Ausgabe 2-2015

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Ausgabe 2-2015
Stilles Gedenken
20. Jahrgang
Nr. 2/2015
EVP: 1 Euro
Anlässlich des Gedenktages der Opfer des Nationalsozialismus hatten wie stets in den vergangenen Jahren
BVV-Vorsteherin Kathrin Bernikas und Wolfgang Brauer, Vorsitzender des Heimatvereins, zum stillen Gedenken an der Stele für die Zwangsarbeiter auf dem Parkfriedhof Marzahn geladen. Dieser Einladung waren
auch Petra Pau, Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages und Petra Rosenberg, Vorsitzende des Landesverbandes Berlin der Sinti und Roma, gefolgt. Die
Worte des Gedenkens sprach in diesem Jahr Ralf Wieland, Präsident des Berliner Abgeordnetenhauses. Vertreter vieler demokratischer Parteien legten Kränze und
Blumengebinde nieder.
Foto: Schuchert
Die Bürgerzeitung
aus Marzahn-Hellersdorf
Lehrerin & Schülerin
Inhalt
Künstler-Serie in jot w.d.:
Viele Leser werden sich an
Sänger und Musiker ihrer
Jugendzeit in der DDR erinnern. jot w.d. berichtet, was
aus ihnen geworden ist. Heute: Helena Vondrácková.
Seite 3
Frauensport:
Die Frauensporthalle im
FFM war eine der umstrittensten Einrichtungen im
Bezirk. Nun wurde sie eröffnet und bietet eine Reihe von Kursen. jot w.d. entdeckte auch eine ganze
Menge Unwägbarkeiten.
Seite 10
Gartenkampagne:
Der Orientalische Garten
im Erholungspark feiert in
diesem Jahr bereits sein
zehnjähriges Bestehen.
Für eine Werbekampagne
werden nun „Botschafter“
gesucht. jot w.d. fand in
Ursula Karven die erste.
Seite 11
Altersarmut:
Als eines der größten sozialen Probleme der Zukunft
gilt die rasch wachsende
Altersarmut. Sie ist nicht
nur Ausdruck von Globalisierung, sondern auch Ergebnis einer verfehlten Sozialpolitik. jot w.d. beleuchtet Hintergründe.
Seite 12
Zwei Berühmtheiten auf einer Bühne: Die große Ruth Hohmann war einst Lehrerein von Inka Bause, als diese noch als
Sängerin Erfolg suchte. Mittlerweile ist ihr „Kerngeschäft“ die TV-Moderation. Auch darüber erzählte sie in der 100.
Ausgabe der Gesprächsreihe „Wenn die Neugier nicht wär“ mit Barbara Kellerbauer. Siehe Seite 8. Foto: Nachtmann
Liebe Leser,
Mitte des 19. Jahrhunderts hatten die
Vereinigten Staaten von Amerika ein
paar kleinere Aggressionen, etwa gegen Mexiko und die spanischen
Karibikbesitzungen, und einen blutigen Sezessionskrieg im eigenen Lande
hinter sich gebracht. In der folgenden,
weitgehend ruhigen, Zeit nahm das
Land, auch durch weltweiten technischen Fortschritt einen enormen Aufschwung. Die USA hatten sich zu einer kräftigen Regionalmacht für Nordund Mittelamerika entwickelt. Etwa
1916 erkannte der damalige US-Präsident Woodrow Wilson, dass er angesichts des Zerfalls der alten europäischen Reiche auf dem Kontinent sein
Land zu einer Hegemonialmacht entwickeln könnte. Denn der Wiederaufbau Europas nach dem verheerenden
Weltkrieg würde den Kontinent auch
zu einem riesigen Absatzmarkt für
amerikanische Waren machen. Deshalb
Woher kommt die
Kriegsgefahr?
traten die USA in den fernen Krieg ein,
obwohl eine große Mehrheit der Bevölkerung dagegen war.
Nach Kriegsende setzte sich Wilson an
die Spitze der Bewegung zur Neuordnung der europäischen Landkarte. Das
von ihm formulierte „Selbstbestimmungsrecht der Völker“ musste als Basis für die Gründung kleinerer Nationalstaaten herhalten. Was Wilson keineswegs hinderte, im Einzelfall sein „Geschwätz von gestern“ zu vergessen.
Etwa als es um die Volksabstimmung in
Oberschlesien ging. Trotz großer Mehrheit für Deutschland unternahm Wilson
nichts gegen die widerrechtliche Besetzung des Landes durch Marschall
Pilsudski. Das „Selbstbestimmungsrecht
der Völker“ interessierte ihn und seine
Nachfolger auch nicht bei einer Reihe
von Annektierungen in den folgenden
zwei Jahrzehnten auf dem Gebiet der
dann lange existierenden Sowjetunion.
Zwar hielten die USA auch nach dem
Zweiten Weltkrieg an der Idee des
„Selbstbestimmungsrechts“ fest, praktisch jedoch setzten sie es außer Kraft.
Erst als nach dem Ende der Blockkonfrontation die Frage nach einer
massiven Erweiterung des Hegemonialanspruchs auf die Tagesordnung trat,
kramte man im Westen die alten Argumente erneut heraus. Und zwar so lange, wie es der Erweiterung der NATO
nach Osten zuträglich war. Jetzt mit
einem mal will man in Washington,
London und Berlin nichts mehr davon
wissen. Statt dessen zeigt man sich
erfreut über jeden nützlichen Idioten.
Ehe Sie nun aber voller Verzweiflung
womöglich gar zu den Pegida rennen,
wünsche ich Ihnen erst einmal viel
Spaß mit dieser 222. (Prosit!) Ausgabe von jot w.d. Ihr Ralf Nachtmann
2
jot w.d. 2/2015
Bilder und Nachrichten des Monats
Eine Zeitung ist kein Buch und jot w.d. kein 80-seitiges
teures Magazin mit viel bunter Werbung drin. Deshalb ist es am Ende eines jeden Monats wieder so,
dass Ereignisse, über die zu berichten wünschenswert
ist, keinen Platz mehr finden. Einige dieser Momente
haben wir im Bild festgehalten und wollen unseren
Aktuell
Auf dem Dach der Welt
Lesern so zumindest Nachricht geben. Egal, ob es sich
dabei um den „Großkopfeten“ handelt, dessen Engagement genauso zu würdigen ist, wie das des „Unbekannten aus der Nachbarschaft“. Und dabei sollen auch
die „kleinen Dinge“ nicht vergessen werden, denn sie
erst machen das Leben vollkommen.
Red.
Die IGA und die Kunst
WIR SIND
CHARLIE
Marzahn – Aus Anlass der IGA
werden künstlerische Arbeiten
entstehen, die sich mit der Zukunft von Stadtlandschaft und
Stadtgesellschaft beschäftigen
und sich dabei skulptural aber vor
allem auch partizipatorisch dem
Thema nähern. IGA-Geschäftsführerin Katharina Langsch und
Katja Aßmann, freie Kuratorin für
die IGA, geben am 12. Februar,
18 Uhr, in der Veranstaltung „Zur
Sache IGA: Kunst“ eine Vorschau
auf die künstlerische Auseinan-
Ob schwarz oder weiß –
auf Gottes Geheiß,
in Allahs Namen –
die Rächer kamen.
Zorn und Gewalt
in Todesgestalt,
die Menschheit bedroht
durch Kriege und Not.
Er hinterlässt Spuren –
der Kampf der Kulturen.
Der Kopf steckt im Sand –
was bleibt vom Verstand?
Ein Schöpfungsbetrug –
nun ist es genug!
Im Ziel eins wie nie:
Wir b l e i b e n Charlie!
dersetzung mit der Internationalen Gartenausstellung, die von
der „Sichtung einer Landschaft“
an den Rändern der Metropole
Berlin ausgeht. Kunst und Kultur sollen 2017 im gesamten IGAGelände verankert werden und
teilweise bereits als Prozess im
Vorfeld entstehen. Auf der Veranstaltung können Besuchende zudem Unkraut-Bier verkosten, das
die Künstlerin Jeanne Van Heeswijk aus Anlass der IGA-Herbsttour 2014 brauen ließ.
SW
Auch die Biesdorfer Künstlerin Christel Bachmann beschäftigt sich
mit der IGA. In ihrer aktuellen Ausstellung im Galerie-Café, Siegmarstraße 66, zeigt sie nicht nur ihren „Gruß vom Kienberg“ (li.),
sondern auch einige Plakate der Bürgerinitiative.
Fotos: Reineke
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Mit meiner Unterschrift nehme ich zur Kenntnis, dass ich meine Bestellung ohne Angabe von Gründen
innerhalb von 10 Tagen bei der Bestelladresse schriftlich widerrufen kann (rechtzeitige Absendung genügt).
an folgende Adresse:
Name:...................................................................................
Straße:..................................................................................
PLZ, Ort:...............................................................................
Telefon:.................................................................................
Datum:..................
Das tibetische Hochland mit seiner Bergwelt und Vegetation, die
buddhistische Weltanschauung
und Lebensweise der Menschen
beeindruckten sie sehr. Ein Höhepunkt war das Basislager des
Mont Everest in 6000 Metern
Höhe. Die Tour endete nach 25
Tagen in Nepal.
Von diesen Erlebnissen berichtet
Christine Seifert mit einer eigenen, mit Original-Musik unterlegten Fotoshow am 4. März, 16
Uhr, in der „Mark-Twain-Bibliothek“ im FFM.
Bezirksverordnete treffen
Rosel Ebert
Bitte liefern Sie
Mit Beginn des Seniorenalters
begann für Christine Seifert das
„3. Leben“. Die mutigste Entscheidung traf sie, als sie sich auf
Reisen mit dem „Rollenden Hotel“ auf die alte Seidenstraße wagte. Man muss mit einer Schlafkabine und wenig Gepäck auskommen. So kam sie nach Tibet,
fuhr mit dem Tibet-Expresszug zunächst nach Lhasa. Dort fotografierte sie die Stadt, den Potala-Palast, Norbulika (Sommersitz des
Dalai Lama) und die städtischen
Verhältnisse der Tibeter.
Unterschrift:.....................................
Ausschneiden und per Post an:
jot w.d., Müllerstr. 45, 12623 Berlin oder per Fax: 56 20 173
email-Bestellung unter: bestell@jotwede-online.de
Seit Januar finden im Bürgerbüro
des Wahlkreisabgeordneten Sven
Kohlmeier am S-Kaulsdorf Sprechstunden mit den Bezirksverordneten Marlitt Köhnke, Christiane
Uhlich und André Gaedecke aus
der SPD-Fraktion des Bezirksparlaments von Marzahn-Hellersdorf
statt. Nächster Termin ist der 12.
