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Antidiskriminierungsnetzwerk Berlin des Türkischen Bundes in Berlin-Brandenburg
Gesetze
Arbeit und Beruf
Besteht Handlungsbedarf ?
- Strukturelle und institutionelle
Diskriminierung in Deutschland und Berlin.
Bildung und Schule
Gesundheit
BBZ
Beratungs- und
Betreuungszentrum für junge
Flüchtlinge
Impressum
Herausgeber:
Antidiskriminierungsnetzwerk Berlin des Türkischen Bundes in Berlin-Brandenburg
Tempelhofer Ufer 21
10963 Berlin
Tel. 030/ 61 30 53 28
Fax 030/ 61 30 43 10
E-Mail: adnb@tbb-berlin.de
www.adnb.de
ADNB-Veröffentlichung 4
Jahr 2004
Druck:
Concept Verlag & Werbeagentur GmbH
www.concept-verlag.de
Für die Inhalte sind die AutorInnen verantwortllich.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Begrüßung
- Eren Ünsal (Sprecherin des TBB)
Historische Dimensionen struktureller und institutioneller Diskriminierungen der deutschen Migrations- und
Desintegrationspolitik
- Kien Nghi Ha (Politikwissenschaftler)
S. 1
Discrimination and Diversity
- Graham Shaw (unabhängiger Berater, Groß Britannien )
S. 9
Institutionelle Diskriminierung im Bildungs- und Erziehungssystem
- Dr. Mechtild Gomolla (Westfälische Wilhelms- Universität Münster)
S.19
Strukturelle und institutionelle Diskriminierung von Migranten – am Beispiel des deutschen Bildungssystems S.27
- Dr. Havva Engin (TU Berlin, Institut für Erziehungswissenschaft)
Ergebnisse der Arbeitsgruppe „Bildung und Schule“
S.30
Institutionelle und strukturelle Diskriminierung im Gesundheitsbereich: Zugang zur Versorgung und Interkulturelle
Öffnung der Gesundheitsdienste
S.31
- Silva Demirci (Dozentin für interkulturelle Pädagogik und Organisationsberaterin)
Interkulturelle Öffnung von Gesundheitsdiensten unter besonderer Berücksichtigung von Aidshilfen
- Joyce Dreezens-Fuhrke (Deutsche AIDS-Hilfe e.V.)
S.33
Ergebnisse der Arbeitsgruppe „Gesundheit“
S.37
Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt
- Safter Çınar (Leiter der Ausländerberatungsstelle des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Bezirk BerlinBrandenburg)
S.38
Der Gleichbehandlungsgrundsatz der Anti-Rassismus-Richtlinie 2000/43 der EU und institutionelle und
strukturelle Diskriminierung in der beruflichen Bildung und im Ausbildungssystem
- Dr. Czarina Wilpert (Zentrum Technik und Gesellschaft, TU Berlin)
S.42
Ergebnisse der Arbeitsgruppe „Arbeit und Beruf“
S.51
Ungleichbehandlung und Diskriminierung im deutschen Ausländergesetz
- Jutta Hermanns (Rechtsanwältin in Berlin)
S.53
Strukturelle Diskriminierung und struktureller Rassismus gegenüber Flüchtlingen
- Flüchtlingsrat Berlin e.V.
S.57
Berliner Bündnis für eine Bleiberechtsregelung
S.61
Vorwort
Im Zuge der Diskussion um ein Antidiskriminierungsgesetz fällt die bestehende Diskriminierung und soziale
Ausgrenzung von MigrantInnen, Flüchtlingen und Schwarzen Deutschen in den verschiedenen Strukturen und
Institutionen oft aus dem Blickwinkel. Die vorherrschende institutionelle und strukturelle Diskriminierung
gegenüber Einwanderern und Flüchtlingen muss jedoch gerade heute, angesichts des zu erwarteten
Antidiskriminierungsgesetzes, ergänzend und verstärkt in das Blickfeld genommen werden. Eine Durchleuchtung
der unterschiedlichen Lebensbereiche nach Strukturen, die direkt oder indirekt diskriminieren, ist dafür
notwendig.
Besonders die Bereiche Bildung und Schule, Gesundheit, Beschäftigung und Beruf sowie Gesetze und
Vorschriften zeichnen sich durch Strukturen aus, welche zumeist im Ergebnis zu Ausgrenzung und
Marginalisierung führen. Von Chancengleichheit bzw. einem gleichwertigen Zugang zu öffentlichen Angeboten
und Dienstleistungen oder gar von Gleichbehandlung kann hier kaum die Rede sein.
Die Problematik der strukturellen und institutionellen Diskriminierung ist kein neues Thema. Seit Jahren fordern
Menschenrechts- und Flüchtlingsorganisationen, Betroffenenverbände und Selbstorganisationen grundlegende
und nachhaltige Veränderungen. So sind nicht nur neue Wege beispielsweise in der Arbeitsmarkt- und
Bildungspolitik notwendig, auch ein gesellschaftliches und politisches Umdenken - weg von defizitären
Zuschreibungen gegenüber ethnisierten Gruppen und hin zu Ressourcen und Potentialen - ist dringend
erforderlich. Gesetze und Vorschriften, die die Menschen in Folge ins Abseits setzen, weil Sie nicht über den
richtigen Pass und/oder einen „angemessenen“ Aufenthalt verfügen, müssen in Frage gestellt und auf ihre
Wirkung hin überprüft und geändert werden. Die Grund- und Menschenrechte aller in der Bundesrepublik und in
Berlin Lebenden müssen geachtet und gerade die Rechte von MigrantInnen und Asylsuchenden gestärkt werden,
denn gerade diese Gruppen sind von Ausgrenzung und struktureller Gewalt besonders betroffen.
Die Einführung eines Antidiskriminierungsgesetzes ist zunächst ein erster Schritt in die richtige Richtung. Zu
einem Selbstverständnis eines Einwanderungslandes bzw. einer Einwanderungsstadt bedarf es jedoch
zusätzlich, vorherrschende, ausgrenzende Strukturen zu verändern. Es besteht Handlungsbedarf!
Diese Publikation, die aus der gemeinsamen Veranstaltung im Juni 2004 des Antidiskriminierungsnetzwerkes
Berlin des TBB, des Beratungs- und Betreuungszentrum für junge Flüchtlinge – BBZ und von Reach Out
entstanden ist, belässt es nicht nur bei der Problemanalyse, sondern macht auch Handlungsvorschläge. Es ist
das Anliegen der Veranstalter diese nun in das Blickfeld von Gesellschaft, Politik, Verwaltung und Institutionen zu
rücken.
Florencio Chicote
Walid Chahrour
Sanchita Basu
Antidiskriminierungsnetzwerk Berlin
des TBB
Beratungs- und Betreuungszentrum
für junge Flüchtlinge – BBZ
Reach Out - Opferberatung
und Bildung gegen Rechtsextremismus
und Rassismus
Begrüßung
- Eren Ünsal (Sprecherin des TBB)
Sehr geehrte Damen und Herren,
im Zuge der Diskussion um ein Antidiskriminierungsgesetz fällt die bestehende Diskriminierung von
MigrantInnen, Flüchtlingen und schwarzen Deutschen in den verschiedenen Strukturen und Institutionen oft aus
dem Blickwinkel.
Das Antidiskriminierungsnetzwerk Berlin (ADNB) des TBB veranstaltet gemeinsam mit ReachOut, dem
Beratungs- und Betreuungszentrum für junge Flüchtlinge (BBZ), MediaConsulta und der Werkstatt der Kulturen in
den kommenden drei Tagen eine Veranstaltung zum Thema der strukturellen und institutionellen Diskriminierung
von MigrantInnen, Flüchtlinge und schwarzen Deutschen.
Im Fokus dieser dreitägigen Veranstaltung steht die vorherrschende institutionelle und strukturelle
Diskriminierung gegenüber Einwanderern und Flüchtlingen in das Blickfeld zu nehmen. Eine Durchleuchtung der
unterschiedlichen Lebensbereiche auf Diskriminierung ist dafür notwendig. Dies geschieht vor allem am zweiten
Tag, in den Arbeitsgruppen. Die ausgewählten Bereiche sind dabei (1) Schule und Bildungssystem, (2)
Gesundheit, (3) Arbeit und Beruf und (4) Gesetze und Verwaltung.
Heute soll in das Themengebiet der institutionellen und strukturellen Diskriminierung eingeleitet und eine
Bestandsaufnahme von dem bisher Umgesetzten aufgezeigt werden. Wir werden auch einen Referenten aus
dem EU-Nachbarland Großbritannien hören, der uns den Diversity Ansatz vorstellen und uns über die Rolle und
die Einbindung von Migrantenorganisationen in den politischen Entscheidungsprozessen in Großbritannien
informieren wird. Außerdem wird er uns in diesem Zusammenhang darüber berichten, wie Großbritannien, als ein
Land, das bereits über Antidiskriminierungsgesetze verfügt, mit Themen wie Zuwanderung und Integration
umgeht und in welchem Verhältnis dies zum AD-Gesetz steht.
An dieser Stelle möchte ich erneut die Bundesregierung erinnern, dass bereits letztes Jahr die Fristen für die
Umsetzung von zwei EU-Richtlinien in ein AD-Gesetz verstrichen sind. Die Bundesrepublik braucht ein Gesetz,
welches Menschen vor Diskriminierung aufgrund ihrer Herkunft, ihrer Hautfarbe, ihrer sexuellen Identität oder
Orientierung, ihrer Religion, ihres Alters, ihres Geschlechtes oder einer Behinderung schützt.
Wir hoffen, dass wir mit dieser Veranstaltung nicht nur ein Sprachrohr für die Belange von Menschen öffnen
können, die Diskriminierung erleben, sondern dass die Ergebnisse dieser Veranstaltung den politischen Akteuren
und Entscheidungsträgern konkrete Handlungsmöglichkeiten darlegen, aktiv gegen strukturelle und institutionelle
Diskriminierung vorzugehen.
Vielen Dank.
Historische Dimensionen struktureller und institutioneller Diskriminierungen der
deutschen Migrations- und Desintegrationspolitik*
- Kein Nghi Ha (Politikwissenschaftler)
Wer den gegenwärtigen Migrationsdiskurs in Deutschland verfolgt, wird nicht umhin kommen sich zu
fragen, warum Begriffe wie „brain-drain“ (zu deutsch: Gehirnausfluss), „head-hunting“, d.h. Kopfjagd
oder die Paraphrase vom „Kampf um die besten Köpfe“ zum guten Ton gehören. Wer diese heiß
diskutierten, kannibalistisch anmutenden Migrationsrezepte mit wachen Verstand hört, dem kann das
unheimliche Gefühl beschleichen, dass wir immer noch im 19. Jahrhundert leben als solche
kolonialistischen Bilder und Gewaltphantasien Hochkonjunktur hatten. Es stellt sich unwillkürlich die
Frage, warum hochgestellte PolitikerInnen und WirtschaftsvertreterInnen, aber auch seriöse
JournalistInnen und WissenschaftlerInnen so ungehemmt und ohne hörbaren Widerspruch dieses
offensichtlich belastete Vokabular aus der Kolonialzeit benutzen. Wie ist es möglich, dass ausgerechnet
kolonialistisch konnotierte Metapher, Denkmuster und Ausbeutungslogiken in regierungsamtliche und
massenmediale Diskurse reaktiviert werden? Warum treten koloniale Präsenzen bei einer Politik zu
Tage, die gemeinhin sich als Reformprojekt verkauft, um Deutschland ein modernes und weltoffenes
Gesicht zu geben. Dieser Widerspruch zwischen Schein und Sein, der offenkundig Ausdruck einer
weitreichenden Geschichtsverdrängung und Erinnerungsabwehr ist, ist – wie ich denke Anlass genug –
die Geschichte der deutschen Arbeitsmigrationspolitik zu skizzieren.
Die Geschichten und Konzepte zum grenzüberschreitenden Transfer von Arbeitskräften bewegen sich
innerhalb eines Machtraums, der das ungleiche Verhältnis zwischen Peripherien und Metropolen
widerspiegelt. In praktisch allen westlichen Staaten werden durch Arbeitsmigrationspolitik insbesondere
People of Colour strukturell diskriminiert. Da vor allem Menschen aus ehemals kolonialisierten oder
randständigen Gesellschaften benachteiligt werden, ist zu analysieren, inwieweit diese Politik eine
koloniale Aneignungsform darstellt. In diesem Zusammenhang interessiert mich die Frage wie
postkoloniale Kritik unterschiedliche Zeitlichkeiten sowie innere und äußere Räume miteinander
verknüpft. Durch diesen Perspektivwechsel können dominante Geschichtsbilder dekonstruiert und neue
Fragestellungen entwickelt werden (Ha 2004).
Migrationspolitik und innere Kolonialisierung
Lange Zeit verliefen Arbeitsmigrationen als raumgreifende Einbahnstraßen von den europäischen
„Mutterländern“ in die Kolonien, während die Unterworfenen innerhalb der Imperien zerstreut wurden.
Durch koloniale Globalisierung wurden interkontinentale Räume, Kulturen und Geschichten in der
Moderne untrennbar miteinander verkettet. Erst im Laufe der westeuropäischen Industrialisierung im 19.
Jahrhundert verlagerte sich die Migrationsbewegung in Richtung der europäischen Kolonialmetropolen.
Ursache war ein Wirtschaftswachstum, das nicht mehr mit einheimischen Kräften abgedeckt werden
konnte. Um die nationale Machtposition im sich verschärfenden weltweiten Konkurrenzkampf westlicher
Kolonialökonomien nicht zu gefährden, wurden ArbeitsmigrantInnen in die imperialen Zentren
herangezogen. Durch Umkehrung der Migrationsrichtung fand eine Expansion diskriminatorischer
Aneignungspraktiken nach innen statt. Die Zuwanderungssteuerung bewegt sich seither in einem
Rahmen, der das Einverleiben migrantischer „Humanressourcen“ nationalökonomisch funktionalisiert
und gleichzeitig mit rassistischen Abwehrdiskursen unterfüttert. Auf diese Weise sind MigrantInnen
sowohl als Aneignungsobjekte wie als „Sündenböcke“ nützlich. Durch die Einverleibung migrantischer
Produktivkräfte werden Profit und nationales Wachstum maximiert. Seit ihren Anfängen wird
Arbeitsmigration daher staatlicherseits als ein Mittel zur Abschöpfung von wertvollem „Humankapital“
aus der abhängigen Peripherie angesehen. Während man früher in der Wilhelminischen Kaiserzeit von
„Aufzuchtskosten“ sprach, wird der menschliche Wert heute sozialtechnisch durch die investierten
Erziehungs- und Ausbildungskosten bestimmt. Durch selektive Migrationskontrolle können westliche
* Ausführlich in Kien Nghi Ha (2003): Die kolonialen Muster deutscher Arbeitsmigrationspolitik; in: Encarnación Gutiérrez Rodriguez / Hito
Steyerl (Hg.): Spricht die Subalterne deutsch? Postkoloniale Kritik und Migration, Münster [Unrast]:56-107. Kien Nghi Ha, 1972 in Hanoi
(Vietnam) geboren, ist Politikwissenschaftler in Berlin und promoviert zum Thema „Hybridität und kulturelle Selbstrepräsentationen von
MigrantInnen“. Er ist Autor von „Ethnizität und Migration“, Einstiege: Grundbegriffe der Sozialphilosophie und Gesellschaftstheorie, Bd. 9,
Münster [Westfälisches Dampfboot] 1999. Die überarbeitete und erweiterte Neuausgabe erscheint August 2004 unter dem Titel „Ethnizität und
Migration Reloaded: Kulturelle Identität, Differenz und Hybridität im postkolonialen Diskurs“. Gegenwärtig arbeitet er an seinem neuen Buch
„Hype um Hybridität“ (erscheint Frühjahr 2005 im transcript-Verlag). Außerdem hat er zahlreiche Aufsätze zu Fragen kultureller Entgrenzung,
Identitätspolitik, koloniale Präsenzen und Rassismus veröffentlicht. Kontakt: nghiha@web.de
1
Nationalökonomien menschliche Ressourcen aus der postkolonialen Welt hinzugewinnen und
Ausgaben einsparen, während die Länder des Südens Verluste und Kosten ohne Globalausgleich
tragen müssen.
Diese Konzeption staatlicher Arbeitsmigrationspolitik lässt sich grob in zwei Phasen untergliedern:
Während im langen 19. Jahrhundert bis zum Ersten Weltkrieg die innereuropäische Halbperipherie als
menschliches Ressourcenlager diente, wurde der Einzugsraum nach dem Zweiten Weltkrieg auf die
koloniale und postkoloniale Welt ausgedehnt. Wie heute galt es auch damals den ansteigenden Bedarf
an leistungsfähigen Arbeitskräften möglichst billig zu befriedigen. So wurden die ArbeiterInnen aus dem
sog. „irischen Hinterhof“ Englands seit den 1950er Jahren durch EinwanderInnen aus den karibischen
und südasiatischen Domains ergänzt und in den am stärksten marginalisierten Bereichen auch ersetzt.
Zur selben Zeit förderte Frankreich neben den traditionellen Zuzug aus den weniger entwickelten
Gebieten Spaniens und Italiens auch Einwanderung aus den frankophonen Gesellschaften Afrikas.
Dagegen musste Deutschland während des Kalten Krieges auf seine angestammten Arbeitsmärkte im
osteuropäischen Raum verzichten und auf sog. „Gastarbeiter“ aus den Mittelmeeranrainerstaaten
ausweichen. Durch die selbst entfachten Weltkriege hatte Deutschland zuvor sowohl seine Kolonien als
auch die NS-Besetzungen „verspielt“ und konnte diese Gebiete und ihre Menschen nicht mehr als
Ressourcen nutzen.1
Diskriminierende Arbeitsmigrationssteuerung verweist auf eine Bereicherungslogik, die erstmals in der
Hochphase des westlichen Imperialismus im 19. Jahrhundert nationalstaatlich umgesetzt wurde.
Imperialistische Weltanschauung lässt sich als eine Ideologie auffassen, die mit allen zur Verfügung
stehenden Mitteln die eigene nationale Machtstellung im Wettlauf der Kolonialmächte um globale
Ressourcen durchzusetzen sucht. Im diesem Kontext wurde die Zuführung von benötigten
Arbeitskräften aus abhängigen Gebieten als rassistisches und ökonomisches Instrument der
Standortsicherung und Stärkung der nationalen Wettbewerbsfähigkeit begrüßt. Der Zusammenhang
zwischen äußerer und innerer Kolonialisierung lässt sich am Fallbeispiel Deutschland direkt verfolgen:
Nachdem die „verspätete“ Kolonialnation 1884 ihre ersten sog. „Schutzgebiete“ im Südlichen Afrika in
Besitz nahm, begann Preußen vornehmlich polnische MigrantInnen im inneren Ausland unter
Bedingungen zu beschäftigen, die selbst zeitgenössische Kommentatoren als ein „Dasein rechtloser
Lohnsklaven“ bezeichneten. Bis 1914 sollte das deutsche Kolonialkaiserreich hinter den USA zum
weltweit zweitgrößten Importeur migrantischer Kräfte aufsteigen.2
Institutionelle Tradierungen
Auch die Logik der Gastarbeiterpolitik in der BRD wurde durch einen kolonialen Blick geprägt. Selbst
die gegenwärtig dominanten Migrationsdiskurse haben diesen Horizont nicht verlassen. Gerade am
deutschen Beispiel lässt sich strukturell aufzeigen, wie stark koloniale Muster durch Tradierung und eine
rassistische Verwertungslogik im Umgang mit MigrantInnen eingeschrieben sind. Dabei lassen sich
koloniale Praktiken keinesfalls eins zu eins von den Kolonien in die Zentren übersetzen. Ebenso wenig
können historische Formen vollkommen unverändert in der Gegenwart fortbestehen. Diese Brüche und
Tradierungen in der historischen Entwicklung des deutschen Nationalstaats werden durch die
Problematik mit der nationalsozialistischen Vergangenheit zusätzlich verkompliziert. Die NS-Zeit nimmt
eine doppeldeutige Rolle ein: Einerseits markiert sie aufgrund ihrer industrialisierten Gewalt einen Bruch
in der geschichtlichen Fortschreibung politischer Praktiken, eben weil der Nationalsozialismus bisher
singulär ist. Andererseits hat das NS-System kolonialrassistische Ideologien im gesellschaftlichen Unund Unterbewusstsein vertieft. Durch die Tabuisierung und ausgebliebene Thematisierung werden
diese Bestände als institutionalisierte Diskriminierungen normalisiert. Dieser rassistische Konsens
konnte etwa mittels der „Asylantenhetze“ in den 1990er Jahren mobilisiert werden. Die Breite und
Intensität dieser gespensterhaften Debatte wirken mit zeitlichem Abstand noch unheimlicher: Wir
erinnern uns, dass die deutschen Volksparteien aus einem kalten politischem Kalkül heraus rassistische
Feindbilder und Ausländerprobleme erfunden haben. Diese Kampagne ist umso schrecklicher, weil sie –
bewusst oder unbewusst – Opfer und Tote billigend in Kauf nimmt (vgl. Funke 1993).
Die Tatsache, dass viele Elemente ausgehend von der kolonialen Phase in der bundesrepublikanischen
Migrationspolitik überlebt haben, spricht für einen Ausgangspunkt im imperialen Deutschland. Diese
Einen guten Überblick bietet Bade (2000), der sowohl die kolonialen Migrationsbewegungen in die „Neue Welt“ als auch die unterschiedlichen
Phasen der Arbeitsmigrationen nach Westeuropa in ihrer historischen Tiefendimension darstellt.
2 Vgl. Herbert (2001: 14-84) für eine prägnante Einführung in die Arbeitsmigrationspolitik des Wilhelminischen Kolonialkaiserreichs.
1
2
Verbindung kommt auch in den Images des anti-migrantischen Rassismus zum Ausdruck. Bereits im
Kaiserreich wurden MigrantInnen mit „Fluten“ und „Strömen“ assoziiert, die durch massive
Überfremddungsdiskurse noch bedrohlicher erschienen. Entsprechend aggressiv wurde damals wie
heute die Parole „Deutschland den Deutschen“ als völkisches Fanal eingesetzt. Kein geringerer als der
nationalliberale Soziologe Max Weber hatte bereits 1892 in einer Studie über die „Verhältnisse der
Landarbeiter im ostelbischen Deutschland“ vor der drohenden „Überfremdungsgefahr“ gewarnt und eine
nationalistisch ausgerichtete Theorie entwickelt, die die Verdrängung der deutschen Kultur, des
deutschen Volkes und der deutschen Arbeiter durch Einwanderung aus Osteuropa beklagte (Bade
1993: 312). Es braucht nicht betont zu werden wie aggressiv die rassistischen und imperialistischen
Diskurse im Kaiserreich gegen polnische und russische „Slawen“ waren, die als eine minderwertige
„Sklavenrasse“ angesehen wurden.
Auf der institutionellen Ebene knüpfte die für die Anwerbung von ArbeitsmigrantInnen 1905 gegründete
„Deutsche Feldarbeiter-Zentralstelle“ organisatorisch an die „Centralstelle zur Beschaffung Deutscher
Ansiedler und Feldarbeiter“ des Alldeutschen Verbandes und des Ostmarkenvereins an (Herbert 2001:
35).3 Als einflussreiche Massenorganisationen traten diese Verbände für eine aggressive Kolonialpolitik
ein und sahen in der Arbeitsmigration ein geeignetes Instrument, um ihre Ziele zu verwirklichen. Diese
institutionelle Kontinuitätslinie setzte sich über die Weimarer Republik bis zur Bundesanstalt für Arbeit
fort. Wie weit reichend diese Tradierung in der behördlichen Praxis war, verdeutlicht ein bürokratisches
Detail wie die sog. „Legitimationskarte“. Diese Karte galt in der Kaiserzeit für die „Auslandspolen“ und
wurde auch in der BRD von der BfA an die „Gastarbeiter“ vergeben, um das repressive Arbeits- und
Aufenthaltsrecht polizeilich zu verwalten. Dagegen reicht die Geschichte des 1965 wiedereingeführten
Ausländergesetzes bis zur „Ausländerpolizeiverordnung“ von 1938 und – was kaum bekannt ist – auch
zur „Kriegsverordnung für die Behandlung von Ausländern“ von 1939 zurück. Als Sondergesetze sollten
diese Regelungen die einseitige Durchsetzung deutscher Interessen juristisch sicherstellen (Dohse
1983: 233-250).
Ziel war ein flexibles Migrationsregime, das der frühere NS-Marinerichter und langjährige
Ministerpräsident von Baden-Württemberg Hans Filbinger4 Mitte der 1970er Jahre ungewollt, aber
treffend als „rotierenden Ex- und Import jeweils junger frischer Gastarbeiter“ (Thränhardt 1984: 123)
charakterisierte. Der von ihm beschriebene Ex- und Import von ArbeitsmigrantInnen sollte die
ökonomische Rentabilität und Flexibilität des deutschen Gastarbeitersystems erhöhen. Langfristige
Sozialkosten wie Arbeitslosengeld, Gesundheitsversorgung, Rentenanspruch etc. sollten durch die
rechtzeitige Auswechselung
auf
die
Herkunftsländer
abgewälzt
und
notwendige
Infrastrukturmaßnahmen durch Niederlassung und Familienzusammenführung vermieden werden.
Neben den sozioökonomischen Vorteilen konnte auf diese Weise auch das politische Programm der
völkischen Reinheit im Nicht-Einwanderungsland behauptet werden.
Staatliche Ethnisierung der Armut
Die rassistische Ausgrenzung und Verweigerung bürgerlicher Rechte wurde bis zum Jahre 2000 durch
das kolonialzeitliche „Staats- und Reichsangehörigkeitsgesetz“ von 1913 gewährleistet. Seine völkische
Grundlage machte selbst Menschen zu „Ausländern“, die seit Jahrzehnten sich hier niedergelassen
haben oder in Deutschland geboren wurden. MigrantInnen wurden, da der deutsche Staats sie nicht als
gleichgestellte BürgerInnen anerkannte, nicht nur als freiverschiebbare Verbrauchsobjekte, sondern
auch als ArbeiterInnen minderen Rechts behandelt. Seit den Anfängen der deutschen Migrationspolitik
werden sie gezielt in prekären Verhältnissen zu Konditionen beschäftigt, die für Deutsche in der Regel
inakzeptabel sind. Indem ihnen bevorzugt die körperlich oder gesundheitlich belastenden und gering
bezahlten Arbeiten in den untersten Stufen der Betriebshierarchie in konjunkturanfälligen Branchen
zugewiesen wurden, konnten allein zwischen 1960 und 1970 etwa 2,3 Mio. bis 2,7 Mio. Deutsche sozial
aufsteigen (Heckmann 1981: 171f.). Während – wie Heckmann feststellte – vor allem türkische
MigrantInnen mit einer wörtlich „frühproletarischen Lebenslage“ auskommen müssen, können Deutsche
aufgrund der ethnischen Unterschichtung in Facharbeiter- und Angestelltenverhältnisse aufsteigen.
Diese Unterprivilegierung drückte sich in Krisenzeiten als ethnische Kündigungspolitik aus, die den
Vgl. für die ideologische Ausrichtung und politische Wirkungsmächtigkeit dieser Verbände etwa die Studie „We men who feel most German“
(1984) von Roger Chickering.
4 Hans Filbinger hat jüngst als ältestes Mitglied bei der letzten Bundesversammlung zur Wahl des neuen Bundespräsidenten große
Schlagzeilen produziert.
3
3
MigrantInnen etwa in der Rezession 1974/5 ein viermal so hohes Entlassungsrisiko aufbürdete (Bade
1983: 79f). Auf diese Weise wurden sie als Konjunkturpuffer, Sicherheitsventil, Sündenbock und
Steigbügel instrumentalisiert, um sozioökonomischen Nutzen zu erzielen und gesellschaftliche
Spannungen durch forcierten Rassismus auszugleichen.
Die Folgen der ethnisierten Arbeitsteilung sind Unterschichtung und Marginalisierung, die – wie im Falle
der türkischen MigrantInnen – weitgehend an die nachfolgenden Generationen sozial vererbt werden.
Die starke soziale Benachteiligung der MigrantInnen wurde übereinstimmend auch in
regierungsamtlichen Gutachten festgestellt. Das umfangreiche Zahlenmaterial wird z.B. im Sechsten
Familienbericht (2000) oder im ersten Armutsbericht der Bundesregierung (2001) aufgeschlüsselt. Statt
diese soziale Ungleichheit aktiv abzubauen, fördert die deutsche Arbeitsmarktpolitik diese ethnisierte
Ungleichheit. Die soziale Schließung auf deutscher Seite wird staatlicherseits durch das
„Inländerprimat“ im Arbeitsförderungsgesetz, in der Arbeitsgenehmigungsverordnung, im
Sozialgesetzbuch und im Asylrecht zur gesellschaftlichen Norm erklärt. Dieses Primat sieht eine
arbeitsmarktrechtliche und damit gesellschaftliche Vorrangstellung für Deutsche und mit ihnen
gleichgestellte EU-BürgerInnen vor. Statt Leistung oder Kompetenz sind nationale und de facto auch
„rassische“ Kriterien bei der Verteilung von Lebenschancen bestimmend. Nach der EU-Osterweiterung
werden vor allem People of Colour durch solche Gesetze benachteiligt. Insgesamt produzieren diese
multiplen Diskriminierungsdynamiken Gesellschaftsverhältnisse, deren Auswirkungen viel zu selten als
sozialimperialistische Effekte problematisiert werden.5
Gegenwärtig werden nicht nur in der BRD durch instrumentelle Konzepte wie „brain-drain“ und „headhunting“ koloniale Denkmuster wieder salonfähig gemacht, die begierig sind die Gehirnströme aus den
postkolonialen Gesellschaften aufzusaugen. Schließlich sind die industrialisierten Staaten im globalen
Verteilungskampf um die „besten Köpfe“ bestrebt nicht ins Hintertreffen zu geraten. So wie im 19.
Jahrhundert im „scramble for Africa“6 der nationale Platz an der Sonne gesichert werden sollte, so
erleben koloniale Weltanschauungen wie das menschenverachtende „headhunting“ beim Run auf die
Wissensgesellschaft ein unzeitgemäßes Revival. Im Unterschied zu früheren Phasen bemüht sich die
heutige Selektionspolitik ausschließlich um hochqualifizierte VIP-MigrantInnen, die als
Entwicklungshelfer der vergreisenden Nation eine Verjüngungskur und eine zukunftsfähige Ökonomie
bescheren sollen. Allerdings ist auch der viel gepriesene „Computer-Inder“ in den Augen der deutschen
Gesellschaft nur ein temporär nützliches Arbeitswerkzeug, um für Deutschland „langfristig den
Wohlstand zu sichern“ (Unabhängige Kommission „Zuwanderung“ 2000). Wie die überparteiliche
Süssmuth-Kommission vorschlägt, soll auch er im Rotationsprinzip spätestens nach fünf Jahren
‚Dienstzeit‘ ersetzt werden. Auf der anderen Seite wird die bestehende migrantische Unterschichtung
staatlicherseits durch illegalisierte ArbeiterInnen in der total deregulierten Ökonomie forciert. Diese
Ökonomie der Illegalisierung setzt in Deutschland mehr als eine Millionen Menschen einem vollkommen
ungeschützten Status aus, der frei von jeder sozialen und rechtlichen Sicherungsform ist. Diese
Illegalisierung von Menschen aus der Dritten Welt erschafft ein inneres Ausland, wodurch
frühkapitalistische Ausbeutungsformen ermöglicht werden, wie wir sie bisher nur von den verlängerten
Werksbanken multinationaler Konzerne im Trikont her kennen.
Irrationale Diskurse
Während irrationale und migrantenfeindliche Diskurse in der Politik und in den Massenmedien7 nahezu
ungebremst die Einschränkung und den Abbau von Grund- und Menschenrechten für Menschen mit
migrantischen Hintergrund fordern, werden kritische Berichte internationaler Organisationen in den
Massenmedien oftmals unterbelichtet. Bei diesem politischen Agenda-Setting haben PolitikerInnen,
JournalistInnen und WissenschaftlerInnen eine besondere Verantwortung, und es gibt keinen Grund
diese FunktionsträgerInnen aus ihrer gesellschaftlichen Verantwortung zu entlassen.
