SCHÄDEL-HIRN-TRAUMA - Eine spezielle
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SCHÄDEL-HIRN-TRAUMA - Eine spezielle
März 2012 | SA für Intensivpflege | Stephan Augustin Augustin Stephan SCHÄDEL-HIRNTRAUMA Eine spezielle pflegerische Herausforderung? Was unterscheidet die Neurochirurgie von anderen Internsivdisziplinen? Während alle anderen Disziplinen aktiv die Wahrnehmung des Patienten reduzieren können, um für ihn die Therapie erträglich und einfach zu gestalten, ist die Neurochirurgie primär dazu gezwungen, die Verbesserung des Bewusstseins als Therapieziel zu verfolgen, d.h.: der Natur der Neurochirurgie steht die intensivmedizinisch weit verbreitete Praxis der Sedierung und Analgosedierung oftmals im Wege. Die Ziele dieser Lehrveranstaltung: Sie sollten • Die pflegerelevanten Unterschiede der verschiedenen SHVerletzungen kennen Inhalt Einführung, Ziele 1 Schädelhirntraumen 2 Blutungen 3 Schwerpunkte präOP 3 Schwerpunkte postOP 4 Beatmung 5 • Den Einfluss der Beatmung kennen Lagerung 5 • Die pflegerischen Möglichkeiten der Lagerung kennen Monitoring 6 • Das erweiterte Monitoring kennen • Zusatzdiagnostik 6 Zusätzliche Möglichkeiten der Diagnostik und Therapie kennenlernen Temperatur 6 Überschrift Nebenartikel Bitte fragen Sie nach, sollte etwas unverständlich sein. Notieren Sie sich Anmerkungen aus dem Vortrag. Das Skriptum stellt nur ein Rohgerüst der Inhalte dar, welches Ihnen mit Ihren Ergänzungen als Nachlese dienen soll. 2 I SA 2012 SchädelHirnTrauma Das Spektrum der neurochirurgischen Intensivpatienten: • Schädel- HirnTraumen (isoliert) Blutungen (ICH, EDH, SDH, SAB) Tumore Spinale Traumen • • • Anatomische Unterscheidung: • Offenes SHT -> Dura Mater eröffnet • Gedecktes SHT -> unversehrte Dura • (Axonales Trauma) Neurologisch: Der Schweregrad wird mittels GCS klassifiziert: Leicht: GCS 15- 13 Punkte Mittel: GCS 12 - 9 Punkte Für die Prognose des Outcomes nach einem SHT gibt es jedoch bessere Prädiktoren: Evozierte Potentiale (SSEP, VEP, AEP, P100) Schwer: GCS 8 - 3 Punkte • Die GlasgowComaScale ist eine für therapeutische Zwecke etablierte neurologische Einteilung, z.B. als Maßstab für eine Schutzintubation, Umfang des Monitorings, weitere notwendige US,… Die postoperative Betreuung von neurochirurgischen Patienten setzt profunde Kenntnis der Physiologie, der Pathophysiologie und der Neurologie voraus! Unterschied offen/geschlossen, Maßnahmen Begriffserklärung: FBF: frontobasale Fraktur LBF: laterobasale Fraktur KBF: Keilbeinflügel/fraktur OFFENES SHT: • Kennzeichen: Hirn u/o Liquoraustritt Liquornachweis durch β-Schwämmchen Einlage f. 24h je nach #Lokalisation: CPP: Cerebraler Perfusionsdruck ICP: IntraCranieller Druck frontobasal: nasal, laterobasal: otal Relevante Messwerte: ICP: “Hirndruck“: Normalwert : 0-15 mmHg Leicht erhöht: 15-25 mmHg Hoher ICP: >25 mmHg THERAPIE!!!! Bis zur Diagnosesicherung FBF (CCT/β-Schwamm) => • CPP: “Perfusionsdruck“: Sollte immer > 60 mmHg sein, bei erhöhtem Fluss (VasoSpasmus) entsprechend mehr! KEIN NASALES ABSAUGEN !! Neben der Versorgung einer vorhandenen Blutung steht die chirurgische Versorgung im Sinne einer Umwandlung in eine geschlossene Verletzung im Vordergrund (z.B. Duranaht, Duraplastik, Sanierung der Schädelbasis) => INFEKTIONSPROPHYLAXE Geschlossenes SHT: Neben den Knochenbrüchen wie: • (# = Fraktur) Verschiedenste Frakturen der Kalotte – Impression / Berstung • Orbita# (Dach/ Wand/ Boden) • Mittelgesicht# (Nase / Wange/ Kiefer) • Schädelbasisfrakturen (fronto-/laterobasal) z. B.: Keilbeinfraktur steht die Versorgung u/o Beobachtung der verschiedenen Blutungen im Vordergrund: • ICH - Intracerebralhämatom • EDH - Epiduralhämatom • SDH - Subduralhämatom • SAB - Subarachnoidalblutung WIEDERHOLUNG AUS NC-FACHVORTRAG: SA 2012 I 3 Intracerebrales Hämatom: • • • • Zumeist spontan (durch hypertensive Krise) oder aber infolge eines SHT (Contusionen) Blutung in das Hirngewebe, oft frontal, temporal, aber auch tief in der Hemisphäre Einblutung in Ventrikel möglich („Ventrikeleinbruch" od. „ICH+VE“) Große Blutungen werden operativ saniert, kleinere, z.B. Contusionen unter strenger RR-, Pupillen- & Vigilanz Kontrolle beobachtet Epidurales Hämatom: • • • Einblutung zwischen Schädelknochen und Dura, Zumeist aus dem Bruch resultierendes Hämatom Bei Mitverletzung der A. meningea media zunehmender ICP -> „Lucides Intervall“ Subdurales Hämatom, akut: • • Einfach: durch Einriss von Brückenvenen, die Blutung ist eine stehende Blutansammlung unter der Dura. Kompliziert: mit Contusionen, Zerreißung des Hirngewebes & oft mit arterieller Blutung aus der Contusion Sonderstellung: Traumatische SAB • • • Warum diese Fachkenntnissepflegerelevant ??? Nur, wenn Sie den Ort und / oder den SAB: Typisch infolge einer Aneurysmaruptur, häufiger jedoch (wenngleich in kleinerem Ausmaß) bei SHT vorkommend. Blutungsquelle ist wie bei traumatischem ICH schwer lokalisierbar / fast immer unauffindbar. Symptomatik zumeist wesentlich weniger ausgeprägt, Op. Sanierung der SAB-Quelle nicht notwendig / möglich Grund der Verletzung kennen, können Sie adäquat handeln. Patienten erleiden potentiell schwere Schäden, wenn beispielsweise unerkannt bleibt, dass das Gehirn aufgrund einer Raumforderung (Blutung, Ödem, aber auch Tumor) Schwerpunkte ICH präoperativ: eigentlich schon nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt werden kann. Eine • Oxygenierung sichern! und überwachen: SpO2 • Zumindest O2 Gabe, bei GCS < 8: Schutzintubation !?! • Invasive Blutdruckmessung ist „State of the Art“ „weil 220 mmHg Systole sind viel zu viel“ • ZIEL-MAP 100-125 (Dilemma: CPP versus Nachblutung) kann den Patienten das Leben kosten. • Ebrantil : 25mg / 25mg / 50mg (Minutenabstand) • Clonidin : zuerst fraktioniert, dann Perfusor • BZ: 80 – 140 mg% (v.d. Berghen) wie verdammt schwierig es war, den • Gerinnung Ko / Substitution immens hohen Druck zu behandeln, aber • ZVK erwägen (AZ, Vorerkrankungen, Prognose?) ® -> AO! ® -> AO! Zu vermeidendes RISIKO: Nachblutung! (auch aus Unkenntnis gesetzte) übereifrige Handlung wie die Senkung des Blutdruckes, Natürlich ist keine Berufsgruppe vor diesen Fehlern gefeit. Es soll auch schon Notärzte gegeben haben, die damit geprahlt haben, man habe es schon geschafft! Mit dem hier vermittelten Basiswissen und einer Portion Hausverstand sollten Ihnen diese schwerwiegenden Fehler in der • ~ 15% der Patienten erleiden eine solche • 14% < 6h nach Initialblutung • 1% > 6h 24Stunden am Bett des Patienten stehen • => deutl. Prognoseverschlechterung !! und oft über die initialen Maßnahmen Die Risikofaktoren außer RR: • Leber- / Gerinnungsprobleme? • Größe der Initialblutung? Behandlung von SHT-Patienten aber nicht unterlaufen. Schließlich sind Sie es, die entscheiden! Seien Sie sich dieser Tatsache bitte immer bewusst! 