Februar von 17-18 Uhr.
jot w.d. entsteht in gemeinnütziger, ehrenamtlicher Arbeit als Bürgerzeitung für Biesdorf,
Hellersdorf, Kaulsdorf, Mahlsdorf und Marzahn. Redakteure und Mitarbeiter erhalten dafür
kein Entgelt. Die Redaktion freut sich über Ihre Spenden für die Herausgabe dieser Zeitung
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Die nächste Ausgabe von jot w.d. erscheint am 5. März 2015
Redaktionsschluss: 24. Februar 2015, Anzeigenschluss: 26. Februar 2015
IMPRESSUM
jot. w. d.
Die Bürgerzeitung aus Marzahn-Hellersdorf
Herausgeber: Verein zur Unterstützung öffentlicher Diskussion am nordöstlichen Stadtrand e. V.
Anerkannt gemeinnützige Körperschaft
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Redaktion: Ingeborg Dittmann, Ulrich Clauder, Ralf Nachtmann (Leitung, Gestaltung und Produktion)
Ständige Autoren: L. Schuchert, H. Sandow, H. Stehling, D. Neidigk
Anzeigenleitung: Ralf Nachtmann, Tel. 0179-6987186, Abo-Verwaltung: Bernd Preußer, Tel. 56 20 173
Druck: BVZ, www.berliner-zeitungsdruck.de
Erscheinungsweise: monatlich; Verkaufspreis 1 Euro; Abo-Preis: 1 Euro, Rechtsanspruch auf Belieferung haben nur Abonnenten
Nächste öffentliche Redaktionssitzung: voraussichtlich Freitag, 20. Februar, Ort und Zeit bitte telefonisch erfragen
Die Redaktion behält sich das Bearbeiten von Beiträgen vor. Keine Haftung für eingesandte Beiträge und Fotos.
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Leute
jot w.d. 2/2015
Emanzipatorisches Theater
ohne Firlefanz
GRIPS-Gründer Volker Ludwig
erhielt den Alice Salomon Poetik Preis
3
Musiklegenden des Ostens – jot w.d.-Serie, Teil 123
In der Juli-Ausgabe 2004 begannen wir, Künstler vorzustellen, die in der Jugendzeit vieler unserer Leser – also in den 50er, 60er, 70er und
80er Jahren – Schlagzeilen machten.
Wie ist es den Publikumslieblingen von einst ergangen? jot w.d. traf viele von ihnen. Wir setzen
unsere Serie in dieser Ausgabe mit der tschechischen Sängerin Helena Vondrácková fort.
Helena Vondrácková
Der international gefeierte Star aus dem Osten
Es gibt Wortkonstruktionen, die
man nie vergisst, weil sie sich
regelrecht in die Seele, in den
unauslöschlichen Teil des Gedächtnisses brennen. Etwa der
Ausruf „Soylant Grün ist Menschenfleisch!“ aus dem unvergleichlichen Film „Jahr 2022 –
Die überleben wollen“. Eine andere solche Wortschöpfung sind
die „Wilmersdorfer Witwen“. Ich
hörte sie zum ersten Mal 1988 bei
dem legendären Gastspiel des
Musicals „Linie 1“ im Theater
Karl-Marx-Stadt. So geht das:
„Wir sind die Diademe
Der Reichshauptstadt Berlin
Die Butterkrem der Creme
Die Queens des Tauentzien
Vom Kudamm bis zum KaDeWe
Sind wir die Sahne im Kaffee.
Wie vor fünfzig Jahren
Tiri tiri tirallala
Wie vor 50 Jahren
Tärä tärä tärää.
Unsere Gatten hatten
hohe Posten in Wehrmacht,
Staat, Justiz
Der Staat läßt sich’s was kosten
Übers Grab hinaus, man sieht’s.
Ja, wir Wilmersdorfer Witwen
verteidigen Berlin
Sonst wär’n wir längst schon
russisch, chaotisch
und grün.“
Geschrieben hat dies Volker Ludwig, Gründer und langjähriger
Leiter des Grips-Theaters. In den
Folgejahren traf ich ihn noch einige weitere Male, stets anlässlich herausragender Inszenierungen in „seinem“ Theater. Er hat
mehr als 30 Stücke geschrieben,
die in nahezu 50 Sprachen weltweit aufgeführt werden. Dennoch
bleibt „Linie 1“ wohl DAS Ludwig-Stück schlechthin. Ich habe
die berühmtes Songs daraus
schon auf schwedisch und sogar
koreanisch gehört. Wo es keine UBahnen gibt, wird er zuweilen
einfach in Busse verlegt. Es ist
die ewig aktuelle Geschichte vom
„Landei“, das sich in den jungen
Musiker aus der Großstadt verliebt und ihm folgen will. Im alten Westberlin fährt das Mädchen
mit der genauso legendären UBahn Linie 1 vom Bahnhof Zoo
nach Kreuzberg. Die Erlebnisse
dabei waren so singulär nicht,
auch wenn das viele Berliner
dachten. Das macht ja bis heute
den Reiz aus. Und natürlich die
unglaublich tollen Lieder.
Kaum zu glauben, dass Ludwig
schon bald 80 wird. Vor fast 50
Jahren begann er, emanzipatorisches Theater für Kinder zu entwickeln. Seit 1972 heißt es
GRIPS Theater. Die Premiere von
„Stokkerlok und Millipilli“, 1969
mit seinem Bruder Rainer Hachfeld geschrieben und weltweit
nachgespielt, gilt als Geburtsstunde des modernen Kindertheaters. Es folgen weitere stets musikalische Stücke für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, darunter „Die Schönste Zeit im Leben“, „Max und Milli“, „Ab heute heißt du Sara“.
Ein unvergleichlicher Künstler.
Daher freut es mich besonders,
dass er am 24. Januar den „Alice
Salomon Poetik Preis“ erhielt.
Die Jury würdigte Volker Ludwigs vielseitiges und sozial engagiertes Lebenswerk: Mit seinen
Stücken schafft er Theater-Kunst
für Kinder und Erwachsene, regt
sie zum Nachdenken und zur Auseinandersetzung mit ihrer Umwelt an und setzt auf die Kraft der
kritischen Vernunft, ohne mit dem
pädagogischen Zeigefinger belehren zu wollen. Sein Theater ist
zugleich populäres und publizistisches Theater: Theater als offener Schauplatz, als Platz der Einsicht, Theater als „Drama“, als
Geschehensablauf, und Theater
als „Szene“, als ästhetisches
Konstruktionsprinzip und Milieu
zugleich – dafür wirkt und wirbt
sein vielgestaltiges, poetisches
Schaffen. Besser hätte ich es auch
nicht sagen können. Lieber Volker – herzlichen
Glückwunsch.
Ralf Nachtmann
Abb.: Volker Ludwig (Foto: Bienert); die „Wilmersdorfer Witwen“ in einer Aufführung der Musical-AG des Nikol a u s - v o n - We i s Gymnasium Speyer.
Seit den 1970-ern bezauberte die
blonde Helena aus Prag auch
hierzulande Millionen Fernsehzuschauer mit ihrem Charme,
ihrer Ausstrahlung, vor allem
aber mit ihrer großen Stimme.
Regelmäßig war die Sängerin zu
Gast in den großen Unterhaltungssendungen des DDRFernsehens – vom „Kessel
Buntes“ über das „Schlagerstudio“ bis zu „Da ist Musike
drin“. 1983 war sie sogar
selbst Gastgeberin des 63.
„Kessels“ im Palast der Republik in Berlin. Ihre Programme moderierte sie stets
in deutsch.
Helena Vondrácková ist die
populärste Sängerin aus
Tschechien und eine der bekanntesten des ehemaligen
Ostblocks. Die am 24. Juni
1947 in Prag geborene Sängerin und Schauspielerin erhielt
unzählige Preise bei nationalen und internationalen Festivals – ob bei der „Goldenen
Nachtigall“ oder der „Bratislavska Lyra“ in ihrem Heimatland, dem Internationalen
Schlagerfestival in Dresden,
dem „Miss of Festival“ in Brasilien, beim „Gouden Boot“ in
Belgien, Festivals in Japan,
Rumänien, Ungarn, Bulgarien, Griechenland, Frankreich,
Jugoslawien oder der Türkei.
Nicht zu zählen die Gold- und
Platin-Auszeichnungen für
verkaufte Tonträger. Ein Highlight waren ihre Auftritte in
der ausverkauften Carnegie
Hall in New York.
Im März 2007 sang sie die
deutsche Nationalhymne bei
dem EM-Qualifikationsspiel
Deutschland-Tschechien.
Deutschland ist für die
Pragerin nach wie vor wie
eine zweite Heimat. So kam
sie etwa im Januar 2010 zur
Eröffnung der Ausstellung
„Tschechische Märchen“ in
die Berliner Kulturbrauerei.
Dort waren auch die Kostüme
aus dem Märchenfilm „Die
wahnsinnig traurige Prinzessin“ zu sehen. In diesem Film
hatte sie 1969 ihr Filmdebüt
an der Seite ihres häufigen
Duett-Partners Václav Neckár
als Prinzessin gegeben (eini-
ge weitere Filmrollen und Synchronarbeiten folgten bis heute).
Die Karriere der blonden Pragerin begann schon in frühen Jahren. Sie studierte zehn Jahre Klavier, sang seit ihrer Kindheit.
