Vortrag zu Alexandra laden
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Vortrag zu Alexandra laden
1 Alexandra, die letzte Zarin von Russland. Eine tragische Gestalt, von ihrer Umgebung vorverurteilt. Versuch, ihren wahren Charakter an Hand ihrer Briefe an ihre Jugendfreundin Toni Becker-Bracht, meine Großmutter, etwas zurechtzurücken. Alexandra Feodorowna 1887-1918 2 Entgegen der im 20ten Jahrhundert häufig geäußerten Meinung, sie sei kalt und unnahbar gewesen, wird in diesen mir vorliegenden Briefen deutlich, welch sensibler und verletzlicher Mensch sich in Wirklichkeit hinter einer aufgezwungenen Maske verbarg. Gerade das aber ergänzt das schon vielfach beschriebene Charakterbild der letzten Zarin durch eine neue, persönliche Facette. Dass ich Ihnen heute diesen Vortrag überhaupt halten kann, ist dem glücklichen Umstand zu verdanken, dass meine Großmutter diese über 100 Briefe und Telegramme ihrer Jugendfreundin, der Prinzessin Alix von Hessen-Darmstadt, als einen großen Schatz hütete, der auch in den Wirren dieser langen Zeit nicht verloren ging. Erlauben Sie mir aber zuerst, mich Ihnen vorzustellen. Ich habe jedenfalls keineswegs etwa Geschichte studiert, weder deutsche noch russische. Habe mich als einfache „Nur-Hausfrau“ um unsere 4 Kinder gekümmert und später die alt gewordenen Eltern versorgt. Aufgewachsen bin ich in einer traditionsbewussten Familie mit einer Großmutter, die viel Wert darauf legte, der Vergangenheit Ehrfurcht zu erweisen. Ob es sich um die interessanten Briefe aus dem Orient ihres Ehemannes, des Landschaftsmalers Eugen Bracht handelte, oder um die vielen Briefe ihres Vaters, die er von Queen Victorias Hof geschrieben hatte, oder eben auch um die von ihr besonders wert geschätzten und gehüteten Briefe der Zarin Alexandra - all diesen Dokumenten gegenüber pflanzte sie mir insgeheim ein besonderes Verantwortungsbewusstsein ein. Sie war es, die als vertraute Ansprechpartnerin der Prinzessin und späteren Zarin in Freundschaft verbunden war und der die vielen Briefe und Fotos galten, die sie in geheimnisvollen, mit roten Bändern verschnürten Schachteln aufbewahrte. In der Genealogie der verschiedenen Herrscherhäuser kannte sie sich bestens aus und im Grunde genommen sind ja alle Herrscherhäuser irgendwie miteinander verwandt. So waren z.B. Zar Nikolaus II, der heute Abend ebenfalls eine Hauptrolle spielen wird und die hessische Prinzessin Alix Vetter und Cousine 2. Grades. Jedenfalls war meine Neugierde geweckt und in dem Bewusstsein, dass meine Kinder diese vielen überlieferten Briefe, schon allein der Schrift wegen nie lesen würden, oder könnten, machte ich mich schon vor Jahren daran, diese zu transkribieren. Dazu kam bei den Briefen der russischen Zarin noch hinzu, dass sie und meine Großmutter sich oft einer Geheimschrift bedienten, deren Entzifferung mich besonders reizte. Der Einfachheit halber werde ich meine Großmutter ab jetzt nur noch „Toni“ nennen und - man möge mir die Respektlosigkeit verzeihen - die Jugendfreundin, die hessische Prinzessin - „Alix“. Die Briefe der 1872 in Darmstadt geborenen Prinzessin Alix fangen erst mit dem Jahr 1887 an, als Alix knapp 15 und Toni 18 Jahre alt waren. Wenn Alix und ihre Geschwister im Sommer oft wochenlang bei ihrer Großmutter Queen Victoria in England oder Schottland weilten, fehlte den Freundinnen die Möglichkeit des mündlichen Austausches. Seit dem Tod der Großherzogin Alice 1878 war es nämlich die englische Königin, die die Erziehung der mutterlosen Großherzogskinder in ihre feste Hand genommen hatte. Oft enthalten die Briefe rätselhafte Andeutungen, deren 3 Sinn der Empfängerin natürlich klar war. Nach einigen Recherchen ließ sich aber meistens die Lösung finden. Wenn ich jetzt aber erklären soll, wie es überhaupt zu dieser Freundschaft zwischen meiner Großmutter und der Zarin kommen konnte, dann muss ich eine Generation weiter zurückgehen. Tonis Vater, Ernst Becker, Jahrgang 1826, lebte in einer für uns heute kaum mehr vorstellbaren Zeit des industriellen Umbruchs. Von 1850-60 als Prinzenerzieher und Bibliothekar von Prinzgemahl Albert in England engagiert, erlebte er diese Zeit als Pionier der Photographie und pflegte Umgang mit Musikern oder Naturwissenschaftlern wie z.B. Faraday, Bunsen und Liebig, um nur einige Persönlichkeiten zu erwähnen. Zunächst hatte er bei Justus von Liebig studiert und wurde dann von diesem, damals 24-jährig, als Erzieher für den Probleme bereitenden Prinzen von Wales nach London empfohlen. 