Einkünfte aus nicht- selbständiger Tätigkeit

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Einkünfte aus nicht- selbständiger Tätigkeit
Einkünfte aus
nichtselbständiger
Tätigkeit
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ÜBERSICHT
I. Anwendungsbereich .........
1. Vorliegen eines Dienst
verhältnisses .......................
2. Sonderfälle ..........................
II. Einnahmen .........................
1. Geldleistungen ....................
a. Abfindungen ........................
b. Zukunftssicherung des
Arbeitnehmers ....................
c. Versorgungsbezüge ............
d. Zuschläge für Nacht,
Sonn und Feiertagsarbeit ...
e. Werbungskostenersatz .......
2. Sachbezüge .........................
a. Kraftfahrzeugüberlassung ...
b. Andere Sachbezüge ............
III. Werbungskosten ..............
1. ArbeitnehmerPausch
betrag ..................................
2. Tatsächliche Werbungs
kosten .................................
a. Fahrten zwischen Woh
nung und Arbeitsstätte ........
b. Reisekosten ........................
c. Häusliches Arbeitszimmer ..
d. Doppelte Haushalts
führung ................................
e. Einsatzwechseltätigkeit
und Fahrtätigkeit .................
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2190
2200
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2220
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2240
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2250
2265
2310
2320
2322
2325
2340
2360
2380
2390
f. Arbeitsmittel .......................
g. Sonstige Werbungskosten ..
IV. Lohnsteuerabzug .............
A. Besteuerung nach persön
lichen Verhältnissen ............
1. Lohnsteuerkarte ..................
2. Ermittlung des Abzugs
betrags ................................
a. Steuerklassen .....................
b. Steuerfreibeträge ................
c. Sonstige Bezüge .................
d. Nettolohnvereinbarung .......
3. Steuerabzug ohne
Lohnsteuerkarte ..................
B. Pauschale Besteuerung ......
C. Zusätzliche Einkommens
teuerveranlagung ................
D. Pflichten und Haftung des
Arbeitgebers .......................
1. Anmeldung und Entrich
tung der Lohnsteuer ...........
2. Lohnsteuerjahres
ausgleich .............................
3. Aufzeichnungs und Auf
bewahrungspflichten ..........
4. Erstellen von Lohnsteuer
bescheinigungen .................
5. Haftung des Arbeitgebers ...
2408
2430
2450
2460
2461
2470
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2485
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2515
2520
2540
2570
2580
2585
2594
2600
2610
2620
324 Nichtselbständige Tätigkeit
I. Anwendungsbereich
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Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit erzielen ausschließlich Arbeitnehmer.
Arbeitnehmer im Sinne des Einkommensteuerrechts ist jede natürliche Person,
die in einem Dienstverhältnis steht oder Einkünfte aus einem Dienstverhältnis be
zieht. Für die Beurteilung, ob eine Person Arbeitnehmer ist, ist das Gesamtbild des
Beschäftigungsverhältnisses maßgebend. Der Arbeitnehmerbegriff des Einkom
mensteuerrechts deckt sich nicht mit dem gleichen Begriff in anderen Rechtsgebie
ten, insbesondere nicht mit dem des Arbeits oder Sozialversicherungsrechts.
Ermittlung der Einkünfte
Da die Einkünfte aus nichtselbständiger
§ 2 Abs. 2 Tätigkeit zu den Überschusseinkünften (Nr. 25) gehören, werden sie als Über
Nr. 2 EStG; schuss der Einnahmen über die Werbungskosten ermittelt:
§ 19 EStG
Einnahmen aus nichtselbständiger Tätigkeit (Nr. 2190 ff.)
./. Werbungskosten (Nr. 2310 ff.)
= Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit
Im Vergleich zu den anderen Überschusseinkünften besteht jedoch bei der Zah
lung von Arbeitslohn die Besonderheit, dass die Einkommensteuer zunächst – als
Quellensteuer – durch Abzug vom Arbeitslohn erhoben wird und demnach bei
jeder Lohnzahlung vom Arbeitgeber an das Finanzamt abzuführen ist (Nr. 2450 ff.).
Werbungskosten, die zu diesem Zeitpunkt nicht berücksichtigt werden, müssen
dann im Wege der (zusätzlichen) Abgabe einer Einkommensteuererklärung für das
entsprechende Kalenderjahr geltend gemacht werden (Nr. 2574 f.).
1. Vorliegen eines Dienstverhältnisses
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Ein Dienstverhältnis liegt vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine
§ 1 Abs. 2 Arbeitskraft schuldet, also wenn er entweder
– in der Betätigung seines geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitge
LStDV
bers steht oder
– verpflichtet ist im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisun
gen zu folgen.
Typisch für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses ist also die Weisungsgebundenheit des Arbeitnehmers. Diese kann auf einem öffentlichrechtlichen
Dienstverhältnis beruhen, wie z.B. bei Beamten, oder sie kann Ausfluss des ar
beitsrechtlichen Direktionsrechts sein, das dem Arbeitgeber erlaubt, Zeit, Ort, Art
und Weise der Arbeit zu bestimmen. Maßgebend dabei ist das Innenverhältnis.
Anmerkung: Der Begriff Dienstverhältnis ist mit dem des Arbeitsverhältnisses gleich
zusetzen (BFH BStBl. 1972 II 643).
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Begründung
Ein Dienstverhältnis wird i.d.R. durch den Abschluss eines
Arbeitsvertrags begründet. Die Form des Arbeitsvertrags ist gesetzlich nicht vor
geschrieben, aus Beweisgründen ist aber die Schriftform zu empfehlen. Entschei
dend für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses ist ausschließlich, ob sich aus der
Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ergibt, dass der Arbeitneh
mer Dienste in abhängiger Stellung erbringen soll und tatsächlich auch erbringt
(BFH/NV 1996, 325). Dabei kommt es weder darauf an, unter welcher Bezeich
nung der Vertrag zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer geschlossen worden ist,
Nichtselbständige Tätigkeit 325
noch, ob der Vertrag zivilrechtlich unwirksam oder nichtig ist. Ein Dienstverhältnis
kann – steuerlich – nicht rückwirkend begründet werden.
Abgrenzung Für die Frage, ob tatsächlich ein Dienstverhältnis gegeben
ist, muss auf das Gesamtbild der Verhältnisse abgestellt werden (grundlegend
BFH BStBl. 1985 II 661). Dies bedeutet, dass die für und gegen ein Dienstverhält
nis sprechenden Merkmale gegeneinander abzuwägen sind. Maßgebend dabei ist
auch der Parteiwille, der als Indiz für oder gegen das Bestehen eines bestimmten
Rechtsverhältnisses herangezogen werden kann, sofern es ernsthaft gewollt und
tatsächlich durchgeführt worden ist. Für eine Arbeitnehmereigenschaft können
insbesondere die folgenden Merkmale sprechen (BFH BStBl. 1985 II 661):
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– persönliche Abhängigkeit,
– Weisungsgebundenheit hinsichtlich Ort, Zeit und Inhalt der Tätigkeit,
– feste Arbeitszeiten,
– Ausübung der Tätigkeit gleichbleibend an einem bestimmten Ort,
– feste Bezüge,
– Urlaubsanspruch,
– Anspruch auf sonstige Sozialleistungen,
– Fortzahlung der Bezüge im Krankheitsfall,
– Überstundenvergütung,
– zeitlicher Umfang der Dienstleistungen,
– Unselbständigkeit in Organisation und Durchführung der Tätigkeit,
– kein Unternehmerrisiko,
– keine Unternehmerinitiative,
– kein Kapitaleinsatz,
– keine Pflicht zur Beschaffung von Arbeitsmitteln,
– Notwendigkeit der engen ständigen Zusammenarbeit mit anderen Mitarbeitern,
– Eingliederung in den Betrieb,
– Schulden der Arbeitskraft und nicht eines Arbeitserfolgs,
– Ausführung von einfachen Tätigkeiten, bei denen eine Weisungsabhängigkeit die Regel
ist.
Anmerkung: Auch für die Abgrenzung Arbeitnehmer – Subunternehmer muss auf die
Ausgestaltung der Rechtsbeziehungen (Weisungsgebundenheit, Eingliederung usw.)
zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer (bzw. Arbeitgeber und Arbeitnehmer) abge
stellt werden (BFH BStBl. 1991 II 409).
Künstler und verwandte Berufe
Insbesondere bei darstellenden Künst
lern und bei verwandten Berufen bestehen oftmals Schwierigkeiten bei der Beur
teilung, ob eine selbständige oder nichtselbständige Tätigkeit vorliegt. Daher hat
das BMF einige Grundsätze entwickelt, die im Folgenden erläutert werden (BMF
vom 5.10.1990, BStBl. 1990 I 638). Dabei muss nach der Art der Tätigkeit unter
schieden werden.
2158
Anmerkung: Wiederholungshonorare bei Künstlern und ähnlichen Berufen sind der
Einkunftsart zuzuordnen, zu welcher das Ersthonorar zu rechnen war (BMF vom
5.10.1990, BStBl. 1990 I 638, Tz. 1.5). Nach Ansicht des BFH sind Wiederholungs
honorare dann als Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit zu behandeln, wenn die Leis
tungsschutzrechte des Arbeitnehmers nicht bereits aufgrund des Arbeitsvertrags auf den
Arbeitgeber übergegangen und die Höhe der jeweiligen Vergütungen in gesonderten
Vereinbarungen festgelegt worden ist (BFH BStBl. 1995 II 471).
a. Tätigkeit bei Theaterunternehmen: Besteht eine Spielzeitverpflichtung, so
liegt grundsätzlich eine nichtselbständige Tätigkeit vor, da eine Eingliederung in
den Theaterbetrieb gegeben ist. Unerheblich dabei ist, ob gleichzeitig eine Gast
spielverpflichtung bei einem anderen Unternehmen eingegangen wurde.
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326 Nichtselbständige Tätigkeit
2160
2161
Besteht dagegen nur eine Gastspielverpflichtung, so kommt es darauf an, ob
das Gastspieltheater während der Dauer des Vertrags im Wesentlichen über die
Arbeitskraft des Künstlers verfügt, was vom Maß der Einbindung in den Theater
betrieb abhängt, z.B. ob ein Künstler allein oder in einer Gruppe auftritt.
b. Tätigkeit bei Kulturorchestern: Sämtliche gastspielverpflichteten Künstler sind
stets ohne Rücksicht auf Anzahl und Art der Aufführungen selbständig tätig.
c. Tätigkeit bei Hörfunk und Fernsehen: Freie Mitarbeiter, die i.d.R. aufgrund von
Honorarverträgen tätig werden, gelten regelmäßig als Arbeitnehmer. Ausnahmen
bestehen nur für die in dem genannten BMFSchreiben (BMF vom 5.10.1990,
BStBl. 1990 I 638, Tz. 1.3.2) genau bezeichneten Personen. Soweit sie nur für
einzelne Produktionen tätig werden, sind diese selbständig tätig.
Präzisierungen: 1. Grundsätzlich muss immer nach den Verhältnissen im Einzelfall ent
schieden werden.
2. Im BMFSchreiben genannt sind: Architekten, Arrangeure, Artisten, Autoren, Bericht
erstatter, Bildhauer, Bühnenbildner, Choreographen, Chorleiter, Darsteller, Dirigenten,
Diskussionsleiter, Dolmetscher, Fachberater, Fotografen, Gesprächsteilnehmer, Grafiker,
Interviewpartner, Journalisten, Kommentatoren, Komponisten, Korrespondenten, Kos
tümbildner, Kunstmaler, Lektoren, Moderatoren, musikalische Leiter, Quizmaster, Reali
satoren, Regisseure, Solisten (Gesang, Musik, Tanz), Schriftsteller, Übersetzer.
2162
d. Tätigkeit bei Film- und Fernsehproduzenten einschließlich Synchronisierung: Bei Filmautoren, Filmkomponisten und Fachberatern liegt mangels Einglie
derung in den Organismus des Unternehmens in der Regel eine selbständige
Tätigkeit vor. Ebenso bei Synchronsprechern und regisseuren. Dagegen sind
Schauspieler, Regisseure, Kameraleute, Regieassistenten und sonstige Mitarbeiter
im Allgemeinen Arbeitnehmer.
2163
Scheinselbständige Die sozialversicherungsrechtliche Behandlung eines
Beschäftigten gilt für seine steuerliche Einordnung als Arbeitnehmer oder Unter
nehmer nicht, sie kann allenfalls ein Indiz dafür sein. Deshalb kommt es nicht auf
die wirtschaftliche und persönliche Abhängigkeit des Beschäftigten an (wie im
Sozialversicherungsrecht verlangt), sondern auf sein Auftreten am Markt. Auch
hierbei ist das Gesamtbild der Verhältnisse entscheidend.
Selbständig i.S.d. Steuerrechts ist derjenige, der Unternehmerinitiative entfalten
kann und Unternehmerrisiko trägt, d.h. er kann unter eigener Verantwortung mit
eigener Arbeits und Zeiteinteilung und auf eigene Gefahr, in eigenen Räumen
sowie für mehrere Auftraggeber tätig sein. Dies wäre auch dann der Fall, wenn
jemand Lieferungen oder sonstige Leistungen innerhalb der von ihm selbständig
ausgeübten gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit gegen Entgelt ausführt, so
weit es sich um die Entgelte für diese Lieferungen oder sonstigen Leistungen
handelt (§ 1 Abs. 3 LStDV).
Anmerkung: Ist nicht eindeutig, ob eine selbständige oder eine Arbeitnehmertätigkeit
ausgeübt wird, kann der Beschäftigte eine Anrufungsauskunft bei seinem Wohnsitzfi
nanzamt einholen, die sich sowohl auf die umsatzsteuerliche, als auch auf die einkom
mensteuerliche Beurteilung beziehen kann.
2165
Nebentätigkeiten
Die Beurteilung, ob eine Nebentätigkeit in einem
Arbeitsverhältnis oder selbständig ausgeübt wird, ist grundsätzlich nach den all
gemeinen Abgrenzungskriterien (Nr. 2157) vorzunehmen, wobei die Nebentätigkeit
für sich zu betrachten ist. Einnahmen aus einer Nebentätigkeit oder einer anderen
gelegentlichen Tätigkeit eines Arbeitnehmers, die er für seinen Hauptarbeitgeber
leistet, sind dann Arbeitslohn, wenn die Neben und Haupttätigkeit gleichartig sind
und unter ähnlichen organisatorischen Bedingungen ausgeübt werden. Arbeitslohn
liegt auch vor, wenn einem Arbeitnehmer aus seinem Dienstverhältnis Neben
pflichten obliegen, die im Arbeitsvertrag ausdrücklich nicht vorgesehen sind, die
der Arbeitgeber aber allgemein erwarten darf, selbst dann, wenn er sie besonders
vergüten muss. Bei gelegentlich ehrenamtlich Tätigen ist regelmäßig ein Dienst
Nichtselbständige Tätigkeit 327
verhältnis zu verneinen, wie z.B. bei Gutachtertätigkeit eines angestellten Assis
tenzarztes oder bei einem Richter als Leiter einer Arbeitsgemeinschaft von
Rechtsreferendaren (BFH BStBl. 1980 II 321).
Präzisierung: Gelegenheitsarbeiter, die nur zu bestimmten, unter Aufsicht durchzufüh
renden Arbeiten herangezogen werden, sind unabhängig von der Dauer dieser Arbeiten
stets Arbeitnehmer (BFH BStBl. 1974 II 301).
Lehrtätigkeit
Üben Lehrkräfte im Hauptberuf eine nichtselbständige Tätigkeit
aus, kann eine zusätzliche Lehrtätigkeit nur dann nebenberuflich ausgeübt wer
den, wenn diese nicht zu den eigentlichen Dienstobliegenheiten des Arbeitneh
mers aus dem Hauptberuf gehört. Die nebenberufliche Lehrtätigkeit wird i.d.R. als
freier Beruf ausgeübt (BFH BStBl. 1959 III 193), insbesondere, wenn die neben
berufliche Lehrtätigkeit nur in geringem Umfang erbracht wird. Ein geringer
Umfang liegt dann vor, wenn nicht mehr als sechs Unterrichtsstunden pro Woche
erteilt werden.
2166
Präzisierung: Die Nebentätigkeit von Freiberuflern als Lehrbeauftragte an Hochschulen
ist als selbständige Tätigkeit anzusehen (BFH BStBl. 1985 II 51).
2. Sonderfälle
Grundsätzlich werden Arbeitsverträge, die zivilrechtlich wirksam geschlossen wor
den sind, auch steuerlich anerkannt. Besteht jedoch zwischen Arbeitgeber und
Arbeitnehmer eine persönliche Beziehung, so werden an die steuerliche Anerken
nung erhöhte Anforderungen gestellt, um etwaige Gestaltungen, die eine Steuer
umgehung zur Folge hätten, zu vermeiden.
2170
Nahe Angehörige
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Gesellschafter
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Dienstverhältnisse zwischen nahe stehenden Perso
nen, wie etwa Ehegatten, Kinder, Geschwister, werden steuerrechtlich nur aner
kannt, wenn sie ernsthaft vereinbart und entsprechend der Vereinbarung auch
tatsächlich durchgeführt werden (BFH/NV 1999, 1457). Zu den Voraussetzungen
im Einzelnen siehe Nr. 1160 ff.
Kapitalgesellschaft Kapitalgesellschaften können
als juristische Personen mit ihren Gesellschaftern alle Arten von Verträgen – darun
ter auch Arbeitsverträge – schließen, die grundsätzlich auch steuerlich anzuerken
nen sind. Gesellschafter können daher aber auch als freie Mitarbeiter für die Kapi
talgesellschaft tätig werden, und zwar auch dann, wenn der Gesellschafter zum
Organ der Gesellschaft wird (BFH, DB 2005, 1311). Zur Bestimmung, welches
Verhältnis zwischen Gesellschaft und Geschäftsführer vorliegt, sind die allgemei
nen Abgrenzungskriterien (Nr. 2157) heranzuziehen.
Wird ein beherrschender Gesellschafter (Nr. 4037 f.), insbesondere als Ge
schäftsführer, angestellt, so muss der Arbeitsvertrag zwischen Gesellschaft und
Gesellschafter bestimmte Voraussetzungen erfüllen, um auch steuerlich wirksam
zu sein. Insbesondere ist zu prüfen, ob ein wirksames Arbeitsverhältnis zwischen
Gesellschaft und Gesellschafter begründet worden ist und ob die Vergütung des
Geschäftsführers angemessen und üblich ist. Ist dies nicht der Fall, sind die lau
fenden Zahlungen als verdeckte Gewinnausschüttung zu qualifizieren.
a. Vertrag: Bei einem Gesellschafter besteht grundsätzlich keine Vermutung, dass
er als Arbeitnehmer für die Gesellschaft tätig ist. Eine Anstellung muss daher
durch Abschluss eines – zivilrechtlich wirksamen – Anstellungsvertrags durch die
Gesellschaft nachgewiesen werden. Eine schriftliche Vereinbarung ist zwar nicht
zwingend vorgeschrieben, jedoch aus Beweisgründen dringend zu empfehlen.