So ist – um ein aktuelles Beispiel zu nennen – der ideologisch gesteuerter und emotional ungehemmter
Eklat um Metin Kaplan rassistisch motiviert. Ein gewollter Effekt dieser politischen Inszenierung, die seit
Ich wage es kaum diese Sozialimperialismusthese auszusprechen, weil ich weiß, dass man dann ganz schnell für unzurechnungsfähig erklärt
wird. Aber kann und soll man überhaupt einen netten Begriff für ein politisch und gesetzlich verankertes Konzept der ethnischen
Unterschichtung finden?
6 Mit diesem Begriff bezeichnen HistorikerInnen den kolonialen Wettkampf, der zur Aufteilung des afrikanischen Kontinents führte. In der
Berliner „Kongo-Konferenz“ von 1884 legten die europäischen Imperialmächte die koloniale Neuordnung fest und zogen jene Grenzen, deren
unheilvollen Auswirkungen auch in den heutigen Konflikten zum Ausdruck kommen.
7 Vgl. etwa die erhellenden Diskursanalysen des Duisburger Instituts für Sprach- und Sozialforschung (Jäger 1998a; Jäger 1998b).
5
4
Ende Mai 2004 durch brachiale Verbalgewalt und allgemeine Strafandrohung intensiviert wurde, ist der
Generalverdacht. In einer Situation, in der willkürliche Denunziationen und Verdachtsmomente
herrschen, sehe ich mich gezwungen das Selbstverständliche zu begründen: Ich trete nicht für Kaplan,
sondern für den Rechtsstaat und den Schutz von Grundrechten ein. Man kann Kaplan zu Recht viel
vorwerfen, aber doch nicht, dass er sich exakt an die Auflagen der Ausländerbehörde gehalten hat oder
dass er den ganz gewöhnlichen Rechtsweg zur Prüfung seines Falles einschlägt. Wo kommen wir hin,
wenn die Mentalität des kurzen Prozesses und ein Zweiklassenrecht für Flüchtlinge und MigrantInnen
zum Normalfall werden? Und warum soll die Inanspruchnahme von Rechten und rechtsstaatlichen
Verfahren ihren Missbrauch beweisen? Daher ist die Skandalisierung und politische
Instrumentalisierung des Kaplan-Falles der eigentliche Skandal – zumal die gleichen Kommentatoren
zur Sachlichkeit aufrufen, wenn Gerichte und Staatsanwälte – etwa bei der Leuna-Affäre oder dem
CDU-Parteispendenskandal – Paragraphen ohne zwingende Begründung zum Vorteil der Beklagten
auslegen. Diesen Vorwurf kann aber selbst ein Otto Schily oder Günther Beckstein den Richtern im
Kaplan-Prozess nicht machen.
Allein der Sachlichkeit und Verhältnismäßigkeit wegen hätte man auch die Frage stellen müssen, ob es
nicht die Karikatur einer demokratischen Gesellschaft darstellt, wenn ein alter Fundamentalist den
willkommenen Anlass bietet eine Debatte für eine überdimensionierte Sicherheitsaufrüstung
loszutreten, die einem befürchten lässt, dass der Staatsnotstand jede Minute ausgerufen wird. Da
Kaplan auch aus einem türkischen Hochsicherheitsgefängnis Befehle erteilen kann und körperlich
selbst kaum in der Lage ist, Gewalttaten zu begehen, ist die Abschiebung keine sachliche Lösung. Die
Abschiebung als Sicherheitsgewinn ist ein modernes Märchen, erfüllt aber ihre Feindbildfunktion und
verfestigt die Idee der „Festung Europa“ zu einer vermeintlichen Notwendigkeit in der politischen Kultur.
Wenn im aktuellen Kaplan-Fall Kritik berechtigt ist, dann doch vielmehr am übereilten Handeln der
Polizei und der Erwartungshaltung einer Stammtisch-Gesellschaft, die auch ohne rechtskräftiges Urteil
eine Abschiebung erzwingen will. Es verwundert sehr, warum deutsche Kommentatoren das kleine
Einmaleins der Rechtsstaatlichkeit im Kaplan-Fall für nicht mehr vermittelbar halten. Wenn NichtDeutsche betroffen sind, scheint der Hang zu Sondergesetzen mehrheitsfähig zu sein.
Da ich die kontroversen Diskussionen innerhalb der deutsch-türkischen Community zum Kaplan-Fall
kenne,8 kann ich nur davor warnen, rechtsstaatliche Grundsätze und menschenrechtliche Prinzipien
aufzugeben. Wenn wir – wie bei der unlängst auch in Deutschland wieder diskutierten Folterfrage –
Ausnahmeregelungen schaffen, frage ich mich, wo wir enden werden, wenn diese letzten Dämme erst
mal gebrochen sind. Indem Kaplan von deutscher Seite zur Symbolfigur für alle MigrantInnen und
Flüchtlinge hochstilisiert wird, wird auch das seit langen gepflegte Bild des „gefährlichen Ausländers“
mit dem oftmals islamophob aufgeladenen „Krieg-gegen-den-Terror“-Kampfruf vermengt. Durch den
Kaplan-Fall wird auf perfide Weise die absurde Vorstellung popularisiert, dass das deutsche
Ausländergesetz besonders ausländerfreundlich wäre und geradezu Terroristen zum höhnischen
Missbrauch der deutschen Gastfreundlichkeit einlädt. Wo Menschen in Angst und Panik versetzt
werden, setzt das Denken aus. Stattdessen wird eine gefährliche politische Stimmung angeheizt, die
Flächenbrände auslösen kann. Es ist offensichtlich, dass die Sicherheitsfanatiker mit ihrer zynischen
Einschüchterungspolitik Gesetze und Ausnahmezustände durchzusetzen wollen, die derzeit noch
außerhalb des Verfassungsrahmens liegen. Man wundert sich warum solche Hasspredigten und
Attentate auf die Grundrechte kein Fall für den Verfassungsschutz sind.
Am 8.6.2004 kritisierte die „Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz“ (ECRI)9 in
ihrem dritten Bericht seit 1998 die zunehmende rassistische und antisemitische Gewalt in Deutschland
und forderte die Bundesregierung auf endlich einen gesetzlichen Rahmen zu schaffen, der den Weg zur
einer diskriminierungsfreien Gesellschaft eröffnet. Erstaunlicherweise haben in den Folgetagen weder
die Berliner Zeitung, noch die Frankfurter Rundschau oder die Junge Welt diesen wichtigen Bericht
gemeldet. Nur in der taz habe ich eine Meldung auf Seite 6 gefunden. Dabei reiht sich dieser Bericht
nur in einer langen Reihe von besorgten Studien internationaler Organisationen ein. Seit Anfang der
1990er Jahre haben verschiedene UN-Sonderberichterstatter und UN-Ausschüsse sich wiederholt
besorgt über Rassismus und fehlende rechtliche Instrumente zu seiner Bekämpfung in Deutschland
Vgl. etwa die Aussagen von Hakki Keskin, dem Vorsitzenden der Türkischen Gemeinde in Deutschland: „Kaplan hat hier nichts zu suchen“.
Türkische
Gemeinde
in
Deutschland
will
"Kalifen
von
Köln"
endlich
loswerden,
Die
Welt,
7.6.2004.
http://www.welt.de/data/2004/06/07/288053.html
9 Unter http://www.coe.int/t/E/human_rights/ecri/ können auch die Berichte heruntergeladen werden.
8
5
gezeigt. Auch verschiedene EU-Institutionen wie der Anti-Folterausschuss des Europarats oder die
Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz haben immer wieder staatliche Praktiken
kritisiert und Handlungsbedarf angemahnt. Ebenso haben Amnesty International und Human Rights
Watch/Helsinki-Prozess institutionelle Diskriminierungen dokumentiert (Aktion Courage – SOS
Rassismus 1998).
Institutionelle und strukturelle Diskriminierungen
Wenn wir über gesellschaftlich verankerte Formen von Diskriminierungen sprechen, dann ist
grundsätzlich zu beachten, dass Ausgrenzungen und Abwertungen aufgrund migrantischer Herkünfte,
körperlicher Zuschreibungen oder kulturell-religiöser Differenzen nur eine Dimension in
gesellschaftlichen Ungleichheits- und Machtstrukturen darstellen. Rassismus ist auf dynamische Weise
mit anderen sozialen Hierarchien verknüpft, die Sexismus, Klassendominanz, Antisemitismus,
Islamophobie und Heteronormalismus hervorbringen und stabilisieren. Von einer dieser
Herrschaftsformen als Opfer betroffen zu sein, schließt nicht die Möglichkeit aus in anderen
Dominanzstrukturen als TäterIn und/oder ProfiteurIn verwickelt zu sein.10 Auf der anderen Seite können
Diskriminierungserfahrungen sich überlappen, wenn etwa eine Schwarze muslimische Lesbe aus der
ArbeiterInnenschicht Mehrfachunterdrückungen ausgesetzt ist.
Bei der Diskussion über integrative Reformansätze im Migrations- und Gleichstellungsbereich ist es aus
Erkenntnisgründen bedeutsam zwischen institutionellen und strukturellen Formen der Benachteiligung
und Diskriminierung zu unterscheiden. In den Bereich der institutionellen Diskriminierungen fallen alle
direkten und indirekten Handlungen oder Verfahrensweisen staatlicher Träger und Akteure, die im
Ergebnis unabhängig von der verlautbarten Absicht zu negativen Ungleichheiten und Ausschlüssen
führen. Zum institutionellen Rahmen gehören somit alle hoheitsrechtlichen Aufgaben und Funktionen
des Staates und seiner Organisationen. Einen wichtigen Bereich bilden die gesellschaftlichen
Spielregeln, wie sie auf unterschiedlichen juristischen Ebenen von der Verfassung, über Bundes- und
Ländergesetze bis hin zu Ausführungsverordnungen und kommunalen Verwaltungsvorschriften definiert
werden. Weil die Zuweisung oder Verweigerung von Rechten, Pflichten und gesellschaftlichen Normen
die Ziele und Mitteln staatlichen Handels vorgeben, dirigieren sie dadurch auch das Handeln öffentlicher
Verwaltungen und Administrationen. Staatliche Vorgaben, die verbotene, erlaubte und erwünschte
gesellschaftliche Verhältnisse regeln, wirken als normative wie disziplinierende Instanz maßgeblich
auch für das Handeln der BürgerInnen ein.
Darüber hinaus sind staatliche Institutionen und alle öffentlich-rechtliche Anstalten nicht nur für die
offiziellen Inhalte ihrer eigenen Programmatik, sondern auch für die Verhaltensmuster ihrer
MitarbeiterInnen direkt verantwortlich. Um ihre gesellschaftlichen Aufgaben erfüllen zu können, sind
diese Institutionen dazu verpflichtet durch eine geeignete Personalpolitik und entsprechende inhaltliche
Angebote Diskriminierungsfreiheit in allen Bereichen und auf allen Ebenen ihrer Arbeit sicherzustellen.
Sie müssen in ihrem Leistungsumfang etwa gewährleisten, dass sowohl Beamte als auch alle anderen
im öffentlichen Dienst Beschäftigten ein Verhaltenskodex einhalten, der benachteiligende
Behandlungen oder die Errichtung bzw. Aufrechterhaltung von Zugangsbarrieren zu öffentlichen
Leistungen aufgrund äußerer Differenzen, unterschiedlicher ethnischer Herkünfte und kulturell-religiöse
Zugehörigkeiten ausschließt. Die Umsetzung dieser Ziele sind durch ständige Qualitätskontrollen in
Form von externen Monitoring und Evaluationsprogrammen zu überprüfen und zu verbessern. Da
Behörden in ihrem reformierten Selbstverständnis als öffentliche Dienstleistungszentren den Menschen
dienen sollen und wollen, ist ihre Arbeit von den betroffenen MigrantInnen, Flüchtlingen und Anderen
Deutschen zu begutachten und nach den berechtigten Interessen der Betroffenen auszurichten.
Während alle institutionellen Diskriminierungen sich strukturell auf die Gesellschaft auswirken, sind
nicht alle strukturellen Diskriminierungen auf institutionelle Fehlorientierungen zurückzuführen. So kann
die historisch bedingte, starke Verbreitung von intersubjektiven Vorurteilsteilsstrukturen beim face-toface-Rassismus zu massiven Diskriminierungen z.B. auf dem privaten Wohn- und Arbeitsmarkt sowie
persönlichen Gewaltverbrechen führen. Die extreme Häufigkeit individueller Rassismen im Alltag kann
den „privaten“ Rassismus allerdings auch ohne oder sogar gegen institutionelle Absichten zu einem
strukturellen Rassismus verdichten. Ebenso können diskursive Leitbilder entstehen und eine Kultur des
10 Eye-Opener-Bücher, die in eindrücklicher und zugänglicher Weise die komplexe Überschneidung von Macht- und Identitätsformen, die
Gleichzeitigkeit von Widerstand und innere Kolonialisierung aufzeigen, waren für mich Frantz Fanon „Schwarze Haut, weiße Maske“ (1980),
Anja Meulenbelt „Scheidelinien“ (1988) und Stuart Hall „Rassismus und kulturelle Identität“ (1994).
6
Rassismus etablieren, die MigrantInnen, Flüchtlinge und schwarze Menschen herabwürdigen oder
durch stereotype Reduktionismen missrepräsentieren. Auch auf der diskursiven Ebene wie in den
gesellschaftlichen Sozialstrukturen kann die weit verbreitete und permanente Wiederholung von
individuellen Diskriminierungshandlungen zu einem kollektiven Moment anwachsen, der dann nicht nur
individuelle Schicksale markiert, sondern auch strukturell relevant ist.
Obwohl die Unterscheidung zwischen institutioneller und struktureller Diskriminierung für die
theoretische Diskussion nützlich sein kann, hat es bisher keinen strukturellen Rassismus gegeben, der
ohne institutionelle Unterstützung durch staatliche Agenturen und Akteure ausgekommen ist. Für die
politische Diskussion im deutschen Kontext ist es aufgrund der staatlichen Verstrickung in rassistische
Praktiken und Ausgrenzungen immanent wichtig an die öffentliche Verantwortung der Legislative,
Exekutive und Judikative zu erinnern.
Dass es einen strukturellen und institutionellen Rassismus in Deutschland gibt, kann keine ernsthafte
Frage sein. Leider ist die deutsche Einwanderungsgeschichte auch eine Geschichte der Gewalt, der
Verdrängung und Realitätsverweigerung. Für diejenigen, die sich jedoch der gesellschaftlichen Realität
stellen wollen, kann die Frage nur lauten, ob deutsche Regierungsstellen und ihre WählerInnen auf
Bundes-, Landes- und Kommunalebene nach Jahrzehnten politisch gewillt sind, diesen Zustand durch
gleichberechtigte, zugangsfreie und chancenausgleichende Regelungen und Förderprogramme
abzuhelfen.
Neben
Gleichberechtigung
brauchen
wir
auch
ergebnisorientierte
Gleichstellungsprogramme im Sinne von Affirmative-Action, wenn wir die historische Belastung dieser
Gesellschaft gegenüber strukturell benachteiligten Gruppen nicht nur formal oder kosmetisch, sondern
auch in der Realität ausgleichen wollen. Konkret bedeutet diese Aufgabenstellung, dass es in den
staatlichen Verantwortungsbereich fällt, nicht nur dafür zu sorgen, dass Sicherheitsbeamte keine
rassistischen Angriffe oder sonstige diskriminierenden Praktiken vollziehen. Neben Verboten oder
negativen Sanktionen gehören auch aktive Förderungsprogramme und positive Anreize für
benachteiligte Gruppen zum Aufgabengebiet institutioneller Politik. Das bedeutet, dass z.B. besondere
Ressourcen für Kinder und Jugendliche mit marginalisierten Hintergründen zur Verfügung gestellten
werden, um hier für eine ausgleichende Verteilung von sozialen Lebenschancen zu sorgen. Auch muss
eine migrantische Repräsentationen in den Institutionen auf personeller, konzeptueller und kultureller
Ebene ermöglicht werden, die der sozialen Realität der deutschen Gesellschaft entspricht.
Literatur:
Aktion Courage – SOS Rassismus (1998/Hg.): Rassismus am Pranger - Internationale Organisationen
klagen an, Bonn
Armutsbericht 2001 = Lebenslagen in Deutschland. Der erste Armuts- und Reichtumsbericht der
Bundesregierung
Bade, Klaus J. (1983): Vom Auswanderungsland zum Einwanderungsland. Deutschland 1880-1980,
Berlin [Colloquium]
Bade, Klaus J. (1993): „Billig und willig“ – die „ausländischen Wanderarbeiter“ im kaiserlichen
Deutschland; in: Ders. (Hg.): Deutsche im Ausland – Fremd in Deutschland; Migration in Geschichte
und Gegenwart, München [Beck]: 311-324
Bade, Klaus J. (2000): Europa in Bewegung. Migration vom späten 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart,
München [Beck]
Chickering, Roger (1984): We men who feel most German: a Cultural Study of the Pan-German
League, 1886-1914, Boston [Allen & Unwin]
Dohse, Knuth (1985): Ausländische Arbeiter und bürgerlicher Staat, Berlin [EXpress]
Fanon, Frantz (1980): Schwarze Haut, weiße Maske, Frankfurt a.M. [Syndikat]
Funke, Hajo (1993): Brandstifter. Deutschland zwischen Demokratie und völkischem Nationalismus,
Göttingen [Lamuv]
Ha, Kien Nghi (2004): Ethnizität und Migration Reloaded: Kulturelle Identität, Differenz und Hybridität im
postkolonialen Diskurs, Berlin [Wissenschaftlicher Verlag Berlin]
Hall, Stuart (1994): Rassismus und kulturelle Identität, Hamburg [Argument]
Heckmann, Friedrich (1981): Die Bundesrepublik – ein Einwanderungsland? Zur Soziologie der
Gastarbeiterbevölkerung als Einwandererminorität, Stuttgart [Ferdinand Enke]
Herbert, Ulrich (2001): Geschichte der Ausländerbeschäftigung in Deutschland, München [Beck]
7
Jäger, Margret u.a. (1998a): Von deutschen Einzeltätern und ausländischen Banden. Medien und
Straftaten, Duisburg [DISS]
Jäger, Siegfried u.a. (1998b): Der Spuk ist nicht vorbei. Völkisch-nationalistische Ideologeme im
öffentlichen Diskurs der Gegenwart, Duisburg [DISS]
Meulenbelt, Anja (1988): Scheidelinien. Über Sexismus, Rassismus und Klassismus, Reinbek [Rowohlt]
Sechster Familienbericht: Familien ausländischer Herkunft in Deutschland, BT-Drucksache 14/4357
vom 20.10.2000
Thränhardt, Dietrich (1984): „Ausländer“ als Objekte deutscher Interessen und Ideologien; in Griese,
Hartmut (Hg.): Der gläserne Fremde. Bilanz und Kritik der Gastarbeiterforschung und der
Ausländerpädagogik, Opladen [Leske+Budrich]: 115-132
Unabhängige Kommission „Zuwanderung“ (2000): Zuwanderung gestalten – Integration fördern, Berlin
8
Discrimination and Diversity
- Graham Shaw
This chapter aims to provide a broad overview of some of the recent developments and emerging
issues in the UK and beyond. I propose to bring together a series of “snapshots” and “reflections” in
relation to:
• The “drivers” for change
• Legislative developments
• Conceptual change
• Research evidence on discrimination
• Characterising organisations
• Characterising strategies for change
• Some trends
• What have we learned about successful change
I hope the reader will forgive my movement between the discursive and the detailed!
Drivers for Change
Push-Faktoren für Veränderungen
Bis zum Jahr 2011 werden nur 18% der
arbeitenden Bevölkerung des Vereinigten
Königreiches weiß, männlich,
heterosexuell sein und keine Behinderung
haben.
• Gesetzgebung
• Fähigkeiten und Produktivität
• Reputation
• Werte und Erwartungen
We know that labour markets are
changing. We are increasingly
aware
about
demographic
changes, caused partly by
migration and partly the balance of
the age groups and so on. These
changes are having a political
impact across Europe and, for
example, this is the background to
the debates and conflicts around
pensions and retirement. Other
elements of change in the labour
market relates to attitudes and
expectations.
All European countries have undergone (and still undergoing) dramatic change in their populations and
this affects the kind of people we employ; those to whom we deliver products and services; and those
from whom we buy goods and services. For example:
• Increasing numbers of women are entering the labour market and becoming entrepreneurs.
• Migration has led to a multicultural and multiethnic population across Europe.
• People with disabilities, gay and lesbian people, for example, are challenging stereotypes.
• The average age of the workforce is increasing; there are less younger people in the workforce
than older people.
These changes mean that traditional patterns of employment, consumption, values and beliefs are no
longer a reality. Successful organisations understand these changes and use them for their own benefit.
There is growing evidence that people are concerned with the social and ethical dimension of their work
and the way they consume products or use services. The idea that organisations should treat their
employees fairly is one of the public’s main beliefs in this field. Employees also have higher
expectations of their employers to be fair in what they do and to accommodate their needs through, for
example, flexible working and “work-life balance”. The pace of change means that cultures, values,
tastes and needs cannot be taken for granted. Increasingly those that invest or fund organisations
expect to see diversity. Technology gives people greater access to information.
On the other side we see changes in products, in markets, greater competitiveness, greater
differentiation of products and services, the importance of knowledge and creativity and a growth,
particularly in Europe, of service based industries. Capital markets are changing. Increasingly investors
9
are looking at what we call “intangibles”, the non-financial parts of organisations and companies, and
they are more and more interested in management and the risks that management takes. Witness the
growth of ethical investments.
There is also an increasing support among populations, shown by surveys, for fairness and equality. In
a Mori Poll conducted about 18 months ago across Europe, the top concern of the public about the
operation of organisations was whether it treated its employees fairly and transparently.
Legislative change in the U.K.
There is an extensive, long-standing
body of legislation in the UK prohibiting
discrimination on the grounds of sex,
race and disability. Three statutory
bodies promote equality of treatment:
the Equal Opportunities Commission,
the Commission for Racial Equality and
the Disability Rights Commission.
However there are some recent
developments worth noting.
Veränderte Gesetzeslage
• Diskriminierung aufgrund der
ethnischen Herkunft
• Diskriminierung aufgrund einer
Behinderung
• Sexuelle Identität
• Religion und Weltanschauung
Firstly, in relation to race discrimination.
A new Race Relations Ammendment
Act (2000) sought to strengthen the
original 1976 Act in two main ways:
•
•
It extends protection against racial discrimination by public authorities.
It imposes a new enforceable general duty on public authorities to promote race equality by
eliminating unlawful discrimination and providing equality of opportunity.
Secondly in relation to other areas of discrimination The UK is seeking to respond to the requirement to
introduce a range of new anti-discrimination measures by 2006 covering:
• disability
• age
• religion
• sexual orientation
In respect of each of these provisions, new for the UK will be age discrimination, stand alone religious
discrimination and sexual orientation; although discrimination against homosexuals has been the
subject of legal challenge both to the European Court of Justice (EU Court) and the European Court of
Human Rights in Strasbourg, in the last four or five years. In respect of each area, new legislation will
have to be introduced within the UK to prevent both direct and indirect sex discrimination, as well as
victimisation.
Direct discrimination must be prohibited by preventing less favourable treatment of one person based
on their age, disability, sexual orientation, or religion or religious belief. By contrast, indirect
discrimination is much more subtle and involves applying what is an apparently neutral provision
criterion or practice which nevertheless has the same effect, i.e. excluding someone because of their
religion or belief, disability, age or sexual orientation. Indirect discrimination can of course be defended
and may not be unlawful, if it can be shown that the provision, criteria or practice is in place for an
objective reason to achieve a legitimate business aim, which is appropriate and necessary.
Of greater significance is the fact that harassment measurements must be introduced so that any
unwanted conduct aimed at an individual which affects their dignity or creates an intimidating, hostile,
degrading, humiliating or offensive environment, based on their age, disability, sexual orientation,
religion or religious belief, will be unlawful. Traditionally harassment measures have been limited to
sexual harassment and racial harassment within the UK.
Age discrimination measures will probably be the most far-reaching and certainly will require new law.
At present, protection against age discrimination does not exist in law. All that is in place is a voluntary
10
code of practice that many criticise as being in no way an influence on businesses and operations. In
due course it will be unlawful to treat an individual less favourably because of their age or indeed to
impose a condition or requirement that will exclude them as a result of their age. Whilst many older
workers in particular will welcome this provision, Article 6 of the Framework Directive goes on to allow
each country to provide legal exceptions allowing age discrimination, where that meets legitimate
employment policy or labour market and vocational training objectives.
Examples are given such as setting age conditions in terms of access to employment and vocational
training aimed at benefiting specific groups of the population, including young people, older workers and
those with caring responsibilities. This seems to envisage allowing positive action and encouragement.
Two other exceptions however will be of particular interest to employers and it will be interesting to see
how and whether these are brought into effect in the UK:
• the fixing of minimum conditions of age, professional experience of seniority in service, to
access employment; and
• the fixing of maximum ages for recruitment based on training requirements for the post or
needing to ensure that the individual has a reasonable period of employment before
retirement.
This seems to envisage circumstances where some element of "succession planning" will be permitted.
Conceptual Change – Institutional Disrimination
Institutionelle Diskriminierung
Das kollektive Versäumnis einer Organisation,
Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe, Kultur
oder ethnischen Herkunft angemessen und
professionell zu behandeln. Man kann es in
Prozessen, Einstellungen und
Verhaltensweisen erkennen, die durch
unbewusste Vorurteile, Unwissen,
Gedankenlosigkeit und rassistische
Stereotypen, die ethnische Minderheiten
benachteiligen, zu Diskriminierung führen.
A significant (but contested) step
has been the debate over the
concept
of
institutional
discrimination, arising from the
campaign around the operation of
the police force, but having wider
implications for all organisations.
Stephen Lawrence, a young black
man, was stabbed to death in
south London on 22 April 1993.
The incident that led to his murder
lasted no longer than fifteen to
twenty seconds, was undoubtedly
(Stephen Lawrence Untersuchung 1999)
racially motivated, and involved
five or six white male youths. Noone has been convicted of the crime. Three of the prime suspects were taken to trial in a private
prosecution in 1996, which resulted in acquittal due to lack of evidence. Two other suspects were
released at committal for the same reason. These five men continue to be suspects, but cannot be
retried under the present system of British law; general publicity and comment about their guilt would be
seen to prejudice any further trial.
The Police Complaints Authority engaged the Kent Police to investigate a complaint by the parents of
Stephen Lawrence that the first investigation by the Metropolitan Police Service had been incorrectly
carried out, and the Kent report confirmed that many aspects of the MPS work could be criticised.
On 31 July, 1997 the new Home Secretary, Jack Straw, asked Sir William Macpherson to chair an
Inquiry into matters arising from the death of Stephen Lawrence, in order particularly to identify the
lessons to be learned for the investigation and prosecution of racially motivated crimes. Part I of the
Inquiry looked specifically at the Lawrence case; Part II was aimed at the second part of the Inquiry
terms of reference i.e. looking more generally at the 'investigation and prosecution of racially motivated
crimes'.
Of interest here is the identification of the idea of institutionalised racism, which the Inquiry defined as
11
'The collective failure of an organisation to provide an appropriate and professional service to people
because of their colour, culture, or ethnic origin. It can be seen or detected in processes, attitudes and
behaviour which amount to discrimination through unwitting prejudice, ignorance, thoughtlessness and
racist stereotyping which disadvantage minority ethnic people .It persists because of the failure of the
organisation openly and adequately to recognise and address its existence and causes by policy,
example and leadership. Without recognition and action to eliminate such racism it can prevail as part of
the ethos or culture of the organisation. It is a corrosive disease.'
The Inquiry also acknowledged that:
'Racism, institutional or otherwise, is not the prerogative of the Police Service. It is clear that other
agencies including for example those dealing with housing and education also suffer from the disease. If
racism is to be eradicated there must be specific and co-ordinated action both within the agencies
themselves and by society at large, particularly through the educational system, from pre-primary school
upwards and onwards.'
Research Evidence
There is a growing body of
work on the persistence of
Diskriminierungsforschung
different
forms
of
discrimination. We might
characterise these forms as
both “structural or systemic” or
• Rassismus
“individual”. In the former
• Diskriminierung aufgrund einer
discrimination occurs within the
systems, policies, procedures
Behinderung
etc. of organisations or the
• Homophobie
wider society. In the latter,
• Altersdiskriminierung
identified personnel may be
the perpetrators of acts of
discrimination, harassment or
victimisation. In reality, course
the boundary between these
may be blurred. Some of the
research and cases outlined below illustrates the nature of discrimination and its impact.
In 2001 a report by the Trades Union Congress (Black workers deserve better) claimed that racism is
intensifying in Britain's workplaces with black and Asian people were more than twice as likely to be
unemployed as white counterparts. The black and Asian unemployment rate was 12%, compared with
5% for whites. The gap was smaller in 1990 when black and Asian unemployment was 11% and the
white rate was 6%. Black and Asian workers have not benefited as much as the white population from
an expanding economy and an overall drop in unemployment to below a million claimants.
The situation was worse in specific regions. 15% of blacks and Asians were unemployed in Yorkshire,
Humberside and the West Midlands, compared with 5% among white workers. Discrimination continues
when black and Asian workers have jobs: 18.7% of white employees were managers in Summer 1999
and 19 per cent in Winter 2000/1 - up 0.3 per cent. But the proportion of black and Asian workers in
managerial jobs remained static at 14.9 per cent in that year. This is despite the fact that the proportion
of black and Asian workers educated to degree level or above went from 21% to 26% over the last 18
months. During this period the comparable proportion of white employees moved from 16 to 17%.
In 2000 The UK Post Office paid nearly £20,000 in damages to an individual after management at the
Preston office were found to have applied performance tests selectively, leading to racial discrimination.
The Employment Tribunal found that a postal worker of Indian origin, had received ‘less favourable
treatment’ than white counterparts. She was asked to take a written aptitude test in order to stay in
employment but several comparable white staff received temporary or permanent contracts without
being required to take a test. The Tribunal expressed their extreme unhappiness regarding the way the
12
Post Office operated in terms of its treatment of Asian employees. They pointed to the failure of the
Post Office to explain why the test was applied rigorously in certain cases but not in others.
It was stated that when the individual made her complaint of racial discrimination, the management
failed to investigate the matter seriously. The Tribunal found this failure to address legitimate
complaints to be direct discrimination on grounds of race.
In yet another reminder to businesses of their responsibility to stop sexual harassment, a Kent
Employment Tribunal awarded nearly £180,000 to a trainee sales executive at a car showroom, who
worked there for only a week before the conduct of a salesman forced her to leave. Her lawyers told an
Employment Tribunal that the acts of harassment were particularly offensive and designed to intimidate
and bully a young, vulnerable employee in her first week of work. The Tribunal accepted medical
evidence that she suffered Post Traumatic Stress Disorder as a result. The compensation award covers
injury to feelings, injury to health, costs of care, loss of earnings, and aggravated damages because of
the seriousness of the sexual harassment, and the way the employers conducted the case. £7,000 is to
be paid by perpetrator himself (an experienced car salesman). As a result of the harassment, the victim
left the job. Her lawyers told the tribunal that she experienced frequent and distressing flashbacks, her
relationship with her boyfriend had broken down, she had lost social contact with her friends, had
suffered severe post traumatic stress disorder. She had lost confidence, and her lawyers estimated that
it would be another 2½ years before she was able to work again. The company had no written policy on
sex discrimination or sexual harassment, or equal opportunities in general. Neither did it provide
training, guidance, or advice to ordinary employees about sexual harassment. The company had
therefore failed to take the reasonably practical steps to prevent the perpetrator from carrying out the
acts of sexual harassment.