10 Jahre lang hatte Tonis Vater diesen verantwortungsvollen Posten inne. Als leidenschaftlicher Klavierspieler spielte er mit den Prinzessinnen oft vierhändig und attachierte sich dabei auch speziell an Prinzeß Alice, die wie er Musik besonders liebte. Als der Prinz von Wales schließlich volljährig wurde, bat Ernst Becker, trotz seiner inzwischen starken emotionalen Bindung an das Königshaus, um Entlassung aus seinem Dienstverhältnis und nahm seine Studien in Deutschland wieder auf. Da starb 1861 in London ganz plötzlich der Prinzgemahl und die ein halbes Jahr später stattfindende Hochzeit der Prinzeß Alice mit dem Erbgroßherzog Ludwig von Hessen-Darmstadt war ein von Traurigkeit überschattetes Fest. Noch zu Lebzeiten hatte Prinz Albert in Hinblick auf die Zukunft seiner Tochter in der Fremde, sich an Ernst Becker gewandt und ihn gebeten, ihr doch als ein ihr vertrauter Schatzmeister und Sekretär zur Seite zu stehen, zumal er als Darmstädter mit den dortigen Verhältnissen gut bekannt war. Dieser neuen Aufgabe, nun im Dienste der Großherzogin Alice von Hessen, widmete er sich dann auch voll Loyalität bis zu seinem Ende 1888. In Darmstadt fand und heiratete er auch 1864 seine Frau. Jetzt endlich komme ich zur nächsten Generation. Bei Großherzogs kamen ab 1863 sieben Kinder zur Welt: Victoria, Ella, Irene, Ernst-Ludwig, genannt Ernie, Alix und Marie; ein Söhnchen Frittie erlag im Kleinkinderalter schon der Hämophilie. Von Queen Victoria ausgehend hat sich diese tückische Erbkrankheit ja in ganz Europa ausgebreitet. Bei meinen Urgroßeltern kamen 4 Kinder, davon das dritte meine Großmutter Toni. Das lange, vertraute Zusammensein in England setzte sich also in Darmstadt, auch in der nächsten Generation fort. Der unglückliche Start in die großherzogliche Ehe setzte sich mit dem tragischen Tod des kleinen Prinzen Frittie fort. Es gab zahlreiche Daten, im Mausoleum der Familie auf der Darmstädter Rosenhöhe der vielen verstorbenen Verwandten zu gedenken. Da war die kleine Prinzeß Alix mit den rotblonden Haaren und den dunklen Augen, mit dem fröhlichen und lustigen Wesen ein willkommener Sonnenschein, der alle entzückte. Eine denkwürdige Begegnung trug sich in ihrer frühen Kindheit zu: Ihre Großtante, Zarin Marie besuchte wieder einmal die Verwandten. Die Kinder warteten, zur Begrüßung in einer Reihe aufgestellt. Als die Zarin sich der kleinen Alix näherte, erzählt man sich, habe sie zu ihrer Hofdame gesagt: „Küssen Sie ihr die Hand. Das ist Ihre zukünftige Kaiserin“. 4 Da aber wurde Darmstadt im Herbst 1878 von einer Diphterieepedemie heimgesucht, die auch vor dem Schloss nicht Halt machte. Großherzogin Alice selbst pflegte ihre Angehörigen mit größter Hingabe, konnte aber den Tod der kleinen Prinzeß Marie nicht verhindern. Als nun die restliche Familie endlich gesundet war, steckte sich die entkräftete Mutter doch auch noch an und erlag dieser tückischen Krankheit. Nun hatte also die jetzt Jüngste, Prinzessin Alix mit ihren gerade einmal 6 Jahren, auf einen Schlag ihre geliebte Mutter und die kleine Schwester verloren. Das war die Zeit von der an sich eine deutliche Melancholie über das bisher so sonnige Wesen der kleinen Alix legte. Sie wurde immer stiller und scheuer und schloss sich immer enger an Toni an. Diese, zwar 3 ½ Jahre älter, kümmerte sich ganz besonders um das verzweifelte Kind und legte damit wohl den Grund zu der lebenslangen Freundschaft. Die Mädchen verbrachten die gemeinsamen Stunden mit Schlittschuhlaufen, Tennis und Theaterspielen, Musizieren, Tanzstunden und anderem mehr. Dies war das Becker’sche Haus, in dem viele berühmte Musiker, wie z.B. der Geiger J. Joachim, Clara Schumann oder auch J. Brahms ein und aus gingen. Eines dieser Fenster zur Straßenseite muss es auch gewesen sein, an dem Toni gerne stand wenn sie wusste, dass Alix auf ihrem Ausritt daran vorbeikommen