fünf jahre - Eintracht Frankfurt

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fünf jahre - Eintracht Frankfurt
magazin
Fünf Jahre
Eintracht Frankfurt Museum
UNTER DER LUPE:
Wolfgang Steubing Halle
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Eintracht Frankfurt Mitglieder Magazin / Nummer 34 / Winter 2012
> TITEL
Herzlichen Glückwunsch,
Eintracht Frankfurt Museum!
Henni Nachtsheim, Comedian
Liebes Eintracht-Museum,
weißt Du was so schön an Dir ist? Wenn wir gerade schlechte Zeiten erleben, dann besuchen wir Dich und trösten uns vor der Pokalvitrine mit den Erinnerungen an
bessere Tage.
Und wenn es uns zu gut geht, und
wir kurz vorm Durchdrehen sind,
kommen wir auch zu Dir und gucken
uns auf dem Monitor Szenen vom
Rostockspiel an und schon sind wir
wieder geerdet!
Du bist unser Regulativ und es ist
wunderbar, dass wir Dich haben!
Dein Fan Henni Nachtsheim
Olliver Tietz, Geschäftsführer DFB-Kulturstiftung Theo Zwanziger
Ich schätze am Eintracht Frankfurt Museum, dass es die Geschichte des Vereins als Teil
der Stadtgeschichte erzählt und junge Leute
erreicht, die sonst vielleicht nie ins Museum
gehen. Matthias Thoma und seinem Team gehen nie die Ideen aus.
Einen gutnachbarschaftlichen Gruß und
Glückwunsch zum 5-Jährigen aus der OttoFleck-Schneise!
Peter Feldmann, Oberbürgermeister Frankfurt
Was haben wir nicht schon
alle mit der Eintracht gelitten
und gejubelt. Diese außerordentlichen Momente werden
im Eintracht-Museum wieder
zum Leben erweckt. Gratulation und Happy Birthday.
Macht weiter so.
Prof. Dr. Felix Semmelroth,
Kulturdezernent der Stadt Frankfurt am Main
Einen besseren Zeitpunkt hätte man sich für das fünfjährige Jubiläum des Eintracht-Museums nicht wünschen können. Die Eintracht
steht auf Platz 4, spielt intelligent, effizient und hat mit Alex Meier einen der besten Torjäger der Liga. Das Museum zeigt, dass die
Eintracht bei allen Hochs
und Tiefs in ihrer Geschichte
immer wieder große Mannschaften hervorgebracht hat.
Die Mannschaft 2012/13 hat
allen Grund, künftig dazu gezählt zu werden. Herzlichen
Glückwunsch zum Geburtstag des Museums und zu dieser Eintracht!
Omid Nouripour, MdB Bündnis
90/Die Grünen und Vorsitzender des
EFC bundesAdler
Seit fünf Jahren treffen sich
Hochkultur und wahrer Glaube im
Eintracht-Museum. Die Bedeutung
des Museums für die Fankultur ist
nur proportional zur Größe des La
Coruña Pokals zu verstehen.
Peter Fischer, Präsident von Eintracht Frankfurt
Gott war der nervös! Furchtbar aufgelöst, schüchtern und ein
wenig verzweifelt. Matthias „Matze“ Thoma wäre an diesem 29.
November 2007, am Tag der Eröffnung, wahrscheinlich am liebsten
aus der Commerzbank-Arena abgehauen. Glücklicherweise hat er
es nicht getan, denn für uns im Präsidium gab es nie einen Zweifel,
dass Matze der richtige Mann für dieses Großprojekt ist. Mit Akribie
und Enthusiasmus sammelte er schon weit vor der Eröffnung jeden
„Fetzen“ Eintracht-Vergangenheit, um das Eintracht Frankfurt Museum zu dem Ort zu machen, an dem
unsere einzigartige Tradition festgehalten ist und der uns Erinnerungen
zurückbringt.
Wir, das Präsidium, sind wahnsinnig stolz auf das Eintracht Frankfurt
Museum und unseren Museumsdirektor. Herzlichen Glückwunsch zum
Fünfjährigen sage ich allen, die in den
letzten fünf Jahren zur fantastischen
Entwicklung des Museums beigetragen haben!