Sexual harassment is one of the most common and well known forms of workplace bullying. But many
studies suggest that harassment and bullying are far from untypical. Research for the BBC in 1997
carried out Staffordshire University Business School and the Manchester School of Management
(UMIST) concluded that a staggering 53% of their sample reported having been bullied at work and
77% of respondents reported having been witnesses to such bullying.
Further research by UMIST published in February 2000 revealed that out of 5300 employees in 70
organisations, 47% reported witnessing bullying in the last five years, 1 in 10 (10.5%) said they'd been
bullied in the last six months and 1 in 4 (24.4%) said they'd been bullied in the last 5 years. Those who
reported being bullied within the last six months consistently reported the poorest health, the lowest
work motivation, the highest absenteeism figures as well as the lowest productivity compared to those
who were not bullied. Those who witnessed bullying at work were also more likely to report poor health
and low morale than those who worked in bullying-free environments. The survey was supported by the
TUC and CBI and funded by the British Occupational Health Research Foundation (BOHRF).
Characterising Organisations
Das Fairness Kontinuum
1
2
Einhaltung
von
Gesetzen /
Normen
Soziale
Verantwortung
3
Unternehmensfallstudie
4
5
Arbeitgeber Vorreiter in
& Lieferant Diversity
“der ersten
Wahl”
Den Vorteil durch Diversity erhöhen
13
In 1996 the Canadian, Trevor
Wilson, proposed a way of thinking
about the degree to which
organisations
were
tackling
discrimination
and
building
diversity. He described the broad
characteristics of organisations as
they move along the Equity
Continuum. Whilst it is not a
precise system of measurement it
provides a useful perspective for
thinking about organisations and
their development. In broad terms I
think we can say that the majority
of organisations in whatever sector
are probably at Level 0 or level 1.
On the other hand there are a small number moving from level 3 into levels 4 and 5, but their progress
is often slow and easily reversed as financial and economic changes occur.
The Five levels are:
Level 0: “They Think They are a Five”
Here an organisation is essentially in denial for various reasons. Often this is traceable to complacency
or the lack of deeper appreciation of how diverse groups could be disenfranchised without their
knowledge (“we don’t have any discriminations here”) or they have not fully anticipated current and
future changes in demographics and changes in the behaviours and motivations in the workforce.
Level 1: Compliance
This is often called legislated fairness. These organisations have primarily a reactive approach to
implementing equity initiatives. They are motivated to pursue equity in order to avoid negative
consequences that may result from non-compliance with legislated guidelines or other standards (e.g.
collective agreements, labour laws, contracts). Equity initiatives tend to be implemented in reaction to
some external pressure (e.g. governmental, union, interest group or stakeholder), as these
organisations do not see the benefits of having a diverse workforce.
Level 2: Moving Beyond Compliance
This level is sometimes called the level where things are done for altruistic reasons. These
organisations support initiatives that go beyond securing adequate representation. They want to be
recognised as organisations that lend a hand to those who have been historically disadvantaged.
Although wanting to do the ‘right thing’ plays a role in their desire to support traditionally underrepresented groups, they also realise that supporting these initiatives can enhance their public image.
These organisations are likely to have one or more diversity initiatives in place, but these are isolated
efforts that typically support high visibility programmes or the promotion of particular group members
into visible positions. No plan is in place to integrate diversity into all aspects of human resource
management nor the larger organisational culture.
Level 3: The Business Case
These organisations appreciate that managing diversity can yield positive benefits. Their motivation to
pursue equity stems from potential business benefits (such as becoming the employer of choice, or a
model employer) but this is vulnerable to economic cycles and changes in leadership. Whereas those at
level 1 are concerned with how failure to attend to diversity will influence costs, organisations at level 3
realise that diversity can yield benefits and positively affect future viability. These organisations
recognise the importance of attracting and retaining the best person for the job in order to provide
relevant programmes, products and/or services and they are moving in a direction to make that happen.
These organizations are in the process of identifying barriers to equity and developing human resource
strategies that encourage and support a diverse workforce. They typically compare themselves to other
leading organisations to identify areas requiring improvement and adopt ‘best practices’.
Level 4: Integrated Diversity
These organisations have internalised diversity as an important value and have embraced diversity as
an integral part of the organisational culture. They have ceased to question the value of diversity, as it is
the only way they can perceive operating. The fact that diversity is embedded in the organisational
culture makes its programmes, products and services more relevant to a wider range of people. As a
result, employees take full advantage of available programmes and there is widespread support and
use by its clients and stakeholders. Level 4 organisations are motivated by the merit principle for all
employees and there is a commitment, shared by members at all levels of the organisation, which
dictates that the best-qualified candidates will always be hired and promoted. These organisations
continue to break down barriers that stand in the way of equity and are experiencing the financial and
non-financial benefits of a diverse workforce. They are viewed by a wide range of people as an
‘employer of choice’.
Level 5: Equitable Organisational Systems
These organisations foster diversity beyond their own boundaries. Their motivation to pursue equity
stems from the principle that diversity is an organisational, community, national or even global
imperative. Those at level 5 have internalised diversity as a core value and are commonly
acknowledged as industry leaders—an ‘employer of choice’. They have fully committed to equity and
14
are merit based, in that the best-qualified candidate always gets hired and promoted. Monitoring and
continuous improvement are an ongoing process, aimed at maintaining equitable employment systems
through the identification and elimination of emerging barriers. These organisations have experienced
both financial and non-financial benefits as a result of their complete commitment to diversity. They
provide relevant programmes, products and/or services to their clients and stakeholders and expect
affiliates also to be governed by the merit principle. Motivated by pragmatic action, these organisations
often engage in external, long-term, merit-based initiatives and programmes that they believe will have
a far-reaching, positive impact on their organisation and the global community.
Characterising Strategies for Change
If we can characterise, in broad terms, the progress made by organisations we can also characterise
the strategies they use to change.
In the early 1990s, research was carried out by Thomas and Ely (1996) on the need for a new paradigm
for managing diversity. They sought to understand three management challenges :
•
•
•
How organizations achieve and sustain effective gender and racial diversity in their
management and executive levels.
The impact of diversity on an organization’s practices, processes, and performance.
The influence of leaders on making diversity an enhancing or detracting element.
Their six-year research with a
number of both large and small
organisations resulted in the
development of a new paradigm for
managing diversity. They began
with the observation that old and
limiting assumptions about the
meaning of diversity needed to be
modified, before its powerful
potential could be unleashed to
increase
organizational
effectiveness. A brief adaptation
and summary of their observation
are as follows.
Strategische Herangehensweisen
Drei Paradigmen – Thomas & Ely 1996
• Diskriminierung und Fairness
• Zugang und Legitimität
• Lernen und Effektivität
Discrimination and fairness paradigm—organisations often begin with this most common approach
which focuses on equal opportunities, fair treatment, and “tweaking” recruitment processes as part of
correcting problems of under-representation that is often backed by legislation. Special career
development programmes are crafted for minority groups and the organisation’s overall cultural
understanding is broadened by wide-scale race and equality awareness training. The bid to rid the
organisation of unfair treatment and remove discriminatory behaviour as a preventative principle is
enforced in various ways. Success is gauged by achievement of recruitment and retention targets.
Because there is a focus on fair treatment and sameness, the usual consequences are that the staff
complement may become diverse but the work and real inclusiveness of the environment do not.
Sameness in behaviour is recognised, individual differences are not and they subsequently become
suppressed. Loyalty to the norm is welcome, diverse expressions are deemed countercultural.
The discrimination and fairness paradigm promoted assimilation and melting-pot conformism. Looking
externally, the emerging changes in demographics attracted many organisations to gain more access to
more diverse consumer segments. Realising that diversity is not just fair but makes business sense to
enable them to serve a more diverse public, they adopted the access and legitimacy paradigm.
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Under this regime, organisations invest in access to and legitimacy with diverse clients by employing
and deploying staff who are similar to or share the same demographic identities of important customer
groups. Many consumer product companies or service-oriented organisations have used segmentation
to their advantage, and have created service positions that build relationships based on demographic
similarities for each segment. A collateral benefit of this is that broader opportunities for women and
ethnic minorities have opened up. The downside has been that access and legitimacy organizations
place staff with these specific capabilities into specially identified positions, often forgetting to
comprehend the key strengths of those capabilities that could be learnt and built upon as a source for
wider competitive ability. In the long run, organisations realise that they know enough to use people’s
strengths but never seem to learn from them.
A new and emerging approach to this issue is the learning and effectiveness paradigm.
This incorporates aspects of the first two paradigms but goes beyond them by concretely connecting
diversity to approaches to work. This paradigm recognises that employees exercise their discretionary
behaviour at work as influenced by their cultural make-up. This view enables organisations to leverage
differences by creating the processes that value these differences, captures them and synthesises them
into the key functions that matter in delivering results. Such organisations see conflict as a resource and
encourage constructive challenge, allows the raising of different positions or countercultural thinking and
innovation. These are the organisations that are benefiting from effective management of diversity.
It is possible to see all three strategies operating in real organisations with varying degrees of success.
Reflections
Trends
I would like to identify three major
trends:
• The acknowledgement of
diversity will be of growing
importance.
• Diversity will increasingly be
linked to organisational
performance.
• Dealing with diversity will be
a
key
leadership
competence.
Trends
• Das Unternehmen der Zukunft wird vielfältiger
sein.
• Diversity wird weiterhin auf sichtbaren
Ausprägungen fokussieren.
• Andere Herausforderungen werden entstehen.
• Spannungen zwischen verschiedenen
Strategien
• Eine Schlüsselqualifikation für
Führungspersönlichkeiten
• Verbunden mit der Leistung des
Unternehmens
It is clear that organisations are
already becoming more diverse, or, at
least, there is a recognition that
organisations already have degrees
of diversity. We need to try and look at the way the different kinds of diversity interact. Whilst the
demographic diversities (age, race, gender, for example) are very important, there are also other
aspects of diversity. “Informational diversity”, for example, people’s work experience, their professional
experience and their educational background, play a crucial role in mediating demographic diversity. It
is also very important to consider values as a key element of diversity. People have different values that
they bring to their employment. These can be “big” values, like religion and so on, but there are also
small values about how people approach work, how they do tasks, how they make decisions etc.
In organisations people exhibit a mixture of these different elements. You cannot read one from the
other. It is very important to engage with that complexity. But it is even more complex because these
elements of diversity are overlaid by global, national, regional and local issues and they are found not
only within the work force, but also customers and clients, amongst investors, amongst suppliers and
amongst the communities in which organisations operate.
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The research shows how creating and managing a diverse organisation can provide real benefits,
whether they are in the private, public or not-for-profit sectors, whether they are large or small. Diversity
management strategies can help create a link between the internal and external aspects of the work of
an organisation. Whilst each organisation needs to work out its own priorities these benefits can include:
• Attracting, recruiting and retaining people from a wide “talent” base.
• Reducing the costs of labour turnover and absenteeism.
• Contributing to employee flexibility and responsiveness.
• Building employee commitment, morale and “discretionary effort”.
• Managing better the impact of globalisation and technological change.
• Enhancing creativity and innovation.
• Improving knowledge of how to operate in different cultures.
• Improving the understanding of the needs of current customers or clients.
• Improving knowledge about the needs of new customers and clients.
• Assisting in the development of new products, services and marketing strategies
• Enhancing the organisation’s reputation and image with external stakeholders.
• Creating opportunities for disadvantaged groups and building social cohesion.
If diversity is of growing importance then it is of equal importance that the leadership of organisations
recognise this and develop new skills and capabilities. As the leaders of our organisations become a
more diversified group, new theories of leadership effectiveness are emerging. As the organisations
themselves are changing, becoming less hierarchical, more culturally diverse, and more oriented toward
human development in the face of various economic and legal pressures, it has been suggested that a
shift to more “transformational leadership” is required. Transformational leaders motivate followers to
achieve high goals by communicating a vision and by gaining their subordinates’ respect, trust, and
confidence. Others have taken this further and argue that diversity leadership is not just leadership.
Several of the ingredients and capabilities of diversity leadership are distinctive. In particular, those who
practice diversity leadership have an unusually high level of openness and trust. They are keen to work
with and learn from people who are different from themselves. The second feature that marks out
diversity leaders is their willingness to challenge discrimination and to risk personal comfort in ensuring
that people are treated fairly. For some this is evident in innovative work practices – they are prepared
to test themselves, go out on a corporate limb, because they believe the principle of making diversity
work is important.
Although both the underlying qualities - of emotional maturity and moral courage - figure in research as
part of general leadership makeup, they are especially highlighted and critical to diversity leadership.
While other leaders may show integrity about aspects of an organisation’s operations, diversity leaders
apply that strength of character and conviction to fostering organisational openness and challenging
discrimination. That this courage is applied to this issue is at least partially a function of their own
experience, background and history.
Successful Organisational Change?
What can we learn from what the best organisations do?
People and organisations need to monitor both the rapid and what we could call “tectonic changes”.
Those elements of diversity and change that are on the surface and visible but also the things that are
below the surface, that may not be immediately obvious and are hidden. If, in any organisation, there
are different levels of diversity in operation each organisation needs to determine, on what basis, which
factors are most important. They also need to adopt what we call strategic or must do approach, not a
“nice to do” approach. This is becoming less an option for organisations and more of an imperative.
Diversity and equity has to be thought of in a strategic way, it needs to be integrated into the way the
organisation works, not a simply an addition to existing processes. Crucial here is the definition of the
particular “business case” that is applicable to the organisation. The leaders of the organisation have to
be committed and have to act in ways that support the organisation’s commitments. They have to track,
monitor, measure and evaluate their progress to achieving an equitable organisation. The
encouragement of activity and ownership at all levels of the organisation is also a key area of action,
which should be supported by an on-going communications strategy for both internal and external
audiences.
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This approach is one for organisations in whatever sector they operate. It might also be the approach
that the wider society and its leaders might also adopt.
NGO’s
have
a
special
responsibility. Not only do they play
Erfolgreiche Umsetzung
a central role is campaigning for
equity, representing the victims of
• Überwachen Sie sowohl schnelle als auch
discrimination and promoting the
langsame Veränderungen
• Bestimmen Sie die Diversity-Faktoren, die am
benefits of diversity, they must also
wichtigsten für das Unternehmen und die
ensure that their own practices, as
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind.
employers for example, are
• Eignen Sie sich eine Strategie an, “must do”addressed. Good intentions and the
Ansatz
“right” political motivation do not, in
• Integrieren Sie diesen in organisatorische
Prozesse
themselves, ensure good practice.
•
Engagement
und Aktivität der Führungsebene
In addition NGO’s have a special
• Verfolgen Sie kontinuierlich Fortschritte auf
role in building and sustaining
allen Ebenen
partnerships with other sectors to
• Motivieren Sie auf allen Ebenen zu
Eigeninitiative und Verantwortung
change their practices and
attitudes. This requires an
emphasis on innovation and
networking, as well as, for many NGO’s, a culture change – a challenge to their ways of working, their
use of resources, their levels of skill, knowledge and capability.
Acknowledging diversity and building equity in organisations cannot be reduced to a training programme
and cannot be delivered through short term, unfocused activities. They require long term commitment
and a willingness to see them as a deep change that challenges our basic assumptions about
individuals, the organisations for whom they work or from whom they consume and for society as a
whole. More of a journey than an event.
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wollen, dann ist dieser Job nichts für
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Institutionelle Diskriminierung im Bildungs- und Erziehungssystem1
- Dr. Mechtild Gomolla (Universität Bielefeld)
“I don’t know how to explain it but I just don’t feel that they’re fair ... It’s not
blantly there. I mean, you can’t, you wouldn’t be able to just walk in the
school and say ‘Oh, the school’s racist’. You have to take time before you
know that.”
(Marcella, Schülerin einer englischen Gesamtschule im 9.
Jahrgang; zit. n. Gillborn/Youdell 2000, 186)
Phänomene ethnischer Diskriminierung durchdringen unseren Alltag auf komplexe und oft subtile Weise.
Gegenmaßnahmen zielen zumeist auf die Veränderung ethnozentristischer oder rassistischer Vorurteile und
Einstellungen einzelner Personen oder relativ klar einzugrenzender sozialer Gruppen (z.B. benachteiligter
Jugendlicher). Der Großteil der Gelegenheiten zur Diskriminierung von Menschen mit einer anderen Nationalität,
Sprache, Religion oder Kultur ist jedoch in formalen Rechten und in den ‚normalen’ organisatorischen Strukturen,
Programmen und Routinen in den Basisinstitutionen des gesellschaftlichen Lebens (z.B. im Bildungsbereich, im
Beschäftigungssystem und auf dem Wohnungsmarkt) eingebettet. Diese Form der Diskriminierung lässt sich mit
dem aus den angelsächsischen Ländern stammenden Begriff der institutionellen Diskriminierung genauer
erfassen. Auch in Deutschland haben in den vergangenen Jahren die ungelösten Probleme der Asyl- und
Einwanderungspolitik (vgl. Jäger/Kaufmann 2002), die in nationales Recht umzusetzenden
Antidiskriminierungsgesetze der Europäischen Union (vgl. EU 2000; 2000a) und nicht zuletzt das alarmierende
Gefälle in den Schulerfolgen entlang der Trennlinien der ethnischen und sozialen Herkunft die Aufmerksamkeit
auf die institutionellen Ursachen der Ungleichheit gelenkt (vgl. Deutsches PISA-Konsortium 2001; Bos et al.
2003; Gomolla/Radtke 2002).
Die folgende kurze Einführung in das Problemfeld der institutionellen Diskriminierung im Bildungssystem beginnt
mit einem Hinweis auf die Geschichte des Begriffs und charakteristische Forschungsprobleme. Einige
empirische Befunde beleuchten, wie Diskriminierung im Schulalltag zustande kommt und aufrechterhalten wird –
sich aber auch permanent verändert. Abschließend umreiße ich Leitlinien für umfassendere Strategien zur
Prävention und zum Abbau institutioneller Diskriminierung.
Institutionelle Diskriminierung – Geschichte des Begriffs
Im Unterschied zum Vorurteilsansatz (Allport 1954)2 versteht der Begriff der ‚institutionellen Diskriminierung’
Rassismus oder Sexismus als Ergebnis sozialer Prozesse. Das Wort ‚institutionell’ lokalisiert die Ursachen von
Diskriminierung im organisatorischen Handeln im Netzwerk zentraler gesellschaftlicher Institutionen (z.B.
Bildungs- und Ausbildungssektor, Arbeitsmarkt, Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik, Gesundheitswesen
und Polizei). Stokely Carmichael und Charles Hamilton (1967), zwei politische Aktivisten der Black PowerBewegung, verwandten den Begriff erstmals vor fast 40 Jahren, um zu beschreiben, wie die Interessen und
Einstellungen der ‚weißen’ Mehrheit in den Institutionen des amerikanischen Lebens inkorporiert sind.
Die frühen Arbeiten interessierten sich hauptsächlich für die Effekte institutioneller Diskriminierung. Erst
allmählich wurden die ursächlichen Mechanismen in den Blick genommen und das Konzept zu einem
allgemeinen Modell ‚institutioneller Diskriminierung’ weiterentwickelt, das alle relevanten Formen der
Ungleichheit, v.a. nach Geschlecht, Alter, sozialer Schicht, Behinderung und sexueller Orientierung,
einzuschließen sucht. Die Theoriedebatte war eng mit der Entwicklung neuer Instrumente zur Umsetzung
rechtlicher und politischer Gleichheit verknüpft (z.B. Affirmative Action oder Ethnic Monitoring), die den
Interventionspunkt auf die Organisationen des Sozialstaats verlagern, die ihr Handeln unter Gesichtspunkten der
Verteilungsgerechtigkeit legitimieren müssen. Die von Joe R. Feagin und Clairece Feagin (1986) vorgenommene
Unterscheidung zwischen direkter und indirekter institutioneller Diskriminierung korrespondiert mit den
Antidiskriminierungsgesetzen in einigen Ländern.3 Feagin und Feagin verstehen unter direkter institutioneller
1 Dieser Text erscheint mit geringfügigen Änderungen im Sammelband von Rudolph Leiprecht „Schule in der pluriformen Einwanderungsgesellschaft“
(Schwalbach/Ts. 2004).
2 Zur Kritik am Vorurteilsansatz s. z.B. Terkessidis (1997).
3 Z.B. das britische Antidiskriminierungsgesetz von 1976 (Race Relations Act; im Jahr 2000 erweitert zum Race Relations Amendment Act; The Stationary
Office 2000); die Antidiskriminierungs-Richtlinien der EU gehen von der Unterscheidung zwischen unmittelbarer und mittelbarer Diskriminierung aus (vgl.
EU 2000; 2000a).
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Diskriminierung regelmäßige, intentionale Handlungen in Organisationen - sowohl hochformalisierte, gesetzlichadministrative Regelungen, als auch informelle Praktiken, die in der Organisationskultur als Routine abgesichert
sind. Der Begriff der indirekten institutionellen Diskriminierung zielt dagegen auf die gesamte Bandbreite
institutioneller Vorkehrungen, die Angehörige bestimmter Gruppen, wie ethnischer Minderheiten,
überproportional negativ treffen. Indirekte Diskriminierung resultiert oft aus der Anwendung gleicher Regeln, die
bei verschiedenen Gruppen grundsätzlich ungleiche Chancen ihrer Erfüllung zur Folge haben.4
Ein Ereignis in der jüngeren britischen Geschichte, das auch in anderen europäischen Ländern intensive
Diskussionen über institutionellen Rassismus auslöste, war die Veröffentlichung des Abschlussberichts der
Macpherson-Kommission (Macpherson of Cluny 1999) im Frühjahr 19995. In einem in der britischen Geschichte
beispiellosen fast 70-tägigen Tribunal war die fehlgeschlagene polizeiliche Aufklärung der Ermordung des
schwarzen College-Schülers Stephen Lawrence untersucht worden. In dem Verfahren wurde institutioneller
Rassismus auf allen Hierarchiestufen des Polizeiapparats, wie auch in anderen Feldern von Politik und
Verwaltung, detailliert zur Sprache gebracht und als Ursache für die fehlgeschlagenen Ermittlungen bestimmt6.
Institutioneller Rassismus wird definiert als das
„kollektive Versagen einer Organisation, Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe, Kultur oder ethnischen Herkunft
eine angemessene und professionelle Dienstleistung zu bieten. Er [institutioneller Rassismus] kann in
Prozessen, Einstellungen und Verhaltensweisen gesehen und aufgedeckt werden, die durch unwissentliche
Vorurteile, Ignoranz und Gedankenlosigkeit zu Diskriminierung führen und durch rassistische
Stereotypisierungen, die Angehörige ethnischer Minderheiten benachteiligen. Er überdauert aufgrund des
Versagens der Organisation, seine Existenz und seine Ursachen offen und in angemessener Weise zur Kenntnis
zu nehmen und durch Programme, vorbildliches Handeln und Führungsverhalten anzugehen. Ohne
Anerkennung und ein Handeln, um solchen Rassismus zu beseitigen, kann er als Teil des Ethos oder der Kultur
der Organisation weit verbreitet sein.“ (Macpherson of Cluny 1999, 6.34; Übersetzung M.G.)
Die Untersuchung von Diskriminierung in der Schule
Empirische Untersuchungen institutioneller Diskriminierung im Bildungssystem müssen zeigen können, dass
Unterschiede in der Bildungsbeteiligung verschiedener Bevölkerungsgruppen nicht ursächlich auf Eigenschaften
der jeweiligen Teilpopulationen zurückzuführen sind, sondern als Effekte der Strukturen, Programme, Regeln
und Routinen in den Organisationen gelten können. Da Prozesse institutioneller Diskriminierung nicht direkt zu
beobachten sind, gehen empirische Studien zumeist in zwei Schritten vor:
Zunächst sind geeignete statistische Indikatoren zu entwickeln, die anzeigen, dass bestimmte soziale Gruppen
systematisch weniger Belohnungen oder Leistungen erhalten als klar identifizierbare Vergleichsgruppen (vgl.
Alvarez 1979). Angesichts der Schwierigkeiten bei der Interpretation statistischer Vergleichsmaße schlagen
Gillborn und Gipps (1996, 11) vorsichtigen Pragmatismus vor7: In der Praxis könnten gemessene Unterschiede
in den relativen Leistungen die Aufmerksamkeit auf Diskrepanzen lenken. Wo diese signifikant sind, ist es
wahrscheinlich, dass die Gruppen mit den niedrigeren Leistungen nicht die gleichen Bildungschancen erhalten.
Sie könnten zusätzlichen Barrieren ausgesetzt sein, die verhindern, dass sie ihr volles Potential entfalten
können. An diesen Stellen sind eingehendere Untersuchungen erforderlich, die v.a. unter Anwendung
qualitativer Verfahren der Frage nachgehen, wie die Unterschiede auf der Mikroebene der Organisationen in
ihrem jeweiligen politischen und sozialen Umfeld zustande kommen.
4 Feagin und Feagin (1986) führen indirekte institutionelle Diskriminierung v.a. auf Interaktionseffekte von direkter Diskriminierung in einem institutionellen
Sektor mit neutralen Praktiken in einem anderen zurück (z.B. wenn segregierende Vorkehrungen zur Förderung bestimmter Gruppen in der
Schuleingangsphase im weiteren Selektionsprozess in der Grundschule zum Risikofaktor werden, etwa aufgrund der sogenannten ‚Überalterung’ der
Kinder) sowie auf die Sedimentierung diskriminierender Praktiken aus der Vergangenheit in gegenwärtigen Organisationsstrukturen (z.B. perfekte deutsche
Sprachkenntnisse als Zugangskriterium zum Gymnasium).
5 Die beiden schwarzen Collegeschüler Stephen Lawrence und Duwayne Brooks wurden im April 1993 im Südlondoner Stadtteil Greenwich an einer
Bushaltestelle von fünf weißen Jugendlichen, die "What, what, nigger?" riefen, angegriffen (Macpherson of Cluny 1999, 1.3). Stephen Lawrence, dem unter
den Augen mehrerer Zeugen mehrfach in die Brust gestochen wurde, erlag wenig später seinen Verletzungen. Die Polizei lehnte es ab, den Vorfall als
rassistische Attacke einzuordnen und verschleppte die Aufklärung bis zur Einstellung des Verfahrens. Aufgrund der Beharrlichkeit der Eltern des
ermordeten Jugendlichen kam es zu zwei internen Untersuchungen der polizeilichen Aufklärungsarbeit. Die im Juli 1997 begonnene zweite offizielle
Untersuchung, in deren Verlauf die gesamte polizeiliche Version der Ereignisse zusammenbrach, kam zu dem Ergebnis, dass die Bearbeitung des Falls
durch die Metropolitan Police "beeinträchtigt war durch eine Kombination von beruflicher Inkompetenz, institutionellem Rassismus und mangelnder
Führung durch leitende Beamte" (ebd., 46.1).
6 Zu den Konsequenzen des Macpherson-Tribunals und zur neueren Debatte über institutionellen Rassismus in Großbritannien vgl. z.B. Richardson/Wood
(2001); Bhavnani (2001); Gillborn (2002); in deutscher Übersetzung bzw. deutschsprachig: Hall (2001) und Bünger (2002).
7 Für eine ausführliche Diskussion der methodologischen und methodischen Probleme der empirischen Untersuchung institutioneller Diskriminierung s.
Gomolla/Radtke (2002, insbesondere 78ff.).
20
Die Untersuchung der ursächlichen Mechanismen ist mit der Schwierigkeit konfrontiert, dass diese in die
„normale“ Alltagskultur der Organisation und in die Berufskultur der in ihr tätigen Professionellen eingebettet
sind. Sie werden, in den Worten von Stuart Hall
"auf informellen und unausgesprochenen Wegen durch ihre Routinen und täglichen Verfahren als ein
unzerstörbarer Teil des institutionellen Habitus weitergegeben. Diese Art von Rassismus wird Routine, gewohnt,
selbstverständlich." (Hall 2001, 165)
Ein häufig anzutreffendes Missverständnis ist die isolierte Betrachtung einzelner Organisationen in Bezug auf
das Diskriminierungsgeschehen. Der Ansatz der institutionellen Diskriminierung gewinnt seine Perspektive
jedoch gerade aus der Annahme, dass die Gelegenheiten für Organisationen, zu diskriminieren, nicht zufällig
verteilt und nicht allein aus den konkreten Gegebenheiten in einer speziellen Organisation und ihrem Umfeld zu
erklären sind. sind. Um mit dem Begriff der institutionellen Diskriminierung arbeiten zu können, sind die
Zusammenhänge zwischen politischen Strategien, institutionalisiertem Wissen und öffentlichen Diskursen sowie
der Praxis in Organisationen sichtbar zu machen. Eine verdinglichende Betrachtung der einzelnen
Organisationen in Bezug auf das Diskriminierungsgeschehen - statt einer genauen Betrachtung der
Beziehungen zwischen unterschiedlichen involvierten Institutionen und zwischen den Individuen, die Teil der
Organisation sind und den Strukturen, in denen sie arbeiten - würde letztlich zu pauschalisierenden
Schuldzuweisungen führen. Diese führen in der Praxis entweder zu Abwehr und Blockadehaltungen oder
werden als Absolution von jeglicher Verantwortung aufgefasst (vgl. Williams 1985; Troyna/Williams 1986;
Bhavnani 2001).
Um die konkret beteiligten organisatorischen und institutionellen Strukturen präzise zu erfassen, schlägt
Rodolpho Alvarez (1979) vor, institutionelle Diskriminierung ausschließlich mit Organisationsvariablen zu
beschreiben und auf den Prozess der Belohnungsverteilung in Organisationen zu fokussieren. Sichtbar zu
machen sei, wie in einem Kontext, in dem i.d.R. nur Leistungskriterien eine legitime Entscheidungsgrundlage
darstellen, systematisch von askriptiven Merkmalen der ethnischen und sozialen Herkunft oder des Geschlechts
Gebrauch gemacht wird; wie Prozesse, in denen bestimmte Gruppen weniger bekommen als das, was ihnen
normativ zusteht, mit Sinn ausgestattet und legitimiert werden und welche institutionellen und organisatorischen
Faktoren daran beteiligt sind, dass askriptive Merkmale entscheidungsrelevant werden und dennoch der
Anschein der Legitimität und Fairness gewahrt bleibt. Diesen Ansatz weiterführend wurden in der Untersuchung,
die ich im nächsten Abschnitt vorstelle, Diskriminierungskonzepte mit Theorien zum organisationalen Handeln
ergänzt.
Institutionelle Diskriminierung und schulische Selektion
Die Mitte der 1990er Jahre in der Stadt Bielefeld durchgeführte Studie (Gomolla/Radtke 2002)8 untersuchte
institutionelle Diskriminierung im Rahmen von Selektionsentscheidungen an zentralen Übergangsschwellen im
Grundschulbereich (Einschulung, Überweisung auf die Sonderschule für Lernbehinderte (SOLB), Übertritt in die
Sekundarstufe I). Ausgehend von statistischen Hinweisen auf eine Ungleichbehandlung von Kindern aus
eingewanderten Familien an den drei Entscheidungsstellen wurden in weiteren qualitativen Analysen eine
Bandbreite idealtypischer Mechanismen direkter und indirekter institutioneller Diskriminierung ermittelt.
Zusammengenommen lassen sie das Bild eines feinmaschigen Netzes entstehen, das für Kinder mit einem
Migrationshintergrund und/oder aus unteren sozialen Schichten, wenig Chancen lässt. Muster der
Diskriminierung und Abweisung entlang von Normalitätserwartungen in Bezug auf die Schul- und
Sprachfähigkeit, wie sie deutschsprachigen, im weitesten Sinne christlich sozialisierten Mittelschicht-Kindern
entsprechen, prägen die gesamte Schullaufbahn. Unter dem vorrangigen Ziel, homogene Lerngruppen zu bilden,
machen Schulorganisationen in den alltäglichen Prozessen der Differenzierung und Auslese im Hinblick auf
verfügbare Fördermöglichkeiten und v.a. das gegliederte Sekundarschulsystem systematisch von
Zuschreibungen hinsichtlich des sprachlichen und sozio-kulturellen Hintergrundes als Indikatoren für das Lernund Leistungsvermögen Gebrauch.
