Einkünfte aus nicht- selbständiger Tätigkeit
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Einkünfte aus nicht- selbständiger Tätigkeit
Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit 2150 ÜBERSICHT I. Anwendungsbereich ......... 1. Vorliegen eines Dienst verhältnisses ....................... 2. Sonderfälle .......................... II. Einnahmen ......................... 1. Geldleistungen .................... a. Abfindungen ........................ b. Zukunftssicherung des Arbeitnehmers .................... c. Versorgungsbezüge ............ d. Zuschläge für Nacht, Sonn und Feiertagsarbeit ... e. Werbungskostenersatz ....... 2. Sachbezüge ......................... a. Kraftfahrzeugüberlassung ... b. Andere Sachbezüge ............ III. Werbungskosten .............. 1. ArbeitnehmerPausch betrag .................................. 2. Tatsächliche Werbungs kosten ................................. a. Fahrten zwischen Woh nung und Arbeitsstätte ........ b. Reisekosten ........................ c. Häusliches Arbeitszimmer .. d. Doppelte Haushalts führung ................................ e. Einsatzwechseltätigkeit und Fahrtätigkeit ................. 2152 2155 2170 2190 2200 2201 2220 2230 2236 2240 2243 2250 2265 2310 2320 2322 2325 2340 2360 2380 2390 f. Arbeitsmittel ....................... g. Sonstige Werbungskosten .. IV. Lohnsteuerabzug ............. A. Besteuerung nach persön lichen Verhältnissen ............ 1. Lohnsteuerkarte .................. 2. Ermittlung des Abzugs betrags ................................ a. Steuerklassen ..................... b. Steuerfreibeträge ................ c. Sonstige Bezüge ................. d. Nettolohnvereinbarung ....... 3. Steuerabzug ohne Lohnsteuerkarte .................. B. Pauschale Besteuerung ...... C. Zusätzliche Einkommens teuerveranlagung ................ D. Pflichten und Haftung des Arbeitgebers ....................... 1. Anmeldung und Entrich tung der Lohnsteuer ........... 2. Lohnsteuerjahres ausgleich ............................. 3. Aufzeichnungs und Auf bewahrungspflichten .......... 4. Erstellen von Lohnsteuer bescheinigungen ................. 5. Haftung des Arbeitgebers ... 2408 2430 2450 2460 2461 2470 2475 2485 2510 2515 2520 2540 2570 2580 2585 2594 2600 2610 2620 324 Nichtselbständige Tätigkeit I. Anwendungsbereich 2152 2153 Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit erzielen ausschließlich Arbeitnehmer. Arbeitnehmer im Sinne des Einkommensteuerrechts ist jede natürliche Person, die in einem Dienstverhältnis steht oder Einkünfte aus einem Dienstverhältnis be zieht. Für die Beurteilung, ob eine Person Arbeitnehmer ist, ist das Gesamtbild des Beschäftigungsverhältnisses maßgebend. Der Arbeitnehmerbegriff des Einkom mensteuerrechts deckt sich nicht mit dem gleichen Begriff in anderen Rechtsgebie ten, insbesondere nicht mit dem des Arbeits oder Sozialversicherungsrechts. Ermittlung der Einkünfte Da die Einkünfte aus nichtselbständiger § 2 Abs. 2 Tätigkeit zu den Überschusseinkünften (Nr. 25) gehören, werden sie als Über Nr. 2 EStG; schuss der Einnahmen über die Werbungskosten ermittelt: § 19 EStG Einnahmen aus nichtselbständiger Tätigkeit (Nr. 2190 ff.) ./. Werbungskosten (Nr. 2310 ff.) = Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit Im Vergleich zu den anderen Überschusseinkünften besteht jedoch bei der Zah lung von Arbeitslohn die Besonderheit, dass die Einkommensteuer zunächst – als Quellensteuer – durch Abzug vom Arbeitslohn erhoben wird und demnach bei jeder Lohnzahlung vom Arbeitgeber an das Finanzamt abzuführen ist (Nr. 2450 ff.). Werbungskosten, die zu diesem Zeitpunkt nicht berücksichtigt werden, müssen dann im Wege der (zusätzlichen) Abgabe einer Einkommensteuererklärung für das entsprechende Kalenderjahr geltend gemacht werden (Nr. 2574 f.). 1. Vorliegen eines Dienstverhältnisses 2155 Ein Dienstverhältnis liegt vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine § 1 Abs. 2 Arbeitskraft schuldet, also wenn er entweder – in der Betätigung seines geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitge LStDV bers steht oder – verpflichtet ist im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisun gen zu folgen. Typisch für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses ist also die Weisungsgebundenheit des Arbeitnehmers. Diese kann auf einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis beruhen, wie z.B. bei Beamten, oder sie kann Ausfluss des ar beitsrechtlichen Direktionsrechts sein, das dem Arbeitgeber erlaubt, Zeit, Ort, Art und Weise der Arbeit zu bestimmen. Maßgebend dabei ist das Innenverhältnis. Anmerkung: Der Begriff Dienstverhältnis ist mit dem des Arbeitsverhältnisses gleich zusetzen (BFH BStBl. 1972 II 643). 2156 Begründung Ein Dienstverhältnis wird i.d.R. durch den Abschluss eines Arbeitsvertrags begründet. Die Form des Arbeitsvertrags ist gesetzlich nicht vor geschrieben, aus Beweisgründen ist aber die Schriftform zu empfehlen. Entschei dend für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses ist ausschließlich, ob sich aus der Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ergibt, dass der Arbeitneh mer Dienste in abhängiger Stellung erbringen soll und tatsächlich auch erbringt (BFH/NV 1996, 325). Dabei kommt es weder darauf an, unter welcher Bezeich nung der Vertrag zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer geschlossen worden ist, Nichtselbständige Tätigkeit 325 noch, ob der Vertrag zivilrechtlich unwirksam oder nichtig ist. Ein Dienstverhältnis kann – steuerlich – nicht rückwirkend begründet werden. Abgrenzung Für die Frage, ob tatsächlich ein Dienstverhältnis gegeben ist, muss auf das Gesamtbild der Verhältnisse abgestellt werden (grundlegend BFH BStBl. 1985 II 661). Dies bedeutet, dass die für und gegen ein Dienstverhält nis sprechenden Merkmale gegeneinander abzuwägen sind. Maßgebend dabei ist auch der Parteiwille, der als Indiz für oder gegen das Bestehen eines bestimmten Rechtsverhältnisses herangezogen werden kann, sofern es ernsthaft gewollt und tatsächlich durchgeführt worden ist. Für eine Arbeitnehmereigenschaft können insbesondere die folgenden Merkmale sprechen (BFH BStBl. 1985 II 661): 2157 – persönliche Abhängigkeit, – Weisungsgebundenheit hinsichtlich Ort, Zeit und Inhalt der Tätigkeit, – feste Arbeitszeiten, – Ausübung der Tätigkeit gleichbleibend an einem bestimmten Ort, – feste Bezüge, – Urlaubsanspruch, – Anspruch auf sonstige Sozialleistungen, – Fortzahlung der Bezüge im Krankheitsfall, – Überstundenvergütung, – zeitlicher Umfang der Dienstleistungen, – Unselbständigkeit in Organisation und Durchführung der Tätigkeit, – kein Unternehmerrisiko, – keine Unternehmerinitiative, – kein Kapitaleinsatz, – keine Pflicht zur Beschaffung von Arbeitsmitteln, – Notwendigkeit der engen ständigen Zusammenarbeit mit anderen Mitarbeitern, – Eingliederung in den Betrieb, – Schulden der Arbeitskraft und nicht eines Arbeitserfolgs, – Ausführung von einfachen Tätigkeiten, bei denen eine Weisungsabhängigkeit die Regel ist. Anmerkung: Auch für die Abgrenzung Arbeitnehmer – Subunternehmer muss auf die Ausgestaltung der Rechtsbeziehungen (Weisungsgebundenheit, Eingliederung usw.) zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer (bzw. Arbeitgeber und Arbeitnehmer) abge stellt werden (BFH BStBl. 1991 II 409). Künstler und verwandte Berufe Insbesondere bei darstellenden Künst lern und bei verwandten Berufen bestehen oftmals Schwierigkeiten bei der Beur teilung, ob eine selbständige oder nichtselbständige Tätigkeit vorliegt. Daher hat das BMF einige Grundsätze entwickelt, die im Folgenden erläutert werden (BMF vom 5.10.1990, BStBl. 1990 I 638). Dabei muss nach der Art der Tätigkeit unter schieden werden. 2158 Anmerkung: Wiederholungshonorare bei Künstlern und ähnlichen Berufen sind der Einkunftsart zuzuordnen, zu welcher das Ersthonorar zu rechnen war (BMF vom 5.10.1990, BStBl. 1990 I 638, Tz. 1.5). Nach Ansicht des BFH sind Wiederholungs honorare dann als Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit zu behandeln, wenn die Leis tungsschutzrechte des Arbeitnehmers nicht bereits aufgrund des Arbeitsvertrags auf den Arbeitgeber übergegangen und die Höhe der jeweiligen Vergütungen in gesonderten Vereinbarungen festgelegt worden ist (BFH BStBl. 1995 II 471). a. Tätigkeit bei Theaterunternehmen: Besteht eine Spielzeitverpflichtung, so liegt grundsätzlich eine nichtselbständige Tätigkeit vor, da eine Eingliederung in den Theaterbetrieb gegeben ist. Unerheblich dabei ist, ob gleichzeitig eine Gast spielverpflichtung bei einem anderen Unternehmen eingegangen wurde. 2159 326 Nichtselbständige Tätigkeit 2160 2161 Besteht dagegen nur eine Gastspielverpflichtung, so kommt es darauf an, ob das Gastspieltheater während der Dauer des Vertrags im Wesentlichen über die Arbeitskraft des Künstlers verfügt, was vom Maß der Einbindung in den Theater betrieb abhängt, z.B. ob ein Künstler allein oder in einer Gruppe auftritt. b. Tätigkeit bei Kulturorchestern: Sämtliche gastspielverpflichteten Künstler sind stets ohne Rücksicht auf Anzahl und Art der Aufführungen selbständig tätig. c. Tätigkeit bei Hörfunk und Fernsehen: Freie Mitarbeiter, die i.d.R. aufgrund von Honorarverträgen tätig werden, gelten regelmäßig als Arbeitnehmer. Ausnahmen bestehen nur für die in dem genannten BMFSchreiben (BMF vom 5.10.1990, BStBl. 1990 I 638, Tz. 1.3.2) genau bezeichneten Personen. Soweit sie nur für einzelne Produktionen tätig werden, sind diese selbständig tätig. Präzisierungen: 1. Grundsätzlich muss immer nach den Verhältnissen im Einzelfall ent schieden werden. 2. Im BMFSchreiben genannt sind: Architekten, Arrangeure, Artisten, Autoren, Bericht erstatter, Bildhauer, Bühnenbildner, Choreographen, Chorleiter, Darsteller, Dirigenten, Diskussionsleiter, Dolmetscher, Fachberater, Fotografen, Gesprächsteilnehmer, Grafiker, Interviewpartner, Journalisten, Kommentatoren, Komponisten, Korrespondenten, Kos tümbildner, Kunstmaler, Lektoren, Moderatoren, musikalische Leiter, Quizmaster, Reali satoren, Regisseure, Solisten (Gesang, Musik, Tanz), Schriftsteller, Übersetzer. 2162 d. Tätigkeit bei Film- und Fernsehproduzenten einschließlich Synchronisierung: Bei Filmautoren, Filmkomponisten und Fachberatern liegt mangels Einglie derung in den Organismus des Unternehmens in der Regel eine selbständige Tätigkeit vor. Ebenso bei Synchronsprechern und regisseuren. Dagegen sind Schauspieler, Regisseure, Kameraleute, Regieassistenten und sonstige Mitarbeiter im Allgemeinen Arbeitnehmer. 2163 Scheinselbständige Die sozialversicherungsrechtliche Behandlung eines Beschäftigten gilt für seine steuerliche Einordnung als Arbeitnehmer oder Unter nehmer nicht, sie kann allenfalls ein Indiz dafür sein. Deshalb kommt es nicht auf die wirtschaftliche und persönliche Abhängigkeit des Beschäftigten an (wie im Sozialversicherungsrecht verlangt), sondern auf sein Auftreten am Markt. Auch hierbei ist das Gesamtbild der Verhältnisse entscheidend. Selbständig i.S.d. Steuerrechts ist derjenige, der Unternehmerinitiative entfalten kann und Unternehmerrisiko trägt, d.h. er kann unter eigener Verantwortung mit eigener Arbeits und Zeiteinteilung und auf eigene Gefahr, in eigenen Räumen sowie für mehrere Auftraggeber tätig sein. Dies wäre auch dann der Fall, wenn jemand Lieferungen oder sonstige Leistungen innerhalb der von ihm selbständig ausgeübten gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit gegen Entgelt ausführt, so weit es sich um die Entgelte für diese Lieferungen oder sonstigen Leistungen handelt (§ 1 Abs. 3 LStDV). Anmerkung: Ist nicht eindeutig, ob eine selbständige oder eine Arbeitnehmertätigkeit ausgeübt wird, kann der Beschäftigte eine Anrufungsauskunft bei seinem Wohnsitzfi nanzamt einholen, die sich sowohl auf die umsatzsteuerliche, als auch auf die einkom mensteuerliche Beurteilung beziehen kann. 2165 Nebentätigkeiten Die Beurteilung, ob eine Nebentätigkeit in einem Arbeitsverhältnis oder selbständig ausgeübt wird, ist grundsätzlich nach den all gemeinen Abgrenzungskriterien (Nr. 2157) vorzunehmen, wobei die Nebentätigkeit für sich zu betrachten ist. Einnahmen aus einer Nebentätigkeit oder einer anderen gelegentlichen Tätigkeit eines Arbeitnehmers, die er für seinen Hauptarbeitgeber leistet, sind dann Arbeitslohn, wenn die Neben und Haupttätigkeit gleichartig sind und unter ähnlichen organisatorischen Bedingungen ausgeübt werden. Arbeitslohn liegt auch vor, wenn einem Arbeitnehmer aus seinem Dienstverhältnis Neben pflichten obliegen, die im Arbeitsvertrag ausdrücklich nicht vorgesehen sind, die der Arbeitgeber aber allgemein erwarten darf, selbst dann, wenn er sie besonders vergüten muss. Bei gelegentlich ehrenamtlich Tätigen ist regelmäßig ein Dienst Nichtselbständige Tätigkeit 327 verhältnis zu verneinen, wie z.B. bei Gutachtertätigkeit eines angestellten Assis tenzarztes oder bei einem Richter als Leiter einer Arbeitsgemeinschaft von Rechtsreferendaren (BFH BStBl. 1980 II 321). Präzisierung: Gelegenheitsarbeiter, die nur zu bestimmten, unter Aufsicht durchzufüh renden Arbeiten herangezogen werden, sind unabhängig von der Dauer dieser Arbeiten stets Arbeitnehmer (BFH BStBl. 1974 II 301). Lehrtätigkeit Üben Lehrkräfte im Hauptberuf eine nichtselbständige Tätigkeit aus, kann eine zusätzliche Lehrtätigkeit nur dann nebenberuflich ausgeübt wer den, wenn diese nicht zu den eigentlichen Dienstobliegenheiten des Arbeitneh mers aus dem Hauptberuf gehört. Die nebenberufliche Lehrtätigkeit wird i.d.R. als freier Beruf ausgeübt (BFH BStBl. 1959 III 193), insbesondere, wenn die neben berufliche Lehrtätigkeit nur in geringem Umfang erbracht wird. Ein geringer Umfang liegt dann vor, wenn nicht mehr als sechs Unterrichtsstunden pro Woche erteilt werden. 2166 Präzisierung: Die Nebentätigkeit von Freiberuflern als Lehrbeauftragte an Hochschulen ist als selbständige Tätigkeit anzusehen (BFH BStBl. 1985 II 51). 2. Sonderfälle Grundsätzlich werden Arbeitsverträge, die zivilrechtlich wirksam geschlossen wor den sind, auch steuerlich anerkannt. Besteht jedoch zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine persönliche Beziehung, so werden an die steuerliche Anerken nung erhöhte Anforderungen gestellt, um etwaige Gestaltungen, die eine Steuer umgehung zur Folge hätten, zu vermeiden. 