Heribert Bruchhagen und Axel Hellmann, Vorstand der
Eintracht Frankfurt Fußball AG
Fast 114 Jahre Vereinsgeschichte sind im Eintracht Frankfurt Museum beheimatet. Fast 114 Jahre voller Visionen, Fehlschläge,
grandioser Erfolge und unerreichter Rekorde. Ereignisse wie der
UEFA-Pokal-Sieg 1980, die Deutsche Meisterschaft 1959 oder das
Rostock-Trauma haben genauso ihren Platz unter der Haupttribüne
in der Commerzbank-Arena wie über 300 weitere Exponate. Der Erfolg des Museums, das seinesgleichen in Deutschland sucht, ist der
Verdienst von Matthias Thoma und seinem großartigen Team. Macht
weiter so! Herzlichen Glückwunsch!
FOTOS: Ulrike Deuscher-Hölzinger, DFB, Eintracht Frankfurt Museum,
privat, Joachim Storch
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EINTRACHT FRANKFURT MAGAZIN WINTER 12
FOTO » Spezialisten in Sachen EintrachtHistorie: Das Team des 2007 eröffneten
Museums bestehend aus Steffen Ewald,
Frauke König, Billiy Ott, Pia Geiger, Axel
„Beve“ Hoffmann und Museumsdirektor
Matthias Thoma (v.l.n.r.)
Dieser Weg wird kein leichter sein…
… sondern steinig und schwer. Die berühmten Liedzeilen von Xavier Naidoo beschreiben den Prozess bis hin zur Eröffnungsfeier des Eintracht Frankfurt Museums am 29.
November 2007 vortrefflich. Nach Schalke, Hamburg und Bremen war die Frankfurter
Eintracht der vierte große Verein in Deutschland, der seine Geschichte in einer permanenten Ausstellung präsentiert. Heute sind fünf Jahre seit der Eröffnung vergangen
und wir gratulieren dem noch jungen Geburtstagskind, dessen Aufgabe es ist, unsere
einzigartige Tradition festzuhalten und unsere Erinnerungen zurückzubringen.
Wie so oft ist ein gelungenes Projekt nicht das Werk eines Einzelnen, sondern beruht auf dem Engagement vieler Menschen, denen
das Bewahren der Vereinsgeschichte am Herzen lag und liegt. Vielleicht ist Heiner Stocke der Urvater des Eintracht Frankfurt Museums,
denn Zeit seines Lebens kümmerte er sich um seine Eintracht und
bewahrte alles sorgsam auf, was er in Sachen Eintracht zu fassen bekam. Der 100. Geburtstag im Jahr 1999 zeigte die Bedeutung seiner
Sammlung und es entwickelte sich ein Bewusstsein dafür, wie wichtig
die Geschichtspflege im Verein ist. Vor allem die aktiven Fans Andreas
„Andy“ Klünder und Mathias Scheurer forderten ein ums andere Mal
die Einrichtung eines Archivs und Klaus Lötzbeier, Eintracht-Vizepräsident, beauftragt von Präsident Rolf Heller, nahm sich der Sache an.
Vereinsarchivar Matthias „Matze“ Thoma bekam daraufhin am alten Riederwald einen kleinen Raum – ausgestattet mit einem PC – zur
Verfügung gestellt. „Matze ist einmalig. Wir hätten keinen Besseren
hierfür finden können“, erinnert sich Lötzbeier schmunzelnd. „Für
ihn war und ist das eine Herzensangelegenheit, und so hat man ihn
fortan mit glänzenden Augen auf der Suche nach neuen Exponaten
durch den Riederwald streifen oder über alten Vereinszeitungen und
Protokollen in seinem Zimmer brüten sehen.“ Matthias Thoma war
in den Augen der Verantwortlichen sowohl bei Verein als auch später bei der Eintracht Frankfurt Fußball AG der unumstritten richtige
Mann für die Aufgabe. „Er hatte nicht nur eine klare Vorstellung dessen, was er wollte, er hatte auch freie Hand, mehr oder weniger nach
eigenem Ermessen zu walten und zu schalten“, so Lötzbeier.