würde. Normalerweise war sie ja vom Helfen in der Küche nicht so sehr begeistert, bei diesen Gelegenheiten aber konnte doch ganz zufällig beim Abtrocknen das Geschirrtuch aus dem Fenster fallen. Das musste natürlich sofort geholt werden und ergab wieder eine Möglichkeit für die Mädchen, sich kurz zu sprechen. Viele Briefe von Alix verraten, wie vertraut Tonis Familie ihr war. Dort in dem großen Park mag es gewesen sein, wo die Kinder Ringelnattern mit Stöckchen „zähmten“ und sie an einem „Halsband“ spazieren führten. Solch kleine Erlebnisse gaben immer wieder Gelegenheiten für Scherze und Neckereien. Vielleicht war es ja auch diese Mischung aus Humor und Ernsthaftigkeit, die Alix zu Toni hinzog. 1884 verließen die beiden älteren Schwestern, Victoria und Ella das Elternhaus. Victoria heiratete den Prinzen Ludwig von Battenberg – nach dem ersten Weltkrieg wurde daraus Mountbatten. Ella heiratete den Großfürsten Sergius von Russland. Bei dieser Hochzeit nun fanden sich Prinzeß Alix und der russische Thronfolger Nikolaus, Nicky genannt, mehr als nur sympathisch. Wie Nicky in sein Tagebuch schrieb, tollten Alix und er, zwölf und sechszehn Jahre alt, ausgelassen im Park umher und entdeckten dabei ihre große Zuneigung zueinander. Es musste aber ein Geheimnis bleiben, denn Queen Victoria und Großherzog Ludwig IV hatten ja gerade erst akzeptiert, dass Prinzeß Ella nach Russland heiratete und wollten keine weitere Prinzessin nach Russland „verlieren“. Außerdem hatte Queen Victoria inzwischen beschlossen, ihre „Lieblingsenkelin“ Alix, an den zukünftigen Thronerben Englands, den Prinzen Albert Victor, Eddy genannt, zu verheiraten. Alix schätzte diesen jedoch höchstens als Vetter, aber nicht mehr. Das aber wagte sie weder ihrer Großmutter noch ihrem Vater zu sagen. Auch ihre späteren Schwiegereltern, Zar Alexander III und Zarin Maria, die geborene Prinzessin Dagmar von Dänemark, waren gegen eine Verbindung ihres Sohnes mit Alix und hätten lieber die französische Prinzessin Hélène an ihrer Stelle gesehen. Man stelle sich jetzt einmal vor, Alix hätte sich gegen ihren Willen mit Eddy verheiraten lassen. 8 Jahre später schon, 1892, erlag Eddy einer 5 Lungenentzündung. Seine damalige Braut heiratete jetzt den jüngeren Bruder George, der als George V den englischen Thron bestieg und der im Übrigen seinem Vetter Nikolaus zum Verwechseln ähnlich sah. Doch zurück zur Jugendzeit, der Backfischzeit. 1887 war ein bedeutsames Jahr für die beiden Freundinnen und wurde gleich im Februar mit einem großen Hofball in Renaissancekostümen eröffnet. Für die jetzt knapp 15-jährige Alix war es der erste Hofball. Kurz danach gründeten Alix, ihr Bruder Ernie, Toni und ein Freund Ernies, Alexander, einen poetischen Geheimbund zum Austausch von romantischen Gedichten. Diesen Bund nannten sie nach ihren Anfangsbuchstaben „AETA“ (Alix, Ernie, Toni u. Alexander). Sie ließen sogar ein spezielles Briefpapier mit der Prägung „AETA“ anfertigen. Viele Briefe der vier Freunde sind mit „AETA, treu bis in den Tod“, überschrieben. Und auch oft wurde Toni nach ihren Anfangsbuchstaben Tebe, Toni Becker, genannt. Um Geheimnisse dem Papier anvertrauen zu können, erfanden die beiden Mädchen, wie schon erwähnt, eine Geheimschrift, die sie später auch mit dem Bruder Ernie und seinem Freund teilten. Ein extra Poesiebüchlein voller Sentimentalitäten von Alix für Toni hat sich erhalten Jetzt erst beginnen die vielen Briefe, die immer wieder Geheimschrifteinlagen enthalten, deren Entschlüsselung den weichen Charakter von Alix verriet und wie sie ihr Herz bei Toni ausschüttete. 