2170 Nahe Angehörige 2171 Gesellschafter 2172 Dienstverhältnisse zwischen nahe stehenden Perso nen, wie etwa Ehegatten, Kinder, Geschwister, werden steuerrechtlich nur aner kannt, wenn sie ernsthaft vereinbart und entsprechend der Vereinbarung auch tatsächlich durchgeführt werden (BFH/NV 1999, 1457). Zu den Voraussetzungen im Einzelnen siehe Nr. 1160 ff. Kapitalgesellschaft Kapitalgesellschaften können als juristische Personen mit ihren Gesellschaftern alle Arten von Verträgen – darun ter auch Arbeitsverträge – schließen, die grundsätzlich auch steuerlich anzuerken nen sind. Gesellschafter können daher aber auch als freie Mitarbeiter für die Kapi talgesellschaft tätig werden, und zwar auch dann, wenn der Gesellschafter zum Organ der Gesellschaft wird (BFH, DB 2005, 1311). Zur Bestimmung, welches Verhältnis zwischen Gesellschaft und Geschäftsführer vorliegt, sind die allgemei nen Abgrenzungskriterien (Nr. 2157) heranzuziehen. Wird ein beherrschender Gesellschafter (Nr. 4037 f.), insbesondere als Ge schäftsführer, angestellt, so muss der Arbeitsvertrag zwischen Gesellschaft und Gesellschafter bestimmte Voraussetzungen erfüllen, um auch steuerlich wirksam zu sein. Insbesondere ist zu prüfen, ob ein wirksames Arbeitsverhältnis zwischen Gesellschaft und Gesellschafter begründet worden ist und ob die Vergütung des Geschäftsführers angemessen und üblich ist. Ist dies nicht der Fall, sind die lau fenden Zahlungen als verdeckte Gewinnausschüttung zu qualifizieren. a. Vertrag: Bei einem Gesellschafter besteht grundsätzlich keine Vermutung, dass er als Arbeitnehmer für die Gesellschaft tätig ist. Eine Anstellung muss daher durch Abschluss eines – zivilrechtlich wirksamen – Anstellungsvertrags durch die Gesellschaft nachgewiesen werden. Eine schriftliche Vereinbarung ist zwar nicht zwingend vorgeschrieben, jedoch aus Beweisgründen dringend zu empfehlen. 2173 328 Nichtselbständige Tätigkeit 2174 2175 Vereinbarungen im Vertrag, wie beispielsweise die Zahlung von Arbeitslohn, müs sen im Vorhinein klar und eindeutig getroffen werden (Nr. 4040 ff.). b. Angemessenheit der Vergütung: Die Bezüge des Gesellschafters sind nur in der Höhe als Arbeitslohn anzuerkennen (und damit als Betriebsausgabe abzuset zen), in der sie als angemessen beurteilt werden können. In Höhe des unange messenen Teils liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung vor. Für die steuerliche Anerkennung ist daher zunächst zu prüfen, ob alle vereinbarten Vergütungs bestandteile dem Grunde nach anzuerkennen sind, und anschließend, ob sie auch der Höhe nach angemessen sind (zu Bezügen allgemein Nr. 4092 ff.; zu Pensions zusagen Nr. 4102 ff.; zu Tantiemevereinbarungen Nr. 4115 ff.; zu Überstunden vergütungen Nr. 4125). c. Üblichkeit: Die Üblichkeit einer Geschäftsführervergütung wird dann verneint, wenn die Bezüge zwar der Höhe nach angemessen sind, gleichartige vertragliche Verpflichtungen einem Dritten (zu dessen Lasten) gegenüber aber nicht begründet worden wären (BFH BStBl. 1993 II 311). Dies ist z.B. dann der Fall, wenn dem GesellschafterGeschäftsführer für seine Geschäftsführertätigkeit lediglich die künftige Zahlung einer Pension zugesagt wird (BFH BStBl. 1996 II 204). Präzisierung: Eine vGA liegt ebenfalls in vollem Umfang vor, wenn der Gesellschafter Geschäftsführer wegen der verschlechterten wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft – auf sein Festgehalt verzichtet, nicht aber auf die Tantieme, und die dadurch entstande ne NurTantieme (Nr. 4120) weder zeitlich noch betragsmäßig begrenzt ist (BFH/NV 2001, 1086) und – zeitweise auf seine monatlichen Bezüge verzichtet, da der Vereinbarung dann die Ernsthaftigkeit fehlt (BFH/NV 1995, 164). Anmerkung: Wird die Geschäftsführertätigkeit von einer Person ausgeübt, die keine An teile an der GmbH hält, spricht man von einem Fremdgeschäftsführer. Dessen Bezüge sind in voller Höhe regelmäßig als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu qualifizie ren. Ein Verzicht auf künftige oder zurückliegende Bezüge ist bei einem Fremdgeschäfts führer für die steuerliche Anerkennung eines Arbeitsverhältnisses unerheblich. 2177 2178 2179 2180 Personengesellschaft Auch Personengesellschaften können mit ihren Gesellschaftern zivilrechtlich wirksame Arbeitsverträge abschließen. Steuerlich hängt aber die Qualifizierung der Einkünfte des Gesellschafters aus solchen Ar beitsverträgen von der Tätigkeit der Personengesellschaft ab. 1. Gewerbliche Tätigkeit: In diesem Fall liegt eine Mitunternehmerschaft (Nr. 4312 ff.) vor. Vergütungen, die an den Gesellschafter für eine Tätigkeit im Dienste der Gesell schaft gezahlt werden, sind Teil des gewerblichen Gewinns der Personengesellschaft und stellen beim Gesellschafter Einkünfte aus Gewerbebetrieb dar. 2. Selbständige Tätigkeit: Auch hier gehören die aufgrund eines Arbeitsvertrags an den Gesellschafter gezahlten Vergütungen zum Gewinn der Gesellschaft. Beim Gesellschafter stellen sie demnach keine Lohneinkünfte dar, sondern ebenfalls Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit (18 Abs. 4 EStG i.V.m. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG; Nr. 4379). 3. Vermögensverwaltende Tätigkeit: Erzielt die Personengesellschaft Einkünfte aus Kapitalvermögen, aus Vermietung und Verpachtung oder sonstige Einkünfte (Nr. 4380 ff.), so stellen Vergütungen, die im Rahmen eines Arbeitsvertrags an den Gesellschafter gezahlt werden, bei diesem Einkünfte aus nichtselbständiger Tätig keit dar, die bei der Gesellschaft als Werbungskosten angesetzt werden können. Nichtselbständige Tätigkeit 329 II. Einnahmen Zu den Einnahmen aus nichtselbständiger Tätigkeit gehört der Arbeitslohn. Dieser ist grundsätzlich im Wege des Lohnsteuerabzugsverfahrens (Nr. 2450 ff.) zu be steuern. 2190 Arbeitslohn Darunter sind alle Vorteile zu verstehen, die dem Arbeitneh 2191 mer unter Berücksichtigung seines Dienstverhältnisses eingeräumt werden und § 2 Abs. 1 die sich im weitesten Sinne als Gegenleistung für die zur Verfügungstellung sei LStDV ner Arbeitskraft erweisen (BFH BStBl. 1988 II 726). Dabei ist es grundsätzlich unerheblich, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form – als Geldleistung oder Sachbezüge – diese Vorteile dem Arbeitnehmer zufließen, und auch, ob es sich um laufende oder einmalige Leistungen handelt. Eine Reihe von Leistungen, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer gewährt, sind allerdings – per Gesetz – steuerfrei oder nicht steuerbar (siehe Übersicht unter Nr. 2194): Arbeitslohn steuerpflichtig steuerfrei nicht steuerbar Von Dritten Arbeitslohn kann auch von Seiten eines Dritten gezahlt werden. Voraussetzung ist lediglich, dass er aufgrund der Dienstleistung des Arbeitneh mers für den Arbeitgeber gezahlt wird und nicht durch besondere Rechtsbezie hungen zu dem Dritten veranlasst ist (BFH BStBl. 1987 II 822). Solche Zuwendun gen sind dann Ausfluss der Tätigkeit, wenn z.B. – der Arbeitnehmer unentgeltlich oder verbilligt an einer Reise teilnehmen kann, die ein Geschäftspartner seines Arbeitgebers veranstaltet (BFH BStBl. 1996 II 545); – er Preisvorteile bei der Nutzung oder beim Erwerb von Waren erhält und der Arbeitgeber an der Verschaffung dieser Preisvorteile qualifiziert mitgewirkt hat; – der Arbeitnehmer Entschädigungszahlungen der Urlaubs und Lohnausgleichs kasse der Bauwirtschaft für verfallene Urlaubsansprüche erhält (BFH BStBl. 2003 II 496). Steuerfreie Leistungen Bestimmte Geldleistungen und Sachbezüge, die der Arbeitnehmer im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis erhält, sind – ggf. bis zu bestimmten Grenzen – steuerfrei oder nicht steuerbar, da ihnen der Entlohnungscharakter fehlt. Dies ist insbesondere der Fall bei Vorteilen, die im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers gewährt werden. Präzisierung: Vorteile im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeit gebers liegen vor, wenn sich aus den Begleitumständen wie Anlass, Art und Höhe des Vorteils, Auswahl der Begünstigten, freie oder nur gebundene Verfügbarkeit, Freiwillig keit oder Zwang zur Annahme des Vorteils und seiner besonderen Geeignetheit für den jeweiligen verfolgten betrieblichen Zweck ergibt, dass diese Zielsetzung ganz im Vorder grund steht und ein damit einhergehendes eigenes Interesse des Arbeitnehmers, den betreffenden Vorteil zu erlangen, deshalb vernachlässigt werden kann. Dazu gehört bei spielsweise die Übernahme von Führerscheinkosten durch den Dienstherrn im Rahmen der Ausbildung im Polizeivollzugsdienst (BFH BStBl. 2003 II 886). 2192 2193 § 3 EStG 330 Nichtselbständige Tätigkeit 2194 Übersicht Eine Übersicht über die wichtigsten steuerfreien Leistungen mit den Verweisen auf die entsprechenden Textstellen enthält nachfolgende Tabelle: Art der Leistung Grundlage Abfindungen: bis zu bestimmten Höchstbeträgen in Abhängigkeit vom Alter des Arbeitnehmers und seiner 2) Betriebszugehörigkeit Altersteilzeit: Aufstockungsbeträge zum Altersteilzeit arbeitsentgelt, Beträge zur Rentenversicherung und die 1) Arbeitgeberzuschüsse der BfA 1) Arbeitslosengeld Aufmerksamkeiten bis 40 € Aufwandsentschädigungen an Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher, Betreuer oder vergleichbare Tätigkeiten Aus übende, für künstlerische Tätigkeiten und Pfleger von alten, kranken oder behinderten Menschen, soweit diese Tätigkeiten nebenberuflich ausgeübt werden, bis zu einem Betrag von 1.848 € Auslagenersatz und durchlaufende Gelder Auslandstätigkeit/Kraftausgleich: – Bezüge von Arbeitnehmern, die für eine inländische juristische Person tätig sind, – Arbeitslohn, der an unbeschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer eines inländischen Arbeitgebers für im Ausland ausgeübte Tätigkeiten gezahlt wird Beihilfen und Unterstützungen bis zu 600 €/Jahr oder mehr, wenn sie aus Anlass eines besonderen Notfalls gewährt werden, wie etwa einer Hochwasserka tastrophe Bergmannsprämien nach dem Gesetz über Bergmannsprämien Berufskleidung: verbilligt oder unentgeltlich überlassen Betriebsveranstaltungen, sofern die dafür üblichen Zuwendungen 110 € je Veranstaltung nicht übersteigen Diplomaten: Gehalt und Bezüge von – diplomatischen Vertretern ausländischer Staaten, ihnen zugewiesenen Beamten eines ausländischen Staates und ihren Bediensteten. Nicht jedoch, wenn es sich um deutsche Staatsangehörige oder im Inland ständig ansässige Personen handelt; – von Berufskonsuln, Konsulatsangehörigen und ihrem Personal, soweit sie Angehörige des Entsendestaates sind; jedoch nicht für Einnahmen außerhalb dieses Dienstes Doppelte Haushaltsführung: in Höhe der Kosten, die der Arbeitnehmer auch als Werbungskosten geltend machen könnte Ehrenbezüge/sold 1) Eingliederungshilfe Erziehungsgeld Existenzgründungszuschuss § 3 Nr. 9 EStG Verweis Nr. 2201 ff. § 3 Nr. 28 EStG § 3 Nr. 2, Nr. 2 a EStG Abschn. 73 LStR Nr. 2265 § 3 Nr. 26 EStG § 3 Nr. 50 EStG § 3 Nr. 64 EStG; Art. 15 OECD MA Nr. 2195 ff. Nr. 8730 ff. Abschn. 11 Abs. 2 LStR § 3 Nr. 46 EStG § 3 Nr. 31 EStG Abschn. 72 Abs. 4 LStR Nr. 2415 Nr. 2266 § 3 Nr. 29 EStG § 3 Nr. 16 EStG § 3 Nr. 20, 22, 43 EStG § 3 Nr. 2 EStG § 3 Nr. 67 EStG § 3 Nr. 2 EStG Nr. 2380 ff. Nichtselbständige Tätigkeit 331 Art der Leistung Grundlage Fehlgeldentschädigungen, soweit sie 16 €/Monat nicht übersteigen Geschenke des Arbeitgebers bis 44 € Heimarbeit: Zuschläge bis zu 10% des Grundlohns Insolvenzgeld/Konkursausfallgeld 1) Kindergartenzuschüsse 1) Kurzarbeitergeld Leistungen aus öffentlichen Mitteln an Arbeitnehmer der Kohle und Stahlindustrie aus Anlass von Stillle gungs, Einschränkungs, Umstellungs oder Rationali sierungsmaßnahmen Leistungen nach den §§ 14 a, 14 b ArbeitsplatzschutzG Mutterschaftsgeld und Zuschüsse zum Mutterschafts 1) geld Pensionsfonds/kasse: Leistungen des Arbeitgebers bis zu einem Höchstbetrag Private Nutzung von betrieblichen Personalcomputern und Telekommunikationsgeräten Rabatte bis 1.080 €, die der Arbeitgeber gewährt Reisekostenvergütungen Sammelbeförderungen von Arbeitnehmern Soldaten: Geld und Sachbezüge und die Heilfürsorge Streikunterstützungen 1) Teilarbeitslosengeld Trennungsgelder Trinkgelder, soweit freiwillig geleistet Überbrückungsgeld 3) Übergangsgelder und Übergangsbeihilfen bis 10.800 € Umzugskosten, innerhalb der Grenzen des Bundesum zugskostengesetzes 1) Unterhaltsgeld Werkzeuggeld 1) Winterausfallgeld Zinsersparnisse, sofern die Summe der noch nicht getilgten Darlehen am Ende des Lohnzahlungszeit raums 2.600 € übersteigt Zukunftssicherungsleistungen des Arbeitgebers Zuschläge für Sonntags, Feiertags und Nachtarbeit bis zu bestimmten Höchstbeträgen 1) Zuschuss zum Arbeitsentgelt Verweis Abschn. 70 Abs. 1 Nr. 4 LStR § 8 Abs. 2 S. 9 EStG § 3 Nr. 30, 50 EStG; Abschn. 46 Abs. 2 LStR § 3 Nr. 2 EStG; Abschn. 4 Abs. 2 LStR § 3 Nr. 33 EStG § 3 Nr. 2 EStG § 3 Nr. 61 EStG § 3 Nr. 47 EStG § 3 Nr. 1 EStG § 3 Nr. 63 EStG Nr. 2220 ff. § 3 Nr. 45 EStG Nr. 2285 f. § 8 Abs. 3 EStG § 3 Nr. 16 EStG, Abschn. 16 LStR § 3 Nr. 32 EStG § 3 Nr. 5 EStG BFH, BStBl. 1991 II 337 § 3 Nr. 2 EStG § 3 Nr. 13 EStG § 3 Nr. 51 EStG § 3 Nr. 2 EStG § 3 Nr. 10 EStG § 3 Nr. 13, 16 EStG § 3 Nr. 2 EStG § 3 Nr. 30 EStG § 3 Nr. 2 EStG Nr. 2281 ff. Nr. 2340 ff. Nr. 2337 Nr. 2436 ff. Abschn. 31 Abs. 11 LStR Nr. 2268 § 3 Nr. 62 EStG Nr. 2220 ff. § 3 b EStG Nr. 2236 ff. § 3 Nr. 2 EStG 1) Diese Leistungen stehen unter Progressionsvorbehalt (Nr. 440 f.) 2) Der Freibetrag fällt zum 1.1.2006 weg. Es gilt allerdings eine Übergangsregelung (Nr. 2201). 3) Der Freibetrag fällt zum 1.1.2006 weg. Er wird aber noch gewährt bei Entlassungen bis zum 31.12.2005, wenn die Übergangsgelder/beihilfen bis zum 31.12.2007 gezahlt werden. Zudem wird der Freibetrag ebenfalls noch gewährt für Zeitsoldaten, deren Dienstverhältnis vor dem 1.1.2006 begründet wurde und die Übergangsbeihilfen bis zum 31.12.2008 gezahlt werden. 332 Nichtselbständige Tätigkeit 2195 2196 2197 § 3 Nr. 50 EStG Kostenersatz Beim Kostenersatz durch den Arbeitgeber ist zu unter scheiden zwischen a. Werbungskostenersatz: Dieser ist grundsätzlich als steuerpflichtiger Arbeits lohn zu erfassen. Im Gegenzug kann der Arbeitnehmer die Kosten als Werbungs kosten geltend machen (BFH BStBl. 1992 II 837). Für bestimmte Beträge besteht aber Steuerfreiheit (Nr. 2240 ff.). b. Auslagenersatz: Hier werden dem Arbeitnehmer lediglich die für seinen Arbeit geber getätigten Auslagen ersetzt. Dieser Auslagenersatz ist steuerfrei. Unerheb lich ist, ob der Arbeitnehmer die Aufwendungen im eigenen Namen oder im Na men des Arbeitgebers getätigt hat. Der Arbeitnehmer muss die Ausgaben aber im Einzelnen nachweisen. Dazu gehören z.B. der Ersatz von Bewirtungsaufwen dungen, die der Arbeitnehmer für Geschäftsfreunde des Arbeitgebers getätigt hat, oder der Ersatz für Kundengeschenke, die der Arbeitnehmer im Auftrag des Ar beitgebers erworben hat. Präzisierung: Bei beiden Formen des Kostenersatzes ist es unerheblich, – ob der Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch auf diese Zahlungen hat oder ob es sich um einmalige oder laufende Zahlungen handelt und – in welchem Umfang der Arbeitnehmer durch die Leistung des Arbeitgebers bereichert ist. Anmerkung: Der Unterschied zwischen Auslagenersatz und durchlaufenden Geldern besteht darin, dass durchlaufende Gelder für zukünftige Aufwendungen des Arbeitgebers verwendet werden sollen, während der Auslagenersatz gewährt wird, um – in der Ver gangenheit – bereits getätigte Aufwendungen zu ersetzen. Auch die Zahlung durchlau fender Gelder ist steuerfrei. 