Zu Erinnerungen in Papierform kamen bald Sportgeräte, Trikots,
Wimpel und Pokale und der Raum in der Dachschräge hinter dem
Präsidiumszimmer im alten Riederwaldgebäude platzte aus allen
Nähten. Als das Präsidium mit ihrem damaligen Präsidenten Rolf Heller noch vorschlug, man könne doch die Sachen einfach ins Foyer
am Riederwald stellen, ist die Idee eines eigenen Eintracht-Museums
schon längst geboren. Bereits 2005 hatte Guido Derckum, der eifrige
damalige Vorsitzende der Fan- und Förderabteilung, einen Plan für
ein vereinseigenes Museum vorgestellt und kräftig die Werbetrommel gerührt. Eine Arbeitsgruppe bestehend aus Carsten Knoop
und Dunja Lützenkirchen als Vertreter der Fußball AG und Guido
Derckum, Mathias Scheurer, Patrick Widera, Jörg Strehler und Holger
Nickel für den Verein, erarbeiteten gemeinsam mit Matze Thoma ein
Konzept für ein eigenes Museum. Sie reisten quer durch die Republik und besuchten die Museen auf Schalke, in Bremen, Hamburg
und Köln. Als geeigneten Platz für das Vereinsmuseum wurde die
Commerzbank-Arena ausgemacht. 2007 wurde die Eintracht Frankfurt Museum gGmbH mit Matze Thoma und Oliver Frankenbach als
Geschäftsführer gegründet und die Bauarbeiten unter der Haupttribüne des Stadions begannen. Für die Kosten kommen Verein und
AG zu gleichen Teilen auf.
Was sich in der kurzen Beschreibung der Entwicklung bis hin zur
Eröffnung des Eintracht Frankfurt Museums so leicht anhört, war
in Wirklichkeit ein langer, steiniger Weg – Ergebnis ist ein Museum
auf 430 Quadratmetern Ausstellungsfläche, in dem die Geschichte
des Vereins in Form eines Zeitstrahls von den Anfängen bis zu Gegenwart hautnah erlebt werden kann. Über 30.000 Besucher zählte das Eintracht Frankfurt Museum im vergangenen Jahr, im Jahr
davor waren es rund 25.000 Besucher, die 100.000er-Marke ist
bereits geknackt. „Die Besucherzahlen sind in den fünf Jahren stetig gestiegen“, freut sich Museumsdirektor Matze Thoma, für den
Stillstand ein Fremdwort ist. Er tüftelt permanent an neuen Ideen
für Sonderausstellungen und Projekten, führt Interessierte auf den
Spuren der Eintracht durch Frankfurt und schreibt nebenher auch
noch das eine oder andere Buch. Nach dem Thema seiner Bücher
muss man wohl nicht fragen: Es geht immer um die Geschichte von
Eintracht Frankfurt! |
TEXT: Barbara Hermanowski » FOTO: Eintracht Frankfurt Museum
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> TITEL
Hinter verborgenen Türen
Auf über 400 Quadratmetern zeigt das Eintracht Frankfurt Museum Ausschnitte der bewegten
Geschichte des Vereins. Aber längst nicht alle Exponate, die dem Museum zur Verfügung gestellt wurden, finden in der Ausstellung Platz. Im vereinseigenen Archiv warten daher unzählige
weitere Stücke darauf, vielleicht doch einmal den Weg in eine der Ausstellungsvitrinen zu finden.
Pokale längst vergangener Zeiten, Wimpel, Urkunden und jede
Menge Kuriositäten gibt es hier. Wer hier einen vollgerümpelten Keller erwartet, sieht sich getäuscht: In einem wohl temperierten, rund
50 Quadratmeter großen Kellerraum unter der Commerzbank-Arena
hat jedes dieser Erinnerungsstücke einen festen Platz und praktisch
zu jedem von ihnen weiß Museumsdirektor Matthias „Matze“ Thoma eine Geschichte zu erzählen.