1964 nahm sie an dem TalenteWettbewerb „Lucerna Prag“ mit
In dieser Serie erschienen bisher:
Brigitte Ahrens, Rosemarie Ambé, Julia Axen,
Franz Bar tzsch, Arndt Bause, Olaf Berger,
BERLUC, Hans-Jürgen Beyer, Hansi Biebl, Holger
Biege, Dieter Birr, Helga Brauer, Uschi Brüning,
Ralf Bursy, Gerd Christian, City, Tamara Danz, Kurt
Demmler, Stefan Diestelmann, Dieter Dornig, Walter Eichenberg, Har tmut Eichler, electra, Engerling, IC Falkenberg, Ina-Maria Federowski, Günther Fischer, Veronika Fischer, Franke-Echo-Quintett, Dagmar Frederic, Maja Catrin Fritsche, Arnold Fritzsch, Fred Frohberg, Dorit Gäbler, Rainer
Garden, Günter Geißler, Gitte & Klaus, Günter
Gollasch, Peter Gotthardt, Heinz-Jürgen Gott-
schalk, Ingo Graf, Mary Halfkath, Hans die Geige,
Michael Hansen, Monika Hauff/Klaus-Dieter Henkler,
Monika Herz, Jörg Hindemith, Ruth Hohmann, Andreas Holm & Thomas Lück, Lutz Jahoda, Dieter
Janik, Uwe Jensen, Erhard Juza, Karat, Karussell,
Barbara Kellerbauer, Britt Kersten, Jürgen Kerth,
Herbert Klein, Helmut Kluwe, Zsuzsa Koncz, Jiri
Korn, Henry Kotowski & Die Sputniks, Horst Krüger,
Thomas Kurzhals, Aurora Lacasa, Reinhard Lakomy,
Anke Lautenbach, Klaus Lenz, Lift, Wolfgang Lippert,
Angelika Mann, Gisela May, Achim Mentzel, Sandra
Mo & Jan Gregor, Gerti Möller, Gruppe MTS, Gaby
Munk & Ingo Krähmer, Gerd Natschinski, Thomas
Natschinski, Roland Neudert, Omega, Peter Paulick,
dem Song „The man I love“ teil
und bekam den 1. Preis. Erste
Rundfunktitel folgten.
Bereits 1965 wurde Helena Vondrácková zur populärsten Sängerin der CSSR gekürt – mit knapp
18! 1970 kam sie zum ersten
Mal in die DDR, füllte große
Veranstaltungssäle wie den
Friedrichstadtpalast oder das
Metropol-Theater, oft auch
gemeinsam mit ihrem Bühnenpartner Jiri Korn. Beide
stets mit dem ganzen Programm – singen, steppen, tanzen. Ab 1973 veröffentlichte
AMIGA ihre Titel, 1978 dann
eine eigene LP. Mit Hits wie
„Unter der Asche meiner Liebe ist noch Glut“ oder „Archimedes“, einem ihrer bekanntesten Titel bis heute.
Im tschechischen Fernsehen
bekam Helena eine eigene
TV-Sendung. Sie gastierte
2010 in der Staatsoper Prag
mit „Helena on Broadway“,
spielte in Musicals und nahm
immer wieder neue Platten
auf wie das Doppel-Album
„Recital“ (2007 war bei Sony
BMG eine „Best of“-DoppelCD erschienen). Ihre neuste
CD „Der Zauber von Weihnachten“ erschien Ende 2014.
Seit 2004 ist die Sängerin mit
dem Prager Geschäftsmann
Martin Michal verheiratet. Ihren ersten Ehemann, Hellmut
Sickel, hatte sie 1977 in der
DDR kennen gelernt – den
einstigen Bassisten der Gruppe „Kreis“ und der SchöbelBegleitband „etc“, mit der
Helena auch zwei Jahre zusammen arbeitete.
Im Juni 2015 begeht Helena
ihr 50. Bühnenjubiläum mit
Konzerten u.a. im „Prag Palast Zofin“ (13. Juni) und in
Presov (18. Juni).
Ingeborg Dittmann
Abb.: Wehender Rock und fesche Stiefel waren Helenas
Markenzeichen (1979); heute
zeigt sie sich eher als Lady;
ihr Hit „Unter der Asche meiner Liebe ist noch Glut“ war
auch auf ihrer ersten AMIGASingle im Jahr 1978.
Fotos: Lopatta,
Agentur, Archiv
Ines Paulke, Jenny Petra, Eva Maria Pieckert, Die
Prinzen, Die Puhdys, James W. Pulley, Thomas
Putensen, Ingrid Raack, Brigitte Rabald-Koll, Reform, Gaby Rückert, SANDOW, Christian Schafrik,
Fred Schmidt, Sonja Schmidt, Vera Schneidenbach,
Frank Schöbel, Christel Schulze, Har tmut Schulze-Gerlach, Sonja Siewert & Herbert Klein, Silly,
Sven Simon & Pallas Band, Reiner Süß, Dina
Straat, Theo-Schumann-Combo, Tina, Regina
Thoss, TRANSIT, Christiane Ufholz, Siegfried Uhlenbrock, Bärbel Wachholz, Jürgen Walter, Arnulf
Wenning, Peter Wieland, Harald Wilk, Alfons
Wonneberg, Pascal von Wroblewsky, Petra Zieger,
Wolfgang Ziegler.
4
jot w.d. 2/2015
Großsiedlung
Frauen auf die
Straßenschilder
Förderung des Ehrenamts
Hellersdorf – Sollten in den
drei Hellersdorfer Ortsteilen
künftig Straßen oder Plätze neu
zu benennen sein, und das ist
ja angesichts geplanter Bauvorhaben nicht auszuschließen, so
werden sie die Namen von
Frauen erhalten. Einem entsprechenden Grundsatzbeschluss der BVV folgend haben
die Verordneten nun eine
prioritäre Reihenfolge für dieses Gebiet festgelegt. Im Einzelnen handelt es sich dabei um
Lili Grün, Lin Jaldati, Pola
Negri, Gisèle Freund, Lotte
Lenya und Mascha Kaléko.
Diese Prioritätenliste wurde
mit dem Heimatverein beraten
und knüpft an die Benennung
verschiedener Straßen und
Plätze in Helle Mitte an. RN
STADT UND LAND übergab Spende von 4500 Euro an die Stiftung Gute-Tat
Haus Babylon
sanieren
Hellersdorf – Das Bezirksamt
soll nach dem Willen der BVV
sich für die dringend notwendige Sanierung von „Haus Babylon“, dem Sitz des Babel e.V.
stark machen. Als erste Maßnahme fordern die Verordneten, dass im Haushaltsplan für
2016/17 oder aus etwaigen
Sonderprogrammen Geld für
die Dach- und Fenstersanierung bereit gestellt wird. RN
Schutz für Schüler
Marzahn – Um die Gefährdung
von Schülern des Wilhelm-vonSiemens-Gymnasiums zu verringern hatten die Bezirksverordneten von SPD und Linken
ein Aufstellen geeigneter Hinweisschilder gefordert. Einen
entsprechenden Beschluss hat
das Bezirksamt kurz vor der
Winterpause gefasst und teilt
nun mit, dass zwei „nichtamtliche“ Schilder mit dem Hinweis
„Vorsicht Schule“ an der Allee
der Kosmonauten aufgestellt
werden.
RN
U-Bahnhof wird
barrierefrei
Hellersdorf – Weil er als eine
der wichtigsten Anbindungen
der IGA an den ÖPNV gilt, wird
der U-Bahnhof Neue Grottkauer
Straße barrierefrei umgestaltet
und soll nach Informationen aus
der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung rechtzeitig fertig
gestellt sein. Insgesamt würden
7,4 Millionen Euro für die Sanierung des Bahnhofs investiert,
teilt der Wahlkreisabgeordnete
Sven Kohlmeier mit. Demnach
würde neben einem Blindenleitsystem auch ein Aufzug installiert. Zudem solle das Gesamtbild des Bahnhofes, etwa durch
eine Neueindeckung des Daches, Modernisierung der Beleuchtungstechnik und durch
den Einbau von Video- und
Kommunikationssystemen, aufgewertet werden. Darüber hinaus sei die Umgestaltung des
Nordzugangs geplant.
RN
Berlin – „Aus jedem SpendenEuro entsteht ein gesellschaftlicher Mehrwert von über acht
Euro“, mit diesen Worten bedankte sich Stiftungsvorstand Jürgen
Grenz bei der STADT UND
LAND Wohnbauten-Gesellschaft.
Im Januar überreichten Anne
Keilholz und Ingo Malter, Geschäftsführer von STADT UND
LAND, offiziell einen Scheck
über 4500 Euro an die Stiftung
Gute-Tat und unterstützen damit
die Förderung und Vermittlung
ehrenamtlichen Engagements.
„90 Jahre! 90 gute Taten“ hieß die
Jubiläumsaktion zum 90. Geburtstag der STADT UND LAND, bei
der sich 385 von fast 500 Mitarbeitern im vergangenen Jahr tatkräftig in sozialen Projekten engagierten und in ihrer Freizeit über
1500 Stunden ehrenamtliche Arbeit leisteten. Vom Bewerbungstraining über Garten- und Malerarbeiten bis zur Unterstützung von
Festen und Feiern für Kinder und
Jürgen Grenz, Geschäftsführer Gute-Tat, Anne Keilholz, Geschäftsführung STADT UND LAND, Ines Brüggemann Gute-Tat und Ingo
Malter, Geschäftsführung STADT UND LAND (v.l.n.r.), mit dem symbolischen Scheck über die Spendensumme.
Foto: Becerra
Senioren – die Bandbreite der gu- Als finale gute Tat überreichte
ten Taten war groß.
STADT UND LAND die Spende
von 4500 Euro an die Stiftung
Gute-Tat, die ehrenamtliches Engagement von Privatpersonen und
Unternehmen in Berlin, München
und Hamburg vermittelt. „Wir
haben unser soziales Engagement
in handfesten guten Taten verankert und möchten durch die Spende dazu beitragen, das ehrenamtliche Engagement in Berlin zu
stärken. Die vermittelnde Tätigkeit der Stiftung leistet dafür einen wertvollen Beitrag“, ist Ingo
Malter überzeugt.
Im Rahmen der Spendenübergabe
im Neuköllner Bürgerzentrum
wurde auch ein Buch vorgestellt,
in dem zahlreiche gute Taten der
STADT UND LAND-Belegschaft
dokumentiert sind. Anne Keilholz
betonte die Nachhaltigkeit der
Jubiläumsaktion: „Zwischen einigen Einrichtungen und den helfenden Kollegen wurden Bande
geknüpft, die auch künftig tragen
werden. Das unterstützten wir
gerne.“
F.H.
Mehr Aufmerksamkeit für Großsiedlungen
Difu und Kompetenzzentrum untersuchten Entwicklungsperspektiven großer Wohnsiedlungen
Ob Hellersdorf, Märkisches Viertel oder Hohenschönhausen in Berlin, ob Neue Vahr Bremen, Dresden Gorbitz, Nordostbahnhof Nürnberg, Leipzig Grünau oder Buchheimer Weg Köln – in Deutschland
leben acht Millionen Menschen in
Großsiedlungen. Diese umfassen
zehn Prozent des deutschen Wohnungsbestands, insgesamt etwa vier
Millionen Wohnungen.
Nach einer neuen Studie*, die das
Deutsche Institut für Urbanistik
(Difu) zusammen mit dem Kompetenzzentrum Großsiedlungen erarbeitete, sind diese Siedlungen
enorm wichtig für die Städte, denn
sie sind meist die Quartiere mit
dem preisgünstigsten Wohnraum.
