTOBER 2005 10 das viel Beifall findet, ist das Leipziger Selbstnutzer-Modell. Dabei verkauft die Stadt sanierungsbedürftige Gründerzeithäuser an private Käufergemeinschaften, die sich ihr Wohneigentum unter Anleitung eines Architekten selbst gestalten. Mandy Aurich und Sohn Moritz fühlen sich wohl in ihrer Gründerzeitwohnung. WOHNEN IN LEIPZIG 11 Die jährliche Zuwachsrate beim Eigenheimbau in Leipzig liegt bei 30 Prozent. Das Wintergartenhochhaus – einst höchstes Wohnhaus der DDR. BEGEHRTE S WOHNEN IN NACHKRIEGSBAUTEN E in dreifacher Regenbogen hat Seltenheitswert und ist fürwahr ein Augenschmaus. Dr. Brita Will hat ihn schon erlebt, denn sie lebt „nah am Himmel“ und genießt eine überragende Aussicht. Die 63-Jährige wohnt im 22. Stock des Hochhauses an der Wintergartenstraße direkt am Leipziger Hauptbahnhof. Im letzten Jahr wurde das mit 95 Metern einst höchste Wohnhaus der DDR rundum saniert. Jetzt gilt für Brita Will erst recht: Hier zieht sie nie wieder aus. „Das ist ein absolut besonderes Wohnen.“ Brita Will möchte keinen Tag in den letzten 32 Jahren missen, in denen sie hier wohnte. Jeden Tag gebe es etwas Neues zu entdecken. „Ich liebe dieses Haus.“ Es ist echte Zuneigung zu einem DDR-Prestigeobjekt, das Ende der 60er-/Anfang der 70erJahre errichtet wurde und zwischen 1989 und 2003 nicht eben den besten Ruf hatte, weil viele Mieter auszogen und nicht nur seriöses Klientel nachkam. Inzwischen, nach der Sanierung, sind die noch wenigen leer stehenden der 208 Wohnungen auf 31 Etagen sehr begehrt. Begehrt ist nicht nur das höchste Wohnhaus der Stadt. Was zwischen 1950 und 1970 gebaut wurde, Dr. Brita Will möchte keinen Tag in ihrer Wohnung im 22. Stock des Wintergartenhochhauses missen. DAS EIGENHEIM MITTEN IN DER CIT Y L hat auch heute noch beim Mieter Bestand – wenn es denn saniert ist. Die Leipziger Nachkriegswohnhäuser kommen recht vielgestaltig daher. Da sind jene Bauten im Stil der Ost-Berliner StalinAllee, die bis in die fünfziger Jahre hinein am Roßplatz noch in Steinbauweise errichtet wurden und mit mondänen, parkettbelegten Wohnungen ausgestattet sind. Oder die Bauten, die bereits schrittweise industriell gefertigt wurden, wie etwa die Dunckersiedlung im Westen der Stadt. Mehr und mehr prägten die Stadt Neubauten, die aus Wohnhaustypen entwickelt, in den Baubetrieben vorgefertigt und an Ort und Stelle montiert wurden. Auch heute noch finden sich überall in Leipzig solche Wohnhäuser aus der Zeit zwischen 1960 und 1990, deren solide Bauweise geschätzt wird. Mit vielen von ihnen wurden zu DDR-Zeiten Lücken geschlossen, die der Zweite Weltkrieg in der Messestadt hinterlassen hatte. Viele sind heute saniert und erfreuen sich wegen des guten mittleren Wohnkomforts und der vergleichsweise günstigen Mieten großer Beliebtheit. LEIPZIG UND SEINE BRACHFLÄCHEN 12 > LENE-VOIGT-PARK Auf dem Areal des ehemaligen Eilenburger Bahnhofs in Leipzig-Reudnitz wurde 2004 der Lene-Voigt-Park eröffnet. 800 Meter Länge und 80 bis 130 Meter Breite – die großzügigen Ausmaße garantieren ausreichend Raum für die Ansprüche der verschiedenen Nutzergruppen. Einer klaren linearen Gliederung folgend, liegen im südlichen Teil zahlreiche Spielplätze und Sportbereiche für Beachvolleyball, Fußball, Badminton oder Tischtennis. Abgetrennt durch ein Birkenband, das in einem Hochbeet angelegt wurde, findet man im Norden des Parks etwa 100 Quadratmeter große Parzellen zur individuellen Nutzung. eipzig setzt beim Stadtumbau auf Stadthäuser. Mit Erfolg. Rund 50 Stadthäuser stehen bereits im Gründerzeitgürtel rund um die Innenstadt. Bis Ende 2005 sollen rund 30 Verträge für weitere Neubauten abgeschlossen werden. Die modernen Einfamilienhäuser, die auf Brachflächen oder in Baulücken unweit des Stadtzentrums entstehen, sind Bestandteil des Selbstnutzer-Modells der Stadt Leipzig. Das Programm unterstützt vornehmlich junge Familien, die Wohneigentum nach eigenen Vorstellungen innerhalb der Gründerzeitquartiere Leipzigs erwerben möchten. Daniela Hempel (30) und Steffen Lehmann (33) haben mit ihren Kindern Emma und Ludwig – zwei und vier Jahre alt – ihr Stadthaus in der Industriestraße 71a Ende 2004 bezogen. „Für uns vier die perfekte Entscheidung“, betont Daniela Hempel. Viele Gründe sprachen für das Stadthaus. Ausschlaggebend waren die Mitbestimmung beim Bau über die Aufteilung der Innenräume, die günstige Lage des Grundstücks sowie der Komplettpreis in Höhe von 180.000 Euro. „Ein Haus auf der grünen Wiese wäre deutlich teurer geworden. Außerdem hätten wir uns selbst um die einzelnen Gewerke kümmern müssen und müssten heute auf das direkte städtische Umfeld verzichten“, so die Betriebswirtin. „Mit dem Rad bin ich beispielsweise in nur zehn Minuten in der Innenstadt.“ Für Ralf Thomas, Projektleiter Stadthäuser im Stadtplanungsamt Leipzig, ist das Beispiel Industriestraße geradezu mustergültig. „Die Bewohner können hier, wie auch an anderen Standorten, alle Vorteile des urbanen Wohnens genießen.