Ein ausgestopfter Artgenosse von Maskottchen Attila thront in der
Mitte des Raums auf einem Tisch. „Den wollte ich eigentlich gern im
Vorraum im Museum aufhängen“, verrät Matze schmunzelnd, „aber
alle meine weiblichen Mitarbeiter waren dagegen.“ Also bleibt der
100 Jahre alte Adler mit echtem Stammbaum erst einmal im Keller –
Stammbaum hin oder her.
Ein stabiles Regal auf der linken Seite beherbergt unzählige Pokale aus aller Herren Länder (FOTO 4). Große und kleine, manche in
Form einer Salatschüssel, andere in Bembelform oder als Teller. Einigen sieht man ihr Alter auch an. „Es hat rund 3.000 Euro gekostet,
den Pokal von La Coruña zu restaurieren. Das Geld können wir aber
nicht für alle Pokale aufbringen und so sind die meisten von ihnen
zu einem Dasein im Keller verdammt“, erklärt Matze. Den Pokal vom
„Trofeo Conde de Fenosa“, dem legendären Freundschaftsspiel der
Eintracht am 26. August 1972 im spanischen La Coruña, hat er übrigens im Zuge eines Beutezugs durch den alten Riederwald in einem
Schrank gefunden. „Der war da richtig eingebaut und wir mussten
den Schrank auseinander nehmen, um an den Pokal zu kommen“,
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EINTRACHT FRANKFURT MAGAZIN WINTER 12
erinnert er sich. Jetzt hat er einen festen Platz in der Dauerausstellung
des Museums und trat als Leihgabe auch schon einmal die weite Reise
nach Wien zu einer Sonderausstellung an.
Die fast 220 Pokale wurden von einigen der zahlreichen Praktikanten des Museums sortiert und katalogisiert, genauso wie die rund
500 Wimpel, die gut verpackt in mehreren Kartons übereinander gestapelt lagern. Stolz waren die Hockeymädchen bestimmt auf den
Wimpel als Deutscher Hallenhockey-Meister im Jahr 1993. Eines von
Matzes Lieblingsstücken ist aber ein Eintracht-Wimpel, auf dem der
Adler versehentlich in die falsche Richtung schaut (FOTO 5). Solche
Pannen können im Eifer des Gefechts wohl schon mal passieren.
Die stenografischen Protokolle der zahlreichen Mitgliederversammlungen, katalogisiert von der Archivschule Marburg, ergänzen das
Sammelsurium. Auch eine Niederschrift der berühmten Versammlung
mit Faustschlag im Jahr 1988 findet sich so kinderleicht und liest sich
wie das Drehbuch eines volkstümlichen Theaterstücks (FOTOS 1+2).
Beim Stöbern durch die Regale findet man die Kegelkugel von
Alfred Pfaff, alte Eintracht-Hefte, rund 5.000 Pressebilder und Pressespiegel verschiedener Jahre, teilweise von Fans selbst liebevoll zusammengebastelt. Eine ganze Kiste ist voll mit Bildern rund um das
Stadion. „Wenn also jemand mal ein Foto vom alten Waldstadion
sucht: Wir haben hier mehr als genug davon“, freut sich Matze, der
uns in einem Hinterzimmerchen weitere Schätze zeigt (FOTO 3).
Hier kommt ein bisschen Nostalgie auf. Wir finden alte Sitzplatznummern, ein Schild mit der alten „Stadionbenutzungsordnung“
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und sogar ein paar Reserveschlüssel vom Waldstation. Matzes ganzer Stolz sind ein Pixel der alten Anzeigetafel, ein Lautsprecher und
ein Stückchen Stacheldraht aus dem ehemaligen G-Block. „Und wir
haben uns sogar einen Scheinwerfer aus dem Stadion ´besorgt´“, erzählt Matze und lacht. „Angeblich waren die Scheinwerfer für den
Weiterverkauf bestimmt. Zusammen mit Patrick Widera bin ich mit
einem Eintracht-Kleinbus nach Feierabend einfach vorgefahren und
wir haben einen ins Auto geladen. Jetzt hängt dieser Scheinwerfer
im großen Raum im Museum unter der Decke“, berichtet der Hüter
des Eintracht-Gedächtnisses, der als echter Sammler offenbar auch
manchmal unkonventionell zu Werke geht.