Durch Großsiedlungen kann der
Bevölkerung bezahlbarer Wohnraum bereitgestellt werden, was
Einkommensschwächere unterstützt und nicht zuletzt dem sozialen Frieden dient.
Laut der kürzlich in Berlin im Rah-
men der Fachkonferenz „Weiterentwicklung großer Wohnsiedlungen“
vorgestellten Studie wird der dortige Investitionsbedarf, gemessen
an realistischen Zielquoten für die
Modernisierung und eventuellem
Neubau, für den Zeitraum bis 2030
auf 56 Milliarden Euro geschätzt.
Darin sind noch keine Investitionen
in die soziale und technische Infrastruktur im Wohnumfeld enthalten.
Diesem Bedarf stehen derzeit bereits absehbare Investitionsabsichten mit einem Volumen von 33
Milliarden Euro gegenüber.
Große Wohnsiedlungen haben, besonders bei der Betrachtung von
nicht dort lebenden Zeitgenossen,
ein schlechtes Image, das mit dem
Siedlungsalltag meist wenig zu tun
hat. Entgegen ihrer oft negativen
Darstellung in bestimmten Medien, genießen solche Siedlungen
noch selten einen hohen Stellenwert in der Stadtentwicklungsplanung. Dies sollte sich ändern.
Den größten Einfluss haben hierbei die Eigentümer der Siedlungen
– die kommunalen und privaten
Wohnungsunternehmen, die Genossenschaften sowie Eigentümergemeinschaften und Wohnungseigentümer. Sie sind gefragt, die
Wohnsiedlungen als attraktive Lebensräume und Alltagsorte zu entwickeln. Neben der Erneuerung der
Gebäude umfasst dies vor allem
auch das Wohnumfeld, die Funktionsmischung oder die Infrastruktur. Auch die Beziehung zur
Gesamtstadt muss in der Planung
berücksichtigt werden.
Vor dem Hintergrund des angespannten Wohnungsmarktes müssen Gesellschaft, Politik und Investoren künftig auch bestehende
Potenziale für Wohnungsneubau
(Flächen, Aufstockungen) der
Großsiedlungen stärker ins Blickfeld rücken.
Aufgrund der demografischen Entwicklung wird künftig die bar-
rierearme Gestaltung von Wohnraum und Quartieren in bestimmten Marktsegmenten das zentrale
Vermietungsargument werden.
Auch die energetische Modernisierung Gebäude bleibt weiterhin notwendig. Gefragt sind hier kostengünstige Lösungen, die ein Erreichen der Energieeinsparziele auch
unter schwierigeren Marktbedingungen ermöglichen.
Die gesamten Ergebnisse der Studie werden in einem ausführlichen
Bericht dokumentiert. Die Veröffentlichung ist zu Beginn des zweiten Quartals 2015 vorgesehen.
S. Wenke-Thiem
* Unter den Siedlungsbegriff der
Studie fallen die in den 20-er bis
80-er Jahren des 20. Jahrhunderts errichteten Wohnquartiere
des mehrgeschossigen Mietwohnungsbaus, die mehr als 500 Wohnungen bzw. 1000 Einwohner haben.
Auch nach Sanierungen der vergangenen Jahr besteht in den Großwohnsiedlungen weiter Investitionsbedarf.
Foto: Nachtmann
Kleinsiedlung
jot w.d. 2/2015
5
Sinkendes Grundwasser
Trockenheit lässt Stände fallen – Wachsende Sulfatbelastung könnte Einfluss gewinnen
Kaulsdorf/Biesdorf – Die Grundwasserstände in den Siedlungsgebieten sind im vergangenen Jahr
um bis zu 20 Zentimeter gesunken.
Das geht aus der Antwort von Umweltstaatssekretär Christian Gaebler auf eine Anfrage des Abgeordneten Alexander Herrmann hervor.
An vier Messpunkten wurden die
Werte verglichen. „Bei allen vier
Grundwasserstandsganglinien
spiegelt sich das Niederschlagsgeschehen der letzten beiden Jahre
wider“, schreibt Gaebler in seiner
Antwort. Das relativ „trockene“
Jahr 2014 habe die höheren Grundwasserstände des „nasseren“ Vorjahres wieder kontinuierlich absinken lassen. An drei Messstellen
befand sich der Grundwasserstand
im Dezember 2014 deshalb auf
dem tiefsten Punkt. Lediglich der
Grundwasserstandsgang der
Messstelle 8120 zeige einen etwas
anderen Verlauf, „da er durch den
Seewasserspiegel des Biesdorfer
Baggersees beeinflusst“ sei.
Dennoch weisen viele Gebäude in
diesen Gebieten grundwasserbedingte Vernässungsschäden auf.
Gaebler beziffert die dem Senat in
Biesdorf, Kaulsdorf und Mahlsdorf
südlich der B 1 gemeldeten Gebäude mit Kellervernässungen auf 269.
Der höchste Grundwasserstand,
von dem Grundstückeigentümer
bei der Abdichtung ihrer Bauwerke aktuell ausgehen müssen, um für
die Zukunft Vernässungsschäden
auszuschließen, sei „je nach örtlicher Lage unterschiedlich“. Daher
könne keine generelle Aussage
getrofen werden. Die entsprechenden Informationen könnten jedoch
„für jedes Gebäude bei der zuständigen Senatsverwaltung individuell erfragt“ werden.
Einfluss auf die künftigen Grundwasserstände kann aber auch von
ganz anderer Seite kommen. Seit 20
Jahren steigt die Sulfat-Konzentration in Dahme, Müggelspree und
In dieser Senatskarte sind die vier Messpunkte für die Grundwasserstände eingezeichnet. Fast überall sank der Spiegel im Jahr 2014.
Stadtspree an. Hauptverursacher ist
der Braunkohleabbau in der Lausitz.
Schon in diesem Jahr könne
der Grenzwert von 250 Milligramm
Sulfat je Liter in der Berliner Spree
überschritten werden, befürchtet der
Bund für Umwelt- und Naturschutz.
„Damit steht fest, dass die Gewässerqualität der Spree als Grundlage für die Rohwasseraufbereitung
zur Trinkwasserherstellung langfristig nicht ausreichen wird“, sagt
Winfried Lücking, Leiter Gewässerpolitik beim BUND. Berlin
deckt seinen Trinkwasserbedarf zu
70 Prozent mit Uferfiltrat aus Havel und Spree. Die Überschreitung
der Grenzwerte führe im Extremfall
zur Schließung des Wasserwerks
Friedrichshagen. Kaulsdorf etwa
müsste dann mehr Trinkwasser fördern, was zur verstärkten Grundwasserabsenkung führt mit der
Folge, dass wertvolle Feuchtgebiete
und Moore austrocknen.
Zu viel Sulfat im Trinkwasser führt
zu Durchfall und Erbrechen. Zusätzlich fördert Sulfat Gebäudeund Wasserleitungsschäden, bedingt durch Betonfraß, die zu steigenden Unterhaltungskosten führen.
R. Nachtmann
Im „Goldenen Nest“ wachsen Träume heran
Kunstwerk für Grundschule Habichtshorst ausgewählt
Biesdorf – Im Rahmen eines Wettbewerbs, den das Bezirksamt veranstaltete, hat der Projektvorschlag „Das goldene Nest“ des
Berliner Künstlers Thorsten Goldberg die einstimmige Empfehlung
der Jury zur Umsetzung erhalten.
Das Kunstwerk wird die künftige
Grundschule Habichtshorst zieren.
Im Rahmen des Wettbewerbs unter acht Künstlern und Teams unter dem Vorsitz des Künstlers
Nicolaus Schmidt galt es, eine
ortsspezifische Lösung zu finden,
die sich auf die Architektur und
deren Nutzung durch die Schülerinnen und Schüler bezieht.
Das Kunstwerk „Das goldene
Nest“ fügt einem Wandstück eine
rahmenlose Vitrine ein, in der ein
in Gold gefertigtes Vogelnest platziert ist, wie es von Greifvögeln
gebaut wird. Das „goldene Nest“
wird zur Projektionsfläche von
Ideen und Träumen der Schüler
und Lehrer. Nach einer Zeitspanne von 14 Jahren soll das Goldene
Nest gegen seinen Materialwert
eingetauscht, und dieser der Schule für einen gemeinschaftlich erarbeiteten und ermittelten Zweck
zur Verfügung gestellt werden.
Durch eine Beteiligung und Mitsprache soll Gemeinschaft entste-
hen, in der Vitrine bleibt dann eine
Dokumentation über das Goldene
Nest zurück.
Das Preisgericht würdigte den
Entwurf als eine „komplexe und
durchdachte Konzeptarbeit mit
experimentellen Charakter“. Darüber hinaus werfe das Kunstwerk
viele Fragen über den Wert von
Bildung auf und stiftet somit Kommunikation. Das Preisgericht erkannte die „Bezüge eines Vogelnestes zum Standort Habichtshorst
sowie zur Geborgenheit gebenden
Institution Schule“ als überzeugend an. Das Kunstwerk werde
wie ein geheimnisvoller „Schatz“
in der Schule wirken und den
Schülern viele Anregungen für eigene Geschichten geben. Die Frage über die Verwertung werfe darüber hinaus soziale Interaktionen
über eine gemeinsame Entscheidungsfindung auf und werde somit zu einem Höhepunkt des
Schullebens.
Die Grundschule Habichtshorst
entsteht nach den Plänen von
ReimarHerbst Architekten Berlin.
Die Architekturplanung beruht auf
dem Ergebnis eines Realisierungswettbewerbs von 1998. Die
Fertigstellung ist für 2016 geplant.
Karin Scheel, Galerie M
Zoff am Gartenzaun?
Weg zu neuem Kunstort
VDGN-Ratgeber zum Nachbarstreit
Vortrag über die künftige Galerie im Schloss
Biesdorf – Was darf ich? Was darf
der Nachbar nicht? Das sind die
Grundfragen, wenn sich Streit unter Nachbarn abzeichnet. Und es
gibt viele Anlässe für Zoff am Gartenzaun: laute Rasenmäher und
Kettensägen, Bäume an der
Grundstücksgrenze, Grillgerüche,
unklare Wegerechte und Grenzverläufe, feiernde Gäste, störende Bauvorhaben nebenan. Da ist
es gut, um die gesetzlichen Regeln
zu wissen. Doch die sind vielfältig, in den einzelnen Bundesländern verschieden und werden
obendrein im Laufe der Jahre nicht
selten geändert. Der Verband
Deutscher Grundstücksnutzer hat
jetzt sein Ratgeberheft „Streit mit
dem Nachbarn – was sind meine
Rechte?“ aktualisiert und neu aufgelegt. Dieser Klassiker im
VDGN-Ratgeberprogramm bietet
so Auskünfte auf dem neuesten
Stand zu praktisch allen wichtigen
nachbarrechtlichen Bestimmungen bundesweit. Die einschlägigen
rechtlichen Regelungen im Bürgerlichen Gesetzbuch, in den
Nachbarrechtsgesetzen der Bundesländer und deren Bauordnungen werden verständlich erklärt.