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328 Nichtselbständige Tätigkeit
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2175
Vereinbarungen im Vertrag, wie beispielsweise die Zahlung von Arbeitslohn, müs
sen im Vorhinein klar und eindeutig getroffen werden (Nr. 4040 ff.).
b. Angemessenheit der Vergütung: Die Bezüge des Gesellschafters sind nur in
der Höhe als Arbeitslohn anzuerkennen (und damit als Betriebsausgabe abzuset
zen), in der sie als angemessen beurteilt werden können. In Höhe des unange
messenen Teils liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung vor. Für die steuerliche
Anerkennung ist daher zunächst zu prüfen, ob alle vereinbarten Vergütungs
bestandteile dem Grunde nach anzuerkennen sind, und anschließend, ob sie auch
der Höhe nach angemessen sind (zu Bezügen allgemein Nr. 4092 ff.; zu Pensions
zusagen Nr. 4102 ff.; zu Tantiemevereinbarungen Nr. 4115 ff.; zu Überstunden
vergütungen Nr. 4125).
c. Üblichkeit: Die Üblichkeit einer Geschäftsführervergütung wird dann verneint,
wenn die Bezüge zwar der Höhe nach angemessen sind, gleichartige vertragliche
Verpflichtungen einem Dritten (zu dessen Lasten) gegenüber aber nicht begründet
worden wären (BFH BStBl. 1993 II 311). Dies ist z.B. dann der Fall, wenn dem
GesellschafterGeschäftsführer für seine Geschäftsführertätigkeit lediglich die
künftige Zahlung einer Pension zugesagt wird (BFH BStBl. 1996 II 204).
Präzisierung: Eine vGA liegt ebenfalls in vollem Umfang vor, wenn der Gesellschafter
Geschäftsführer wegen der verschlechterten wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft
– auf sein Festgehalt verzichtet, nicht aber auf die Tantieme, und die dadurch entstande
ne NurTantieme (Nr. 4120) weder zeitlich noch betragsmäßig begrenzt ist (BFH/NV
2001, 1086) und
– zeitweise auf seine monatlichen Bezüge verzichtet, da der Vereinbarung dann die
Ernsthaftigkeit fehlt (BFH/NV 1995, 164).
Anmerkung: Wird die Geschäftsführertätigkeit von einer Person ausgeübt, die keine An
teile an der GmbH hält, spricht man von einem Fremdgeschäftsführer. Dessen Bezüge
sind in voller Höhe regelmäßig als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu qualifizie
ren. Ein Verzicht auf künftige oder zurückliegende Bezüge ist bei einem Fremdgeschäfts
führer für die steuerliche Anerkennung eines Arbeitsverhältnisses unerheblich.
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Personengesellschaft Auch Personengesellschaften können mit ihren
Gesellschaftern zivilrechtlich wirksame Arbeitsverträge abschließen. Steuerlich
hängt aber die Qualifizierung der Einkünfte des Gesellschafters aus solchen Ar
beitsverträgen von der Tätigkeit der Personengesellschaft ab.
1. Gewerbliche Tätigkeit: In diesem Fall liegt eine Mitunternehmerschaft (Nr. 4312 ff.)
vor. Vergütungen, die an den Gesellschafter für eine Tätigkeit im Dienste der Gesell
schaft gezahlt werden, sind Teil des gewerblichen Gewinns der Personengesellschaft
und stellen beim Gesellschafter Einkünfte aus Gewerbebetrieb dar.
2. Selbständige Tätigkeit: Auch hier gehören die aufgrund eines Arbeitsvertrags
an den Gesellschafter gezahlten Vergütungen zum Gewinn der Gesellschaft. Beim
Gesellschafter stellen sie demnach keine Lohneinkünfte dar, sondern ebenfalls
Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit (18 Abs. 4 EStG i.V.m. § 15 Abs. 1 Nr. 2
EStG; Nr. 4379).
3. Vermögensverwaltende Tätigkeit: Erzielt die Personengesellschaft Einkünfte
aus Kapitalvermögen, aus Vermietung und Verpachtung oder sonstige Einkünfte
(Nr. 4380 ff.), so stellen Vergütungen, die im Rahmen eines Arbeitsvertrags an den
Gesellschafter gezahlt werden, bei diesem Einkünfte aus nichtselbständiger Tätig
keit dar, die bei der Gesellschaft als Werbungskosten angesetzt werden können.
Nichtselbständige Tätigkeit 329
II. Einnahmen
Zu den Einnahmen aus nichtselbständiger Tätigkeit gehört der Arbeitslohn. Dieser
ist grundsätzlich im Wege des Lohnsteuerabzugsverfahrens (Nr. 2450 ff.) zu be
steuern.
2190
Arbeitslohn
Darunter sind alle Vorteile zu verstehen, die dem Arbeitneh 2191
mer unter Berücksichtigung seines Dienstverhältnisses eingeräumt werden und § 2 Abs. 1
die sich im weitesten Sinne als Gegenleistung für die zur Verfügungstellung sei
LStDV
ner Arbeitskraft erweisen (BFH BStBl. 1988 II 726). Dabei ist es grundsätzlich
unerheblich, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form – als Geldleistung
oder Sachbezüge – diese Vorteile dem Arbeitnehmer zufließen, und auch, ob es
sich um laufende oder einmalige Leistungen handelt. Eine Reihe von Leistungen,
die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer gewährt, sind allerdings – per Gesetz –
steuerfrei oder nicht steuerbar (siehe Übersicht unter Nr. 2194):
Arbeitslohn
steuerpflichtig
steuerfrei
nicht steuerbar
Von Dritten
Arbeitslohn kann auch von Seiten eines Dritten gezahlt werden.
Voraussetzung ist lediglich, dass er aufgrund der Dienstleistung des Arbeitneh
mers für den Arbeitgeber gezahlt wird und nicht durch besondere Rechtsbezie
hungen zu dem Dritten veranlasst ist (BFH BStBl. 1987 II 822). Solche Zuwendun
gen sind dann Ausfluss der Tätigkeit, wenn z.B.
– der Arbeitnehmer unentgeltlich oder verbilligt an einer Reise teilnehmen kann,
die ein Geschäftspartner seines Arbeitgebers veranstaltet (BFH BStBl. 1996 II
545);
– er Preisvorteile bei der Nutzung oder beim Erwerb von Waren erhält und der
Arbeitgeber an der Verschaffung dieser Preisvorteile qualifiziert mitgewirkt hat;
– der Arbeitnehmer Entschädigungszahlungen der Urlaubs und Lohnausgleichs
kasse der Bauwirtschaft für verfallene Urlaubsansprüche erhält (BFH BStBl. 2003 II
496).
Steuerfreie Leistungen
Bestimmte Geldleistungen und Sachbezüge,
die der Arbeitnehmer im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis erhält, sind –
ggf. bis zu bestimmten Grenzen – steuerfrei oder nicht steuerbar, da ihnen der
Entlohnungscharakter fehlt. Dies ist insbesondere der Fall bei Vorteilen, die im
ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers gewährt werden.
Präzisierung: Vorteile im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeit
gebers liegen vor, wenn sich aus den Begleitumständen wie Anlass, Art und Höhe des
Vorteils, Auswahl der Begünstigten, freie oder nur gebundene Verfügbarkeit, Freiwillig
keit oder Zwang zur Annahme des Vorteils und seiner besonderen Geeignetheit für den
jeweiligen verfolgten betrieblichen Zweck ergibt, dass diese Zielsetzung ganz im Vorder
grund steht und ein damit einhergehendes eigenes Interesse des Arbeitnehmers, den
betreffenden Vorteil zu erlangen, deshalb vernachlässigt werden kann. Dazu gehört bei
spielsweise die Übernahme von Führerscheinkosten durch den Dienstherrn im Rahmen
der Ausbildung im Polizeivollzugsdienst (BFH BStBl. 2003 II 886).
2192
2193
§ 3 EStG
330 Nichtselbständige Tätigkeit
2194
Übersicht Eine Übersicht über die wichtigsten steuerfreien Leistungen mit
den Verweisen auf die entsprechenden Textstellen enthält nachfolgende Tabelle:
Art der Leistung
Grundlage
Abfindungen: bis zu bestimmten Höchstbeträgen in
Abhängigkeit vom Alter des Arbeitnehmers und seiner
2)
Betriebszugehörigkeit
Altersteilzeit: Aufstockungsbeträge zum Altersteilzeit
arbeitsentgelt, Beträge zur Rentenversicherung und die
1)
Arbeitgeberzuschüsse der BfA
1)
Arbeitslosengeld
Aufmerksamkeiten bis 40 €
Aufwandsentschädigungen an Übungsleiter, Ausbilder,
Erzieher, Betreuer oder vergleichbare Tätigkeiten Aus
übende, für künstlerische Tätigkeiten und Pfleger von
alten, kranken oder behinderten Menschen, soweit
diese Tätigkeiten nebenberuflich ausgeübt werden, bis
zu einem Betrag von 1.848 €
Auslagenersatz und durchlaufende Gelder
Auslandstätigkeit/Kraftausgleich:
– Bezüge von Arbeitnehmern, die für eine inländische
juristische Person tätig sind,
– Arbeitslohn, der an unbeschränkt steuerpflichtige
Arbeitnehmer eines inländischen Arbeitgebers für im
Ausland ausgeübte Tätigkeiten gezahlt wird
Beihilfen und Unterstützungen bis zu 600 €/Jahr oder
mehr, wenn sie aus Anlass eines besonderen Notfalls
gewährt werden, wie etwa einer Hochwasserka
tastrophe
Bergmannsprämien nach dem Gesetz über
Bergmannsprämien
Berufskleidung: verbilligt oder unentgeltlich überlassen
Betriebsveranstaltungen, sofern die dafür üblichen
Zuwendungen 110 € je Veranstaltung nicht übersteigen
Diplomaten: Gehalt und Bezüge von
– diplomatischen Vertretern ausländischer Staaten,
ihnen zugewiesenen Beamten eines ausländischen
Staates und ihren Bediensteten. Nicht jedoch, wenn es
sich um deutsche Staatsangehörige oder im Inland
ständig ansässige Personen handelt;
– von Berufskonsuln, Konsulatsangehörigen und ihrem
Personal, soweit sie Angehörige des Entsendestaates
sind; jedoch nicht für Einnahmen außerhalb dieses
Dienstes
Doppelte Haushaltsführung: in Höhe der Kosten, die
der Arbeitnehmer auch als Werbungskosten geltend
machen könnte
Ehrenbezüge/sold
1)
Eingliederungshilfe
Erziehungsgeld
Existenzgründungszuschuss
§ 3 Nr. 9 EStG
Verweis
Nr. 2201 ff.
§ 3 Nr. 28 EStG
§ 3 Nr. 2, Nr. 2 a
EStG
Abschn. 73 LStR
Nr. 2265
§ 3 Nr. 26 EStG
§ 3 Nr. 50 EStG
§ 3 Nr. 64 EStG;
Art. 15 OECD
MA
Nr. 2195 ff.
Nr. 8730 ff.
Abschn. 11
Abs. 2 LStR
§ 3 Nr. 46 EStG
§ 3 Nr. 31 EStG
Abschn. 72
Abs. 4 LStR
Nr. 2415
Nr. 2266
§ 3 Nr. 29 EStG
§ 3 Nr. 16 EStG
§ 3 Nr. 20, 22,
43 EStG
§ 3 Nr. 2 EStG
§ 3 Nr. 67 EStG
§ 3 Nr. 2 EStG
Nr. 2380 ff.
Nichtselbständige Tätigkeit 331
Art der Leistung
Grundlage
Fehlgeldentschädigungen, soweit sie 16 €/Monat nicht
übersteigen
Geschenke des Arbeitgebers bis 44 €
Heimarbeit: Zuschläge bis zu 10% des Grundlohns
Insolvenzgeld/Konkursausfallgeld
1)
Kindergartenzuschüsse
1)
Kurzarbeitergeld
Leistungen aus öffentlichen Mitteln an Arbeitnehmer
der Kohle und Stahlindustrie aus Anlass von Stillle
gungs, Einschränkungs, Umstellungs oder Rationali
sierungsmaßnahmen
Leistungen nach den §§ 14 a, 14 b ArbeitsplatzschutzG
Mutterschaftsgeld und Zuschüsse zum Mutterschafts
1)
geld
Pensionsfonds/kasse: Leistungen des Arbeitgebers bis
zu einem Höchstbetrag
Private Nutzung von betrieblichen Personalcomputern
und Telekommunikationsgeräten
Rabatte bis 1.080 €, die der Arbeitgeber gewährt
Reisekostenvergütungen
Sammelbeförderungen von Arbeitnehmern
Soldaten: Geld und Sachbezüge und die Heilfürsorge
Streikunterstützungen
1)
Teilarbeitslosengeld
Trennungsgelder
Trinkgelder, soweit freiwillig geleistet
Überbrückungsgeld
3)
Übergangsgelder und Übergangsbeihilfen bis 10.800 €
Umzugskosten, innerhalb der Grenzen des Bundesum
zugskostengesetzes
1)
Unterhaltsgeld
Werkzeuggeld
1)
Winterausfallgeld
Zinsersparnisse, sofern die Summe der noch nicht
getilgten Darlehen am Ende des Lohnzahlungszeit
raums 2.600 € übersteigt
Zukunftssicherungsleistungen des Arbeitgebers
Zuschläge für Sonntags, Feiertags und Nachtarbeit bis
zu bestimmten Höchstbeträgen
1)
Zuschuss zum Arbeitsentgelt
Verweis
Abschn. 70
Abs. 1 Nr. 4 LStR
§ 8 Abs. 2 S. 9
EStG
§ 3 Nr. 30, 50
EStG; Abschn.
46 Abs. 2 LStR
§ 3 Nr. 2 EStG;
Abschn. 4 Abs. 2
LStR
§ 3 Nr. 33 EStG
§ 3 Nr. 2 EStG
§ 3 Nr. 61 EStG
§ 3 Nr. 47 EStG
§ 3 Nr. 1 EStG
§ 3 Nr. 63 EStG
Nr. 2220 ff.
§ 3 Nr. 45 EStG
Nr. 2285 f.
§ 8 Abs. 3 EStG
§ 3 Nr. 16 EStG,
Abschn. 16 LStR
§ 3 Nr. 32 EStG
§ 3 Nr. 5 EStG
BFH, BStBl.
1991 II 337
§ 3 Nr. 2 EStG
§ 3 Nr. 13 EStG
§ 3 Nr. 51 EStG
§ 3 Nr. 2 EStG
§ 3 Nr. 10 EStG
§ 3 Nr. 13, 16
EStG
§ 3 Nr. 2 EStG
§ 3 Nr. 30 EStG
§ 3 Nr. 2 EStG
Nr. 2281 ff.
Nr. 2340 ff.
Nr. 2337
Nr. 2436 ff.
Abschn. 31
Abs. 11 LStR
Nr. 2268
§ 3 Nr. 62 EStG
Nr. 2220 ff.
§ 3 b EStG
Nr. 2236 ff.
§ 3 Nr. 2 EStG
1) Diese Leistungen stehen unter Progressionsvorbehalt (Nr. 440 f.)
2) Der Freibetrag fällt zum 1.1.2006 weg. Es gilt allerdings eine Übergangsregelung (Nr. 2201).
3) Der Freibetrag fällt zum 1.1.2006 weg. Er wird aber noch gewährt bei Entlassungen bis zum
31.12.2005, wenn die Übergangsgelder/beihilfen bis zum 31.12.2007 gezahlt werden. Zudem wird der
Freibetrag ebenfalls noch gewährt für Zeitsoldaten, deren Dienstverhältnis vor dem 1.1.2006 begründet
wurde und die Übergangsbeihilfen bis zum 31.12.2008 gezahlt werden.
332 Nichtselbständige Tätigkeit
2195
2196
2197
§ 3 Nr. 50
EStG
Kostenersatz
Beim Kostenersatz durch den Arbeitgeber ist zu unter
scheiden zwischen
a. Werbungskostenersatz: Dieser ist grundsätzlich als steuerpflichtiger Arbeits
lohn zu erfassen. Im Gegenzug kann der Arbeitnehmer die Kosten als Werbungs
kosten geltend machen (BFH BStBl. 1992 II 837). Für bestimmte Beträge besteht
aber Steuerfreiheit (Nr. 2240 ff.).
b. Auslagenersatz: Hier werden dem Arbeitnehmer lediglich die für seinen Arbeit
geber getätigten Auslagen ersetzt. Dieser Auslagenersatz ist steuerfrei. Unerheb
lich ist, ob der Arbeitnehmer die Aufwendungen im eigenen Namen oder im Na
men des Arbeitgebers getätigt hat. Der Arbeitnehmer muss die Ausgaben aber im
Einzelnen nachweisen. Dazu gehören z.B. der Ersatz von Bewirtungsaufwen
dungen, die der Arbeitnehmer für Geschäftsfreunde des Arbeitgebers getätigt hat,
oder der Ersatz für Kundengeschenke, die der Arbeitnehmer im Auftrag des Ar
beitgebers erworben hat.
Präzisierung: Bei beiden Formen des Kostenersatzes ist es unerheblich,
– ob der Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch auf diese Zahlungen hat oder ob es sich
um einmalige oder laufende Zahlungen handelt und
– in welchem Umfang der Arbeitnehmer durch die Leistung des Arbeitgebers bereichert
ist.
Anmerkung: Der Unterschied zwischen Auslagenersatz und durchlaufenden Geldern
besteht darin, dass durchlaufende Gelder für zukünftige Aufwendungen des Arbeitgebers
verwendet werden sollen, während der Auslagenersatz gewährt wird, um – in der Ver
gangenheit – bereits getätigte Aufwendungen zu ersetzen. Auch die Zahlung durchlau
fender Gelder ist steuerfrei.