Einige Beispiele sollen die herausgearbeiteten Mechanismen illustrieren: Die negative Bildungskarriere eines
Migrantenkindes beginnt häufig bereits beim Eintritt in die Schule, indem es erst gar nicht erst regulär
eingeschult wird. In Schulen ohne separate Auffang- oder Förderklasse für Kinder mit mangelnden
Deutschkenntnissen wurden Kinder aus eingewanderten Familien ersatzweise vermehrt in den Schulkindergarten
oder sogar in den Kindergarten zurückgestellt. Da der Schulkindergarten rechtlich nicht zum Spracherwerb
Der Titel des von der DFG im Schwerpunktprogramm „Folgen der Arbeitsmigration für Bildung und Erziehung“ geförderten Projekts lautet:
"Institutionalisierte Diskriminierung – Untersuchungen zur Herstellung ethnischer Differenz in der Schule" (Projektleitung: F.-O. Radtke).
8
21
vorgesehen ist, dienen mangelnde Deutschkenntnisse mitunter bereits in der schulärztlichen Untersuchung als
Signal, die Kinder einem gründlicheren Einschulungstest zu unterziehen, als es allgemein üblich ist. Eine der
interviewten Schulleiterinnen kommentierte diese Praxis mit der Aussage: „Mangelnde Sprachkenntnisse gehen
oft Hand in Hand mit anderen Schwierigkeiten, die das Kind noch hat.“ Zurückstellungen erfolgen jedoch auch
mit dem Verweis auf "fehlende Kindergartenzeiten". Die Notwendigkeit einer zusätzlichen Vorbereitung auf die
Schule wird mit mangelnden praktischen Fähigkeiten, einer ungenügend entwickelten Arbeitshaltung oder
fehlender Angepasstheit im Sozialverhalten begründet, die mit der Merkmalen der familialen Umwelt und der
Herkunftskultur der Kinder in Beziehung gesetzt werden (z.B. feinmotorische Probleme oder das „südländische
Temperament“ türkischer Kinder). Negative kulturalistische Zuschreibungen in Bezug auf die antizipierte
Mitarbeit der Eltern können ebenfalls zur Zurückstellung führen.
Beim Sonderschulaufnahmeverfahren (SAV) zeigte sich die Tendenz, dass im Fall von Kindern mit
Migrationshintergrund die sprachlichen Bildungsvoraussetzungen weitgehend ignoriert und Bestimmungen zum
Schutz vor einer Überweisung aufgrund sprachlicher Probleme häufig umgangen werden (z.B. mangelnde
Überprüfung der muttersprachlichen Kenntnisse; verfrühte Umschulungsempfehlungen in Vorbereitungsklassen).
In den Begründungen schwerwiegender Lernstörungen, die in den Interviews vorgetragen werden, sich jedoch
auch in Sonderschulgutachten finden, sind Hinweise auf den Sprachstand der Kinder, wie auch Annahmen über
ihr sozio-kulturelles Herkunftsmilieu und ihre religiöse Orientierung („Rückzug in die Herkunftsgruppe“,
"Koranschulbesuch" und "islamischem Fundamentalismus"), oft zentrale Argumente. Mit ähnlichen
Deutungsmustern wurde in der Schulbehörde der legitime Widerspruch v.a. türkischer Eltern gegen eine SOLBÜberweisung als „Kulturkonflikt“ zurück gewiesen. Ferner wurde deutlich, wie separate, die Schulzeit
verlängernde Fördermaßnahmen zu Beginn der Schullaufbahn im weiteren Ausleseprozess in der Grundschule
die Schwelle senken, dass zur Objektivierung weiterer Lernschwierigkeiten auf ein SAV zurückgegriffen wird.
Beim Übergang in die Sekundarstufe wird auf dem Hintergrund fehlender Sprachförderung an den höheren
Sekundarschulformen selbst bei guten Noten vermehrt der Besuch der Real- oder Hauptschule empfohlen, mit
der Begründung, ohne perfekte Deutschkenntnisse sei kein Erfolg auf dem Gymnasium möglich.
Kulturalisierende Annahmen in der Tradition einer Defizitperspektive im Hinblick auf die
Unterstützungsmöglichkeiten der Eltern werden ebenfalls zum ausschlaggebenden Prognosekriterium.
Entscheidungen werden auch strategisch umgangen, indem die Gesamtschule von vorneherein als die Schule
für Kinder mit Migrationshintergrund erachtet wird. Dabei wurde in den Grundschulen selten in Rechnung
gestellt, dass die städtischen Gesamtschulen aufgrund des großen Nachfrageüberhangs eine "Ausländerquote"
in Höhe des Anteils an der Gesamtpopulation anwandten oder versuchten, ihre Klientel gezielt in Wohngebieten
zu rekrutieren, die überwiegend von besser gestellten einheimischen Familien bewohnt waren. Das Beispiel
deutet auf die Risiken für eine Verschärfung der Selektion im Zuge der Profilbildung und Autonomisierung der
Schulen hin.
Verschärfung und Wandel der Selektion im gegenwärtigen Reformkontext
Mittlerweile liegen eine Fülle empirischer Studien, v.a. aus den angelsächsischen Ländern vor, die die
Auswirkungen der internationalen Umstrukturierungen der Steuerung, Finanzierung, Verwaltung und Kontrolle
der öffentlichen Schulbildung (Stichworte: Schulautonomie, Dezentralisierung, Qualitätssicherung) untersuchen,
die seit Mitte der 1990er Jahre auch die Schulpolitik in den deutschen Bundesländern bestimmen. Speziell für
Schülerinnen und Schüler mit einem Migrationshintergrund und aus unteren Sozialschichten werden
übereinstimmend markante Verschlechterungen und Benachteiligungen festgestellt. Die Verfestigung alter bzw.
die Entstehung neuer Ungleichheiten resultiert dabei nicht allein aus der Kopplung von Autonomie mit freier
Schulwahl und dem dadurch freigesetzten Wettbewerb zwischen den Schulen. Als ausschlaggebend erweist
sich auch ein tiefgreifender Wandel der Unterrichtsinhalte und -methoden und der schulischen Lernkulturen in
allen Bereichen, der die Spielräume für jegliche emanzipatorische und egalitäre Erziehungsaspekte drastisch
beschneidet.9 Einige wenige Beispiele aus dem englischen Erziehungssystem sollen illustrieren, wie mit dem
Wandel der Machtbalancen und der organisatorischen Handlungszwänge im Erziehungssystem z.T. ganz
neuartige Formen der Selektivität im schulischen Umgang mit Kindern und Eltern institutionalisiert werden:
Es gilt inzwischen als unstrittig, dass die Verbindung von Schulautonomie mit einer weitreichenden
Durchmarktung des Schulwesens und der Ausweitung der Möglichkeiten zur freien Schulwahl die Tendenz
forciert, dass die Schulen gezielt die Schülerinnen und Schüler auswählen, die ihnen den größten Nutzen
versprechen. Kinder mit erwarteten Defiziten in der Unterrichtssprache oder Lernbeeinträchtigungen werden als
9
Vgl. z.B. Whitty et al. (1998); Radtke/Weiß (2000); Lohmann/Rilling (2002).
22
besonders kostenträchtige und daher für die meisten Schulen unattraktive Gruppen wahrgenommen.
Verhaltensauffälligkeiten und emotionale Problemen bringen beispielsweise ein Maß an pädagogische
Instabilität in den Unterricht, das die Homogenität der "effektiven Schule" bedroht. Solche Kinder werden im
Wettkampf um gute Ranglisten-Plätze eher als Hindernis wahrgenommen (Slee 1998). Schulen greifen vermehrt
auf offene Ausleseverfahren (z.B. Aufnahmetests oder Religionszugehörigkeit als Zugangskriterium) und
versteckte Selektionsstrategien zurück, um ihr Image einer akademisch erstklassigen Schule sicherzustellen. Die
Abhängigkeit der Zuweisung finanzieller Mittel von den Leistungsresultaten führt dazu, dass Schulen sich im
auch Nachhinein noch von Kindern trennen, die den glatten Ablauf stören, die Leistungen anderer
beeinträchtigen und Eltern abschrecken könnten. Dies belegen die in den 1990er Jahren in die Höhe
schnellenden Quoten der Schulausschlüsse ethnischer Minderheiten-Angehöriger, v.a. männliche Schüler mit
afro-karibischem Hintergrund (Gillborn/Gipps 1996). Dass auch Schulen mit einem ausgeprägten integrativen,
nicht-diskriminierenden pädagogischen Ethos ihr Handeln letztlich an ihrem Platz in den Ranglisten orientieren
müssen und dafür Diskriminierung in bestimmten Bereichen des pädagogischen Handelns in Kauf nehmen,
konnte ich in einer eigenen Fallstudie einer Südlondoner Primarschule feststellen, einer sogenannten
„schwarzen“ Innenstadtschule, die fast ausschließlich von ethnischen Minoritäten-Schülerinnen und –Schülern
besucht wurde. Um die Gesamtresultate zu steigern wurde auch hier von der Möglichkeit Gebrauch gemacht,
den Unterricht in bestimmten Klassen in Niveaugruppen zu erteilen. Es fanden sich auch Hinweise auf eine
prioritäre Verwendung der - wesentlich mitbedingt durch die soziale Marginalisierung der Schule - viel zu
knappen Förderressourcen zugunsten derjenigen Schülergruppen, von denen man sich eine Steigerung der
Gesamtresultate der Schule versprach (Gomolla 2004).
Eine Zunahme und Vervielfältigung der Formen des Ausschlusses lässt sich auch hinsichtlich der Beziehungen
und Kooperation zwischen Schule und Eltern beobachten. Hinter der modischen Partnerschafts-Rhetorik verbirgt
sich mitnichten mehr demokratische Mitsprache. Untersuchungen deuten auf eine stärkere Indienstnahme der
Eltern durch die Schule hin, wobei einige Eltern mit ihrem beruflichen Fachwissen, ihren finanziellen
Möglichkeiten und ihrer ehrenamtlichen Hilfe für die schulischen Einrichtungen weitaus nützlicher sind, als
andere. Beispielsweise in den Schulbeiräten sind ethnische Minoritäten und ihre Interessen kaum repräsentiert
(Deem et al. 1995). Wo das Unterschreiben von Verträgen, die die Rechte und Pflichten von Schule und Eltern
festhalten, Teil des Aufnahmeverfahrens ist, dienen sie häufig als wirkungsvolles Instrument, um diejenigen
Eltern abzuweisen, die die Schule nicht unbedingt als Gewinn betrachtet. Die neue ‚Kundenmacht’ der Eltern
führt aber auch dazu, dass Eltern mit entsprechenden Möglichkeiten die Schulkarriere ihrer Kinder aktiver als
bisher beeinflussen (z.B. Lehrpersonen zur Rechenschaft ziehen; verhindern, dass ein Kind für zusätzlichen
Förderunterricht aus der Klasse genommen wird; vgl. Crozier 1997).
Interventionspunkte zum Abbau institutioneller Diskriminierung
Die Beispiele machen plausibel, wie Diskriminierung im Zusammenspiel von politischen Vorgaben und
Rahmenbedingungen und organisatorischen Handlungszwängen und Routinen zustande kommt, gestützt durch
einen pädagogischen Common Sense, der stark von defizitorientierten Annahmen und statischen Konzepten
kultureller Identität bestimmt ist. Gegen solche Wirkungen kann die Strategie der Förderung der ‚benachteiligten’
Schülerinnen und Schüler und der Sensibilisierung der einzelnen Lehrerinnen und Lehrer in Aus- und
Fortbildung im Umgang mit Diversität, wenig ausrichten. Erforderlich sind weitaus zielgerichtetere, vielfältigere
und kreativere Herangehensweisen. Konzertierte Aktionen müssen auf unterschiedlichen Ebenen gleichzeitig
ansetzen.
Um eine Bildungs- und Erziehungskultur zur schaffen, die die Auseinandersetzung mit institutioneller
Diskriminierung ermutigt, müssen die entsprechenden politischen Instanzen eine führende Rolle übernehmen.10
Dabei ist zu berücksichtigen, dass institutionelle Diskriminierung in keinem politischen Handlungsfeld isoliert
bekämpft werden kann. Initiativen sind v.a. auch auf integrationspolitischer Ebene, in der Wohnungs- und
Stadtentwicklungspolitik und im Beschäftigungssystem unabdingbar.
Damit die Schule ihren Beitrag leisten kann, müssen Maßnahmen in anti-diskriminierender Absicht relevant sein.
Sie dürfen nicht abgekoppelt sein von anderen Initiativen und laufenden Reformen, die die schulischen
10 Ein interessantes Beispiel ist hier die englische Antidiskriminierungspolitik seit Ende der 1990er Jahre. Nach der Veröffentlichung des MacphersonBerichts (s.o.) hat die Regierung das Problem der institutionellen Diskriminierung offiziell anerkannt und auf die Agenda gesetzt. Zahlreiche der von der
Kommission formulierten 70 weitreichenden Empfehlungen zur Verstärkung der Rechenschaftslegung, zur Verbesserung der Gleichstellungsgesetze und
zur Überprüfung sämtlicher Vorkehrungen im öffentlichen Bereich (einschließlich aller sich direkt auf die Schule beziehenden Empfehlungen) wurden vom
Innenministerium in einen Handlungsplan umgesetzt. In den vergangenen Jahren wurden ethnisches Monitoring und Zielvorgaben zur Reduktion von
Ungleichheit auf allen Ebenen des Erziehungssystems und in allen Schulformen etabliert.
23
Strukturen und Routinen beeinflussen. Themen der sozialen Heterogenität und Ungleichheit müssen explizit in
laufenden Reformvorhaben im Bildungssystem verankert und zum relevanten Prüfkriterium für die Qualität
anderer Reformelemente werden, wie etwa die Autonomisierung der Schulen und die Einführung neuer
Instrumente zum schulischen Qualitätsmanagement. In England werden z.B. seit Ende der 1990er Jahre
spezielle Strategien zur Bekämpfung ethnischer Ungleichheiten, auch aus Gründen der Kosteneffizienz, eng mit
den Mainstream-Programmen des Schoolimprovement verzahnt (vgl. OFSTED 1999; Barber 1999). Ähnliche
Bestrebungen gibt es auch im Schweizer Kanton Zürich mit dem Entwicklungsprojekt „Qualität in multikulturellen
Schulen“, das in enger Verbindung mit der Einführung der Teilautonomie konzipiert wurde (vgl. Mächler et al.
2000)11.
Generell müssen Handlungsansätze, um die Mechanismen institutioneller Diskriminierung zu identifizieren,
abzustellen und zu vermeiden, eine zweifache Stoßrichtung aufweisen (vgl. Rosenmund et al. 1999; Heller et al.
2000): Zum einen ist die Adaptivität der schulischen Einrichtungen im Umgang mit der Mehrsprachigkeit und
sozio-kulturellen Heterogenität zu erhöhen – verstanden als aktiven situations- und problemspezifischen
Anpassungsprozess der Organisationen an die veränderten Voraussetzungen der schulischen Arbeit. Das
bedeutet v.a., dass die Mehrsprachigkeit und Aspekte der sozio-kulturellen Heterogenität in allen Prozessen in
Unterricht und Schulleben systematisch berücksichtigt werden müssen. Bei der Gestaltung der Lehrpläne und
Curricula wären Themen der Identität, Pluralität, Ungleichheit und des Rassismus in Verbindung mit den
Prinzipien demokratischer Partizipation als eigener Unterrichtsgegenstand, wie auch als Querschnittsaufgabe in
allen Fächern zu verankern.
In Verbindung mit einem solchen gezielten Sich-Einstellen der Schule auf die veränderten
Bildungsvoraussetzungen und –anforderungen ist eine Steigerung der Problemlöse- und Lernfähigkeit der
Organisationen erforderlich. Die schulischen Einrichtungen müssten sich in Bezug auf Themen der Pluralität und
Chancengleichheit als ‚lernende Systeme’ begreifen. In der Ausbildung, im Rahmen innerschulischer
Fortbildungen und in kontinuierlichen Fortbildungsmaßnahmen müssten die in den Institutionen tätigen
Professionellen Kompetenzen entwickeln können, um ihre eigenen Handlungskontexte und Arbeitskulturen auf
Phänomene der Diskriminierung hin zu untersuchen. Strategien der Organisationsentwicklung müssten mit
einem fundierten Wissen über Diskriminierung, Ungleichheit und Rassismus verbunden werden. Eine solche
pädagogische Entwicklungsarbeit muss langfristig angelegt sein. Neben entsprechenden Vorkehrungen im
Bereich der Aus- und Weiterbildung von Lehrkräften, Schulleiterinnen und –leitern, Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern in Schulbehörden und Beratungseinrichtungen, sind attraktive Anreize, klare Vorgaben, durchdachte
pädagogische und methodische Konzepte und entsprechende Controlling- und Monitoringsysteme erforderlich.
Unerlässlich sind qualifizierte externe Beratungs- und Feedbacksysteme, die den Lehrerinnen und Lehrern
ermöglichen, ihre eigene Arbeitskultur aus neuen Perspektiven zu betrachten (z.B. unabhängige Audits, die die
qualitativen Veränderungen in einer Schule beleuchten) (vgl. Gomolla 2004). In dieser Herangehensweise bleibt
Diskriminierung kein Randthema im professionellen Alltag. Prozesse des „doing and learning about difference
and power“ (Bhavnani 2001, 122) werden zur praktischen Herausforderung in den Institutionen, bei der Erfüllung
ihres regulären Geschäfts.
Literatur:
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erschienen 1954)
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Lutterman and Associates: Discrimination in Organizations. San Francisco et al.: Jossey-Bass Publishers 1979,
2-49.
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Bhavnani, Reena: Rethinking Interventions in Racism. Stoke on Trent: Commission for Racial Equality with
Trentham Books 2001.
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Ergebnisse aus IGLU. Schülerleistungen am Ende der vierten Jahrgangsstufe im internationalen Vergleich.
Zusammenfassung ausgewählter Ergebnisse. 2003. Im Internet herunter zu laden unter:
<http://www.erzwiss.uni-hamburg.de/IGLU/home.htm> (1/2004)
11
Für eine ausführliche Darstellung und den Vergleich beider Strategien s. Gomolla (2003; 2004).
24
Bünger, Iris: Der Macpherson-Report. Grundlage zur Entwicklung von Instrumenten gegen institutionellen
Rassismus in Großbritannien. In: Jäger, M./Kaufmann, H. (Hg.): Leben unter Vorbehalt. Institutioneller
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internationalen Vergleich. Opladen: Leske und Budrich, 2001.
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Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft (Amtsblatt der
Europäischen Gemeinschaft, L 180/22, DE, 19.07.2000).
Europäische Union 2000: Richtlinie 2000/78/EG DES RATES vom 27.11.2000 zur Festlegung eines allgemeinen
Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (Amtsblatt der Europäischen
Gemeinschaft, L 303/16, DE, 02.12.2000). (2000a)
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25
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26
Strukturelle und institutionelle Diskriminierung von Migranten – am Beispiel des deutschen
Bildungssystems
- Dr. Havva Engin (TU Berlin, Institut für Erziehungswissenschaft)
In den letzten Wochen dominierte der Begriff „Parallelgesellschaft“ die mediale und politische Öffentlichkeit. Die
Diskussionen konzentrierten sich auf die „Erkenntnis“ einer bisher verfehlten Integrationspolitik sowie des
Scheiterns der multikulturellen Gesellschaft, wobei die Schuld den Ausländern angelastet wurde: sie seien
integrationsunwillig, lernten nicht Deutsch und schotteten sich ab.
Fakt ist, dass viele Migranten in Deutschland sehr unzureichend Deutsch sprechen, überproportional von
Arbeitslosigkeit betroffen sind, ihr Anteil an abgeschlossen Ausbildungsverträgen unterproportional niedrig ist
und Rückzugstendenzen in die ethnischen Communities zu beobachten sind.
Fakt ist aber auch, dass in Deutschland in der „Ausländerfrage“ häufig Ursache und Wirkung miteinander
vertauscht werden, besonders was die Bildungssituation von Migranten anbelangt.
In traditionellen Einwanderungsländern wie Kanada, USA oder Australien stellen Bildungsinstitutionen wie
Kindergarten, Schule, Hochschule das Instrument zur gesellschaftlichen Integration von Neubürgern dar. Sie
ermöglichen ihnen von Anfang an das Lernen der Landessprache sowie den Erwerb von relevanten
Informationen über das politische und gesellschaftliche System des Aufnahmelandes.
Sehen wir nach Deutschland: Ein Drittel der Schüler mit Migrationshintergrund verlässt im Bundesdurchschnitt
die Schule ohne einen Schulabschluss, über 40% mit dem Hauptschulabschluss. Lediglich 10% erhalten die
Hochschulreife und damit die Berechtigung zum Studium. Bei deutschen Schülern sind diese Zahlen genau
umgekehrt.
Die Erklärung liefert die PISA-Studie. In Deutschland korreliert der Bildungserfolg eng mit dem sozialen Status
der Schüler und determiniert ihre schulische Biografie. Da der überwiegende Teil der Migrantenfamilien den
sozial schwächsten Schichten zuzurechnen ist, sind deren Kinder die hauptsächlichen Verlierer des deutschen
Bildungssystems. Migrantenfamilien sind doppelt so viel von Arbeitslosigkeit und Armut betroffen, wie
einheimische deutsche Familien.
Betrachtet man die Bildungspolitik der letzten vier Dekaden gegenüber Migrantenschülern, so ist zu erkennen,
dass sich die deutsche Schule in diesem Zeitraum nicht von ihrem „monokulturellen Habitus“ gelöst hat. Das
Bildungssystem bildet nach wie vor seine – überwiegend aus der deutschen Mehrheitsgesellschaft
entstammenden - Lehrkräfte für den Einsatz in monokulturellen Schulen mit monolingualen Schülern aus, die in
der Realität nicht existieren. Themenbereiche wie „Mehrsprachigkeit, Spracherwerb unter
migrationssoziologischen Bedingungen, interkulturelle Ausrichtung von Schule und Unterricht“ treten als
Studieninhalte an den meisten Universitäten allenfalls marginal auf. Entsprechend unvorbereitet und überfordert
fühlen sich die angehenden Lehrer.
Aktuelle Untersuchungen zur Frage eines möglichen institutionellen Wandels zeigen, dass die kulturelle und
sprachliche Pluralisierung nicht zu einer Statusveränderung der Migrantenschüler innerhalb des deutschen
Bildungssystems geführt hat und der institutionelle Umgang mit ihnen unverändert geblieben ist.
Die Untersuchung von administrativen und amtlichen Erlassen der Berliner Bildungspolitik der 1990er Jahre
zeigte, dass in den Bereichen „Beschulung von Migrantenkindern, Sprachförderunterricht, Präsenz der
Migrantensprachen im Schulunterricht und interkulturelle Ausrichtung des Unterrichts“ kein institutioneller
Wandel festzustellen war. Stattdessen bestand die Handlungsmaxime der Bildungspolitik in der Bewahrung des
Status quo.
Zwar bildete die Anwesenheit von Migrantenkindern ein Dauerthema, jedoch ein durchweg negativ besetztes.
Die Existenz von Schülern unterschiedlicher kultureller, religiöser und sprachlicher Herkunft wurde nicht als
Bereicherung empfunden, sondern als eine Belastung. Dementsprechend favorisierten die Berliner
Bildungsverantwortlichen bis in die zweite Hälfte der 1990er Jahre schulische Modelle der unterrichtlichorganisatorischen Segregation wie die Ausländerregelklassen, obwohl Wissenschaftler deren
integrationspädagogischen Nutzen längst bezweifelten und ihre Abschaffung forderten. Sie wurden erst 1995
aufgelöst. An den institutionellen Rahmenbedingungen für die Lehrerausbildung wurde in Berlin nichts verändert.
27
Die weitgehende Verweigerung der Anerkennung von Migrantenkulturen und -sprachen zeigte sich in Berlin am
nachhaltigsten darin, wie mit zwei erfolgreichen schulischen Modellen aus den 1980er Jahren – zweisprachige
deutsch/türkische Erziehung und Türkisch als/an Stelle einer 2./3. Fremdsprache – bildungspolitisch
umgegangen wurde. Sie erfuhren in den 1990er Jahren eine sukzessive Zurückdrängung auf einige wenige
Schulstandorte und eine Reduktion als ein Angebot nur für Migrantenschüler mit Türkisch als Familiensprache.
Ihre pädagogische Gleichbehandlung mit anderen fremdsprachlichen Unterrichtsangeboten war zu keinem
Zeitpunkt gegeben und bildungspolitisch auch nicht erwünscht.
Die Thematisierung von kultureller Vielfalt und die Gleichbehandlung aller Kulturen im Sinne von interkulturell
ausgerichteten Lehrplänen erfolgte in Berlin auf administrativer Ebene bis 1996 nicht. Erst mit Veröffentlichung
der Kultusministerkonferenz (KMK)-Empfehlung „Interkulturelle Bildung und Erziehung“ kam eine erzwungene
Zuwendung dem Thema gegenüber zustande, die jedoch von Berliner Bildungspolitikern in die Richtung gelenkt
wurde, Interkulturelle Erziehung als Kompensationspädagogik zur sprachlichen Integration von Migrantenkindern
zu instrumentalisieren, was nicht ein Ziel der Interkulturellen Erziehung darstellt.
Erst seit 2001 – auf massiven durch die PISA-Ergebnisse bedingten öffentlichen Druck – ist die schulische
Integration von Migrantenkindern zu einem zentralen bildungspolitischen Thema geworden. Mittlerweile findet an
vielen Kindertagestätten Sprachförderunterricht statt. Auch wird vor der Einschulung ein flächendeckender Test
zur Feststellung der Deutschkenntnisse durchgeführt, um ggf. bis zum Schulbeginn sprachliche Lücken der
Kinder zu schließen.
Diese Beispiele stellen die ersten wichtigen Schritte dar, denen weitere folgen müssen. Zu diesen gehört die
verbindliche Aufnahme der Bereiche „Spracherwerb, Migrationsoziologie und gesellschaftlich-kulturelle Pluralität“
in die universitäre Lehrerausbildung
Das wichtigste Ziel ist jedoch: Das deutsche Bildungssystem muss endlich von segregierenden und
diskriminieren Maßnahmen wie der getrennten Beschulung oder der vorschnellen Zuweisung von
Migrantenschülern in Sonderschulen wegkommen, damit der Begriff der Chancengleichheit künftig kein
Lippenbekenntnis bleibt, sondern in der Praxis offensiv umgesetzt werden kann.
Eine leistungsstarke und international wettbewerbsfähige deutsche Schule kann in Zukunft nur gelingen, wenn
sie die Förderung aller Schüler, unabhängig der kulturellen und sprachlichen Zugehörigkeit, als Ziel formuliert.
Kennzeichen des bildungspolitischen Umgangs mit Migrantenkindern im Land Berlin 1980-2000
•
•
•
•
•
•
•
frühe Separation durch Quotenregelung -> bis 1996 !!
schulrechtlich legitimierte Segregation mit ARK -> bis 1996 !!
Reduktion von L1-Unterrichtsmodellen:
− Zweisprachige deutsch-türkische Erziehung -> von 19 auf 6 Schulen;
− TR als/an Stelle der 2./3. Fremdsprache
Migrantensprachen wie Türkisch bleiben Nischenangebot nur für türkische SchülerInnen;
Weiterhin Defizitansatz gegenüber Migrantenkindern:
− „Sprachtest“
− Zuweisung in Förderklassen;
Interkulturelle Bildung und Erziehung in der Schule bleibt bisher Lippenbekenntnis;
Gerichtlich erzwungene religiöse Pluralität
Ergebnis:
Berliner Schülerschaft ist seit über vierzig Jahren durch zunehmende kulturelle, religiöse und
sprachliche Pluralität gekennzeichnet.
Berliner Bildungspolitik ist seit über vierzig Jahren durch konstante Monokulturalität und
Monolingualität gekennzeichnet.
Ein institutioneller Wandel von Schule als Reaktion auf Migration und Zuwanderung hat bis 2000 nicht
stattgefunden. Erste vorsichtige Anzeichen sind erst ab 2001 zu verzeichnen.
28
Bildungspolitischer Umgang mit Migrantenkindern im Land Berlin 1980-2000
KMK
RatEG
1964;
1971;
1977
Ziele:
KMK:
Beschulung von
dt. u. auslS
Rat EG:
-> MEU
AV Ausländische Schüler
(25.05.1984)
Rundschreiben 35/1998
(25.11.1998)
Post-PISA
(1999-2004)
* Vorbereitungsklassen (max. 2 Jahre)
* Ausländerregelklassen (ARK)
* Eingliederungslehrgänge
* Intensiver Sprachförderunterricht
Ziele:
* auslS in Regelklassen: 30% - max. 50%
* effektivere Sprachförderung -> schnellerer Übergang in
Regelklasse;
*Hinführung zu Schulabschlüssen
Schulische Realität:
*Separation auslS bei Einschulung -> durch Quotierung;
*Dauerhafte Segregation ausl. Schüler durch ARK;
*Bis 1987 kein RP für Sprachförderung;
*Sprachförderung nicht Bestandteil der Lehrerausbildung;
*Wenig Lehrerfortbildung-Kapazitäten
auslS ohne Abschluss bleibt konstant hoch
(> 30%)
*Einschulungs-„Sprachtest“ -> Förderklassen
(max. 2 Jahre);
*Jeder Unterricht ist DaZ-Unterricht!
* DaZ-Stunden -> tatsächlicher Förderbedarf;
*750 DaZ-Lehrerstellen;
*Regionale DaZ-Fachkonferenzen;
*DaZ-Lehrerfortbildung (50 Lehrer p. Schulj.)
Ziele:
*Alle Lehrer „machen“ DaZ;
*Effektivität von DaZ-Ressourcen;
* DaZ-Konzept-Entwicklung an Schulen;
*Koordinierung und Vernetzung der Schulen;
*DaZ-Expertenteams an jeder Schule;
Schulische Realität:
*DaZ-Stunden häufig nicht zweckgebunden
verwendet;
*Kein DaZ-Gesamtkonzept vor Ort-> Lehrer
überfordert;
*Kaum DaZ-Expertenteams -> „fliegender“ DaZLehrerwechsel;
*DaZ bleibt häufig auf Grundschule beschränkt->;
*Geringe Fortbildungs-Kapazitäten;
*Wenig DaZ-Moderatoren;
*Kein Eingang in die universitäre Lehrerbildung;
29
*DaZ-Handreichung(2001)
*RP DaZ (2002)
*RP Interkulturelle Bildung (2001)
*Kita-Sprachförderkoffer (2003)
*Kita-Bildungsplan (2004)
Ziele:
*Bessere Verzahnung der Sprachförderung
zwischen Kita- Grundschule-Oberschule
Schulische Realität:
*Probleme: RP-Implementierung und
RP-Einsatz;
*Evaluation DaZ-RP steht aus -> findet an den
Schulen tatsächlich
DaZ statt??
*DaZ bisher kein Eingang in
Ausbildungsverordnungen von ErzieherInnen
und Lehrern.
Ergebnisse der Arbeitsgruppe „Bildung und Schule“
A. Problemanalyse/ Bestandsaufnahme
•
•
•
•
•
•
•
Struktur der Diskriminierung ist in der Gesellschaft verankert: Zahl der Schüler nicht-deutscher Herkunft
werden im ersten Jahr zurückgestuft bzw. zur Sonderschule geschickt – nicht immer bewusste
Diskriminierung (Alltagskultur)
Direkte Diskriminierung: keine Schulpflicht für nicht- angemeldete Kinder z.B. von Roma und Sinti,
Schulen sind nicht zur Aufnahme verpflichtet (direkte und intentionale Handlung)
Indirekte Diskriminierung: gezielte institutionelle Vorkehrungen von Seiten der Schulen, wodurch
bestimmte Gruppen benachteiligt oder ausgegrenzt werden. Eltern mit mangelnden
Deutschkenntnissen = Problemkind
Eigene Kultur als Maßstab, wodurch andere als defizitär bewertet werden: z.B. bestimmte Tests, die auf
der europäischen Kultur und den Erlebniswelten gründen
Wenige Kinder nicht-deutscher Sprachherkunft verlassen die Schule mit einem Abschluss
Es wird mit Defizit-Ansätzen gearbeitet wie zum Beispiel Sprachtests - vermeintliche Sprachdefizite
dürfen nicht zur Rückstellung oder zum Besuch der Sonderschule führen
Monokulturalität und Monolingualität: Angebot von z.B. Türkisch als zweite Fremdsprache wird oft nicht
wertgeschätzt, bei Krankheitsfällen des Lehrpersonals fällt das Lehrangebot aus
Diskriminierung ist kein Randthema sondern ein Thema, welches Mainstreaming benötigt!