1888, war ein weiteres wichtiges Jahr für Alix, in welchem mit Prinzeß Irene, die letzte „weibliche Stütze“ aus dem Großherzogshaushalt, den Prinzen Heinrich von Preußen heiratete. Als nun auch noch der Bruder des Studiums wegen nach Leipzig zog, musste Alix trotz aller Hemmungen, öffentliche Aufgaben als stellvertretende Großherzogin übernehmen. Sie meinte, diesen Verpflichtungen kaum gewachsen zu sein und machte sich hinterher oft Vorwürfe, wie dumm und ungewandt sie sich benommen habe. Toni erwähnt das in ihren Erinnerungen, um verständlich werden zu lassen, wie schwer die Rolle einer russischen Kaiserin ihr später werden musste. In diesem Jahr bereitete sie sich zusätzlich auch voller Innbrunst auf ihre Konfirmation vor. Wie auch ihre streng gläubige Mutter, war Alix von religiösen Gedanken sehr stark beeindruckt. Vielleicht lag darin schon die Wurzel ihrer Treue zu einmal gegebenen Versprechen und ihrer späteren Neigung zu Fatalismus. Kein Wunder, dass die heimliche Liebe zwischen dem russischen Thronfolger Nikolaus und ihr, sie in schwerste, innere Kämpfe stürzte. Ihre Gottergebenheit, aber auch ihre enge Verbindung zu Tonis Familie, zeigt sich in einem Brief, den sie nach dem Tod von Tonis Vater zu Weihnachten schreibt: Meine Gedanken werden bei euch allen sein, das erste Mal, ohne euren geliebten Vater. – Es ist auch ein harter Schlag für uns alle gewesen, den teuren Onkel zu verlieren, – aber Gottes Will geschehe & nicht der unsere. Ein Wiedersehen mit Nicky 1889 bei Schwester Ella in St. Petersburg, vertiefte die Zuneigung der beiden Liebenden, erhöhte aber auch die Gewissensqualen der jetzt 17-jährigen Alix. Abgesehen von den anders gerichteten Plänen der Queen und ihres Vaters, gab es noch ein weiteres, gewichtiges Hindernis auf dem Weg nach 6 Russland. Von jungen westlichen Bräuten verlangte nämlich die russische Tradition, den russisch-orthodoxen Glauben anzunehmen, vor allem wenn sie womöglich Zarin werden wollten. Als nun Nicky, mittlerweile 21, bei diesem Wiedersehen Alix bat, seine Frau zu werden, fühlte sie sich, so kurz nach der Konfirmation und auch im Andenken an die religiöse Einstellung ihrer Mutter, nicht in der Lage, zu ihrer Liebe zu stehen, sondern gab ihrem geliebten Nicky einen Korb, was diesen, seinen Tagebucheinträgen nach, am Boden zerstörte. Und niemand durfte etwas merken. In Darmstadt musste sie bei Empfängen als gute Gastgeberin immer heiter und gesprächig wirken, auch wenn ihr nicht im Mindesten danach zu Mute war. Toni erinnert sich, wie sie im Lauf der vielen Jahren voller Sorge beobachtete, wie Alix unter zunehmenden Hemmungen litt und dabei sogar fast menschenscheu wurde. Das wurde auch für sie selbst ein großes Problem, vor allem später als russische Zarin. Vermehrt stellten sich nun auch gesundheitliche Probleme ein. So war sie häufig von heftigen Migräneanfällen geplagt und längeres Stehen verursachte, vielleicht Ischiasbedingt starke Schmerzen in den Beinen, später kamen Herzinsuffizienzen dazu. Dass Alix daher oft kein besonders heiteres Gesicht machte, ist kein Wunder. Man warf ihr vor, launisch und unhöflich zu sein, was sie wiederum verletzte, gab sie sich doch alle Mühe, sich nichts anmerken zu lassen. Außerdem fürchtet sie in Schottland, ihrem Vetter Eddy zu begegnen. Oh! Kind! ich zittere vor Schottland, oh! was soll ich machen? Ich will ihm <Eddy> zeigen, dass ich nicht für ihn fühle, wie er wünscht, aber zu kalt will ich auch nicht sein, & das werde ich dann so leicht, & dann schmerzt es ihn, & kränkt die Grossmama. Verzeihe, die lange Geschichte, aber es thut mir gut, mich auszusprechen, da ich niemand hier habe, mit dem ich so frei reden kann, vor dem ich mein Herz ausschütten kann. – Man hat mich so unhöflich & stolz gefunden, & so gar nicht freundlich & gesprächig. Kind, es ist hart, immer die alten Geschichten zu hören, & nie was gutes; – alle Bemühungen vergebens, man glaubt ich bin brummig, ich sehe so aus, & dass ich mir keine Mühe gäbe. Heisse Küsse von Deiner Alten. – Es mag Ihnen vielleicht aufgefallen sein, dass Alix Toni mit „Kind“ anredet. Das war ihre bevorzugte Anrede. Ihre Briefe dagegen enden meistens mit „Deine Alte“. Nachdem sie ja schon mit 16 Jahren gezwungen war, öffentlich, als stellvertretende Großherzogin aufzutreten, fühlte sie sich frühzeitig gealtert. Im Mai 1891 meldet sie: That what you read in the papers about <N>, of course I knew,<Ella> telegraphed twice. I assure you, I did not know what to do with myself, & the exertion was strong preventing anyone to see my feelings & eyes; none noticed anything. With practice one can often hide one’s feelings. Die Auflösung für diese Andeutung ist folgende: 7 Nicky befand sich auf einer längeren Weltreise, die ihn unter anderem auch nach Japan führte. Dort