1. Geldleistungen
2200
§ 2 LStDV
Arbeitslohn, der in Form einer Geldleistung gewährt wird, ist in erster Linie der aus
einem gegenwärtigen Dienstverhältnis monatlich gezahlte Betrag. Es gehören aber
auch dazu
– Einnahmen im Hinblick auf ein künftiges Dienstverhältnis;
– Einnahmen aus einem früheren Dienstverhältnis, unabhängig davon, ob sie dem
zunächst Bezugsberechtigten oder seinem Rechtsnachfolger zufließen (Nr. 2230 ff.);
– Zukunftssicherungsleistungen für den Arbeitnehmer (Nr. 2220 ff.);
– Entschädigungen, die dem Arbeitnehmer oder seinem Rechtsnachfolger als
Ersatz für entgangenen oder entgehenden Arbeitslohn oder für die Aufgabe oder
Nichtausübung einer Tätigkeit gewährt werden;
– besondere Zuwendungen, die auf Grund des Dienstverhältnisses oder eines
früheren Dienstverhältnisses gewährt werden, z.B. Zuschüsse im Krankheitsfall;
– besondere Entlohnungen für Dienste, die über die regelmäßige Arbeitszeit hi
naus geleistet werden, wie Entlohnung für Überstunden, Überschichten, Sonn
tagsarbeit (Nr. 2236 ff.);
– Lohnzuschläge, die wegen der Besonderheit der Arbeit gewährt werden;
– Entschädigungen für Nebenämter und Nebenbeschäftigungen im Rahmen eines
Dienstverhältnisses.
Anmerkung: Auch bei Lohnzahlungen in einer gängigen ausländischen Währung handelt
es sich um Einnahmen in Geld und nicht etwa um Sachbezüge (BFH BStBl. 2005 II 135).
Nichtselbständige Tätigkeit 333
a. Abfindungen
Abfindungen, die wegen einer vom Arbeitgeber veranlassten oder gerichtlich aus 2201
gesprochenen Auflösung des Dienstverhältnisses gezahlt werden, sind bis zu § 24 Nr. 1
gewissen Freibeträgen steuerfrei. Verbleibt ein diese Freibeträge übersteigender
EStG
Betrag, kann dieser – nach der Fünftelregelung (Nr. 448) – ermäßigt besteuert
werden, wenn es sich dabei um eine Entschädigung für den Verlust des Arbeits
platzes handelt. Dies gilt aber nur noch für solche Abfindungen, für die der An
spruch bis zum 31.12.2005 entstanden oder zum 31.12.2005 eine Klage anhängig
ist und die Zahlung bis zum 31.12.2007 erfolgt (§ 52 Abs. 4 a EStG). Für andere
Abfindungen werden keine Freibeträge mehr gewährt. Sie unterliegen als außer
ordentliche Einkünfte in voller Höhe der Fünftelregelung.
Präzisierungen: 1. Unter den Begriff Abfindung fallen nicht Zahlungen des Arbeitgebers,
mit denen bereits erdiente Ansprüche (Urlaubsgeld, Tantiemen) abgegolten werden.
2. Falls nach Abzug des entsprechenden Freibetrags der steuerpflichtige Teil der Abfin
dung seiner Natur nach keine Entschädigung darstellt, ist er nicht dem ermäßigten, son
dern dem normalen Steuerabzug zu unterwerfen.
Auflösung des Dienstverhältnisses
Die steuerlichen Freibeträge
und die Fünftelregelung können nur dann in Anspruch genommen werden, wenn
das Dienstverhältnis entweder durch den Arbeitgeber oder gerichtlich aufgelöst
wurde.
2202
Veranlassung durch Arbeitgeber Diese liegt nur dann vor, wenn der 2203
Arbeitgeber die entscheidenden Ursachen für die Auflösung des Arbeitsverhält Abschn. 9
nisses gesetzt hat. In der Regel kann davon ausgegangen werden, dass bei Zah Abs. 2 LStR
lung einer Abfindung der Arbeitgeber die Auflösung veranlasst hat (BFH BStBl.
2005 II 181).
Erfolgt die Auflösung des Dienstverhältnisses in beiderseitigem Einvernehmen
oder durch Kündigung des Arbeitnehmers, so kann dennoch eine durch den
Arbeitgeber veranlasste Auflösung vorliegen, z.B. wenn der Arbeitgeber dem Ar
beitnehmer, aufgrund der Insolvenzeröffnung des Betriebs eine Kündigung nahe
legt.
In den folgenden Fällen muss genau geprüft werden, ob das Dienstverhältnis wirk
lich beendet wurde oder nicht:
a. Änderungskündigung: Eine Änderungskündigung führt nur dann zu einer Auf 2204
lösung des Dienstverhältnisses, wenn der Arbeitnehmer sie nicht annimmt und sie
deswegen zu einer Auflösungskündigung führt, mit der das Dienstverhältnis been
det wird. Bei Annahme erfolgt dagegen i.d.R. eine Fortführung des Dienstverhält
nisses. Anders, wenn das Dienstverhältnis – mit allen rechtlichen Folgen – tat
sächlich aufgelöst wird und der Arbeitnehmer im Anschluss daran bei demselben
Arbeitgeber – allerdings zu völlig anderen Bedingungen – weiterbeschäftigt wird
(BFH BStBl. 1987 II 186). Nur dann kann eine steuerfreie Abfindung gezahlt wer
den.
b. Umsetzung innerhalb von Konzernen: Hier hängt die steuerliche Beurteilung 2205
davon ab, ob das neue Dienstverhältnis als Fortsetzung des bisherigen Dienstverhältnisses zu beurteilen ist (BFH BStBl. 1990 II 1021). Dafür sprechen vor
allem
– die Zusicherung einer – begrenzten oder unbegrenzten – Rückkehrmöglichkeit
zum bisherigen Arbeitgeber,
– die Anerkennung bisheriger Dienstzeiten durch den neuen Arbeitgeber,
– die (Weiter)Geltung der Pensionsregelungen des bisherigen Arbeitgebers.
Präzisierung: Ist die Umsetzung mit einer eindeutigen Verschlechterung der tatsächli
chen oder vertraglichen Arbeitsbedingungen verbunden, kann eine Auflösung des
Dienstverhältnisses unterstellt werden, die eine Freibetragsgewährung ermöglicht.
334 Nichtselbständige Tätigkeit
Anmerkung: Im Falle einer Freistellung von der Arbeitspflicht durch den Arbeitgeber
sind die fortgezahlten Bezüge nicht als Abfindung wegen Auflösung eines Dienstverhält
nisses zu beurteilen (BFH BStBl. 1994 II 653). Derartige Zahlungen stellen Leistungen in
Erfüllung des modifizierten Dienstverhältnisses dar.
2206
2207
2210
c. Rente/Altersteilzeit: Zahlungen, die der Arbeitgeber an den Arbeitnehmer leistet
bei
– Eintritt in den Ruhestand mit Vollendung des 65. Lebensjahres oder
– anlässlich des Bezugs einer Erwerbs oder Berufsunfähigkeitsrente,
sind keine steuerbegünstigten Entlassungsentschädigungen. Werden aber Zahlun
gen anlässlich der Beendigung des Dienstverhältnisses (kurz) vor Vollendung des
65. Lebensjahres – aufgrund eines Aufhebungsvertrags – geleistet, so sind darin
steuerbegünstigte Abfindungen zu sehen.
Bei Altersteilzeitmodellen ist die Auflösung des Dienstverhältnisses nicht vom
Arbeitgeber veranlasst, wenn die Altersteilzeit bis zum 65. Lebensjahr andauert
(Abschn. 9 Abs. 2 S. 4 LStR).
d. Wiedereinstellungszusage: In einer derartigen Zusage ist keine Fortsetzung
des Dienstverhältnisses zu sehen. Für gezahlte Entlassungsentschädigungen wer
den die Freibeträge und die ermäßigte Besteuerung daher gewährt. Es liegt aller
dings keine Entlassungsabfindung vor, wenn eine Wiedereinstellungszusage als
solche durch einen Geldbetrag abgefunden wird.
Gerichtliche Veranlassung
Hier ist unerheblich, ob die Kündigung vom
Abschn. 9 Arbeitgeber oder vom Arbeitnehmer ausgegangen ist. Sofern es sich bei der ge
Abs. 2 S. 2 richtlichen Entscheidung lediglich um die Bestätigung einer von einer Vertragspar
LStR
tei ausgesprochenen Kündigung handelt, liegt keine gerichtlich veranlasste Kündi
gung vor.
2211
§ 3 Nr. 9
EStG
Freibeträge Die Freibeträge sind vom Alter und der Dauer der Betriebszu
gehörigkeit des Arbeitnehmers abhängig und ergeben sich aus nachfolgender
Tabelle:
Höhe des Freibetrags
11.000 €
9.000 €
7.200 €
Voraussetzungen
Alter des AN
Betriebszugehörigkeit
mind. 55 Jahre
mind. 50 Jahre
mind. 20 Jahre
mind. 15 Jahre
keine
Bei diesen Freibeträgen handelt es sich nicht um Jahresbeträge. Bei der Auflö
sung mehrerer Dienstverhältnisse in demselben Jahr kann daher, wenn es sich um
mehrere selbständige Arbeitsverhältnisse handelt, eine mehrfache Freibetragsge
währung in Betracht kommen (BFH BStBl. 1990 II 686).
Wird die Abfindung in laufenden Raten gezahlt, sind diese so lange steuerfrei, bis
der jeweils zustehende Freibetrag ausgeschöpft ist. Eine Aufteilung des Freibe
trags auf die Laufzeit der Raten ist nicht zulässig.
2212
Betriebszugehörigkeit
Für die Betriebszugehörigkeit können unter be
Abschn. 9 stimmten Umständen auch früher bei demselben Arbeitgeber verbrachte BeAbs. 4 LStR schäftigungszeiten berücksichtigt werden. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass
bei der früheren Auflösung des Dienstverhältnisses keine Abfindung gezahlt wur
de. Eine Berücksichtigung ist z.B. möglich, wenn
– das frühere Dienstverhältnis aus vom Arbeitnehmer nicht zu vertretenden Grün
den aufgelöst wurde (so z.B. im Baugewerbe, in dem Arbeitnehmer oft wegen
schlechter Witterung ausgestellt werden), der Arbeitnehmer anschließend ar
beitslos war und unmittelbar im Anschluss an die Arbeitslosigkeit vom selben
Arbeitgeber wieder eingestellt wurde;
Nichtselbständige Tätigkeit 335
– ein Arbeitnehmer bei einer Arbeitsgemeinschaft beschäftigt war; die Zeiten im
Stammbetrieb und in der Arbeitsgemeinschaft werden zusammengerechnet;
– auch nach anderen gesetzlichen Vorschriften (z.B. dem Kündigungsschutzgesetz)
eine Zusammenrechnung erfolgt.
Ermäßigte Besteuerung Mit der Ermäßigung des Steuersatzes wur 2213
de ursprünglich beabsichtigt, progressionsbedingte Härten, die sich bei der Hinzu § 34 EStG
rechnung des steuerpflichtigen Teils einer Abfindung zum übrigen Einkommen
eines Veranlagungszeitraums ergeben, abzumildern. Eine derartige Härte besteht
jedoch nur dann, wenn ein Arbeitnehmer eine Abfindung erhält, die über sein nor
males Jahreseinkommen hinausgeht und damit zu einer Zusammenballung von
Einkünften führt.
Eine Zusammenballung liegt also immer dann vor, wenn die gezahlte Abfindung
die bis zum Ende des Veranlagungszeitraums entgehenden Einnahmen, die der
Arbeitnehmer bei Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bezogen hätte, übersteigt
(BMF vom 24.5.2004, BStBl. 2004 I 505, Rn. 10). Dazu ist eine Vergleichsrechnung
durchzuführen.
Vergleichsrechnung Es muss ermittelt werden, ob die Einkünfte im Ver
anlagungszeitraum, in dem die Entschädigung zugeflossen ist, höher sind als die
Einkünfte, die der Arbeitnehmer bei Fortsetzung des Dienstverhältnisses erzielt
hätte. Zu berücksichtigen sind dabei auch weitere Einkünfte im Jahr des Zuflus
ses der Entschädigung, die der Steuerpflichtige nicht bezogen hätte, wenn das
Dienstverhältnis ungestört fortgesetzt worden wäre, und er dadurch mehr erhält,
als er beim normalen Fortgang der Dinge erhalten hätte.
Bei der Berechnung der Einkünfte, die der Arbeitnehmer bei Fortgang des Dienst
verhältnisses im Kalenderjahr bezogen hätte, ist auf die Einkünfte des Vorjahres
(bei jährlich stark schwankenden Einkünften auf den Durchschnittswert mehrerer
Jahre) abzustellen. Dafür wird der Steuerbescheid des Vorjahres herangezogen.
(BMF vom 24.5.2004, BStBl. 2004 I 505, Rn. 12).
2214
Präzisierungen: 1. Bei der Vergleichsrechnung sind sowohl die Fixbezüge als auch Provisionen zu berücksichtigen.
2. Der Werbungskostenpauschbetrag in Höhe von 920 € (Nr. 2320 ff.) ist – zunächst –
in voller Höhe vom ermäßigt zu besteuernden Arbeitslohn abzuziehen. Eine Kürzung der
Abfindung kommt erst dann in Betracht, wenn kein tariflich voll zu besteuernder Ar
beitslohn zur Verfügung steht (BFH BStBl. 1999 II 588).
Beispiele: Aus Vereinfachungsgründen wird der Abfindungsfreibetrag und der Wer
bungskostenpauschbetrag nicht berücksichtigt.
1. Ein Arbeitnehmer bezieht in N Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit i.H.v. 50.000 €.
Die Auflösung des Dienstverhältnisses erfolgt im Jahr N+1. In N+1 erhält der Arbeit
nehmer 20.000 € aus seiner bisherigen Tätigkeit weitere 15.000 € als Entschädigung und
weitere 30.000 € aus einem neuen Dienstverhältnis.
Die Entschädigung (15.000 €) übersteigt nicht die entgehenden Einnahmen (30.000 €).
Allerdings hat der Steuerpflichtige noch zusätzliche Einkünfte, die einzubeziehen sind.
Insgesamt kommt es daher zu einer die Einkünfte aus dem Jahr N übersteigenden Zu
sammenballung, sodass die Entschädigung insgesamt ermäßigt zu besteuern ist.
2. Der Steuerpflichtige hat in N Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit von 50.000 €
und aus selbständiger Tätigkeit von 5.000 €. Die Auflösung des Dienstverhältnisses er
folgt im Jahr N+1. Die Einkünfte in N+1 betragen aus dem bisherigen Dienstverhältnis:
20.000 €, aus der Entschädigung 20.000 € und aus selbständiger Tätigkeit 25.000 €.
Lösung wie unter 1., auch die zusätzlichen Einkünfte aus anderen Einkunftsarten führen
dazu, dass unter Einbeziehung der Entschädigung das Vorjahreseinkommen überschrit
ten wird und die Entschädigung ermäßigt besteuert werden kann.
Zahlungen in späteren Kalenderjahren
Fließt die steuerpflichtige
Gesamtentschädigung nicht in einem Kalenderjahr zu, so ist eine ermäßigte Be
steuerung grundsätzlich ausgeschlossen. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn
zusätzliche Entschädigungsleistungen, die Teil einer einheitlichen Entschädigung
2215
336 Nichtselbständige Tätigkeit
sind, aus Gründen der sozialen Fürsorge für eine gewisse Übergangszeit in späte
ren Veranlagungszeiträumen geleistet werden. In diesen Fällen ist es – für die
Beurteilung der Hauptleistung als einer zusammengeballten Entschädigung – un
schädlich, wenn die späteren Zahlungen weniger als 50% der Hauptleistung
betragen (BMF vom 24.5.2004, BStBl. 2004 I 505, Rn. 15).
Präzisierung: Derartige Entschädigungszusatzleistungen können z.B. die befristete
Weiterbenutzung des Dienstwagens, die befristete Übernahme von Versicherungs
beiträgen, die befristete Zahlung von Zuschüssen zum Arbeitslosengeld und die Zahlun
gen von Geldmitteln zur Verwendung für die Altersvorsorge sein.
Anmerkung: Werden in einem späteren Veranlagungszeitraum aufgrund eines Rechtsstreits nachträgliche Zahlungen geleistet, kann auf Antrag des Steuerpflichtigen dieser
Betrag in den Veranlagungszeitraum zurückbezogen werden, in dem der Hauptteil der
Entschädigung geflossen ist. Stimmt das Finanzamt zu (Billigkeitsentscheidung), ist der
Steuerbescheid für dieses Kalenderjahr zu ändern (rückwirkendes Ereignis), wobei die
begünstigte Besteuerung auf den gesamten Betrag anzuwenden ist.
2218
Steuerabzug vom Arbeitslohn
Der steuerpflichtige Teil der Abfin
§ 39 b
dung unterliegt dem Lohnsteuerabzug (Nr. 2450 ff.). Der Arbeitgeber kann aller
Abs. 3 S. 9 dings – sofern ihm alle Angaben bekannt sind – nach der Fünftelregelung besteu
EStG
ern (Nr. 448 f.).
Scheidet der Arbeitnehmer während des laufenden Kalenderjahres aus, muss
der Arbeitgeber stets prüfen, ob im Zuflussjahr unter Einbeziehung des Abfin
dungsbetrags höhere Einkünfte erzielt werden als im Vorjahr (Vergleichsrechnung,
Nr. 2214). Dabei muss er eine Prognose darüber abgeben, welchen Verdienst der
Arbeitnehmer im restlichen Kalenderjahr bei ihm erzielt hätte. Kann der Arbeitge
ber diese Prognose nicht abgeben, muss der Steuerabzug nach den allgemeinen
Regeln vorgenommen werden. Der Arbeitnehmer muss die ermäßigte Besteue
rung dann im Veranlagungsverfahren beantragen (§ 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG). Wurde
die Besteuerung der Abfindung unter Anwendung der Fünftelregelung bereits
während des Kalenderjahres durchgeführt, so besteht für den Arbeitnehmer die
Verpflichtung zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung (Nr. 2632).
b. Zukunftssicherung des Arbeitnehmers
2220
2221
Zum Arbeitslohn gehören auch Zukunftssicherungsleistungen des Arbeitgebers für
den Arbeitnehmer. Dazu gehören alle Ausgaben, die der Arbeitgeber tätigt, um
den Arbeitnehmer oder diesem nahe stehende Personen bei Krankheit, Unfall,
Invalidität, im Alter oder Todesfall abzusichern. Dabei ist es unerheblich, ob die
Leistungen vom Arbeitgeber freiwillig, aufgrund einer Einzel oder Betriebsverein
barung oder aufgrund eines Tarifvertrags erbracht werden.
Betriebliche Altersversorgung
Die betriebliche Altersvorsorge
kann in Form einer Direktversicherung, einer Direktzusage und in Form von Zah
lungen an einen Pensionsfonds oder an eine Pensions oder Unterstützungskasse
durchgeführt werden. Zwischen diesen Alternativen kann der Arbeitgeber frei
wählen; der Arbeitnehmer muss aber ausdrücklich oder stillschweigend zustim
men (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 LStDV). Die Finanzierung der betrieblichen Altersversor
gung kann entweder nur vom Arbeitgeber oder nur vom Arbeitnehmer oder von
beiden gemeinsam erfolgen. Die steuerliche Behandlung sowohl in der Anspar
phase als auch in der späteren Auszahlungsphase solcher Leistungen kann der
nachstehenden Tabelle entnommen werden.