4 I SA 2012 Schwerpunkt ICH postoperativ: NOTIZEN: ______________________ Die Raumforderung ist durch die OP behoben => ICP normalisiert Jetzt gilt wieder => RR syst. < 160 mmHg (MAP ~100) Ventrikel- Drainagen Management: ______________________ Liquorproduktion: ~0,3ml/min => 18ml/h = 432ml/d ______________________ ______________________ (~150 ml haben Platz, das heißt der Turnover beträgt ~ 3x/d) Maximale Fördermenge 200 - 250 ml pro Tag, ansonsten künstlicher Melkeffekt => Shuntabhängigkeit! ______________________ Niveau des Transducers richtig einstellen! ______________________ ______________________ Grundsätzlich: ______________________ • ES GIBT KEINE längere SEDOANALGESIE (>12h) OHNE ICP-Sonde! ______________________ • Stündlich Pupillen-Ko (bei Verdacht öfter, auch bei ICP-Sonde!) • Augenpflege (Oleovit ? oder Vidisicc -weniger Manipulationen bei Ko!) • Bei Ödemen / Hämatomen / inkomplettem Lidschluß GELIPERM ______________________ ® ® ® ______________________ auflegen. Hält feucht, kühlt, wirkt abschwellend, (mit spezieller SAP-Nr. ______________________ bei entsprechender Indikation über Apotheke zu beziehen) ______________________ ______________________ • Stundenharnmessung + 6- stündliche Bilanzierung • Elektrolyte (Na , K )im Auge behalten => beginnender Diabetes Insipitus? • Auf ärztliche AO: Substitution + Minirin 1-2µg i.v. bei spezifischem ______________________ ______________________ ® ist eine verringerte ADH Produktion bei erhöhtem Hirndruck) ______________________ ______________________ + Harngewicht ≤ 1005 g/l (Ursache für die gesteigerte Urinausscheidung ______________________ ______________________ + Bei Anzeichen eines Hirndruckanstiegs Arzt informieren! • CPP ist möglichst zu halten! Mögliche kausale Therapien (AO): • Bei Nachblutung? - Revision?, • Bei Ödembildung? - Mannit?/Entlastungskraniotomie? ______________________ • Elektrolyte im Normbereich? - Substitution? ______________________ • BIS hoch?- Sedierung vertiefen? • Hf hoch? – Schmerzmittelgabe optimieren? • CO2 hoch? -Beatmung moderat optimieren? • STUHLSORGE !!!! Nicht selten führt insuffiziente Stuhlsorge zu ______________________ ______________________ ______________________ ______________________ Zwerchfellhochstand und ICP-Krisen Schwerpunkte Beatmung: NOTIZEN: • Anwendung die Gefahr der cerebralen Ischämie aufgrund drastischer ______________________ ______________________ ______________________ Verringerung der Hirndurchblutung durch die Gefäßengstellung! • ______________________ BGA- Ko: pO2 sollte leicht luxuriös sein, ~100-120 mmHg, pCO2 im Normalfall nicht unter 30 mmHg sein!! • PEEP moderat titrieren, weil: PEEP => ZVD => ICP • Bei schwerem Verlauf, hohem Alter oder schlechter Prognose des Patienten erfolgt eine eher großzügige Indikationsstellung zur ______________________ ______________________ Eine moderate Hyperventilation (pCO2 30- 35mmHg) bringt schnellen Erfolg in der Hirndrucksenkung, es besteht jedoch bei prolongierter ______________________ ______________________ SA 2012 I 5 Tracheotomie, dilatativ auf der Station oder genäht im OP Wichtig: Frühmobilisation! • ______________________ Was spricht dagegen, einen beatmeten Patienten, bei dem sich das Weaning etwas langwieriger gestaltet als erwartet, sooft als möglich zu mobilisieren? (echtes Sitzen im Stryker oder Lehnstuhl sind nicht zuletzt ______________________ aufgrund der Perspektive dem „Cardiostuhl“ im Bett vorzuziehen) ______________________ • Nachts in Bauchlage schlafen zu lassen? ______________________ • Oder