“ Im Vordergrund steht dabei die Nut- zung der vorhandenen Infrastruktur, Stadtteilzentren zur Deckung des täglichen Bedarfs, aber auch Schulen, Kindergärten und Grünanlagen liegen in Reichweite. Für weitere Entfernungen besteht Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr. An insgesamt zwölf Standorten mit drei bis vier Kilometern Abstand rings um das Zentrum von Leipzig stehen bereits Stadthäuser bzw. sind in Bau oder in Planung. „Wir bedienen mit den Stadthäusern das einzige noch funktionierende Marktsegment im Wohnungsbau, nämlich den Einfamilien-Hausbau“, so der Projektleiter. Die jährliche Zuwachsrate bei den innerstädtischen Eigenheimen liegt derzeit bei 30 Prozent. Die andere Möglichkeit, die das Leipziger Selbstnutzer-Modell bietet: Mehrere Familien kaufen gemeinsam ein sanierungsbedürftiges Gründerzeithaus und verwirklichen unter Leitung eines Architekten den Traum von der eigenen Wohnung nach Maß. Daniela Hempel und Steffen Lehmann haben den Schritt zu den eigenen vier Wänden mitten in der Stadt nicht bereut. Ein wichtiges Argument dabei: Mit dem Rad sind es nur zehn Minuten bis zum Stadtzentrum. RÜCKKEHR IN DIE STADT 13 Christian Kirsten war der langen Wege vom Stadtrand in die City überdrüssig. Jetzt hat er praktisch nur noch zwei Minuten Fußweg bis in die Kneipenmeile von Leipzig. D I E P L AT T E I S T T O T – E S L E B E D I E P L AT T E F DIE CIT Y VOR DER HAUSTÜR Leipzig aufgewachsen. Irgendwann war ich es leid, immer ins Auto oder die Straßenbahn zu steigen, um in die Stadt zu kommen. Heute gehe ich vor die Tür und stehe im Stadtzentrum.“ Für den Weg ins Kino, das Restaurant oder die Lieblingsbar braucht der 28-Jährige nur zwei Minuten. Das Besondere an Leipzig ist, dass sich das Zentrum nicht auf das etwa ein Quadratkilometer große Gebiet innerhalb des Stadtrings begrenzt. Hier ist die Anzahl der Wohnungen mit etwa 1.600 sogar eher gering. Der Gründerzeitgürtel, der sich durch das Waldstraßen-, das Musiker- und das Graphische Viertel oder die Südvorstadt zieht, erweitert das Angebot an attraktivem Wohnraum in der City. Der Stadtkern ist von hier aus in fünf bis zehn Minuten zu Fuß erreichbar. W O H N E N I N D E R T E X T I L FA B R I K Riesige Fensterfronten, große Raumhöhen und Wohnflächen jenseits der 100 Quadratmeter-Marke – Lofts sind vor allem im Westen von Leipzig in den Stadtteilen Schleußig und Plagwitz eine Alternative zu Wohnungen in herkömmlichen Mietshäusern. Ein Paradebeispiel für das großzügige Wohnkonzept sind die ehemaligen Buntgarnwerke Leipzig. Die einstige Textilfabrik – Europas größtes Industriedenkmal aus der Gründerzeit – wurde komplett für Wohnzwecke umgestaltet und in den urbanen Lebensraum integriert. Für besonderes Flair sorgt die unmittelbare Nähe des Flusses Weiße Elster. 14 > INTERIMSBEGRÜNUNG GERICHTSWEG Offene Wiesenbereiche, individuell gestaltete Bänke und ein lockeres Wegenetz kennzeichnen die 10.000 Quadratmeter große Interimsbegrünung am Gerichtsweg. Der Park entstand auf einem ehemaligem Fabrikgelände. Bevor das Grundstück der Treuhandliegenschaftsgesellschaft mbH durch eine Gestattungsvereinbarung begrünt wurde, hatten Vandalismus und der zurückgelassene Unrat jahrelang einen negativen Einfluss auf das Wohnumfeld. LEIPZIG UND SEINE BRACHFLÄCHEN K urze Wege, Restaurants, Kunst und Einkaufsmöglichkeiten direkt vor der Haustür – diesen Argumenten folgten in den letzten Jahren über 30.000 Menschen zurück in die Leipziger Innenstadt. Während Ende der 90er-Jahre die Stadtflüchtigen die Reihenhäuser der Vororte besiedelten und Experten das Ende der Stadt heraufbeschworen, erlebt das City-Wohnen heute eine Renaissance. Christian Kirsten lebt seit 2001 in einer 65 Quadratmeter großen Maisonette-Wohnung in der Großen Fleischergasse. Für 550 Euro ist der Balkon mit Blick ins Barfußgässchen – Leipzigs bekanntester Kneipenmeile – inklusive. Für ihn war die zentrale Lage Hauptargument bei der Wohnungssuche: „Ich bin im Randgebiet von ast hätten sich Antje und Klaus Kalitynski vor ein paar Jahren für den Wegzug aus der Hans-Marchwitza-Straße 24 in Lößnig entschieden. Ihre 58-Quadratmeter-Wohnung war bis dahin nicht saniert – da gab es in der Stadt weitaus Besseres zu ähnlichen Mieten. Inzwischen sind die beiden Rentner froh, dass sie wie viele Mitbewohner auch in dem elfgeschossigen Plattenbau-Komplex ausgeharrt haben. Denn zwischen Mai und September 2004 sanierte die LWB den Block komplett. Das Haus wurde nicht nur oberflächlich saniert, sondern es entstand in Zusammenarbeit mit der Deutschen Energie-Agentur ein Niedrigenergiehaus. Dämmung, Wärmeschutzverglasung, Abluftanlage, Heizung mit Kraft-Wärme-Kopplung sowie Sonnenkollektoren in den Balkonbrüstungen machen diese Platte zu einem Pilotprojekt, in dem jetzt 75 Prozent weniger Energie verbraucht wird. „Wir spüren das schon deutlich bei den Heizkosten“, freut sich Klaus Kalitynski, der wie alle anderen Mieter hoch zufrieden ist. Der LWB-Elfgeschosser im Stadtteil Lößnig ist ein Beispiel dafür, dass Teile der ostdeutschen Platte durchaus eine Zukunft haben und die DDR-typischen Großsiedlungen keineswegs nur sterbende Quartiere in sozialer Schieflage sind. Der massive Bevölkerungsrückgang in den neunziger Jahren setzte freilich vor allem den Großsiedlungen zu, wo es zu dramatisch hohen Leerständen kam, denen die Kommunen und die Vermieter im Rahmen des Stadtumbaus begegnen. Zwischen 2001 und 2004 wurden in Leipzig Antje und Klaus Kalitynski fühlen sich in ihrer sanierten Plattenbauwohnung äußerst wohl, weil sie zu