Nichtselbständige Tätigkeit 337
Präzisierung: Der Arbeitnehmer hat einen (gesetzlichen) Anspruch darauf, dass ein Teil
seines Arbeitslohns – höchstens 4% der Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversi
cherung für Arbeiter und Angestellte – für eine betriebliche Altersversorgung verwendet
wird (Anspruch auf Entgeltumwandlung; § 1a BetrAVG).
Steuerliche Behandlung in der
Art
Ansparphase
Auszahlungsphase
1. Direktversicherung: der Arbeitgeber schließt zugunsten des Arbeitnehmers eine Lebensversicherung ab
Abschluss bis 31.12.2004 Grundsätzlich sind die Beiträge
Beim Empfänger erfolgt die
steuerpflichtiges Entgelt, sie können
wie folgt behandelt werden:
– bis 1.752 €/Jahr (Höchstbetrag)
pauschale Besteuerung mit 20%
(§ 40 b EStG);
– normale Besteuerung* der vollen
oder über den Höchstbetrag hinaus
gehenden Beträge nach den Merk
malen auf der Lohnsteuerkarte und der
Arbeitnehmer erhält dafür
Besteuerung als sonstige Einkünfte
in Höhe des Ertragsanteils (§ 22 Nr. 1
S. 3 a) EStG); eine Kapitalauszahlung
ist steuerfrei (§ 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG
a.F.)
Æ Sonderausgabenabzug oder Zula
genförderung;
volle Besteuerung als sonstige
Einkünfte (§ 22 Nr. 5 EStG)
Æ keinen Sonderausgabenabzug
und keine Zulagenförderung
Besteuerung als sonstige Einkünfte
in Höhe des Ertragsanteils (§ 22 Nr. 1
S. 3 a) EStG)
Abschluss ab 1.1.2005
Grundsätzlich sind die Beiträge
Beim Empfänger erfolgt die
steuerpflichtiges Entgelt. Sie können
wie folgt behandelt werden:
– bis 4% der Beitragsbemessungs
grenze zuzüglich 1.800 € steuerfrei
volle Besteuerung als sonstige
Einkünfte (§ 22 Nr. 5 EStG)
(§ 3 Nr. 63 EStG);
– normale Besteuerung* der vollen
oder darüber hinausgehenden Beträge
nach den Merkmalen auf der
Lohnsteuerkarte und der Arbeitneh
mer erhält
Æ Sonderausgabenabzug oder Zula
genförderung;
volle Besteuerung als sonstige
Einkünfte (§ 22 Nr. 5 EStG)
Æ keinen Sonderausgabenabzug
und keine Zulagenförderung
Besteuerung als sonstige Einkünfte
in Höhe des Ertragsanteils (§ 22 Nr. 1
S. 3 a) EStG)
2. Direktzusage: der Arbeitgeber ist Träger der Versorgungseinrichtung, der Arbeitnehmer hat einen
unmittelbaren Anspruch gegen ihn
Die Beiträge stellen keinen Zufluss
von Arbeitslohn dar und sind dem
nach steuerfrei; sie führen beim
Arbeitgeber zu Betriebsausgaben.
Beim Empfänger erfolgt die volle
Besteuerung als Einkünfte aus
nichtselbständiger Arbeit unter
Berücksichtigung des Versorgungs
freibetrags (§ 19 EStG).
338 Nichtselbständige Tätigkeit
Steuerliche Behandlung in der
Art
Ansparphase
Auszahlungsphase
3. Pensionskasse: es werden Zahlungen an eine rechtlich und wirtschaftlich selbständige Versorgungs
einrichtung geleistet, gegen die der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Versorgungsleistungen erlangt
Zusage bis 31.12.2004
Grundsätzlich sind die Beiträge
Beim Empfänger erfolgt die
steuerpflichtiges Entgelt, sie können
wie folgt behandelt werden:
– bis 4% der Beitragsbemessungs
volle Besteuerung als sonstige
grenze steuerfrei (§ 3 Nr. 63 EStG);
Einkünfte (§ 22 Nr. 5 EStG)
– darüber hinausgehende Beträge
können bis 1.752 €/Jahr vom Arbeit
geber pauschal (20%) besteuert
werden (§ 40 b EStG);
Besteuerung als sonstige Einkünfte
in Höhe des Ertragsanteils (§ 22 Nr. 1
S. 3 a) EStG)
– normale Besteuerung* der vollen
oder darüber hinausgehenden Beträ
gen nach den Merkmalen auf der
Lohnsteuerkarte und der Arbeitneh
mer erhält
Zusage ab 1.1.2005
Æ Sonderausgabenabzug oder Zula
genförderung;
volle Besteuerung als sonstige
Einkünfte (§ 22 Nr. 5 EStG)
Æ keinen Sonderausgabenabzug
und keine Zulagenförderung
Besteuerung als sonstige Einkünfte
in Höhe des Ertragsanteils (§ 22 Nr. 1
S. 3 a) EStG)
Grundsätzlich sind die Beiträge
Beim Empfänger erfolgt die
steuerpflichtiges Entgelt, sie können
wie folgt behandelt werden:
– bis 4% der Beitragsbemessungs
volle Besteuerung als sonstige
grenze zuzüglich 1.800 € steuerfrei (§ Einkünfte (§ 22 Nr. 5 EStG)
3 Nr. 63 EStG);
– normale Besteuerung* der vollen
oder darüber hinausgehenden Beträge
nach den Merkmalen auf der
Lohnsteuerkarte und der Arbeitneh
mer erhält
Æ Sonderausgabenabzug oder Zula
genförderung;
volle Besteuerung als sonstige
Einkünfte (§ 22 Nr. 5 EStG)
Æ keinen Sonderausgabenabzug
und keine Zulagenförderung
Besteuerung als sonstige Einkünfte
in Höhe des Ertragsanteils (§ 22 Nr. 1
S. 3 a) EStG)
Nichtselbständige Tätigkeit 339
Steuerliche Behandlung in der
Art
Ansparphase
Auszahlungsphase
4. Pensionsfonds: es handelt sich dabei ebenfalls um eine selbständige Versorgungseinrichtung, die
jedoch größere Gestaltungsspielräume bei der Vermögensanlage hat und der Körperschaftsteuerpflicht
und der Insolvenzsicherungspflicht unterliegt
Zusage bis 31.12.2004
Grundsätzlich sind die Beiträge
Beim Empfänger erfolgt die
steuerpflichtiges Entgelt, sie können
wie folgt behandelt werden:
– bis 4% der Beitragsbemessungs
volle Besteuerung als sonstige
grenze steuerfrei (§ 3 Nr. 63 EStG);
Einkünfte (§ 22 Nr. 5 EStG)
– normale Besteuerung* der vollen
oder darüber hinausgehenden Beträge
nach den Merkmalen auf der
Lohnsteuerkarte und der Arbeitneh
mer erhält
Zusage ab 1.1.2005
Æ Sonderausgabenabzug oder Zula
genförderung;
volle Besteuerung als sonstige
Einkünfte (§ 22 Nr. 5 EStG)
Æ keinen Sonderausgabenabzug
und keine Zulagenförderung
Besteuerung als sonstige Einkünfte
in Höhe des Ertragsanteils (§ 22 Nr. 1
S. 3 a) EStG)
Grundsätzlich sind die Beiträge
Beim Empfänger erfolgt die
steuerpflichtiges Entgelt, sie können
wie folgt behandelt werden:
– bis 4% der Beitragsbemessungs
volle Besteuerung als sonstige
grenze zuzüglich 1.800 € steuerfrei (§ Einkünfte (§ 22 Nr. 5 EStG)
3 Nr. 63 EStG);
– normale Besteuerung* der vollen
oder darüber hinausgehenden Beträge
nach den Merkmalen auf der
Lohnsteuerkarte und der Arbeitneh
mer erhält
Æ Sonderausgabenabzug oder Zula
genförderung;
volle Besteuerung als sonstige
Einkünfte (§ 22 Nr. 5 EStG)
Æ keinen Sonderausgabenabzug
und keine Zulagenförderung
Besteuerung als sonstige Einkünfte
in Höhe des Ertragsanteils (§ 22 Nr. 1
S. 3 a) EStG)
5. Unterstützungskasse: Träger ist hier i.d.R. nicht der Arbeitgeber, sondern eingetragene Vereine oder
sonstige Institutionen; der Arbeitnehmer hat keinen Rechtsanspruch auf die Leistung
Die Beiträge stellen keinen Zufluss
von Arbeitslohn dar und sind dem
nach steuerfrei; sie führen beim
Arbeitgeber zu Betriebsausgaben.
Beim Empfänger erfolgt die volle
Besteuerung als Einkünfte aus
nichtselbständiger Arbeit unter
Berücksichtigung des Versorgungs
freibetrags (§ 19 EStG)
*Bei Verzicht auf die Steuerbefreiung oder Überschreitung des Höchstbetrags.
Kranken-/Unfall-/Lebensversicherung
Bei Kranken, Unfall 2223
oder Lebensversicherungen, die der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer abschließt, § 19 EStG
richtet sich die Beurteilung, ob die vom Arbeitgeber gezahlten Prämien für die
Versicherung beim Arbeitnehmer Arbeitslohn darstellen oder nicht, danach, wer
Rechte aus dem Versicherungsvertrag geltend machen kann. Dasselbe gilt, wenn
Gruppenversicherungen abgeschlossen werden.
340 Nichtselbständige Tätigkeit
Präzisierung: Bei einer Gruppenversicherung wird für eine Gruppe von Arbeitnehmern
eine Versicherung abgeschlossen, was i.d.R. zu günstigeren Konditionen, wie etwa nied
rigeren Beitragszahlungen, führt. Sie können als Kranken, Unfall oder Lebensversiche
rung abgeschlossen werden.
2224
2225
a. Nur der Arbeitgeber hat einen Rechtsanspruch: In diesem Fall stellen die
Prämienzahlungen keinen Arbeitslohn dar. Da der Arbeitnehmer nur dann in den
Genuss einer Versicherungsleistung kommt, wenn der Arbeitgeber seine Rechte
geltend macht, fließt dem Arbeitnehmer kein geldwerter Vorteil zu. Erst etwaige
laufende von dem Versicherungsunternehmen geleistete Zahlungen an den Ar
beitnehmer sind als Arbeitslohn zu qualifizieren.
b. Der Arbeitnehmer hat einen Rechtsanspruch: In diesem Fall fließt dem Ar
beitnehmer bereits zum Zeitpunkt der Prämienzahlung durch den Arbeitgeber ein
geldwerter Vorteil aus dem Arbeitsverhältnis zu. Die Prämien stellen also Arbeits
lohn dar.
Anmerkung: Dem Arbeitgeber obliegt die Finanzierung und Sicherung einer von ihm
gewährten betrieblichen Altersversorgung. Dies gilt auch dann, wenn die Durchführung
der Leistung durch einen Dritten erfolgt. Daher hat der Arbeitgeber, auch wenn er die
Versorgungsanwartschaften seiner Arbeitnehmer über Umlagen finanziert hat, für etwai
ge finanzielle Folgen einzustehen, die mit einem Wechsel der Zusatzversorgungskasse
verbunden sind. Durch einen solchen Wechsel ausgelöste Sonderzahlungen dienen da
her ausschließlich dem (eigen)betrieblichen Interesse des Arbeitgebers an der Sicher
stellung seiner Versorgungszusage und stellen keinen Arbeitslohn dar (BFH vom
14.9.2005, Az. VI R 148/98).
c. Versorgungsbezüge
2230
Zu den Versorgungsbezügen gehören alle im öffentlichen und privaten Dienst
§ 19 Abs. 2 gewährten Bezüge und Vorteile aus früheren Dienstverhältnissen, die ein aus dem
aktiven Dienst ausgeschiedener Arbeitnehmer oder dessen Rechtsnachfolger
EStG
erhält. Im Einzelnen sind dies:
a. das Ruhegehalt, Witwen oder Waisengeld, der Unterhaltsbeitrag oder ein
gleichartiger Bezug
– auf Grund beamtenrechtlicher oder entsprechender gesetzlicher Vorschriften,
– nach beamtenrechtlichen Grundsätzen von Körperschaften, Anstalten oder Stif
tungen des öffentlichen Rechts oder öffentlichrechtlichen Verbänden von Körper
schaften;
b. andere Bezüge und Vorteile aus früheren Dienstleistungen wegen Erreichens
einer Altersgrenze, verminderter Erwerbsfähigkeit oder Hinterbliebenenbezüge.
Präzisierung: Bezüge wegen Erreichens einer Altersgrenze gelten erst dann als Versor
gungsbezüge, wenn der Steuerpflichtige das 63. Lebensjahr oder, bei Vorliegen einer
Schwerbehinderung, das 60. Lebensjahr vollendet hat.
Anmerkung: Aufgrund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts (BStBl. 2002 II
618), nach dem die unterschiedliche Besteuerung von (Leib)Renten und Pensionen ge
gen den Gleichheitsgrundsatz verstößt, hat der Gesetzgeber die Besteuerung von Ver
sorgungsbezügen durch das AltEinkG zum 1.1.2005 neu geregelt, um insgesamt (in der
Endphase) zu einer nachgelagerten Besteuerung zu kommen (Nr. 3365 ff.). Zunächst
wird allerdings eine schrittweise Angleichung der Besteuerung von Versorgungsbezügen
und der gesetzlichen Renten über einen Zeitraum von 35 Jahren erfolgen.
2233
Freibetrag
Von den oben genannten Versorgungsbezügen bleibt ein Ver
§ 19 Abs. 2 sorgungsfreibetrag – der nach einem Vomhundertsatz ermittelt wird – und ein
Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag steuerfrei. Die Beträge ergeben sich aus der
EStG
folgenden Tabelle:
Nichtselbständige Tätigkeit 341
Jahr des Versorgungsbeginns
bis 2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
2015
2016
2017
2018
2019
2020
2021
2022
2023
2024
2025
2026
2027
2028
2029
2030
2031
2032
2033
2034
2035
2036
2037
2038
2039
2040
Versorgungsfreibetrag
in % der VersorHöchstbetrag
gungsbezüge
in €
40,0
3.000
38,4
2.880
36,8
2.760
35,2
2.640
33,6
2.520
32,0
2.400
30,4
2.280
28,8
2.160
27,2
2.040
25,6
1.920
24,0
1.800
22,4
1.680
20,8
1.560
19,2
1.440
17,6
1.320
16,0
1.200
15,2
1.140
14,4
1.080
13,6
1.020
12,8
960
12,0
900
11,2
840
10,4
780
9,6
720
8,8
660
8,0
600
7,2
540
6,4
480
5,6
420
4,8
360
4,0
300
3,2
240
2,4
180
1,6
120
0,8
60
0,0
0
Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag
in €
900
864
828
792
756
720
684
648
612
576
540
504
468
432
396
360
342
324
306
288
270
252
234
216
198
180
162
144
126
108
90
70
54
36
18
0
Bemessungsgrundlage Bemessungsgrundlage für den Versorgungsfrei
betrag ist
– bei Versorgungsbeginn vor 2005 das Zwölffache des Versorgungsbezugs für
Januar 2005 und
– bei Versorgungsbeginn ab 2005 das Zwölffache des Versorgungsbezugs für den
ersten vollen Monat,
jeweils zuzüglich voraussichtlicher Sonderzahlungen im Kalenderjahr, auf die zu
diesem Zeitpunkt ein Rechtsanspruch besteht.
Der Zuschlag darf nur bis zur Höhe der um den Versorgungsfreibetrag geminder
ten Bemessungsgrundlage berücksichtigt werden.
2234
Körperschaften 629
Teil 2
Kapitalgesellschaften
Die größte Gruppe der vom Körperschaftsteuergesetz erfassten Körperschaften 3890
bilden die (unbeschränkt steuerpflichtigen) Kapitalgesellschaften. Dazu gehören die § 1 Abs. 1
Aktiengesellschaft (AG), die Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) und die Nr. 1, Abs.
Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH). Ihre Besteuerung wird hier im 2 KStG
Wesentlichen dargestellt, wobei auch diese Gesellschaften, sofern sie bestimmte
Tätigkeiten ausüben, wie z.B. gemeinnützige Zwecke, von der Besteuerung befreit
sind (Nr. 3745 ff.). Daneben werden auch nach ausländischem Recht gegründete
(Kapital)Gesellschaften wie deutsche Kapitalgesellschaften behandelt, sofern sie
im Inland unbeschränkt steuerpflichtig sind (Nr. 3712 ff.).
Anmerkung: Eine besondere Form der AG bildet die Europäische Aktiengesellschaft
(Societas Europaea, SE). Das Statut der SE besteht aus der „Verordnung über das Sta
tut der Europäischen Gesellschaft“ und der „Richtlinie zur Ergänzung des Statuts der Eu
ropäischen Gesellschaft“. Nicht enthalten sind jedoch Bestimmungen, die die Besteue
rung der Gründung, der Sitzverlegung oder die laufende Besteuerung der SE regeln. Die
Besteuerung richtet sich vielmehr nach dem jeweiligen nationalen Steuerrecht der betei
ligten Gesellschaften bzw. des Sitzstaates der SE.
Beginn der Steuerpflicht
Bei Kapitalgesellschaften beginnt die Steu
erpflicht grundsätzlich mit Erlangung der Rechtsfähigkeit, d.h. mit Eintragung in das
Handelsregister. Unter bestimmten Voraussetzungen kann sie aber auch bereits zu
einem früheren Zeitpunkt beginnen; die Rechtsprechung unterscheidet dabei zwei
wesentliche Phasen:
– die Vorgründungsgesellschaft: Sie besteht im Vorfeld des Gründungsaktes bis
zu dem Zeitpunkt, in dem der formgültige Gesellschaftsvertrag abgeschlossen ist;
sie wird entweder wie eine GbR oder eine OHG behandelt und scheidet deswe
gen als Körperschaftsteuersubjekt aus;
– die Vorgesellschaft: Als solche bezeichnet man die Gesellschaft vom Zeitpunkt
des Abschlusses des Gesellschaftsvertrags bis zum Zeitpunkt der Eintragung ins
Handelsregister. Die Vorgesellschaft ist im Gegensatz zur Vorgründungsgesell
schaft körperschaftsteuerpflichtig, wenn sie später tatsächlich ins Handelsregister
eingetragen wird. Sie stellt eine Personenvereinigung eigener Art dar und unter
liegt dem Recht der zu gründenden Gesellschaft (BFH BStBl. 1993 II 352).
