Auf Mankei im Steirischen

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Auf Mankei im Steirischen
Murmeltierjagd
Auf Mankei im Steirischen
Da das Murmeltier in Bayern ganzjährig geschont ist, haben nur wenige das Glück und die Gelegenheit,
einmal auf das Mankei, wie es auch genannt wird, zu jagen. Hubert Müller-Bauer hatte beides und erzählt
uns von einem einmaligen Erlebnis in seinem Bergrevier in der österreichischen Steiermark.
„Entenjagern gegen Mankei“ war die
etwas eigenartige Abmachung zwischen einem Freund und mir. Also
nahm ich Peter an einem Tag im Frühherbst mit zur Jagd auf Murmel.
Die Fahrt ging los übers steirische
Enns- und Murtal, rauf Richtung Turacher Höhe in mein traumhaftes fürstlich Schwarzenbergsches Bergrevier.
Dort angekommen haben wir´s uns
gleich auf der Almhütte gemütlich gemacht und uns von der Sennerin Agath
mit Milch, Kas und selbst gebackenem
Brot versorgen lassen. Ein paar Flascherl grüner Veltliner haben uns gleich
in die richtige „Mankei-Stimmung“
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gebracht und uns auch recht bald ins
Traum-Reich mit den Mankei, Gamserl
und Hirschln versinken lassen.
Beim Mankeijagern ist ja in der Früh
keine Eile nötig und deshalb haben
wir unsere kleinen Räuscherl gut überwunden als wir am frühen Vormittag,
bepackt mit Rucksack und Büchse, losmarschieren. Es ist ein herrlicher Tag
und eine traumhafte Sicht lässt uns
übers Murtal bis hint ins Dachsteingebiet schauen.
Nach circa einer Stunde bei unserer
ersten Rast versetzen uns die hellen
Pfiffe der noch weit entfernten Murmel
in Vorfreude und lassen unsere Jäger-
herzen höher schlagen. Brot, schmackiger Kas von der Agath und das frische
Almwasser geben uns Kraft für den
restlichen Aufstieg. Bald stehen wir am
Rand eines herrlichen Kars mit traumhaftem Rundumblick. An einer umgestürzten Lärche – eine ideale Auflage,
wie wir finden – umgeben von restlichen Almrauschblüten, tun wir uns erst
einmal zum Verschnaufen nieder und
halten Ausschau.
Schon erblick ich auf einem circa 100
Schritt entfernten Bau die ersten Afferl,
was meinen Freund in helle Aufregung
versetzt. Drei waren es und die Katze
dazu.
Nach einer halben Stunde bin
ich sicher, dass der Bär passt
So sitzen wir umra zwei Stunden, machen zwischendurch ein kleines Nickerchen, als mich das laute Schnarchen meines Spezls plötzlich aufrüttelt
und ich gleich wieder spekulier. Da ist
doch was auf dem Felsblock, etwa
120 Meter entfernt. Tatsächlich, das
ist ja ein Prachtexemplar, und was
für eins! Jetzt heißt es abwarten und
ruhig bleiben. Peter ist inzwischen,
vermutlich durch meine übertragene
Freude des Anblicks, wach geworden,
schaut in die gleiche Richtung und
hat „das Objekt der Begierde“ auch
entdeckt. „Was is es?“, fragt er aufgeregt. „Das könnt a passender Bär
sein“, ist meine Antwort. So vergeht
einige Zeit des Wartens und Beobachtens und nach einer halben Stunde
bin ich mir sicher, dass der Bär passt
und gebe ihn frei. Peter schaut durchs
Zielfernrohr seiner 222er, legt wieder
ab und meint „sakrisch weit is es“.
„Dreißig Meter davor ist ein passender Felsbrocken und den gehen wir
an“, sag ich. Ohne langes „geht‘s oder
geht‘s ned“ pirschen wir uns vorsichtig hin. Dort spekulier ich sofort, aber
nix is mehr zu sehn. Trotzdem richte
ich für Peter meinen Loden-Rucksack
und drauf meinen Wetterfleck schussgerecht her und seh auch gleich, dass
unser kleiner Berggeist auf seinem Aussichtsposten wieder erscheint.
Jetzt geht alles ganz schnell. Peter legt
auf, zielt – und schon hallt mehrfaches
Echo durchs Kar. Der kleine Berggeist
aber ist verschwunden. Zu schnell geschossen? Gefehlt? Jetzt steigt die Spannung natürlich und der Puls schnellt bei
uns beiden entsprechend hoch. Einige
Zeit später schleichen wir los und sind
schnell am Mankei-Fels. Nix is da und
Peters Gesicht wird blass. Ich umrunde
den tonnenschweren Felsblock und erlöse meinen Freund mit einem „da liegt
er ja-Schrei“. Wir fallen uns um den Hals
und mit einem freudigen „Waidmannsheil“ beglückwünsche ich meinen Spezl
und überreiche ihm nach einem kurzen
Innehalten den Almrausch-Bruch. Auch
unsere Beute, der Alte vom „EisenhutKar“, bekommt sein Brücherl. Schnell
packen wir dann zamm, denn es ist viel
Zeit vergangen und wir haben noch einen weiten Weg vor uns.
Der Alte vom „Eisenhut-Kar“
bekommt sein Brücherl
Mit dem Mankei am Rucksack gehen
wir beschwingt freudig unserm Almquartier entgegen. Dort angekommen
beurteilt natürlich die zierliche, 77-jährige Agath unsere Beute. „Reschbäggt,
a guada Schuss und a Oida is a no“, so
ihr Kommentar. Und da Peter is noch
um a Stückerl stolzer durch das Lob
dieser erfahrenen Almerin. Jetzt wird
unser Waidmannsheil kräftig gefeiert
und die letzten Stunden auf der Almhütte genossen.
Der Autor im Blickfeld:
Hubert Müller-Bauer
Hubert Müller-Bauer, Inhaber der Firma hubertus Filz
und Loden, ist seit 44 Jahren passionierter Jäger und
hat früh seine Leidenschaft für die Bergjagd entdeckt.
Er war lange Zeit Pächter eines Reviers in der Steiermark und jagt heute noch mit Begeisterung in den
bayerischen Bergen.
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Fotos: S: Ott/piclease, W. Gailberger/piclease
„Erstmal ganz ruhig bleiben, mein
Freund“, sag ich. „Erfreu Dich an diesem besonderen Anblick, schießen
kommt hier sowieso nicht in Betracht.“
Mankeijagern heißt immer einen alten,
einsamen Bären suchen.