Zahlreiche Tabellen erleichtern
den Überblick zum Beispiel über
die notwendigen Grenzabstände
für Bäume, Sträucher und Hecken
oder für zulässige Lärmwerte in
Wohngebieten. Das Heft „Streit
mit dem Nachbarn – was sind
meine Rechte?“ kostet 5 Euro
(plus 1,50 Euro für den Versand)
und kann per Telefon 514 888-0
oder im Internet www.vdgn.de/ratgeber bestellt werden.
HB
Biesdorf – Die Kulturstadträtin
des Bezirks Marzahn-Hellersdorf, Juliane Witt, stellt sich im
Februarvortrag der Vortragsreihe
zum Schloss Biesdorf am 9. Februar, 18.30 Uhr im Stadtteilzentrum Biesdorf, Altbiesdorf 15,
einem zentralen und gleichwohl
anspruchsvollen Thema. Wie soll
sich die künftige Galerie im wiederaufgebauten Schloss präsentieren? Welches kulturell-künstlerisches Konzept liegt den Präsentationen zu Grunde? Welche
Rolle spielen die Kunstwerke aus
der DDR, die im Kunstarchiv
Beeskow lagern? Welchen Platz
kann und soll die neue Galerie in
der Kulturlandschaft Berlins einnehmen?
Julia Witt wird über die bisherigen und die noch zu gehenden Ar-
beitsschritte bis zum fertigen
Galeriekonzept, so auch über den
Dialog mit dem für das Schlossprojekt berufenen Galeriebeirat
informieren. Sie stellt auch die
Vorstellungen an das künftige
Leben, das Veranstaltungsprofil
des neuen Hauses dar und wie
sich die Bürger künftig einbringen können. Info und Anmeldung
bei der Volkshochschule, Tel. 90
293 25 90, Gebühr 4 Euro.
Die Vortragsreihe des Vereins
Stiftung Ost-West-Begegnungsstätte Schloss Biesdorf mit der
Volkshochschule Marzahn-Hellersdorf sieht auch in diesem Jahr
eine Exkursion in das Kunstarchiv Beeskow vor. Sie ist für
den 14. März geplant. Interessenten können sich bereiuts jetzt
melden.
AM
Buchlesung mit
Wolfgang Reuter
Kaulsdorf – Am 10. Februar,
15 Uhr, stellt Wolfgang Reuter
im Stadtteilzentrum, Brodauer
Straße 27-29, sein Buch „Ein
Schatz für Anke“ vor. Es erzählt die Geschichte der 13jährigen Anke Wolfsgruber, die
auf dem Görlitzer Nikolaifriedhof einen 500 Jahre alten
Grabstein mit ihrem Namen
entdeckt. Bei der Spurensuche
erlebt sie mit ihrem Freund aufregende Abenteuer. Reuter,
1943 in Görlitz geboren und
heute in Marzahn lebend, war
Lehrer, Chefredakteur beim
DDR-Kinderfernsehen und
Sendeleiter beim Sportsender
DSF. Eintritt 1 Euro, Anmeldung Tel. 56 588 762).
I.D.
Der Bürgerverein
lädt ein
Mahlsdorf – Am 12. Februar
lädt der Bürgerverein Mahlsdorf-Süd zu einer Information
und Diskussion unter dem Motto „Wie geht es weiter in
Mahlsdorf-Süd?“ ein. Es geht
dabei u.a. um die Entwicklung
der Infrastruktur sowie sportliche und kulturelle Angebote.
Es antworten Mitglieder des
Bezirksamtes sowie Bezirksverordnete. Beginn 18 Uhr,
Kiekemal-Grundschule, Hultschiner Damm 219.
I.D.
Vorbeugen ist
besser als heulen
Mahlsdorf – Am 26. Februar
geben Polizei und Kripo im
Familientreff „Am Hultschi“,
Hultschiner Damm 140, unter
dem Motto „Vorbeugen ist besser als heulen“ Ratschläge zum
Thema Einbruchsicherheit. Die
Veranstaltung des Bürgervereins Mahlsdorf-Süd beginnt 18
Uhr, Eintritt frei.
I.D.
Strickliesel und
Kartenspiele
Biesdorf – Wer in geselliger
Runde stricken möchte, kann
dies montags von 10-12 Uhr und
donnerstags von 15-17 Uhr im
Stadtteilzentrum, Alt-Biesdorf
15, tun. Muttis können gern ihre
Kinder mitbringen, Kinderspielzimmer und Wickelmöglichkeit vorhanden. Romméund Canasta-Fans treffen sich
dienstags von 10-12 Uhr und
donnerstags von 15-17 Uhr. Info
Tel. 526 78 45 93.
RN
Tanz im TaP
für Erwachsene
Biesdorf – Auch in diesem
Monat lädt das Theater am Park,
Frankenholzer Weg, zum Tanz.
Am 7. Februar heißt es „ Gute
Laune ist ein Muss“ mit der
Alex-Band. Am 21. Februar besingen The Voices „Winterzeit
schöne Zeit“. Am 28. Februar
zeichnen die Memories „Spuren im Schnee“. Beginn jeweils
14.30 Uhr, Eintritt 10 Euro. RN
6
jot w.d. 2/2015
Links & rechts der Wuhle
Fackel in der Dunkelheit
Versteckte Orte im Bezirk – Teil 3: Alice-Herz-Platz
Orte wie die Gärten der Welt, die
Helle Mitte, das Unfallkrankenhaus oder auch der Helene-WeigelPlatz kennen vermutlich die meisten
im Bezirk Wohnenden, auch über
die Bezirksgrenzen hinaus wird
häufig darüber berichtet. Daneben
gibt es aber versteckte oder vergessene Orte, die selbst jenen Marzahn-Hellersdorfern unbekannt
sind, die ihrem Heimatbezirk über
viele Jahre hinweg die Treue hielten.
Versteckt ist beim Alice-Herz-Platz
an der Mahlsdorfer Giesestraße
nicht so sehr der Platz selbst, der
sich ganz in der Nähe des
Mahlsdorfer Bahnhofs an einer
Buslinie sowie des ehemaligen Firmensitzes von Dr. Herrmann Reisen befindet, dessen aktuelle Neunutzung durch Discounter bekanntlich immer noch umstritten ist.
Keine abgeschiedene, menschenleere Gegend also, aber der dreiekkige Platz selbst und seine Namenspatronin scheinen im öffentlichen
Bewusstsein des Bezirks eher ein
Mauerblümchendasein zu fristen.
Gern lasse ich den Einwand gelten: Ja, das Areal wurde bisher
durch das zuständige Grünflächenamt im Frühling stets sorgsam bepflanzt und macht auch auf unserem aktuellen Foto einen gepflegten Eindruck. Die Abgeschiedenheit rührt womöglich aus der Einzäunung. Die Zugänglichkeit des
Platzes wurde erschwert, um Vandalismus einzuschränken und die
Anlage gegenüber dem fließenden
Verkehr abzugrenzen.
So präsentierte sich der Alice-Herz-Platz an der Mahlsdorfer Giesestraße im Januar.
Nun aber zum Namen des Platzes:
Auf Initiative des Heimatvereins
und des Herausgebervereins dieser
Zeitung erhielt das davor namenlose Straßendreieck im Januar 2003
den Namen der jüdischen Pazifistin
Alice Herz. Seit 1920 wohnte sie
mit ihrem Ehemann, dem Chemiker Dr. Paul Herz, in der Akazienallee 4 in Mahlsdorf Süd. 1928/29
sterben innerhalb von zwei Monaten ihr Mann und ihr blinder Sohn.
Nachdem sie sich 1933 von der
Brutalität der an die Macht gekommenen Nazis überzeugen konnte
und als Jüdin und Friedens-
aktivistin Drohanrufen ausgesetzt
ist, flieht sie mit ihrer Tochter kurz
nach dem Reichstagsbrand nach
Prag. Über Österreich und die
Schweiz kommt sie nach Paris.
Die Ausreise aus Frankreich in die
USA gelingt ihr 1942 kurz vor der
endgültigen Okkupation des Landes durch die Wehrmacht. In Detroit schließt sie sich der amerikanischen Friedensbewegung und der
internationalen Frauenliga an.
Während
der
gesamten
Emigrationszeit schreibt sie für die
Zeitschrift „Neue Wege“, die sich
dem christlichen Streben nach Frie-
Foto: Clauder
den und Demokratie verbunden
fühlt.
Mit 82 Jahren entschließt sie sich,
durch einen „Appell“ und die anschließende öffentliche Selbsttötung ein drastisches Signal der
Verbundenheit mit den im Vietnamkrieg leidenden Menschen zu
setzen, wo amerikanische Napalmbomben zahllose Brandopfer forderten. Ihre öffentliche Selbstverbrennung am 16. März 1965 (sie
starb an den Verletzungen am
26.3.1965) war besonders in der
starken katholischen amerikanischen Friedensbewegung umstrit-
ten. Die Frage nach dem Sinn ihres Freitods und nach der Vereinbarkeit mit der propagierten
Gewaltfreiheit der Bewegung berührte viele der Aktivisten, zumal
es sowohl in den USA als auch in
Vietnam selbst einige Nachahmer
gab. Die Vietnamesin Nhat Chi
Mai erklärte ihre Selbstverbrennung in einem letzten verzweifelten Brief: „Ich opfere meinen Körper als eine Fackel in der Dunkelheit, um damit in den Menschen die
Liebe zu erwecken, die den Frieden nach Vietnam bringt.“
Christliche Friedensaktivisten
gründen in den USA kurz nach der
Selbstverbrennung eine AliceHerz-Gedenkstiftung zur Unterstützung der Vietnamesen. Zehn Jahre und einen Monat nach Alice
Herz’ Tod war es dann soweit: Die
Volksbefreiungsarmee vertrieb
Ende April 1975 die amerikanischen Truppen und ihre Helfer vor
Ort aus Vietnam. Anders als in den
USA oder hierzulande wurde Alice
Herz in Hanoi und anderen vietnamesischen Städten als Heldin verehrt und ist in vielen Museen allgegenwärtig.