1. Geldleistungen 2200 § 2 LStDV Arbeitslohn, der in Form einer Geldleistung gewährt wird, ist in erster Linie der aus einem gegenwärtigen Dienstverhältnis monatlich gezahlte Betrag. Es gehören aber auch dazu – Einnahmen im Hinblick auf ein künftiges Dienstverhältnis; – Einnahmen aus einem früheren Dienstverhältnis, unabhängig davon, ob sie dem zunächst Bezugsberechtigten oder seinem Rechtsnachfolger zufließen (Nr. 2230 ff.); – Zukunftssicherungsleistungen für den Arbeitnehmer (Nr. 2220 ff.); – Entschädigungen, die dem Arbeitnehmer oder seinem Rechtsnachfolger als Ersatz für entgangenen oder entgehenden Arbeitslohn oder für die Aufgabe oder Nichtausübung einer Tätigkeit gewährt werden; – besondere Zuwendungen, die auf Grund des Dienstverhältnisses oder eines früheren Dienstverhältnisses gewährt werden, z.B. Zuschüsse im Krankheitsfall; – besondere Entlohnungen für Dienste, die über die regelmäßige Arbeitszeit hi naus geleistet werden, wie Entlohnung für Überstunden, Überschichten, Sonn tagsarbeit (Nr. 2236 ff.); – Lohnzuschläge, die wegen der Besonderheit der Arbeit gewährt werden; – Entschädigungen für Nebenämter und Nebenbeschäftigungen im Rahmen eines Dienstverhältnisses. Anmerkung: Auch bei Lohnzahlungen in einer gängigen ausländischen Währung handelt es sich um Einnahmen in Geld und nicht etwa um Sachbezüge (BFH BStBl. 2005 II 135). Nichtselbständige Tätigkeit 333 a. Abfindungen Abfindungen, die wegen einer vom Arbeitgeber veranlassten oder gerichtlich aus 2201 gesprochenen Auflösung des Dienstverhältnisses gezahlt werden, sind bis zu § 24 Nr. 1 gewissen Freibeträgen steuerfrei. Verbleibt ein diese Freibeträge übersteigender EStG Betrag, kann dieser – nach der Fünftelregelung (Nr. 448) – ermäßigt besteuert werden, wenn es sich dabei um eine Entschädigung für den Verlust des Arbeits platzes handelt. Dies gilt aber nur noch für solche Abfindungen, für die der An spruch bis zum 31.12.2005 entstanden oder zum 31.12.2005 eine Klage anhängig ist und die Zahlung bis zum 31.12.2007 erfolgt (§ 52 Abs. 4 a EStG). Für andere Abfindungen werden keine Freibeträge mehr gewährt. Sie unterliegen als außer ordentliche Einkünfte in voller Höhe der Fünftelregelung. Präzisierungen: 1. Unter den Begriff Abfindung fallen nicht Zahlungen des Arbeitgebers, mit denen bereits erdiente Ansprüche (Urlaubsgeld, Tantiemen) abgegolten werden. 2. Falls nach Abzug des entsprechenden Freibetrags der steuerpflichtige Teil der Abfin dung seiner Natur nach keine Entschädigung darstellt, ist er nicht dem ermäßigten, son dern dem normalen Steuerabzug zu unterwerfen. Auflösung des Dienstverhältnisses Die steuerlichen Freibeträge und die Fünftelregelung können nur dann in Anspruch genommen werden, wenn das Dienstverhältnis entweder durch den Arbeitgeber oder gerichtlich aufgelöst wurde. 2202 Veranlassung durch Arbeitgeber Diese liegt nur dann vor, wenn der 2203 Arbeitgeber die entscheidenden Ursachen für die Auflösung des Arbeitsverhält Abschn. 9 nisses gesetzt hat. In der Regel kann davon ausgegangen werden, dass bei Zah Abs. 2 LStR lung einer Abfindung der Arbeitgeber die Auflösung veranlasst hat (BFH BStBl. 2005 II 181). Erfolgt die Auflösung des Dienstverhältnisses in beiderseitigem Einvernehmen oder durch Kündigung des Arbeitnehmers, so kann dennoch eine durch den Arbeitgeber veranlasste Auflösung vorliegen, z.B. wenn der Arbeitgeber dem Ar beitnehmer, aufgrund der Insolvenzeröffnung des Betriebs eine Kündigung nahe legt. In den folgenden Fällen muss genau geprüft werden, ob das Dienstverhältnis wirk lich beendet wurde oder nicht: a. Änderungskündigung: Eine Änderungskündigung führt nur dann zu einer Auf 2204 lösung des Dienstverhältnisses, wenn der Arbeitnehmer sie nicht annimmt und sie deswegen zu einer Auflösungskündigung führt, mit der das Dienstverhältnis been det wird. Bei Annahme erfolgt dagegen i.d.R. eine Fortführung des Dienstverhält nisses. Anders, wenn das Dienstverhältnis – mit allen rechtlichen Folgen – tat sächlich aufgelöst wird und der Arbeitnehmer im Anschluss daran bei demselben Arbeitgeber – allerdings zu völlig anderen Bedingungen – weiterbeschäftigt wird (BFH BStBl. 1987 II 186). Nur dann kann eine steuerfreie Abfindung gezahlt wer den. b. Umsetzung innerhalb von Konzernen: Hier hängt die steuerliche Beurteilung 2205 davon ab, ob das neue Dienstverhältnis als Fortsetzung des bisherigen Dienstverhältnisses zu beurteilen ist (BFH BStBl. 1990 II 1021). Dafür sprechen vor allem – die Zusicherung einer – begrenzten oder unbegrenzten – Rückkehrmöglichkeit zum bisherigen Arbeitgeber, – die Anerkennung bisheriger Dienstzeiten durch den neuen Arbeitgeber, – die (Weiter)Geltung der Pensionsregelungen des bisherigen Arbeitgebers. Präzisierung: Ist die Umsetzung mit einer eindeutigen Verschlechterung der tatsächli chen oder vertraglichen Arbeitsbedingungen verbunden, kann eine Auflösung des Dienstverhältnisses unterstellt werden, die eine Freibetragsgewährung ermöglicht. 334 Nichtselbständige Tätigkeit Anmerkung: Im Falle einer Freistellung von der Arbeitspflicht durch den Arbeitgeber sind die fortgezahlten Bezüge nicht als Abfindung wegen Auflösung eines Dienstverhält nisses zu beurteilen (BFH BStBl. 1994 II 653). Derartige Zahlungen stellen Leistungen in Erfüllung des modifizierten Dienstverhältnisses dar. 2206 2207 2210 c. Rente/Altersteilzeit: Zahlungen, die der Arbeitgeber an den Arbeitnehmer leistet bei – Eintritt in den Ruhestand mit Vollendung des 65. Lebensjahres oder – anlässlich des Bezugs einer Erwerbs oder Berufsunfähigkeitsrente, sind keine steuerbegünstigten Entlassungsentschädigungen. Werden aber Zahlun gen anlässlich der Beendigung des Dienstverhältnisses (kurz) vor Vollendung des 65. Lebensjahres – aufgrund eines Aufhebungsvertrags – geleistet, so sind darin steuerbegünstigte Abfindungen zu sehen. Bei Altersteilzeitmodellen ist die Auflösung des Dienstverhältnisses nicht vom Arbeitgeber veranlasst, wenn die Altersteilzeit bis zum 65. Lebensjahr andauert (Abschn. 9 Abs. 2 S. 4 LStR). d. Wiedereinstellungszusage: In einer derartigen Zusage ist keine Fortsetzung des Dienstverhältnisses zu sehen. Für gezahlte Entlassungsentschädigungen wer den die Freibeträge und die ermäßigte Besteuerung daher gewährt. Es liegt aller dings keine Entlassungsabfindung vor, wenn eine Wiedereinstellungszusage als solche durch einen Geldbetrag abgefunden wird. Gerichtliche Veranlassung Hier ist unerheblich, ob die Kündigung vom Abschn. 9 Arbeitgeber oder vom Arbeitnehmer ausgegangen ist. Sofern es sich bei der ge Abs. 2 S. 2 richtlichen Entscheidung lediglich um die Bestätigung einer von einer Vertragspar LStR tei ausgesprochenen Kündigung handelt, liegt keine gerichtlich veranlasste Kündi gung vor. 2211 § 3 Nr. 9 EStG Freibeträge Die Freibeträge sind vom Alter und der Dauer der Betriebszu gehörigkeit des Arbeitnehmers abhängig und ergeben sich aus nachfolgender Tabelle: Höhe des Freibetrags 11.000 € 9.000 € 7.200 € Voraussetzungen Alter des AN Betriebszugehörigkeit mind. 55 Jahre mind. 50 Jahre mind. 20 Jahre mind. 15 Jahre keine Bei diesen Freibeträgen handelt es sich nicht um Jahresbeträge. Bei der Auflö sung mehrerer Dienstverhältnisse in demselben Jahr kann daher, wenn es sich um mehrere selbständige Arbeitsverhältnisse handelt, eine mehrfache Freibetragsge währung in Betracht kommen (BFH BStBl. 1990 II 686). Wird die Abfindung in laufenden Raten gezahlt, sind diese so lange steuerfrei, bis der jeweils zustehende Freibetrag ausgeschöpft ist. Eine Aufteilung des Freibe trags auf die Laufzeit der Raten ist nicht zulässig. 2212 Betriebszugehörigkeit Für die Betriebszugehörigkeit können unter be Abschn. 9 stimmten Umständen auch früher bei demselben Arbeitgeber verbrachte BeAbs. 4 LStR schäftigungszeiten berücksichtigt werden. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass bei der früheren Auflösung des Dienstverhältnisses keine Abfindung gezahlt wur de. Eine Berücksichtigung ist z.B. möglich, wenn – das frühere Dienstverhältnis aus vom Arbeitnehmer nicht zu vertretenden Grün den aufgelöst wurde (so z.B. im Baugewerbe, in dem Arbeitnehmer oft wegen schlechter Witterung ausgestellt werden), der Arbeitnehmer anschließend ar beitslos war und unmittelbar im Anschluss an die Arbeitslosigkeit vom selben Arbeitgeber wieder eingestellt wurde; Nichtselbständige Tätigkeit 335 – ein Arbeitnehmer bei einer Arbeitsgemeinschaft beschäftigt war; die Zeiten im Stammbetrieb und in der Arbeitsgemeinschaft werden zusammengerechnet; – auch nach anderen gesetzlichen Vorschriften (z.B. dem Kündigungsschutzgesetz) eine Zusammenrechnung erfolgt. Ermäßigte Besteuerung Mit der Ermäßigung des Steuersatzes wur 2213 de ursprünglich beabsichtigt, progressionsbedingte Härten, die sich bei der Hinzu § 34 EStG rechnung des steuerpflichtigen Teils einer Abfindung zum übrigen Einkommen eines Veranlagungszeitraums ergeben, abzumildern. Eine derartige Härte besteht jedoch nur dann, wenn ein Arbeitnehmer eine Abfindung erhält, die über sein nor males Jahreseinkommen hinausgeht und damit zu einer Zusammenballung von Einkünften führt. Eine Zusammenballung liegt also immer dann vor, wenn die gezahlte Abfindung die bis zum Ende des Veranlagungszeitraums entgehenden Einnahmen, die der Arbeitnehmer bei Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bezogen hätte, übersteigt (BMF vom 24.5.2004, BStBl. 2004 I 505, Rn. 10). Dazu ist eine Vergleichsrechnung durchzuführen. Vergleichsrechnung Es muss ermittelt werden, ob die Einkünfte im Ver anlagungszeitraum, in dem die Entschädigung zugeflossen ist, höher sind als die Einkünfte, die der Arbeitnehmer bei Fortsetzung des Dienstverhältnisses erzielt hätte. Zu berücksichtigen sind dabei auch weitere Einkünfte im Jahr des Zuflus ses der Entschädigung, die der Steuerpflichtige nicht bezogen hätte, wenn das Dienstverhältnis ungestört fortgesetzt worden wäre, und er dadurch mehr erhält, als er beim normalen Fortgang der Dinge erhalten hätte. Bei der Berechnung der Einkünfte, die der Arbeitnehmer bei Fortgang des Dienst verhältnisses im Kalenderjahr bezogen hätte, ist auf die Einkünfte des Vorjahres (bei jährlich stark schwankenden Einkünften auf den Durchschnittswert mehrerer Jahre) abzustellen. Dafür wird der Steuerbescheid des Vorjahres herangezogen. (BMF vom 24.5.2004, BStBl. 2004 I 505, Rn. 12). 2214 Präzisierungen: 1. Bei der Vergleichsrechnung sind sowohl die Fixbezüge als auch Provisionen zu berücksichtigen. 2. Der Werbungskostenpauschbetrag in Höhe von 920 € (Nr. 2320 ff.) ist – zunächst – in voller Höhe vom ermäßigt zu besteuernden Arbeitslohn abzuziehen. Eine Kürzung der Abfindung kommt erst dann in Betracht, wenn kein tariflich voll zu besteuernder Ar beitslohn zur Verfügung steht (BFH BStBl. 1999 II 588). Beispiele: Aus Vereinfachungsgründen wird der Abfindungsfreibetrag und der Wer bungskostenpauschbetrag nicht berücksichtigt. 1. Ein Arbeitnehmer bezieht in N Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit i.H.v. 50.000 €. Die Auflösung des Dienstverhältnisses erfolgt im Jahr N+1. In N+1 erhält der Arbeit nehmer 20.000 € aus seiner bisherigen Tätigkeit weitere 15.000 € als Entschädigung und weitere 30.000 € aus einem neuen Dienstverhältnis. Die Entschädigung (15.000 €) übersteigt nicht die entgehenden Einnahmen (30.000 €). Allerdings hat der Steuerpflichtige noch zusätzliche Einkünfte, die einzubeziehen sind. Insgesamt kommt es daher zu einer die Einkünfte aus dem Jahr N übersteigenden Zu sammenballung, sodass die Entschädigung insgesamt ermäßigt zu besteuern ist. 2. Der Steuerpflichtige hat in N Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit von 50.000 € und aus selbständiger Tätigkeit von 5.000 €. Die Auflösung des Dienstverhältnisses er folgt im Jahr N+1. Die Einkünfte in N+1 betragen aus dem bisherigen Dienstverhältnis: 20.000 €, aus der Entschädigung 20.000 € und aus selbständiger Tätigkeit 25.000 €. Lösung wie unter 1., auch die zusätzlichen Einkünfte aus anderen Einkunftsarten führen dazu, dass unter Einbeziehung der Entschädigung das Vorjahreseinkommen überschrit ten wird und die Entschädigung ermäßigt besteuert werden kann. Zahlungen in späteren Kalenderjahren Fließt die steuerpflichtige Gesamtentschädigung nicht in einem Kalenderjahr zu, so ist eine ermäßigte Be steuerung grundsätzlich ausgeschlossen. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn zusätzliche Entschädigungsleistungen, die Teil einer einheitlichen Entschädigung 2215 336 Nichtselbständige Tätigkeit sind, aus Gründen der sozialen Fürsorge für eine gewisse Übergangszeit in späte ren Veranlagungszeiträumen geleistet werden. In diesen Fällen ist es – für die Beurteilung der Hauptleistung als einer zusammengeballten Entschädigung – un schädlich, wenn die späteren Zahlungen weniger als 50% der Hauptleistung betragen (BMF vom 24.5.2004, BStBl. 2004 I 505, Rn. 15). Präzisierung: Derartige Entschädigungszusatzleistungen können z.B. die befristete Weiterbenutzung des Dienstwagens, die befristete Übernahme von Versicherungs beiträgen, die befristete Zahlung von Zuschüssen zum Arbeitslosengeld und die Zahlun gen von Geldmitteln zur Verwendung für die Altersvorsorge sein. Anmerkung: Werden in einem späteren Veranlagungszeitraum aufgrund eines Rechtsstreits nachträgliche Zahlungen geleistet, kann auf Antrag des Steuerpflichtigen dieser Betrag in den Veranlagungszeitraum zurückbezogen werden, in dem der Hauptteil der Entschädigung geflossen ist. Stimmt das Finanzamt zu (Billigkeitsentscheidung), ist der Steuerbescheid für dieses Kalenderjahr zu ändern (rückwirkendes Ereignis), wobei die begünstigte Besteuerung auf den gesamten Betrag anzuwenden ist. 2218 Steuerabzug vom Arbeitslohn Der steuerpflichtige Teil der Abfin § 39 b dung unterliegt dem Lohnsteuerabzug (Nr. 2450 ff.). Der Arbeitgeber kann aller Abs. 3 S. 9 dings – sofern ihm alle Angaben bekannt sind – nach der Fünftelregelung besteu EStG ern (Nr. 448 f.). Scheidet der Arbeitnehmer während des laufenden Kalenderjahres aus, muss der Arbeitgeber stets prüfen, ob im Zuflussjahr unter Einbeziehung des Abfin dungsbetrags höhere Einkünfte erzielt werden als im Vorjahr (Vergleichsrechnung, Nr. 2214). Dabei muss er eine Prognose darüber abgeben, welchen Verdienst der Arbeitnehmer im restlichen Kalenderjahr bei ihm erzielt hätte. Kann der Arbeitge ber diese Prognose nicht abgeben, muss der Steuerabzug nach den allgemeinen Regeln vorgenommen werden. Der Arbeitnehmer muss die ermäßigte Besteue rung dann im Veranlagungsverfahren beantragen (§ 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG). Wurde die Besteuerung der Abfindung unter Anwendung der Fünftelregelung bereits während des Kalenderjahres durchgeführt, so besteht für den Arbeitnehmer die Verpflichtung zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung (Nr. 2632). b. Zukunftssicherung des Arbeitnehmers 2220 2221 Zum Arbeitslohn gehören auch Zukunftssicherungsleistungen des Arbeitgebers für den Arbeitnehmer. Dazu gehören alle Ausgaben, die der Arbeitgeber tätigt, um den Arbeitnehmer oder diesem nahe stehende Personen bei Krankheit, Unfall, Invalidität, im Alter oder Todesfall abzusichern. Dabei ist es unerheblich, ob die Leistungen vom Arbeitgeber freiwillig, aufgrund einer Einzel oder Betriebsverein barung oder aufgrund eines