B. Handlungsvorschläge
Zielsetzungen:
• Neue Schulkultur, in welcher Mehrkulturalität sichtbar wird
• Ressourcenorientierte Bildungspolitik
• Migrant Mainstreaming
Handlungsfelder:
• Pädagogische Diagnose der Probleme muss stattfinden
• Anpassung der Curricula und der Lehrpläne an der neuen gesellschaftlichen Realität
• Berücksichtigung der Heterogenität als Perspektive für die Schulentwicklung
• Unterstützung und Qualifizierung der PädagogInnen (neue Aufgaben)
• Entwicklung kohärenter Strategien
• Entwicklung relevanter Prüfkriterien für Antidiskriminierung in den Schulen
• Qualitätssicherung: Schulerfolg hat mit Lebensrealität zu tun
• Blick nach Draußen und Anreize schaffen: In Großbritannien hat Leistungsförderung für
Migrantenkinder die entscheidende Änderung in der Leistung gebracht; in der Schweiz wird für die
Schulentwicklung eine Prämie gezahlt (siehe Gomolla, 2004)
• Verstärkte Kommunikation mit den Eltern nicht-deutscher Sprachherkunft
Akteure:
• Politische
Verantwortliche,
LehrerInnen,
Eltern,
Bildungsträger,
MigrantInnenbeiräte
(Interessengruppen)
• SozialarbeiterInnen als Beratungsinstanz als auch NetzwerklerInnen
• Hochschulen: mehr Forschungen und Untersuchungen, die sich mit der Problematik DAZ befassen Bestandsanalysen
30
Institutionelle und strukturelle Diskriminierung im Gesundheitsbereich: Zugang zur Versorgung
und Interkulturelle Öffnung der Gesundheitsdienste.
- Silva Demirci (Dozentin für interkulturelle Pädagogik und Organisationsberaterin)
Mein Schwerpunkt war in den letzten Jahren die interkulturelle Öffnung von Einrichtungen im Gesundheits- und
Altenhilfebereich. Neben der Zusammenarbeit mit Krankenhäusern habe ich also sowohl mit ambulanten
Sozialstationen als auch mit stationären Pflegeheimen zusammengearbeitet. D. h. eine Organisationsberatung
durchgeführt und Interkulturelle Trainings angeboten. Z.Zt. bin ich Dozenten für Interkulturelle Pädagogik an der
ev. Fachhochschule für Sozialarbeit und Sozialpädagogik in Berlin und freiberufliche
Organisationsberaterin/Trainerin für Interkulturelle Kompetenz.
Neben der Wirtschaft, die übrigens die Ersten mit interkulturellen Seminaren waren, interessiert sich inzwischen
auch die Verwaltung, die IHK und soziale Projekte und ihre Mitarbeiter für diesen Themenbereich der IKK
(Interkulturelle Kompetenz) und IKÖ (Interkulturelle Öffnung). Der Markt, der Profit und die wirtschaftliche Lage
bestimmen die Richtung des politischen Vorgehens. Nicht die Moral oder die tatsächliche Notwendigkeit! Wenn
sich das Marktinteresse mit der Notwendigkeit überschneidet, dann desto besser, denn dann kann die Politik
sozial argumentieren.
Während in der Wirtschaft die Globalisierung und damit die Produktion im Ausland
Kommunikationsschwierigkeiten und Missverständnisse deutlich gemacht haben und Trainings notwendig
wurden, hat im Inland die Marktanalyse die Migranten als potentielle Kunden in den verschiedensten Bereichen
erkannt und die Werbung dem entsprechend gestaltet. Denken sie z.B. an die letzte IKEA Werbung, wo eine
türkische Familie mit blonden Perücken gezeigt wurde.
Die wirtschaftliche Situation in Deutschland macht es notwendig, dass auch in sozialen Bereichen zunehmend
profitorientiert gearbeitet wird, da die Förderungen ablaufen und Streichungen vorgenommen werden. Der
Kosten-Nutzen Faktor wird daher zunehmend hinterfragt. (Dieser Trend wird auch schon in der Ausbildung von
Sozialarbeitern und in der Weiterbildung deutlich, z.B. "Sozialmanagement und Organisationsberatung für
soziale Einrichtungen)
Klar ist, dass mit der sogenannten IKÖ der Regeldienste, die eigens für die Migranten konzipierten Einrichtungen
weitgehendst minimiert werden sollen.
Soweit so gut, wenn der Prozess der IKÖ tatsächlich finanziert und begleitet wird (über Jahre hinaus) und einige
Migranten spezifische Einrichtungen erhalten werden, denn wir werden durch die stetige und notwendige
Zuwanderung immer auch den Bedarf für spezifizierte Einrichtungen haben.
Alle wissenschaftlichen Untersuchungen und Artikel weisen darauf hin, dass die IKÖ ein Prozess ist, Begleitung
bedarf und mit der alleinigen Einstellung von Migranten nicht vollzogen ist. Also eine z.B. türkische Mitarbeiterin
oder ein einmaliges Training bei z.B. Mitarbeitern vom Bezirksamt wird nicht dazu führen, dass mehr Migranten
in die Einrichtung kommen, Migranten sich verstanden fühlen oder der Bezirksamtmitarbeiter alle seine Ängste,
Fragen und Vorurteile abgelegt hat. Ein Einstiegstraining kann aber durchaus zu mehr Neugier, Interesse und
vielleicht damit zu mehr Beschäftigung mit diesem Thema in der Einrichtung/Abteilung führen.
Zugangsbarrieren von älteren Migranten , die da wären:
Sprachbarrieren, Unwissenheit z.B. ambulante Pflege, Vorurteile und Ängste gegenüber Behörden und
städtischen Einrichtungen, traumatischen Erlebnissen mit Uniformen und sogenannten Autoritäten und Scharm,.
werden nicht nur mit der Einstellung von Migranten oder einem Training von Mitarbeitern abgeschafft. Es Bedarf
darüber hinaus der strukturellen Öffnung der Einrichtung. Von der Verankerung im Leitbild bis hin zur
interkulturellen Unternehmens bzw. Organisationskultur.
Als Beispiel will ich Ihnen von einer stationären Pflegeeinrichtung berichten:
Die katholische Einrichtung ist mitten im Kiez von Kreuzberg. Da die Zahl der Kunden/Bewohner der älteren
deutschen immer mehr zurück ging und schon einige Anfragen von pflegebedürftigen Migranten vorhanden
waren, hat man die Migranten aufgenommen. Dann hat man festgestellt, dass die Bewohnerzahl der deutschen
31
älteren nicht zunahm und dass das wahrscheinlich an der Lage der Einrichtung lag. Man hörte auch, dass das
Thema Interkulturelle Öffnung immer aktueller wurde. Man schätz, dass im Jahre 2030 ¼ der älteren Menschen
in Deutschland Migranten sein werden. Also hat man sich entschlossen näher mit diesem Kundenkreis zu
beschäftigen. Dazu wurde eine Organisationsberaterin ins Haus geholt und eine Arbeitsgruppe gebildet. In der
Arbeitsgruppe waren die Leiterin der Einrichtung, der Pflegedienstleiter, die Sozialarbeiterin und die
Organisationsberaterin. In einem einjährigen Prozess wurden verschiedene Kurzzeitziele besprochen und
umgesetzt und das Langzeitziel der Kundengewinnung im Auge behalten.
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
Leitbild Überarbeitung und Erstellung eines Konzeptes
Aufnahmebogen
Dolmetscherliste/Ressourcen im Haus z.B. bei neuen Speisen etc.
Speiseplan (Teeküche , Ernährungsberatung in internationalen Gerichten)
Räumliche Gestaltung (Gebetsraum, Beschilderung, Sattelitenschüssel, Samowar)
Fortbildung der Mitarbeiter
Öffentlichkeitsarbeit (Wie und mit wem) sowohl intern als auch extern.
Probleme:
•
Der Transfer von Oben nach unten (zu den Mitarbeitern) klappte nicht gut genug. Diese bekamen zu
wenig mit, was erarbeitet wurde und waren skeptisch, ob wirklich eine Öffnung erwünscht ist.
•
Für die Umsetzung mancher Sachen war der bürokratische Weg sehr lang (Sattelitenschüssel)
•
Aus Einrichtungspolitischen Gründen konnten manche Ideen nicht umgesetzt werden.(Z.B. Fotos)
•
Die interne Kommunikationsstruktur und Kultur war schwierig (sowohl von unten nach oben als auch
umgekehrt- top-down und bottom-up), daher konnten viele gute Ideen weder gehört noch umgesetzt
werden.
•
Zeitliche Ressourcen wurden nicht extra für dieses Thema ermöglicht, sondern die Beteiligten mussten
von ihrer Zeit etwas für dieses Thema abknapsen, d.h. ihre andere Arbeit blieb liegen und Überstunden
waren die Folge. Die Vermutung liegt nahe, dass so der Prozess der Umsetzung des Erarbeiteten
irgend wann abbricht!!!
Wichtig: Mut zu Fehlern!!!!! Fehler machen wir alle, der gute Wille zählt oder die Absicht, auch wenn sie aus
wirtschaftlichen Gründen Menschen zugute kommt.
32
Interkulturelle Öffnung von Gesundheitsdiensten unter besonderer Berücksichtigung von
Aidshilfen
- Joyce Dreezens-Fuhrke (Deutsche AIDS-Hilfe e.V.)
Einleitung
Das Phänomen der Zuwanderung stellt neue Anforderungen an die Gesundheitsdienste und ihre
MitarbeiterInnen. Das Gesundheitssystem in Deutschland zählt zu den besten der Welt. Aber viele MigrantInnen
in Deutschland, vor allem aus sozial schwachen Schichten, Flüchtlinge und Menschen ohne Papiere, erfahren
keinen oder einen erschwerten Zugang zum hiesigen Gesundheitssystem und werden in der Regelversorgung
nicht ausreichend berücksichtigt. Gründe hierfür sind u. a. eingeschränkte Ressourcen sprachlicher und
kultureller Verständigung und sozioökonomische Benachteiligung. Vor diesem Hintergrund bleibt ihnen der
Zugriff auf wichtige Informationen zur Gestaltung ihrer gesundheitlichen Bedürfnisse weitgehend versagt.
Die Schlüsselinstitutionen wie die Gesundheitsdienste stehen heutzutage einem anderen Bedarf gegenüber,
denn ein anderes Klientel besitzt andere Werte und Normen, die zu anderen Bedürfnissen führen. So steht die
gesundheitliche Situation des/der MigrantIn in einem Spannungsfeld zwischen der sozialen Chancengleichheit
sowie kulturspezifischen Aspekten. Zwar muss die Gesundheitspolitik den gesundheitlichen Belangen von
MigrantInnen Rechnung tragen, jedoch liegt die Verantwortung nicht nur bei der Medizin und nicht nur auf
gesundheitspolitischer Ebene.
Migration und Gesundheit sind Querschnittsthemen, die in verschiedene gesellschaftliche Bereiche verweisen.
Ein wichtiger Schritt der Gesundheitsdienste sich an diese neuen gesellschaftlichen Anforderungen anzupassen,
sind Prozesse hin zu Interkultureller Öffnung.
Dies möchte ich im Folgenden am Beispiel von Aidshilfe darstellen.
1. Warum müssen sich Aidshilfen interkulturell öffnen?
Von den Ende 2003 neu diagnostizierten HIV-Infektionen in Deutschland wurden circa 23 Prozent bei Menschen
aus Hochprävalenzländern (HPL) festgestellt. Sie bilden, nach den homosexuellen Männern, die mit 50 Prozent
der neu diagnostizierten HIV-Infektionen den Hauptanteil ausmachen, die zweitgrößte Betroffenengruppe (RKI
2003). Dies bedeutet, dass ein großer Teil von HIV-Infizierten Migranten und Migrantinnen sind, die Beratung,
Betreuung und Behandlung brauchen. Das Aidshilfe-System steht hier vor einer multikulturellen aber vor allem
vor einer interkulturellen Herausforderung.
Barrieren des Zugangs und der Inanspruchnahme
Aidshilfe ist für alle da. Dennoch steht eine große Anzahl von HIV-positiven MigrantInnen verschiedenen
Barrieren des Zugangs und der Inanspruchnahme gegenüber. Sozioökonomische Probleme, die diese
Menschen ohnehin haben, potenzieren sich um ein Vielfaches, wenn sie HIV-infiziert sind. Die Gründe für den
erschwerten Zugang zu Informationen über HIV/Aids und zu einer angemessenen Beratung, Betreuung und
medizinischen Behandlung sind vielfältig:
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Angst von Seiten der HIV-Betroffenen, sich zu „outen“
Angst vor Stigmatisierung/ Diskriminierung
Tabuisierung von HIV/Aids
Tabuisierung von Sexualität
Scham
kultur- und/ oder religionsbedingte Vorstellung von Geschlechtlichkeit und Körper
kulturspezifisches Verständnis der Geschlechterrollen
kulturspezifisches Hilfesuchverhalten
sprachliche Barrieren, keine muttersprachliche Beratung
schwule Berater in Aidshilfen
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•
•
schwule Atmosphäre in Aidshilfen
keine bedarfsgerechten Angebote (migrationsbedingte Belastungen, kulturspezifische Aspekte werden
nicht berücksichtigt)
Zwar ist eine Zunahme von HIV-positiven Klienten nichtdeutscher Herkunft in vielen Aidshilfen zu beobachten,
allerdings ist auffällig, dass sie oft erst in einem sehr späten Stadium der Infektion das Angebot in Anspruch
nehmen.
2. Probleme der Interkulturellen Öffnung
Probleme auf Mitarbeiterebene
Der erhöhte Bedarf in Bezug auf das Klientel der MigrantInnen erzeugt bei deutschen BeraterInnen oft Angst vor
Überforderung.
Es stellt sich die Frage warum das Fremde oft verunsichert und Angst macht. Nicht selten werden „Fremde“ als
Bedrohung empfunden. Wenn wir uns in monokulturellen Zusammenhängen bewegen, dann reflektieren wir
unsere kulturelle Prägung oft nicht oder nicht mehr. Die Auseinandersetzung mit dem Fremden kann dazu
führen, altvertraute, vielleicht mühsam gewonnene und hart erkämpfte Sichtweisen, Werte, Normen und
Haltungen, sogar die eigene Identität in Frage zu stellen. Dieses Spannungsfeld gilt es auszuhalten.
Interkulturelle Öffnung ist auch ein individueller Lernprozess, in dem das Aushalten dieser Spannungen ein
fester Bestandteil ist. Auch wenn dieses Aushalten teilweise schmerzlich ist, ist es wichtig, die Kommunikation
mit dem Fremden fortzuführen. Das Austauschen von Eindrücken und Erfahrungen mit dem „Fremden“ fördert
den Prozess der Interkulturellen Kommunikation, die die Fähigkeit zum Perspektivenwechsel und die Akzeptanz
von Andersartigkeit anstrebt. Im Prozess der interkulturellen Öffnung kann sich das Fremde als eine interessante
Bereicherung und eine spannende Horizonterweiterung darstellen und weniger als eine Bedrohung (Gütschow
2003; vgl. Dreezens-Fuhrke 1998).
BeraterInnen fühlen sie sich häufig wegen den überwiegend sozialen und ausländerrechtlichen Problemen, mit
denen sie meist konfrontiert werden, überfordert. Auch bringen MigrantInnen in ihrer Kultur entwickelte
(traditionelle) Krankheits- und Gesundheitskonzepte mit, die oft von den biomedizinischen Konzepten
abweichen, die den MitarbeiterInnen vertraut sind. Insbesondere die Krankheit HIV/Aids wird in vielen Kulturen
als Folge von sozialem Fehlverhalten und /oder als Strafe Gottes gedeutet. Die zahlreichen Erklärungsmuster,
die für die meist tabuisierte und stigmatisierte Krankheit HIV/Aids existieren und von einigen MigrantInnen
vorgetragen werden, stoßen bei vielen BeraterInnen auf Unverständnis, Verzweiflung und Ignoranz. Nicht selten
tritt auch ein (latenter) Rassismus auf. Dies führt zuweilen zu einer Verweigerung oder zu einem Ignorieren des
veränderten Bedarfs.
Probleme auf struktureller Ebene
Was nützt die individuelle interkulturelle Öffnung der MitarbeiterInnen, wenn die Organisation sich nicht
interkulturell öffnet? Doch auch deren Öffnung ist mit Problemen verbunden, die auf verschiedenen Ebenen
angesiedelt sind. Ein Teil der Hürden ist auf struktureller Ebene verankert.
Eine interkulturelle Öffnung lässt sich nicht allein daran bemessen, wie viel Prozent des Klientels Migranten und
Migrantinnen sind oder ob Veranstaltungen und Medien für sie angeboten werden (Gütschow 2003). „Auch ein
interkulturelles Team ist keine Garantie für eine interkulturelle Öffnung“ (Gütschow 2003). Dies sind jedoch
wichtige und notwendige Schritte sowie Qualitätsmerkmale für den Prozess der interkulturellen Öffnung auf der
Ebene der Personal – und Organisationsentwicklung.
Vor dem Hintergrund, dass viele Aidshilfe-Einrichtungen gegenwärtig vom Rotstift betroffen oder bedroht und in
den meisten Fällen keine Gelder für Neueinstellungen vorhanden sind, geschieht die Einstellung von
Mitarbeiterinnen nichtdeutscher Herkunft häufig nur auf ehrenamtlicher Basis. Auch wenn sie hauptamtlich
arbeiten haben MigrantInnnen trotz ihrer Qualifikation oft eine randständige Position. Sie werden in der Regel
lediglich für die muttersprachlichen Beratungen eingestellt oder aufgrund ihrer kulturspezifischen Kompetenz für
Spezialangebote bzw. kulturspezifische Angebote für MigrantInnen temporär eingesetzt. Auf diese Art und Weise
kann eine Organisation gute Präventionsarbeit für MigrantInnen leisten, ohne sich interkulturell zu öffnen. Dies
ist der schnelle und effizientere Weg. Interkulturelle Öffnung bedeutet hingegen: Alle MitarbeiterInnen sind für
alle KlientInnen verantwortlich - unabhängig von deren Herkunft (vgl. Deutsche AIDS-Hilfe 2002).
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„KollegInnen mit Migrationshintergrund tragen dazu bei, dass innerhalb der Organisation die Bedingungen eines
Lebens als MigrantIn präsent sind und gemeinsam reflektiert werden“ (Deutsche AIDS-Hilfe 2002). Doch wie
oben ausgeführt gestaltet sich die Zusammenarbeit mit MigrantInnen nicht immer leicht und kann von
verschiedenen Konflikten geprägt sein. Ein Prozess interkultureller Öffnung kommt zu einem wesentlichen Teil in
der Haltung der Mitarbeiterinnen zum Ausdruck, die feinfühlig und respektvoll die unterschiedlichen kulturellen
Bedürfnisse anerkennen (vgl. Charta der 1. der Internationalen Konferenz zur Gesundheitsförderung 1986;
Deutsche AIDS-Hilfe 2002). Diese Haltung äußert sich ebenso in der Gestaltung der Räumlichkeiten. „Eine
interkulturell arbeitende AIDS-Hilfe arbeitet auf eine entsprechende interkulturelle Kultur oder interkulturelle
Identität hin“ (Deutsche AIDS-Hilfe 2002). Dies ist ein langwieriger Lernprozess.
3. Ansätze zur Interkulturellen Öffnung von Aidshilfe
Ab Mitte der 90er Jahre wurde das Thema „Aids und Migration“ als Querschnittsaufgabe aller Arbeitsbereiche
der DAH etabliert und das Jahr 2002 stand unter dem Motto Interkulturelle Öffnung von Aidshilfe. Der Weg zur
Interkulturellen Öffnung im – Aidshilfe-Kontext beruht auf zwei kontinuierlich zu entwickelnde Dimensionen:
Einerseits die Entwicklung von bedarfsgerechten Angeboten für Migrantengruppen, die besonders von HIV/Aids
betroffen sind, und andererseits die interkulturelle Qualifizierung sowie Teamentwicklung des Personals.
Orientierung an MitarbeiterInnen
Eine interkulturelle Neuorientierung von Aidshilfen erfordert die notwendigen Veränderungen in der beruflichen
Aus- und Weiterbildung (vgl. Charta der 1. der Internationalen Konferenz zur Gesundheitsförderung 1986). Das
Personal muss sowohl auf die quantitativen als auch qualitativen Herausforderungen, die aus einer
Zuwanderungsgesellschaft erwachsen, vorbereitet werden (vgl. Lima Curvello / Pelkhofer-Stamm 2003). Somit
müssen sich „Prozessfördernde Maßnahmen zur Interkulturellen Öffnung und deren Umsetzung an
MitarbeiterInnen orientieren, denn ohne ihre Wirkung, ihr interkulturelles Wissen, ihre interkulturelle Einstellung
und Fähigkeiten, kann sich eine Organisation nicht interkulturell öffnen“ (Deutsche AIDS-Hilfe 2002).
Folgende Maßnahmen sind notwendig:
•
•
•
Fortbildungen von BeraterInnen - mit oder ohne Migrationshintergrund - zu Aspekten der
Migrationsarbeit im Kontext von HIV/Aids (Ausländerrecht, Asylrecht, Zuwanderungsgesetz,
medizinethnologische Inhalte in bezug auf HIV/Aids, etc.)
Fortbildungen der MitarbeiterInnen - mit oder ohne Migrationshintergrund – zum Erwerb von
interkultureller Kompetenz
Seminare und Foren, die der Sensibilisierung dienen (vgl. Deutsche AIDS-Hilfe e.V. 2002)
Bereits seit einigen Jahren werden im Aidshilfe-System Fortbildungen angeboten, auf denen AidshilfeMitarbeiterInnen Kenntnisse und Fertigkeiten für die fachlich kompetente Beratung von Menschen mit
migrationsspezifischen Problemen erwerben oder erweitern.
Im Rahmen von interkultureller Kompetenz soll das Ziel verfolgt werden, mögliche Bevormundung, d.h.
paternalistische Strukturen, gegenüber dem Klientel abzubauen. Ebenso ist es für eine interkulturell orientierte
BeraterIn notwendig, die Lebenswelt des/der MigrantIn zu erfassen, einen verstehenden Zugang zu
dessen/deren Krankheits- und Gesundheitsvorstellungen zu finden und diese in die Beratung/Betreuung mit
einzubeziehen.
Zur Umsetzung von Maßnahmen zur interkulturellen Öffnung tragen Runde Tische mit deutschen und nichtdeutschen ExpertInnen und Workshops für MitarbeiterInnen zum Thema Selbstreflexion und Rassismus bei.
Um die interkulturelle Öffnung in Gang zu setzen, müssen zunächst strukturelle Bedingungen herrschen, die dies
ermöglichen. Die Einstellung von MigrantInnen auf allen Ebenen der Organisationsstruktur als Fach- und
Führungskräfte ist erforderlich. Hierbei müssen sie gemäß ihrer Qualifikation eingestellt werden, d. h. ihre
berufliche Qualifikation sollte im Vordergrund stehen, nicht ihr „Migrationshintergrund“. Auch muss ihre
Zuständigkeit auf deutsches Klientel erweitert werden, während der „Migrationshintergrund“ gleichzeitig als
Zusatzqualifikation und Ressource anerkannt werden soll und bei Bedarf nützlich eingesetzt werden kann.
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Eine Interkulturelle Öffnung einer Organisation kann daran gemessen werden, „inwieweit die Interessen von
Migrantinnen und Migranten in allen Aspekten der Gestaltung und Durchführung der Arbeit regelmäßig vertreten
und berücksichtigt werden“ (Deutsche AIDS-Hilfe 2001) und „ob sie ebenbürtig in allen Planungen und Aktionen“
einbezogen sind (Gütschow 2003). Um diesem Qualitätsmerkmal Rechnung zu tragen, muss den MigrantInnen
die Möglichkeit gegeben werden, auf allen Ebenen der Macht mitzuwirken. Eine solche Mitwirkung ist auch
selbstverständlich und attraktiv zu machen (Deutsche AIDS-Hilfe 2002).
Orientierung an KundInnen
Eine interkulturelle Öffnung muss sich ebenfalls an „Kunden“ der Organisation und deren Bedarf orientieren. Die
Deutsche AIDS-Hilfe und ihre Mitgliedsorganisationen befinden sich mehr oder weniger im Prozess, sich zu
Einrichtungen zu entwickeln, die den Bedarf von MigrantInnen bzw. die migrationssensible Dimension stärker
berücksichtigen. Im Rahmen dieses Prozesses sind bereits viele Maßnahmen eingeleitet worden
Bereits seit 1985 gibt es fremdsprachige Broschüren zu HIV/Aids. Um kundengerechte Angebote entwickeln zu
können, werden Bedarfsanalysen und Kundenbefragungen durchgeführt. Seit 2002 vergibt die Deutsche AIDSHilfe e.V. Mittel aus öffentlichen Zuwendungen für Modellprojekte im Verband zum Thema „Interkulturelle
Öffnung“. So wurde eine Fortbildungsmaßnahme für MultiplikatorInnen aus der Region Subsahara und für
Aidsfachkräfte entwickelt und erprobt. Bei der Angebotsentwicklung wurden bewusst die Menschen
eingebunden, die man erreichen wollte.
Doch auch bei der Umsetzung von Maßnahmen, wird weitgehend versucht MigrantInnen als Personal
einzubeziehen. In vielen Fortbildungen für MigrantInnen sind Leiter und Referenten selbst MigrantInnen. Um die
Zielgruppe möglichst gut zu erreichen, gibt es nicht nur Schulungen für nichtdeutsche professionelle
MitarbeiterInnen, sondern auch für Peers, die sich in ihrer Community für die HIV/Aids-Prävention engagieren
wollen.
Schließlich kommt die Kundenorientierung auch Beratungs- und Fortbildungsangeboten in verschiedenen
Sprachen zum Ausdruck.
Auch wenn die Arbeit für und mit MigrantInnen oft als Problem dargestellt wird, so muss bei einer positiven
Haltung gegenüber Interkultureller Öffnung von Gesundheitsdiensten konstatiert werden:
„MigrantInnen sind nicht das Problem, sondern ein Teil der Lösung“
(Deutsche AIDS-Hilfe e.V. 2002)
Literatur:
Deutsche AIDS-Hilfe e. V. (Hrsg.), (2001): Interkulturelle Öffnung von Einrichtungen im Gesundheitswesen und
Sozialwesen, Expertise von VIA Berlin/Brandenburg e.V., Berlin.
Deutsche AIDS-Hilfe e.V. (2002): Dokumentation „Strategieworkshop Interkulturelle Öffnung“, 23.-25.Juni 2002,
Berlin.
Dreezens-Fuhrke, J. (1998): „Interkulturelle Kommunikation aus der Innenperspektive“, in: Interkulturelle
Kommunikation in multiethnischen PädagogInnenteams, H. Marburger/ H. Rösch/ J. Dreezens-Fuhrke/ A. Hoch/
S. Riesner, Frankfurt.
Franzkowiak, P. und Sabo, P. (Hrsg.), (1993): Charta der 1. der Internationalen Konferenz zur
Gesundheitsförderung 1986, in: Dokumente der Gesundheitsförderung. Internationale und nationale Dokumente
und Grundlagentexte zur Entwicklung der Gesundheitsförderung im Wortlaut und mit Kommentierung, Mainz.
Gütschow, B. (2003): Interkulturelle Öffnung; unveröffl. Impulsreferat des Workshops 12, Fachtag „Den Wandel
(mit) gestalten“; 31.10.-02.11.2003, Berlin.
Lima Cuvello, T. / Pelkhofer-Stamm, M. (2003): Interkulturelles Wissen und Handeln – Neue Ansätze zur
Öffnung sozialer Dienste, herausgegeben von: Verband binationaler Familien und Partnerschaften, iaf Berlin
e.V., Berlin.
Robert Koch Institut (2003): Epidemiologisches Bulletin 2003/Nr.48. Berlin.
36
Ergebnisse der Arbeitsgruppe „Gesundheit“
A. Problemanalyse/Bestandsaufnahme
Ursachen:
• Latenter Rassismus
• Ökonomischer Nutzen
• Erhalt von Macht/Präsenz zeigen
• Jede Mehrheitsgesellschaft schafft
sich ihre eigenen Minderheiten
Bestandsanalyse:
• Eurozentristische Perspektive (Normen, Werte, Krankheitsbilder etc.)
• Ausländerrecht: Ausgrenzung von Gruppen zum Beispiel Flüchtlinge zur Regelversorgung
• Fehlinterpretation beim Bedarf von MigratInnen
• Verständigung: Sprache, Begriffe
• Zugangsbarrieren: zu wenig Aufklärung bei sozial schwachen MigrantInnengruppen
• Keine Quotierung der öffentlichen Dienste
• Fehlende wissenschaftliche Untersuchungen
• Schichtspezifische Diskriminierung
• Fehlendes politisches Bewußtsein und fehlender politische Wille
• Fehlende Aufklärung über Ursachen von Migrations- und Fluchtbewegungen
B. Handlungsvorschläge
Zielsetzungen:
• Perspektivenwechsel im Zuge der Globalisierung durch Trainings, Aufklärung, Bildung etc.
• Keine Ausgrenzung zur Gesundheitsversorgung durch die Gesetzgebung (z.B. AsylbewerberLG etc.)
• Lockerung der Niederlassungsfreiheit von ÄrztInnen, BeamtInnen etc.
• Bedarfsanalysen und wissenschaftliche Untersuchungen – weg von Interpretationen und hin zu
Informationen
• Staatlich finanzierte professionelle Dolmetscherdienste als ein integraler Bestandteil der
Gesundheitsversorgung
• Alle Aufklärungsmöglichkeiten bei sozial schwachen MigrantInnengruppen nutzen, z.B. Medien
• Interkulturelle Öffnung und Quotierung der öffentlichen Dienste; Erhalt kulturspezifischer Angebote;
differenziertes Angebot
• Differenzierte wissenschaftliche Untersuchungen und statistische Erhebungen adäquat der
Heterogenität der Zielgruppen (Menschen mit Behinderung, alte Menschen, sexuelle Orientierung,
Kinder etc.)
• Mehr politische Verantwortung zu gesundheitspolitischen Fragen zum Beispiel durch Präsenz in
thematischen AGs
• Gezielte gesundheitspolitische Aufklärung z.B. durch Nutzen der Medien für die Mehrheitsgesellschaft
und Minderheitengruppen; allgemeine Informationen über Beweggründe von MigrantInnen
Handlungsvorschläge:
• Zeitliche, finanzielle und personelle Ressourcen zur Verfügung stellen
• Umschichtung vorhandener Mittel
• Verantwortung der Migrantenorganisationen zum Beispiel durch eigene gesundheitspolitische
SprecherInnen, Gesundheitsinfotage etc.
• Gesundheitsattachés in den Konsulaten
• Gesundheitspolitische SprecherInnen der Parteien mehr in thematische Gremien einbinden
• Lobbyarbeit der ExpertInnen für gesundheitspolitische Themen im Bereich der Migration
37
Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt
- Safter Çınar (Leiter der Ausländerberatungsstelle des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Bezirk BerlinBrandenburg)
Auf dem Berliner Arbeitsmarkt ist die Arbeitslosenquote bei Menschen mit Migrationshintergrund seit Jahren
doppelt so hoch wie die allgemeine Quote. Ein wichtiger Grund ist sicherlich die mangelnde Qualifikation von
Arbeitnehmer/innen nichtdeutscher Herkunft. Welche Rolle spielt aber eine Diskriminierung wegen der Herkunft?
