Pflegerische Besonderheiten bei der Organspende
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Pflegerische Besonderheiten bei der Organspende
Pflegerische Besonderheiten bei der Organspende Karsten Gehmlich Voraussetzungen für eine Organspende Der gesicherte Hirntod des Patienten nach den Richtlinien der Bundesärztekammer (postmortale Spende) Die Einwilligung zur Organspende durch den Verstorbenen selbst (Spenderausweis / Patientenverfügung) oder die Angehörigen (vermuteter Wille) Spendererkennung Meldung: Anamnese (HA): 82 Jahre, weiblich M. Parkinson Intrakranielle Blutung nach Sturz Geringe Katecholamingabe Keine Reanimation Keine hypotonen Phasen Labor: 1.Tag: HN 18, Krea 0,7; GOT 21, GPT 14, Bili 0,29 CRP 4 mg/L; Leuk. 11; Hb 11,8 2.Tag: HN 20 Krea 0,68; GOT 16, GPT 16, Bili 0,29 Beatmung unproblematisch 1. Organspende möglich? 2. Welche Organe kommen in Frage? 3. Was wird an Diagnostik benötigt? CRP 32 mg/L; Leuk. 12,9; Hb 9,4 Spendererkennung Potentielle Spenderorgane: Lunge, Leber und Nieren Diagnostik: • Labor: • Urindiagnostik • Ultraschall Abdomen • Rö-Thorax • Bronchoskopie Blutbild, Gerinnung, Elektrolyte, Retentionswerte, Transaminasen, Bilirubin, BGA Spendererkennung Status 3. Tag: Hirntoddiagnostik beendet, Zustimmung der Angehörigen, Freigabe Staatsanwaltschaft Labor: HN 20 Krea 0,68; GOT 16, GPT 16, Bili 0,29 CRP 32 mg/L; Leuk. 12,9; Hb 9,4; Na 146; K 3,6; Q 95% BGA: FiO2 35%; PEEP 5; pO2 107mmHg; pCO2 30mmHg FiO2 100% ; PEEP 5; pO2 515mmHg; pCO2 45mmHg U-Status: Glucose + Eiweiß negativ Sono: Nierenzyste 15 mm re; sonst regelrechter Status Rö-Thorax: Keine Infiltrate, keine Stauung, keine Raumforderung, minimale Unschärfe der Pleurawinkel bds. Bronchoskopie: Geringgradig nonputrides Sekret; sonst keine Besonderheiten Spendererkennung OP-Befunde: Starke Arteriosklerose; Beckengefäße können nicht entnommen werden Leber mit max. 10% Verfettung (Biopsie) Linke Niere kleine Zysten sonst o.B., Rechte Niere unauffällig Transplantationsergebnisse: Leber: Frau, 47 Jahre Linke Niere: Mann, 68 Jahre Rechte Niere: Frau, 73 Jahre Lunge bds.: Frau, 63 Jahre Kontraindikationen • Aktuelle Tumorleiden (mit Ausnahmen) • Sepsis mit multiresistenden Keimen • HIV-Infektion • Floride Tuberkulose Spendererkennung Schwere Hirnschädigung + Fehlende Pupillenreaktion + Verlust Hustenreflex Besonderheit Organspender Mit Feststellung des Hirntodes ändert sich das Therapieziel - Hirndrucksenkung - antiödematöse Therapie - Volumenrestriktion - Osmodiuretika - optimierte Organperfusion - Vermeidung von Organschäden - Katecholamineinsparung - Homeostase Belastungen Empfundene Belastung - Visuelle Analogskala (VAS) Bein et al, Hirntod und Organspende: Einstellung und psychische Belastung des Personals von Intensivstationen. Anaesthesiologie & Intensivmedizin 2003 VAS 9 8 7 Betreuung Angehörige 6 5 Betreuung Organspender 4 3 2 1 <1 1-5 6-10 >10 Berufserfahrung (Jahre) Belastungen Angst • nicht die richtigen Worte zu finden • die eigenen Gefühle nicht im Griff zu haben • den Schmerz des anderen nicht aushalten zu können • Gefühl, nichts anbieten zu können • das