3891
Anmerkung: Scheitert die Eintragung in das Handelsregister, so besteht keine ein
heitliche Auffassung darüber, ob und unter welchen Voraussetzungen die Vorgesellschaft
als körperschaftsteuerpflichtig anzusehen ist. Beendet die Vorgesellschaft sofort eine
ggf. bereits aufgenommene Geschäftstätigkeit und wird sie abgewickelt, handelt es sich
um ein Körperschaftsteuersubjekt. Führt jedoch die Gesellschaft trotz gescheiterter Ein
tragung ihre Geschäftstätigkeit fort, so wandelt sich die Vorgesellschaft in eine Personen
gesellschaft. Das Scheitern der Eintragung soll in diesem Fall ein rückwirkendes Ereignis
darstellen (FG Brandenburg, EFG 2003, 1330; Revision zugelassen).
Ende der Steuerpflicht Die Körperschaftsteuerpflicht einer Kapital
gesellschaft endet wenn
– ein Gesellschafterbeschluss zur Auflösung der Kapitalgesellschaft vorliegt und
die gesamte geschäftliche Betätigung tatsächlich beendet ist und
– das Gesellschaftsvermögen verteilt und vollständig ausgeschüttet wurde, d.h.
die Liquidation rechtsgültig abgeschlossen ist.
Anmerkung: Die Löschung im Handelsregister für sich allein ist für die Beendigung der
Körperschaftsteuerpflicht ohne Bedeutung.
3892
630 Körperschaften
3893
Ausländische Rechtsformen Auch ausländische Rechtsformen,
die im Inland ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung haben (Nr. 3712 ff.), können hier
– als Kapitalgesellschaft – unbeschränkt steuerpflichtig sein. Entscheidend dafür ist
die Anerkennung ihrer Rechtsfähigkeit im Inland.
3894
Zivilrechtliche Anerkennung Die Rechts und Parteifähigkeit einer Ge
sellschaft bestimmt sich im Bereich der EU nach dem Recht ihres Gründungsstaa
tes (Gründungstheorie). Ist demnach eine nach ausländischem Recht gegründete
Gesellschaft in ihrem Gründungsstaat als juristische Person anerkannt, so muss
sie auch in Deutschland als solche anerkannt werden.
Anmerkung: Diese Rechtslage gilt in Deutschland erst seit kurzer Zeit. Sie geht zurück
auf mehrere Entscheidungen des EuGH („ÜberseeringEntscheidung“ EuGH DB, 2002
2425 , „CentrosEntscheidung“, EuGH DB 1999, 625, „InspireArtEntscheidung“, EuGH,
BB 2003, 2195), denen sich der BGH inzwischen angeschlossen hat (BGH, DStR 2003,
947). Vorher war in Deutschland die Sitztheorie vorherrschend, nach der die Rechtsfä
higkeit einer Gesellschaft nur dann anerkannt wurde, wenn sie in ihrem Gründungsstaat
auch ihren Verwaltungssitz hatte.
3895
Steuerrechtliche Anerkennung
Entsprechend den oben genannten
EuGHUrteilen muss einer in einem anderen Mitgliedsstaat gegründeten Gesell
schaft im Inland dieselbe Rechtsfähigkeit zuerkannt werden, die sie auch in ihrem
Gründungsstaat besitzt. Demnach müsste eine ausländische Kapitalgesellschaft
auch steuerlich genauso wie eine inländische Kapitalgesellschaft behandelt wer
den, sofern sie in ihrem Gründungsstaat eine juristische Person ist. Diese Gleich
stellung ist bisher allerdings weder durch den deutschen Gesetzgeber, noch durch
die Rechtsprechung des BFH ausdrücklich nachvollzogen worden. Bisher wird
vielmehr ein Typenvergleich vorgenommen, nach dem ausländische Kapitalge
sellschaften nur dann wie deutsche behandelt werden, wenn sie ihrer Struktur
nach einer solchen entsprechen (siehe dazu die vom BMF erstellte Liste ausländi
scher Gesellschaften, die deutschen entsprechen Nr. 9920). Ist dies nicht der Fall,
wird die Gesellschaft zwar nicht als Kapitalgesellschaft eingestuft, jedoch ggf. als
sonstiges Zweckvermögen des privaten Rechts, ebenfalls mit der Folge der unbe
schränkten Steuerpflicht.
1. Ermittlung des zu versteuernden Einkommens
3901
§ 7 KStG
Da Kapitalgesellschaften buchführungspflichtig sind (§ 6 Abs. 1 HGB) erzielen sie
ausschließlich Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 8 Abs. 2 KStG), die nach Betriebs
vermögensvergleich zu ermitteln sind. Bemessungsgrundlage für die Körper
schaftsteuer ist das zu versteuernde Einkommen. Die Ermittlung des zu versteu
ernden Einkommens erfolgt nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes
und den Sondervorschriften des Körperschaftsteuergesetzes (§ 8 KStG bis § 19
KStG). Nachfolgend werden nur die einzelnen Sondervorschriften des Körper
schaftsteuergesetzes dargestellt, zu den Gewinnermittlungsvorschriften nach dem
Einkommensteuergesetz siehe Nr. 570 ff.
Grundsätzlich wird das zu versteuernde Einkommen wie folgt ermittelt (Abschn.
29 Abs. 1 KStR):
Körperschaften 631
Steuerbilanzgewinn/verlust (Nr. 3902 ff.)
+ Verdeckte Gewinnausschüttungen (Nr. 4030 ff.)
./. Verdeckte Einlagen (Nr. 860)
+ Nicht abziehbare Aufwendungen (Nr. 3939 ff.)
+ Gesamtbetrag der Zuwendungen (Nr. 3933 ff.)
./. Steuerfreie Erträge
= Steuerlicher Gewinn
./. Abzugsfähige Zuwendungen (Nr. 3933 ff.)
= Gesamtbetrag der Einkünfte
./. Verlustabzug (Nr. 3950 ff.)
= Zu versteuerndes Einkommen
Präzisierungen: 1. Folgende einkommensteuerlichen Vorschriften sind ausschließlich
auf natürliche Personen zugeschnitten und finden bei der Gewinnermittlung von Kapital
gesellschaften keine Anwendung: (Abschn. 32 KStR):
– Sonderausgaben (Nr. 75 ff.),
– Veranlagungsarten (Nr. 421 ff.),
– tarifliche Freibeträge (Nr. 412) und
– außergewöhnliche Belastungen (Nr. 250 ff.).
2. Ob Erträge steuerfrei sind, kann sich aus dem Körperschaftsteuergesetz selbst, dem
Einkommensteuergesetz (R 32 Abs. 1 KStR) oder aus anderen Gesetzen, z.B. dem Inves
titionszulagengesetz ergeben.
Steuerbilanzgewinn/-verlust
Ausgangspunkt für die Ermittlung
des zu versteuernden Einkommens bildet der Steuerbilanzgewinn/verlust, der
nach den allgemeinen Grundsätzen aufgrund einer Gegenüberstellung des Be
triebsvermögens am Schluss des Wirtschaftsjahres mit dem Betriebsvermögen
am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres (Betriebsvermögensver
gleich), vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der
Einlagen ermittelt wird (Nr. 571). Da Kapitalgesellschaften buchführungspflichtig
sind, ist der Steuerbilanzgewinn/verlust – aufgrund des Maßgeblichkeitsgrundsat
zes – aus dem Jahresüberschuss/-fehlbetrag der Handelsbilanz abzuleiten.
Dies geschieht entweder mittels einer Überleitungsrechnung oder die Gesellschaft
stellt eine eigene Steuerbilanz auf.
3902
Überleitungsrechnung
3903
Werden in der Handelsbilanz Vermögensgegens
tände angesetzt oder Bewertungen vorgenommen, die den steuerlichen Vorschrif
ten nicht entsprechen, so sind diese entsprechend zu korrigieren (§ 60 Abs. 2
EStDV). Eine Überleitungsrechnung ist dann sinnvoll, wenn nur einzelne Bilanzposten voneinander abweichen, da sie die betragsmäßigen Unterschiede in der
Überleitung von der handelsrechtlichen Gewinn und Verlustrechnung auf den
Steuerbilanzgewinn/verlust darstellt:
Jahresüberschuss/fehlbetrag lt. Handelsbilanz
+ / ./. Bilanzsteuerrechtliche Korrekturen
= Steuerbilanzgewinn/verlust
Steuerbilanz
Die Gesellschaft kann auch eine eigene Steuerbilanz unter
Berücksichtigung der steuerlichen Vorschriften aufstellen. Die Steuerbilanz ist eine
nach handelsrechtlichen Bestimmungen und den Grundsätzen ordnungsmäßiger
Buchführung aufgestellte Bilanz, in der zwingend die steuerlichen Vorschriften zu
beachten sind. Sie bietet sich an, wenn mehrere Bilanzposten voneinander ab
weichen.
3904
632 Körperschaften
Präzisierung: Abweichungen zwischen Handels- und Steuerbilanz ergeben sich z.B.
aus dem steuerlichen Aktivierungsverbot für selbst geschaffene immaterielle Wirt
schaftsgüter des Anlagevermögens, der Bildung von Rückstellungen (Nr. 1345 ff.) sowie
dem steuerlichen Passivierungsverbot von Drohverlustrückstellungen; steuerliche Be
sonderheiten bestehen auch bei der Bewertung von Vermögens und Schuldposten
(Nr. 630 ff.) und den Regelungen zur AfA (Nr. 1210 ff.).
Anmerkung: Wird die Handelsbilanz unter vollständiger oder teilweiser Verwendung
des Jahresergebnisses aufgestellt (§ 268 Abs. 1 HGB), so tritt an die Stelle des Postens
„Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag“ und „Gewinnvortrag/Verlustvortrag“ der Posten
„Bilanzgewinn/Bilanzverlust“. Da der Bilanzgewinn/Bilanzverlust bereits Gewinnver
wendungen bzw. eventuelle Auflösungen von (Gewinn)Rücklagen berücksichtigt, muss
dieser für steuerliche Zwecke korrigiert werden:
Bilanzgewinn
+ Verlustvortrag
./. Gewinnvortrag
+ Einstellung in Rücklagen
./. Entnahmen aus Rücklagen
= Jahresüberschuss/fehlbetrag
a. Erträge aus Beteiligungen an Körperschaften
3905
Erträge aus Beteiligungen an Körperschaften sind aufgrund besonderer Vorschrif
§ 8 b KStG ten des Körperschaftsteuergesetzes – zur Vermeidung einer Mehrfachbesteuerung
– steuerfrei gestellt. Diese Steuerbefreiung wird auch als Schachtelprivileg be
zeichnet. Sie kann sowohl von unbeschränkt als auch beschränkt Steuerpflichtigen
in Anspruch genommen werden und gilt unabhängig von der Beteiligungshöhe
und Haltefrist.
Zu den Erträgen aus Beteiligungen an Körperschaften zählen Ausschüttungen und
Bezüge (Nr. 3907), Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen und diesen gleich
gestellte Vorgänge (Nr. 3910 ff.) und Gewinne, die mittelbar über eine Mitunter
nehmerschaft erzielt werden (Nr. 3917). Im Gegenzug zur Freistellung der ge
nannten Gewinne dürfen Gewinnminderungen, die im Zusammenhang mit solchen
Beteiligungen stehen, steuerlich auch nicht berücksichtigt werden. Zudem gilt ein
pauschales Betriebsausgabenabzugsverbot (vgl. dazu auch BMF vom 28.4.2003,
BStBl. 2003 I 292).
3907
§ 8 b Abs.
1 KStG,
§ 20 Abs. 1
Nr. 1, 2, 9,
10a EStG
Ausschüttungen und Bezüge
Steuerfrei sind
– alle offenen und verdeckten Gewinnausschüttungen von Kapitalgesellschaf
ten, Erwerbs und Wirtschaftsgenossenschaften und bergbaurechtlichen Vereini
gungen, denen die Rechte einer juristischen Person zukommen;
– Bezüge bei Kapitalherabsetzung oder Auflösung: Zahlungen, die nicht in der
Rückzahlung von Nennkapital bestehen, wie z.B. die Auskehrung von Gewinnrück
lagen oder laufenden Gewinnen; davon ausgenommen ist aber Nennkapital, dass
durch Umwandlung von sonstigen Rücklagen entstanden ist (§ 28 Abs. 1 S. 3
KStG); eine Einlagenrückgewähr unterliegt der Steuerbefreiung nur soweit sie
den Buchwert der Beteiligung übersteigt (§ 8 b Abs. 2 KStG); ansonsten sind sie
gewinnneutral;
– Leistungen einer nicht steuerbefreiten Gesellschaft: Dabei handelt es sich um
Leistungen aus Körperschaften, die keine Gesellschafter, sondern allenfalls Mit
glieder oder Bezugsberechtigte haben, wie z.B. Vereine;
Körperschaften 633
– Leistungen eines Betriebs gewerblicher Art: Leistungen eines Betriebs ge
werblicher Art mit eigener Rechtspersönlichkeit – also solche, die in Form einer
Kapitalgesellschaft geführt werden – sind freigestellt. Dazu gehören sämtliche
Gewinnabführungen, wie z.B. Zahlungen an den Gewährträger und/oder an eine
andere Person des öffentlichen Rechts;
– Einnahmen aus der Veräußerung oder Abtretung von Dividendenansprüchen
oder sonstigen Ansprüchen;
Präzisierung: Nicht steuerbefreit sind Einnahmen aus Wertpapierleihgeschäften, wie
Leihgebühr und Kompensationszahlungen des Entleihers (BMF vom 28.4.2003, BStBl.
2003 I 292 Rn.9).
Kapitalertragsteuerabzug
Unabhängig von der Steuerfreiheit der Divi 3908
denden bei der empfangenden Kapitalgesellschaft muss bei der Ausschüttung von § 43 Abs. 1
Dividenden – von der ausschüttenden Gesellschaft – Kapitalertragsteuer einbehal S. 3 EStG
ten werden. Diese wird aber grundsätzlich auf die eigene Körperschaftsteuer
schuld der empfangenden Kapitalgesellschaft angerechnet (§ 36 Abs. 2 S. 2 Nr. 2
EStG). Entsprechendes gilt, soweit ein ausländischer Dividendenempfänger die
Dividende in einem inländischen Betriebsvermögen, z.B. einer Betriebsstätte,
erzielt.
Veräußerungsgewinne Gewinne aus der Veräußerung von Beteili 3910
gungen und diesen ähnlichen Tatbeständen sind steuerbefreit. Korrespondierend § 8 b Abs.
dazu sind jedoch auch Gewinnminderungen, die mit diesen Vorgängen in Zusam 2 KStG
menhang stehen, nicht abzugsfähig. Der Veräußerungsgewinn ist der Betrag,
um den der Veräußerungspreis oder der an dessen Stelle tretende Wert nach
Abzug der Veräußerungskosten den Wert übersteigt, der sich nach den Vorschrif
ten über die steuerliche Gewinnermittlung im Zeitpunkt der Veräußerung ergibt
(§ 8 b Abs. 2 S. 2 KStG).
Steuerbefreite Gewinne können bei der Veräußerung folgender Anteile anfallen:
– Anteile an Körperschaften und Personenvereinigungen, die die oben genannten
Ausschüttungen und Bezüge (Nr. 3907) vornehmen,
– Beteiligungen an Organgesellschaften,
– eigene Anteile (vgl. BMF vom 28.4.2003, BStBl. 2003 I 292 Rn.15 f.),
– Genussrechte, mit denen das Recht auf Beteiligung am Gewinn und Liquidati
onserlös einer Kapitalgesellschaft verbunden ist.
Gleichgestellte Vorgänge
Der Veräußerung gleichgestellt und damit 3911
steuerbefreit sind
§8b
– die Übertragung von Anteilen im Rahmen einer verdeckten Einlage,
Abs. 2 S. 3
– die Auflösung einer Kapitalgesellschaft,
KStG
– die Herabsetzung des Nennkapitals,
– Wertaufholungen (§ 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG), denen eine steuerlich nicht zu
berücksichtigende Teilwertabschreibung (Nr. 3912) vorausgegangen ist,
– Gewinnrealisierungen bei einbringungsgeborenen Anteilen (§ 21 Abs. 2 UmwStG),
– Sachdividenden,
– Einkommenserhöhungen durch verdeckte Gewinnausschüttungen, die im Zu
sammenhang mit der Übertragung von Anteilen entstehen, z.B. wenn ein einem
Fremdvergleich nicht standhaltender Veräußerungserlös gezahlt wurde.
Präzisierung: Eine Sachdividende wird geleistet, wenn eine Kapitalgesellschaft an ihren
Anteilseigner Beteiligungen an einer anderen Kapitalgesellschaft weitergibt. Dabei ist die
Beteiligung mit ihrem gemeinen Wert anzusetzen. Werden dadurch stille Reserven auf
gedeckt, sind die daraus entstehenden Gewinne steuerbefreit.
634 Körperschaften
3912
Nicht zu berücksichtigende Gewinnminderungen
Gewinnminde
rungen, die im Zusammenhang mit steuerbefreiten Beteiligungen entstehen, sind
§8b
Abs. 3 S. 3 steuerlich nicht abzugsfähig. Dabei handelt es sich insbesondere um Gewinnmin
derungen
KStG
– durch Ansatz des niedrigeren Teilwerts,
– durch Veräußerung des Anteils (Veräußerungsverlust),
– bei Auflösung der Gesellschaft,
– bei Herabsetzung des Nennkapitals der Kapitalgesellschaft,
– aus der Auflösung eines aktiven Ausgleichspostens aufgrund handelsrechtlicher
Minderabführungen bei Organschaft.
Dies gilt auch, falls entsprechende Gewinne nicht steuerbefreit wären (z.B. bei
einbringungsgeborenen Anteilen (Nr. 3915).
Anmerkung: Nach Ansicht der Finanzverwaltung fällt auch die Teilwertabschreibung be
züglich Eigenkapital ersetzender Darlehen unter die nicht zu berücksichtigen Gewinn
minderungen (OFD Münster vom 15.9.2005).