in die Badewanne zu fahren? Unmöglich? ______________________ Schwerpunkte Lagerung: ______________________ • ______________________ ______________________ Prinzipiell Schädellage, Oberkörper etwa 15-30° hoch, jedoch ist der CPP zu beachten, dieser hat Vorrang! • Bei stabilen Hirndruckwerten und stabiler Hämodynamik spricht ABSOLUT NICHTS gegen Seitenlagerung li/re hoch, im Gegenteil: diese verhindert ______________________ sogar häufig pulmonale Komplikationen bei schwerem Verlauf! ______________________ • ® Auch ein Rotorest Bett kann bei manchen Patienten notwendig werden, ______________________ bei stabilem ICP und RR stellt dies kein Problem dar, ansonsten ist mit ______________________ Sedierungsvertiefung und forcierter hämodynamischer Stützung mit Katecholaminen ein mehr oder weniger akzeptables Ergebnis zu erzielen. ______________________ ______________________ Wichtig: • ______________________ ______________________ ______________________ ______________________ • Unbehinderter venöser Abfluss muss gewährleistet bleiben! (s.a. PEEP) das heißt: => Kopf in Mittelstellung, auch bei Seitenlagerung, KEINE Überstreckung, KEIN Abknicken nach vorne! Spitzfußprophylaxe obsolet! diese führt zur Tonussteigerung => ICP Schwerpunkt spezielles Monitoring: Neben den allgemeinen Monitoring- Standards haben sich in der NC etabliert: • ICP-Sonde, System Codman, mit CPP-Monitoring • Externe VD (mit / ohne Ventrikeldruckmessung) • Neuromonitoring BIS (Sedierungstiefe) • Die in der Fachliteratur vielfach beschriebene Messung der Jugularvenensättigung bzw. der Gewebsoxygenierung werden auch an anderen Kliniken selten wo gemacht ICP-SONDE: • dient zur direkten Gewebedruckmessung im Hirnparenchym • Kopplung an Monitor und CPP- Berechnung ist möglich • ACHTUNG: Eichung ist nur vor dem EINBAU möglich! • Unbedingt Flügelschraube einbauen (lassen)! BIS- Monitoring: • zur kontinuierlichen Überprüfung der Sedierungstiefe, • Anwendung bei vor allem bei ICP-instabilen Patienten • 4-Kanal EEG, vereinfacht auf eine Zahl zwischen 00 und 100 Funktion externer Ventrikeldrainagen: • Eine schnelle Möglichkeit, den ICP zu senken und diesen zu messen • Die Funktion, eine passagere Liquorzirkulationsstörung nach SAB oder ICH+VE zu therapieren, später ev. Shunt-OP vonnöten SA für Intensivpflege Vorträge o SHT-Pflege o Anästhesiepflege Stephan Augustin S.Augustin@salk.at • erleichterte Liquordiagnostik • ABER: streng aseptisch handeln! Hohe Infektionsgefahr! • Eventuell (nach LK) AB-Gabe i.t. oder bei Wechsel Bactiseal (orange) • CAVE: Transducerhöhe beachten: 2 Fingerbreiten über dem Gehörgang ® Zusätzliche Untersuchungen: • CCT: bessere Darstellung von Blutungen • MRI: bessere Darstellung feiner Strukturen • Cerebrale Angiographie: zum Ausschluss eines Aneurysmas / AVM als Blutungsquelle, bzw. Lokalisation dieser Basisliteratur: Piek & Unterberg, Grundlagen neurochirurgischer Intensivmedizin, Zuckschwerdt: 978-3-88603-879-4 Ullrich, Stolecki & Grünewald: Intensivpflege und Anästhesie, Thieme: 978-3-13130-912-9 Besuchen Sie mein WIKI im Internet: http://powerbrain.wikispaces.com/Vi deoLinks • Evozierte Potentiale: zur Prognosestellung • TCD: Diagnostik von Gefäßspasmen bei SAB Hypothermie: • CoolKath: Temperaturabsenkung mittels zentral implantiertem Wärmetauschkatheter • DeltaAir: Kühlzelt, Thermo-Feedback per Temp-DK • ArcticSun: Thermofeedback per t-DK, Kühlung über aufgeklebte wasserführende Einmalmatten