Zu anderen Stücken kam der Museumsdirektor auf leichterem
Wege. „Ich habe oft Tipps von Leuten bekommen: Ruf doch mal den
oder den an. Der hat bestimmt was für Dich.` Ich bin dann zu den
meist älteren Leuten nach Hause gefahren und noch heute besuche
ich einige von ihnen regelmäßig und es sind daraus feste Freundschaften entstanden“, verrät der Museumsdirektor aus Leidenschaft.
Den Weg ins Rampenlicht haben die unzähligen Eintracht-Andenken aus dem Archiv noch nicht gefunden, im Kopf des Museumsdirektors haben jedoch alle einen festen Platz. |
TEXT: Barbara Hermanowski » FOTOS: Nina Bickel
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> TITEL
FOTOS » 1_Stolz präsentieren Matze Thoma (links) und
Axel Hellmann, heutiges Vorstandsmitglied der Eintracht
Frankfurt Fußball AG, den goldenen Fuß in Gips sowie
den goldenen Schuh Fjørtofts 2_Mit Anja klappte es nun
auch mit dem Gipsabdruck des Fußes von Fjørtoft
Wie beschreibt man ein Phänomen?
Er kennt jeden Stein, jedes Blatt und jeden noch so versteckten Winkel am Riederwald. Er weiß zu jedem vermeintlich noch so kleinen und bedeutungslosen Gegenstand eine oft große Geschichte zu erzählen. Er kennt
die „Alten“ und die „Jungen“. Und sollte am Riederwald mal ein Scheinwerfer oder ein Schild vermisst werden, dann sucht man am besten im Eintracht Frankfurt
Museum danach. Denn er weiß alles über die Eintracht,
Matthias „Matze“ Thoma, unserer Museumsdirektor.
Dabei hatte Matze zunächst andere Pläne. Nachdem er auf der
„Nonnenschule“ in Hofheim seinen Realschulabschluss gemacht hat,
absolvierte er grundsolide eine Ausbildung bei einer Sparkasse. Drei
Monate allerdings vor seinem zehnjährigen Jubiläum in der Bank
brach der heute 40-Jährige aus seinem beschaulichen Leben aus,
machte sein Fachabitur nach und genoss anschließend erst einmal
das Studentenleben in zwölf Semestern Pädagogik. Sein Herz aber
schlug damals schon für die Eintracht, und so kam es, dass er seine Diplomarbeit mit dem Thema „Eintracht im Nationalsozialismus“
über seinen Lieblingsverein schrieb. Auch sein Anerkennungsjahr fürs
Studium hatte natürlich schon mit den Adlerträgern zu tun: Dieses
hatte er im Fanhaus Louisa, ein wichtiger Treffpunkt für die Frankfurter Fanszene, absolviert. Nach seinem Studium wartete ein Vertrag
für eine Stelle im Kinderhort auf Matze. Nachdem er unterschrieben
hatte, kamen ihm allerdings Zweifel: „Wenn ich das mach´, dann bin
ich raus aus der Fanszene!“ – und machte seine Entscheidung rückgängig. Stattdessen schrieb er sich noch einmal für ein Archäologiestudium ein und trieb sich viel am Riederwald herum. Entweder in
seinem immer voller werdenden Archiv im alten Riederwaldgebäude
oder auf Streifzügen durch das Gestrüpp – immer auf der Suche nach
kleinen oder großen Eintracht-Geschichten.
Die Eintracht ist für Matze eine Herzensangelegenheit. Und diese
große Liebe lebt er aus – mit jugendlicher Begeisterung, unbekümmert und hartnäckig und mit einer Menge Neugierde, aber auch mit
Respekt und Momenten der Unsicherheit. Mit großen, leuchtenden
Augen erzählt er von seinen Idolen und der Geschichte des Vereins,
aber die Nervosität stellte ihm bisweilen schon mal ein Bein.