erschwinglichen Mietpreisen eine hohe Wohnqualität erhalten. Das Niedrigenergiehaus der LWB im Leipziger Süden fällt nicht nur durch die farbenfrohe Fassadengestaltung auf. Insgesamt werden nach der Sanierung 75 Prozent der Energiekosten eingespart. knapp 4.000 Wohneinheiten abgerissen, zwei Drittel davon in Plattenbauobjekten. Tausende weitere sollen bis zum Jahr 2010 folgen. Zwar sinken die Einwohnerzahlen in den Großsiedlungen weiterhin kontinuierlich, aber auch in diesen Quartieren soll durch eine gezielte Umbaustrategie die Lebensqualität für die verbleibenden Bewohner erhöht werden. Das heißt: Mehr Raum für weniger Bewohner und mehr Qualität durch weniger Häuser. Gar nicht den Klischees vom sozialen Brennpunkt entspricht die Wahrnehmung des Plattenbauwohnens durch die Mieter selbst. Zwar ist zum Beispiel die Zahl der Bewohner von LeipzigGrünau seit der Wende von 85.000 auf 49.000 gesunken, aber eine Langzeitstudie verweist auf ein hohes Wohlbefinden der „Übrig Gebliebenen“. „Wer weg ziehen wollte, ist schon lange weg. Geblieben sind die überzeugten und zufriedenen Grünauer“, stellt die Soziologin Dr. Sigrun Kabisch fest. Das Einkommen der Grünauer liegt übrigens spürbar über dem Leipziger Durchschnitt. Allerdings tragen zu diesem guten Ergebnis vor allem die Senioren bei, deren Rente noch nicht durch die Jahre der Arbeitslosigkeit geschmälert wurde. Für die Zukunft der Platte heißt dies allerdings, dass nur durch massive Aufwertung der Lebensqualität auch jüngere Mieterschichten gewonnen werden können. RÜCKKEHR IN DIE STADT 15 MIT LEIPZIG ZUM ERFOLG Seit 1990 drehen sich in Leipzig unablässig die Baukräne. Im Jahr 2000 hatte Leipzig bereits 50 Prozent seiner Gebäudesubstanz saniert. Dahinter standen Investitionen von über 50 Milliarden Mark. Dahinter stehen aber auch immer Menschen, die an die Stadt glauben und erfolgreich in Leipzig arbeiten – Menschen wie Steffen Hildebrand. Steffen Hildebrand vor einem aufwändig sanierten Gründerzeithaus im Süden der Stadt. A LT E H Ä U S E R F Ü R N E U E G R Ü N D E R Warum Steffen Hildebrand vom Immobilienstandort Leipzig überzeugt ist Steffen Hildebrand ist Optimist und auch ein gutes Stück Visionär. Anders ist es nicht zu erklären, dass der 37-jährige Immobilienkaufmann düsteren Bevölkerungsprognosen der neunziger Jahre nicht so recht über den Weg traute. Vor gut zehn Jahren sahen viele die altehrwürdige Messestadt aufgrund massiver Abwanderung und einer höheren Sterbe- denn Geburtenrate bei unter 400.000 Einwohnern – inklusive eines dramatischen Wohnungsüberhangs und großer Vermietungsprobleme. „Das konnten wir nicht so recht glauben“, erinnert sich der Diplomkaufmann. „Außerdem hatten wir uns da schon längst in die wunderschöne Altbausubstanz verliebt.“ FORUM EINS | OKTOBER 2005 16 Zwar hat die Stadt heute tatsächlich einen beträchtlichen Leerstand zu verkraften, aber der ist höchst ungleich verteilt. Die Stadt lässt vor allem leere Plattenbauten an der Peripherie abreißen, viele Gründerzeitquartiere erstrahlen dagegen in neuem Glanz. Und genau hier zeigt sich der wichtigste Grund für den Optimismus des gebürtigen Frankfurters, der nach Banklehre und Studium in die Firma des Vaters Ernst-Uto und seines Partners Edgar F. Jürgens eintrat: Er glaubte einfach nicht, dass die in ihrer Großflächigkeit einmaligen Gründerzeitquartiere keine Käufer bzw. Mieter finden würden. RÜCKKEHR IN DIE STADT 17 LEIPZIG UND SEINE BRACHFLÄCHEN Viel Liebe zum Detail in der Leipziger Dölitzer Straße. > DUNKLER WALD Die Interimsbegrünung „Dunkler Wald“ ist wesentliches Element des Projektes „Grünes Rietzschkeband“, das den Leipziger Osten vom Hauptbahnhof bis nach Sellerhausen durchdringen wird. Durch die Bepflanzung der Abrissflächen ehemaliger Wohnhäuser in der Wurzener Straße wird die einstige Baukante durch „Baumblöcke“ ersetzt. Abhängig von der Grundstücksverfügbarkeit wird der „Dunkle Wald“ entlang der Wurzener Straße weiter anwachsen. Vermieter können nicht viel falsch machen Ein Jahrzehnt und weit über 100 mit Liebe zum Detail sanierte Häuser später, wird der Hildebrandsche Optimismus bestätigt. Im Leipziger Süden, im citynahen Waldstraßen- oder im Musikerviertel ist der größte Teil der Gründerzeithäuser mit seinen großflächigen und mondänen Wohnungen saniert und vor allem zu großen Teilen auch vermietet. Hier können Vermieter kaum etwas falsch machen. „Leipzigs Wohnungsmarkt ist sehr differenziert. In Gegenden wie Connewitz im Süden der Stadt, Gohlis im Norden oder aber einstige Arbeiterviertel in Schleußig oder dem citynahen Teil von Plagwitz, sind Wohnungen nahezu problemlos zu vermieten. Es gibt aber auch Ecken, wo das weitaus schwieriger ist – wie etwa den Leipziger Osten.“ Seit 1997 führt Steffen Hildebrand die Leipziger Niederlassung des Unternehmens – mit ihren über 30 Mitarbeitern und über 3.000 verwalteten Wohnungseinheiten gehört die Hildebrand & Jürgens GmbH zu den bedeutenden und erfolgrei- Steffen Hildebrand von Hildebrand & Jürgens glaubt fest an die Zukunft des Immobilienstandortes Leipzig. chen Immobilienfirmen der Halbmillionen-Metropole. Noch immer saniert die Unternehmensgruppe jedes Jahr eine Vielzahl von Wohnungen: „Der Bedarf ist einfach da und unsanierte Gründerzeithäuser in guten Lagen gibt es immer noch – wenngleich nicht mehr so großflächig wie noch in den neunziger Jahren.