Wie auch immer man auf ihre
Selbstverbrennung blicken mag:
Die engagierte Pazifistin mit
Mahlsdorfer Wurzeln hat es verdient, dass im März 2015, also 50
Jahre nach ihrem Tode, und 70 Jahre nach dem Ende eines der grausamsten Kriege des 20. Jahrhunderts ihrer gedacht wird. Der AliceHerz-Platz in Mahlsdorf bietet dafür die Möglichkeit.
Ulrich Clauder
Kreativität heißt das Zauberwort
Ein Verein mit Energie: Der Kulturring bietet auch in unserem Bezirk vieles an
Ohne Vereine geht hierzulande kaum
etwas. Sie stehen für das zivilgesellschaftliche Engagement ihrer
Mitglieder, sind häufig Motor von
Veränderungen und werden mit ihren berechtigten sozialen Anliegen
von der Politik allein gelassen.
Unterfinanzierung und mangelnde
öffentliche Wahrnehmung sind die
Folge. Ja, manchmal vertreten sie
auch sehr spezielle Interessen, sind
kleine, arme zerstrittene Häufchen
von Mitgliedern. Der ADAC hat gezeigt, dass es in der Bundesrepublik
auch millionenschwere, überaus
mitgliederstarke, dafür aber in ihrer
Spitze sehr korrupte Vereine gibt.
Der Kulturring e.V. wurde 1994 in
Berlin gegründet, eine seiner Wurzeln hat er im Kulturbund der DDR.
Beim Gespräch mit dem langjährigen Kulturring-Geschäftsführer Ingo
Knechtel entsteht in mir das Bild
eines Netzwerkes, das sich im chronisch unterfinanzierten Berliner Kulturbetrieb behaupten konnte und inzwischen für mehr als 300 Menschen
eine sinnvolle Beschäftigung organisiert.
Der Kaulsdorfer spricht natürlich
lieber über die zahlreichen attraktiven Kultur- und Bildungsprojekte
des Vereins als über deren oft mühselige Finanzierung. Denn wie auch
anders: Ein Arbeitgeber mit den für
den Kulturbereich notwendigen
ethischen Ansprüchen an die eigene Tätigkeit kommt mit den prekären Arbeitsverhältnissen im eigenen Bereich nicht konfliktfrei zurecht. Aber: „Ohne die von den
Jobcentern und dem Senat mit dem
gesetzlichen Mindestlohn geförderten Arbeitsverhältnisse hätten die
meisten unserer Kulturprojekte null
Chance zum Überleben. Das soll
aber nicht den Blick auf den Einsatz und die Kraftanstrengung der
eigentlichen Akteure, der vielen
Kulturarbeiter verdecken!“
Am Beginn der Arbeitsmarktreformen gab es neben eigenen Bedenken
auch Widerstand, wurden doch parallel Arbeitsplätze vernichtet, und
entlassene Kulturarbeiter fanden sich
plötzlich in Projekten des zweiten
Arbeitsmarktes wieder. „Wir dürfen
bei allen Zweijahresverträgen oder
kurzfristigeren Vereinbarungen mit
den Jobcentern keine Stellen aus dem
ersten Arbeitsmarkt ersetzen. Diese
Verpflichtung nehmen wir ernst.“ In
letzter Zeit trifft das gleichermaßen
auf die mehr als 100 Stellen zu, die
im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes besetzt werden. Auch hier
ist der Kulturring ein großer und
verlässlicher Partner der Bundesvereinigung für kulturelle Jugendbildung. Das Fitmachen für den ersten Arbeitsmarkt gehörte stets zu
den Bildungsprojekten des Kul-
turring, freilich mit viel weniger Zuspruch, seit die Große Koalition im
Senat in trauter Einigkeit mit der
Nürnberger Arbeitsverwaltung verfügte, dieses Fitmachen dürfe nur
noch in der Freizeit der Geringverdiener erfolgen.
Viele der kleineren Vereine aus Kultur oder Bildung suchen gerade in
diesen Fragen für ihre Projekte die
Ingo Knechtel (62) ist seit 1999 Geschäftsführer des Kulturring. Der
Dolmetscher/ Übersetzer für Englisch und Französisch wechselte
1985 zum Kulturbund, dem er auch
nach der Wende die Treue hielt. Der
Kaulsdorfer ist verheiratet und hat
zwei Kinder. Zur Arbeit fährt er regelmäßig mit dem Rad. Foto: privat
Unterstützung und die Erfahrung des
Kulturring e.V. So entstand ein Netzwerk, das sich in einer eher schwieriger gewordenen Umgebung behauptet. Dies funktioniert aber nur
dann, wenn es dem Kulturring – wie
vielen anderen Vereinen – gelingt, an
die nicht allzu prall gefüllten Töpfe
mit Fördermitteln aus Land, Bund
und EU sowie von den Bezirksämtern erfolgreich heranzukommen.
Auch die Stiftungsmittel sind geschrumpft. Kreative Ideen für Projekte sind deshalb das Zauberwort
auch für den Kulturring.
Vom Erfolg und der Sachkompetenz
der Kulturring-Mitarbeiter legen
hier im Bezirk bekannte Veranstaltungsreihen, Konzerte und Ausstellungen ein beredtes Zeugnis ab.
Hierfür stehen das Hellersdorfer
Kulturforum, das Tschechow-Theater, aber auch Projekte in Lichtenberg, Treptow, Pankow, Spandau und
im Brandenburger Umland. Vielfältig sind gerade die Kultur- und Bildungsangebote für russischsprachige
Deutsche, wie auch für Vietnamesen
und andere Migranten. „Wir wollen
sie natürlich nicht nur im eigenen
Kulturkreis lassen, sondern bieten in
bereits etablierten Kulturprojekten
den Migranten die Mitarbeit an.“
Dazu kommen Geschichtsprojekte:
Mehr als dreißig Projektmitarbeiter
forschen in Archiven nach Opfern
und Tätern der Verfolgung von Juden und Homosexuellen unter der
Nazidiktatur. Im Ergebnis gibt es
eine Dauerausstellung im Rathaus
Schöneberg.
Zahlreiche Senioren mit Interesse an
kulturellen Ausflügen beteiligen sich
an der Interessengemeinschaft Museen und Ausstellungen, etwa 60 allein in Marzahn-Hellersdorf. Junge
Menschen interessieren sich vor allem für die EU-geförderte kritische
Begleitung neuer Medien. Der
Kulturring arbeitet hier mit Schülern
und Lehrern an Schulen, mit Studenten und anderen Partnern aus Universitäten.
Gern hätte Ingo Knechtel auch im
Nordosten unseres Bezirks oder im
benachbarten Lichtenberg eines der
erfolgreichsten neueren KulturringAngebote verankert: Die „Medienpoints“. Sie genießen in anderen
Berliner Bezirken großen Zuspruch. Nicht mehr gebrauchte
Bücher, Ton- und Datenträger werden als Spenden entgegen genommen, größere Mengen auch abgeholt, und zumeist kostenfrei an Kinder, Senioren und andere Menschen
mit kleinem Geldbeutel abgegeben.
Aber in beiden Bezirken gibt es
andere Träger, die sich der Aufgabe stellen und mit denen der
Kulturring solidarisch zusammen
arbeitet.
Ulrich Clauder
Blick zum Nachbarn
jot w.d. 2/2015
7
Seine Tiere haben Charakter
Gedenkturnier
für Mario
Handzeichnungen von Johannes Karl Gotthard Niedlich in der Rathaus Galerie
Hohenschönhausen – Am 14.
Februar findet in der ABC
Arena, Wollenbergstraße 12,
das 7. Fußball-Gedenkturnier
für Mario
Hoppe statt.
Antreten
w e r d e n
sechs Berliner Mannschaften sowie
eine
Traditionsmannschaft des Regionalisten
Germania Halberstadt. Ausrichter des Turniers ist Stern
Kaulsdorf, Hauptorganisator
Ronald Lachmund. Alle Mannschaften erhalten Erinnerungspokale, auch der beste Torwart
und Torschütze werden ausgezeichnet. Beginn des Turniers
14 Uhr, Eintritt frei. Für einen
Imbiss ist gesorgt.
E. Fuchs, Foto privat
Hoppegarten – Meine 93-jährige Mutter sagt immer: „Dein Kater Paulchen hat irgendwas
Menschliches. Er sitzt da, scheint
dir genau zuzuhören – und macht
dann doch, wozu er gerade Lust
hat.“ Daran musste ich denken,
als ich zur Vernissage am 27. Februar in der Rathaus Galerie die
Katzenzeichnungen des Altlandsberger Grafikers, Zeichners
und Buchillustratoren Niedlich
sah. Aber nicht nur den Samtpfötchen verlieh der Zeichner „Charakter“. Da gibt es Gänse mit
stolz geschwelltem Hals, leise
lächelnde, nachdenkliche Frösche
oder damenhafte Hühner. In letztere hat sich RBB-Moderatorin
Tatjana Jury schon vor 17 Jahren
verliebt. Das seien ihre ersten
„Niedlichs“ gewesen, meinte sie
während der Vernissage im Rathaus. „Aber in meiner Küche
hängt ein Hamster von ihm.“
Neben den Tieren galt die Liebe
des im April 2014 verstorbenen
Zeichners seit seiner Kindheit
den Pflanzen. „Die Pflanzenzeichnungen könnten in ihrer
Akribie alten botanischen Fachbüchern entstammen“, sagen die
Organisatoren der Ausstellung
Gabriele und Raymund Stolze
von der Gruppe MachArt, die den
Arbeiten von Niedlich vor rund
35 Jahren zum ersten Mal begegneten. Etwa als Illustrationen in
den Büchern ihrer Kinder.
Unzählige Zeichnungen und rund
Erst Huhn oder erst Ei? Bei Tatjana Jury war es das Huhn.
70 Buchtitel entstammen der Feder des Künstlers, der mit 14 anfing zu zeichnen. Gelernt hatte der
Foto: Dittmann
1949 in Lunow an der Oder und
seit über 50 Jahre in Altlandsberg
lebende Künstler jedoch etwas
ganz Anderes. Nach Abitur und
einer Lehre zum BindemittelFacharbeiter studierte er Chemie,
danach Theologie. Erst Ende der
1970-er Jahre wurde er freischaffender Künstler, beteiligte sich im
In- und Ausland an zahlreichen
Ausstellungen, erhielt Auszeichnungen wie „Schönste Bücher“
der DDR und der BRD (sieben
Mal) sowie Bronzemedaillen bei
„Schönste Bücher der Welt“ 1984
und bei der „Internationalen
Buchkunstausstellung 1989.