Wie zum Beispiel am 1. Juni 1999. Für diesen Tag hatte er nämlich
einen Termin mit Jan Åge Fjørtoft vereinbart – und nicht nur mit ihm,
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sondern auch noch mit der BILD-Zeitung. Fjørtoft wurde bekanntlich
drei Tage zuvor mit seinem Übersteigertor beim legendären 5:1-Sieg
gegen den 1. FC Kaiserslautern zum „Helden von Frankfurt“. Und nun
wollte Matze in seinem kleinen, verknotterten Archiv den linken Fuß
– mit dem Fjørtoft das Tor schoss – in Gips verewigen. Anschließend
sollte dieser im Fanmagazin „Fan geht vor“ versteigert werden. Eigentlich ein guter Plan. Zuvor probte Matze für den Ernstfall. Und so
saß seine Clique, mit der er sich jeden Montagabend traf – am Tag vor
dem Treffen mit Fjørtoft mit nackten Füßen beim Abendessen, um die
Gipsabdruckprozedur über sich ergehen zu lassen. Nur so recht wollte
dies nicht gelingen: Die Gipsmasse wollte einfach nicht fest werden.
Die Nervosität stieg und stieg und so bot Freundin Anja an, ihm beim
Termin mit Fjørtoft zu assistieren. Die jobbte damals im Kindergarten
und kannte sich mit dem Gipsanrühren aus. Als Matze tags darauf
fürchterlich aufgeregt vor seinem großen Idol Fjørtoft saß, wollte erst
recht nichts mehr klappen, sodass Anja übernahm – und prompt am
nächsten Tag in der BILD-Zeitung zu sehen war.
Ziemlich unglücklich und heftig nervös war Matze auch an jenem
Tag beim Notar als er Geschäftsführer des Eintracht Frankfurt Museums wurde. Denn jetzt war es amtlich: Aus der Nummer kam er nicht
mehr raus! „Ich mach die Eröffnung noch und dann bin ich weg“,
beruhigte er sich selbst bis kurz vor der feierlichen Einweihung. Dazu
kam es glücklicherweise natürlich nicht. Matze ist und bleibt der Vater des Eintracht Frankfurt Museums. Und die Zeiten vor den ersten
Veranstaltungen im Museum, wo er seine Gäste vorher völlig verrückt
machte wie etwa Horst Ehrmanntraut, den er drei Wochen lang alle
zwei Tage anrief, aus Angst er könne es sich doch noch anders überlegen und absagen, sind zum Glück auch vorbei. Denn irgendwann
wurde es seinem Gast zu bunt und er sagt: „Herr Thoma, jetzt hör´n
Sie mal zu: Ich werde an der Veranstaltung da sein!“
Von seiner Begeisterung, seiner Hartnäckigkeit und Kreativität hat
Matze auch nach fünf Jahren nichts verloren. Er ist ein Tausendsassa,
der neben seinem Job als Museumsdirektor auch noch als Buchautor
und Eventmanager unterwegs ist – und natürlich geht es dabei immer
um die Eintracht. Und eines hat sich in den vergangenen Jahren aber
doch zumindest etwas gelegt: die Nervosität vor Treffen mit seinen
Idolen, die jetzt „in seinem Haus“ regelmäßig ein und ausgehen. |
TEXT: Nina Bickel, Barbara Hermanowski »
FOTOS: privat, Joachim Storch
FOTO » Die Eintracht-Legenden Jürgen Grabowski (r.) und Bernd
Hölzenbein (2.v.r.) erfüllten den Veranstaltern der Reihe „Tradition
zum Anfassen“, Stefan Minden (2.v.l.), Matthias Thoma (3.v.l.) und
Axel „Beve“ Hoffmann (4.v.l.) einen langgehegten Traum
„Hier sitzt
Eintracht Frankfurt“
Im November 2007 eröffnete das Eintracht Frankfurt Museum. Wenig später
veranstaltete die Fan-und Förderabteilung gemeinsam mit dem Museum den
ersten Abend der gemeinsamen Reihe „Tradition zum Anfassen“ (TzA). Klar,
dass sie sich für die „TzA“ im Geburtstagsmonat etwas ganz Besonderes
haben einfallen lassen. Anlässlich des fünfjährigen Bestehens des Museums
waren Bernd Hölzenbein und Jürgen Grabowski am 8. November zu Gast.
Zwei Eintrachtler, deren Namen weltweit auch heute noch schlichtweg für
den Traditionsverein stehen.