3915
§8b
Abs. 4
KStG
Einschränkungen der Steuerbefreiung Die Steuerbefreiung gilt unter
bestimmten Voraussetzungen nicht für Veräußerungsgewinne, die aus der Veräu
ßerung nachfolgender Anteile entstanden sind (Einbringungsklausel):
Veräußerung von
– einbringungsgeborenen Anteilen (Nr. 4881) und
– Anteilen, die die Körperschaft unmittelbar oder mittelbar über eine Mitunter
nehmerschaft von einer natürlichen Person zu einem Wert, der unter dem
Teilwert liegt, erworben hat
Erfolgt die Veräußerung nach Ablauf von 7 Jahren nach Einbringung (Sperrfrist)?
nein
ja
Handelt es sich um die Veräußerung von folgenden Anteilen:
– Anteile, die eine Kapitalgesellschaft gegen die Einbringung eines Betriebs/Teil
betriebs/Mitunternehmeranteils zu einem unter dem Teilwert liegenden Wert
erworben hat (§ 20 Abs. 1 S. 1 UmwStG, § 23 Abs. 13 UmwStG);
Beispiel: Die XGmbH hält Anteile an der YGmbH. Sie bringt diese Anteile zu
Buchwerten in die ZGmbH ein. Die ZGmbH veräußert die Anteile direkt nach Ein
bringung.
– Anteile, die in eine Kapitalgesellschaft eingebracht werden und davor durch
die Einbringung eines Betriebs/Teilbetriebs/Mitunternehmeranteils zu einem
unter dem Teilwert liegenden Wert durch einen Dritten in eine Kapitalgesell
schaft gegen die Gewährung von Anteilen entstanden sind (§ 20 Abs. 1 S. 1
UmwStG; § 23 Abs. 13 UmwStG);
Beispiel: Einzelunternehmer U hält eine Beteiligung an der XGmbH. U bringt die
Beteiligung an der XGmbH zu Buchwerten in die YGmbH ein. Die YGmbH wie
derum bringt die Beteiligung an der XGmbH steuerneutral in die ZGmbH ein. Die
ZGmbH veräußert die Anteile an der XGmbH direkt nach Einbringung.
Körperschaften 635
– Anteile, die von einer natürlichen Person oder (nichtbegünstigten) Mitunter
nehmern (Nr. 3917) in eine Kapitalgesellschaft zu einem unter dem Teilwert
liegenden Wert, eingebracht werden und die übernehmende Kapitalgesellschaft
hält die Mehrheit der Anteile an der Gesellschaft, deren Anteile eingebracht
wurden (§ 20 Abs. 1 S. 2 UmwStG, § 23 Abs. 4 UmwStG).
Beispiele: 1. A ist natürliche Person und bringt eine mehrheitsvermittelnde Betei
ligung an der AGmbH in die BGmbH ein. Die BGmbH veräußert diese Anteile
nach 1 Jahr.
2. Einzelunternehmer U bringt seine Beteiligung der XGmbH steuerneutral in eine
KG ein. Anschließend bringt U seine dadurch erhaltene KGBeteiligung zu Buch
werten in die AAG ein, deren Mitunternehmer die YGmbH ist. Danach veräußert
die KG die Beteiligung an der XGmbH. Ein steuerfreier Veräußerungsvorgang für
die YGmbH scheidet hier aus.
ja
nein
Steuerpflichtig
Steuerfrei
Präzisierungen: 1. Bei der 7JahresFrist kommt es für den Fristbeginn nicht auf den Tag
der handelsrechtlichen Wirksamkeit der Sacheinlage und damit auf das zivilrechtliche Entste
hen der neuen Anteile an, sondern auf den steuerlichen Übertragungsstichtag.
2. Wird innerhalb der 7JahresFrist ein weiterer Umwandlungsvorgang (Verschmelzung,
Spaltung) durchgeführt, tritt neben die ursprüngliche 7JahresFrist keine neue 7JahresFrist.
Mittelbare Beteiligungen Ist eine Kapitalgesellschaft an einer Mitunternehmerschaft (Nr. 4311 ff.) beteiligt, die in ihrem Betriebsvermögen eine
Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft hält, so gelten die oben erläuterten Rege
lungen zur Steuerbefreiung einschließlich des pauschalen Betriebsausgabenab
zugsverbots bei der – an der Mitunternehmerschaft beteiligten – Kapitalgesell
schaft für folgende Erträge
– Bezüge, Gewinne und Gewinnminderungen, die (mittelbar) über die Mitunterneh
merschaft erzielt werden; dies gilt auch bei mehrstufigen Mitunternehmerschaften;
– Gewinne oder Verluste aus der Veräußerung/Aufgabe des Mitunternehmeran
teils, sofern sie auf die – mitveräußerte/aufgegebene – Beteiligung an der Kapital
gesellschaft entfallen.
Die Regelung begünstigt sowohl inländische als auch ausländische Mitunterneh
merschaften. Dabei erfolgt die Wertung des ausländischen Rechtssubjektes als
Mitunternehmerschaft nach den Wertungen des deutschen Steuerrechts (Typusvergleich).
Beispiel: Folgende Konstellation ist denkbar:
KGmbH
30%
POHG
15%
FS.A.
20%
DAG
3917
§8b
Abs. 6
KStG
Strafsachen
und
Ordnungswidrigkeiten
8500
ÜBERSICHT
I. Straftaten ...........................
A. Steuerhinterziehung ............
1. Tatausübung (Vollendung) ..
2. Versuch ...............................
3. Rückgängigmachung ..........
4. Besondere Schwere ...........
8501
8505
8506
8507
8530
8535
8553
B. Weitere Steuerstraftaten .....
II. Strafverfahren ....................
a. Ermittlungsverfahren ...........
b. Gerichtliches Verfahren .......
III. Steuerordnungswidrigkeiten und –verfahren ......
8564
8570
8571
8582
8590
Die Straf und Bußgeldvorschriften der AO sollen das öffentliche Interesse am
rechtzeitigen und vollständigen Steueraufkommen des Staates durchsetzen, in
dem bestimmte, es gefährdende Verhaltensweisen des Steuerschuldners mit
Sanktionen belegt werden.
Anmerkung: Mit dem Strafbefreiungserklärungsgesetz (StraBEG) vom 23.12.2003 hatte
der Gesetzgeber die Möglichkeit geschaffen, unter bestimmten Voraussetzungen in der
Vergangenheit erteilte unrichtige oder unvollständige Angaben über steuerlich rele
vante Tatsachen nachträglich zu korrigieren, ohne strafrechtliche Sanktionen wegen
Steuerhinterziehung (Nr. 8506) bzw. gewerbsmäßiger oder bandenmäßiger Steuerhinter
ziehung fürchten zu müssen.
Der Steuerpflichtige musste hierzu zwischen 1.1.2004 und 31.3.2005 eine richtig stellen
de Nacherklärung abgeben und eine Abgeltungssteuer von 25 % (bei Erklärung bis zum
31.12.2004) bzw. 35 % (bei Erklärung bis 31.3.2005) der nacherklärten Einnahmen be
zahlen. Die strafbefreiende Wirkung erstreckte sich auf Taten, die sich auf nach dem
31.12.1992 und vor dem 1.1.2003 entstandene Ansprüche auf Steuern bezogen.
Zu den Einzelheiten vgl. die ausführliche Darstellung in der Vorauflage unter Nr. 8543 ff.
Diese befristete Steueramnestie hat anstatt der erwarteten 5 Milliarden € nur 1,2 Milliar
den an zusätzlichem Steueraufkommen erzeugt. Aus diesem Grunde ist zu erwarten,
dass das Steuerstrafrecht (wohl auch in Verbindung mit der im Rahmen des Gesetzes zur
Förderung der Steuerehrlichkeit und der EUZinsrichtlinie geschaffenen Möglichkeiten
des Kontenabrufs bzw. des internationalen Informationsaustauschs) künftig an Bedeu
tung gewinnen wird.
8502
Anders als Sanktionen des (Steuer)Verwaltungsrechts wie Verspätungs, Säum
niszuschläge, Zwangsgelder (Nr. 8230 ff.), die formale Mitwirkungspflichten des
Steuerpflichtigen im Steuererhebungsverfahren durchsetzen sollen, dient das
Straf- und Bußgeldverfahren der Verfolgung (Repression) von Rechtsverstößen;
es greift dabei nicht allein auf steuerrechtliche Vorschriften, sondern auch auf die
Bestimmungen des allgemeinen Straf und Strafprozessrechts zurück.
Strafsachen und Ordnungswidrigkeiten 1243
Rechtsverstöße im Bereich des Steuerrechts (so genannte Steuerverfehlungen)
werden in zwei Gruppen eingeteilt. Von der Zuordnung hängen nicht nur Art und
Umfang der Sanktionen, sondern auch bestimmte Nebenfolgen (wie die Eintra
gung in das Bundeszentralregister), Art und Umfang des Verfahrens, Zuständigkeit
von Strafverfolgungs (Staatsanwaltschaft, Strafgerichte) oder Verwaltungsbehör
den (Finanzämter) ab.
Straftaten
8503
Ordnungswidrigkeiten
Tatbestände
Steuerhinterziehung (Nr. 8506 ff.)
Leichtfertige Steuerverkürzung (Nr. 8595)
Bannbruch (Nr. 8564)
Gefährdungstatbestände (Nr. 8597)
Steuerhehlerei (Nr. 8565)
Geldwäsche (Nr. 8566)
Gewerbs u. bandenmäßige Schädigung des
Umsatzsteueraufkommens (Nr. 8567)
Gewerbsmäßiger, bewaffneter, gewaltsa
mer und bandenmäßiger Schmuggel
Unzulässiger Erwerb eines Steuererstat
tungs oder Vergütungsanspruchs
Schädigung des Umsatzsteueraufkommens
(Nr. 8593)
Begünstigung eines Steuerstraftäters
Tatbestände in Nebengesetzen
Folgen
Freiheits oder Geldstrafe
Geldbuße
Eintragung in das Bundeszentralregister
Keine Eintragung
Verfolgung aller Taten (Legalitätsprinzip)
Verfolgung nach Ermessen der Behörde
(Opportunitätsprinzip)
Selbstanzeige möglich
Keine Selbstanzeige möglich
Verfolgung durch Staatsanwaltschaft/ Straf
gerichte
Verfolgung lediglich durch Finanzbehörden
Auswirkungen auf das Steuererhebungsver
fahren
Keine Auswirkungen auf das Steuererhe
bungsverfahren
Verfahren nach der Strafprozessordnung
Verfahren nach dem Ordnungswidrigkeiten
gesetz
I. Straftaten
Zentrales Delikt des Steuerstrafrechts ist die Steuerhinterziehung. Sie wird nach
folgend eingehend unter Darstellung der strafrechtlichen Besonderheiten behan
delt. Die Steuerhinterziehung besteht aus einem Grundtatbestand (Nr. 8507 ff.)
und einem Qualifikationstatbestand, nämlich der gewerbsmäßigen oder banden
mäßigen Steuerhinterziehung (Nr. 8555 ff.).
Andere Straftatbestände werden anschließend im Überblick dargestellt (Nr. 8564
ff.). Sie sind nicht nur im EStG sondern auch in anderen Gesetzen geregelt.
Anmerkung: Für alle Steuerstraftatbestände (materielles Steuerstrafrecht) gelten ergän
zend die Bestimmungen des Strafgesetzbuches (StGB), vgl. auch Nr. 8503. Besondere
Bedeutung haben dabei die Vorschriften des Allgemeinen Teils (siehe Nr. 8516 ff. und
Nr. 8530 ff.).
8505
1244 Strafsachen und Ordnungswidrigkeiten
A. Steuerhinterziehung
8506
Die Steuerhinterziehung ist nicht nur als vollendetes Delikt (Nr. 8507 ff., Nr. 8538),
sondern auch bereits als Versuch (Nr. 8530) strafbar. Der Eintritt in das Versuchs
stadium, die Vollendung und die Beendigung der Tat lassen sich als zeitliche Ab
folge darstellen (Nr. 8537).
Vom jeweiligen zeitlichen Stadium der Tat hängen auch die Möglichkeiten des
Steuerpflichtigen ab, die Tat oder bereits begonnene Tathandlungen rückwirkend
zu korrigieren und Straffreiheit zu erlangen (Nr. 8540 ff.).
Im Gegensatz dazu werden besondere Begehungsformen (Nr. 8553 ff.) der Tat
unter höhere Strafe gestellt.
Präzisierung: 1. Zwar gilt für den Versuch derselbe Strafrahmen wie für das vollendete
Delikt. Jedoch ist die Tatsache, dass die Tat nicht vollendet wurde, ein gesetzlicher
Strafmilderungsgrund (§ 23 Abs. 1, § 49 Abs. 1 StGB). Der Tatrichter muss nicht, kann a
ber (und wird in der Regel) den Strafrahmen nach den gesetzlichen Vorgaben (§ 49
Abs. 1 Nr. 1 3 StGB) absenken. Zu den Einzelheiten vgl. Nr. 8594 ff.
2. Die Beendigung ist der Vollendung zeitlich noch nachgeordnet. Diese Unterscheidung
spielt für die Strafbarkeit und Strafhöhe keine Rolle, sondern hat nur Bedeutung für die
Möglichkeit einer Selbstanzeige (Nr. 8543 ff.).
1. Tatausübung (Vollendung)
8507
Voraussetzung für eine Strafbarkeit wegen Steuerhinterziehung sind zunächst eine
bestimmte Tathandlung und ein Taterfolg. Dabei müssen beide Elemente derart
verknüpft sein, dass die Tathandlung für den Taterfolg ursächlich ist. Diese Kom
ponenten werden als objektiver Tatbestand bezeichnet. Zum Zeitpunkt des Ein
tritts des Taterfolges und damit der Tatvollendung siehe Nr. 8538.
Erforderlich ist zudem ein bestimmtes Vorstellungsbild des Steuerpflichtigen (sog.
subjektiver Tatbestand).
8508
Tathandlung
§ 370
Nr. 8509
Abs. 1 Nr. 8510
Nr. 1 –
3 AO
Drei Fallgruppen werden unterschieden:
unrichtige oder unvollständige steuerliche Angaben
pflichtwidriges Unterlassen der Anzeige steuerlich erheblicher Tatsachen
pflichtwidriges Unterlassen, Steuerzeichen oder Stempel zu verwenden
Anmerkung: Behandelt werden im folgenden nur die ersten beiden Alternativen, weil
das pflichtwidrige Unterlassen, Steuerzeichen oder Stempel zu verwenden, von unterge
ordneter praktischer Bedeutung ist.
8509
Unrichtige oder unvollständige Angaben
Sie können etwa erteilt
werden in
– amtlich vorgeschriebenen Steuererklärungsvordrucken,
– Vordrucken der gesonderten Anlagen zu Steuererklärungen,
– Anträgen auf Lohnsteuerjahresausgleich,
– Anträgen auf Herabsetzung von Vorauszahlungen,
– Spendenbescheinigungen gemeinnütziger Einrichtungen.
Nach dem Gesetzeswortlaut müssen diese Angaben gegenüber „Behörden“ ge
macht werden. Gemeint sind nur solche Behörden, die steuerlich relevante Ent
Strafsachen und Ordnungswidrigkeiten 1245
scheidungen treffen können. Hierzu zählt nicht das Nachlassgericht, und zwar auch
dann nicht, wenn die Finanzbehörde dort erteilte, unrichtige Angaben (etwa über
den Nachlasswert) verwertet.
Präzisierung: Zum großen Teil werden in den amtlichen Vordrucken (§§ 149 EStG f.)
nicht nur reine Tatsachen, sondern auch bereits vorweggenommene rechtliche Würdi
gungen des Steuerpflichtigen abgefragt (sog. Subsumtionsergebnisse, wie etwa die Ein
ordnung der Tätigkeit als „gewerblich“ oder „selbständig“); diese rechtlichen Einord
nungen können in Grenzfällen sehr schwierig sein (vgl. zur Irrtumsproblematik Nr. 8518).
Umstritten ist die Behandlung der Fälle, in denen der Steuerpflichtige oder sein Berater
eine andere Rechtsauffassung als die Finanzverwaltung vertreten.
Nach augenblicklicher Rechtsprechung des BGH (BGH NStZ 2000, 203 f.) darf der Steu
erpflichtige eine unzutreffende Rechtsauffassung vertreten; er macht damit keine unrich
tige oder unvollständige Angabe, solange er alle steuerlich erheblichen Tatsachen voll
ständig vorträgt, sie etwa dann bei einer anderen Einkunftsart offen legt.
Pflichtwidriges In-Unkenntnis-Lassen Die Anzeige steuerlich erhebli
cher Tatsachen wird unterlassen bei:
– Nichtabgabe von Steuererklärungen oder anmeldungen, wenn der Steuerpflich
tige hierzu verpflichtet ist,
– verspäteter Abgabe von Steuererklärungen,
– unvollständiger Steuererklärung oder
– Verletzung der Auskunfts und Vorlagepflicht.
Pflichtwidrig können nur Steuerpflichtige (und nicht etwa deren Berater) handeln,
denen eine Pflicht zur Abgabe einer bestimmten Erklärung auferlegt ist. Wer wel
che Abgabe und Erklärungspflichten hat, bestimmen die Einzelsteuergesetze (z.B.
§§ 56 EStDV ff., § 18 Abs. 1 UStG, § 45 a EStG).
8510
Präzisierung: Eine Schätzung durch die Finanzbehörde befreit den Steuerpflichtigen
nicht von der Abgabe der entsprechenden Erklärung. Wenn die Schätzung zu gering aus
gefallen ist, muss der Steuerpflichtige eine klarstellende Steuererklärung abgeben (§ 155
AO).
Taterfolg Eine Steuerhinterziehung setzt voraus, dass für den Täter selbst 8512
oder aber eine andere Person die Steuern verkürzt oder ungerechtfertigte Steuer
§ 370
vorteile erlangt werden.
Abs. 1 AO
Steuerverkürzung
Gemeint ist in erster Linie der tatsächliche Steueraus- 8513
fall: der Fiskus nimmt trotz eines steuerpflichtigen Sachverhalts keine Steuern, § 370 Abs.
oder aufgrund der fehlerhaften bzw. unvollständigen Angaben zu wenig Steuern 1 HS. 2,
ein.
Abs. 4 AO
Steuern werden auch dann verkürzt, wenn sie nicht rechtzeitig festgesetzt wer
den (zum zeitlichen Beginn der Strafbarkeit in diesen Fällen vgl. Nr. 8537 ff.).
Keine Rolle spielt, ob die (zu niedrigen) Steuern
– endgültig
– vorläufig (§ 165 AO; Nr. 8356) oder
– unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 AO; Nr. 8355) festgesetzt werden;
Eine Steuerverkürzung liegt auch dann vor, wenn eine Steueranmeldung verspä
tet oder nicht korrekt abgegeben wird; eine Steueranmeldung steht einer Steuer
festsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleich (§ 168 AO);
Präzisierung: 1. Gegenstand einer Steuerverkürzung können ausschließlich Steuern (§ 3
Abs. 1 S. 1 AO) sein. Nicht erfasst werden steuerliche Nebenleistungen (Verspätungs
zuschläge, Zinsen, Säumniszuschläge, Zwangsgelder, Kosten; BGH, Urteil vom
19.12.1997, wistra 1998, 180, 188).