Tarifvertrags erbracht werden. Betriebliche Altersversorgung Die betriebliche Altersvorsorge kann in Form einer Direktversicherung, einer Direktzusage und in Form von Zah lungen an einen Pensionsfonds oder an eine Pensions oder Unterstützungskasse durchgeführt werden. Zwischen diesen Alternativen kann der Arbeitgeber frei wählen; der Arbeitnehmer muss aber ausdrücklich oder stillschweigend zustim men (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 LStDV). Die Finanzierung der betrieblichen Altersversor gung kann entweder nur vom Arbeitgeber oder nur vom Arbeitnehmer oder von beiden gemeinsam erfolgen. Die steuerliche Behandlung sowohl in der Anspar phase als auch in der späteren Auszahlungsphase solcher Leistungen kann der nachstehenden Tabelle entnommen werden. Nichtselbständige Tätigkeit 337 Präzisierung: Der Arbeitnehmer hat einen (gesetzlichen) Anspruch darauf, dass ein Teil seines Arbeitslohns – höchstens 4% der Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversi cherung für Arbeiter und Angestellte – für eine betriebliche Altersversorgung verwendet wird (Anspruch auf Entgeltumwandlung; § 1a BetrAVG). Steuerliche Behandlung in der Art Ansparphase Auszahlungsphase 1. Direktversicherung: der Arbeitgeber schließt zugunsten des Arbeitnehmers eine Lebensversicherung ab Abschluss bis 31.12.2004 Grundsätzlich sind die Beiträge Beim Empfänger erfolgt die steuerpflichtiges Entgelt, sie können wie folgt behandelt werden: – bis 1.752 €/Jahr (Höchstbetrag) pauschale Besteuerung mit 20% (§ 40 b EStG); – normale Besteuerung* der vollen oder über den Höchstbetrag hinaus gehenden Beträge nach den Merk malen auf der Lohnsteuerkarte und der Arbeitnehmer erhält dafür Besteuerung als sonstige Einkünfte in Höhe des Ertragsanteils (§ 22 Nr. 1 S. 3 a) EStG); eine Kapitalauszahlung ist steuerfrei (§ 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG a.F.) Æ Sonderausgabenabzug oder Zula genförderung; volle Besteuerung als sonstige Einkünfte (§ 22 Nr. 5 EStG) Æ keinen Sonderausgabenabzug und keine Zulagenförderung Besteuerung als sonstige Einkünfte in Höhe des Ertragsanteils (§ 22 Nr. 1 S. 3 a) EStG) Abschluss ab 1.1.2005 Grundsätzlich sind die Beiträge Beim Empfänger erfolgt die steuerpflichtiges Entgelt. Sie können wie folgt behandelt werden: – bis 4% der Beitragsbemessungs grenze zuzüglich 1.800 € steuerfrei volle Besteuerung als sonstige Einkünfte (§ 22 Nr. 5 EStG) (§ 3 Nr. 63 EStG); – normale Besteuerung* der vollen oder darüber hinausgehenden Beträge nach den Merkmalen auf der Lohnsteuerkarte und der Arbeitneh mer erhält Æ Sonderausgabenabzug oder Zula genförderung; volle Besteuerung als sonstige Einkünfte (§ 22 Nr. 5 EStG) Æ keinen Sonderausgabenabzug und keine Zulagenförderung Besteuerung als sonstige Einkünfte in Höhe des Ertragsanteils (§ 22 Nr. 1 S. 3 a) EStG) 2. Direktzusage: der Arbeitgeber ist Träger der Versorgungseinrichtung, der Arbeitnehmer hat einen unmittelbaren Anspruch gegen ihn Die Beiträge stellen keinen Zufluss von Arbeitslohn dar und sind dem nach steuerfrei; sie führen beim Arbeitgeber zu Betriebsausgaben. Beim Empfänger erfolgt die volle Besteuerung als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit unter Berücksichtigung des Versorgungs freibetrags (§ 19 EStG). 338 Nichtselbständige Tätigkeit Steuerliche Behandlung in der Art Ansparphase Auszahlungsphase 3. Pensionskasse: es werden Zahlungen an eine rechtlich und wirtschaftlich selbständige Versorgungs einrichtung geleistet, gegen die der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Versorgungsleistungen erlangt Zusage bis 31.12.2004 Grundsätzlich sind die Beiträge Beim Empfänger erfolgt die steuerpflichtiges Entgelt, sie können wie folgt behandelt werden: – bis 4% der Beitragsbemessungs volle Besteuerung als sonstige grenze steuerfrei (§ 3 Nr. 63 EStG); Einkünfte (§ 22 Nr. 5 EStG) – darüber hinausgehende Beträge können bis 1.752 €/Jahr vom Arbeit geber pauschal (20%) besteuert werden (§ 40 b EStG); Besteuerung als sonstige Einkünfte in Höhe des Ertragsanteils (§ 22 Nr. 1 S. 3 a) EStG) – normale Besteuerung* der vollen oder darüber hinausgehenden Beträ gen nach den Merkmalen auf der Lohnsteuerkarte und der Arbeitneh mer erhält Zusage ab 1.1.2005 Æ Sonderausgabenabzug oder Zula genförderung; volle Besteuerung als sonstige Einkünfte (§ 22 Nr. 5 EStG) Æ keinen Sonderausgabenabzug und keine Zulagenförderung Besteuerung als sonstige Einkünfte in Höhe des Ertragsanteils (§ 22 Nr. 1 S. 3 a) EStG) Grundsätzlich sind die Beiträge Beim Empfänger erfolgt die steuerpflichtiges Entgelt, sie können wie folgt behandelt werden: – bis 4% der Beitragsbemessungs volle Besteuerung als sonstige grenze zuzüglich 1.800 € steuerfrei (§ Einkünfte (§ 22 Nr. 5 EStG) 3 Nr. 63 EStG); – normale Besteuerung* der vollen oder darüber hinausgehenden Beträge nach den Merkmalen auf der Lohnsteuerkarte und der Arbeitneh mer erhält Æ Sonderausgabenabzug oder Zula genförderung; volle Besteuerung als sonstige Einkünfte (§ 22 Nr. 5 EStG) Æ keinen Sonderausgabenabzug und keine Zulagenförderung Besteuerung als sonstige Einkünfte in Höhe des Ertragsanteils (§ 22 Nr. 1 S. 3 a) EStG) Nichtselbständige Tätigkeit 339 Steuerliche Behandlung in der Art Ansparphase Auszahlungsphase 4. Pensionsfonds: es handelt sich dabei ebenfalls um eine selbständige Versorgungseinrichtung, die jedoch größere Gestaltungsspielräume bei der Vermögensanlage hat und der Körperschaftsteuerpflicht und der Insolvenzsicherungspflicht unterliegt Zusage bis 31.12.2004 Grundsätzlich sind die Beiträge Beim Empfänger erfolgt die steuerpflichtiges Entgelt, sie können wie folgt behandelt werden: – bis 4% der Beitragsbemessungs volle Besteuerung als sonstige grenze steuerfrei (§ 3 Nr. 63 EStG); Einkünfte (§ 22 Nr. 5 EStG) – normale Besteuerung* der vollen oder darüber hinausgehenden Beträge nach den Merkmalen auf der Lohnsteuerkarte und der Arbeitneh mer erhält Zusage ab 1.1.2005 Æ Sonderausgabenabzug oder Zula genförderung; volle Besteuerung als sonstige Einkünfte (§ 22 Nr. 5 EStG) Æ keinen Sonderausgabenabzug und keine Zulagenförderung Besteuerung als sonstige Einkünfte in Höhe des Ertragsanteils (§ 22 Nr. 1 S. 3 a) EStG) Grundsätzlich sind die Beiträge Beim Empfänger erfolgt die steuerpflichtiges Entgelt, sie können wie folgt behandelt werden: – bis 4% der Beitragsbemessungs volle Besteuerung als sonstige grenze zuzüglich 1.800 € steuerfrei (§ Einkünfte (§ 22 Nr. 5 EStG) 3 Nr. 63 EStG); – normale Besteuerung* der vollen oder darüber hinausgehenden Beträge nach den Merkmalen auf der Lohnsteuerkarte und der Arbeitneh mer erhält Æ Sonderausgabenabzug oder Zula genförderung; volle Besteuerung als sonstige Einkünfte (§ 22 Nr. 5 EStG) Æ keinen Sonderausgabenabzug und keine Zulagenförderung Besteuerung als sonstige Einkünfte in Höhe des Ertragsanteils (§ 22 Nr. 1 S. 3 a) EStG) 5. Unterstützungskasse: Träger ist hier i.d.R. nicht der Arbeitgeber, sondern eingetragene Vereine oder sonstige Institutionen; der Arbeitnehmer hat keinen Rechtsanspruch auf die Leistung Die Beiträge stellen keinen Zufluss von Arbeitslohn dar und sind dem nach steuerfrei; sie führen beim Arbeitgeber zu Betriebsausgaben. Beim Empfänger erfolgt die volle Besteuerung als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit unter Berücksichtigung des Versorgungs freibetrags (§ 19 EStG) *Bei Verzicht auf die Steuerbefreiung oder Überschreitung des Höchstbetrags. Kranken-/Unfall-/Lebensversicherung Bei Kranken, Unfall 2223 oder Lebensversicherungen, die der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer abschließt, § 19 EStG richtet sich die Beurteilung, ob die vom Arbeitgeber gezahlten Prämien für die Versicherung beim Arbeitnehmer Arbeitslohn darstellen oder nicht, danach, wer Rechte aus dem Versicherungsvertrag geltend machen kann. Dasselbe gilt, wenn Gruppenversicherungen abgeschlossen werden. 340 Nichtselbständige Tätigkeit Präzisierung: Bei einer Gruppenversicherung wird für eine Gruppe von Arbeitnehmern eine Versicherung abgeschlossen, was i.d.R. zu günstigeren Konditionen, wie etwa nied rigeren Beitragszahlungen, führt. Sie können als Kranken, Unfall oder Lebensversiche rung abgeschlossen werden. 2224 2225 a. Nur der Arbeitgeber hat einen Rechtsanspruch: In diesem Fall stellen die Prämienzahlungen keinen Arbeitslohn dar. Da der Arbeitnehmer nur dann in den Genuss einer Versicherungsleistung kommt, wenn der Arbeitgeber seine Rechte geltend macht, fließt dem Arbeitnehmer kein geldwerter Vorteil zu. Erst etwaige laufende von dem Versicherungsunternehmen geleistete Zahlungen an den Ar beitnehmer sind als Arbeitslohn zu qualifizieren. b. Der Arbeitnehmer hat einen Rechtsanspruch: In diesem Fall fließt dem Ar beitnehmer bereits zum Zeitpunkt der Prämienzahlung durch den Arbeitgeber ein geldwerter Vorteil aus dem Arbeitsverhältnis zu. Die Prämien stellen also Arbeits lohn dar. Anmerkung: Dem Arbeitgeber obliegt die Finanzierung und Sicherung einer von ihm gewährten betrieblichen Altersversorgung. Dies gilt auch dann, wenn die Durchführung der Leistung durch einen Dritten erfolgt. Daher hat der Arbeitgeber, auch wenn er die Versorgungsanwartschaften seiner Arbeitnehmer über Umlagen finanziert hat, für etwai ge finanzielle Folgen einzustehen, die mit einem Wechsel der Zusatzversorgungskasse verbunden sind. Durch einen solchen Wechsel ausgelöste Sonderzahlungen dienen da her ausschließlich dem (eigen)betrieblichen Interesse des Arbeitgebers an der Sicher stellung seiner Versorgungszusage und stellen keinen Arbeitslohn dar (BFH vom 14.9.2005, Az. VI R 148/98). c. Versorgungsbezüge 2230 Zu den Versorgungsbezügen gehören alle im öffentlichen und privaten Dienst § 19 Abs. 2 gewährten Bezüge und Vorteile aus früheren Dienstverhältnissen, die ein aus dem aktiven Dienst ausgeschiedener Arbeitnehmer oder dessen Rechtsnachfolger EStG erhält. Im Einzelnen sind dies: a. das Ruhegehalt, Witwen oder Waisengeld, der Unterhaltsbeitrag oder ein gleichartiger Bezug – auf Grund beamtenrechtlicher oder entsprechender gesetzlicher Vorschriften, – nach beamtenrechtlichen Grundsätzen von Körperschaften, Anstalten oder Stif tungen des öffentlichen Rechts oder öffentlichrechtlichen Verbänden von Körper schaften; b. andere Bezüge und Vorteile aus früheren Dienstleistungen wegen Erreichens einer Altersgrenze, verminderter Erwerbsfähigkeit oder Hinterbliebenenbezüge. Präzisierung: Bezüge wegen Erreichens einer Altersgrenze gelten erst dann als Versor gungsbezüge, wenn der Steuerpflichtige das 63. Lebensjahr oder, bei Vorliegen einer Schwerbehinderung, das 60. Lebensjahr vollendet hat. Anmerkung: Aufgrund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts (BStBl. 2002 II 618), nach dem die unterschiedliche Besteuerung von (Leib)Renten und Pensionen ge gen den Gleichheitsgrundsatz verstößt, hat der Gesetzgeber die Besteuerung von Ver sorgungsbezügen durch das AltEinkG zum 1.1.2005 neu geregelt, um insgesamt (in der Endphase) zu einer nachgelagerten Besteuerung zu kommen (Nr. 3365 ff.). Zunächst wird allerdings eine schrittweise Angleichung der Besteuerung von Versorgungsbezügen und der gesetzlichen Renten über einen Zeitraum von 35 Jahren erfolgen. 2233 Freibetrag Von den oben genannten Versorgungsbezügen bleibt ein Ver § 19 Abs. 2 sorgungsfreibetrag – der nach einem Vomhundertsatz ermittelt wird – und ein Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag steuerfrei. Die Beträge ergeben sich aus der EStG folgenden Tabelle: Nichtselbständige Tätigkeit 341 Jahr des Versorgungsbeginns bis 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030 2031 2032 2033 2034 2035 2036 2037 2038 2039 2040 Versorgungsfreibetrag in % der VersorHöchstbetrag gungsbezüge in € 40,0 3.000 38,4 2.880 36,8 2.760 35,2 2.640 33,6 2.520 32,0 2.400 30,4 2.280 28,8 2.160 27,2 2.040 25,6 1.920 24,0 1.800 22,4 1.680 20,8 1.560 19,2 1.440 17,6 1.320 16,0 1.200 15,2 1.140 14,4 1.080 13,6 1.020 12,8 960 12,0 900 11,2 840 10,4 780 9,6 720 8,8 660 8,0 600 7,2 540 6,4 480 5,6 420 4,8 360 4,0 300 3,2 240 2,4 180 1,6 120 0,8 60 0,0 0 Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag in € 900 864 828 792 756 720 684 648 612 576 540 504 468 432 396 360 342 324 306 288 270 252 234 216 198 180 162 144 126 108 90 70 54 36 18 0 Bemessungsgrundlage Bemessungsgrundlage für den Versorgungsfrei betrag ist – bei Versorgungsbeginn vor 2005 das Zwölffache des Versorgungsbezugs für Januar 2005 und – bei Versorgungsbeginn ab 2005 das Zwölffache des Versorgungsbezugs für den ersten vollen Monat, jeweils zuzüglich voraussichtlicher Sonderzahlungen im Kalenderjahr, auf die zu diesem Zeitpunkt ein Rechtsanspruch besteht. Der Zuschlag darf nur bis zur Höhe der um den Versorgungsfreibetrag geminder ten Bemessungsgrundlage berücksichtigt werden. 2234 Körperschaften 629 Teil 2 Kapitalgesellschaften Die größte Gruppe der vom Körperschaftsteuergesetz erfassten Körperschaften 3890 bilden die (unbeschränkt steuerpflichtigen) Kapitalgesellschaften. Dazu gehören die § 1 Abs. 1 Aktiengesellschaft (AG), die Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) und die Nr. 1, Abs. Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH). Ihre Besteuerung wird hier im 2 KStG Wesentlichen dargestellt, wobei auch diese Gesellschaften, sofern sie bestimmte Tätigkeiten ausüben, wie z.B. gemeinnützige Zwecke, von der Besteuerung befreit sind (Nr. 3745 ff.). Daneben werden auch nach ausländischem Recht gegründete (Kapital)Gesellschaften wie deutsche Kapitalgesellschaften behandelt, sofern sie im Inland unbeschränkt steuerpflichtig sind (Nr. 3712 ff.). Anmerkung: Eine besondere Form der AG bildet die Europäische Aktiengesellschaft (Societas Europaea, SE). Das Statut der SE besteht aus der „Verordnung über das Sta tut der Europäischen Gesellschaft“ und der „Richtlinie zur Ergänzung des Statuts der Eu ropäischen Gesellschaft“. Nicht enthalten sind jedoch Bestimmungen, die die Besteue rung der Gründung, der Sitzverlegung oder die laufende Besteuerung der SE regeln. Die Besteuerung richtet sich vielmehr nach dem jeweiligen nationalen Steuerrecht der betei ligten Gesellschaften bzw. des Sitzstaates der SE. Beginn der Steuerpflicht Bei Kapitalgesellschaften beginnt die Steu erpflicht grundsätzlich mit Erlangung der Rechtsfähigkeit, d.h. mit Eintragung in das Handelsregister. Unter bestimmten Voraussetzungen kann sie aber auch bereits zu einem früheren Zeitpunkt beginnen; die Rechtsprechung unterscheidet dabei zwei wesentliche Phasen: – die Vorgründungsgesellschaft: Sie besteht im Vorfeld des Gründungsaktes bis zu dem Zeitpunkt, in dem der formgültige Gesellschaftsvertrag abgeschlossen ist; sie wird entweder wie eine GbR oder eine OHG behandelt und scheidet deswe gen als Körperschaftsteuersubjekt aus; – die Vorgesellschaft: Als solche bezeichnet man die Gesellschaft vom Zeitpunkt des Abschlusses des Gesellschaftsvertrags bis zum Zeitpunkt der Eintragung ins Handelsregister. Die Vorgesellschaft ist im Gegensatz zur Vorgründungsgesell schaft körperschaftsteuerpflichtig, wenn sie später tatsächlich ins Handelsregister eingetragen wird. Sie stellt eine Personenvereinigung eigener Art dar und unter liegt dem Recht der zu gründenden Gesellschaft (BFH BStBl. 