wurde er plötzlich von einem Japaner mit einem Säbel attackiert. Geistesgegenwärtig verhinderte sein ihn begleitender Vetter, Prinz Georg von Griechenland einen zweiten Schlag, während Nicky, die allgemeine Verwirrung nutzend, in der Menge untertauchen konnte. Im April 1892 stirbt der Großherzog mit nur 54 Jahren, ein herber Verlust für Alix. Doch nur 4 Tage danach schon schreibt sie aus Coburg, wo sie mit ihrem Bruder, dem neuen Großherzog von Hessen-DA den Verwandten einen Besuch abstattet. Ich muss Dir heute rasch einige Zeilen mit meinen innigsten Wünschen zum Osterfest schicken. Der Herr segne Dich, mein geliebtes Kind. Du musst nicht glauben, dass ich nicht Deiner gedacht, aber ich konnte Dir wirklich unmöglich früher schreiben. – Deine Blumen & Briefe haben mich tief gerührt & ich danke Dir nun herzlich für dieselbe. Die Blumen habe ich auf die Rosenhöh gebracht. [Zum Mausoleum der großherzogliche Familie in Darmstadt].– Von einer Reise nach Florenz 1893, brachte sie für Toni zwei vergoldete Holzrähmchen mit, in denen jetzt zwei Bildchen der beiden Freundinnen stecken und mir täglich beim Betrachten Freude bereiten. Das Jahr 1894 brachte Alix zunächst einen harten Schlag, indem ihr Bruder sich mit der Tochter seines Onkels Alfred in Coburg verlobte und Alix fürchten musste, dem jungen Paar in Darmstadt zur Last zu fallen, wenn sie weiterhin im Schlosse leben würde. Außerdem hatte sie einen Brief von Nicky erhalten: – Er hat mir geschrieben & seine Photo geschickt, poor dear, quite heartbroken. – I don't know what to do with myself. Natürlich würde sie zur Hochzeit des Bruders nach Coburg fahren und war erleichtert, dass Nicky nicht vor hatte zu kommen. Nun aber schreibt sie 2 Tage vor dem Fest: „denke Dir, wie grausam, Nicky kommt nun doch zur Hochzeit; so geht die Qual nun von vornen an!“ das Brautpaar im April 1894 8 Es sollte aber anders kommen. Nach einigen Verhandlungen hinter den Kulissen mit der russischen Verwandtschaft, Vetter Wilh II und auch Queen Victoria, die offensichtlich jetzt ein Einsehen hatte, wurde das unmöglich Geglaubte möglich. „Der Passus in den russischen Statuten, wonach eine andersgläubige Prinzessin ihren Glauben verdammen muss, wenn sie den Thronfolger heiraten will, wurde – gestrichen!“ So konnten die beiden Liebenden sich endlich nach 10 Jahren in die Arme fallen. Sofort nach der Aussprache mit Nicky, telegrafierte Alix an Toni: = soeben mit nicky verlobt, unendlich glücklich = alix + Der Hochzeitstermin wurde auf den Herbst festgelegt. Bald konnte Nicky Alix davon überzeugen, dass die Unterschiede der beiden Glaubensrichtungen gar nicht so erheblich seien. Und mit Hilfe eines Popen bereitete sie sich auf den Übertritt vor. Tatsächlich ging sie später ganz in diesem, im Grunde ihrer innbrünstigen, religiösen Haltung entgegenkommenden Glauben auf. Gleichzeitig studierte sie auch fleißig russisch mit Hilfe einer Gesellschafterin, die später der Familie bis in den schrecklichen Tod treu blieb. Jetzt musste aber erst einmal Abschied genommen werden. Da kamen die Darmstädter Freundinnen auf den Gedanken, Alix als Abschiedsgeschenk ein Gemälde von Schloss Romrod zu schenken, als Erinnerung an geliebte Aufenthalte in ihre Jugendzeit. Der Maler dieses Gemäldes war Eugen Bracht, mein Großvater, dem die Freundschaft von Alix zu Toni bekannt war. So kam er eines Tages auf diese zu: ob er ihr das Bild vielleicht zeigen dürfe, um sicher zu sein, dass es Alix auch gefallen möge. Das war aber wahrscheinlich nicht der einzige Grund, denn ein halbes Jahr später überraschte Toni Alix in einem Brief mit der Ankündigung ihrer Verlobung. Aber zurück zum Herbst 94: Zar Alexander III war schon im Frühjahr erkrankt und hatte sich von dem milden Klima auf der Insel Krim Besserung erhofft. Plötzlich aber verschlechterte sich sein Gesundheitszustand so rapide, dass Nicky sofort an das Krankenbett eilte und Alix vorzeitig überstürzt nach Russland fuhr, um gerade noch rechtzeitig bei dem Schwiegervater, der überdies auch ihr Taufpate war, anzukommen. 