Wahrnehmung der Exportaktivitäten von deutschem Wein – Die
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Wahrnehmung der Exportaktivitäten von deutschem Wein – Die
Prof. Dr. Marc Dreßler 1 Wahrnehmung der Exportaktivitäten von deutschem Wein – Die „Sicht von außen“ HS Ludwigshafen/DLR Rheinpfalz, BWL und Entrepreneurship, Prof. Dr. Marc Dreßler Export ist in der Praxis und in der Wissenschaft sehr bedeutsam. Als strategische Option eröffnet Export Absatz- und Gewinnsteigerungspotenzial, insbesondere bei stagnierenden Heimat- aber wachsenden Auslandsmärkten. Deutschland hat zwar die globale Pole Position als Exportweltmeister an China abgetreten, die deutsche Wirtschaft profitiert mit über 800 Mrd. € Exportleistung und einem ständigen Exportüberschuss jedoch weiter maßgeblich von grenzüberschreitender Nachfrage. Dies gilt auch für den Wein. Angesichts der Wachstumsperspektiven in anderen Ländern sind Unternehmer gefordert, Exportchancen zu prüfen. Dieser Beitrag führt die Ergebnisse einer Online-Befragung internationaler Weinexperten zu Erfolgsfaktoren und zur Leistungsfähigkeit deutscher Weinanbieter im Export aus. Ein Blick auf den globalen Weinmarkt 40 % der globalen Weinproduktion mit einem Warenwert von über 25 Mrd. € werden exportiert. Der globale Weinhandel hat seit 2000 über 60 % im Volumen und 80 % im Wert zugenommen. (ANDERSON et al., 2011) Der intensive globale Warenaustausch in der Weinwirtschaft ist ein Resultat der Konsumenteninteressen mit Nachfrage nach Weinen aus unterschiedlichen Ländern, auch in Weinbaunationen, sowie internationaler Rohstoffversorgung. Wachstumsmärkte für Wein entstehen durch Bevölkerungswachstum oder einer Steigerung der Intensität des Weinkonsums durch wachsenden Wohlstand. Eine massiv sinkende Binnennachfrage in den großen europäischen Weinländern (z. B. Frankreich) erhöht den Druck, da überschüssige Ware Absatz im Export sucht. Zudem drängen Länder mit ausweitender Produktionskapazität bei steigender Produktqualität auf die internationalen Absatzmärkte, wie beispielsweise Neuseeland. Das Ausmaß der strukturellen Verschiebungen ist enorm. Mit einem nahezu 40%igen Wachstum seit 2000 gehört die USA nun zu den Top 3 der Konsumländer weltweit. China hat das Marktvolumen in gleicher Zeit um nahezu 70 % gesteigert. (OIV, 2013) Abb. 1: Entwicklung des globalen Weinhandels, Quelle OIV 69. Weinbautage 2016 2 Prof. Dr. Marc Dreßler Die zunehmende Globalisierung, neue Technologien und die Senkung von Transportkosten werden den internationalen Weinaustausch weiter wachsen lassen. E-Commerce und neue Medien verändern die Gesellschaft und Kommunikations- sowie Organisationskulturen eröffnen globale Absatzmöglichkeiten. Zunehmender Tourismus nährt den grenzüberschreitenden Weinabsatz. (MENIVAL, 2013) Ebenso fördert die fortschreitende Konzentration und Internationalisierung des Handels den globalen Weinhandel. Gemeldete Ergebnisse deutscher Weinexporteure von nahezu 4 Millionen Hektolitern sind dabei nicht automatisch mit einem steigenden Markterfolg deutscher Winzer und ihrer Produkte im Ausland gleichzusetzen. Diese Exporte bestehen zu mehr als der Hälfte aus Reimporten. Deutschland hat sich zu einer Drehscheibe im Weinhandel entwickelt. Entsprechend wurde eine Studie zu Erfolgsfaktoren und der wahrgenommenen Leistungsfähigkeit deutscher Weinanbieter motiviert. Der Blick von außen: Wahrnehmung internationaler Experten Ein theoriegeleitetes Strukturmodell mit vier Erfolgsfaktoren (SHAMSUDDOHA et al., 2006) und 27 Ausprägungen bildete die Basis für eine Online-Befragung internationaler Weinexperten. Über 800 Weinexperten wurden zur Teilnahme an der Studie eingeladen, die Rücklaufquote betrug 5 %. Die angeschriebene Population umfasste ein reichhaltiges Spektrum an Akteuren: ein Drittel der Befragten waren Weinimporteure, 30 % Weinjournalisten und 17 % professionelle Weinexperten. 