Es gibt Vermutungen, Hinweise aber keine expliziten Nachweise hierfür. Da die Bundesregierung es bis heute
nicht geschafft hat, die Antidiskriminierungsrichtlinien der EU
(Der EU-Ministerrat hat drei Antidiskriminierungsrichtlinien verabschiedet:
1. Richtlinie 2002/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 zur
Änderung der Richtlinie 76/207/EWG des Rates zur Verwirklichung des Grundsatzes der
Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur
Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen
2. „Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des
Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft“ verpflichtet
alle Mitgliedstaaten, bis zum 19. Juli 2003 entsprechende nationale Gesetze zu verabschieden.
3. „Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens
für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf“ verpflichtet alle
Mitgliedstaaten, bis zum 2. Dezember 2003 entsprechende nationale Gesetze zu verabschieden.)
in innerdeutsches Recht umzusetzen, ist die Beweisführung äußerst schwierig.
Das einzige Instrumentarium zur Verhinderung der Diskriminierung ist das Betriebsverfassungsgesetz. Nach der
Reform des Betriebsverfassungsgesetz (2001) hat der Artikel 75 Grundsätze für die Behandlung der
Betriebsangehörigen folgenden Wortlaut:
„(1) Arbeitgeber und Betriebsrat haben darüber zu wachen, dass alle im Betrieb tätigen Personen nach den
Grundsätzen von Recht und Billigkeit behandelt werden, insbesondere, dass jede unterschiedliche Behandlung
von Personen wegen ihrer Abstammung, Religion, Nationalität, Herkunft, politischen oder gewerkschaftlichen
Betätigung oder Einstellung oder wegen ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Identität unterbleibt. Sie haben
darauf zu achten, dass Arbeitnehmer nicht wegen Überschreitung bestimmter Altersstufen benachteiligt werden.
(...)“
Das setzt natürlich erst einmal voraus, dass es in dem Betrieb einen Betriebsrat gibt. Bei Einstellung hat der
Betriebs dann gute Möglichkeiten, Diskriminierungen entgegenzuwirken, wenn eine diesbezügliche
Betriebvereinbarung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat existiert. Bei Kündigungen hat der Betriebsrat
größere Möglichkeiten, Entlassungen aus sachfremden Gründen zu verhindern.
Hierzu hat der DGB eine Musterbetriebsvereinbarung entwickelt:
Muster-Betriebsvereinbarung
Für Gleichbehandlung und Partnerschaft – Gegen Fremdenfeindlichkeit
Um die allgemeine Pflicht von Arbeitgeber und Betriebsrat zur Gleichbehandlung und Integration ausländischer
Beschäftigter im Betrieb zu verwirklichen und ein positives Zeichen zum „Europäischen Jahr gegen Rassismus
und Fremdenfeindlichkeit 1997" zu setzen, wird folgendes vereinbart:
38
I. Allgemeine Bestimmungen
1. Ziele
Ziel der Betriebsvereinbarung ist es, Beschäftigte ausländischer Herkunft im Betrieb wirksam vor
Diskriminierungen zu schützen und zu einem partnerschaftlichen Verhältnis im Betrieb beizutragen.
(….)
2.2.
Für die Anwendung dieser Betriebsvereinbarung werden die nachstehenden Begriffe wie folgt definiert:
2.2.1. Beschäftigte und Jugendliche „ausländischer Herkunft": diejenigen mit einer ausländischen
Staatsangehörigkeit sowie diejenigen, die einer ethnischen Minderheit angehören, die sonst als Fremde
angesehen werden.
2.2.2. „Personelle Maßnahmen": Einstellungen, Ein- und Umgruppierungen, Versetzungen, Beförderungen,
Abschluß von befristeten Arbeitsverhältnissen (Zeitverträge), Kündigungen sowie alle sonstigen Maßnahmen,
Entscheidungen und Vereinbarungen, die Auswirkungen auf die berufliche Tätigkeit und Entwicklung haben
können.
2.2.3. „Bildungsmaßnahmen": alle Maßnahmen der Aus-, Fort- und Weiterbildung.
2.2.4. „Soziale Maßnahmen": insbesondere alle betrieblichen Sozialleistungen sowie alle Leistungen und
Angebote betrieblicher Sozialeinrichtungen.
3. Grundsätze für Gleichbehandlung und Partnerschaft
3.1.
Die Grundsätze für Gleichbehandlung und Partnerschaft im Betrieb umfassen insbesondere
• den Grundsatz der Nicht-Diskriminierung,
• den Grundsatz der Förderung der Chancengleichheit,
• das Auftreten gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit.
3.2.
Der Grundsatz der Nicht-Diskriminierung verbietet jede unmittelbare oder mittelbare Benachteiligung aufgrund
von Hautfarbe, Rasse, Staatsangehörigkeit und Religion, ethnischer und nationaler Herkunft.
3.3.
Der Grundsatz der Förderung der Chancengleichheit
• gebietet Maßnahmen zur Herstellung der tatsächlichen Gleichstellung der Beschäftigten ausländischer
Herkunft,
• berücksichtigt die besonderen Belastungen und Anforderungen sowie die Interessen der Beschäftigten
ausländischer Herkunft in angemessener Weise,
• verbietet den Abbau des Anteils der Beschäftigten ausländischer Herkunft an der
Gesamtbeschäftigtenzahl.
3.4.
Die Niederlassungsleitung, der Betriebsrat und die Beschäftigten treten nachdrücklich Rassismus und
Fremdenfeindlichkeit entgegen. Dies gilt vor allem
• im Betrieb nach konkreten Anlässen wie Äußerungen von unberechtigten Vorwürfen, Vorurteilen,
Pauschalurteilen; Tätlichkeiten; Verschlechterungen der Stimmung im Betrieb usw., und
• bei von der Niederlassung verlangten entsprechenden Dienstleistungen.
3.5.
Zur Umsetzung der Grundsätze werden die Niederlassungsleitung und der Betriebsrat bis zum . . . . . . . . .
• konkrete Tätigkeitsbereiche und -stufen ermitteln, in denen Beschäftigte mit ausländischer Herkunft
deutlich unterrepräsentiert sind,
• entsprechende inhaltliche und zeitliche Vorgaben sowie konkrete Maßnahmen vereinbaren.
(….)
5. Personelle Maßnahmen
5.1.
Bei allen personellen Maßnahmen, für die bestimmte Qualifikationen erfüllt sein müssen, sind die nicht in
Deutschland erworbenen vergleichbaren Qualifikationen und Berufserfahrungen entsprechend zu
berücksichtigen.
39
5.2.
Bei Auswahltests werden nur solche Fragen gestellt, die sich aus dem Profil der ausgeschriebenen Stelle
ergeben.
5.3.
Die Leistungsbeurteilung und der berufliche Aufstieg erfolgen nach einheitlichen Kriterien, die jede Verletzung
des Grundsatzes der Nichtdiskriminierung ausschließen.
6. Bildungsmaßnahmen
6.1.
Für Jugendliche ausländischer Herkunft
• erfolgen in den Abschlußklassen der Schulen geeignete Informationen über zukunftsorientierte Berufe,
• werden Plätze für Betriebspraktika zur Verfügung gestellt,
• wird – gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit der Berufsberatung – eine gezielte Ausbildungsförderung
angeboten.
6.2.
Für die Beschäftigten ausländischer Herkunft
• wird die Teilnahme an fachbezogenen Sprachbildungs- sowie allen betrieblichen Fort- und
Weiterbildungsangeboten ermöglicht und gefördert,
• werden für die berufliche Entwicklungsplanung die Angebote für Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen
aufeinander abgestimmt.
(….)
7. Soziale Maßnahmen
• Bei der Urlaubsplanung ist den besonderen Interessen der Beschäftigten ausländischer Herkunft
Rechnung zu tragen.
(…)
Die Rechtsprechung hat sich erst spät und sehr langsam dieser Problematik angenommen. In den letzten
Jahren gab es einige ermunternde Urteile:
Ein Arbeitnehmer ruft gegenüber seinen Arbeitskollegen im Betrieb mehrfach zur gewaltsamen
Vertreibung der in Deutschland lebenden Ausländer auf; den Ausländern solle es so ergehen wie den
Juden im nationalsozialistischen Deutschland. Seine Arbeitskollegen fühlen sich durch die Äußerungen
abgestoßen, einige wollen mit ihm nicht mehr zusammenarbeiten. Wegen der Sprüche kommt es
mehrfach zu längeren erhitzten Auseinandersetzungen innerhalb der Belegschaft. Ein solches
Verhalten berechtigt den Betriebsrat, die Entlassung des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber zu verlangen.
Wenn der Arbeitgeber gleichwohl nicht kündigt, kann ihn das Arbeitsgericht nötigenfalls durch
Zwangsgelder dazu zwingen.
Gibt es mehr als fünf Beschäftigte, kommt bei Neonazis vor allem eine verhaltensbedingte Kündigung in
Betracht. Sie ist eindeutig möglich, wenn im Betrieb Straftaten verübt werden – man denke an den
Hitlergruß oder die Leugnung des Holocaust („Auschwitz-Lüge„). Gute Möglichkeiten bestehen auch,
wenn sich die rechte Gesinnung auf das Arbeitsverhältnis auswirkt; das ist sicher der Fall, wenn
ausländische Kollegen mit rassistischen Äußerungen traktiert werden. Für alle Arbeitnehmer gilt die
arbeitsvertragliche Nebenpflicht, auf den Betriebsfrieden und den Betriebsablauf Rücksicht zu nehmen,
weshalb sich auch eine intensive parteipolitische Tätigkeit in der Firma verbietet.
So hat das Bundesarbeitsgericht in einem Urteil vom 1. Juli 1999 entschieden, dass das Anbringen
eines ausländerfeindlichen Schildes an der Werkbank eines türkischen Auszubildenden und Absingen
von "Naziliedern" die außerordentliche Kündigung des Berufsausbildungsverhältnisses rechtfertigt.
Nach einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Köln v. 14. Dezember 1998 kann die Speicherung
und Verbreitung von die Menschenwürde verletzenden, rassistischen, nazistischen, sexistischen,
gewaltverherrlichenden Witzen im EDV-Netz des Betriebs ein Grund für die außerordentliche
Kündigung nach § 626 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sein.
Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz hat in einem Urteil vom 10. Juni 1997 entschieden, dass das
Aufhängen von Texten ausländerfeindlichen Inhalts an Maschinen im Betrieb sowie ausländerfeindliche
Äußerungen eine verhaltensbedingte fristgemäße Kündigung rechtfertigen.
40
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist die vorherige Abmahnung des Arbeitnehmers
durch den Arbeitgeber nicht erforderlich, wenn es sich um eine schwere Pflichtverletzung handelt, deren
Rechtswidrigkeit für den Arbeitnehmer ohne weiteres erkennbar und bei der eine Hinnahme des
Verhaltens offensichtlich ausgeschlossen ist (Urteil vom 1. Juli 1999).
Ein Arbeitgeber muss nicht tatenlos zusehen und erst reagieren, wenn im Betrieb etwas passiert ist. Er
kann z.B. in Abstimmung mit dem Betriebsrat durch Rundschreiben, Veröffentlichung in der
Betriebszeitung oder durch Übergabe eines Informationsblattes eindeutig klarstellen, dass
Ausländerfeindlichkeit und Rassismus im Betrieb nicht geduldet werden und zur Entlassung führen
können.
Auf Druck des DGB in den achtziger Jahren drucken Zeitungen in Berlin keine Arbeitsplatz- oder
Wohnungsanzeigen diskriminierenden Inhalts („Keine Ausländer“ bzw. „Nur Deutsche“) mehr ab. Anzeigen mit
dem Hinweis „Die Besonderheit der Tätigkeit erfordert gute Deutschkenntnisse“ sind aber öfters zu lesen. Was
„gute Deutschkenntnisse“ sind und inwieweit diese Anforderung berechtigt ist, müsste im Einzellfall überprüft
werden. Um das systematisch betreiben zu können, bräuchte es einer entsprechenden Institution, wie die EURichtlinien sie vorschreiben:
Mit der Förderung der Gleichbehandlung befasste Stellen
Artikel 13 (Richtlinie 2000/43/EG): (1) Jeder Mitgliedstaat bezeichnet eine oder mehrere Stellen, deren Aufgabe
darin besteht, die Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung aller Personen ohne Diskriminierung
aufgrund der Rasse oder der ethnischen Herkunft zu fördern. (..)
Das dringend zu verabschiedende Antidiskriminierungsgesetz müsste folgende Punkte festlegen:
•
•
•
•
•
•
•
Definition der Diskriminierung (auch indirekte Diskriminierung!)
Umkehr der Beweislast (in Zivilverfahren)
Verbandsklage (auch gegen den Willen des Betroffenen?)
Entschädigung
Sanktionen
Förderung (Programme, Quoten?)
Mit der Gleichbehandlung befasste Stellen.
41
Der Gleichbehandlungsgrundsatz der Anti-Rassismus-Richtlinie 2000/43 der EU und
institutionelle und strukturelle Diskriminierung in der beruflichen Bildung und im
Ausbildungssystem
- Dr. Czarina Wilpert (Zentrum Technik und Gesellschaft, TU Berlin)
Von Individueller Diskriminierung zur institutionellen und strukturellen Diskriminierung
Wenn von Diskriminierung geredet wird, denken wir meistens an alltägliche Diskriminierungen, zum Beispiel, wo
jemandem eine Arbeitsstelle oder eine Wohnung wegen seiner „Fremdheit“ als Ausländer oder seiner kulturellen
Zugehörigkeit, aus rassistischen Gründen verweigert wird. Die Praxis zeigt, dass solche Beispiele überall zu
finden sind; dies gilt auch für die Suche nach Ausbildungsplätzen und Arbeitsstellen. Es fehlt nicht an einzelnen
Beweisen aus der Praxis darüber, dass diese individuellen Ablehnungen von Menschen bestimmter Gruppen
aufgrund ihrer Zugehörigkeit oder Herkunft existieren. Es ist wichtig, dass im Rahmen eines neuen
Antidiskriminierungsgesetzes Menschen, die von solchen Diskriminierungen betroffen sind, eine Chance
bekommen, sich zu schützen. Trotzdem bleibt für die Betroffenen die Notwendigkeit zu zeigen, dass die
diskriminierende Behandlung wegen ihrer Zugehörigkeit/Herkunft und nicht wegen ihrer schlechteren
Qualifizierung oder Eignung für die Aufgabe erfolgt ist. Es folgen einige Beispiele, die aus der Praxis und der
Arbeit mit Jugendlichen ausländischer Herkunft bekannt sind, und die im Einzelfall als individuelle
Diskriminierung bezeichnet werden könnten.
Beispiele aus der Praxis1
• Die zuständige Berufsberaterin beim Arbeitsamt (vor dessen Wandel zur Arbeitsagentur) wurden junge
Migrantinnen mit einem Realschulabschluss aus bestimmten Bezirken als weniger leistungsfähig
eingeschätzt (selbst wenn Sie relativ gute Noten hatten). Dies wurde damit begründet, dass ein
Realschulabschluss aus bestimmten Bezirken weniger Anerkennung hätte als einer aus anderen
Bezirken (nach dem Motto: Dieser Bezirk kann nicht mit den übrigen Durchschnittswerten in der Stadt
konkurrieren). Aus diesem Grund wird einem Mädchen empfohlen, anstatt sich für eine Ausbildung als
Bankkauffrau zu bewerben, einen Ausbildungsplatz als Friseuse zu akzeptieren.
• Diese Beratungspraxis wird einerseits als ‚realistisch’ angesehen, weil sie das Mädchen vor Misserfolg
schütze. Ist dieses Beispiel überhaupt eine Frage von Diskriminierung? Und, wenn ja, kann es
hauptsächlich als individuelle Diskriminierung gesehen werden oder sind andere Faktoren im Spiel?
• Eine Lehrerin in einem Berufsorientierungskurs für Jugendliche in Hannover erzählt aus ihrer Erfahrung,
dass Jugendliche ausländischer Herkunft, die in Deutschland geboren und aufgewachsen sind, oft
leistungsstärker sind als Jugendliche deutscher Herkunft. Dennoch werden diese Jugendlichen bei
einer Bewerbung um einen Ausbildungsplatz häufiger abgelehnt als manche schwächere Deutsche2.
Wissenschaftliche Untersuchungen haben zum Teil gezeigt, dass einige Firmen ihre Bevorzugung
Deutschen gegenüber Nicht-Deutschen mit dem Argument begründen, dass eine homogene
Belegschaft Probleme erspart. Dabei äußern sie die Befürchtung, dass eine gemischte Belegschaft
gerade bei den Azubis das Konfliktpotential im Betrieb erhöht.
• Ein Schwarzer Deutscher afrikanischer Herkunft mit einem Diplom einer deutschen Universität sucht
Arbeit. Er findet eine Stellenausschreibung in der Freitagszeitung und telefoniert mit der Firma, um zu
hören, ob die Stelle noch frei ist, da er sich bewerben möchte. Als dieser Bewerber um 8:30 am
Montagmorgen eintrifft, um sich als erster Kandidat zu bewerben, erhält er die Auskunft, dass die Stelle
schon besetzt sei. Er bleibt aber lange genug um zu sehen, dass ein weiterer Bewerber, ein weißer
Deutscher, sich nach ihm bewirbt und die Stelle bekommt.
Was kann aus diesen Beispielen gelernt werden? Fall 1, bezieht sich auf das Berufsberatungssystem, d.h.
Prozesse und die Kriterien, die in der Beurteilung und Beratung von nichtdeutschen KlientInnen verwendet
werden. Die Gepflogenheiten dieser Einrichtung sind eine wichtige Schaltstelle, die untersucht werden sollten.
Hier stellt sich auch die Frage, welche Rolle die ArbeitsvermittlerIn und BeraterIn im Bewerbungsprozess im
Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz von Menschen – ohne Unterschied der ethnischen Herkunft, oder
Alle die genannten Beispiele stammen aus eigener Forschungsarbeit und unseren Interviews. Das erste Beispiel stammt aus der Zusammenarbeit und
aus Gesprächen im Arbeitsamt und bei anderen Experten in Vorbereitung für das Projekt MIBA (Mehrsprachige Immigrantinnen in Berufs- und Arbeitswelt)
1989-1990. Das dritte Beispiel stammt aus der Forschung mit qualifizierten ImmigrantInnen. (Wilpert 2004).
2 Dieses Beispiel basiert auf einem Interview mit der Lehrerin des Berufsorientierungskurses 2004.
1
42
anderer Zugehörigkeiten – spielt. Anderseits ist eine systematischen Kategorisierung von Migrantinnen mit
Realschulabschlüssen aus bestimmten Bezirken als „weniger leistungsfähig“, die also individuelle Unterschiede
übersieht, demotivierend und fördert eine Übersättigung des Arbeitsmarktes mit ausgebildeten Friseusinnen, die
später wiederum arbeitslos werden. Zu überprüfen wäre die Praxis bezüglich der Beratung und Zuweisung von
Ausbildungsstellen bei jungen Frauen, deutscher und nicht-deutscher Herkunft.
Im zweiten und dritten Fall sollten Kriterien von besserer (Fall2) oder gleicher Qualifizierung aller Kandidaten
gelten. Hier sind also Indizien für eine unmittelbare Diskriminierung gegeben, wo die Betroffenen durch die
Umsetzung der EU Richtlinien u.U. Chancen bekommen, sich vor Diskriminierung bei der Arbeitssuche zu
schützen.
Sind die obigen Beispiele auch als Fälle von institutioneller Diskriminierung zu betrachten? In welchen
institutionellen Kontext sind die Beispiele einzuordnen? Zuerst ein Überblick über einige Trends bezüglich der
Ausbildungs- und Arbeitsmarktsituation junger Migrantinnen und Migranten.
Wie sieht der Situation für junge Menschen ausländischer Herkunft in der beruflichen Bildung und innerhalb des
Ausbildungssystems aus? Zwischen dem Status junger Menschen ausländischer Herkunft – vor allem türkischer
– und junger Deutscher auf dem Ausbildungsmarkt existiert ein erheblicher Unterschied.
•
Die Ausbildungssituation für Jugendliche ausländischer Herkunft verschlechtert sich zunehmend. Die
Arbeitslosigkeit steigt und die Anzahl von Ausbildungsplätzen für diese Jugendlichen nimmt ab.
Seit Ende der 80er Jahre haben mehrere Veränderungen des gesellschaftlichen Kontextes
(Arbeitsmarktentwicklungen,
ökonomische
Umstrukturierung,
schulische
Voraussetzungen
und
Ausbildungsplatzstrukturen) die Konkurrenzfähigkeit des Nachwuchses der Arbeitsmigranten in Bezug auf
höhere Schulbildung und zukunftsträchtige Berufe erheblich vermindert. Die Entwicklung von Ausbildungsplätzen
zwischen Mitte der 80er Jahre und 2003 ist rückläufig. Die quantitative Entwicklung von Ausbildungsplätzen
hinkt den tatsächlichen Zahlen von SchulabgängerInnen / Bewerbermeldungen (+ 13.000) hinterher. Es gab
2003 einen Verlust von 23.4000 Ausbildungsplätzen gegenüber dem Vorjahr, und 45% weniger
Ausbildungsplätze im Jahr 2003 (409.6000) als 1984 (705.652). (Fakten und Zahlen, 2004). Seit Mitte der 90er
Jahre geht die Ausbildungsbeteiligung von Jugendlichen ausländischer Herkunft stetig zurück. (Im Jahr 2000
hatten 7,1 % der ausländischen Jugendlichen Ausbildungsverhältnisse inne, obwohl ihr Anteil an der
gleichaltrigen Wohnbevölkerung 12 % betrug (Integrationsbericht, 2003). Hinzu kommt die zunehmende
„Altnachfrage“ nach Ausbildungsplätzen von den aus den Vorjahren Übriggebliebenen (ca.42% der Bewerber
sind Altnachfrager) (Wilpert, 1997).
Vom Strukturwandel zur strukturellen Diskriminierung?
„.. die Qualifikationsanforderungen in wichtigen Segmenten einer zukunftsfähigen Ökonomie haben sich
verschoben: Von Qualifikationen, die vor allem während des praktischen Arbeitens erworben werden, zu
Wissens- und Analysefunktionen. Zugleich verschwinden im Zuge neuer Arbeitsorganisationen und –formen
zahlreiche Arbeitsplätze, die bislang mit dem Qualifikationsniveau des Facharbeiters besetzt wurden.....Nicht von
ungefähr bevorzugen die Unternehmen deshalb insbesondere für die neuen anspruchsvollen Berufe im „dualen
System“ (IT und Medienberufe, aber auch im Dienstleistungsbereich) Abiturienten oder Jugendliche mit mittleren
Schulabschlüssen und guten Zeugnissen. Die übrigen Jugendlichen müssen weitgehend in sog.
Berufsvorbereitenden Maßnahmen und sonstigen Ausweichangeboten aufgefangen werden.“ (Schur, et al.,
2003).
Der wirtschaftliche Strukturwandel, gekennzeichnet durch den massenweise Verlust von Arbeitsplätzen in der
Industrie, das Verschwinden von niedrig qualifizierten Tätigkeiten in Industrie, Tertiarisierung der Produktion,
Dualität der Qualifikationsstruktur, steigenden Bedarf an höher qualifizierten Tätigkeiten sowie die niedrigen
Qualifikationen und niedrige Bezahlung von anderen Dienstleistungen bedeutet insgesamt eine Polarisierung der
Beschäftigungsverhältnisse und der Zunahme der Arbeitslosigkeit. Vorauszusehen ist, dass Heute wie Morgen
das Segment der niedrig bezahlten Un- und Unterbeschäftigten aus der Nachwuchs der Arbeitsmigranten
rekrutiert wird (Häußermann, 1998).
43
Die verschlechterte Situation auf dem Ausbildungsstellenmarkt schlägt sich bei den ausländischen Jugendlichen
stärker nieder als bei den Deutschen. Sie führt zu einer steigenden Zahl von Schülern ausländischer Herkunft in
vollzeitschulischen Bildungsgängen als „Ausweichmöglichkeit“. „Dabei sind ausländische Schüler in den
Bildungsgängen überproportional vertreten, die nicht zu einem Abschluss in einem anerkannten
Ausbildungsberuf führen und auch nicht zu den weiterführenden Bildungsgängen des beruflichen Schulwesens
gehören“ (Integrationsbericht, 2003). In diesem Integrationsbericht wird weiterhin berichtet, „dass 40% aller
Jugendlichen mit ausländischem Pass dieser Altersgruppe (14 bis 18) ohne jede Ausbildung im Anschluss an die
Schulpflichtzeit bleibt.“ (Op Cit..2003: 215)
•
Hohe Arbeitslosigkeit junger Menschen ausländische Herkunft. Unterdurchschnittliche Beteiligung an
höheren Bildungsabschlüssen, schlechter Zugang zu zukunftsträchtigen Ausbildungsplätzen bedeutet auch
eine höhere Arbeitslosenrate für junge Menschen ausländischer Herkunft als bei ihren deutschen
Altersgenossen. Zur Jugendarbeitslosigkeit haben wir keine genauen Zahlen. Es wird geschätzt, dass bis
zu 40% der ausländischen Jugendlichen zwischen 16 und 20 Jahre arbeitslos und ohne Ausbildungsplatz
sind.3 (Wilpert 1997).
•
Die ethnische Unterschichtung4 bzw. die „Ethnisierung“ der Hauptschule durch Schüler ausländischer
Herkunft ist soweit gegangen, dass manche Eltern von der Hauptschule als unserer „Türkischen Schule“
sprechen. 5
•
Die Abwertung des Hauptschulabschlusses und die wachsende Bedeutung des Abiturs für
zukunftsträchtige Ausbildungsplätze bedeutet auch, dass die Hauptschule ihre Funktion verloren
hat. Dies heißt nicht nur, dass ausländische Jugendliche schlechtere Chancen haben, in eine andere
Schulform zu gelangen, sondern auch, dass Hauptschüler – selbst wenn sie einen guten Abschluss
besitzen – Probleme haben, einen Zugang zu bestimmten Ausbildungsberufen zu bekommen, denn mit
einen Hauptschulabschluss allein ist es nun nicht mehr getan (Wilpert, 1997; Schur, et al., 2003).
Außerdem scheint die Hauptschule den Ausländern, besonders in Ballungsgebieten wie Berlin, vor allem
türkischen Schülern überlassen zu bleiben. Der Anteil der deutschen Schüler ist seit 1977 stetig gesunken.
Der Übergang zu höheren Schulformen wird auch durch die Wohnsituation behindert: Ausländer sind in
bestimmten Stadtteilen besonders dicht angesiedelt, was zu einem größeren Wettbewerb untereinander
um einen Zugang zu höheren Schultypen führt.
•
Geschlechtsspezifische Folgen: Zunehmender Schulerfolg bei jungen Frauen ausländischer
Herkunft schlägt sich nicht im Zugang zu zukunftsträchtigen Berufen nieder. Frauen ausländischer
Herkunft sind durchschnittlich erfolgreicher in der Schule als ihre männlichen Altersgenossen. Zu
beobachten ist ein Auseinanderklaffen von steigendem Schulerfolg (28% erreichen die mittlere Reife) auch bei jungen Frauen türkischer Herkunft – und den Chancen dieser jungen Frauen, einen Übergang in
zukunftsträchtige Berufe zu bekommen. Die wichtigsten Ausbildungsberufe für junge Frauen
nichtdeutscher Herkunft bleiben über die letzte Dekade hinaus vorwiegend Friseuse (21,5%) und
Arzthelferin (12,1%), sowie Zahnarzthelferin (8,8%); wobei der durchschnittliche Prozentsatz weiblicher
Auszubildenden je Beruf für Friseuse (6%), Arzthelferin (8%) und Zahnarzthelferin 6,6% betragen
(Berufsbildungsbericht 1996:58). Obwohl der Anteil ausländischer junger Frauen in der Berufsbildung fast
so hoch ist wie bei deutschen Frauen, wird aber im Integrationsbericht (2003) betont, „...(wählen) deutsche
junge Frauen auch häufig Berufe im schulischen Bereich (z.B. Gesundheitswesen)... Ausländische junge
Frauen sind dort nur zu einem Anteil von 6% vertreten.“ (S. 216). Es wird in den offiziellen Berichten der
Arbeitsagentur häufig von der „Berufswahl“ gesprochen. Tatsächlich bewerben sich die jungen Menschen
überall; in vielen Bereichen haben aber junge ausländische Frauen weniger Alternativen und werden
Um die mögliche Arbeitslosigkeit bzw. die Tätigkeiten der 16- bis 20jährigen deutschen und ausländischen junge Frauen zu vergleichen, habe ich 1991
eine Datenermittlung auf der Basis der Bevölkerungsstatistik, Auszubildender, der Schulstatistik und sozialversicherten Erwerbstätigen erstellt. Ein
Ergebnis daraus war, dass 50% der jungen AusländerInnen zwischen 16 und 20 Jahren in den Statistiken nicht wieder aufzufinden waren. Nicht einmal die
Hälfte dieser Frauen war damals in Institutionen wie weiterführenden Schulen, Ausbildung, oder sozialversicherter Arbeit präsent. Für die deutschen
Frauen der gleichen Altersgruppe ergab sich, dass nur 5% der weiblichen Bevölkerung dieser Altersgruppe nicht wieder aufzufinden sind (Wilpert 1997).
4 Unterschichtung bedeutet die Konstruktion einer „unteren Schicht“. Wir können nicht mehr von der Hauptschule als Schule der Arbeiterschicht sprechen.
Hauptschüler wird immer öfter eine Zukunft ohne Arbeit bzw. nur unregelmäßiger ungelernter Arbeit in flexiblen und prekären Arbeitsverhältnisse erwarten.
5 Dies basiert auf eigener Forschung Mitte der 80er Jahre in Berlin. Die „Ethnisierung“ der Hauptschule ist besonders ausgeprägt in Berlin, wo der Anteil
der Schulabgänger nichtdeutscher Herkunft besonders hoch ist (Wilpert 1997).
3
44
seltener „ausgewählt“ für die zukunftsträchtigen Berufe im schulischen Bereich (Wilpert 1997). Der
Integrationsbericht bestätigt auch das hohe Interesse junger Frauen ausländischer Herkunft an beruflicher
Qualifizierung... und fügt hinzu: “auch der Unterstützung der Eltern können sie sich überwiegend gewiss
sein.“ Weiterhin wird auch festgestellt: „Der geringe Anteil von Jugendlichen ausländischer Herkunft in
kaufmännischen und verwaltenden Berufen, im öffentlichen Dienst trifft insbesondere ausländische junge
Frauen (eher als junge Männer ausländische Herkunft), weil hier überproportional viele Frauen ausgebildet
werden.“ Der Integrationsbericht erklärt dies damit: „Sie konkurrieren somit ... mit jungen deutschen
Frauen, die qualitativ bessere Schulabschlüsse vorweisen können“.
Dementsprechend gehören ImmigrantInnen immer noch übermäßig häufig zu Berufskategorien mit den
härtesten manuellen Tätigkeiten: Montier- und Metallberufe, Elektromontierer und Reinigungsberufe.
Immigrantinnen sind am wenigsten vertreten in gehobenen Berufen wie Bankfachleute (1,9%), Bürofachkräfte
(2.8%), Sozial- und Erziehungsberufen (3,6%), Kindergärtnerinnen und -pflegerinnen (2.4%).
(Berufsbildungsbericht).
Die Auszubildenden mit ausländischem Pass sind auf wenige Berufe konzentriert; Berufe, die Auszubildende
über ihren Bedarf hinaus ausbilden. Sie haben am ehesten in solchen Berufen eine Ausbildungschance, die für
Deutsche weniger attraktiv sind, d.h. Berufe mit
•
•
•
•
ungünstigen Arbeitszeiten und Arbeitsbedingungen
geringeren Verdienstmöglichkeiten,
geringeren Aufstiegs- bzw. Übernahmechancen
höherem Arbeitsplatzrisiko.