“ 2004 sanierte Hildebrand & Jürgens 180 Altbauwohnungen, in diesem Jahr werden es deutlich über 200 sein. Neue Mieterschicht leistet sich bürgerliches Wohnen In Leipzig wächst eine Mieterschicht, die sich das Wohnen in gründerzeitlicher Bürgerlichkeit leisten kann und will. „Die Messe, die Universität, dazu Ansiedlungen wie Porsche, BMW, DHL, Max-Planck-Institute, das Bundesverwaltungsgericht und der Mitteldeutsche Rundfunk – all dies sind Pluspunkte dieser tollen Stadt, die langfristige Chancen auf dem Wohnungsmarkt aufzeigen“, ist sich Steffen Hildebrand sicher. Da stört ihn auch nicht, dass Sonder-Abschreibungen Ost längst vergangenen Zeiten angehören. „Außer Denkmal-Afa und Sanierungsgebiets-Afa gibt es keine steuerlichen Vergünstigungen mehr. Aber allein deswegen haben wir auch nie unsere Investitionen durchgeführt.“ Womit sich Hildebrand & Jürgens von den Immobilienfirmen abhebt, die nach der Wende im Osten die schnelle Mark machen wollten, Investoren das Blaue vom Himmel versprachen und keinerlei langfristiges Engagement vor Augen hatten. Die meisten dieser Glücksritter sind längst wieder vom Markt verschwunden. Was bleibt, ist – neben dem kommunalen Großvermieter LWB, den Wohnungsgenossenschaften und zahlreichen Hausbesitzern – eine überschaubare Zahl seriöser Immobilienfirmen, die einander respektieren. FORUM EINS | OKTOBER 2005 18 Stadt und Investoren auf einer Wellenlänge Ein besonderes Lob bekommt bei Steffen Hildebrand die Stadtverwaltung. „Besser und flexibler ist die Investorenpolitik des Leipziger Rathauses kaum vorstellbar. Es gibt absehbare Bearbeitungszeiten und bei Problemen steht die gemeinsame Lösungssuche obenan. Allerdings kriecht die Stadt auch nicht bei jedem Investor zu Kreuze“, verweist der Immobilienexperte auf das Selbstbewusstsein der städtischen Verwaltung. „Und die Denkmalschützer sind hier wirklich die Anwälte der Häuser. Denn manche Investoren würden es mit den Details bei der Sanierung vielleicht nicht so genau nehmen wie nötig.“ Einen Vorzug der besonderen Art will Steffen Hildebrand noch anführen: „Man darf nicht unterschätzen, dass es in Leipzig keine Sperrstunde gibt. Hier kann man mitten in der City auch noch um 23 Uhr in einer lauen Sommernacht draußen gemütlich bei einem Schoppen Wein zusammensitzen, wenn in anderen Metropolen wie München oder Frankfurt die Lichter längst aus sind. Daraus erwächst ein besonderes städtisches Flair.“ Als passionierter Jogger und Biker weiß Steffen Hildebrand um einen weiteren Standortvorteil der Stadt. Südlich von Leipzig entstehen derzeit aus ehemaligen Tagebauen gleich zehn riesige Badeseen. Die Erholungsqualität ist aber bereits jetzt durch ein ausgedehntes Auenwaldgebiet beachtlich. „In Leipzig stimmt auch das Drumherum, nicht zufällig lassen sich immer mehr junge Familien in der Stadt nieder.“ Junge Leute, die genauso optimistisch in die Zukunft blicken, wie der 37jährige Immobilienkaufmann, dem Leipzig längst zur Heimat geworden ist. RÜCKKEHR IN DIE STADT 19 L E I P Z I G S N E U E A LT E U F E R D ass Leipzig eine Wasserstadt ist, mag man auf den ersten Blick nicht glauben. Doch nach und nach kommt ans Licht, was jahrzehntelang im Verborgenen lag: Wasseradern, die die Stadt durchziehen. Durch die Öffnung zweier, teils unterirdischer Mühlgräben erhält Leipzig Schritt für Schritt ein verlorenes Stück Identität zurück. Der Traum vom Wohnen am Wasser wird plötzlich wieder für viele Menschen zur Wirklichkeit. Leipzig ist von Natur aus Wasserstadt. Denn die Stadt liegt inmitten des Wasserknotens der Flüsse Weiße Elster, Parthe, Pleiße und Luppe, die sich durch die Auenwaldlandschaft schlängeln. Bereits im 10. Jahrhundert zweigten Siedler Kanäle von Pleiße und Elster ab, um ihre Wassermühlen anzutreiben und Holzstämme in die wachsende Siedlung zu flößen. Elster- und Pleißemühlgraben prägten fortan das Stadtbild Leipzigs. In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg verschlechterte sich die Wasserqualität durch das Einleiten von Industrie- und Haushaltsabwässern zusehends. Der Rat der Stadt beschloss – so wie es die Politik der hohen Schornsteine vorgab – die beiden Mühlgräben zu verrohren oder zu überwölben. Aus den Augen, aus dem Sinn. Der Pleißemühlgraben kommt wieder ans Licht Die verbannten Gräben gerieten jedoch nicht völlig in Vergessenheit. Bereits 1991 entwickelten Künstler aus ganz Deutschland an der Hochschule für Grafik und Buchkunst unter dem Slogan „Neue Ufer“ Entwürfe zur Renaturierung der geschundenen Flussläufe. 1996 gründete sich der gleichnamige Förderverein. 