„Hier sitzt Eintracht Frankfurt“, stellte Axel „Beve“ Hoffmann, der
wie immer die TzA an diesem Abend moderierte, die beiden EintrachtIdole vor. So wie er dachten wohl auch die meisten im Publikum. Der
Applaus wollte nicht abebben. Und was die beiden anschließend exzellent aufgelegt vom Leder rissen, unterhielt die Besucher bestens.
„Holz“ berichtete so zum Beispiel von den Anfängen seiner Karriere und wie er zur Eintracht kam. „Bernd Nickel und ich wurden
eingeladen, zu einem Turnier nach Holland zu fahren. Dort sollten
wir getestet werden. Bei mir hat da gar nichts geklappt. Ich war so
furchtbar schlecht. Den Bernd dagegen habe ich bewundert, er war
einfach überragend. So bin ich am zweiten Tag schon wieder abgereist. Wir hatten mit TuS Dehrn ein Spiel in der Bezirksliga, das war
mir wichtiger“, erzählte Holz lächelnd. „Das Thema Frankfurt hatte
ich eigentlich schon abgehakt. Drei Monate später bekam ich dann
einen Anruf von der Eintracht, dass wir mal über den Vertrag reden
müssten.“ Vor Selbstvertrauen strotzte der junge Bernd Hölzenbein
nicht gerade, die Lacher des Publikums im Museum hatte er an jenem
Abend auf seiner Seite.
Andere Einblicke in sein Gefühlsleben gab „Grabi“, als er über das
Thema Nationalmannschaft sprach, wo er doch stets im Schatten von
Franz Beckenbauer, Günter Netzer oder Wolfgang Overath stand.
„Ich war in der Nationalmannschaft oft frustriert. Ich musste versuchen, aus den wenigen Einsätzen, die ich hatte, etwas zu machen.
Was auf der Rechtsaußenposition schwierig war. Immer wenn ich
wieder nach Frankfurt zurückkam, das Eintracht-Trikot überstreifen
durfte, habe ich mich gefühlt wie Gott in Frankreich. Da hab‘ ich
gedacht ‚Endlich bin ich wieder zuhause!‘“
Trotz dieser kleinen Unwegsamkeiten gingen beide unbeirrt ihren
Weg, sammelten nationale und internationale Trophäen. Der größte Erfolg mit der Eintracht war der Uefa-Cup-Sieg 1980, als Kapitän
Grabowski verletzt auf der Bank saß und Hölzenbein für ihn den Pokal entgegennahm, diesen aber sofort an seinen verletzten Mannschaftskollegen weiterreichte. Die anschließende Siegesfeier fiel allerdings wenig enthusiastisch aus, weil bei der Eintracht so einiges
im Argen lag. Als sich die Besucher der freudlosen Party zerstreuten,
blieben schließlich nur noch Hölzenbein und der Uefa-Pokal übrig.
Also packte der Stürmer die Trophäe in sein Auto und fuhr nach
Hause. Am nächsten Morgen erreichten ihn aufgeregte Anrufe der
Vereinsführung, ob er wisse, wo der Pokal abgeblieben sei. „Aber da
habe ich sie erst mal zwei Stunden lang zappeln lassen.“ In der Zeit
filmte er den Uefa-Pokal im Wohnzimmer zur Erinnerung mit seiner
Videokamera und brachte ihn dann zurück.
Die beiden Idole der Eintracht sorgten noch mit vielen weiteren Anekdoten für einen kurzweiligen, unterhaltsamen Abend. Der Abend
unter dem Titel „Grabi & Holz“ gehört aber schon jetzt sicher zu den
Highlights der noch jungen Museumsgeschichte. |
TEXT » FOTO: Nina Bickel
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Das Eintracht
Frankfurt
Museum lebt!
Neben der Dauerausstellung bietet die Crew des Eintracht Frankfurt
Museums eine Vielzahl weiterer Aktivitäten rund um das Museum und
die Geschichte des Traditionsvereins an. Es gibt wechselnde Sonderausstellungen und Vorträge, museumspädagogische Angebote wie Projekte mit
Schulen, eine Museumsrallye oder Kinderführungen und -geburtstage.