1246 Strafsachen und Ordnungswidrigkeiten
8514
Nicht gerechtfertigter Steuervorteil
Da bereits jede Steuerverkürzung
spiegelbildlich einen nicht gerechtfertigten Steuervorteil darstellt, kommen als
solche nur besondere Vorteile in Betracht:
Stundung (Nr. 8252)
Aussetzung der Vollziehung (Nr. 8430)
Eintragung eines Freibetrages
Lohnsteuerkarte (Nr. 2496)
auf
Zahlungsaufschub
Verlängerung der Steuererklärungsfrist
Erlass (Nr. 8208)
Erlangung von Steuervergütungen
Steuererstattungen (Nr. 8863)
Einstellung der Zwangsvollstreckung
Vollstreckungsaufschub
der
und
Verzicht auf Verspätungszuschlag (Nr. 8230)
Präzisierungen: 1. Steuervergütungen sind etwa der Vorsteuerabzug oder die Körper
schaftsteueranrechnung.
2. Investitions und Eigenheimzulage gelten nicht als Steuervergütung bzw. –Erstattung.
Sie werden zwar von den Finanzämtern ausbezahlt, sind aber keine Verrechnungsposten
des Steueraufkommens. Wer diese Zulagen durch Vorspiegelung falscher Tatsachen er
langt, begeht keine Steuerhinterziehung, sondern Subventionsbetrug.
8515
Kompensationsmöglichkeit Der durch die Tathandlung erlangten Steu
§ 370 Abs. erersparnis (oder dem Steuervorteil) könnte aus welchen Gründen auch immer 4 S. 3 AO eine Ermäßigung gegenüber stehen, welche die Ersparnis bzw. den Vorteil wieder
kompensiert. Nach dem Gesetzeswortlaut ist ein solcher Vorteilsausgleich (der
den Taterfolg und damit eine Strafbarkeit entfallen ließe) unzulässig. Die höchst
richterliche Rechtsprechung lässt aber bei zwei Fallgruppen einen Ausgleich zu:
a. es werden steuermindernde Tatsachen geltend gemacht oder festgestellt, die in
unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Hinterziehungshandlung
stehen,
b. es besteht rechtlich eine alternative Abzugsmöglichkeit zu Unrecht deklarierter
Ausgaben.
Folgende Tabelle gibt eine Übersicht über die Kasuistik des BGH:
Kein Vorteilsaus
gleich
Vorteilsausgleich
möglich
ursprünglich nicht geltend gemachte Vorsteuern in Bezug auf nicht
erklärte Umsätze derselben Periode
nicht verbuchte Geschäfte mit Anschaffungskosten anderer als der
schwarz verkauften Ware
nicht beanspruchte Ausfuhrvergütungen für tatsächlich Ausfuhren im
Verhältnis zu erschlichenen Ausfuhrvergütungen für nicht erfolgte
Ausfuhren
bei von Amts wegen zu berücksichtigendem Verlustvortrag
(10 d EStG)
Betriebsausgaben, die mit Betriebseinnahmen unmittelbar zusam
menhängen
nicht verbuchte Geschäfte mit Anschaffungskosten der Ware und
Provisionsaufwendungen
Rückstellungen für die hinterzogenen Umsatz und Gewerbesteuern
Berücksichtigung ursprünglich als Sonderausgaben erklärter verdeck
ter Parteispenden als Betriebsausgaben
nicht geltend gemachte, von Amts wegen vorzunehmende Vertei
lung von Einnahmen auf mehrere Jahre (bspw. Fünftelregelung)
Strafsachen und Ordnungswidrigkeiten 1247
Präzisierungen: 1. Kann die Hinterziehungshandlung nicht vollständig kompensiert
werden, so liegt nach wie vor eine strafbare Handlung vor, der geringere Hinterziehungs
betrag hat aber Auswirkung auf die Strafzumessung.
2. Eine Kompensation hinterzogener Umsatzsteuer durch Vorsteuerbeträge lehnt der
BGH kategorisch ab, obwohl ein wirtschaftlicher Zusammenhang unübersehbar ist. Ein
Ausgleich kommt nicht einmal dann in Betracht, wenn der anzumeldenden Umsatzsteuer
überschießende abzugsfähige Vorsteuern gegenüberstehen (BGH vom 24.10.1990,
wistra 1991, 107). Abziehbare Vorsteuern stellen aber einen allgemeinen, vom Tatrichter
zu berücksichtigenden Strafmilderungsgrund dar.
Vorstellungsbild des Täters
Neben der äußeren Tatseite (Taterfolg
und Tatausübung) müssen subjektive Elemente vorliegen, damit der jeweilige
Sachverhalt als Steuerhinterziehung qualifiziert werden kann. An dieser Stelle
verläuft die in der Praxis wichtige Trennlinie zwischen Steuerhinterziehung und der
nur als Ordnungswidrigkeit ausgestalteten leichtfertigen Steuerverkürzung: wird
die Tat nicht „bewusst“ ausgeübt, liegt keine Steuerhinterziehung vor; es bleibt
aber bei einer leichtfertigen Steuerverkürzung, wenn der Steuerpflichtige zumin
dest die nötige Sorgfalt außer Acht gelassen hat (also fahrlässig handelt, vgl.
Nr. 8590).
8516
Vorsatz Nur vorsätzliches Handeln ist strafbar. Dies bedeutet Wissen und
8517
Wollen der einzelnen (objektiven) Tatmerkmale. Es genügt jedoch auch schon eine
abgeschwächte Form des Vorsatzes (so genannter bedingter Vorsatz): dabei muss
der Täter den Taterfolg als Folge der Tathandlung nur für möglich halten und ihn
gleichwohl billigen.
Der Vorsatz muss sich auf sämtliche Tatbestandsmerkmale beziehen. Nicht erfor
derlich ist jedoch, dass sich der Täter in einer exakten juristischen Bewertung die
genauen steuerrechtlichen Konsequenzen bewusst macht. Er muss nur den für die
Unrechtsbegründung wesentlichen Bedeutungsgehalt der Tat erfasst haben (sog.
Parallelwertung in der Laiensphäre, vgl. BayObLG vom 2.12.1980, MDR 1981, 427).
Beispiel: C hat Zinseinkünfte, über deren Höhe er sich nicht ganz im Klaren ist. Er kennt
aber die Höhe des augenblicklichen Freibetrages und kann sich vorstellen, dass seine
Zinseinkünfte darüber liegen, dies ist ihm letzen Endes aber auch egal.
Nach augenblicklicher Rechtsprechung handelt C (bedingt) vorsätzlich. Er billigt die
Steuerhinterziehung, indem er trotz bestehender Zweifel dem Taterfolg zumindest
gleichgültig entgegensieht.
Präzisierungen: Die Abgrenzung zwischen bedingtem Vorsatz und Fahrlässigkeit ist
schwierig, wegen der unterschiedlichen Rechtsfolgen einer Steuerhinterziehung (Straf
tat) und einer leichtfertigen Steuerverkürzung (Ordnungswidrigkeit) aber wichtig. Auch
der fahrlässig Handelnde kann die Möglichkeit des Erfolgseintritts (Steuerverkürzung
oder ungerechtfertigter Steuervorteil) kennen – man spricht dann von bewusster Fahrläs
sigkeit – , er vertraut jedoch immer darauf, dass der Taterfolg sich nicht verwirklicht.
Diese subtile Unterscheidung führt in der Praxis oft zu Beweisproblemen.
Irrtum
Das Vorstellungsbild des Täters kann von falschen Beurteilungen getra
gen sein. Dann stellt sich die Frage, ob und inwieweit die falsche Vorstellung den
Vorsatz beeinflusst oder in Frage stellt. Zwei Fallgruppen werden unterschieden:
a. Irrt der Steuerpflichtige über Tatsachen, die für das Delikt von Bedeutung sind
(nach dem Wortlaut des Gesetzes zum „gesetzlichen Tatbestand gehören“),
schätzt er also den Sachverhalt schon nicht richtig ein, führt dies generell zum
Ausschluss vorsätzlichen Handelns (so genannter Tatbestandsirrtum, § 369 II AO,
§ 16 StGB); es liegt kein strafrechtlich relevantes Verhalten vor. Die Tat kann dann
allenfalls als Ordnungswidrigkeit zu ahnden sein (leichtfertige Steuerverkürzung,
Nr. 8595).
8518
1248 Strafsachen und Ordnungswidrigkeiten
Beispiele: 1. A glaubt irrtümlich, eine Bewirtungsrechnung beziehe sich auf ein Essen
mit Geschäftspartnern, das er in Wirklichkeit mit seiner Familie abgehalten hat.
2. N erhält ein Vermächtnis seines Onkels über eine Geldsumme von 50.000 €. Den Be
trag gibt er aber nicht wie gesetzlich vorgeschrieben (§ 30 Abs. 1 ErbStG) an, weil er vom
Bestehen des privatschriftlichen Vermächtnisses gar nichts weiß. Die gesetzlichen Erben
haben es zurückbehalten.
Obwohl die Bezeichnung bestimmter Tatumstände, wie etwa die Begriffe „steuerlich erhebliche Tatsachen“ (Nr. 8508) oder „Steuerverkürzungen“ bzw.
„Steuervorteile“ (Nr. 8513 ff.) der Rechtssprache entnommen sind, ordnet die
höchstrichterliche Rechtsprechung einen Irrtum über den Bedeutungsgehalt
dieser Begriffe noch dem Tatbestandsirrtum zu (BGH NJW 1980, 1005, BGH
wistra 1989, 263, BayOblG wistra 1992, 312).
Beispiel: S gibt nur seine in Deutschland erzielten Zinseinkünfte an, weil ihm sein Steu
erberater zuvor in Verkennung des DBA mit der Schweiz die Auskunft erteilt hatte, dass
die dort erzielten Einnahmen in Deutschland nicht der Steuer unterliegen. S hielt die
Schweizer Zinseinkünfte daher für keine „steuerlich erhebliche Tatsache“, unterlag also
einem Tatbestandsirrtum. Mangels Vorsatz scheidet eine Strafbarkeit aus.
Anmerkungen: 1. Diese dogmatische Einordnung des „Irrtums über normative Tatbe
standsmerkmale“ weicht vom allgemeinen Strafrecht ab und ist umstritten. Allgemein
wird die Vorschrift (§ 370 Abs. 1 AO) in dem Sinne verstanden, dass die Normen der Ein
zelsteuergesetze Teil des Tatbestandes sind (sog. Blankettstrafatbestand). Wenn die o.g.
normativen Tatbestandsmerkmale aber durch die Einzelsteuergesetze ausgefüllt werden,
wäre ein Irrtum über deren Bedeutung konsequenterweise kein Irrtum der Sachverhalts
bewertung, sondern einer der rechtlichen Beurteilung (siehe unten).
2. Auch hier ist aber nur die Einordnung im Rahmen einer Parallelwertung der Laiensphä
re (Nr. 8517) erforderlich. Gelingt diese dem Steuerpflichtigen, kommt kein den Vorsatz
ausschließender Tatbestandsirrtum, sondern nur noch ein Verbotsirrtum (siehe unten) in
Betracht,
8519
b. Irrt der Steuerpflichtige über die rechtliche Beurteilung, die an sein Handeln
geknüpft ist, so kann dieser Verbotsirrtum (§ 369 II AO, § 17 StGB) – es sei denn
er wäre unvermeidbar – allenfalls ein Strafminderungsgrund sein. Denn ob der
Täter die rechtlichen Konsequenzen seines Tuns kennt, berührt seinen Vorsatz
nicht. Er muss lediglich den Sachverhalt kennen, der zur Bewertung als Steuerhin
terziehung führt.
Beispiel: 1. Der Steuerpflichtige Z irrt über seine Berechtigung zum Vorsteuerabzug.
2. P hält die Verheimlichung erhaltener Parteispenden für nicht strafbar, weil er irrig
glaubt, das Parteiengesetz nehme Parteispenden von der Besteuerung aus.
8520
Auch die Frage, wann grundsätzlich eine Pflicht zur Anzeige steuerlich relevanter Tatsachen besteht (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO; Nr. 8508 – also Abgabe und Erklä
rungspflichten) wird als Ausfluss rechtlicher Wertung gesehen. Kennt der Steuer
pflichtige Pflicht oder Zeitpunkt zur Abgabe einer Erklärung nicht, berührt dies
seinen Vorsatz nicht.
Beispiel: Ein bislang im Angestelltenverhältnis arbeitender Rechtsanwalt macht sich
selbständig. Er gibt keine Einkommensteuererklärung ab, weil er glaubt, er würde hierzu
vom Finanzamt gesondert aufgefordert. Hier ist ein anderer Tatbestand (§ 370 Abs. 1 Nr.
2 AO) erfüllt. Es handelt sich um ein Unterlassungsdelikt. Man spricht in diesem Zusam
menhang von einem Gebotsirrtum, welcher als Spiegelbild eines Verbotsirrtums (bei
Handlungsdelikten) allenfalls zu einer Strafmilderung führen kann.
8521
Täterschaft und Teilnahme
Steuerstraftaten können in Täterschaft
(als Täter oder Mittäter) oder in Teilnahme (Anstiftung oder Beihilfe) begangen
werden. Diese Unterscheidung ist zum einen für die Höhe des Strafmaßes von
Bedeutung. Zum anderen dient sie der Eingrenzung des Personenkreises, welcher
die Tat selbst ausüben kann bzw. der Bestimmung mehrerer oder weiterer Perso
nen, die sich an der Straftat beteiligen können.
Strafsachen und Ordnungswidrigkeiten 1249
Täterschaft Sie umfasst alle Begehungsformen, bei denen der Steuerpflich
tige die Tat als eigene will und deshalb den Geschehensablauf bestimmt. Den
Unterlassungstatbestand (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) können nur diejenigen Perso
nen erfüllen, die tatsächlich zur Abgabe der jeweiligen Erklärungen verpflichtet
sind. So kann etwa ein Steuerberater nicht als Täter die Anzeige steuerlich erhebli
cher Tatsachen seines Mandanten unterlassen, weil die Abgabe der Steuererklä
rung oder sonstiger Steueranmeldungen auch nach Beauftragung des Steuerbera
ters dem Steuerpflichtigen selbst obliegt.
a. Der Täter verwirklicht den Straftatbestand selbst und alleine. Er muss jedoch
nicht gleichzeitig der Begünstigte der Hinterziehung sein.
8522
8523
Beispiel: Der Geschäftsführer einer GmbH gibt Gewinnausschüttungen der 100 % igen
Tochtergesellschaft nicht in voller Höhe an.
b. Mittäterschaft liegt vor, wenn mehrere nach gemeinsamem Willen (Tatent
schluss) und Tatplan arbeitsteilig vorgehen und jeder der Mittäter die Tat als eige
ne will.
8524
Beispiel: A und B mindern gemeinsam durch Einschaltung von Scheinfirmen ihre jeweili
ge persönliche SteuerBemessungsgrundlage.
c. Bedient sich der Täter eines Dritten, den er wie ein „Werkzeug“ beherrscht
(dies ist nur möglich, wenn dieser Dritte nicht selbst vorsätzlich oder grob fahrläs
sig handelt), spricht man von mittelbarer Täterschaft.
8525
Teilnahme Der Begriff umfasst verschiedene Formen der Beteiligung an
einer fremden Tat. Sie ist möglich in Form von Anstiftung und Beihilfe. Die Teil
nahme setzt immer eine vorsätzlich begangene Haupttat voraus (so genannte
Akzessorietät der Teilnahme).
a. Anstiftung bedeutet, dass der Anstifter beim Täter den Entschluss zur Tat her
vorruft. Der Vorsatz des Anstifters muss sich sowohl auf die Haupttat als auch auf
die Anstiftungshandlung (Herbeiführen des Tatentschlusses) beziehen.
Der Anstifter wird wie der Täter bestraft.
Die Anstiftungshandlung muss ursächlich für die Haupttat sein. Hat der Täter be
reits vor der Anstiftungshandlung den Tatentschluss gefasst, kann sie allenfalls
noch als Beihilfe qualifiziert werden.
8526
8527
Beispiel: F versucht Ihren Ehemann davon zu überzeugen, die Mieteinnahmen aus ei
nem Zweifamilienhaus in Österreich nicht anzugeben, obwohl sie weiß, dass sie zu Ein
künften aus Vermietung und Verpachtung führen. Der Ehemann hatte jedoch noch nie
vor, die Mieteinnahmen zu versteuern. F handelt zwar vorsätzlich; die Anstiftungshand
lung kann jedoch nicht mehr kausal für die Steuerhinterziehung sein – keine Teilnahme.
b. Beihilfe begeht, wer dem Steuerhinterzieher zu dessen Tat vorsätzlich Hilfe
leistet; die Hilfeleistung muss die Tat nur unterstützen, nicht erst ermöglichen. Der
Beitrag muss jedoch objektiv geeignet sein, die Tat zu fördern. Auch die Beihilfe ist
strafbar, das Strafmaß ist jedoch geringer als bei Täter und Anstifter.
8528
2. Versuch
Nicht nur die Vollendung einer Steuerhinterziehung, auch bereits deren Versuch ist 8530
strafbar. Letzterer ist gegenüber der Tatvollendung ein „Minus“. Es fehlt ein
§ 370
Merkmal des objektiven Tatbestandes, in der Regel (aber nicht zwangsläufig) der Abs. 2 AO
Taterfolg. Der Versuch einer Straftat liegt vor, wenn die Ausführungshandlungen
zur Tat eine bestimmte Schwelle überschritten haben (zeitliche Komponente) und
1250 Strafsachen und Ordnungswidrigkeiten
der Täter gleichzeitig die subjektiven Tatmerkmale erfüllt, also Vorsatz hat (subjek
tive Komponente).
8531
Zeitliches Element Erst wenn aus Sicht des Steuerpflichtigen keine
weitere eigene Handlung mehr nötig ist, damit sich die Tat verwirklicht, setzt er
unmittelbar zur Tat an. In diesem Moment ist das Versuchsstadium und damit der
strafrechtlich relevante Bereich erreicht.
Dieser Zeitpunkt deckt sich in der Regel mit der Abgabe unrichtiger oder unvollständiger Erklärungen gegenüber dem Finanzamt.