1993 II 352). 3891 Anmerkung: Scheitert die Eintragung in das Handelsregister, so besteht keine ein heitliche Auffassung darüber, ob und unter welchen Voraussetzungen die Vorgesellschaft als körperschaftsteuerpflichtig anzusehen ist. Beendet die Vorgesellschaft sofort eine ggf. bereits aufgenommene Geschäftstätigkeit und wird sie abgewickelt, handelt es sich um ein Körperschaftsteuersubjekt. Führt jedoch die Gesellschaft trotz gescheiterter Ein tragung ihre Geschäftstätigkeit fort, so wandelt sich die Vorgesellschaft in eine Personen gesellschaft. Das Scheitern der Eintragung soll in diesem Fall ein rückwirkendes Ereignis darstellen (FG Brandenburg, EFG 2003, 1330; Revision zugelassen). Ende der Steuerpflicht Die Körperschaftsteuerpflicht einer Kapital gesellschaft endet wenn – ein Gesellschafterbeschluss zur Auflösung der Kapitalgesellschaft vorliegt und die gesamte geschäftliche Betätigung tatsächlich beendet ist und – das Gesellschaftsvermögen verteilt und vollständig ausgeschüttet wurde, d.h. die Liquidation rechtsgültig abgeschlossen ist. Anmerkung: Die Löschung im Handelsregister für sich allein ist für die Beendigung der Körperschaftsteuerpflicht ohne Bedeutung. 3892 630 Körperschaften 3893 Ausländische Rechtsformen Auch ausländische Rechtsformen, die im Inland ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung haben (Nr. 3712 ff.), können hier – als Kapitalgesellschaft – unbeschränkt steuerpflichtig sein. Entscheidend dafür ist die Anerkennung ihrer Rechtsfähigkeit im Inland. 3894 Zivilrechtliche Anerkennung Die Rechts und Parteifähigkeit einer Ge sellschaft bestimmt sich im Bereich der EU nach dem Recht ihres Gründungsstaa tes (Gründungstheorie). Ist demnach eine nach ausländischem Recht gegründete Gesellschaft in ihrem Gründungsstaat als juristische Person anerkannt, so muss sie auch in Deutschland als solche anerkannt werden. Anmerkung: Diese Rechtslage gilt in Deutschland erst seit kurzer Zeit. Sie geht zurück auf mehrere Entscheidungen des EuGH („ÜberseeringEntscheidung“ EuGH DB, 2002 2425 , „CentrosEntscheidung“, EuGH DB 1999, 625, „InspireArtEntscheidung“, EuGH, BB 2003, 2195), denen sich der BGH inzwischen angeschlossen hat (BGH, DStR 2003, 947). Vorher war in Deutschland die Sitztheorie vorherrschend, nach der die Rechtsfä higkeit einer Gesellschaft nur dann anerkannt wurde, wenn sie in ihrem Gründungsstaat auch ihren Verwaltungssitz hatte. 3895 Steuerrechtliche Anerkennung Entsprechend den oben genannten EuGHUrteilen muss einer in einem anderen Mitgliedsstaat gegründeten Gesell schaft im Inland dieselbe Rechtsfähigkeit zuerkannt werden, die sie auch in ihrem Gründungsstaat besitzt. Demnach müsste eine ausländische Kapitalgesellschaft auch steuerlich genauso wie eine inländische Kapitalgesellschaft behandelt wer den, sofern sie in ihrem Gründungsstaat eine juristische Person ist. Diese Gleich stellung ist bisher allerdings weder durch den deutschen Gesetzgeber, noch durch die Rechtsprechung des BFH ausdrücklich nachvollzogen worden. Bisher wird vielmehr ein Typenvergleich vorgenommen, nach dem ausländische Kapitalge sellschaften nur dann wie deutsche behandelt werden, wenn sie ihrer Struktur nach einer solchen entsprechen (siehe dazu die vom BMF erstellte Liste ausländi scher Gesellschaften, die deutschen entsprechen Nr. 9920). Ist dies nicht der Fall, wird die Gesellschaft zwar nicht als Kapitalgesellschaft eingestuft, jedoch ggf. als sonstiges Zweckvermögen des privaten Rechts, ebenfalls mit der Folge der unbe schränkten Steuerpflicht. 1. Ermittlung des zu versteuernden Einkommens 3901 § 7 KStG Da Kapitalgesellschaften buchführungspflichtig sind (§ 6 Abs. 1 HGB) erzielen sie ausschließlich Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 8 Abs. 2 KStG), die nach Betriebs vermögensvergleich zu ermitteln sind. Bemessungsgrundlage für die Körper schaftsteuer ist das zu versteuernde Einkommen. Die Ermittlung des zu versteu ernden Einkommens erfolgt nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes und den Sondervorschriften des Körperschaftsteuergesetzes (§ 8 KStG bis § 19 KStG). Nachfolgend werden nur die einzelnen Sondervorschriften des Körper schaftsteuergesetzes dargestellt, zu den Gewinnermittlungsvorschriften nach dem Einkommensteuergesetz siehe Nr. 570 ff. Grundsätzlich wird das zu versteuernde Einkommen wie folgt ermittelt (Abschn. 29 Abs. 1 KStR): Körperschaften 631 Steuerbilanzgewinn/verlust (Nr. 3902 ff.) + Verdeckte Gewinnausschüttungen (Nr. 4030 ff.) ./. Verdeckte Einlagen (Nr. 860) + Nicht abziehbare Aufwendungen (Nr. 3939 ff.) + Gesamtbetrag der Zuwendungen (Nr. 3933 ff.) ./. Steuerfreie Erträge = Steuerlicher Gewinn ./. Abzugsfähige Zuwendungen (Nr. 3933 ff.) = Gesamtbetrag der Einkünfte ./. Verlustabzug (Nr. 3950 ff.) = Zu versteuerndes Einkommen Präzisierungen: 1. Folgende einkommensteuerlichen Vorschriften sind ausschließlich auf natürliche Personen zugeschnitten und finden bei der Gewinnermittlung von Kapital gesellschaften keine Anwendung: (Abschn. 32 KStR): – Sonderausgaben (Nr. 75 ff.), – Veranlagungsarten (Nr. 421 ff.), – tarifliche Freibeträge (Nr. 412) und – außergewöhnliche Belastungen (Nr. 250 ff.). 2. Ob Erträge steuerfrei sind, kann sich aus dem Körperschaftsteuergesetz selbst, dem Einkommensteuergesetz (R 32 Abs. 1 KStR) oder aus anderen Gesetzen, z.B. dem Inves titionszulagengesetz ergeben. Steuerbilanzgewinn/-verlust Ausgangspunkt für die Ermittlung des zu versteuernden Einkommens bildet der Steuerbilanzgewinn/verlust, der nach den allgemeinen Grundsätzen aufgrund einer Gegenüberstellung des Be triebsvermögens am Schluss des Wirtschaftsjahres mit dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres (Betriebsvermögensver gleich), vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen ermittelt wird (Nr. 571). Da Kapitalgesellschaften buchführungspflichtig sind, ist der Steuerbilanzgewinn/verlust – aufgrund des Maßgeblichkeitsgrundsat zes – aus dem Jahresüberschuss/-fehlbetrag der Handelsbilanz abzuleiten. Dies geschieht entweder mittels einer Überleitungsrechnung oder die Gesellschaft stellt eine eigene Steuerbilanz auf. 3902 Überleitungsrechnung 3903 Werden in der Handelsbilanz Vermögensgegens tände angesetzt oder Bewertungen vorgenommen, die den steuerlichen Vorschrif ten nicht entsprechen, so sind diese entsprechend zu korrigieren (§ 60 Abs. 2 EStDV). Eine Überleitungsrechnung ist dann sinnvoll, wenn nur einzelne Bilanzposten voneinander abweichen, da sie die betragsmäßigen Unterschiede in der Überleitung von der handelsrechtlichen Gewinn und Verlustrechnung auf den Steuerbilanzgewinn/verlust darstellt: Jahresüberschuss/fehlbetrag lt. Handelsbilanz + / ./. Bilanzsteuerrechtliche Korrekturen = Steuerbilanzgewinn/verlust Steuerbilanz Die Gesellschaft kann auch eine eigene Steuerbilanz unter Berücksichtigung der steuerlichen Vorschriften aufstellen. Die Steuerbilanz ist eine nach handelsrechtlichen Bestimmungen und den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung aufgestellte Bilanz, in der zwingend die steuerlichen Vorschriften zu beachten sind. Sie bietet sich an, wenn mehrere Bilanzposten voneinander ab weichen. 3904 632 Körperschaften Präzisierung: Abweichungen zwischen Handels- und Steuerbilanz ergeben sich z.B. aus dem steuerlichen Aktivierungsverbot für selbst geschaffene immaterielle Wirt schaftsgüter des Anlagevermögens, der Bildung von Rückstellungen (Nr. 1345 ff.) sowie dem steuerlichen Passivierungsverbot von Drohverlustrückstellungen; steuerliche Be sonderheiten bestehen auch bei der Bewertung von Vermögens und Schuldposten (Nr. 630 ff.) und den Regelungen zur AfA (Nr. 1210 ff.). Anmerkung: Wird die Handelsbilanz unter vollständiger oder teilweiser Verwendung des Jahresergebnisses aufgestellt (§ 268 Abs. 1 HGB), so tritt an die Stelle des Postens „Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag“ und „Gewinnvortrag/Verlustvortrag“ der Posten „Bilanzgewinn/Bilanzverlust“. Da der Bilanzgewinn/Bilanzverlust bereits Gewinnver wendungen bzw. eventuelle Auflösungen von (Gewinn)Rücklagen berücksichtigt, muss dieser für steuerliche Zwecke korrigiert werden: Bilanzgewinn + Verlustvortrag ./. Gewinnvortrag + Einstellung in Rücklagen ./. Entnahmen aus Rücklagen = Jahresüberschuss/fehlbetrag a. Erträge aus Beteiligungen an Körperschaften 3905 Erträge aus Beteiligungen an Körperschaften sind aufgrund besonderer Vorschrif § 8 b KStG ten des Körperschaftsteuergesetzes – zur Vermeidung einer Mehrfachbesteuerung – steuerfrei gestellt. Diese Steuerbefreiung wird auch als Schachtelprivileg be zeichnet. Sie kann sowohl von unbeschränkt als auch beschränkt Steuerpflichtigen in Anspruch genommen werden und gilt unabhängig von der Beteiligungshöhe und Haltefrist. Zu den Erträgen aus Beteiligungen an Körperschaften zählen Ausschüttungen und Bezüge (Nr. 3907), Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen und diesen gleich gestellte Vorgänge (Nr. 3910 ff.) und Gewinne, die mittelbar über eine Mitunter nehmerschaft erzielt werden (Nr. 3917). Im Gegenzug zur Freistellung der ge nannten Gewinne dürfen Gewinnminderungen, die im Zusammenhang mit solchen Beteiligungen stehen, steuerlich auch nicht berücksichtigt werden. Zudem gilt ein pauschales Betriebsausgabenabzugsverbot (vgl. dazu auch BMF vom 28.4.2003, BStBl. 2003 I 292). 3907 § 8 b Abs. 1 KStG, § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2, 9, 10a EStG Ausschüttungen und Bezüge Steuerfrei sind – alle offenen und verdeckten Gewinnausschüttungen von Kapitalgesellschaf ten, Erwerbs und Wirtschaftsgenossenschaften und bergbaurechtlichen Vereini gungen, denen die Rechte einer juristischen Person zukommen; – Bezüge bei Kapitalherabsetzung oder Auflösung: Zahlungen, die nicht in der Rückzahlung von Nennkapital bestehen, wie z.B. die Auskehrung von Gewinnrück lagen oder laufenden Gewinnen; davon ausgenommen ist aber Nennkapital, dass durch Umwandlung von sonstigen Rücklagen entstanden ist (§ 28 Abs. 1 S. 3 KStG); eine Einlagenrückgewähr unterliegt der Steuerbefreiung nur soweit sie den Buchwert der Beteiligung übersteigt (§ 8 b Abs. 2 KStG); ansonsten sind sie gewinnneutral; – Leistungen einer nicht steuerbefreiten Gesellschaft: Dabei handelt es sich um Leistungen aus Körperschaften, die keine Gesellschafter, sondern allenfalls Mit glieder oder Bezugsberechtigte haben, wie z.B. Vereine; Körperschaften 633 – Leistungen eines Betriebs gewerblicher Art: Leistungen eines Betriebs ge werblicher Art mit eigener Rechtspersönlichkeit – also solche, die in Form einer Kapitalgesellschaft geführt werden – sind freigestellt. Dazu gehören sämtliche Gewinnabführungen, wie z.B. Zahlungen an den Gewährträger und/oder an eine andere Person des öffentlichen Rechts; – Einnahmen aus der Veräußerung oder Abtretung von Dividendenansprüchen oder sonstigen Ansprüchen; Präzisierung: Nicht steuerbefreit sind Einnahmen aus Wertpapierleihgeschäften, wie Leihgebühr und Kompensationszahlungen des Entleihers (BMF vom 28.4.2003, BStBl. 2003 I 292 Rn.9). Kapitalertragsteuerabzug Unabhängig von der Steuerfreiheit der Divi 3908 denden bei der empfangenden Kapitalgesellschaft muss bei der Ausschüttung von § 43 Abs. 1 Dividenden – von der ausschüttenden Gesellschaft – Kapitalertragsteuer einbehal S. 3 EStG ten werden. Diese wird aber grundsätzlich auf die eigene Körperschaftsteuer schuld der empfangenden Kapitalgesellschaft angerechnet (§ 36 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 EStG). Entsprechendes gilt, soweit ein ausländischer Dividendenempfänger die Dividende in einem inländischen Betriebsvermögen, z.B. einer Betriebsstätte, erzielt. Veräußerungsgewinne Gewinne aus der Veräußerung von Beteili 3910 gungen und diesen ähnlichen Tatbeständen sind steuerbefreit. Korrespondierend § 8 b Abs. dazu sind jedoch auch Gewinnminderungen, die mit diesen Vorgängen in Zusam 2 KStG menhang stehen, nicht abzugsfähig. Der Veräußerungsgewinn ist der Betrag, um den der Veräußerungspreis oder der an dessen Stelle tretende Wert nach Abzug der Veräußerungskosten den Wert übersteigt, der sich nach den Vorschrif ten über die steuerliche Gewinnermittlung im Zeitpunkt der Veräußerung ergibt (§ 8 b Abs. 2 S. 2 KStG). Steuerbefreite Gewinne können bei der Veräußerung folgender Anteile anfallen: – Anteile an Körperschaften und Personenvereinigungen, die die oben genannten Ausschüttungen und Bezüge (Nr. 3907) vornehmen, – Beteiligungen an Organgesellschaften, – eigene Anteile (vgl. BMF vom 28.4.2003, BStBl. 2003 I 292 Rn.15 f.), – Genussrechte, mit denen das Recht auf Beteiligung am Gewinn und Liquidati onserlös einer Kapitalgesellschaft verbunden ist. Gleichgestellte Vorgänge Der Veräußerung gleichgestellt und damit 3911 steuerbefreit sind §8b – die Übertragung von Anteilen im Rahmen einer verdeckten Einlage, Abs. 2 S. 3 – die Auflösung einer Kapitalgesellschaft, KStG – die Herabsetzung des Nennkapitals, – Wertaufholungen (§ 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG), denen eine steuerlich nicht zu berücksichtigende Teilwertabschreibung (Nr. 3912) vorausgegangen ist, – Gewinnrealisierungen bei einbringungsgeborenen Anteilen (§ 21 Abs. 2 UmwStG), – Sachdividenden, – Einkommenserhöhungen durch verdeckte Gewinnausschüttungen, die im Zu sammenhang mit der Übertragung von Anteilen entstehen, z.B. wenn ein einem Fremdvergleich nicht standhaltender Veräußerungserlös gezahlt wurde. Präzisierung: Eine Sachdividende wird geleistet, wenn eine Kapitalgesellschaft an ihren Anteilseigner Beteiligungen an einer anderen Kapitalgesellschaft weitergibt. Dabei ist die Beteiligung mit ihrem gemeinen Wert anzusetzen. Werden dadurch stille Reserven auf gedeckt, sind die daraus entstehenden Gewinne steuerbefreit. 634 Körperschaften 3912 Nicht zu berücksichtigende Gewinnminderungen Gewinnminde rungen, die im Zusammenhang mit steuerbefreiten Beteiligungen entstehen, sind §8b Abs. 3 S. 3 steuerlich nicht abzugsfähig. Dabei handelt es sich insbesondere um Gewinnmin derungen KStG – durch Ansatz des niedrigeren Teilwerts, – durch Veräußerung des Anteils (Veräußerungsverlust), – bei Auflösung der Gesellschaft, – bei Herabsetzung des Nennkapitals der Kapitalgesellschaft, – aus der Auflösung eines aktiven Ausgleichspostens aufgrund handelsrechtlicher Minderabführungen bei Organschaft. Dies gilt auch, falls entsprechende Gewinne nicht steuerbefreit wären (z.B. bei einbringungsgeborenen Anteilen (Nr. 3915). Anmerkung: Nach Ansicht der Finanzverwaltung fällt auch die Teilwertabschreibung be züglich Eigenkapital ersetzender Darlehen unter die nicht zu berücksichtigen Gewinn minderungen (OFD Münster vom 15.9.2005). 