In seinem Heimatort engagierte
sich der Künstler außerdem zwischen 1991 und 2011 als parteiloser Stadtverordneter und prägte als
solcher die Entwicklung im Ort
ideenreich und engagiert mit.
Auch zur Verschönerung des Ortes trug er bei, etwa mit seinen
„Charakter“-Tieren, die den Brunnen auf dem Marktplatz zieren.
Gemeinsam mit seiner Frau hatte er ein denkmalgeschütztes
Haus mit Hof und Garten ausgebaut. Dort lud die Familie alljährlich am Vorabend des Altlandsberger Vogelscheuchenfestes zum
„Tag der offenen Höfe“ ein.
Kaum ein Besucher verließ das
Anwesen ohne eine Zeichnung,
Illustration oder einen vom
Künstler gestalteten Jahreskalender. Auch in diesem Jahr werden am 4. und 5. September Haus
und Hof an der Klosterstraße 12
für Interessenten offen stehen.
Ingeborg Dittmann
Wo der Kaiser einst ausstieg
Bahnhofsgebäude wird denkmalgerecht saniert
Hoppegarten – Alles muss raus!
Unter diesem Motto wird seit einiger Zeit im so genannten Kaiserbahnhof in Hoppegarten gewerkelt. Wände, Türen, Balken,
Zwischendecken – da kam so
manches in den mehr als 100 vergangenen Jahren hinzu. Nun also
raus damit, denn das Gebäude
soll denkmalgerecht saniert werden und zumindest teilweise beim
Brandenburgtag 2016 nutzbar
sein. „Wir wollen den Zustand
wie Ende der 1920-er Jahre wieder herstellen“, sagt Bürgermeister Karsten Knobbe. Mit einigen
Partnern hat er vor gut eineinhalb
Jahren einen Förderverein zur Sa-
nierung gegründet, übrigens im
Gutshaus Mahlsdorf. Auch diese
Zeitung hatte darüber berichtet,
siehe Ausgabe 7/2013.
Der Verein soll Geld für die Wiederherstellung des „Kaiserbahnhofs“ in alter neuer Pracht einwerben. Vor 140 Jahren hielt zum
ersten Mal ein Zug an der Station
„Hoppegarten (Mark)“. Er brachte Tausende Gäste zum Renntag.
Zur Blütezeit, in den 1920-er und
30-er Jahren, waren es sogar sieben Züge. Das Empfangsgebäude,
der eingeschossige Fachwerkbau
wurde Ende des 19. Jahrhunderts
an der Südseite der Gleise errichtet. Es diente zunächst dem Kai-
ser als Ankunftsort für seine Besuche der nahe gelegenen Galopprennbahn, daher auch der Name
„Kaiserbahnhof“, den findige
Hoppegartener Honoratioren zum
Zwecke der Ankurbelung des Tourismus in Umlauf brachten. Denn
offiziell hätte der Bahnhof nie so
heißen dürfen. Doch der Pferdefreund Wilhelm zeigte sich gnädig
und „überhörte“ einfach.
Für dieses und nächstes Jahr hat
die Gemeinde jeweils 100 000
Euro für die Sanierung zur Verfügung gestellt. Das reicht natürlich nicht. Ein Architekturbüro errechnete, dass etwa 2,3 Millionen
Euro nötig sind, rund 1,2 Millio-
nen will der Förderverein einwerben.
Was an Balken, Wänden, Ausstattung genau erhaltenswert ist, das
haben Studenten eines Masterstudienganges genau recherchiert
und akribisch festgehalten. „Diese Arbeiten dienen uns als Grundlage für alles Weitere“, sagt
Knobbe. Beim Brandenburgtag
2016 soll der erste Abschnitt mit
Touristeninformation (die jetzt
noch in einem Container auf dem
Bahnhofsvorplatz logiert), einem
Ausstellungsraum, vielleicht einem Café und dringend benötigten Toiletten fertig sein.
R. Nachtmann
Das alte Hoppegartener Bahnhofsgebäude, hier in einer Aufnahme von 2013, wird seit Kurzem denkmalgerecht saniert.
Foto: Nachtmann
Gedenken an
Shoa-Opfer
Lichtenberg – Am 27. Januar,
dem internationalen HolocaustGedenktag, wurden die Namen
von mehr als 300 jüdischen Einwohnern Lichtenbergs, die in
Nazi-Deutschland vertrieben
und ermordet worden sind, unter dem Titel „Erinnern für die
Zukunft“ auf die Giebelwand des
Stadthauses Lichtenberg, Türrschmidtstraße 24, projiziert.
Seit diesem Tag ist im selben
Haus auch die Ausstellung „Die
Frau und die Maschinen – Gertrud Kolmar als Zwangsarbeiterin in Lichtenberg“ zu sehen. Die jüdische Dichterin Gertrud Kolmar musste zwischen
1941 und 1942 Zwangsarbeit in
der Pappfabrik EPECO an der
Herzbergstraße 127 leisten. 1943
wurde sie deportiert und in
Auschwitz ermordet. Ihr lyrisches Werk – von den Nazis verboten – wurde erst nach dem
zweiten Weltkrieg komplett veröffentlicht. Es begründete ihren
Ruf als eine der großen Dichterinnen des deutschen Sprachraumes. Zu sehen bis 30. April,
dienstags bis freitags und sonntags von 11 bis 18 Uhr. Info Tel.
577 973 88 14, www.museumlichtenberg.de.
B. Breuer
Mehr Komfort
beim Umsteigen
Königs Wusterhausen – Bahnhof und Bahnhofumfeld verfügen
nach Umbau- und Sanierungsarbeiten über eine neue barrierefreie Personenunterführung.
Barrierefreie Bushaltestellen
und aktuelle Fahrgastinformationen sorgen für ein komfortables
Umsteigen zwischen Bahn und
Bussen, die vom neuen Busbahnhof auf der Ostseite abfahren. Ferner entstanden 168 überdachte Fahrradabstellplätze. Für
Komfort sorgt ein Pavillon mit
Wartebereich und Imbissangebot. Über aktuelle Abfahrten von
Bus und Bahn informiert eine
dynamische Anzeigetafel. RN
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jot w.d. 2/2015
Tipps und Termine
„Weltpremiere“
in der Bibliothek
Hellersdorf – Die für den 1. Februar angekündigte Buchvorstellung „Eisige Zeiten“ in der Peter-Weiss-Bibliothek muss
aus organisatorischen Gründen auf den
22. Februar, 10.30 Uhr, verlegt werden.
Computer-Fachmann Wolfgang Haase
stellt an der Hellersdorfer Promenade 24
sein erstes Buch, einen Krimi, vor. Es gibt
eine „Weltpremiere“. Eintritt frei. I.D.
Terpentin
in der „Pyramide“
Hellersdorf – Am 7. Februar wird im
Ausstellungszentrum Pyramide, Riesaer
Straße 94, eine neue Exposition eröffnet.
Unter dem Titel TERPENTIN werden Arbeiten von Lutz Beckmann und Uwe
Peschel gezeigt. Die Vernissage beginnt
um 18 Uhr. Die Ausstellung ist bis zum
14. April zu sehen. Eintritt frei.
I.D.
Fotostammtisch für alle
Marzahn – Zum 41. öffentlichen Fotostammtisch lädt die Gesellschaft für Fotografie am 17. Februar, 19 Uhr, ins Foyer im Obergeschoss des FFM, Marzahner Promenade 55, ein. Im Gespräch ist
die Ausstellung „Josef Vorholt – fotografierender Förster“, die noch bis 16. März
zu sehen ist. Abgegeben werden können
Fotos für „100 Bilder des Jahres 2014“,
ab 18 Uhr Bildberatung für Fotofreunde
möglich. Eintritt frei.
I.D.
Gemeinsam Singen
Marzahn – Am 20. Februar können
sich wieder alle singe freudigen Damen
und Herren im Tschechow-Theater an
der Märkischen Allee 410, treffen. „Winter adé“ heißt es ab 15 Uhr, mit Marina
Carozza, am Piano Wladislaw Chimiczewski. Eintritt 1 Euro.
I.D.
Lukas und Gäste
Hellersdorf – Am 21. Februar lädt sich
der junge Pianist und Gitarrist Lukas
Natschinski wieder einen ganz speziellen
Gast in seine Talk-Reihe im Kulturforum
ein. Es ist der belgische Jazz-Gitarrist
Jeanfrancois Prins. Beginn 19 Uhr, CarolaNeher-Straße 1, Eintritt 12, erm. 10 Euro.
Bereits am 6. Februar, 14 Uhr, heißt es
am gleichen Ort „Swing am Nachmittag“
zum Tanzen und Zuhören, mit Lukas
Natschinski am Flügel. Eintritt 8 Euro. I.D.
5. Arndt Bause Gala
Marzahn – Seit 5 Jahren erinnern sich
namhafte Künstler in der Arndt Bause
Gala im Freizeitforum an einen der namhaftesten Komponisten der DDR. Unter
dem Motto „Arndt
Bause und ich“ erklingen am 22. Februar seine Hits
von einst, interpretiert von Uschi
Brüning & ErnstLudwig Petrowsky
(Foto:
Nachtmann), Julia Axen,
Ingrid Winkler,
Lukas Natschinski, Thomas Krüger, Andreas Holm u.a. Durch die Veranstaltung im Arndt-Bause-Saal des
FFM führt Siegfried Trzoß, Beginn 15
Uhr, Eintritt 20 Euro.
I.D.
Kultur & Freizeit
Ich bin so’n Glückskind
Temperamentvoll und heiter: Inka Bause beim Talk „Wenn die Neugier nicht wär“
Marzahn – „Du singst wie`n
Radiergummi“. Dieses „Kompliment“ erhielt Inka als junges
Mädchen von ihrem Vater Arndt
Bause, der für seine Direktheit
bekannt war. Aber auch für sein
Gespür, Talente zu erkennen.
Nicht umsonst wurde der Komponist „der Mann mit der goldenen Nase“ genannt. Nun, im
Falle seiner eigenen Tochter lag
er wohl daneben. Aber vielleicht war das auch Absicht. Einer, der wie kaum ein anderer
das „Showgeschäft“ mit all seinen Tücken und Härten, auch
Abgründen kannte, wollte der
geliebten Tochter möglicherweise diesen Weg ersparen.