Leid der trauernden Familie durch die Bitte nach der Organspende noch zu vergrößern Angehörigenbefragung Organspende ? Die Frage nach einer Organspende ist: die schwierigste Frage, zum ungünstigsten Zeitpunkt, an die unglücklichste Familie! Organspendeausweis JA NEIN Organspende Es geht nicht darum, welche Entscheidung Sie treffen, sondern darum, dass Sie eine Entscheidung treffen! Pathophysiologie des Hirntods Hypothermie Zentraler Sympathikotonus STH Zentraler Parasympathikotonus ACTH TSH Vasoplegie ADH (Vasopressin) Ocytocin Cortisolmangel „Addisonkrise“ Hypothyreose (T3↓, T4↓, TSH↓) Tachykardie Inflammation Vasoplegie Diabetes insipidus zentralis (Polyurie, Na↑) Intensivtherapie Organprotektive Therapie = Behandlung der pathophysiologischen Folgen des Hirntodes Typische Komplikationen im Hirntod Häufigkeit Volumenmangel 81 % Vasodilatation (mit Katecholaminbedarf) 76 % Hypothermie 73 % Hypokaliämie 72 % Hyperglykämie 72 % Hypernätriämie (Na > 155mmol/l) 59 % Gerinnungsstörungen 57 % Diabetes insipidus 75 % Intensivtherapie Intensivtherapie Infusions- / Volumentherapie: • Glukose 5% / Vollelektrolytlösung • ggf. Plasmaexpander • FFP / Erythrozytenkonzentrat (nur bei absolutem Bedarf) Medikamentöse Therapie: • Desmopressin (Minirin® 0,5 - 4 µg) • Insulin • Katecholamine Noradrenalin (Arterenol® 0,1 -1 µg/kgKG/min.) Dobutamin (Dobutrex® 3 -15 µg/kgKG/min.) • Antibiose (prophylaktisch / kalkuliert / Keimnachweis) • Steroide (Hydrocortison® / Urbason®) Intensivtherapie Beatmungstherapie: • mit PEEP (mind. 5 cmH2O) • FiO2 möglichst gering halten • I : E möglichst physiologisch Ziel: • Lungen schonend (AZV 6-8ml/kg/KG) • gute Oxygenierung (PaO2 > 100mmHg) • akzeptable BGA (altersentsprechend) • ausgeglichener Säurebasenhaushalt Management beim Lungenspender Basistherapie Fortführung der Bronchialtoilette im geschlossenen Absaugsystem Konsequente Lagerungstherapie Mundpflege Prävention der Atelektasenbildung Vermeidung PEEP Verlust Gabe von Methylprednisolon / Hydrocortison Pulmonale Veränderungen dorso-basale Atelektasen Fehlen Absaugen Fehlende Lagerungsmaßnahmen Inadäquate Beatmung Konsequente Durchführung Mucolyse Absaugen Lagerungstherapie Bronchoskopie lungenprotektive Beatmung Ann Thorac Surg 2008;85:278-286 24 Intensivtherapie Spezielle Aspekte: kritische Situationen mit schlechten Blutgaswerten durch Atelektasen und Ventilationsstörungen Bauchlage Intensivtherapie Hypothermie vermeiden: • kontinuierliche Messung der Körperkerntemperatur • Wärmeverluste verhindern • WarmtouchTM / BairhuggerTM Körpertemperatur > 35°C Intensivtherapie Die konsequente Intensivtherapie des Organspenders ist die Grundlage der Intensivtherapie des Organempfängers! Die Organqualität spielt eine entscheidende Rolle für den Transplantationserfolg Besonderheit Explantation • Dauer 2-5 h • Unter sterilen Bedingungen • Fortführung der Intensivtherapie • Äußerliche Integrität bleibt erhalten • Würdevoll • Möglichkeit der Abschiednahme • Verbringung des Leichnams Weitere Informationen … www.bzga.de www.organspende-info.de www.dso.de www.fuers-leben.de karsten.gehmlich@dso.de