3915 §8b Abs. 4 KStG Einschränkungen der Steuerbefreiung Die Steuerbefreiung gilt unter bestimmten Voraussetzungen nicht für Veräußerungsgewinne, die aus der Veräu ßerung nachfolgender Anteile entstanden sind (Einbringungsklausel): Veräußerung von – einbringungsgeborenen Anteilen (Nr. 4881) und – Anteilen, die die Körperschaft unmittelbar oder mittelbar über eine Mitunter nehmerschaft von einer natürlichen Person zu einem Wert, der unter dem Teilwert liegt, erworben hat Erfolgt die Veräußerung nach Ablauf von 7 Jahren nach Einbringung (Sperrfrist)? nein ja Handelt es sich um die Veräußerung von folgenden Anteilen: – Anteile, die eine Kapitalgesellschaft gegen die Einbringung eines Betriebs/Teil betriebs/Mitunternehmeranteils zu einem unter dem Teilwert liegenden Wert erworben hat (§ 20 Abs. 1 S. 1 UmwStG, § 23 Abs. 13 UmwStG); Beispiel: Die XGmbH hält Anteile an der YGmbH. Sie bringt diese Anteile zu Buchwerten in die ZGmbH ein. Die ZGmbH veräußert die Anteile direkt nach Ein bringung. – Anteile, die in eine Kapitalgesellschaft eingebracht werden und davor durch die Einbringung eines Betriebs/Teilbetriebs/Mitunternehmeranteils zu einem unter dem Teilwert liegenden Wert durch einen Dritten in eine Kapitalgesell schaft gegen die Gewährung von Anteilen entstanden sind (§ 20 Abs. 1 S. 1 UmwStG; § 23 Abs. 13 UmwStG); Beispiel: Einzelunternehmer U hält eine Beteiligung an der XGmbH. U bringt die Beteiligung an der XGmbH zu Buchwerten in die YGmbH ein. Die YGmbH wie derum bringt die Beteiligung an der XGmbH steuerneutral in die ZGmbH ein. Die ZGmbH veräußert die Anteile an der XGmbH direkt nach Einbringung. Körperschaften 635 – Anteile, die von einer natürlichen Person oder (nichtbegünstigten) Mitunter nehmern (Nr. 3917) in eine Kapitalgesellschaft zu einem unter dem Teilwert liegenden Wert, eingebracht werden und die übernehmende Kapitalgesellschaft hält die Mehrheit der Anteile an der Gesellschaft, deren Anteile eingebracht wurden (§ 20 Abs. 1 S. 2 UmwStG, § 23 Abs. 4 UmwStG). Beispiele: 1. A ist natürliche Person und bringt eine mehrheitsvermittelnde Betei ligung an der AGmbH in die BGmbH ein. Die BGmbH veräußert diese Anteile nach 1 Jahr. 2. Einzelunternehmer U bringt seine Beteiligung der XGmbH steuerneutral in eine KG ein. Anschließend bringt U seine dadurch erhaltene KGBeteiligung zu Buch werten in die AAG ein, deren Mitunternehmer die YGmbH ist. Danach veräußert die KG die Beteiligung an der XGmbH. Ein steuerfreier Veräußerungsvorgang für die YGmbH scheidet hier aus. ja nein Steuerpflichtig Steuerfrei Präzisierungen: 1. Bei der 7JahresFrist kommt es für den Fristbeginn nicht auf den Tag der handelsrechtlichen Wirksamkeit der Sacheinlage und damit auf das zivilrechtliche Entste hen der neuen Anteile an, sondern auf den steuerlichen Übertragungsstichtag. 2. Wird innerhalb der 7JahresFrist ein weiterer Umwandlungsvorgang (Verschmelzung, Spaltung) durchgeführt, tritt neben die ursprüngliche 7JahresFrist keine neue 7JahresFrist. Mittelbare Beteiligungen Ist eine Kapitalgesellschaft an einer Mitunternehmerschaft (Nr. 4311 ff.) beteiligt, die in ihrem Betriebsvermögen eine Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft hält, so gelten die oben erläuterten Rege lungen zur Steuerbefreiung einschließlich des pauschalen Betriebsausgabenab zugsverbots bei der – an der Mitunternehmerschaft beteiligten – Kapitalgesell schaft für folgende Erträge – Bezüge, Gewinne und Gewinnminderungen, die (mittelbar) über die Mitunterneh merschaft erzielt werden; dies gilt auch bei mehrstufigen Mitunternehmerschaften; – Gewinne oder Verluste aus der Veräußerung/Aufgabe des Mitunternehmeran teils, sofern sie auf die – mitveräußerte/aufgegebene – Beteiligung an der Kapital gesellschaft entfallen. Die Regelung begünstigt sowohl inländische als auch ausländische Mitunterneh merschaften. Dabei erfolgt die Wertung des ausländischen Rechtssubjektes als Mitunternehmerschaft nach den Wertungen des deutschen Steuerrechts (Typusvergleich). Beispiel: Folgende Konstellation ist denkbar: KGmbH 30% POHG 15% FS.A. 20% DAG 3917 §8b Abs. 6 KStG Strafsachen und Ordnungswidrigkeiten 8500 ÜBERSICHT I. Straftaten ........................... A. Steuerhinterziehung ............ 1. Tatausübung (Vollendung) .. 2. Versuch ............................... 3. Rückgängigmachung .......... 4. Besondere Schwere ........... 8501 8505 8506 8507 8530 8535 8553 B. Weitere Steuerstraftaten ..... II. Strafverfahren .................... a. Ermittlungsverfahren ........... b. Gerichtliches Verfahren ....... III. Steuerordnungswidrigkeiten und –verfahren ...... 8564 8570 8571 8582 8590 Die Straf und Bußgeldvorschriften der AO sollen das öffentliche Interesse am rechtzeitigen und vollständigen Steueraufkommen des Staates durchsetzen, in dem bestimmte, es gefährdende Verhaltensweisen des Steuerschuldners mit Sanktionen belegt werden. Anmerkung: Mit dem Strafbefreiungserklärungsgesetz (StraBEG) vom 23.12.2003 hatte der Gesetzgeber die Möglichkeit geschaffen, unter bestimmten Voraussetzungen in der Vergangenheit erteilte unrichtige oder unvollständige Angaben über steuerlich rele vante Tatsachen nachträglich zu korrigieren, ohne strafrechtliche Sanktionen wegen Steuerhinterziehung (Nr. 8506) bzw. gewerbsmäßiger oder bandenmäßiger Steuerhinter ziehung fürchten zu müssen. Der Steuerpflichtige musste hierzu zwischen 1.1.2004 und 31.3.2005 eine richtig stellen de Nacherklärung abgeben und eine Abgeltungssteuer von 25 % (bei Erklärung bis zum 31.12.2004) bzw. 35 % (bei Erklärung bis 31.3.2005) der nacherklärten Einnahmen be zahlen. Die strafbefreiende Wirkung erstreckte sich auf Taten, die sich auf nach dem 31.12.1992 und vor dem 1.1.2003 entstandene Ansprüche auf Steuern bezogen. Zu den Einzelheiten vgl. die ausführliche Darstellung in der Vorauflage unter Nr. 8543 ff. Diese befristete Steueramnestie hat anstatt der erwarteten 5 Milliarden € nur 1,2 Milliar den an zusätzlichem Steueraufkommen erzeugt. Aus diesem Grunde ist zu erwarten, dass das Steuerstrafrecht (wohl auch in Verbindung mit der im Rahmen des Gesetzes zur Förderung der Steuerehrlichkeit und der EUZinsrichtlinie geschaffenen Möglichkeiten des Kontenabrufs bzw. des internationalen Informationsaustauschs) künftig an Bedeu tung gewinnen wird. 8502 Anders als Sanktionen des (Steuer)Verwaltungsrechts wie Verspätungs, Säum niszuschläge, Zwangsgelder (Nr. 8230 ff.), die formale Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen im Steuererhebungsverfahren durchsetzen sollen, dient das Straf- und Bußgeldverfahren der Verfolgung (Repression) von Rechtsverstößen; es greift dabei nicht allein auf steuerrechtliche Vorschriften, sondern auch auf die Bestimmungen des allgemeinen Straf und Strafprozessrechts zurück. Strafsachen und Ordnungswidrigkeiten 1243 Rechtsverstöße im Bereich des Steuerrechts (so genannte Steuerverfehlungen) werden in zwei Gruppen eingeteilt. Von der Zuordnung hängen nicht nur Art und Umfang der Sanktionen, sondern auch bestimmte Nebenfolgen (wie die Eintra gung in das Bundeszentralregister), Art und Umfang des Verfahrens, Zuständigkeit von Strafverfolgungs (Staatsanwaltschaft, Strafgerichte) oder Verwaltungsbehör den (Finanzämter) ab. Straftaten 8503 Ordnungswidrigkeiten Tatbestände Steuerhinterziehung (Nr. 8506 ff.) Leichtfertige Steuerverkürzung (Nr. 8595) Bannbruch (Nr. 8564) Gefährdungstatbestände (Nr. 8597) Steuerhehlerei (Nr. 8565) Geldwäsche (Nr. 8566) Gewerbs u. bandenmäßige Schädigung des Umsatzsteueraufkommens (Nr. 8567) Gewerbsmäßiger, bewaffneter, gewaltsa mer und bandenmäßiger Schmuggel Unzulässiger Erwerb eines Steuererstat tungs oder Vergütungsanspruchs Schädigung des Umsatzsteueraufkommens (Nr. 8593) Begünstigung eines Steuerstraftäters Tatbestände in Nebengesetzen Folgen Freiheits oder Geldstrafe Geldbuße Eintragung in das Bundeszentralregister Keine Eintragung Verfolgung aller Taten (Legalitätsprinzip) Verfolgung nach Ermessen der Behörde (Opportunitätsprinzip) Selbstanzeige möglich Keine Selbstanzeige möglich Verfolgung durch Staatsanwaltschaft/ Straf gerichte Verfolgung lediglich durch Finanzbehörden Auswirkungen auf das Steuererhebungsver fahren Keine Auswirkungen auf das Steuererhe bungsverfahren Verfahren nach der Strafprozessordnung Verfahren nach dem Ordnungswidrigkeiten gesetz I. Straftaten Zentrales Delikt des Steuerstrafrechts ist die Steuerhinterziehung. Sie wird nach folgend eingehend unter Darstellung der strafrechtlichen Besonderheiten behan delt. Die Steuerhinterziehung besteht aus einem Grundtatbestand (Nr. 8507 ff.) und einem Qualifikationstatbestand, nämlich der gewerbsmäßigen oder banden mäßigen Steuerhinterziehung (Nr. 8555 ff.). Andere Straftatbestände werden anschließend im Überblick dargestellt (Nr. 8564 ff.). Sie sind nicht nur im EStG sondern auch in anderen Gesetzen geregelt. Anmerkung: Für alle Steuerstraftatbestände (materielles Steuerstrafrecht) gelten ergän zend die Bestimmungen des Strafgesetzbuches (StGB), vgl. auch Nr. 8503. Besondere Bedeutung haben dabei die Vorschriften des Allgemeinen Teils (siehe Nr. 8516 ff. und Nr. 8530 ff.). 8505 1244 Strafsachen und Ordnungswidrigkeiten A. Steuerhinterziehung 8506 Die Steuerhinterziehung ist nicht nur als vollendetes Delikt (Nr. 8507 ff., Nr. 8538), sondern auch bereits als Versuch (Nr. 8530) strafbar. Der Eintritt in das Versuchs stadium, die Vollendung und die Beendigung der Tat lassen sich als zeitliche Ab folge darstellen (Nr. 8537). Vom jeweiligen zeitlichen Stadium der Tat hängen auch die Möglichkeiten des Steuerpflichtigen ab, die Tat oder bereits begonnene Tathandlungen rückwirkend zu korrigieren und Straffreiheit zu erlangen (Nr. 8540 ff.). Im Gegensatz dazu werden besondere Begehungsformen (Nr. 8553 ff.) der Tat unter höhere Strafe gestellt. Präzisierung: 1. Zwar gilt für den Versuch derselbe Strafrahmen wie für das vollendete Delikt. Jedoch ist die Tatsache, dass die Tat nicht vollendet wurde, ein gesetzlicher Strafmilderungsgrund (§ 23 Abs. 1, § 49 Abs. 1 StGB). Der Tatrichter muss nicht, kann a ber (und wird in der Regel) den Strafrahmen nach den gesetzlichen Vorgaben (§ 49 Abs. 1 Nr. 1 3 StGB) absenken. Zu den Einzelheiten vgl. Nr. 8594 ff. 2. Die Beendigung ist der Vollendung zeitlich noch nachgeordnet. Diese Unterscheidung spielt für die Strafbarkeit und Strafhöhe keine Rolle, sondern hat nur Bedeutung für die Möglichkeit einer Selbstanzeige (Nr. 8543 ff.). 1. Tatausübung (Vollendung) 8507 Voraussetzung für eine Strafbarkeit wegen Steuerhinterziehung sind zunächst eine bestimmte Tathandlung und ein Taterfolg. Dabei müssen beide Elemente derart verknüpft sein, dass die Tathandlung für den Taterfolg ursächlich ist. Diese Kom ponenten werden als objektiver Tatbestand bezeichnet. Zum Zeitpunkt des Ein tritts des Taterfolges und damit der Tatvollendung siehe Nr. 8538. Erforderlich ist zudem ein bestimmtes Vorstellungsbild des Steuerpflichtigen (sog. subjektiver Tatbestand). 8508 Tathandlung § 370 Nr. 8509 Abs. 1 Nr. 8510 Nr. 1 – 3 AO Drei Fallgruppen werden unterschieden: unrichtige oder unvollständige steuerliche Angaben pflichtwidriges Unterlassen der Anzeige steuerlich erheblicher Tatsachen pflichtwidriges Unterlassen, Steuerzeichen oder Stempel zu verwenden Anmerkung: Behandelt werden im folgenden nur die ersten beiden Alternativen, weil das pflichtwidrige Unterlassen, Steuerzeichen oder Stempel zu verwenden, von unterge ordneter praktischer Bedeutung ist. 8509 Unrichtige oder unvollständige Angaben Sie können etwa erteilt werden in – amtlich vorgeschriebenen Steuererklärungsvordrucken, – Vordrucken der gesonderten Anlagen zu Steuererklärungen, – Anträgen auf Lohnsteuerjahresausgleich, – Anträgen auf Herabsetzung von Vorauszahlungen, – Spendenbescheinigungen gemeinnütziger Einrichtungen. Nach dem Gesetzeswortlaut müssen diese Angaben gegenüber „Behörden“ ge macht werden. Gemeint sind nur solche Behörden, die steuerlich relevante Ent Strafsachen und Ordnungswidrigkeiten 1245 scheidungen treffen können. Hierzu zählt nicht das Nachlassgericht, und zwar auch dann nicht, wenn die Finanzbehörde dort erteilte, unrichtige Angaben (etwa über den Nachlasswert) verwertet. Präzisierung: Zum großen Teil werden in den amtlichen Vordrucken (§§ 149 EStG f.) nicht nur reine Tatsachen, sondern auch bereits vorweggenommene rechtliche Würdi gungen des Steuerpflichtigen abgefragt (sog. Subsumtionsergebnisse, wie etwa die Ein ordnung der Tätigkeit als „gewerblich“ oder „selbständig“); diese rechtlichen Einord nungen können in Grenzfällen sehr schwierig sein (vgl. zur Irrtumsproblematik Nr. 8518). Umstritten ist die Behandlung der Fälle, in denen der Steuerpflichtige oder sein Berater eine andere Rechtsauffassung als die Finanzverwaltung vertreten. Nach augenblicklicher Rechtsprechung des BGH (BGH NStZ 2000, 203 f.) darf der Steu erpflichtige eine unzutreffende Rechtsauffassung vertreten; er macht damit keine unrich tige oder unvollständige Angabe, solange er alle steuerlich erheblichen Tatsachen voll ständig vorträgt, sie etwa dann bei einer anderen Einkunftsart offen legt. Pflichtwidriges In-Unkenntnis-Lassen Die Anzeige steuerlich erhebli cher Tatsachen wird unterlassen bei: – Nichtabgabe von Steuererklärungen oder anmeldungen, wenn der Steuerpflich tige hierzu verpflichtet ist, – verspäteter Abgabe von Steuererklärungen, – unvollständiger Steuererklärung oder – Verletzung der Auskunfts und Vorlagepflicht. Pflichtwidrig können nur Steuerpflichtige (und nicht etwa deren Berater) handeln, denen eine Pflicht zur Abgabe einer bestimmten Erklärung auferlegt ist. Wer wel che Abgabe und Erklärungspflichten hat, bestimmen die Einzelsteuergesetze (z.B. §§ 56 EStDV ff., § 18 Abs. 1 UStG, § 45 a EStG). 8510 Präzisierung: Eine Schätzung durch die Finanzbehörde befreit den Steuerpflichtigen nicht von der Abgabe der entsprechenden Erklärung. Wenn die Schätzung zu gering aus gefallen ist, muss der Steuerpflichtige eine klarstellende Steuererklärung abgeben (§ 155 AO). Taterfolg Eine Steuerhinterziehung setzt voraus, dass für den Täter selbst 8512 oder aber eine andere Person die Steuern verkürzt oder ungerechtfertigte Steuer § 370 vorteile erlangt werden. Abs. 1 AO Steuerverkürzung Gemeint ist in erster Linie der tatsächliche Steueraus- 8513 fall: der Fiskus nimmt trotz eines steuerpflichtigen Sachverhalts keine Steuern, § 370 Abs. oder aufgrund der fehlerhaften bzw. unvollständigen Angaben zu wenig Steuern 1 HS. 2, ein. Abs. 4 AO Steuern werden auch dann verkürzt, wenn sie nicht rechtzeitig festgesetzt wer den (zum zeitlichen Beginn der Strafbarkeit in diesen Fällen vgl. Nr. 8537 ff.). Keine Rolle spielt, ob die (zu niedrigen) Steuern – endgültig – vorläufig (§ 165 AO; Nr. 8356) oder – unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 AO; Nr. 8355) festgesetzt werden; Eine Steuerverkürzung liegt auch dann vor, wenn eine Steueranmeldung verspä tet oder nicht korrekt abgegeben wird; eine Steueranmeldung steht einer Steuer festsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleich (§ 168 AO); Präzisierung: 1. Gegenstand einer Steuerverkürzung können ausschließlich Steuern (§ 3 Abs. 1 S. 1 AO) sein. Nicht erfasst werden steuerliche Nebenleistungen (Verspätungs zuschläge, Zinsen, Säumniszuschläge, Zwangsgelder, Kosten; BGH, Urteil vom 19.12.1997, wistra 1998, 180, 188). 