15 % der Teilnehmer kamen aus der Gastronomie und 8 % aus der Wissenschaft. Bei Inanspruchnahme eines zur Verfügung gestellten Links zu einer Webadresse wurde ein Zufallscode ermittelt, mit dem die Teilnehmer Zugang zur individualisierten, anonymisierten Online-Befragung erhielten. Jede E-Mail-Adresse hat maximal einen Zugangscode erlaubt. Experten aus 10 Ländern haben an der Befragung teilgenommen. Die durch die Teilnehmer vertretenen Länder spiegeln die Weinexportlandschaft von Deutschland. Die meisten Rückläufe kommen aus den Niederlanden, gefolgt von USA und UK. Neben den skandinavischen Ländern sind China, die Schweiz, Belgien und Kanada vertreten. Die eigene Expertise und Kenntnis der deutschen Weine wird von den Teilnehmern selbst hoch eingeschätzt. Die abgefragten endogenen Faktoren bestanden aus Exportwissen – von der Marktkenntnis bis zur Exporterfahrung (Export Knowledge) –, strategischer Marktbearbeitung (Export Strategie) und nachdrücklichem Engagement im Exportgeschäft (Export Commitment). Als exogener Faktor wird die Unterstützung durch Exportförderung (Export Promotion) berücksichtigt. Zu jedem Erfolgsfaktor wurden weinindustriespezifische Stellhebel definiert. Der Befragung gingen Pretests mit ausgewählten exportierenden Winzern und internationalen Weinimporteuren voraus. Für einige Parameter wurde eine Kurzerklärung geliefert, so dass ein einheitliches Verständnis auch über die Befragungsländer hinweg gewährleistet wurde. Die Relevanz der Erfolgsfaktoren im Weinexport und die Performance der deutschen Anbieter wurden auf einer Fünferskala zu jedem Parameter erhoben (1 = keine Relevanz/Leistung; 5 = höchste Relevanz/Leistung). Die Experten beurteilten die vier Erfolgsfaktoren für die Weinwirtschaft mit Werten von 3,25 bis zu 4,0. Strategie (4,0) wurde die höchste Relevanz zugeschrieben. Überzeugung und Engagement (Commitment 3,8), Exportunterstützung (Promotion 3,7) und Exportwissen (Knowledge 3,25) wurden mit etwas geringerer Bedeutung bewertet, bei dennoch hohem Niveau. Die Experten bekundeten der deutschen Weinindustrie ein hohes Niveau an Marktkenntnis zu Destinationsmärkten und damit sehr intensive Exportvorbereitung. Alle relevanten Hebel des wissensbasierten Erfolgsfaktors, wie beispielsweise Informationen zu Landesspezifika, recht- 69. Weinbautage 2016 Prof. Dr. Marc Dreßler 3 licher Rahmen oder Kenntnis von Konsumentenpräferenzen, beherrschen die deutschen Produzenten. Ebenso wurde die existierende und genutzte Exportunterstützung von globalen Weinexperten in Bezug auf deutsche Anbieter als sehr wirksam eingeschätzt. Damit haben die deutschen Anbieter zwei Erfolgsfaktoren gut im Griff. Bei „nachhaltigem Engagement“ und „strategischer Bearbeitung“ urteilten die befragten Experten, dass die Erfüllung durch die deutschen Anbieter noch nicht das Niveau der zugeschriebenen Bedeutung erreicht. Diese Wahrnehmung liefert Ansätze für Handlungs- und Professionalisierungsbedarf. (Siehe Abb. 2): Abb. 