10 Tage lang hatte sie noch Gelegenheit, ihn bei Bewusstsein anzutreffen. Einen Tag nach seinem Hinscheiden trat Alix dann zu Nickys großer Freude zum orthodoxen Glauben über. Bei diesem Glaubensübertritt wurde sie, einer alten russischen Tradition folgend, auf einen neuen Namen getauft. So wurde aus Prinzessin Alix von Hessen Alexandra Feodorowna. Toni schreibt in ihren Erinnerungen, wie sie Alix gegen böse Zungen verteidigte, wenn diese kritisierten, wie leichtfertig unsere Prinzessin ihren Glauben um des Ruhmes willen wechselte. „Ich sagte dann, sie heiratete nicht weil, sondern obwohl er Kaiser wurde.“ Es war die übergroße Liebe zwischen diesen beiden Menschen, die letztendlich alle Bedenken überwand und die bis zum bitteren Ende ungetrübt anhielt.“ Die Hochzeit fand 2 Wochen nach der Beerdigung in St. Petersburg statt. 9 Selbst an diesem hektischen Hochzeitstag setzte Alix sich noch zu einem Brief an Toni hin: Ich muss Dir heute einige Zeilen schicken, da ich Dir als „Mädchen“ noch einige Zeichen senden will. Ich wohne in meinen alten Zimmern von vor fünf Jahren. Wie viel ist seitdem passiert, sein Vater & der meine genommen. Oh, Kind, diese Reise ist zu unbeschreiblich traurig & ergreifend gewesen & der Einzug in Moskau & hier. Aber es ist eine Beruhig[ung] mit meinem armen Jungen zugleich beten zu können & nun erst bald als seine Frau, da werde ich beständig bei ihm sein können & ihm helfen, & trösten. Es ist gar hart so jung in solcher verantwortlicher Stellung zu sein – aber der liebe Gott wird ihm helfen & die Gebete seiner Treuen. In der ersten Zeit wohnte das junge Paar in St. Petersburg unter einem Dach mit Nickys Mutter, der Zarinwitwe Maria Feodorowna. Ihre ablehnende Haltung der jungen Deutschen gegenüber stammte noch aus der Zeit des deutsch-dänischen Krieges 1864, den sie als 17-jährige erlebt hatte. Für Alix war das natürlich eine schwierige Situation und bedeutete keineswegs eine Erleichterung in ihrem neuen Leben. Die im Volk sehr beliebte Zarinwitwe blieb weiterhin die erste Frau in Russland. Schließlich lebte sie schon seit fast 30 Jahren hier und hatte 17 Jahre Eingewöhnungszeit gehabt, bevor sie Zarin wurde. Alix dagegen musste diese schwierige Phase des Einlebens im fremden Land in kürzester Frist bewältigen. Doch im Mai 1895 schreibt sie: Ich muss Dir doch einige Zeilen schicken. Einsam liege ich hier auf einer kleinen Insel – mein süsser Mann ist ausgeritten, wie ich bedaure, ihn auf seinen Ritten nicht begleiten zu können, kannst Du Dir denken. Aber wenn der Grund, der einen davon abhält, ein solcher ist wie der meine, dann kann man nicht klagen. Zu meinem großen Glück auch noch diese unsagbare Freude in Aussicht – wie kann ich Gott jemals genug dafür danken. Dir schicke ich nun auch meine bescheidenen Hochzeitsgaben. Die Brosche mit dem Stein der Treue soll Dich Deine alte Freundin nicht vergessen lassen. – Wir beide kennen unsere gegenseitigen Männer nicht, doch hat jede Vertrauen zu der Wahl der anderen gehabt. – Wie unbeschreiblich glücklich & zufrieden ich bin – Gott gebe dass Du es auch sein wirst. Lass mich nur nicht ganz aus Deinem neuen Leben schwinden – ich möchte meine alte, treue Freundin doch nicht verlieren.– Alles was Dich angeht, interessiert mich, haben wir doch von klein auf unsere Lebenswege gekannt. Als Alix Toni auf der Insel Rügen weiß, schreibt sie aus Peterhof: Wenn Du auf Rügen bist, so siehst Du ein Stück desselben Meeres, welches ich hier stets vor Augen habe. Neulich waren wir drei Stunden auf dem Meere, & ich dachte an Dich, dass Du vielleicht auch am Ufer warst von derselben See & unsere Gedanken hätten sich treffen können. Freitag von 3-6 Nun folgen viele Briefe, die sich um ihr Mutterglück in Russland und Tonis in Berlin drehen. Alix übernahm die Patenstelle an Tonis erstem Sohn Alexander und schickte regelmäßig Spielsachen, Silberbesteck u.a.mehr. 10 die Zarin mit den TöchternOlga und Maria, 1899 1899 schreibt sie, wieder aus Peterhof, dem bevorzugten Aufenthaltsort der Familie: Wir sind hier seit 9 Tagen & ich bin glücklich wieder an der See zu sein. – Mein Mann besichtigt einige Schiffe heute in Kronstadt. Sonst schiebt er mich meistens überall im Garten herum in meinem Rollstuhle, denn gehen kann ich nicht seit <dem Sommer> auf der Krim. Es folgte nun eine