1246 Strafsachen und Ordnungswidrigkeiten 8514 Nicht gerechtfertigter Steuervorteil Da bereits jede Steuerverkürzung spiegelbildlich einen nicht gerechtfertigten Steuervorteil darstellt, kommen als solche nur besondere Vorteile in Betracht: Stundung (Nr. 8252) Aussetzung der Vollziehung (Nr. 8430) Eintragung eines Freibetrages Lohnsteuerkarte (Nr. 2496) auf Zahlungsaufschub Verlängerung der Steuererklärungsfrist Erlass (Nr. 8208) Erlangung von Steuervergütungen Steuererstattungen (Nr. 8863) Einstellung der Zwangsvollstreckung Vollstreckungsaufschub der und Verzicht auf Verspätungszuschlag (Nr. 8230) Präzisierungen: 1. Steuervergütungen sind etwa der Vorsteuerabzug oder die Körper schaftsteueranrechnung. 2. Investitions und Eigenheimzulage gelten nicht als Steuervergütung bzw. –Erstattung. Sie werden zwar von den Finanzämtern ausbezahlt, sind aber keine Verrechnungsposten des Steueraufkommens. Wer diese Zulagen durch Vorspiegelung falscher Tatsachen er langt, begeht keine Steuerhinterziehung, sondern Subventionsbetrug. 8515 Kompensationsmöglichkeit Der durch die Tathandlung erlangten Steu § 370 Abs. erersparnis (oder dem Steuervorteil) könnte aus welchen Gründen auch immer 4 S. 3 AO eine Ermäßigung gegenüber stehen, welche die Ersparnis bzw. den Vorteil wieder kompensiert. Nach dem Gesetzeswortlaut ist ein solcher Vorteilsausgleich (der den Taterfolg und damit eine Strafbarkeit entfallen ließe) unzulässig. Die höchst richterliche Rechtsprechung lässt aber bei zwei Fallgruppen einen Ausgleich zu: a. es werden steuermindernde Tatsachen geltend gemacht oder festgestellt, die in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Hinterziehungshandlung stehen, b. es besteht rechtlich eine alternative Abzugsmöglichkeit zu Unrecht deklarierter Ausgaben. Folgende Tabelle gibt eine Übersicht über die Kasuistik des BGH: Kein Vorteilsaus gleich Vorteilsausgleich möglich ursprünglich nicht geltend gemachte Vorsteuern in Bezug auf nicht erklärte Umsätze derselben Periode nicht verbuchte Geschäfte mit Anschaffungskosten anderer als der schwarz verkauften Ware nicht beanspruchte Ausfuhrvergütungen für tatsächlich Ausfuhren im Verhältnis zu erschlichenen Ausfuhrvergütungen für nicht erfolgte Ausfuhren bei von Amts wegen zu berücksichtigendem Verlustvortrag (10 d EStG) Betriebsausgaben, die mit Betriebseinnahmen unmittelbar zusam menhängen nicht verbuchte Geschäfte mit Anschaffungskosten der Ware und Provisionsaufwendungen Rückstellungen für die hinterzogenen Umsatz und Gewerbesteuern Berücksichtigung ursprünglich als Sonderausgaben erklärter verdeck ter Parteispenden als Betriebsausgaben nicht geltend gemachte, von Amts wegen vorzunehmende Vertei lung von Einnahmen auf mehrere Jahre (bspw. Fünftelregelung) Strafsachen und Ordnungswidrigkeiten 1247 Präzisierungen: 1. Kann die Hinterziehungshandlung nicht vollständig kompensiert werden, so liegt nach wie vor eine strafbare Handlung vor, der geringere Hinterziehungs betrag hat aber Auswirkung auf die Strafzumessung. 2. Eine Kompensation hinterzogener Umsatzsteuer durch Vorsteuerbeträge lehnt der BGH kategorisch ab, obwohl ein wirtschaftlicher Zusammenhang unübersehbar ist. Ein Ausgleich kommt nicht einmal dann in Betracht, wenn der anzumeldenden Umsatzsteuer überschießende abzugsfähige Vorsteuern gegenüberstehen (BGH vom 24.10.1990, wistra 1991, 107). Abziehbare Vorsteuern stellen aber einen allgemeinen, vom Tatrichter zu berücksichtigenden Strafmilderungsgrund dar. Vorstellungsbild des Täters Neben der äußeren Tatseite (Taterfolg und Tatausübung) müssen subjektive Elemente vorliegen, damit der jeweilige Sachverhalt als Steuerhinterziehung qualifiziert werden kann. An dieser Stelle verläuft die in der Praxis wichtige Trennlinie zwischen Steuerhinterziehung und der nur als Ordnungswidrigkeit ausgestalteten leichtfertigen Steuerverkürzung: wird die Tat nicht „bewusst“ ausgeübt, liegt keine Steuerhinterziehung vor; es bleibt aber bei einer leichtfertigen Steuerverkürzung, wenn der Steuerpflichtige zumin dest die nötige Sorgfalt außer Acht gelassen hat (also fahrlässig handelt, vgl. Nr. 8590). 8516 Vorsatz Nur vorsätzliches Handeln ist strafbar. Dies bedeutet Wissen und 8517 Wollen der einzelnen (objektiven) Tatmerkmale. Es genügt jedoch auch schon eine abgeschwächte Form des Vorsatzes (so genannter bedingter Vorsatz): dabei muss der Täter den Taterfolg als Folge der Tathandlung nur für möglich halten und ihn gleichwohl billigen. Der Vorsatz muss sich auf sämtliche Tatbestandsmerkmale beziehen. Nicht erfor derlich ist jedoch, dass sich der Täter in einer exakten juristischen Bewertung die genauen steuerrechtlichen Konsequenzen bewusst macht. Er muss nur den für die Unrechtsbegründung wesentlichen Bedeutungsgehalt der Tat erfasst haben (sog. Parallelwertung in der Laiensphäre, vgl. BayObLG vom 2.12.1980, MDR 1981, 427). Beispiel: C hat Zinseinkünfte, über deren Höhe er sich nicht ganz im Klaren ist. Er kennt aber die Höhe des augenblicklichen Freibetrages und kann sich vorstellen, dass seine Zinseinkünfte darüber liegen, dies ist ihm letzen Endes aber auch egal. Nach augenblicklicher Rechtsprechung handelt C (bedingt) vorsätzlich. Er billigt die Steuerhinterziehung, indem er trotz bestehender Zweifel dem Taterfolg zumindest gleichgültig entgegensieht. Präzisierungen: Die Abgrenzung zwischen bedingtem Vorsatz und Fahrlässigkeit ist schwierig, wegen der unterschiedlichen Rechtsfolgen einer Steuerhinterziehung (Straf tat) und einer leichtfertigen Steuerverkürzung (Ordnungswidrigkeit) aber wichtig. Auch der fahrlässig Handelnde kann die Möglichkeit des Erfolgseintritts (Steuerverkürzung oder ungerechtfertigter Steuervorteil) kennen – man spricht dann von bewusster Fahrläs sigkeit – , er vertraut jedoch immer darauf, dass der Taterfolg sich nicht verwirklicht. Diese subtile Unterscheidung führt in der Praxis oft zu Beweisproblemen. Irrtum Das Vorstellungsbild des Täters kann von falschen Beurteilungen getra gen sein. Dann stellt sich die Frage, ob und inwieweit die falsche Vorstellung den Vorsatz beeinflusst oder in Frage stellt. Zwei Fallgruppen werden unterschieden: a. Irrt der Steuerpflichtige über Tatsachen, die für das Delikt von Bedeutung sind (nach dem Wortlaut des Gesetzes zum „gesetzlichen Tatbestand gehören“), schätzt er also den Sachverhalt schon nicht richtig ein, führt dies generell zum Ausschluss vorsätzlichen Handelns (so genannter Tatbestandsirrtum, § 369 II AO, § 16 StGB); es liegt kein strafrechtlich relevantes Verhalten vor. Die Tat kann dann allenfalls als Ordnungswidrigkeit zu ahnden sein (leichtfertige Steuerverkürzung, Nr. 8595). 8518 1248 Strafsachen und Ordnungswidrigkeiten Beispiele: 1. A glaubt irrtümlich, eine Bewirtungsrechnung beziehe sich auf ein Essen mit Geschäftspartnern, das er in Wirklichkeit mit seiner Familie abgehalten hat. 2. N erhält ein Vermächtnis seines Onkels über eine Geldsumme von 50.000 €. Den Be trag gibt er aber nicht wie gesetzlich vorgeschrieben (§ 30 Abs. 1 ErbStG) an, weil er vom Bestehen des privatschriftlichen Vermächtnisses gar nichts weiß. Die gesetzlichen Erben haben es zurückbehalten. Obwohl die Bezeichnung bestimmter Tatumstände, wie etwa die Begriffe „steuerlich erhebliche Tatsachen“ (Nr. 8508) oder „Steuerverkürzungen“ bzw. „Steuervorteile“ (Nr. 8513 ff.) der Rechtssprache entnommen sind, ordnet die höchstrichterliche Rechtsprechung einen Irrtum über den Bedeutungsgehalt dieser Begriffe noch dem Tatbestandsirrtum zu (BGH NJW 1980, 1005, BGH wistra 1989, 263, BayOblG wistra 1992, 312). Beispiel: S gibt nur seine in Deutschland erzielten Zinseinkünfte an, weil ihm sein Steu erberater zuvor in Verkennung des DBA mit der Schweiz die Auskunft erteilt hatte, dass die dort erzielten Einnahmen in Deutschland nicht der Steuer unterliegen. S hielt die Schweizer Zinseinkünfte daher für keine „steuerlich erhebliche Tatsache“, unterlag also einem Tatbestandsirrtum. Mangels Vorsatz scheidet eine Strafbarkeit aus. Anmerkungen: 1. Diese dogmatische Einordnung des „Irrtums über normative Tatbe standsmerkmale“ weicht vom allgemeinen Strafrecht ab und ist umstritten. Allgemein wird die Vorschrift (§ 370 Abs. 1 AO) in dem Sinne verstanden, dass die Normen der Ein zelsteuergesetze Teil des Tatbestandes sind (sog. Blankettstrafatbestand). Wenn die o.g. normativen Tatbestandsmerkmale aber durch die Einzelsteuergesetze ausgefüllt werden, wäre ein Irrtum über deren Bedeutung konsequenterweise kein Irrtum der Sachverhalts bewertung, sondern einer der rechtlichen Beurteilung (siehe unten). 2. Auch hier ist aber nur die Einordnung im Rahmen einer Parallelwertung der Laiensphä re (Nr. 8517) erforderlich. Gelingt diese dem Steuerpflichtigen, kommt kein den Vorsatz ausschließender Tatbestandsirrtum, sondern nur noch ein Verbotsirrtum (siehe unten) in Betracht, 8519 b. Irrt der Steuerpflichtige über die rechtliche Beurteilung, die an sein Handeln geknüpft ist, so kann dieser Verbotsirrtum (§ 369 II AO, § 17 StGB) – es sei denn er wäre unvermeidbar – allenfalls ein Strafminderungsgrund sein. Denn ob der Täter die rechtlichen Konsequenzen seines Tuns kennt, berührt seinen Vorsatz nicht. Er muss lediglich den Sachverhalt kennen, der zur Bewertung als Steuerhin terziehung führt. Beispiel: 1. Der Steuerpflichtige Z irrt über seine Berechtigung zum Vorsteuerabzug. 2. P hält die Verheimlichung erhaltener Parteispenden für nicht strafbar, weil er irrig glaubt, das Parteiengesetz nehme Parteispenden von der Besteuerung aus. 8520 Auch die Frage, wann grundsätzlich eine Pflicht zur Anzeige steuerlich relevanter Tatsachen besteht (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO; Nr. 8508 – also Abgabe und Erklä rungspflichten) wird als Ausfluss rechtlicher Wertung gesehen. Kennt der Steuer pflichtige Pflicht oder Zeitpunkt zur Abgabe einer Erklärung nicht, berührt dies seinen Vorsatz nicht. Beispiel: Ein bislang im Angestelltenverhältnis arbeitender Rechtsanwalt macht sich selbständig. Er gibt keine Einkommensteuererklärung ab, weil er glaubt, er würde hierzu vom Finanzamt gesondert aufgefordert. Hier ist ein anderer Tatbestand (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) erfüllt. Es handelt sich um ein Unterlassungsdelikt. Man spricht in diesem Zusam menhang von einem Gebotsirrtum, welcher als Spiegelbild eines Verbotsirrtums (bei Handlungsdelikten) allenfalls zu einer Strafmilderung führen kann. 8521 Täterschaft und Teilnahme Steuerstraftaten können in Täterschaft (als Täter oder Mittäter) oder in Teilnahme (Anstiftung oder Beihilfe) begangen werden. Diese Unterscheidung ist zum einen für die Höhe des Strafmaßes von Bedeutung. Zum anderen dient sie der Eingrenzung des Personenkreises, welcher die Tat selbst ausüben kann bzw. der Bestimmung mehrerer oder weiterer Perso nen, die sich an der Straftat beteiligen können. Strafsachen und Ordnungswidrigkeiten 1249 Täterschaft Sie umfasst alle Begehungsformen, bei denen der Steuerpflich tige die Tat als eigene will und deshalb den Geschehensablauf bestimmt. Den Unterlassungstatbestand (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) können nur diejenigen Perso nen erfüllen, die tatsächlich zur Abgabe der jeweiligen Erklärungen verpflichtet sind. So kann etwa ein Steuerberater nicht als Täter die Anzeige steuerlich erhebli cher Tatsachen seines Mandanten unterlassen, weil die Abgabe der Steuererklä rung oder sonstiger Steueranmeldungen auch nach Beauftragung des Steuerbera ters dem Steuerpflichtigen selbst obliegt. a. Der Täter verwirklicht den Straftatbestand selbst und alleine. Er muss jedoch nicht gleichzeitig der Begünstigte der Hinterziehung sein. 8522 8523 Beispiel: Der Geschäftsführer einer GmbH gibt Gewinnausschüttungen der 100 % igen Tochtergesellschaft nicht in voller Höhe an. b. Mittäterschaft liegt vor, wenn mehrere nach gemeinsamem Willen (Tatent schluss) und Tatplan arbeitsteilig vorgehen und jeder der Mittäter die Tat als eige ne will. 8524 Beispiel: A und B mindern gemeinsam durch Einschaltung von Scheinfirmen ihre jeweili ge persönliche SteuerBemessungsgrundlage. c. Bedient sich der Täter eines Dritten, den er wie ein „Werkzeug“ beherrscht (dies ist nur möglich, wenn dieser Dritte nicht selbst vorsätzlich oder grob fahrläs sig handelt), spricht man von mittelbarer Täterschaft. 8525 Teilnahme Der Begriff umfasst verschiedene Formen der Beteiligung an einer fremden Tat. Sie ist möglich in Form von Anstiftung und Beihilfe. Die Teil nahme setzt immer eine vorsätzlich begangene Haupttat voraus (so genannte Akzessorietät der Teilnahme). a. Anstiftung bedeutet, dass der Anstifter beim Täter den Entschluss zur Tat her vorruft. Der Vorsatz des Anstifters muss sich sowohl auf die Haupttat als auch auf die Anstiftungshandlung (Herbeiführen des Tatentschlusses) beziehen. Der Anstifter wird wie der Täter bestraft. Die Anstiftungshandlung muss ursächlich für die Haupttat sein. Hat der Täter be reits vor der Anstiftungshandlung den Tatentschluss gefasst, kann sie allenfalls noch als Beihilfe qualifiziert werden. 8526 8527 Beispiel: F versucht Ihren Ehemann davon zu überzeugen, die Mieteinnahmen aus ei nem Zweifamilienhaus in Österreich nicht anzugeben, obwohl sie weiß, dass sie zu Ein künften aus Vermietung und Verpachtung führen. Der Ehemann hatte jedoch noch nie vor, die Mieteinnahmen zu versteuern. F handelt zwar vorsätzlich; die Anstiftungshand lung kann jedoch nicht mehr kausal für die Steuerhinterziehung sein – keine Teilnahme. b. Beihilfe begeht, wer dem Steuerhinterzieher zu dessen Tat vorsätzlich Hilfe leistet; die Hilfeleistung muss die Tat nur unterstützen, nicht erst ermöglichen. Der Beitrag muss jedoch objektiv geeignet sein, die Tat zu fördern. Auch die Beihilfe ist strafbar, das Strafmaß ist jedoch geringer als bei Täter und Anstifter. 8528 2. Versuch Nicht nur die Vollendung einer Steuerhinterziehung, auch bereits deren Versuch ist 8530 strafbar. Letzterer ist gegenüber der Tatvollendung ein „Minus“. Es fehlt ein § 370 Merkmal des objektiven Tatbestandes, in der Regel (aber nicht zwangsläufig) der Abs. 2 AO Taterfolg. Der Versuch einer Straftat liegt vor, wenn die Ausführungshandlungen zur Tat eine bestimmte Schwelle überschritten haben (zeitliche Komponente) und 1250 Strafsachen und Ordnungswidrigkeiten der Täter gleichzeitig die subjektiven Tatmerkmale erfüllt, also Vorsatz hat (subjek tive Komponente). 