1997 war dann der Anfang gemacht: Der erste Abschnitt des 3,7 Kilometer langen Pleißemühlgrabens floss wieder unter freiem Himmel. Der jüngste Bauabschnitt zwischen Wundtstraße und Paul-Gruner-Straße in der Südvorstadt Leipzigs richtet sich erstmals nicht völlig nach dem historischen Lauf des Grabens. Hier wird die Wohnhausbebauung, die nach dem Krieg neu gewachsen ist, in die Vorhaben einbezogen. Eine kleine Auenlandschaft und ein Wasserspielplatz für Kinder sollen den sonst strengen Verlauf des Pleißemühlgrabens auflockern und das direkte Wohnumfeld aufwerten. Vom Vorplatz des Bundesverwaltungsgerichtes ist der geöffnete Wasserlauf gar nicht mehr wegzudenken. Mit blauen Lichtsäulen gesäumt, gehört der künstliche Arm der Pleiße heute schon fast wieder zur Selbstverständlichkeit im Stadtbild. Insgesamt sollen 2.500 Meter des Pleißemühlgrabens wieder geöffnet werden. LEIPZIG UND SEINE BRACHFLÄCHEN Neue Ufer mit neuen Perspektiven – Leipzigs Pleißemühlgraben kommt wieder ans Licht. Ein Hauch von Venedig: Der geöffnete Pleißemühlgraben führt alte und neue Architektur zusammen. Wasser, Licht und Schatten geben dem Bundesverwaltungsgericht weltstädtisches Flair. > DUNCKERVIERTEL Im Rahmen des Programms Stadtumbau Ost wurde im Dunckerviertel in Lindenau der Innenhof einer Wohnanlage der LWB neu gestaltet. So entstanden hier 2004 ein Spielplatz und ein Kleinbiotop, ideal in das Wohnumfeld integriert. FORUM EINS | OKTOBER 2005 20 RÜCKKEHR IN DIE STADT 21 Der Pleißemühlgraben wird zum Abenteuer-Spielplatz: An der Wundtstraße windet sich der Wasserlauf mitten durch das Wohngebiet. Über breite Treppen und sanfte Böschungen wird das Wasser hautnah erlebbar. Fische und Vögel kehren zurück Der zweite Graben, der Elstermühlgraben, erstreckt sich vom Palmengartenwehr im Westen der Stadt bis zum Waldpark Rosental, wo er wieder in die Weiße Elster mündet. Bis 2012 sollen fast eineinhalb Kilometer Flusslauf revitalisiert werden. Dabei verschwinden 665 Meter Metallrohre und 330 Meter Steingewölbe, durch die das Gewässer momentan noch in der Westvorstadt fließt. Der erste Abschnitt an der Jahnallee ist bereits mitten im Bau. Die Wasserqualität ist bereits heute so gut, dass man verschiedene Fischarten und seltene Wasservögel beobachten kann. Die Finanzierung der „Neuen Ufer“ teilen sich die Stadt Leipzig, das Land Sachsen, der Bund und private Investoren. In Zukunft rücken sogar die Kontinente näher an Leipzig. Denn mit dem geplanten Durchstich des Karl-Heine-Kanals über den Lindenauer Hafen zum Elster-Saale-Kanal, soll die Wasserstadt auch über einen direkten Wasserweg zum Europäischen Wasserstraßennetz und zu den Weltmeeren verfügen. Diese Vision bestand bereits im 17. Jahrhundert. Der Industriekapitän der Gründerzeit, Karl Heine, der sich auch um den Wohnungsbau im Westen Leipzigs verdient gemacht hat, kam der Verwirklichung der Idee mit dem nach ihm benannten Kanal schon sehr nahe. Das Projekt Saale-Elster-Kanal, das 1943 mit dem Bau des Hafengeländes in Lindenau endete, sollte den Plan endlich Wirklichkeit werden lassen. Der Krieg machte die Vollendung der Wasserstraße jedoch unmöglich: über den KarlHeine-Kanal zur Saale, dann in die Elbe und von dort bis nach Hamburg und weiter zur Nordsee. Zwei alte Leipziger: Thomaskirche und Pleißemühlgraben. Wohnen am Wasser: Der Karl-HeineKanal soll einmal Leipzig mit den Wasserstraßen Europas verbinden. LEIPZIG UND SEINE BRACHFLÄCHEN > CREDNERSTRASSE Die Freifläche entstand 2003 im Zuge der Komplettsanierung der Häuserzeile in der Crednerstraße 28–40 durch die LWB. Nach dem Abriss der gegenüberliegenden Wohngebäude an der stark befahrenen Prager Straße entstand hier eine parkähnlich begrünte Fläche mit Mietergärten, Spielund Trockenplätzen sowie Ruhezonen und PkwStellflächen für die Mieter. Durch die neue Freifläche erfährt das aufwändig sanierte Wohngebiet in Probstheida eine weitere Aufwertung. Seenlandschaft am Südrand der Stadt Ebenfalls künstliche Gewässer prägen heute den Südraum der Stadt Leipzig. In den Restlöchern des Kohletagebaus entstanden und entstehen zehn Seen mit höchster Wasserqualität. Wassersport vom Tauchen bis zum Segeln, Badespaß und angrenzende Wälder machen den Cospude- FORUM EINS | OKTOBER 2005 22 ner See zu einer abwechslungsreichen Oase der Stadt. Er wird noch näher an die Stadt rücken: Durch den Ausbau des Floßgrabens soll der knapp 500 Hektar große See direkt mit den Wasserstraßen der Stadt verbunden werden. Somit wird das Wasser zu einem wesentlichen Standortfaktor, mit dem gerade die Wohnungswirtschaft rechnen kann. Schon heute sind Wohnungen in Wassernähe gefragter denn je. RÜCKKEHR IN DIE STADT 23 FL AIR VOM MITTELMEER Henri Maier, Intendant der Leipziger Oper. Der Franzose lebt seit 2001 in Leipzig: Leipzig verlässt man nicht gern. Ich erinnere mich an einen Italiener, der sich mit Tränen in den Augen von Leipzig verabschiedete, bevor er nach Mailand zurückkehrte. Der Bahnhof ist mein Lieblingsort. Er symbolisiert Freiheit, Aufbruch, Bewegung – Attribute, die auch für Leipzig stehen. Aber ein Bahnhof ist gleichermaßen ein Ort der Begegnung und des Wiedersehens. LIEBEVOLLE BLICKE AUF E I N E V E R T R A U T E S TA D T Die Leipziger vergöttern ihre Stadt. Neuankömmlinge schätzen gleich das Flair und die Weltoffenheit der sächsischen Metropole. Jeder Neu-, Wahl- oder Alt-Leipziger hat aber seinen eigenen Grund, diese Stadt zu lieben. Welchen, erfahren Sie auf den folgenden Seiten. Eine kleine Anekdote: Freunde aus Paris haben vor kurzem zum wiederholten Male ihren Besuch in Leipzig angekündigt. Wie Leipzig für Goethe das Klein-Paris war, so bezeichnen sie Paris als „Klein-Leipzig“. Und ich bin mir nicht sicher, ob sie übertreiben ... Auch ich sehe mich inzwischen ein bisschen als Botschafter für Leipzig. Die Stadt hat mich 2001 aufgenommen. Seitdem begeistert sie mich. Leipzig