Ein besonderes Erlebnis ist „Eine Nacht im
Museum“ mit Stadionführung. Die nächtlichen Führungen werden regelmäßig freitags
abends angeboten. Gutscheine für die „Nacht
im Museum/Stadion“ eignen sich übrigens
bestens als Geschenk und können unter
info@eintracht-frankfurt-museum.de bestellt
werden.
Einen Sonntagsausflug können EintrachtFans mit „90 Minuten Eintracht“ garnieren.
Jeden Sonntag bietet das Eintracht Frankfurt Museum einen Rundgang durch die
Geschichte und Gegenwart der Frankfurter
Eintracht. Nach dem Gang durch die Ausstellung findet die zweite „Halbzeit“ im Stadion
statt, natürlich mit Blick in die Umkleidekabinen, den Pressebereich und das Innere
des Stadions. Gruppenführungen gibt es natürlich jederzeit nach Terminabsprache auf
Anfrage. Auch Abendtermine sind möglich,
sodass sich Führungen auch für Geburtstage oder Firmenausflüge eignen. Denn dafür
kann man das gesamte Eintracht Frankfurt
Museum mieten. Das 150 Quadratmeter
große Foyer des Eintracht Frankfurt Museum ist bestens geeignet für Firmenfeiern,
Betriebsausflüge, Empfänge oder private
Feiern. Ein Catering kann in Absprache organisiert werden.
Die museumspädagogischen Angebote
des Museums wurden in den vergangenen
Jahren bereits von vielen Schulklassen genutzt. Bei Grundschulklassen steht der große Museumskoffer im Mittelpunkt, in dem
es für die Kinder alles Mögliche rund um die
Eintracht zu entdecken gibt. Alte Fußballschuhe, Bälle, Stollen und hundert Jahre alte
Sammelbildchen (Paninibilder) können angefasst und „beschnuppert“ werden.
„Fußballtempel? Kathedrale? Fußball und
Religion“, „Kurvendiskussion – Gewalt im
Fußball – ein Problem unserer Zeit?“ oder,
„Fußball in Frankfurt während des Nationalsozialismus: Spiele in der Sahara - aber nur
mit HJ-Ausweis“ sind nur einige der Themen,
mit denen sich Schüler der Sekundarstufen
I und II im Rahmen von Projekttagen, aber
auch angebunden an den „normalen“ Geschichts- oder Politik- und Wirtschafts-Unterricht auseinandersetzen können.
„Tradition zum Anfassen“ praktiziert seit
2008 die Fan- und Förderabteilung im Eintracht Frankfurt Museum mit einer bunten
Veranstaltungsreihe. Angekommen bei ihrer
23. Veranstaltung hatte die FuFA am 8. November „Grabi & Holz“ zu Gast. Sie folgten
illustren Persönlichkeiten wie Horst Ehrmantraut, Istvan Sztani und Du Ri Cha, Jan-Aage
Fjörtoft oder Charly Körbel. Die Themen
reichten von „Frankfurt´s coming home –
Zweitligameister 1998“ über „Kurvendiskussion – Die 1980er Jahre – Fanszene im Wandel“ bis hin zu „10 Jahre Übersteiger“.
Nicht nur die Fußballer kommen hier auf
ihre Kosten: Die Anfänge des Sports in Frankfurt, angefangen mit der Weimarer Republik
und über die beiden Weltkriege hinweg –
wie war das denn in unserer Stadt? An einem
Zeitstrahl entlang erfährt der Besucher diese
stadthistorischen Aspekte. Langweilige Pokale und alte Trikots? Aber nicht doch: Das
Eintracht Frankfurt Museum ist wirklich weit
entfernt von einer langweiligen Ansammlung staubiger Objekte. Das Eintracht Frankfurt Museum lebt! |
TEXT: Barbara Hermanowski »
FOTOS: Nina Bickel, Steffen Ewald, Anja Feix
FOTOS » 1_Beliebte Veranstaltungsreihe: Tradition zum Anfassen 2_Die Kinderpressekonferenzen mit den Profis… 3_und Kindergeburtstage sind der Renner bei den Kids
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