8531 Zeitliches Element Erst wenn aus Sicht des Steuerpflichtigen keine weitere eigene Handlung mehr nötig ist, damit sich die Tat verwirklicht, setzt er unmittelbar zur Tat an. In diesem Moment ist das Versuchsstadium und damit der strafrechtlich relevante Bereich erreicht. Dieser Zeitpunkt deckt sich in der Regel mit der Abgabe unrichtiger oder unvollständiger Erklärungen gegenüber dem Finanzamt. Handlungen, die vor Abgabe der unrichtigen Erklärungen gegenüber dem Fi nanzamt liegen (z.B. unrichtige oder unvollständige Buchungen) sind daher als bloße Vorbereitungshandlungen nicht strafbar. straflos strafbar Vorbereitungshandlungen Unmittelbares Ansetzen zur Tat Erstellen falscher Inventuren Antrag auf Ausstellung einer Lohnsteuerkar te mit falschen Angaben Falsches Ausfüllen des Vordrucks zur Steu ererklärung Aufstellen falscher Bilanzen oder einer falschen GuVRechnung Abgabe falscher Einkommensteuererklärung Abgabe falscher Umsatzsteuervoranmel dungen Vorlage unrichtiger Unterlagen an Betriebs prüfer (siehe Präz. 1.) Abgabe falsch ausgefüllter gesonderter Anlagen zu Steuererklärungen Abgabe falscher Spendenbescheinigungen beim Finanzamt Absprache über Schwarzgeschäfte Präzisierungen: 1. Werden einem Betriebsprüfer zur Täuschung unrichtige Unterlagen vorgelegt, liegt schon zu diesem Zeitpunkt Versuch vor: der Täter muss ab diesem Zeit punkt von sich aus keine weiteren Maßnahmen mehr treffen, damit die Steuer zu seinen Gunsten unrichtig festgestellt werden kann. Zur Möglichkeit des Rücktritts vgl. Nr. 8541 ff. 2. Die Rechtsprechung stellt bei der Abgrenzung bloßer Vorbereitungsmaßnahmen zum unmittelbaren Ansetzen auf den Zeitpunkt der Vornahme der unzutreffenden Angaben ab. Diese Schwelle ist nach herrschender Auffassung nicht erst mit Kenntnis der Vertre ter der Finanzbehörden, sondern bereits mit der Aufgabe der falschen Erklärungen zur Post überschritten, weil der Täter in der Regel dann deren Zugang nicht mehr verhindern kann. 8532 Wird der Tatbestand der Steuerhinterziehung durch Unterlassen begangen, so § 370 Abs. liegt Versuch erst dann vor, wenn sich die Tat ohne Zutun des Steuerpflichtigen 1 Nr. 2 AO (Vornahme der gebotenen Handlung) von alleine verwirklicht. Dieser Zeitpunkt deckt sich in der Regel mit der Abgabefrist der gesetzlich vorgeschriebenen Erklä rungen. Zu berücksichtigen ist aber die Möglichkeit, von Fristverlängerungen Gebrauch zu machen. Die Abgabefrist für Einkommensteuererklärungen kann bis zum 28.02. des übernächsten, auf den Veranlagungszeitraum folgenden Jahres, verlängert werden. Frühestens ab diesem Zeitpunkt kann bei Unterlassungstatbe ständen daher das unmittelbare Ansetzen zur Tat gesehen werden. 8533 Subjektives Element Das Vorstellungsbild des Täters muss dem bei Tatausübung bzw. vollendung entsprechen (Nr. 8516). Man spricht bei versuchter Tatbegehung von „Tatentschluss“; den Versuch einer Steuerhinterziehung kann nur derjenige begehen, der vorsätzlich handelt (Nr. 8517). Strafsachen und Ordnungswidrigkeiten 1251 3. Rückgängigmachung Es gibt Möglichkeiten der nachträglichen Rückgängigmachung einer Steuerstraftat 8535 zur Vermeidung einer Bestrafung, namentlich durch Rücktritt und Selbstanzeige. § 371 AO Diese Möglichkeiten bestehen jeweils nur bis zu einem bestimmten zeitlichen Stadium der Tat (Nr. 8523). Zeitliche Stadien der Tat Wesentlich für die Möglichkeit einer nachträglichen Strafbefreiung ist der Zeitpunkt der Vollendung und der Beendigung der Tat. unmittelbares Ansetzen Vollendung straflos Vorbereitungsphase 8537 Beendigung strafbar Versuchsphase Realisierung/ Intensivie rung des Schadens Rücktritt (Nr. 8541 f.) Selbstanzeige (Nr. 8543 ff.) Vollendung Vollendet ist die Tat mit Eintritt des Erfolges. Besteht dieser in einem ungerechtfertigten Steuervorteil (Nr. 8514), ist der Zeitpunkt der Erlangung dieses Vorteils maßgebend. Bei dem Erfolgsmerkmal „Steuerverkürzung“ sind Veranlagungs (Einkommensteuererklärung) und Fälligkeitssteuern (Lohnsteuer anmeldung und Umsatzsteuervoranmeldung zu unterscheiden. Ab dem Zeitpunkt der Vollendung ist kein Rücktritt mehr möglich. Zeitpunkt der Vollendung bei Veranlagungssteuern bei unrichtiger Angabe mit Bekanntgabe der unrichtigen Steuerfestsetzung mit zu niedriger Schätzung der Steuer, spätestens bei Schätzung im Zeitpunkt des Abschlusses von 95 % aller Ver anlagungen der betreffenden Steuern bei Nichtabgabe/ unterlassener im Zeitpunkt des Abschlusses von 95 % aller Ver Schätzung anlagungen der betreffenden Steuern Zeitpunkt der Vollendung bei Fälligkeitssteuern Abgabe einer unrichtigen Steuerfest mit Eingang der unrichtigen Anmeldung (§ 168 S. 1 setzung (Schwarzbetrag) AO) Abgabe einer unrichtigen Steuerfest mit Zustimmung der Finanzbehörde (§ 168 S. 2 AO) setzung (Rotbetrag) Nichtabgabe/ verspätete Abgabe der mit Ablauf des gesetzlichen Fälligkeitstermins Steueranmeldung Beispiele: 1. Z reicht vorsätzlich keine Einkommensteuererklärung für das Jahr 2004 ein. Eine Schätzung der Einkommensteuer erfolgt nicht. Am 1. August 2006 erreicht das zu ständige Finanzamt einen Bearbeitungsstand von 95 % aller Einkommensteuererklärun gen aus dem Jahr 2004. Zu diesem Zeitpunkt ist die Steuerhinterziehung des Z vollendet. 8538 1252 Strafsachen und Ordnungswidrigkeiten 2. Unternehmer U reicht am 8.8.2005 eine UmsatzsteuerVoranmeldung 07/2005 mit ei ner Zahllast von ./. 5.000 € ein (richtig ./. 3.000 €). Das Finanzamt stimmt der Voranmel dung am 20.8.2005 zu. Da die Zustimmung des Finanzamtes gesetzlich festgeschrieben ist, ist die Steuerhinterziehung erst mit dieser am 20.8.2005 vollendet. 8539 Beendigung Beendet ist die Tat einerseits, wenn alle Vorteile aus ihr gesi chert sind, mit anderen Worten die Tat nicht mehr entdeckt werden kann. Beendi gung tritt andererseits auch ein, wenn die Tat aufgedeckt, d.h. sobald gegen den Steuerpflichtigen ermittelt wird (Nr. 8575). Nach Beendigung ist nicht nur kein Rücktritt, sondern auch keine Selbstanzeige mehr möglich. 8540 Rücktritt Bis zur Tatvollendung kann der Täter von der Tat zurücktreten § 24 Abs. 1 und damit straffrei bleiben, indem er die weiteren Tatausführungen aufgibt oder S. 1 StGB deren Vollendung verhindert. Beispiel (im Anschluss an Nr. 8537): Der Ehemann hat – wie geplant – die Mieteinnah men aus Österreich nicht angegeben. Drei Monate nach Abgabe der Steuererklärung be sinnt sich M und erklärt nachträglich die ausländischen Mieteinkünfte. Er schickt die ent sprechenden Unterlagen an das Finanzamt. Das Schreiben überschneidet sich mit dem Einkommensteuerbescheid, welcher ein Tag nach Absendung der nachgereichten Erklä rungen des M diesem zugeht. Die Vollendung der Tat wäre mit Bekanntgabe der unrichtigen Steuerfestsetzung, also mit Zustellung des unrichtigen Steuerbescheides vollendet gewesen. Einen Tag vorher konnte M noch zurücktreten, indem er seine Angaben korrigiert hat. Zwar konnte M die Vollendung der Tat nicht mehr verhindern, da ihm der Einkommensteuerbescheid ein Tag später bekannt gemacht wurde; er hat aber durch die Korrektur noch rechtzeitig die wei tere Tatausführung aufgegeben und dies nach Außen hin dokumentiert. 8542 Wird die Tat ohne Zutun des Steuerpflichtigen nicht vollendet, so bleibt dieser § 24 Abs. 1 trotzdem straffrei, wenn er sich freiwillig und ernsthaft bemüht, die Vollendung zu S. 2 StGB verhindern. Beispiel: Im oben behandelten Beispielsfall hat nun das Finanzamt von den Mieteinnah men erfahren, weil der Mieter Kosten einer doppelten Haushaltsführung geltend ge macht und dabei Zweitwohnort in Österreich sowie den an M entrichteten Mietzins an gegeben hat. Der Finanzbeamte hat den fast fertigen Steuerbescheid nicht weiter bear beitet, die Angelegenheit aber auch noch nicht an die Straf und Bußgeldstelle weiterge leitet, als er die zusätzlichen Unterlagen von M erhält. Die Vollendung ist hier ohne Zutun des M ausgeblieben. Er ist gleichwohl von der Tat zurückgetreten, weil er freiwillig (M wusste nichts von den Informationen des Finanzamtes) und ernsthaft bemüht war, die Vollendung der Tat zu verhindern. 8543 § 371 AO Selbstanzeige Zwischen Vollendung und Beendigung der Steuerhinter ziehung (Nr. 8523) kann durch eine Selbstanzeige Straffreiheit erlangt werden. Inhalt der Selbstanzeige ist die: Berichtigung unrichtiger Angaben Ergänzung unvollständiger Angaben Nachholung unterlassener Angaben 8544 Form Die Selbstanzeige bedarf keiner bestimmten Form. Sie kann schriftlich oder (fern)mündlich durch den Steuerpflichtigen selbst oder dessen Bevollmächtig ten abgegeben und muss nicht als solche bezeichnet werden. Die Einreichung einer Steuererklärung ist eine Selbstanzeige, wenn die Steuer pflicht als solche der Steuerbehörde nicht bekannt war. Waren unrichtige Erklärun gen schon abgegeben, muss die Absicht, zu berichtigen, erkennbar sein. Die Umsatzsteuerjahreserklärung gilt als wirksame Selbstanzeige für einzelne Voranmeldungszeiträume (OLG Hamburg BB 2004, 1779). Strafsachen und Ordnungswidrigkeiten 1253 Präzisierungen: 1. Bei Selbstanzeige in Form einer Umsatzsteuerjahresanmeldung für unrichtige Umsatzsteuervoranmeldungen des Jahres ist eine Aufgliederung der Umsätze nach Monaten oder Kalendervierteljahren nicht erforderlich. 2. Die Abgabe einer richtigen ESt- bzw. KSt-Erklärung ist eine Selbstanzeige im Hin blick auf einen unrichtigen Antrag auf Herabsetzung der ESt bzw. KStVorauszahlungen. Inhalt Die Selbstanzeige muss alle Informationen enthalten, die für eine Rich 8545 tigstellung erforderlich sind. Der bloße Hinweis auf Unrichtigkeit oder Unvollstän § 371 AO digkeit genügt nicht. Die zutreffende Festsetzung der Steuer muss dem Finanzamt ohne größere Nachforschung möglich sein (Grundsatz der Materiallieferung). Kann der Steuerpflichtige keine genauen Zahlen angeben, genügt ein Schätzungs vorschlag, der sämtliche für eine Schätzung erforderlichen Grundlagen enthält. Straffreiheit tritt nicht ein, wenn die Angaben so lückenhaft sind, dass die Finanz behörde in vollem Umfang schätzen muss. Präzisierung: Eine Fehlschätzung von bis zu 10 % ist für die strafbefreiende Wirkung der Selbstanzeige unschädlich. Anmerkung: Genügt die Erklärung den inhaltlichen Anforderungen einer Selbstanzeige nicht, so kann in der Erklärung gleichwohl die Ankündigung einer Selbstanzeige liegen, die (im Zusammenhang mit weiteren Angaben) als „Selbstanzeige dem Grunde nach“ angesehen werden kann. Dabei liegen mehrere Erklärungen oder Anzeigen vor, die stu fenweise dem gesetzlichen Erfordernis (§ 371 Abs. 1 AO) gerecht werden. Hier könnte die Finanzverwaltung nach der ersten Erklärung ohne weiteres einen Aus schlussgrund der Selbstanzeige dadurch verwirklichen, dass sie eine Außenprüfung an ordnet und durchführt (vgl. unten Nr. 8547, § 371 Abs. 2 Nr. 1 a AO). In der Praxis verhält sich die Finanzverwaltung aber großzügig. Sie lässt in der Regel dem Betroffenen ausrei chend Zeit, seine Angaben zu ergänzen und so die Wirkung der Straffreiheit zu erhalten. Zu einer Selbstanzeige „dem Grunde nach“ sollte also jeder Steuersünder greifen, der zu präzisen Angaben noch nicht in der Lage ist, etwa weil er unter Zeitdruck reagieren muss. Zeitpunkt Die Selbstanzeige verliert ihre strafbefreiende Wirkung, wenn einer der so genannten Sperrgründe eingetreten ist: a. Erscheinen eines Amtsträgers der Finanzbehörde beim Steuerpflichtigen: Der Amtsträger (Betriebsprüfer oder Steuerfahnder) ist zur steuerlichen Prüfung oder zur Ermittlung einer Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit erschienen, sobald er das Grundstück mit den Betriebs oder Wohnräumen eines Steuerpflich tigen oder seines Bevollmächtigten in der Absicht betreten hat, die steuerlichen Verhältnisse zu prüfen oder den Verdacht einer Zuwiderhandlung gegen Steuerge setze aufzuklären. Bei einer Betriebsprüfung (Außenprüfung) kann also noch bis zum Erscheinen des Prüfers eine Selbstanzeige erstattet werden. Der Umfang der Sperrwirkung richtet sich nach dem Inhalt der Prüfungsanordnung (Adressat, Steuerarten, Sachverhalte, Prüfungszeiträume). Selbstanzeigen für Steuerarten und Besteuerungszeiträume außerhalb der Prüfungsanordnung können auch noch nach Erscheinen des Prüfers wirksam erstattet werden. Bei straf und bußgeld rechtlichen Ermittlungen richtet sich die Sperrwirkung nach dem Umfang des Auftrags zur Ermittlung des Einzelsachverhalts. b. Bekanntgabe der Einleitung des Straf- oder Bußgeldverfahrens: Sie kann schriftlich oder mündlich geschehen. Die Sperrwirkung erstreckt sich dabei nur auf den Beschuldigten und nur auf die Steuerarten und Steuerabschnitte, welche vom Verfahren erfasst werden. c. Entdeckung der Tat: Dieser Ausschließungsgrund hat zwei Voraussetzungen: Die Tat muss im Zeitpunkt des Eingangs der berichtigten Steuererklärung ganz oder zum Teil entdeckt sein (objektives Element), und der Täter muss die Entde 8546 8547 § 370 Abs. 2 Nr. 1 a AO 8548 § 370 Abs. 2 Nr. 1 b AO 8549 § 370 Abs. 2 Nr. 2 AO 1254 Strafsachen und Ordnungswidrigkeiten ckung kennen oder bei verständiger Würdigung der Sachlage mit ihr rechnen (subjektives Element). Ein – noch so schwerer – Verdacht bedeutet noch keine Entdeckung. Die Tat ist erst entdeckt, wenn eine Angabe als schuldhaft unrichtig oder als pflichtwidrig unterlassen erkannt ist. Dabei müssen vor allem auch Anhaltspunkte für einen Vorsatz gegeben sein. Kontrollmitteilungen oder Feststellungen bei Geschäftspart nern z.B. führen zur Entdeckung der Tat erst dann, wenn die Überprüfung der Steuerakte die Annahme des Verschuldens vorläufig rechtfertigt. 8550 Wiedergutmachung Die strafbefreiende Wirkung der Selbstanzeige tritt § 370 Abs. nur ein, wenn die hinterzogenen Steuern innerhalb der von der Steuerbehörde bestimmten angemessenen Frist entrichtet werden. Die Frist kann auf Antrag 3 AO verlängert werden. Die Nachentrichtung kann durch Zahlung oder Aufrechnung (etwa mit einem Umsatzsteuerguthaben) bewirkt werden. Wirtschaftliche Leistungsunfähigkeit entlastet den Steuerpflichtigen nicht. Ist er nicht in der Lage den gesamten ge schuldeten Betrag innerhalb der gesetzten Frist aufzubringen, so tritt Straffreiheit nur hinsichtlich des nachentrichteten Teils ein. Die Angemessenheit der vom Fi nanzamt gesetzten Frist überprüft das Strafgericht. Anmerkung: Kann die Selbstanzeige nicht die gewünschte strafbefreiende Wirkung ent falten (etwa weil die Nachentrichtung nicht fristgerecht erfolgt), so wird sie gleichwohl im Rahmen der allgemeinen Strafzumessungsgesichtspunkte (§ 46 StGB) berücksichtigt. 4. Besondere Schwere 8553 Das Gesetz hebt bestimmte Begehungsformen der Steuerhinterziehung heraus und knüpft an sie besondere Folgen. Zu unterscheiden sind bestimmte Regelfälle, die eine höhere Strafandrohung an bestimmte persönliche Täter oder Tatmerkmale knüpfen von einer besonders schweren Form der Tatausübung. 8554 Besondere Täter- und Tatmerkmale Das Gesetz gibt Regel § 370 Abs. fälle vor. Dies bedeutet, dass die Aufzählung der Merkmale, die zu einer höheren Strafe führen, nicht abschließend ist und für den Tatrichter nur als Anhaltspunkt 3 AO dient. Ein besonders schwerer Fall liegt nach dem Gesetzeswortlaut vor (§ 370 Abs. 3 AO), wenn der Täter – aus groben Eigennutz in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt – seine Befugnisse oder seine Amtsstellung missbraucht – die Mithilfe eines Amtsträgers ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung miss braucht – unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt 8555 Besonders schwere Form der Tatausübung Für eine be § 370 a AO sondere Organisationsform der Steuerhinterziehung, nämlich die gewerbs und bandenmäßige Steuerhinterziehung, hat der Gesetzgeber einen eigenen Tatbe stand geschaffen.