Schwangerschaft auf die andere. Insgesamt schenkte sie vier Mädchen hintereinander das Leben. Jedesmal war sie in dieser Zeit sehr elend und als sich die Herzbeschwerden verstärkten, konnte sie kaum mehr in der Öffentlichkeit auftreten und vor allem in der gesellschaftlich wichtigen Wintersaison, den Erwartungen der St. Petersburger Gesellschaft nicht genügen. Weil man aber den Grund nicht kannte, legte man ihr das als Hochmut und Desinteresse der deutschen Prinzessin aus. Gerade dieser letzte Vorwurf traf sie besonders schwer, da sie sich dem russischen Volk bereits nach kurzer Zeit sehr verbunden fühlte und im russischorthodoxen Glauben völlig aufging. Außerdem wartete natürlich alles auf den Thronfolger. Der kam dann endlich 1904. Allerdings kündigte sich spätestens in diesem Jahr schon das drohende Schicksal an. Im März 1905 schreibt sie: Ich danke Dir von ganzem Herzen für Deinen lieben theilnahmsvollen Brief. Ja, der liebe Gott prüft uns schwer, aber wir müssen ihm fest vertrauen, dass Alles zum Besten ist. Es ist schwer schreiben wenn man nur Trauriges zu erzählen hat. Am 17. Februar war ihr Schwager, Großfürst Sergei, einem Attentat zum Opfer gefallen. Die schweren Prüfungen hatten aber eigentlich schon im Februar 1904 mit dem Ausbruch des Russisch-Japanischen Krieges begonnen, der für Russland einen immer verheerenderen Verlauf nahm. Neben den hohen militärischen Verlusten, wurde auch die Versorgungslage im Land immer schwieriger. Dies führte zwangsläufig zu vermehrten Unruhen in der Bevölkerung. Am 22. Januar 1905, der Zar hielt sich gerade im entfernten Zarskoe Selo auf, versammelten sich in St. 11 Petersburg zahlreiche Demonstranten, um dem Zaren eine Bittschrift zu überreichen. Als die Aufforderungen zurückzuweichen keinen Erfolg zeigten, wurde das Feuer in die Menge eröffnet. Das angerichtete Massaker ging später unter dem Namen „Blutsonntag“ in die Geschichte ein. Kurz danach wurde Großfürst Sergei, als ein Hardliner, wie man heute sagen würde, in Moskau ermordet. Die schwerste, persönliche Prüfung jedoch war sicherlich die Bluterkrankheit des Zarewitsch Alexei, die jahrelang vor der Öffentlichkeit geheim gehalten wurde. Im Übrigen verging kein Geburtstag Tonis, Weihnachtsfest oder Hochzeitstag, an dem Alix nicht mit einem Brief oder mindestens einem Telegramm an sie gedacht hätte. 17. Toni mit Gerda + Alix mit Alexei So z.B. Dez 1908: Geliebte Toni, Tausend innige Wünsche sende ich Dir zum heiligen Christfeste – mögest Du es fröhlich im Kreise Deiner Lieben verbringen. – Herzlichsten Dank für Deinen letzten lieben Brief. Verzeihe Deiner faulen alten Freundin, dass sie Dir so selten schreibt – aber gedenken thut sie Deiner oft. Alle haben Kummer & Sorgen & bei mir, mit meinem verschlossenen Character, leidet das Herz doppelt. Man muss Geduld haben, & die habe ich – & dem lieben Gott danke ich, dass es nicht schlimmer ist. Mittlerweile hatten schon länger einige zu Aberglaube und Okkultismus neigende Großfürstinnen zunehmend Einfluss auf Alix genommen und führten schließlich den sibirischen Wunderheiler Rasputin am Zarenhof ein. Und tatsächlich kam einmal eine schwere Blutung bei dem Zarewitsch während seiner Anwesenheit zum Stillstand. Von dem Zeitpunkt an sah die verzweifelte Mutter in ihm den Retter für ihr Kind. Natürlich wusste Alix, was viele von ihr und ihren Krankheiten dachten, erzählt aber dankbar von ihrem so glücklichen Familienleben: Natürlich wird man zuweilen müde, durch das jahrelange Kranksein – aber es ist Gottes Wille & er giebt immer Geduld & Kraft. Das Leben bringt doch viel unendlich Schweres mit sich – aber mein Familienleben ist ein selten glückliches, gesegnetes, bin mit so viel Liebe & Zärtlichkeit von Mann & Kindern umgeben. Alexei ist ganz besonders aufmerksam & rührend für seine 7 Jahre – ein wahrer kleiner Engel.