Handlungen, die vor Abgabe der unrichtigen Erklärungen gegenüber dem Fi
nanzamt liegen (z.B. unrichtige oder unvollständige Buchungen) sind daher als
bloße Vorbereitungshandlungen nicht strafbar.
straflos
strafbar
Vorbereitungshandlungen
Unmittelbares Ansetzen zur Tat
Erstellen falscher Inventuren
Antrag auf Ausstellung einer Lohnsteuerkar
te mit falschen Angaben
Falsches Ausfüllen des Vordrucks zur Steu
ererklärung
Aufstellen falscher Bilanzen oder einer
falschen GuVRechnung
Abgabe falscher Einkommensteuererklärung
Abgabe falscher Umsatzsteuervoranmel
dungen
Vorlage unrichtiger Unterlagen an Betriebs
prüfer (siehe Präz. 1.)
Abgabe falsch ausgefüllter gesonderter
Anlagen zu Steuererklärungen
Abgabe falscher Spendenbescheinigungen
beim Finanzamt
Absprache über Schwarzgeschäfte
Präzisierungen: 1. Werden einem Betriebsprüfer zur Täuschung unrichtige Unterlagen
vorgelegt, liegt schon zu diesem Zeitpunkt Versuch vor: der Täter muss ab diesem Zeit
punkt von sich aus keine weiteren Maßnahmen mehr treffen, damit die Steuer zu seinen
Gunsten unrichtig festgestellt werden kann. Zur Möglichkeit des Rücktritts vgl. Nr. 8541
ff.
2. Die Rechtsprechung stellt bei der Abgrenzung bloßer Vorbereitungsmaßnahmen zum
unmittelbaren Ansetzen auf den Zeitpunkt der Vornahme der unzutreffenden Angaben
ab. Diese Schwelle ist nach herrschender Auffassung nicht erst mit Kenntnis der Vertre
ter der Finanzbehörden, sondern bereits mit der Aufgabe der falschen Erklärungen zur
Post überschritten, weil der Täter in der Regel dann deren Zugang nicht mehr verhindern
kann.
8532
Wird der Tatbestand der Steuerhinterziehung durch Unterlassen begangen, so
§ 370 Abs. liegt Versuch erst dann vor, wenn sich die Tat ohne Zutun des Steuerpflichtigen
1 Nr. 2 AO (Vornahme der gebotenen Handlung) von alleine verwirklicht. Dieser Zeitpunkt
deckt sich in der Regel mit der Abgabefrist der gesetzlich vorgeschriebenen Erklä
rungen. Zu berücksichtigen ist aber die Möglichkeit, von Fristverlängerungen
Gebrauch zu machen. Die Abgabefrist für Einkommensteuererklärungen kann bis
zum 28.02. des übernächsten, auf den Veranlagungszeitraum folgenden Jahres,
verlängert werden. Frühestens ab diesem Zeitpunkt kann bei Unterlassungstatbe
ständen daher das unmittelbare Ansetzen zur Tat gesehen werden.
8533
Subjektives Element
Das Vorstellungsbild des Täters muss dem bei
Tatausübung bzw. vollendung entsprechen (Nr. 8516). Man spricht bei versuchter
Tatbegehung von „Tatentschluss“; den Versuch einer Steuerhinterziehung kann
nur derjenige begehen, der vorsätzlich handelt (Nr. 8517).
Strafsachen und Ordnungswidrigkeiten 1251
3. Rückgängigmachung
Es gibt Möglichkeiten der nachträglichen Rückgängigmachung einer Steuerstraftat 8535
zur Vermeidung einer Bestrafung, namentlich durch Rücktritt und Selbstanzeige. § 371 AO
Diese Möglichkeiten bestehen jeweils nur bis zu einem bestimmten zeitlichen
Stadium der Tat (Nr. 8523).
Zeitliche Stadien der Tat
Wesentlich für die Möglichkeit einer
nachträglichen Strafbefreiung ist der Zeitpunkt der Vollendung und der Beendigung
der Tat.
unmittelbares Ansetzen
Vollendung
straflos
Vorbereitungsphase
8537
Beendigung
strafbar
Versuchsphase
Realisierung/ Intensivie
rung des Schadens
Rücktritt (Nr. 8541 f.)
Selbstanzeige (Nr. 8543
ff.)
Vollendung Vollendet ist die Tat mit Eintritt des Erfolges. Besteht dieser in
einem ungerechtfertigten Steuervorteil (Nr. 8514), ist der Zeitpunkt der Erlangung
dieses Vorteils maßgebend. Bei dem Erfolgsmerkmal „Steuerverkürzung“ sind
Veranlagungs (Einkommensteuererklärung) und Fälligkeitssteuern (Lohnsteuer
anmeldung und Umsatzsteuervoranmeldung zu unterscheiden. Ab dem Zeitpunkt
der Vollendung ist kein Rücktritt mehr möglich.
Zeitpunkt der Vollendung bei Veranlagungssteuern
bei unrichtiger Angabe
mit Bekanntgabe der unrichtigen Steuerfestsetzung
mit zu niedriger Schätzung der Steuer, spätestens
bei Schätzung
im Zeitpunkt des Abschlusses von 95 % aller Ver
anlagungen der betreffenden Steuern
bei Nichtabgabe/ unterlassener
im Zeitpunkt des Abschlusses von 95 % aller Ver
Schätzung
anlagungen der betreffenden Steuern
Zeitpunkt der Vollendung bei Fälligkeitssteuern
Abgabe einer unrichtigen Steuerfest mit Eingang der unrichtigen Anmeldung (§ 168 S. 1
setzung (Schwarzbetrag)
AO)
Abgabe einer unrichtigen Steuerfest
mit Zustimmung der Finanzbehörde (§ 168 S. 2 AO)
setzung (Rotbetrag)
Nichtabgabe/ verspätete Abgabe der
mit Ablauf des gesetzlichen Fälligkeitstermins
Steueranmeldung
Beispiele: 1. Z reicht vorsätzlich keine Einkommensteuererklärung für das Jahr 2004 ein.
Eine Schätzung der Einkommensteuer erfolgt nicht. Am 1. August 2006 erreicht das zu
ständige Finanzamt einen Bearbeitungsstand von 95 % aller Einkommensteuererklärun
gen aus dem Jahr 2004. Zu diesem Zeitpunkt ist die Steuerhinterziehung des Z vollendet.
8538
1252 Strafsachen und Ordnungswidrigkeiten
2. Unternehmer U reicht am 8.8.2005 eine UmsatzsteuerVoranmeldung 07/2005 mit ei
ner Zahllast von ./. 5.000 € ein (richtig ./. 3.000 €). Das Finanzamt stimmt der Voranmel
dung am 20.8.2005 zu. Da die Zustimmung des Finanzamtes gesetzlich festgeschrieben
ist, ist die Steuerhinterziehung erst mit dieser am 20.8.2005 vollendet.
8539
Beendigung Beendet ist die Tat einerseits, wenn alle Vorteile aus ihr gesi
chert sind, mit anderen Worten die Tat nicht mehr entdeckt werden kann. Beendi
gung tritt andererseits auch ein, wenn die Tat aufgedeckt, d.h. sobald gegen den
Steuerpflichtigen ermittelt wird (Nr. 8575). Nach Beendigung ist nicht nur kein
Rücktritt, sondern auch keine Selbstanzeige mehr möglich.
8540
Rücktritt
Bis zur Tatvollendung kann der Täter von der Tat zurücktreten
§ 24 Abs. 1 und damit straffrei bleiben, indem er die weiteren Tatausführungen aufgibt oder
S. 1 StGB deren Vollendung verhindert.
Beispiel (im Anschluss an Nr. 8537): Der Ehemann hat – wie geplant – die Mieteinnah
men aus Österreich nicht angegeben. Drei Monate nach Abgabe der Steuererklärung be
sinnt sich M und erklärt nachträglich die ausländischen Mieteinkünfte. Er schickt die ent
sprechenden Unterlagen an das Finanzamt. Das Schreiben überschneidet sich mit dem
Einkommensteuerbescheid, welcher ein Tag nach Absendung der nachgereichten Erklä
rungen des M diesem zugeht.
Die Vollendung der Tat wäre mit Bekanntgabe der unrichtigen Steuerfestsetzung, also
mit Zustellung des unrichtigen Steuerbescheides vollendet gewesen. Einen Tag vorher
konnte M noch zurücktreten, indem er seine Angaben korrigiert hat. Zwar konnte M die
Vollendung der Tat nicht mehr verhindern, da ihm der Einkommensteuerbescheid ein Tag
später bekannt gemacht wurde; er hat aber durch die Korrektur noch rechtzeitig die wei
tere Tatausführung aufgegeben und dies nach Außen hin dokumentiert.
8542
Wird die Tat ohne Zutun des Steuerpflichtigen nicht vollendet, so bleibt dieser
§ 24 Abs. 1 trotzdem straffrei, wenn er sich freiwillig und ernsthaft bemüht, die Vollendung zu
S. 2 StGB verhindern.
Beispiel: Im oben behandelten Beispielsfall hat nun das Finanzamt von den Mieteinnah
men erfahren, weil der Mieter Kosten einer doppelten Haushaltsführung geltend ge
macht und dabei Zweitwohnort in Österreich sowie den an M entrichteten Mietzins an
gegeben hat. Der Finanzbeamte hat den fast fertigen Steuerbescheid nicht weiter bear
beitet, die Angelegenheit aber auch noch nicht an die Straf und Bußgeldstelle weiterge
leitet, als er die zusätzlichen Unterlagen von M erhält. Die Vollendung ist hier ohne Zutun
des M ausgeblieben. Er ist gleichwohl von der Tat zurückgetreten, weil er freiwillig (M
wusste nichts von den Informationen des Finanzamtes) und ernsthaft bemüht war, die
Vollendung der Tat zu verhindern.
8543
§ 371 AO
Selbstanzeige
Zwischen Vollendung und Beendigung der Steuerhinter
ziehung (Nr. 8523) kann durch eine Selbstanzeige Straffreiheit erlangt werden.
Inhalt der Selbstanzeige ist die:
Berichtigung unrichtiger Angaben
Ergänzung unvollständiger Angaben
Nachholung unterlassener Angaben
8544
Form
Die Selbstanzeige bedarf keiner bestimmten Form. Sie kann schriftlich
oder (fern)mündlich durch den Steuerpflichtigen selbst oder dessen Bevollmächtig
ten abgegeben und muss nicht als solche bezeichnet werden.
Die Einreichung einer Steuererklärung ist eine Selbstanzeige, wenn die Steuer
pflicht als solche der Steuerbehörde nicht bekannt war. Waren unrichtige Erklärun
gen schon abgegeben, muss die Absicht, zu berichtigen, erkennbar sein.
Die Umsatzsteuerjahreserklärung gilt als wirksame Selbstanzeige für einzelne
Voranmeldungszeiträume (OLG Hamburg BB 2004, 1779).
Strafsachen und Ordnungswidrigkeiten 1253
Präzisierungen: 1. Bei Selbstanzeige in Form einer Umsatzsteuerjahresanmeldung für
unrichtige Umsatzsteuervoranmeldungen des Jahres ist eine Aufgliederung der Umsätze
nach Monaten oder Kalendervierteljahren nicht erforderlich.
2. Die Abgabe einer richtigen ESt- bzw. KSt-Erklärung ist eine Selbstanzeige im Hin
blick auf einen unrichtigen Antrag auf Herabsetzung der ESt bzw. KStVorauszahlungen.
Inhalt Die Selbstanzeige muss alle Informationen enthalten, die für eine Rich 8545
tigstellung erforderlich sind. Der bloße Hinweis auf Unrichtigkeit oder Unvollstän § 371 AO
digkeit genügt nicht. Die zutreffende Festsetzung der Steuer muss dem Finanzamt
ohne größere Nachforschung möglich sein (Grundsatz der Materiallieferung).
Kann der Steuerpflichtige keine genauen Zahlen angeben, genügt ein Schätzungs
vorschlag, der sämtliche für eine Schätzung erforderlichen Grundlagen enthält.
Straffreiheit tritt nicht ein, wenn die Angaben so lückenhaft sind, dass die Finanz
behörde in vollem Umfang schätzen muss.
Präzisierung: Eine Fehlschätzung von bis zu 10 % ist für die strafbefreiende Wirkung der
Selbstanzeige unschädlich.
Anmerkung: Genügt die Erklärung den inhaltlichen Anforderungen einer Selbstanzeige
nicht, so kann in der Erklärung gleichwohl die Ankündigung einer Selbstanzeige liegen,
die (im Zusammenhang mit weiteren Angaben) als „Selbstanzeige dem Grunde nach“
angesehen werden kann. Dabei liegen mehrere Erklärungen oder Anzeigen vor, die stu
fenweise dem gesetzlichen Erfordernis (§ 371 Abs. 1 AO) gerecht werden.
Hier könnte die Finanzverwaltung nach der ersten Erklärung ohne weiteres einen Aus
schlussgrund der Selbstanzeige dadurch verwirklichen, dass sie eine Außenprüfung an
ordnet und durchführt (vgl. unten Nr. 8547, § 371 Abs. 2 Nr. 1 a AO). In der Praxis verhält
sich die Finanzverwaltung aber großzügig. Sie lässt in der Regel dem Betroffenen ausrei
chend Zeit, seine Angaben zu ergänzen und so die Wirkung der Straffreiheit zu erhalten.
Zu einer Selbstanzeige „dem Grunde nach“ sollte also jeder Steuersünder greifen, der zu
präzisen Angaben noch nicht in der Lage ist, etwa weil er unter Zeitdruck reagieren
muss.
Zeitpunkt
Die Selbstanzeige verliert ihre strafbefreiende Wirkung, wenn einer
der so genannten Sperrgründe eingetreten ist:
a. Erscheinen eines Amtsträgers der Finanzbehörde beim Steuerpflichtigen:
Der Amtsträger (Betriebsprüfer oder Steuerfahnder) ist zur steuerlichen Prüfung
oder zur Ermittlung einer Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit erschienen,
sobald er das Grundstück mit den Betriebs oder Wohnräumen eines Steuerpflich
tigen oder seines Bevollmächtigten in der Absicht betreten hat, die steuerlichen
Verhältnisse zu prüfen oder den Verdacht einer Zuwiderhandlung gegen Steuerge
setze aufzuklären. Bei einer Betriebsprüfung (Außenprüfung) kann also noch bis
zum Erscheinen des Prüfers eine Selbstanzeige erstattet werden. Der Umfang
der Sperrwirkung richtet sich nach dem Inhalt der Prüfungsanordnung (Adressat,
Steuerarten, Sachverhalte, Prüfungszeiträume). Selbstanzeigen für Steuerarten
und Besteuerungszeiträume außerhalb der Prüfungsanordnung können auch noch
nach Erscheinen des Prüfers wirksam erstattet werden. Bei straf und bußgeld
rechtlichen Ermittlungen richtet sich die Sperrwirkung nach dem Umfang des
Auftrags zur Ermittlung des Einzelsachverhalts.
b. Bekanntgabe der Einleitung des Straf- oder Bußgeldverfahrens: Sie kann
schriftlich oder mündlich geschehen. Die Sperrwirkung erstreckt sich dabei nur auf
den Beschuldigten und nur auf die Steuerarten und Steuerabschnitte, welche vom
Verfahren erfasst werden.
c. Entdeckung der Tat: Dieser Ausschließungsgrund hat zwei Voraussetzungen:
Die Tat muss im Zeitpunkt des Eingangs der berichtigten Steuererklärung ganz
oder zum Teil entdeckt sein (objektives Element), und der Täter muss die Entde
8546
8547
§ 370 Abs.
2 Nr. 1 a
AO
8548
§ 370 Abs.
2 Nr. 1 b
AO
8549
§ 370 Abs.
2 Nr. 2 AO
1254 Strafsachen und Ordnungswidrigkeiten
ckung kennen oder bei verständiger Würdigung der Sachlage mit ihr rechnen
(subjektives Element).
Ein – noch so schwerer – Verdacht bedeutet noch keine Entdeckung. Die Tat ist
erst entdeckt, wenn eine Angabe als schuldhaft unrichtig oder als pflichtwidrig
unterlassen erkannt ist. Dabei müssen vor allem auch Anhaltspunkte für einen
Vorsatz gegeben sein. Kontrollmitteilungen oder Feststellungen bei Geschäftspart
nern z.B. führen zur Entdeckung der Tat erst dann, wenn die Überprüfung der
Steuerakte die Annahme des Verschuldens vorläufig rechtfertigt.
8550
Wiedergutmachung
Die strafbefreiende Wirkung der Selbstanzeige tritt
§ 370 Abs. nur ein, wenn die hinterzogenen Steuern innerhalb der von der Steuerbehörde
bestimmten angemessenen Frist entrichtet werden. Die Frist kann auf Antrag
3 AO
verlängert werden.
Die Nachentrichtung kann durch Zahlung oder Aufrechnung (etwa mit einem
Umsatzsteuerguthaben) bewirkt werden. Wirtschaftliche Leistungsunfähigkeit
entlastet den Steuerpflichtigen nicht. Ist er nicht in der Lage den gesamten ge
schuldeten Betrag innerhalb der gesetzten Frist aufzubringen, so tritt Straffreiheit
nur hinsichtlich des nachentrichteten Teils ein. Die Angemessenheit der vom Fi
nanzamt gesetzten Frist überprüft das Strafgericht.
Anmerkung: Kann die Selbstanzeige nicht die gewünschte strafbefreiende Wirkung ent
falten (etwa weil die Nachentrichtung nicht fristgerecht erfolgt), so wird sie gleichwohl
im Rahmen der allgemeinen Strafzumessungsgesichtspunkte (§ 46 StGB) berücksichtigt.
4. Besondere Schwere
8553
Das Gesetz hebt bestimmte Begehungsformen der Steuerhinterziehung heraus
und knüpft an sie besondere Folgen.
Zu unterscheiden sind bestimmte Regelfälle, die eine höhere Strafandrohung an
bestimmte persönliche Täter oder Tatmerkmale knüpfen von einer besonders
schweren Form der Tatausübung.
8554
Besondere Täter- und Tatmerkmale
Das Gesetz gibt Regel
§ 370 Abs. fälle vor. Dies bedeutet, dass die Aufzählung der Merkmale, die zu einer höheren
Strafe führen, nicht abschließend ist und für den Tatrichter nur als Anhaltspunkt
3 AO
dient. Ein besonders schwerer Fall liegt nach dem Gesetzeswortlaut vor (§ 370
Abs. 3 AO), wenn der Täter
– aus groben Eigennutz in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte
Steuervorteile erlangt
– seine Befugnisse oder seine Amtsstellung missbraucht
– die Mithilfe eines Amtsträgers ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung miss
braucht
– unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt
oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt
8555
Besonders schwere Form der Tatausübung
Für eine be
§ 370 a AO sondere Organisationsform der Steuerhinterziehung, nämlich die gewerbs und
bandenmäßige Steuerhinterziehung, hat der Gesetzgeber einen eigenen Tatbe
stand geschaffen.