2: Befragungsergebnisse zu Erfolgsfaktoren sowie der Leistung deutscher Anbieter Resümee und Ausblick Das Exportgeschäft ist für deutsche Weinproduzenten eine Herausforderung. Mit viel Engagement und Überzeugungsarbeit wurde ein negatives Image des deutschen Weins im Ausland verbessert, so dass heute wieder höchste Qualitätsansprüche befriedigt werden können. Steigende Preise der Nettoexporte werden als Indiz für Qualitätswahrnehmung deutscher Weine im Ausland interpretiert. Sicherlich ist der über 30%ige Marktanteil deutscher Weine auf dem norwegischen Weißweinmarkt ein exemplarischer Erfolg. Großbritannien veranschaulicht hingegen die Herausforderungen des globalen Wettbewerbs, da deutscher Wein dort seine dominante Stellung der Vergangenheit verloren hat. Trotz des Strukturwandels mit einem Marktausstieg nicht leistungsfähiger Produzenten, ist die deutsche Betriebslandschaft weiterhin durch kleine Betriebe geprägt und oftmals ist weder Infrastruktur noch Erfahrung im Export vorhanden. Geringe Konzentration auf der Anbieterseite wirkt sich im globalen Wettbewerb nachteilig aus. Große, global agierende Weinkonzerne (z. B. Constellation Brands, Gallo, Concha y Toro …) verfügen über weltumspannende Vertriebsnetze, Exporterfahrung, internationale Marktkenntnis und Zugang zu Finanzmärkten. Die Lieferfähigkeit auch großer Weinmengen sichert eine bessere Verhandlungsposition mit dem mächtigen Handel. Der heimatliche Verdrängungswettbewerb bei schwieriger Differenzierung motiviert jedoch auch deutsche Anbieter zur Ausschöpfung von Chancen im Ausland. Ein Eintritt in stagnierende oder sinkende Märkte erscheint wenig zielführend, da kein Alleinstellungsmerkmal die Verdrängung bereits aktiver Marktteilnehmer erlaubt. Wachstumsstarke Länder bieten hingegen Potenzial für deutsche Anbieter, setzen jedoch das Beherrschen der 69. Weinbautage 2016 4 Prof. Dr. Marc Dreßler Erfolgsfaktoren im Export voraus. Ein umfassendes, holistisches und nachhaltiges Management ist für erfolgreichen Weinexport unabdingbar. Neben einer proaktiven Vorbereitung der Marktaktivitäten ist eine strategische Umsetzung mit unternehmerischem Engagement notwendig. Zudem sollten die Unternehmer die leistungsfähige Exportunterstützung nutzen. Deutschland wird dabei ein hohes Leistungsniveau bescheinigt. Die Übererfüllung der wissensbasierten Erfolgsfaktoren bestätigt Ergebnisse der globalen Kultur- und Verhaltensforschung. Eine Reallokation der Ressourcen hin zur Strategie und zum nachdrücklichen Engagement sollte angestrebt werden. Die durch die Befragung erkennbaren Lücken deutscher Anbieter können durch die Fragmentierung der Anbieterseite erklärt werden, bedingen aber ein erhöhtes Augenmerk und nachhaltiges persönliches Engagement der Unternehmer, die im Export aktiv und erfolgreich sein wollen. Weitere Fragen? Prof. Dr. Marc Dreßler, Tel. 0 63 21/6 71-5 46, marc.dressler@hs-lu.de ANDERSON, K., und S. NELGEN, 2011. Global Wine Markets: a statistical compendium, edited by U. O. A. PRESS, Adelaide. MENIVAL, D. H., J. Y., 2013. Wine tourism: futures sales and cultural context of consumption, in 7th International Conference AWBR, St. Catherines. OIV, 2013. Statistical report on world vitiviniculture 2013. OIV. SHAMSUDDOHA, A. K., und M. Y. ALI, 2006. Mediated effects of export promotion programs on firm export performance Asia Pacific Journal of Marketing and Logisitcs 18: 93-110. 69. Weinbautage 2016