Was bedeutet diese Bestandsaufnahme für eine Analyse der institutionellen und strukturellen Diskriminierungen
junger Menschen ausländische Herkunft im Bildungs- und Ausbildungssystem? Zuerst einige wesentliche
Definitionen von Diskriminierung aus den EU Richtlinien.
Die EU Richtlinie 2000/43 von 29.06.006 Die Umsetzung der EU-Richtlinie 2000/ 43 von 29.06.00 bietet die
Rahmenbedingungen für den Schutz junger ImmigrantInnen – Frauen und Männer nicht-deutscher Herkunft –
vor Diskriminierung in der Arbeitswelt, im Ausbildungssystem und in der beruflichen Bildung. Vorgesehen ist die
Möglichkeit, sich vor unmittelbarer sowie mittelbarer Diskriminierung schützen zu können. Zum ersten Mal wird
der Zugang zu Arbeits- und Ausbildungsplätzen als ein Bereich definiert, in dem ein Arbeits- oder
Ausbildungsplatzsuchender ein Recht darauf hat, sich vor ethnischen oder „rassischen“ Diskriminierungen zu
schützen.
Die Anti-Rassismus-Richtlinie betrifft die Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes für alle Personen in
öffentlichen und privaten Bereichen u.a. in Bezug auf den Schutz in den Bereichen Arbeit und Beruf:
•
•
•
•
•
„Die Bedingungen – einschließlich Auswahlkriterien und Einstellungsbedingungen – für den Zugang zu
unselbständiger und selbständiger Erwerbsarbeit, unabhängig von Tätigkeitsfeld und beruflicher
Position, sowie für beruflichen Aufstieg...“
den Zugang zu allen Formen und allen Ebenen der Berufsberatung, der Berufsausbildung, der
beruflichen Weiterbildung und der Umschulung einschließlich der praktischen Berufserfahrung
die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, einschließlich Entlassungsbedingungen und
Arbeitsentgelt
Die Mitgliedschaft und Mitwirkung in einer Arbeitnehmer- und Arbeitgeberorganisation....
Die Bildung....
In allen oben genannten Bereichen kann untersucht werden, ob hier aufgrund einer ethnischen oder „rassischen“
Zuschreibung oder Zugehörigkeit eine „weniger günstige Behandlung als eine andere Person“ geschehen ist
(unmittelbare / direkte Diskriminierung). Es ist gerade diese Logik der ethnischen / nationalen
Gruppenzugehörigkeit sowie die dementsprechenden Verhaltenszuschreibungen, (z.B. „nicht integrationsfähig“
Diese Richtlinie ist sehr umfassend und betrifft die genannten Bereiche sowohl als auch Sozialschutz, Gesundheitsdienste, Soziale Vergünstigungen,
Bildung und der Zugang zu Waren und Dienstleistung.
6
45
wegen Kultur, Religion, ländlicher Herkunft), die zu einer unmittelbaren Diskriminierung führt. Weiter unten soll
untersucht werden ob diese Definition auch eine Grundlage gibt, um gegen unmittelbare institutionelle
Diskriminierung vor zu gehen.
„Mittelbare (indirekt) Diskriminierung liegt...vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder
Verfahren Personen, die (als Angehörige) einer „Rasse“ oder ethnischen Gruppe..., in besonderer Weise
benachteiligen können“.
Was kann die Umsetzung der EU-Richtlinie 2000/43 für den Schutz von jungen Menschen ausländischer
Herkunft vor Diskriminierung im Ausbildungssystem und in der beruflichen Bildung bedeuten?
Die obigen Aufzeichnungen von Trends im Zugang zu Ausbildungsplätzen und beruflicher Bildung zeigt einige
Anhaltspunkte der Ungleichbehandlung junger Menschen ausländischer Herkunft bzw. Nationalität auf7. Am
eindeutigsten und weiterhin zu untersuchen, ist die Situation junger Frauen ausländischer Herkunft mit einem
Realschulabschluss. Hierzu sind Studien notwendig, um zu untersuchen, wie der Prozess des Übergangs von
der Schule in die Ausbildung verläuft, über ihre Chancen, zukunftsträchtige Ausbildungsplätze zu bekommen im
Vergleich zu ihren deutschen Altersgenossinnen mit den gleichen schulischen Abschlüssen.
Weiterhin ist auch die Frage zu stellen, ob nicht auch die konsequente Vermittlung von Jugendlichen
ausländischer Herkunft an die Hauptschule nicht eine mittelbare Diskriminierung bedeutet; denn:
„Mittelbare Diskriminierung liegt...vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren
Personen, die (als Angehörige) einer „Rasse“ oder ethnischen Gruppe..., in besonderer Weise benachteiligen
können“.
Darüber hinaus hat die Hauptschule ihre Funktion für die Zuweisung von Ausbildungsplätzen in Industrie- und
Gewerbeberufen verloren. Ist nicht die Zuweisung auf eine Hauptschule schon eine Drohung oder Bestätigung
der Zukunftslosigkeit? Können wir die Bedeutungslosigkeit des Hauptschulabschlusses für den großen Anteil
ausländischer Schüler, die die Schule ohne Abschluss verlassen, verantwortlich machen?
Im Folgenden werden einige Thesen formuliert, die auch die obigen Beispiele in Zusammenhang mit einer
institutionellen oder strukturellen Diskriminierung bringen.
Was ist institutionelle und strukturelle Diskriminierung?
Sozialwissenschaftler sind schnell dabei zu versichern, dass rein statistische Tendenzen in der Verteilung bzw.
in der ethnischen Schichtung der Bildungshierarchie, des Berufsstatus und der Einkommensverteilung kein
Beweis für ethnische/nationale Diskriminierung seien. Nun, die Trends lassen die Beobachtung zu, dass hier
„dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen … (als Angehörige)
einer...ethnischen Gruppe... in besonderer Weise benachteiligend“ wirken.
Die Mehrheit der wissenschaftlichen Untersuchungen über die Ausbildungs- und Berufssituation von
Jugendlichen ausländischer Herkunft im hiesigen Arbeitsmarkt argumentiert gegen Beweise für die
Diskriminierung von Ausländer bzw. Jugendlichen ausländischer Herkunft. Die Arbeitsmarktsituation der zweiten
Generation ist vorwiegend interpretiert als ein Ergebnis mangelnden Schulerfolgs aufgrund der sozialen Schicht
und der ländlichen Herkunft der Elterngeneration. Die neuesten Analysen über ethnische Ungleichheit auf dem
deutschen Arbeitsmarkt finden keinen Grund für einen Beweis der Arbeitsmarktdiskrimirierung. So stellt Granato
(2003) die Frage, warum Migranten der zweiten Generation keine Investitionen in Bildungskapital machen.
Dieser Betrachtungsweise zufolge ist es nicht institutionelle oder strukturelle Diskriminierung, sondern soziale
Schicht, Bildungsunfähigkeit oder Desinteresse an der Investition in die eigene Bildung, die die ethnische
Ungleichheit auf dem deutschen Arbeitsmarkt verursachen.
Nur Hönekopp (2003) argumentiert etwas anders, nämlich dass „die hohe Konzentration in städtischen
Wohngebieten und die dort oft hohen Klassenanteile von Ausländern bewirkt, dass ausländische Kinder und
Jugendliche bildungsmäßig benachteiligt sind“. Die Formulierung ‚bildungsmäßiger Benachteiligung’ läßt die
Frage nach der Verantwortung und dem Prozess dieser Benachteiligung offen.
Obwohl wir hier nur nach Menschen mit deutscher Nationalität gegenüber solchen mit ausländischer oder türkischer Nationalität differenzieren können,
bleibt die Richtung der Tendenzen aussagekräftig. Der Anteil der Einbürgerung der entsprechende Altersgruppen 14-18jähriger, d.h. Deutschen mit
ausländischer Herkunft, bleibt relativ gering. Die Wirkung des neuen Einbürgerungsgesetzes von 2001 wird erst in der nächsten Dekade für diese
Altersgruppe von statistischer Bedeutung.
7
46
Erst in der letzten Zeit haben Sozialwissenschaftler in Deutschland (Gomulla und Radtke 2002) überhaupt den
Begriff institutioneller Diskriminierung verwendet. Die Autoren haben in eine detaillierte Untersuchung der
schulischen Situation und der Übergangsregeln bei verschiedenen Schultypen von Kindern ausländischer
Herkunft, hauptsächlich türkische SchülerInnen, in der Stadt Bielefeld durchgeführt. Danach wird „direkte
institutionalisierte Diskriminierung bezogen auf „Handlungen, die im organisatorischen oder lokalen
Handlungskontext möglich oder vorgeschrieben sind und negative Wirkung für Mitglieder bestimmter Gruppen
haben sollen“ (Gomolla & Radtke 2002:44). Weiterhin wurden diese Handlungen erfolgen regelmäßig, „...durch
entweder hochformalisierte gesetzlich-administrative Regelungen oder durch informelle organisatorische
Praktiken (‚ungeschriebene Gesetze’), die in der Organisationskultur als Routinen abgesichert sind.“ Weiterhin
findet dieser Ansatz, dass von „Mechanismen der institutionellen Diskriminierung von Migrantenkindern in der
Schule gesprochen werden soll,
•
•
•
wenn regelmäßig von der Organisation Schule vorgenommene (Selektions-) Entscheidungen, die in
ihrer eigenen Logik und Pragmatik getroffen werden, ungleiche Wirkungen auf die Schüler haben, und
wenn diese in der Organisation selbst hergestellten Unterschiede durch Merkmale / Eigenschaften, die
der benachteiligten Gruppe zugeschrieben werden, mit Sinn ausgestattet werden, und
wenn es sich dabei um das Kolletivmerkmal der ‚nationalen Herkunft’ /’Kultur’ handelt.
Es gibt sicher gute Argumente dafür, dass der Analyse der Praxis bei Schulzuweisung und bei Übergängen in
der Stadt Bielefeld und Berlin vergleichbar sind. Das aufzuzeigen ist aber nicht meine Aufgabe. Ich möchte hier
nur einige zusätzliche Thesen zur institutionellen Diskriminierung formulieren, die meiner Meinung nach auf die
Entstehung von dicht besiedelten Wohngebieten, die Entwicklung der schulischen Praxis und als Folge davon für
die Ausbildungs- und Arbeitsmarktschancen des Nachwuchses der Arbeitsmigranten türkischer Herkunft8 gehabt
haben. Hier unterscheide ich zwischen institutioneller Diskriminierung, die sich auf ideologischen Begründungen
(Miles 1991, Wilpert 2003) stützt und struktureller Diskriminierung, die sich aus einem Wandel der sozioökonomischen Strukturen ergibt. Wie unten zu sehen sein wird, interagieren institutionelle Diskriminierung, die
auf Ideologien basiert, mit strukturellen Diskriminierungen.
Die institutionelle Diskriminierung der ArbeitsmigrantInnen basiert auf der Ideologie der
Gastarbeiterpolitik, die zeitlich befristet sein sollte und die Rückkehr der Migranten als Ziel setzte.
Institutionelle Diskriminierung ist auch eine Folge der jahrzehntelang herrschenden Ideologie
„Deutschland ist kein Einwanderungsland“. Diese Debatte dominierte die politischen Auseinandersetzungen
bis in die 90er Jahren hinein. Die Debatte, die auch von den „Integrationsfähigkeiten“ und allgemein von „den
Türken“ sprach, hatte auch eine Wirkung auf die Rückkehrorientierung von viele Familien aus die Türkei, mit der
Ausnahme von den Minderheiten (Abschlußbericht, 1990, Wilpert 1991). Hier fanden wir bis Ende der 80er Jahre
eine starke Rückkehrorientierung, gekoppelt mit der Schwierigkeit, ein Integrationsangebot wahrzunehmen
(Abschlußbericht 1990, Wilpert 1993).
Diese dominanten Ideologien wurden verstärkt durch eine fehlende städtische Wohnungspolitik und durch
strukturelle Prozesse auf dem Wohnungsmarkt mit darauf folgender Wirkung für Segregationprozesse
(Freiburghaus, 1974; Dirickx und Kudat, 1975; Häusermann und Kapphan, 2000; Kapphan, 2001).9 „Die
Auswirkungen der Diskriminierungen von ‚Gastarbeitern’ hat Ipsen (1981) in Mannheim analysiert ... [und
festgestellt]; dass die am wenigsten attraktiven Wohnungen keineswegs die mietpreisgünstigsten sind,...[Als
Ergebnis:] .... erhebliche Segregation im Wohnungsmarkt...und Nicht-Deutsche erhielten...keine Vorteile aus der
Wohnraumförderung." (Djangschat, 1998:75)
Ethnische Segregation und Segmentierung von Schul- und Berufsbildungssystem: die Interaktion des
Sozio-Ökonomischen Strukturwandels mit der Wohnungsmarktwirtschaft
Einerseits ist Segregation und soziale Distanz zwischen Migranten und der Mehrheitsbevölkerung eine
Auswirkung des bisherigen Mangels an Anerkennung der Bundesrepublik als Einwanderungsland und der
Ich beziehe micht hauptsächliche auf der Nachwuchs der Arbeitsmigranten aus der Türkei wegen die Gruppengröße , die algemeine Fokus auf dieser
Gruppe als problelmatisch und dadurch existiert auch eine bessere Datenbasis als für andere Zuwanderungsgruppen.
9 Wie schon dokumentiert bei Dirickx und Kudat ( 1975) und Kudat & Stevens (1974) ist auch Kapphan (2001) der Meinung das die Konzentration von
Ausländern in einige Gebieten ist nicht freiwillig entstanden.
8
47
Wahrnehmung der „Einwanderer“ über ihre Zukunft in Deutschland zu sehen. (Hoffmann, 1996; Wilpert, 1983;
Wilpert und Gitmez, 1993; Bade, 1993: 143). Andererseits, ist dieser Prozess im Zusammenhang mit dem
Strukturwandel und den gesamtgesellschaftlichen Veränderungen zu sehen (Djangschat, 1998; Häußermann,
1997, 1999).
Hier können wir eindeutig von institutioneller und struktureller Diskriminierung sprechen, mit einer direkten und
unmittelbaren Auswirkung auf die ad-hoc Schulpolitik, die die Kinder der Arbeitsmigranten betrifft. Schulpolitik
wurde nicht im Hinblick auf die Integration von Kindern ausländischer Herkunft entworfen, sondern ist eine
direkte Folge der beschriebenen herrschenden Ideologie der zeitbegrenzten Zuwanderung. Es fehlte am
politischen Willen, ein Integrationsangebot zu machen und z.B. Intensiv-Deutschunterricht für nicht-deutsche
Schulkinder anzubieten (ganz zu schweigen davon, dieses Angebot auch der Elterngeneration zu machen).
Stattdessen wurden Schulen für Ausländer geschaffen und ‚Orientierungs’- und ‚Ausländerklassen’ über lange
Zeit institutionalisiert.10.
Der Strukturwandel ist vielschichtig. Häußermann (1999:33) sieht starke Tendenzen „zu einer neuen
sozialräumlichen Fragmentierung der Städte … und … die sozialräumliche Struktur der Städte könnte selbst zu
einer Ursache für soziale Ausgrenzung werden“. Die Begründung dafür findet Häußermann vorwiegend im
gesamtgesellschaftlichen und ökonomischen Strukturwandel, der die Rahmenbedingungen der Stadtentwicklung
verändert. „Die sozialräumliche Struktur der Stadt, insbesondere das System der Wohnungsversorgung
produziert selbst soziale Strukturen.... Die Stadtstruktur spiegelt soziale Strukturen nicht nur wider, sie produziert
auch soziale Strukturen (199:34).“ .
In allen oben genannten Bereichen haben wir Indizien, dass aufgrund einer ethnischen Zuschreibung oder
Zugehörigkeit eine „weniger günstige Behandlung als eine andere Person“ geschehen ist (unmittelbare / direkte
Diskriminierung). Es ist gerade diese Logik der ethnischen / nationalen Gruppenzugehörigkeit, untermauert
durch die Ideologie der „nicht-Zugehörigkeit“ und der lange anhaltenden Ablehnung eines Rechtes auf
Staatsbürgerschaft sowie den dementsprechenden Verhaltenszuschreibungen, (z.B. „nicht integrationsfähig“
wegen Kultur, Religion, ländlicher Herkunft), die zu einer unmittelbaren Diskriminierung führt. In
Zusammenwirkung mit dem Strukturwandel folgt daraus eine mittelbare Strukturelle Diskriminierung im
Ausbildungssystem und beim Zugang zur Arbeit.
Diese Analyse zeigt einige Anhaltspunkte für unmittelbare institutionelle Diskriminierung eines Kollektivs
(zahlenmäßig der Nachwuchs der Arbeitsmigranten aus der Türkei11) aufgrund einer Ideologie des „nichtdazugehörig-seins“. Diese betrifft sowohl die ersten einleitenden Beispiele am Anfang als auch zwei Fälle von
individueller Diskriminierung. Darüber hinaus werden junge Menschen ausländischer Herkunft zunehmend
mehrfach diskriminiert. Dieses Beispiel ist am eindeutigsten bei den jungen Frauen ausländischer Herkunft, die
zwar einen Realschulabschluss erreichen aber immer schwieriger einen dementsprechend zukunftsträchtigen
Ausbildungsplatz finden. Diese jungen Frauen sind doppelt und dreifach diskriminiert: Als Frau aufgrund der
geschlechtsspezifischen Struktur des deutschen Ausbildungsmarktes, aber auch durch strukturelle
Diskriminierung aufgrund des Strukturwandels der Arbeits- und Ausbildungsmarktes und der Abwertung des
traditionellen Schulabschlusses zur Erlangung eines Ausbildungsplatzes. Darüber hinaus ist die Frage zu
stellen, ob die entsprechende Begründung des Integrationsberichtes, dass diese Frauen wegen ihre schlechten
Schulnoten weniger Chancen hätten, nicht bloß ein Vorurteil wiedergibt. An dieser Stelle haben wir leider bisher
keine triftigen Daten, ob wirklich immer jedes Mal auch bessere Noten vorhanden sind. Mehrfach diskriminiert
sind in diesem Zusammenhang junge Frauen und Männer, nicht nur wegen der geschlechtsspezifischen Struktur
des Arbeitsmarktes sondern auch wegen des Strukturwandels bei der Bedeutung von Schulabschlüssen
(Realschule für Frauen, Hauptschule für junge Männer und Frauen), die nur noch mangelnde Chancen bei
einem Übergang in die Berufsausbildung verschaffen.
10 Gomolla und Radtke analysieren sowohl die systematischen Handlungen an wichtigen Entscheidungsstellen als auch die Logik und Sinngebung. „Die
entscheidende Ursache der Diskriminierung liegt in der Institutionalisierung der Mitgliedschaftsrolle selbst und ihre Spezifikation“ (Gomolla & Radtke:263).
Die Ergebnisse dieser Untersuchung, „...zeigen aber, wie die Organisation Schule institutionelle Erwartungen/Ordnungen aus der Umwelt zum Thema
Migration für ihre Ziele in Anspruch nehmen kann“. (Op cit: 257)
11 Diese Annahme der mangelnde Recht auf Zugehörigkeit trifft genauso schwarze Menschen afrikanischen Herkunft und andere diskriminierten Gruppen
die hier nur Beispielhaft herangezogen werden kann.
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Um der jahrzehntelangen Praxis der institutionellen und zunehmend auch strukturellen Diskriminierung der
Gruppe des Nachwuchses der Arbeitsmigranten entgegenzuwirken, ist eine neue Politik der Teilhabe an den
gesellschaftlichen Gütern, die durch die Schule und das Ausbildungssystem verteilt werden, notwendig. Das
bedeutet eine Gleichstellungspolitik für diese Zielgruppe; eine tiefgreifende neue Schul- und Bildungspolitik für
die zweite und dritte Generation in den ethnisch „segregierten“ Wohngebieten: Kleinere Schulklassen, eine
bessere Allgemeinbildung und die Teilhabe an zukunftsträchtigen Ausbildungsplätzen. Förderpläne sind
notwendig um junge Frauen mit gleichen Schulabschlüssen wie Deutsche eine Chance zu geben. Auch der
städtische Verwaltungsapparat benötigt Maßnahmen zur Gleichstellung, bei der Einstellung wie auch in die
Frauenförderpolitik. Junge Menschen ausländische Herkunft sollten bei der Vergabe von Ausbildungsplätzen in
der Verwaltung ihren Anteil in der entsprechenden Bevölkerungsgruppe widerspiegeln. Nach 30 Jahren des
Lebens in Deutschland und 30 Jahren ungleicher Behandlung sind Förderpläne notwendig um sicher zu gehen,
dass in allen Institutionen die verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen vertreten sind. Nur durch eine echte
Gleichstellungspolitik12 wird dies ermöglicht. Hierzu ist auch weitere Forschung zur Entwicklung innerstädtischer
Strukturen notwendig, die die historische Entwicklung der Institution Schule und die Bildungspolitik in einen
Kontext des Wandels von Arbeitsmarkt und Qualifikationsstrukturen stellt.
Die mangelnde Anerkennung eines Rechts auf Zugehörigkeit als Grund für Ablehnung und Ausgrenzung trifft im
übrigen genauso schwarze Menschen afrikanischen Herkunft und weitere als „andersartig“ angesehene Gruppen
in Deutschland, nur fehlt hier weitgehend die entsprechende Statistik bzw. auch systematische Untersuchungen,
die herangezogen werden könnten. Hier muss mehr systematische Forschung gemacht werden.
Literatur:
Abschlussbericht, 1990. Probleme der Integration und Reintegration der Kinder ethnischer Minderheiten in der
Bundesrepublik Deutschland, Technische Universität Berlin.
Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft, Richtlinie 200/43/EG des Rates vom 29.06.2000 zur Anwendung des
Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder ethnischen Herkunft.
Bade, Klaus J. (Hg.)(1992): Deutsche im Ausland, Fremde in Deutschland. Migration in Geschichte und
Gegenwart. Verlag C.H. Beck, München.
Dangschat, Jens S. (1997): Sag‘ mir wo Du wohnst, und ich sag‘ Dir, wer Du bist! Zum aktuellen Stand der
deutschen Segregationsforschung. In: PROKLA – Zeitschrift für kritische Sozialwissenschaft, 27. Jahrgang, Nr.
4, Verlag Westfälisches Dampfboot, Münster.
Freiburghaus, Dieter
1974. Die Bedeutung der rechtlichen Struktur des Wohnnungsmarkts für die
Wohnungsversorgung der ausländischen Arbeitskräfte, P/74, Arbeitsgruppe Internationales Institut für
vergleichende Gesellschaftsforschung, Wissenschaftszentrum Berlin.
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49
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1988
50
Ergebnisse der Arbeitsgruppe „Arbeit und Beruf“
A. Problemanalyse und Bestandsaufnahme
Arbeitsmarkt
Schwierigkeit der Feststellung von Diskriminierung
• Stigmatisierung bestimmter Gruppen („die taugen nicht“)
• heimatliche Qualifikationen werden nicht anerkannt
• Bewerbungsverfahren: zum einen Problem der Beweislast bei Nichteinstellung, zum anderen
ausgerichtet an den Kompetenzen der Mehrheitsgesellschaft
Fazit: Offene Diskriminierung ist eher selten zu beobachten und eher versteckt und dann auch schwierig zu
beweisen: Man muss deshalb nach Strukturen fragen, die im Ergebnis diskriminierend sind.
Rechtsnormen, die in ihren Auswirkungen diskriminierend sind?
• Ausländergesetz: nicht alle bekommen eine Arbeitsgenehmigung
• Fehlen von Rechtsmitteln gegen Diskriminierung (z.B. u.a. Antidiskriminierungsgesetz)
• Ausbeutung von Menschen ohne Papiere
Hartz – Reformen
• sind punktuell in ihren Auswirkungen diskriminierend (z.B. Vermittlungsquote!)
• Menschen nichtdeutscher Herkunft werden zunehmend als nicht vermittelbar angesehen (z.B.
Sprachkompetenz); Sprachkompetenz wird nicht von den Arbeitsämtern gefördert!
• ungenügende Förder- und Einstiegsmöglichkeiten für Neuzuwanderer/innen
• zu wenig Förderung von MigrantInnen
Berufsausbildung
Strukturelle Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt
• rückläufiges Angebot von Ausbildungsplätzen Konkurrenz
• Schulabschlüsse werden zunehmend geringer bewertet, z.B. Hauptschulabschluss
• Diskriminierung im Bereich Berufsberatung
• kulturspezifische Bedingtheit von Tests
• steigende (Jugend-) Arbeitslosigkeit
• Auszubildende nichtdeutscher Herkunft werden in wenige „nicht so attraktive“ Berufe gelenkt
(wenig Übernahmechancen)
• informell verlangte Zusatzausbildungen
• verlängerte Ausbildungszeiten
Fazit: ethnisierte Segmentierung in den Hauptschulen, Berufszweigen und Abgänger ohne Abschluss –
Übergang Schule/Beruf wird nicht geschafft; Veränderung der Ausbildungsplatzstruktur; Überschuss bei
bestimmten Ausbildungszweigen (Friseure, Automechaniker)
Verfehlte/Mangelnde Bildungspolitik – Integrationspolitik
• Fehlende Voraussetzungen
Agentur für Arbeit
• Nichtanerkennung heimatlicher Schulabschlüsse
• Fehlen interkultureller Kompetenz
• Fehlen sozialer Kompetenz
Stigmatisierung als „Kinder der sog. Gastarbeiter“
51
B. Handlungsvorschläge
Bewusstsein für Diskriminierung & Positive Wahrnehmung von Einwanderung
• Sensibilisierung zum Beispiel über Kampagnen
• Kommunikation von Diskriminierung
• umfassende Dokumentation von Diskriminierung
• politische Mobilisierung
Empowerment
• Zielgruppe: mobilisieren, stärken, aufklären über Rechte
• Vernetzung: Zielgruppe + Partner und Betroffene untereinander (ethnisch übergreifend)
• Partizipation an politischen Entscheidungsprozessen, evtl. Quoten auf den Listen der Parteien
Interkulturelle Kompetenz als Querschnittsaufgabe
• Qualifizierung von Schlüsselpersonen: Juristen, Verwaltung, Polizei, Argentur für Arbeit,
Pädagogisches Personal, Unternehmensleitung
• interkulturelle Kompetenz muss inhaltlich einfließen in alle Rahmenpläne: Schule, Uni,
Berufsausbildung, Kita
„Diversity“ Kultur in Organisation
• interkulturelle Öffnung (evtl. Quoten?!)
• die Ausbildungsplätze in der Berliner Verwaltung (aktuell ausgeschrieben) müssen quotiert werden
• Förderpläne im öffentlichen Dienst
Integration in den Arbeitsmarkt
• mehr berufsbezogene Deutschkurse
• einheitliche Regelungen für Bewerbung zum Beispiel Lebenslauf nach englischem Vorbild?:
standardisierte Lebensläufe sind gut, um diskriminierende Momente aufzuheben.
• Deutschkursoffensive für alle, auch die, die die Angebote sonst nicht erreicht (z.B. ältere
Menschen, Frauen)
• Schlüsselkompetenzen wahrnehmen und fördern: Mehrsprachigkeit, Zugang zur Zielgruppe,
Sozikulturelles Hintergrundwissen, (Trainings) Information über Umgang mit unzulässigen Fragen
(Verhalten), im Bewerbungsverfahren, im Ausbildungsprozess, im Arbeitsprozess
Chancengleichheit im Bildungssystem
• Abschaffung des dreigliedrigen Schulsystems
• Einführung von Profilschulen
Schutz der Betroffenen vor Diskriminierung in der Arbeitswelt
• Umsetzung der AD-Richtlinien
52
Ungleichbehandlung und Diskriminierung im deutschen Ausländergesetz
- Jutta Hermanns (Rechtsanwältin in Berlin)
Ungleichbehandlung und Diskriminierung, welche schon in Gesetzen angelegt sind, können und müssen unter
verschiedenen Blickwinkeln betrachtet werden.
1.
Zunächst ist das Stufenverhältnis der in Frage stehenden Gesetze selber zu beachten. Hier ist folgendes grobes
Modell hilfreich:
A. Internationale Abkommen
B. Abkommen auf europäischer Ebene
C. Auf nationaler Ebene:
a. Die Verfassung
b. Einfache Gesetze/ Verordnungen
Die jeweils höhere Stufe bindet, soweit die jeweiligen Abkommen ratifiziert wurden, was bezüglich aller
relevanten Abkommen für die Bundesrepublik Deutschland der Fall ist, die jeweils darunter stehenden
Rechtsvorschriften sowie deren Auslegung.
Zu A.: Internationale Abkommen
Hier ist insbesondere das Internationale Abkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung vom 7.
März 1966 zu nennen. Die Bundesrepublik ist verpflichtet, in regelmäßigen Abständen gegenüber den Vereinten
Nationen Bericht zu erstatten, welche Schritte sie zum Abbau von Diskriminierung unternommen hat.
Schwerpunkt sowohl der Berichterstattung als auch der Empfehlungen des UN-Ausschusses zur Beseitigung der
Rassendiskriminierung (CERD) liegt auf Vorkommen und Ereignissen in der Praxis:
Für den 2004 zu erstattenden Staatenbericht der Bundesrepublik Deutschland bat der Ausschuss Angaben zu
insbesondere folgenden Punkten:
•
•
•
Anzahl von Personen ausländischer Herkunft im Polizeidienst;
Neue Gesetzesvorhaben gegen Diskriminierung im Bereicht des Zivilrechts und des Arbeitsrechts;
Anzahl von Personen, die wegen rassistischer Vorkommnisse verurteilt wurden.
Im Hinblick auf die Umsetzung des Übereinkommens über die Rechte des Kindes vom 20.11.1089 wurde durch
den UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes (CRC) insbesondere bemängelt:
•
die mangelnde Berücksichtigung der besonderen Bedürfnisse von Kindern, die Asyl beanspruchen oder
als Flüchtlinge nach Deutschland kommen; ausdrücklich erwähnt wurden die Ausweisung in Drittstaaten
und das Flughafenverfahren.
Zu B.: Abkommen auf europäischer Ebene
Die Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI) vom 9.10.1993 hat in ihrem zweiten
Bericht zu Deutschland vom Dezember 2000 im Wesentlichen folgende Schwächen festgestellt:
• Es sei notwendig, neue Gesetze zur Bekämpfung von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus
und Intoleranz zu schaffen. Ein gutes Beispiel sei das neue Staatsbürgerschaftsrecht. Es fehle ein
spezifisches Antidiskriminierungsgesetz für die Schlüsselbereiche des öffentlichen Lebens wie
Wohnungsbau, Bildung, Gesundheit, Beschäftigung sowie Waren- Und Dienstleistungen.
• Es existierten Probleme bei der Ausstellung von Besuchsvisa.
• Die weiteren zahlreichen Kritiken beziehen sich auf die alltägliche Praxis sowie Diskriminierung im
Arbeits- und Sozialbereich, Abschiebung, Fehlverhalten von Polizei und Strafvollzugsbeamten.
53
Für die Bekämpfung von Rassismus und Diskriminierung sind folgende Beschlüsse entscheidend:
•
•
•
EU-Richtlinie 2000/43/EG vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne
Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft;
EU-Richtlinie 2000/78/EG vom 27. November 2000 zur Verwirklichung der Gleichbehandlung in
Beschäftigung und Beruf;
EU-Aktionsprogramm der Gemeinschaft zur Bekämpfung von Diskriminierung (2001 bis 2006)
Sowohl auf internationaler als auch auf europäischer Ebene: diverse Menschenrechtsstandards und –
abkommen.
Zu C.: Auf nationaler Ebene
a) Auf nationaler Verfassungsebene sind für unser Thema insbesondere folgende Feststellungen von Interesse:
• Als Grundrechte sind so genannte Menschenrechte und so genannte Deutschengrundrechte formuliert.
Beispielsweise sind die Würde des Menschen, die freie Entfaltung der Persönlichkeit, die Gleichheit vor
dem Gesetz, der Schutz von Ehe, Familie und nichtehelicher Kinder verfassungsrechtlich geschützte
Rechte aller Menschen, während die Grundrechte auf Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit,
Freizügigkeit oder Berufsfreiheit Deutschen vorbehaltene Grundrechte darstellen.