umgibt die Atmosphäre französischer Städte. Nicht umsonst ist das wunderbare Lyon die Partnerstadt von Leipzig: Beeindruckende Architektur, Handelszentrum, Kulturstadt – beide Orte haben viel gemeinsam. Leipzig versprüht besonders im Sommer ein Flair, wie es auch in den Städten am Mittelmeer zu finden ist. Sobald die Sonne hervorkommt, rücken die Gastwirte Stühle und Tische heraus. Das Leben verlagert sich auf die Straßen, die Leute sitzen vor den Cafés oder Restaurants und trinken ihren Kaffee oder Rotwein. Da entdecke ich immer wieder die angenehme Langsamkeit und Gemütlichkeit von Leipzig. ICH LIEBE DIE G R O S S E N PA R K S Juli Zeh, Schriftstellerin aus Bonn, lebt seit 1996 in der Messestadt: Ich bin 1996 nach Leipzig gegangen, um am Deutschen Literaturinstitut zu studieren. Damals wollte ich in eine ostdeutsche Stadt. Es ist unglaublich, wie viele Menschen aus den alten Bundesländern noch nicht hier waren und bei Leipzig an verkohlte Bauruinen und schlechte Luft denken. Da werde ich zum Missionar: Leipzig ist eine der schönsten Städte in Deutschland. Die Wendegeschichte und Leipzigs jüngste Entwicklung zur „Ostmetropole“ machen die Stadt einzigartig. Ich liebe die unglaublich großen Parks. So etwas habe ich in keiner anderen Stadt gefunden. Ebenso liebe ich die Gründerzeitarchitektur, die weiten Straßen, die allen Passanten Platz zum Gehen, Stehen, Reden lassen. Überhaupt ist Leipzig das Gegenteil von eng. Die Stadt hat Platz und insgesamt die richtige Größe. Sie ist Großstadt genug, aber nicht so sehr, dass sie anstrengend wird. Leipzig hat sich verändert. So sehr, wie ich es noch nie bei einem Ort erlebt habe – aber ich war ja auch noch nie so lange an einem Ort, mal abgesehen von meiner Geburtsstadt Bonn. Als ich nach Leipzig ging, herrschte ein Flair des Aufbruchs, der fröhlichen Anarchie, der tausend Möglichkeiten, des erwartungsvollen Blicks in die Zukunft bei entspanntem Verhältnis zur Gegenwart. Die Menschen waren sehr nett zueinander, man ging einander nicht auf die Nerven, kommandierte sich nicht gegenseitig herum. Leider FORUM EINS | OKTOBER 2005 24 hat sich – neben vielen anderen Dingen – auch diese Stimmung geändert. So sehr Leipzig für seine wirtschaftlichen Projekte und seine Erfolge zu loben ist – die Atmosphäre in der Stadt hat sich aus meiner Sicht gewandelt. Das Leben in Leipzig hat dadurch einen Teil seiner Unkompliziertheit verloren. RÜCKKEHR IN DIE STADT 25 HIER GEHÖREN WIR HER! Warum Leipzig? Meine Frau und ich, wir leben in dieser Stadt seit über 15 Jahren. Schon 1994, noch vor meiner Wiederwahl als Oberbürgermeister, beschlossen wir, nicht zurückzukehren nach Hannover oder Köln, wo wir doch mit vier Kindern gute Jahre verbracht hatten. Die Entscheidung, dauerhaft hier zu bleiben, entsprang einem intensiven Gefühl: Hier gehören wir her! Bei allem Auf und Ab des Lebens – hier fühlen wir uns wohl. Heute, mehr als zehn Jahre nach diesem Entschluss, wissen wir, dass unser Gefühl uns nicht getäuscht hat. Wenn ich darüber nachdenke, fallen mir drei Gründe ein, die uns das Leben in Leipzig angenehm machen. Zuerst: Leipzig ist groß und klein zugleich. Kunst und Kultur sind von einem Niveau und einer Vielseitigkeit, die jeder europäischen Großstadt Ehre machen würden. Und dennoch klein! Man kennt sich. Wann immer ich einen Gang durch die Innenstadt mache, treffe ich Freunde oder Bekannte. Meiner Frau geht es genauso. Zum Zweiten: Leipzig ist eine stolze und ehrgeizige Stadt. Das hat offenbar eine jahrhunderte- alte Tradition. Der „Leipziger Größenwahn“, der einem auch schon mal auf die Nerven gehen kann, verleiht den Menschen die Kraft, für große Ziele Großes zu leisten. Dieser Geist lässt sich auch durch widrige Umstände nicht unterkriegen. Schließlich: Die Stadt ist – genauer: Die Menschen in dieser Stadt sind freundlich und entgegenkommend, trotz Stolz und Ehrgeiz. Das ist anders und mehr als die viel gerühmte „Heeflichkeit“ der Sachsen. Der Fremde, Zugereiste bleibt nicht draußen außerhalb der etablierten Gesellschaft der Einheimischen. Er wird ohne viele Umstände, und nicht erst nach Jahrzehnten der Anpassung, aufgenommen. Diese besondere Haltung dem Fremden gegenüber ist mir von vielen Zugereisten, vor allem Wessis, gerühmt worden. Also: Wir bleiben hier, so viele Jahre, wie das Leben uns noch schenkt. E I N E S TA D T V O L L E R AMÜSIERFREUDIGER Gregor Pelzer, Gastronom, kam 1994 aus Köln nach Leipzig: Egal ob München, Köln oder andere westdeutsche Städte – Leipzig kann mithalten, wenn es um die gastronomische Vielfalt und Qualität geht. Hier ist in den letzten anderthalb Jahrzehnten so viel entstanden, sicherlich auch begünstigt durch die Tatsache, dass es in Sachsen keine Sperrstunde gibt. In Leipzig geht man eben erst halb zehn los, in dem Wissen, dass um ein Uhr das Leben in Kneipen und Bars noch genauso vital ist wie um 24 Uhr. Gerade in lauen Sommernächten findet man die City weit nach Mitternacht noch immer voll von Amüsierfreudigen. Rundum ist Leipzig gerade für Leute um die 30 ein wunderbarer Wohnort mit viel Grün und abwechslungsreichen Kulturangeboten und dies vor allem preiswerter als München, Hamburg oder Köln. FORUM EINS | OKTOBER 2005 26 LEIPZIG UND SEINE BRACHFLÄCHEN Dr. Hinrich Lehmann-Grube, Ex-Oberbürgermeister, kam 1990 aus Hannover: > CZERMAKS GARTEN Der Name Czermaks Garten geht tatsächlich auf einen Nutzgarten zurück, der auf dem Grundstück des Leipziger Physiologen Prof. Johann Nepomuk Czermak im 19. Jahrhundert angelegt wurde. 