– Es ist erstaunlich, dass Alix 1912 ihren Geburtstagsgruß an Toni termingerecht zu senden im Stande war. Die Familie des Zaren hatte zwei erholsame Wochen im heutigen Polen verbracht. Alexei war dort allerdings gestürzt und es kam zu ausgedehnten Hämatomen im gesamten Bauchraum, die das Leben des Zarewitsch ernstlich bedrohten. Tag und Nacht wich Alix kaum von seiner Seite. Der Zustand des Jungen verschlimmerte sich so dramatisch, dass er schließlich sogar die Sterbesakramente erhielt. Zum ersten Mal erfuhr nun auch die Öffentlichkeit von den immensen Sorgen um das Leben des Thronfolgers und im ganzen Land wurden Bittgottesdienste abgehalten. In ihrer Not telegrafierte Alix schließlich an Rasputin, ihn bittend, das Kind in sein Gebet einzuschließen. Tatsächlich ging es dem Jungen am nächsten Tag besser. Dieses „Wunder“ festigte bei Alix den nun schon fast unerschütterlichen Glauben in die Worte und Kräfte Rasputins. 12 1913 folgen dann noch ein paar Telegramme, das letzte davon zum Weihnachtsfest mit Glückwünschen für 1914. Dann unterbrach der Beginn des 1. Weltkrieges die Postverbindung. Nur noch über Schweden waren spärliche Nachrichten möglich, und auf diesem Weg wurde Alix von ihrer Schwester Irene 1916 davon unterrichtet, dass Tonis Sohn, ihr gerade erst 19-jähriger Patensohn Alexander Bracht, an der Front in Frankreich gefallen war. Und es wird auch Irene gewesen sein, die Toni von dem schrecklichen Schicksal der russischen Zarenfamilie und deren Ermordung durch die Bolschewiki am 17. Juni 1918 unterrichtet hat. 18. Gemälde von Toni u Alix 1903 Die Ironie des Schicksals brachte es mit sich, dass diese zu Lebzeiten oft missverstandene, gegen Ende des Imperiums sogar zum Teil mit Hass verfolgte Familie, heute in Russland heiliggesprochen ist. Nun ist die Geschichte und das gewaltsame Ende der Romanow-Dynastie schon von vielen Seiten beleuchtet worden. Trotzdem halte ich diese rein privaten Briefe zwischen zwei Freundinnen für eine interessante Ergänzung. Wenn Sie nun die ganze Zeit über ungeduldig gewartet haben, dass in den Briefen endlich einmal auch Politik erwähnt würde, so muss ich Sie enttäuschen. Da findet sich nichts, aber auch gar nichts. Politik und Staatsgeschäfte stellten für die junge Prinzessin zunächst, neben ihrer großen Liebe zu Nicky, eine eher ungeliebte Notwendigkeit, eine von „Gott auferlegte Pflicht“ dar, mit der sie später einmal und dann nur indirekt zu tun haben würde. Mit Gebeten und festem Gottvertrauen würde das schon gelingen. Und auch Nikolaus II war keineswegs auf die frühe Übernahme des Herrscherpostens vorbereitet und mit seinem eher schwachen Charakter den Anforderungen der Politik in keiner Weise gewachsen. Glaubte er doch, von seinem Vater noch lange genug in diese Geschäfte eingeweiht zu werden. Durch dessen tragisch frühen Tod jedoch konnten nun die verschiedensten Familien- und Hofintrigen auf die Unerfahrenen zunehmend ihren ungeschmälerten, machtpolitischen Einfluss ausüben. Bemerkenswert ist auch, dass Alix in den Briefen Rasputin, oder auch ihre mittlerweile fast fanatische Gläubigkeit mit keinem einzigen Wort erwähnt, oder auch nur andeutet, wohl wissend, dass sie damit sicherlich auf Unverständnis gestoßen wäre. So waren frühere Leser dieser Briefe, wegen des Mangels an Informationen über die Vorstellungen und Handlungen von Zar und Zarin, die zwangsläufig den Zusammenbruch der Romanow-Dynastie mit herbeiführten, meistens enttäuscht. Aber die bisher wenig beachtete Facette des außerordentlich glücklichen, liebevollen Familienlebens, die Kenntnis von Alix’ häufiger Unpässlichkeit, die für sie ein Hindernis war, sich in der Gesellschaft so zu zeigen, wie es erwartet wurde, sowie ihre uneingeschränkte Gottergebenheit, halte ich für ein wichtige Ergänzung zur allgemein bekannten Sicht. Es versteht sich von selbst, dass Toni ihr ganzes Leben lang sämtliche Nachrichten, die mit der Zarenfamilie sowohl, wie auch mit dem Großherzoglichen Haus in Darmstadt zusammenhingen, mit höchster Aufmerksamkeit und Anteilnahme 13 verfolgte. Von einer Veröffentlichung dieser kostbaren, intimen Briefe wollte meine Großmutter zu Lebzeiten nichts wissen. Aber jetzt, nach so vielen Jahren, halte ich es doch für richtig, diese ergänzende Facette des Charakterbildes der letzten Zarin der Allgemeinheit zugänglich zu machen. Diese Zeitdokumente sind einfach zu wertvoll, um womöglich eines Tages aus Versehen vernichtet zu werden. Lotte Hoffmann-Kuhnt im Januar 2014-01-27 Das Urheberrecht für die Fotos liegt bei der Autorin