•
Artikel 3 Grundgesetz ( GG), welcher lautet: „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich“ ist nach
akzeptierter Interpretation dahingehend zu verstehen, dass „Gleiches gleich und Ungleiches ungleich“
zu behandeln sei. Das bedeutet, „vernünftige“ Unterscheidungskriterien lassen eine
„Andersbehandlung“ ohne Verletzung des Art. 3 GG zu. Hierzu gehört auch das Kriterium „Deutscher“
und „Ausländer“.
b) Im Bereich der einfachen Gesetze und Verordnungen existiert eine Vielzahl von aufeinander bezogenen und
ineinander greifenden Vorschriften, welche am Merkmal „Ausländer“ anknüpfen und die Grundlage für
Ungleichbehandlung im Verhältnis zu deutschen Staatsangehörigen darstellen.
Zugleich existieren innerhalb der Gruppe „Ausländer“ nochmals etliche Kriterien, die eine weitere Aufteilung in
„Ungleichbehandlung“ indizieren. Diese Kriterien sind z.B.:
•
•
•
Asylbewerber und Geduldete
verschiedene Kategorien von Aufenthaltsstatus, z.B. Bewilligung, befristete Erlaubnis, unbefristete
Erlaubnis, Berechtigung
Menschen mit oder ohne Nationalpass etc.
An diese nochmals unterteilten Kriterien sind wiederum etliche Ungleichheiten der zugestandenen Rechte
geknüpft. Diese lassen sich insbesondere in den Bereichen der Sicherheit des Aufenthaltsstatus, der
Niederlassungsfreiheit, der Arbeitserlaubnis und der sozialen Sicherung festmachen. Diese Themen werden in
einem weiteren Referat behandelt.
Hier soll insbesondere die Grundlage, das Ausländergesetz, untersucht werden.
Des Weiteren wird auf Gesetzes- und Verordnungsebene zwischen Anspruch und Ermessensentscheidung
unterschieden.
Da dies Thema sehr umfassend ist, wird es auf einige Beispiele beschränkt bleiben müssen
Zum Schluss werde ich noch auf einige Beispiele aus der so genannt gelungenen Reformierung des
Staatsangehörigkeitsgesetzes eingehen.
54
2.
Wenn wir uns dem Thema der schon im Gesetz angelegten Diskriminierung annähern, müssen folgende
Ausgangspunkte berücksichtigt und geklärt werden:
a) Es muss unterschieden werden zwischen Ungleichbehandlung und Diskriminierung, welche im Gesetz
selber aufzufinden ist sowie einer solchen in der praktischen Anwendung und Umsetzung der Gesetze und
Verordnungen durch die handelnden Behörden und die entscheidenden Gerichte: Hier ist insbesondere von
Bedeutung, dass es nur wenige eindeutig formulierte Rechtsansprüche gibt. Etliche „Rechtsgewährungen“ sind
in das Ermessen der Behörden bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen gestellt. Hier wäre eine eindeutigere
Formulierung von einklagbaren Ansprüchen ohne die Möglichkeit von Ermessensabwägungen wünschenswert.
Die Praxis hat gezeigt, dass die Vielzahl von Ermessensvorschriften zu einer sehr unterschiedlichen Auslegung
der/ des jeweils zuständigen Sachbearbeiterin/ Sachbearbeiters und selbst der Gerichte führt. Somit ist es
manchmal reine Glückssache, in welchem Bundesland sich die/ der Betroffene befindet oder welche/r
Bearbeiterin/ Bearbeiter zuständig ist.
b) Der Ausgangspunkt der Annäherung muss deutlich gemacht werden: Die unterschiedliche Gewährung von
Rechten oder Möglichkeiten knüpft, wie bereits dargestellt, an sehr weit ausdifferenzierte unterschiedliche
Merkmale an. Diese Anknüpfungsmerkmale sind auf europäischer Ebene akzeptiert. So wird davon
ausgegangen, dass das Diskriminierungsverbot insgesamt auch auf „Drittstaatsangehörige“ (d.h. aus nicht
europäischen Ländern) angewandt werden soll, aber: „Diese Richtlinie betrifft nicht unterschiedliche Behandlung
aus Gründen der Staatsangehörigkeit und berührt nicht die Vorschriften und Bedingungen für die Einreise von
Staatsangehörigen dritter Staaten oder staatenlosen Personen in das Hoheitsgebiet der Mitgliedsstaaten oder
deren Aufenthalt in diesem Hoheitsgebiet sowie eine Behandlung, die sich aus der Rechtsstellung von
Staatsangehörigen dritter Staaten oder staatenlosen Personen ergibt“ (Artikel 3 Abs. 2 der Eu-Richtlinie
2000/43/EG). Das heißt, die unterschiedliche Gewährung oder Vorenthaltung von Rechten aufgrund der
verschiedenen Staatsangehörigkeiten oder des unterschiedlichen Aufenthaltsstatuts sollen hier ausgenommen
sein.
Darüber hinaus ist von Bedeutung, ab wann eigentlich von Diskriminierung gesprochen wird. Dies ist je nach
Einstellung durchaus unterschiedlich: So geht der Gesetzgeber davon aus, dass die oben aufgezeigten,
unzähligen Merkmale für die Gewährung oder Nichtgewährung von Rechten und eine unterschiedliche
Behandlung nach dem Gesetz durchaus gerechtfertigt ist und keine Diskriminierung darstellt. Der Gegenpool
dieser Wertung wäre in der Ansicht zu finden, alle Menschen sind gleich und sind daher, sobald sie sich faktisch
im Geltungsbereich deutscher Gesetze befinden, gleich zu behandeln. Bei jeder Debatte über schon in
gesetzlichen Bestimmungen angelegte Diskriminierung muss somit zunächst der Standpunkt, von welchem
ausgegangen wird, klargestellt werden.
3. Beispiele
Ich möchte die Folgen an Beispielen deutlich machen:
a) Gem. Art. 6 GG, Art. 8 EMRK sind Ehe, Familie und die Rechte nichtehelicher Kinder zu schützen. ABER:
diese Schutz gilt für deutsche Staatsangehörige, nicht deutsche Staatsangehörige mit gefestigtem Aufenthalt
und nicht deutsche Staatsangehörige mit nicht gefestigtem Aufenthalt völlig unterschiedlich. Diese
Unterscheidung ist schon im Wortlaut des AuslG angelegt. So ist folgende Ausführung des VG Potsdam
einhellige Meinung:
„Vorliegendenfalls ist von einer rein ausländischen Familie auszugehen, bei der dem aufenthaltsrechtlichen
Schutz durch Art. 6 Abs. 1 GG im Rahmen ausländerrechtlicher Vorschriften ein geringeres Gewicht zukommt
als bei Ehen und Familien von deutschen Ehegatten und deutschen Kindern….“
Obwohl das Grundrecht aus Art. 6 GG nicht als „Deutschengrundrecht“ formuliert ist, ist eine Differenzierung
aufgrund ungleicher Merkmale nach heutigem Verständnis zulässig. Das hat zur Folge:
55
•
•
•
•
Keine deutsche Familie würde daraufhin überprüft werden dürfen, wie und auf welche Weise sie das
eheliche oder familiäre Zusammensein gestallten, das es in ihre absolute Handlungsfreiheit fällt.
Ausländische Familien haben bestimmten Kriterien familiären Zusammenlebens zu entsprechen, was
peinlich genau und z.T. recht würdelos überprüft wird. Personen, welche sozialhilfebedürftig werden,
z.B. weil ihnen nicht erlaubt wird zu arbeiten oder Personen mit nicht gefestigtem Aufenthalt erfahren
fast keinerlei Schutz der Familie.
Obwohl die Position deutscher Väter unehelicher Kinder u.a. durch das Bundesverfassungsgericht
immer weiter gestärkt wird, gilt dies nur eingeschränkt für nicht-deutsche Väter und ist dem Ermessen
der zuständigen Stellen überlassen. So ist zum einen der Aufenthalt von in Deutschland geborenen
Kindern nach wie vor an den Aufenthaltsstatus der Mutter geknüpft (§ 21 I AuslG). Diese Vorschrift liegt
z.Zt. dem Bundesverfassungsgericht zur Überprüfung vor, was jedoch die Ausländerbehörden nicht
davon abhält, regelmäßig den Aufenthalt der Kinder und sodann der Mütter zu beenden, falls die Mütter
über keinen Aufenthaltsstatus verfügen, selbst wenn die Väter über einen gefestigten Aufenthaltsstatus
verfügen und keine Sozialhilfe beziehen.
Personen, welche an sich einen Anspruch auf Duldung zur Wahrung des Familienlebens haben,
können diese nicht erhalten, wenn die Familie nicht in demjenigen Bundesland lebt, in welchem sich die
zuerst zuständige Behörde befindet, da keine eindeutigen Zuständigkeitsregelungen im Gesetz für
diesen Fall bestehen.
Nach dem AuslG bedarf es eines Nationalpasses für die Gewährung bestimmter Rechte. Nun gibt es
aber etliche Menschen, welche tatsächlich nicht in den Besitz eines Nationalpasses ihres Heimatstaates
gelangen können. Hieran ist die Vorenthaltung etlicher Rechte geknüpft, obwohl sich diese Menschen
z.B. geduldet und also faktisch hier aufhalten. So sind z.B. in Berlin auf Initiative des Innensenats die
Standesämter und in der Folge die Jugendämter zu folgendem Vorgehen übergegangen: Kinder deren
Mütter keinen Nationalpass vorlegen können erhalten lediglich eine Geburturkunde in welcher vermerkt
ist: Eine unbekannte Frau hat eine Kind geboren“, selbst wenn diese Frau durch andere Dokumente wie
Personalausweis, Staatsangehörigkeit, Geburtsurkunde etc. ihre Identität nachweisen kann. Wenn
keine „richtige“ Geburtsurkunde vorliegt, verweigern etliche Jugendämter nunmehr auch die
Beurkundung der Vaterschaftsanerkennung und/oder Sorgerechtserklärung. Somit existieren diese
Kinder quasi nicht und/oder erhalten keine Väter, was wiederum etliche Folgeprobleme mit sich bringt.
Hier wird aufgrund der Vorschriften im AuslG eine eigenständige behördliche „Zuwanderungspolitik“ in
völlig andere Rechtsgebiete verlagert.
•
Ein weiters im Gesetz angelegtes Gebiet der ausdifferenzierten Ungleichbehandlung ist das der
Ausweisung oder Nichtgewährung gefestigter Aufenthaltstitel bei Straftaten. Hier sei stichpunktartig zu
nennen:
•
Es gibt etliche Straftaten gem. Ausländergesetz, welche durch deutsche Staatsangehörige gar nicht
begangen werden können;
Deutsche Staatangehörige verbüßen ihre Strafe, womit der Strafanspruch des Staates beendet wird.
Nicht Deutsche werden „doppelt“ bestraft, da sie zusätzlich mit einer Beendigung ihres Aufenthalts zu
rechnen haben.
Etliche in Deutschland geborene Jugendliche gelangen durch Straftaten im Jugendalter nie zu einer
Aufenthaltsverfestigung und bei bestimmten Entwicklungen müssen sie das Land sogar verlassen,
obwohl sie keinerlei Bezug zum Heimatland ihrer Eltern haben.
Schutz vor Ausweisung z.B. durch familiäre Bindungen ist in Anbetracht des Art. 8 EMRK nur
unzulänglich geregelt. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in letzter Zeit etliche Urteile
erlassen, in welchen der Schutz der Familie auch bei Verurteilungen zu höheren Haftstrafen
weitreichender bewertet wird, als es im deutschen AuslG klar formuliert der Fall ist.
•
•
•
b) Zur Einbürgerung
Auch wenn die Einbürgerung bei langem Aufenthalt durch die neuen gesetzlichen Regelungen erleichtert wurde,
sind doch folgende Entwicklungen zu beobachten, welche durch eindeutige Regelungen im Gesetz verhindert
werden könnten:
56
•
•
Nach dem Gesetz bedarf es eines eindeutigen Bekenntnisses zur Demokratie. Was darunter zu
verstehen ist, bleibt den handelnden Behörden und den anschließend tätigen Gerichten überlassen.
Hierdurch kommt es zu folgenden absurden Situationen: Nicht wenige Einbürgerungsbewerber befinden
sich als politische Flüchtlinge in Deutschland. Aber auch ohne diesen Hintergrund setzen sich etliche
Menschen für die Belange der Bevölkerung ihrer Herkunftsländer ein. Zum Beispiel: Kurdische
Personen sind hierbei meist auf die Aktivitäten der in vielen Städten existierenden kurdischen Vereine
angewiesen, wenn sie auf die Menschenrechtssituation in ihrem Herkunftsland aufmerksam machen
wollen. Diese Vereine und deren Aktivitäten wie Demonstrationen, Veranstaltungen, Informationsstände
und Flugblattaktionen sind nicht verboten. Die Teilnahme hieran, solange es sich nicht um eine
verbotene Handlung handelt, ist somit elementarstes Menschenrecht einer Demokratie. Trotzdem führt
dies zur Ablehnung des Einbürgerungsbewerbers mit dem Argument, die Teilnahme an derartigen
Aktivitäten, auch wenn es sich um nicht verbotene Aktivitäten handelt, würde den Zusammenhalt der
terroristischen PKK stärken, da diese Vereine als PKK Vereine einzustufen seien (wohlgemerkt: sie sind
nicht verboten!!) und daher sei nicht davon auszugehen, dass der Einbürgerungsbewerber
demokratischen Gepflogenheiten gerecht werde. D.h., die Wahrnehmung elementarer Menschen- und
Freiheitsrechte wie das Recht auf Information, Meinungsäußerung und Demonstration wird hier zum
Anlass genommen, dem „Ausländer“ zu unterstellen, er würde nicht auf dem Boden der Demokratie
stehen. Bei dieser Herangehensweise müsste wohl die Hälfte der deutschen Bevölkerung ausgebürgert
werden, wenn dies zulässig wäre.
Der Nachweis von Deutschkenntnissen in Wort und Schrift vernachlässigt die Tatsache, dass etliche
Frauen Analphabetinnen sind. D.h., auch bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen kann keine
Einbürgerung als Rechtsanspruch stattfinden.
Fazit:
Um eine mittelbare Diskriminierung durch Rechtsvorschrift oder zumindest aufgrund von Rechtsvorschriften auf
Dauer zu disqualifizieren, bedarf es zwei elementarer Voraussetzungen:
1. Die Unterscheidung zwischen Deutschen und Nichtdeutschen und insbesondere die Unterscheidung nach
verschiedenen Aufenthaltsstatuten als Anknüpfungsmerkmale von Ungleichbehandlung muss in Frage gestellt
und vollständig überarbeitet werden.
2. Die so genannten „kann“ Vorschriften (Ermessensentscheidungen) müssen deutlich reduziert und
entsprechend der Realität der faktisch in Deutschland lebenden Menschen aus anderen Ländern als
Rechtsansprüche formuliert werden.
57
Strukturelle Diskriminierung und struktureller Rassismus gegenüber Flüchtlingen
- Flüchtlingsrat Berlin e.V.
(1) Auszüge aus der „Berliner Erklärung antirassistischer und Menschenrechtsorganisationen: Zur
Glaubwürdigkeit staatlicher Antidiskriminierungspolitik“ (Berlin, 2000)
Flucht und Migration als Folgen der Globalisierung
Flucht und Migration können nicht isoliert von weltweiten Entwicklungen betrachtet werden. In der zweiten Hälfte
des 20. Jahrhunderts hat sich die Kluft zwischen ökonomischen Zentren und Peripherie immer weiter vertieft. Die
Industriestaaten haben im großen Maßstab die ökonomischen, sozialen und ökologischen Kosten ihres
Entwicklungsmodells in die Länder des Südens exportiert und die weltweite Durchsetzung eines wirtschaftlichen
Ultraliberalismus forciert. Von vornherein auf benachteiligten Startpositionen im neoliberalen Wettbewerb, geriet
die Mehrzahl der „Dritten - Welt-“ und postsozialistischen Staaten in die Schuldenfalle. Bestehende Wirtschaftsund Sozialstrukturen wurden infolge von Strukturanpassungsprogrammen zerstört. Während eine kleine Elite von
der Weltmarktöffnung der betreffenden Staaten profitierte (wohlhabend, hochqualifiziert und als solche
Zielgruppe der Green-Card-Kampagne) schritt die Verelendung der großen Mehrheit der Bevölkerungen fort. Der
ökonomische Druck zwingt viele Menschen zu migrieren: vom Land in die Städte, von der Peripherie in die
ökonomischen Zentren - ein Prozess, der sich in vorangegangenen Jahrhunderten auch in Europa vollzogen hat.
Ein Großteil der Asylsuchenden der Bundesrepublik der vergangenen Jahre waren Flüchtlinge aus den
Bürgerkriegsregionen des ehemaligen Jugoslawiens, kurdische Flüchtlinge aus der Türkei und dem Irak sowie
Flüchtlinge aus den Kriegsgebieten Afghanistans. Sie suchen Schutz vor der Gefährdung ihres Lebens durch
ethnische und religiöse Vertreibung. In ihren Herkunftsländern ist eine zunehmende bzw. völlige Auflösung
staatlicher Strukturen zu beobachten, in denen internationale Verbände wie UNO-Schutztruppen oder wie im Fall
des Kosovo die NATO in das entstandene Machtvakuum stoßen, vielfach jedoch ohne die Regionen befrieden
zu können. Rivalisierende Bürgerkriegsparteien führen entlang ethnischer Linien ihre „privaten“ Kriege um
Herrschaftsregionen und die Verwertung von Rohstoffen oder Drogen. Eine verselbständigte Kriegsökonomie ist
die Folge. Die verschiedenen Bevölkerungsgruppen werden dabei zu Geiseln der jeweiligen Warlords bzw.
versuchen diesen möglichst zu entfliehen.
Europäische Flüchtlingsabwehr und staatlicher Rassismus
Die Staaten der Europäischen Union reagieren auf den wachsenden Zuwanderungsdruck mit dem weiteren
Ausbau der Maßnahmen zur Abschottung und der umfassenden Abwehr möglicher Fluchtbewegungen.
Während innerhalb der Union die Schranken an den Grenzen fallen, wird über eine gemeinsame restriktive
Visums-Politik nach außen die rigorose Kontrolle und Steuerung der Einwanderung im ökonomischen Interesse
verfolgt. In Folge des Amsterdamer Vertrages wird künftig eine zunehmend abgestimmte Asylpolitik umgesetzt,
die nicht nur Mindestnormen festschreibt, sondern z. B. durch die Anwendung eines Konzeptes des
“vorübergehenden Schutzes” ausdrücklich auf die Abwehr von Flüchtlingen ausgerichtet ist. Flüchtlinge sollen in
besonderen Schutzzonen “heimatnah” verbleiben und so gar nicht erst in den Schutz der einklagbaren Rechte
der Genfer Flüchtlingskonvention gelangen. Praktisch vollzogen wird dieses Konzept derzeit im Nordirak sowie
im Kosovo. Diese Gebiete gelten als “interne Fluchtalternative”, die im Fall der kurdischen Flüchtlinge zur
Ablehnung von Asylanträgen führt. Überdies vervollständigt wird die Flüchtlingsabwehr durch den Abschluss von
Rückführungsabkommen mit den Herkunftsstaaten. Die Kontrollmaßnahmen werden wie im Fall Albanien bereits
außerhalb der Europäischen Union von italienischen Grenzschützern durchgeführt.
Ungeachtet dessen versuchen Flüchtlinge weiter, nach Europa zu gelangen und riskieren oft dabei ihr Leben. In
Deutschland starben von 1993 bis 2003 allein 113 Flüchtlinge an den Ostgrenzen. In diesem Zeitraum sind mehr
Menschen infolge staatlicher Sanktionen umgekommen, als durch rassistische Übergriffe. (Dokumentation der
Anirassistischen Initiative,11. Auflage, Feb. 2004). Für Berlin seien zwei Beispiele dafür genannt, dass sich
Menschen in tödliche Gefahr begeben, um sich einer drohenden Abschiebung zu entziehen: Ende August 2000
kam ein mongolischer Flüchtling bei einem Fluchtversuch aus seinem bewachten Krankenzimmer zu Tode, Mitte
November verletzte sich ein kurdischer Jugendlicher lebensgefährlich, als er aus dem Fenster einer psycho –
therapeutischen Beratungsstelle sprang, in die ein Einsatzkommando der Polizei eingedrungen war.
Flüchtlinge sehen sich in der Bundesrepublik einem perfekt organisierten System der staatlichen Kontrolle und
Ausgrenzung ausgesetzt. Sie werden schon durch ihren Versuch die Landesgrenze zu übertreten, kriminalisiert
58
und am Ende wie gefährliche Straftäter in Abschiebegefängnissen oft über Wochen und Monate festgehalten.
Die Zustände im Berliner Abschiebegewahrsam sind ein extremes Beispiel der Verletzung von Menschenrechten
und mithin des Grundrechtes auf Menschenwürde. Selbst vor Minderjährigen machen die staatlichen
Ausländerbehörden nicht Halt. Diese sind nach geltendem Ausländerrecht mit 16 Jahren handlungs – und somit
auch „abschiebefähig“ . Die Inhaftierten versuchen zum Teil über Hungerstreiks auf ihre hoffnungslose Lage
aufmerksam zu machen, was von den Polizeibehörden zynisch als Erpressungstatbestand verbucht wird.
Asylbewerber leben isoliert von der übrigen Gesellschaft in lagerähnlichen Wohnheimen , sie erhalten nur eine
Mindestmaß an sozialer und medizinischer Versorgung, die ihnen zudem zur Verstärkung der
Abschreckungswirkung und als Zwang zur “freiwilligen Rückkehr” auch völlig entzogen werden kann. Die
Flüchtlinge können sich nur innerhalb des entsprechenden Landkreises aufhalten. Diese 1982 eingeführte
Residenzpflicht bedeutet einen erheblichen Eingriff in die Grundrechte der Flüchtlinge und ist Ausdruck des
staatlich organisierten Systems der Kontrolle und Ausgrenzung. Die in Brandenburg lebenden Asylbewerber
können sich z.B. im Landkreis Oberhavel nur maximal ca. 50 km weit bewegen. Die Flüchtlinge befinden sich
faktisch in Geiselhaft, sie müssen in abgelegenen Unterkünften leben, die sich vortrefflich für Angriffe
rechtsextremer Gewalttäter eignen.
Die Ausgrenzungspolitik von Flüchtlingen in der Bundesrepublik ist letztlich ein staatlich organisierter Rassismus.
Dies gilt um so mehr, wenn politisch Verantwortliche in Unterscheidung zwischen gewollten Arbeitsmigranten
und –migrantinnen auf der einen und ungewollten Flüchtlingen und Asylsuchenden auf der anderen Seite
ungestraft von „nützlich und weniger nützlichen“ Zuwanderern sprechen dürfen. Das individuelle Asylrecht und
ebenso die als Menschenrechte verankerten Flüchtlingsrechte sollen den ausschließlich wirtschaftlich
begründeten Zuwanderungskriterien geopfert werden.
Forderungen an die Politik
Die unterzeichnenden Organisationen gehen davon aus, dass eine starke Demokratie der einzige Unterpfand für
eine erfolgreiche Bekämpfung von Rassismus und Neonazismus ist. Vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen
Globalisierung, der sich die Bundesrepublik nicht entzieht (entziehen kann), muss alles dazu getan werden, die
Grund- und Menschenrechte aller hier Lebenden, und das heißt insbesondere auch die Rechte der Migranten
und Asylsuchenden zu stärken, ihre Gleichstellung gegenüber dem Staat zu praktizieren und ihnen
uneingeschränkten Schutz vor Ausgrenzung und Gewalt zu garantieren.
Daraus ergibt sich, dass der Flüchtlingsschutz sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene ausgebaut
werden muss. Grundlage dafür bildet der im Juni diesen Jahres vom „Netz gegen Rassismus – für gleiche
Rechte“ vorgestellte Aktionsplan.
Im Einzelnen seien genannt:
• Rückkehr zu den internationalen Standards des Flüchtlingsrechts, uneingeschränkte Anwendung der
Genfer Konvention auch im Hinblick auf die jüngste Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes
• Verbesserter Schutz für besonders schutzwürdige Gruppen wie Frauen und Kinder, vollständige
Anerkennung geschlechtsspezifischer Fluchtgründe, volle Umsetzung der UN – Kinderrechtskonvention
• Abschaffung der Residenzpflicht
• Aufhebung des Asylbewerberleistungsgesetzes
• Aufhebung des Flughafenverfahrens für Asylbewerber
• Großzügigere Praktizierung der beschlossenen Altfallregelung
• Keine Doppelbestrafung durch Ausweisung,
• soziale Mindeststandards für Menschen ohne legalen Aufenthaltsstatus
• Sofortige Einstellung der Praxis der Inhaftierung ausreisepflichtiger Flüchtlinge und Migranten in
Einrichtungen der Abschiebehaft.
• Das Grundrecht auf Asyl ist in den Europäischen Grundrechtekatalog aufzunehmen.
• Die Kompetenzen bei der Erfassung rassistischer Vorfälle und die Überwachung von Maßnahmen
gegen ethnische Diskriminierungen sollten bei Nichtregierungsorganisationen und nicht bei staatlichen
Stellen liegen.
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Demokratie zu verteidigen, heißt die demokratischen Rechte und Pflichten zu verwirklichen, rechtsstaatlich zu
schützen und plebiszitär auszubauen. Demokratie braucht starke mit allen Grundrechten ausgestattete
Demokraten und Demokratinnen – in Deutschland und in Europa.
Unterzeichner:
Flüchtlingsrat Berlin e.V.
Internationale Liga für Menschenrechte e.V.
Büro gegen ethnische Diskriminierungen
Verband der Initiativgruppen in der Ausländerarbeit Berlin / Brandenburg / VIA e.V.
(2) Flüchtlingsalltag in Berlin
Das Leben von geduldeten oder asylsuchenden Flüchtlingen ist geprägt von der Konfrontation mit rassistischer
Gewalt in der Gesellschaft und staatlich sanktionierter Diskriminierung, bedingt durch die geltende
ausländerrechtliche Gesetzgebung.
In Berlin sind insbesondere die im Abschiebungsgewahrsam inhaftierten Menschen, ungeachtet erster
Verbesserungen der Haftbedingungen, diesem System staatlicher Ausgrenzung ausgesetzt. Die Unsicherheit
über die weitere Zukunft und der damit verbundene psychische Druck führte seit Jahresbeginn zu mehreren
Suizidversuchen.
Als ein weiteres Beispiel für einen staatlich organisierten Rassismus kann die Umsetzung des
Asylbewerberleistungsgesetzes dienen, dem geduldete oder asylsuchende Flüchtlinge unterliegen. Im
Extremfall wenden einige Berliner Bezirksämter dieses Gesetz so an, dass die Betroffenen mittel- und obdachlos
werden.
Die offiziell postulierte Antidiskriminierungspolitik der Bundesregierung wird letztlich nur glaubhaft, wenn sie zum
Abbau der beschriebenen Ausgrenzung von Flüchtlingen und Migranten und zur Annahme eines
Antidiskriminierungsgesetzes führt.
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Berliner Bündnis für eine Bleiberechtsregelung
AUFRUF
für eine großzügige Bleiberechtsregelung für Flüchtlinge
Hier geblieben ! Ein Recht auf Bleiberecht.
Die ca. 230.000 MigrantInnen und Flüchtlinge, die bislang bundesweit eine Duldung besaßen, sind derzeit
weitgehend rechtlos und leben überwiegend unter erniedrigenden Bedingungen. Permanent von Abschiebung
bedroht, verbringen viele hier dennoch eine lange Zeit, manchmal sogar den Großteil ihres Lebens. In Berlin
betrifft dies etwa 23.000 Flüchtlinge, darunter 15.000 aus dem ehemaligen Jugoslawien – unter ihnen viele
Roma –, sowie 3.500 palästinensische Flüchtlinge aus dem Libanon. Die meisten von ihnen leben hier schon
seit fünf Jahren oder länger, ihre Kinder wurden hier geboren und besuchen die Schule. Das Recht auf Arbeit,
Ausbildung und Wohnung wird ihnen unter Hinweis auf ihren Aufenthaltsstatus von den zuständigen Berliner
Behörden jedoch meist verwehrt.
Im Hinblick auf die Dauer des Aufenthalts müssen die betroffenen Flüchtlinge endlich ein Bleiberecht erhalten,
das ihren Aufenthalt langfristig absichert und ihnen eine gleichberechtigte Teilhabe an der Gesellschaft
ermöglicht. Wer Integration als notwendigen und sinnvollen Bestandteil von Zuwanderungspolitik ansieht, muss
zuallererst diejenigen, die bereits hier leben und Mitglieder dieser Gesellschaft sind, aus ihrem rechtlosen Status
befreien und ihnen die Chance zu einem menschenwürdigen und gleichberechtigten Dasein eröffnen.
Eine Bleiberechtsregelung für die langjährig nur “geduldeten” MigrantInnen und Flüchtlinge ist Teil einer
ernstgemeinten Integrationspolitik. Die Potenziale dieser Menschen sollten endlich genutzt werden – im
Interesse der Gesellschaft und der betroffenen Menschen.
Auf Berliner Ebene hat sich daher ein Bündnis von Wohlfahrtsverbänden, Kirchen, sowie Menschenrechts- und
Migrantenorganisationen gebildet, um die von PRO ASYL auf Bundesebene initiierte Bleiberechtskampagne zu
unterstützen.
Wer lange hier lebt, muss bleiben dürfen und hat ein Recht auf Integration. Wir fordern eine unbürokratische
und großzügige Bleiberechtsregelung für bisher hier geduldete, asylsuchende und sonstige ausreisepflichtige
MigrantInnen und Flüchtlinge:
•
für Alleinstehende, die seit 5 Jahren in Deutschland leben,
•
für Familien mit Kindern, die seit 3 Jahren in Deutschland leben,
•
für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, die seit 2 Jahren in Deutschland leben,
•
für traumatisierte Flüchtlinge, und
•
für Opfer rassistischer Angriffe.
Der Senat von Berlin wird aufgefordert, die geltenden ausländerrechtlichen Bestimmungen großzügig
umzusetzen und bis zur Verabschiedung einer bundesweiten Bleiberechtsregelung potentiell
Betroffenen Abschiebungsschutz zu gewähren.
Für das Berliner Bündnis: Afrikanische Ökumenische Kirche e.V., Ausländerbeauftragter der Evangelischen Kirche in BerlinBrandenburg, AL NADI, Beratungsstelle für arabische Frauen, Asyl in der Kirche Berlin e.V. , Bund gegen ethnische
Diskriminierung in der Bundesrepublik Deutschland e.V., Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB), Bezirk Berlin-Brandenburg,
Vorsitzender, Deutsches Rotes Kreuz Berlin-Reinickendorf e.V., Diakonisches Werk Berlin-Brandenburg e.V.,
Arbeitsbereich Migration, Evangelische Kirche Neukölln, Interkultureller Arbeitskreis, Evangelischer Kirchenkreis TeltowZehlendorf, Evin e.V. / “Kulturinsel”, Flüchtlingsrat Berlin e.V., Humanistische Union e.V., Landesverband BerlinBrandenburg, Internationales Jugendwohnen (Berlin-Zehlendorf), Jesuiten-Flüchtlingsdienst , Kontakt- und Beratungsstelle
für ausländische Flüchtlinge e.V., OASE Pankow e.V., Palästinensische Gemeinde Berlin, Paritätischer Wohlfahrtsverband,
Landesverband Berlin e.V., publicata e.V., Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein – RAV, Süd-Ost-Europa Kultur
e.V., S.U.S.I. e.V., Interkulturelles Frauenzentrum, Türkischer Bund in Berlin-Brandenburg (TBB), VIA e.V. - Verband für
Interkulturelle Arbeit Berlin-Brandenburg , Vereinigte Palästinensische Gemeinde Berlin-Brandenburg, WeGe ins Leben e.V.
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