1875 entstand hier ein Gebäudekomplex, dessen vier je viergeschossige Flügel durch ein Mittelgebäude miteinander verbunden waren. Im Oktober 1991 kaufte Jürgen Schneider das Grundstück und plante den Umbau zum Einkaufs- und Geschäftscenter. Nach der Insolvenz Schneiders und dem Scheitern verschiedener Nachnutzungskonzepte riss man das einsturzgefährdete Gebäude 2003 ab. Die Kosten für die Umgestaltung zu einem Park: 870.000 Euro. MIR SIND DIE CAFÉHÄUSER AM LIEBSTEN Else-Marthe Sørlie-Lybekk, norwegische HandballWeltmeisterin, lebt und spielt seit 2003 in Leipzig: Ich habe vor ein paar Wochen meinen Vertrag beim Handballclub Leipzig bis 2008 verlängert. Mir gefällt es hier, ich fühle mich sehr wohl. Wenn auch zurzeit die vielen Baustellen nerven, die Stadt hat ein ganz besonderes Flair. Am liebsten sitze ich in einem der unheimlich vielen Cafés im Zentrum oder im Süden der Stadt. Ich bin so ein richtiger Caféhaus-Typ. Das gilt besonders sonntags, wenn ich mich mit Freunden zum Brunch treffe. So etwas gibt es in Norwegen nicht. Was mir auch auffällt, sind die vielen schönen Häuser. Ich wohne selbst in der Südvorstadt in einem Gründerzeithaus in einer Dachgeschosswohnung. Schräge Wände und runde Fenster – so was findet man in Norwegen kaum, da wird viel mit Holz gebaut. EIN ORT DES K U LT I V I E R T E N Z E I T VERSCHWENDENS Dr. Barbara Steiner, Direktorin der Galerie für zeitgenössische Kunst, wurde in der Nähe von Wien geboren und lebt seit 2001 in Leipzig: Als ich nach Deutschland kam, wollte ich eigentlich nur zwei Jahre bleiben. Inzwischen lebe ich zwölf Jahre hier – gut vier davon in Leipzig. Ich habe in der Stadt viele Freunde, Bekannte und Kollegen, die mir das Gefühl von Heimat geben. Wenngleich mein Verständnis von Heimat mehr an die Menschen und weniger an eine Stadt gebunden ist, fühle ich mich in Leipzig sehr wohl. Hier ist mein Zuhause. Leipzigs Mischung aus Urbanität und Idylle, der Wechsel zwischen klassischer Gründerzeitarchitektur und modernem sozialistischen Erbe verleihen der Stadt Lebendigkeit und Spannung. Das Hochhaus aus DDR-Zeiten, die GründerzeitGebäude mit ihrer bourgeoisen Aura, die dicht befahrene Straße und der beschauliche Johannapark – dazwischen steht die Villa der „Galerie für zeitgenössische Kunst“ und das Galerie- Café „Neubau“ mit seiner modernen Architektur. Im „Neubau“ pflege ich ein wenig die Wiener Caféhaus-Mentalität. Die Gäste sollen sich entspannen und wohl fühlen. Es ist ein Ort des kultivierten Zeitverschwendens. Leipzig steht für Veränderung. Die Stadt wandelt sich ständig und präsentiert sich immer von einer anderen Seite. Die imaginative Qualität von Leipzig, die manche mit Größenwahn gleichsetzen, ist für die Kunst unverzichtbar. Pulsierende Städte brauchen die Vielfalt und keine geistige Enge. Leipzig ist nicht nur Bach- oder Musikstadt. Es gibt hier auch nicht nur das Gewandhaus und die Oper. Die „Freie Szene“ in Leipzig hat sehr viel Potenzial und steckt voller Überraschungen. RÜCKKEHR IN DIE STADT 27 Leipzig hat sehr viele geschichtsträchtige Immobilien: prächtige, vor allem gründerzeitliche Bürgerhäuser, Messehäuser, imposante Industriebauten und Fabrikantenhäuser, frei stehende Villen und herrschaftliche Anwesen neben nicht weniger markanten kleinbürgerlichen Quartieren. Ausnahmslos beeindruckende Bauten, auf die Denkmalpfleger wie Leipziger Bürger stets besonders stolz sind. Kaum ein Gebäude, dessen Geschichte nicht aufgearbeitet wurde und das nicht in irgendeinem Kulturführer oder Leipzigbuch beschrieben ist. EIN ETWAS UNGEWÖHNLICHER VERK AUFSTIPP Liebhaber für Haus mit Seele gesucht – von Gregor Hoffmann W ürde ich heute gefragt, ob denn auch Häuser eine Seele hätten, gewissermaßen eine Identität jenseits ihrer Fassade und Architektur, müsste ich die Frage vermutlich bejahen. Nicht jedes Haus, würde ich ergänzen, gewiss aber jedes einigermaßen betagte Haus, das Geschichten erzählen kann oder selbst Geschichte geprägt hat. Und tatsächlich sind in Leipzig bis heute architektonische Neuentdeckungen möglich. Ich erinnere mich gut daran, als ich das erste Mal vor dem Haus in der Rathenaustraße 23 stand, in dem Carl Friedrich Goerdeler gelebt hatte. Ich war mit einem Journalisten verabredet, der sich für dessen Wirken in der Stadt interessierte. Es war ein warmer Spätsommertag, die Sonne stand tief und tauchte die dunkelroten Klinker der stattlichen Villa in ein mildes Licht. Die eine Hälfte des Hauses war von wildem Wein verdeckt, wodurch es jedoch nicht weniger beeindruckte. Im Gegenteil: Das Haus, das die DDR einigermaßen unbeschadet überstan- FORUM EINS | OKTOBER 2005 28 den hatte, machte dadurch einen noch unempfindlicheren Eindruck gegenüber dem Einfluss der Zeit. Auf der Rückseite befand sich eine große Terrasse, die den Blick in einen tiefen Garten freigab, dessen frühere Konturen noch deutlich zu erkennen waren. Fasziniert stand ich vor dem Anwesen. Einige Jahre später kam ich wieder hierher. Am Haus wurde eine Gedenktafel angebracht, mit der anlässlich des 60. Jahrestages an das gescheiterte Hitlerattentat vom 20. Juli 1944, den Widerstand und an Carl Goerdeler erinnert werden sollte. An dem Festakt nahm seine Tochter teil, Marianne Meyer-Krahmer. Nach dem offiziellen Teil geht sie ins Haus, betritt die leeren Zimmer, bleibt gelegentlich stehen und setzt sich schließlich in der riesigen Küche auf einen Stuhl, um den Journalisten von ihrer Kindheit, ihrem Vater und dem Leben in einer spannungsreichen Zeit zu erzählen. Marianne Meyer-Krahmer am Haus anlässlich der Gedenktafeleinweihung 2004 RÜCKKEHR IN DIE STADT 29 LEIPZIG UND SEINE BRACHFLÄCHEN FA K T E N Z U M V E R K A U F : > STADTTEILPARK PLAGWITZ In Plagwitz wurde eine ehemalige Eisenbahn-Verladestation zum Stadtteilpark. Die Gleise blieben als zentrales Element des Parks erhalten. Sie wurden mit Schotter aufgefüllt, kennzeichnen die Wege durch den Park und erinnern so an die industrielle Geschichte des Stadtteils. Carl Goerdeler war von 1930 bis 1937 Oberbürgermeister in Leipzig. In der Rathenaustraße 23 in Leutzsch, einer bevorzugten Wohngegend, lebte er mit seiner Familie bis zu seiner Verhaftung 1944. Grundstück und Haus gehörten ursprünglich einem Industriellen, der es Ende der 20er-Jahre an die Stadt verkaufen musste. 1936 trat Goerdeler von seinem Amt zurück – aus Protest gegen die Zerstörung des Mendelssohn-Denkmals vor dem Gewandhaus. Nach dem gescheiterten Attentat auf Hitler wurde Goerdeler als Mitverschwörer verhaftet und hingerichtet. Auch die Familie wurde durch die Gestapo verhaftet. Noch immer sitzt die alte Dame in der Küche und erzählt, und für Momente scheint die Ver- Anschrift: Rathenaustraße 23 in 04179 Leipzig Lage: Leipzig–West Baujahr: 1900 Nutzungswidmung: frei stehende Villa Rechte Dritter: Notwegerecht für Flurstück 175 a Gemarkung: Leutzsch Blatt: 1003 Flurstück: 175 k Größe: 1.949 qm GrundbuchEigentümerin: „Die wichtigste Räumlichkeit überhaupt hätte ich fast vergessen: Das war – auch vom „Lieferanteneingang“ zu erreichen – unsere riesengroße Küche im Erdgeschoss. Sie war darauf zugeschnitten, dass schon an normalen Alltagen ausgiebig geputzt, gekocht und gebraten werden musste; um wie viel mehr, wenn Gäste zu einem großen Abendessen eingeladen waren!“ Leipziger Wohnungsund Baugesellschaft mbH Anzahl WE: 6 WE, leer Wohnfläche: 584,74 qm Vollgeschosse: 3 Bauweise: traditionelle Bauweise, Klinkerfassade Ausstattung: WE teilweise mit Bad und IWC, Ofenheizung Bauzustand: sanierungsbedürftig Denkmalschutz: ja Sanierungsgebiet: nein Kaufpreisvorstellung: 490.000 € Kontakt: Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft mbH Telefon: 0341 – 9 92 23 02 Fax: 0341 – 9 92 23 09 Internet: www.lwb.de E-Mail: Andrea.Patitz@lwb.de „Die hohe Diele war von dem [...] Glasfenster beherrscht, der ,Sonnenuntergang’ gab ihr einen eigentümlichen Reiz – als wollte das Haus augenzwinkernd seine Pracht ankündigen. Von hier führten Flügel- und Schiebetüren in eine Reihe von Repräsentationsräumen, den ,Salon’ etwa oder das ,Herrenzimmer’.“ FORUM EINS | OKTOBER 2005 30 RÜCKKEHR IN DIE STADT 31 > KUNSTPROJEKT STADTHALTEN In Leipzig-Lindenau steht die Zwischennutzung der Abbruchflächen im Zeichen der Kunst. Die Projekte zeigen unter anderem den „Stattpark“ mit 100 Parkplatzschildern, das „Tapetenzimmer“ mit Schlafzimmerleuchten an einem freien Giebel oder eine individuell gestaltete Liegewiese unter dem Motto „Liegen ist gebührenfrei“. Als ich die Türen des Hauses nach der Veranstaltung wieder abschließe, zögere ich kurz und denke, was sich aus diesem Haus wohl alles machen ließe. Da es verkauft werden soll, besteht immerhin Hoffnung, dass es auf einen Käufer trifft, der nicht nur die Immobilie, sondern auch die Seele des Hauses sieht: seine Geschichte und die Geschichten der Menschen, die hier lebten. Ich kann es leider nicht kaufen, nur empfehlen! LEIPZIG UND SEINE BRACHFLÄCHEN gangenheit wieder lebendig zu werden. Das Innere des Hauses vermag freilich nur noch in Spuren an ihre Kindheit in der geräumigen Villa zu erinnern: die große Küche mit ihren blauen Lilien-Kacheln, die alten, bunten Glasfenster in der großen Empfangsdiele, die reich ornamentierten Stuckdecken in den Zimmern. Zitate aus: Marianne Meyer-Krahmer (1998), Carl Goerdeler – Mut zum Widerstand: Eine Tochter erinnert sich, Leipzig. „Das Herrenzimmer, das meinem Vater auch als Arbeitszimmer diente, war so lang gestreckt, dass es heute gleich in drei kleinere Räume unterteilt worden ist. Das große Speisezimmer bot Platz für dreißig Personen an ausgezogener Tafel; gemütlich wurde es glücklicherweise dennoch, wenn sich nur unsere Familie um den Esstisch scharte, der dann zu einem Kreisrund zusammengeschoben wurde.“ IMPRESSUM Herausgeber: Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft mbH (LWB), Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Prager Straße 21, 04103 Leipzig, Telefon: 0341 – 9 92 42 01, E-Mail: presse@lwb.de, Internet: www.lwb.de Idee, Konzept, Koordination: Gregor Hoffmann, Andreas Nowotny (LWB) Texte: idea Kommunikation, Gregor Hoffmann (LWB) Grafik & Produktion: idea Kommunikation Fotos: Klaus Sonntag, PUNCTUM, Edgar Müller, LWB, plainpicture, MEV, Deutsches Institut für Urbanistik FORUM EINS | OKTOBER 2005 32 © LWB 2005