Und so sei sie nicht von ihren
Eltern zur Musikschule (Geige,
Klavier, Gesang) geschickt
worden, sondern durch die
Schule, erzählt Inka beim Talk
„Wenn die Neugier nicht wär“
mit Barbara Kellerbauer am 17.
Januar im Arndt-Bause-Saal
des Freizeitforums.
Was Talent und Stimme angeht, so hat sich der Meister
dann ziemlich schnell eines
besseren belehren lassen.
Schließlich schrieb er der Tochter ihre ersten eigenen Erfolgssongs. Ihre Mutter unterstützte
den Wunsch der Tochter, Sängerin zu werden. Inka war kaum
16, als sie mit „Spielverderber“
ihren ersten Fernseh-Auftritt
absolvierte. „Im umgearbeiteten rosa gepunkteten Kleid von
der Henne. Den Song haben wir
im Studio Wilhelmshagen der
Stern Combo Meißen aufgenommen“, erzählt Inka.1985
bis 87 wurde sie beim Interpretenpreis des Jugendmagazins
„neues leben“ drei Mal hintereinander beste Nachwuchssängerin der DDR. Fünf Mal
wurde ihr in der Sendung
„bong“ des DDR-Fernsehens
der „Silberne Bong“ verliehen.
Sie war 20, als bei AMIGA ihre
LP „Schritte“ erschien. Und
noch zu DDR-Zeiten belegte
die junge Moderatorin der
„Talentebude“ in der ZDF-Hitparade als erste ostdeutsche
Sängerin einen dritten Platz.
Damals hatte sie gerade ihr
Hellersdorf – Das Versprechen des
vergangenen Monats, mit Cliff
Stevens (Foto: Nachtmann) einen
ausgezeichneten Bluesbarden in der
Tradition von „Mr. Slowhand“ Eric
Clapton zu präsentieren, hat der
Klub eingehalten. Mehr noch,
Stevens zeigte mit seinen beiden
jungen Begleitern, dass er sich in
den vierzig Jahren seines Bühnenschaffens auch anderen musikalischen Einflüssen gegenüber durchaus offen zeigt. Da scheint bei dem
einen Song Carlos Santana „Pate“
gestanden zu haben, bei einem anderen eher die Rolling Stones.
Die, also ihre großen und kleinen
Hits, wiederum sind am 20. Februar im Klub an der Heidenauer Straße 10 zu erleben, wenn mit „Ed
Stone“ eine der besten Coverbands
der rollenden Steine aus der nähe-
Sangen am Schluss sogar im Terzett: Inka, ihre einstige Dozentin
Ruth Hohmann und Barbara Kellernauer. Foto: Dittmann
vierjähriges Studium an der rin. Mit Erfolg, was u.a. 17
Hochschule für Musik „Hanns Shows „Weihnachten bei uns“
Eisler“ mit dem Staatsexamen zeigten und natürlich eine der
erfolgreichsten Shows beim
abgeschlossen.
Im vereinten Deutschland ge- RTL-Fernsehen: „Bauer sucht
riet die Gesangskarriere in den Frau“. Neben der professionelHintergrund, Inka profilierte len Beherrschung ihres Handsich als TV-Moderatorin, gele- werkes ist es vor allem ihre
gentlich auch als Schauspiele- Natürlichkeit, ihre Herzlich-
Ihr unbeschreibliches Talent bewies Inka schon oft, u.a. als „Amanda Lear“
oder mit einem „Kostüm-Vorgriff“ auf die Bauer-Frau-Suche. Fotos: Archiv
Jones und Stones
Blues und Rock in der Kiste
ren Umgebung die 34 Zentimeter
hohe Bühne erklimmen.
In Stevens Fußstapfen tritt beim Kisten-Blues am 14. Februar diesmal
Cevin Jones, der auch
schon als „Man with
the flying fingers“ oder
gar als „Carvinator“
beschrieben wurde. Irgendwas muss schon
dran sein, sonst hätte
der gebürtige Texaner
wohl nicht mit Größen
wie BB King, Alber t
Collins, Buddy Guy,
Buddy Miles, Jeff Beck,
Gary Moore, John
Mayall, Jimmie Vaughn, Ten Years After oder Eric Burden & The Animals
zusammen spielen dürfen.
Den etwas anderen Blues zelebrieren eine Woche später, am
21. Februar, die „Bye Bye
Lübben City“-Jungs von
Monokel, seit der Trennung
von „Speiche“ mit dem Zusatz „Kraftblues“ versehen.
Kenner brauchen an dieser
Stelle keine Beschreibung,
Nicht-Kennern würde sie
ohnehin nichts nützen. In
gewisser Weise bilden sie im
Konzertprogramm des Monats so eine Art Übergang
keit, mit der sie bei den Leuten
punktet. So auch beim Talk im
Freizeitforum, bei dem sie öfter mal der NeugierModeratorin (Barbara: „Inka,
du schmeißt mir jetzt meinen
ganzen Abend!“) das Zepter aus
der Hand nahm. Um sich stehenden Fußes mit der ihr eigenen Direktheit bei Barbara zu
entschuldigen. „Sorry, da ist
mal wieder mein Temperament
mit mir durchgegangen.“
Dass im Leben der 46-jährigen
Mutter einer Tochter nicht immer alles so easy lief, wie es in
der Öffentlichkeit den Anschein
hatte, kommentiert Inka so:
„Danke für die Lektionen, die
mir das Leben erteilt hat, sonst
wäre ich ‘ne Zimtzicke geworden. Ich bin halt so’n Glückskind – und kann eigentlich gar
nichts dafür.“ Den einen oder
anderen Plattenvertrag hätte sie
schon abschließen können.
Aber: „Ich lasse mich nicht verbiegen, will mich nicht mit irgendwas begnügen, hinter dem
ich nicht stehen kann.“ Das
betrifft im Übrigen auch das
von den bunten Blättern immer
wieder groß aufgemachte Thema „Inka und die Männer“.
Inka: „Es muss der Richtige
sein, und solange der mir nicht
über den Weg läuft, koof ich mir
halt ‘nen Hund.“
Ein großartiger Moment dann,
als Inka auf der Bühne ihre einstige Dozentin an der Musikhochschule, die Jazzsängerin
Ruth Hohmann, begrüßt und mit
ihr gemeinsam und mit Lukas
Natschinski am Flügel singt.
Auch klar, dass ein Talk mit
Inka nicht um das Thema „Bauer sucht Frau“ herumkommt.
„Natürlich denken die Leute,
ich könne nicht bis zehn zählen, weil ich diese Sendung
mache. Aber da hängt mein ganzes Herzblut dran. Und auch,
wenn’s keiner zugeben will, haben wir da jedes Mal um die
5,5 Millionen Zuschauer!“
Bleiben da noch offene Wünsche? „Ich träume davon, ein
Album mit Liedern meines Vaters aufzunehmen.“
Ingeborg Dittmann
vom vorgenannten Blues zum harten Rock’n’Roll, der den Februar beschließen wird. Mit ihrem dritten Album „Steam“ melden sich „3 Dayz
Whizkey“ aus Regensburg am 27.
Februar zurück. Da ist Dampf dahinter, sagen nicht nur eingefleischte
Fans der Band, deren Vorgängeralbum „Black Water“ sogar für den
Preis der Deutschen Schallplattenkritik nominiert war. Mit dem „Uriah
Heep Revival“ aus Tschechien
kommt am Monatsletzten eine hier
nicht gänzlich unbekannte Band auf
die Bühne. Und zwar nicht „one
lonely sunday morning“, wie es in
einem Riesenhit der Originalband
heißt, sondern am Saturday Evening, nämlich am 28. Februar.
Beginn jeweils 21 Uhr, Eintritt 8 bis
13 Euro, Info Tel. 99 87 481,
www.kiste.net.
R. Nachtmann
Kultur & Freizeit
jot w.d. 2/2015
Mehr als nur eine Ergänzung
Peter-Weiss-Bibliothek wird 25 Jahre
Hellersdorf – Viele Jahre
hat unser Vereinsmitglied,
Dr. Siegfried Birkner, in dieser Zeitung über Veranstaltungen und andere Aktivitäten der Peter-Weiss-Bibliothek berichtet. Nun wird sie
25 Jahre alt – im Überangebot der Jubiläen vielleicht
kein herausragendes Datum. Aber eigensinnig und
hartnäckig bestehen die Aktiven des Fördervereins darauf, im September dieses
Jahres mit allen Vereinsmitgliedern, Freunden, Autoren, Referenten und Verlegern dieses Ereignis gebührend zu feiern. Warum
wir für dieses Jubiläum Ideen und
Kräfte verwenden wollen, kann
ein Blick auf die Situation in
Hellersdorf zu Beginn der 90-er
Jahre erklären. Im neuen Stadtbezirk Hellersdorf war ab 1988
gerade erst begonnen worden,
eine Infrastruktur aufzubauen.
Viele Stadtteile waren noch im
Bau. Verkehrsmittel, Geschäfte,
soziale Strukturen entstanden
langsam und hatten Vorrang vor
allem anderen. Kommunale Kultureinrichtungen und Kulturvereine mussten mit diesen Bedingungen so gut wie möglich zurechtkommen und selbst etwas Eigenes aufbauen.
VON BEGINN AN
VERANSTALTUNGEN
Dass es dem kleinen Grüppchen
der damaligen Aktiven, zu dem
bald eine Reihe weiterer ehrenamtlicher Mitstreiter hinzukam,
unter diesen Umständen gelang,
die ersten Anfänge für eine Büchersammlung zu machen und sie
ab 1995 auch öffentlich anzubieten, muss schon als etwas Besonderes angesehen werden. Ebenso
die Tatsache, dass schon ab 1992
die ersten Veranstaltungen organisiert wurden, um die entstehende Bibliothek und ihr Anliegen
bekannt zu machen. Lesungen,
Einblicke gibt auch das Schaufenster der Bibliothek.
Vorträge und Diskussionen zogen
bald viele Interessenten an. Über
16 000 Besucher konnten wir zu
den bis heute mehr als 450 Veranstaltungen begrüßen, die parallel zum Aufbau der Bibliothek
durchgeführt wurden. Oft erhielten wir für die Honorare Fördergelder der Abteilung Kultur des
Stadtbezirks, der Landeszentrale
für politische Bildungsarbeit und
seit 2006 über das Quartiersmanagement Hellersdorfer Promenade aus dem Programm „Soziale Stadt“.
Vieles wurde durch Kooperation mit anderen
Vereinen und Kulturund Bildungseinrichtungen des Bezirks möglich. Sicher ist aber auch, dass die Alternative Bibliothek Hellersdorf –
das war bis 2002 ihr Name – zu
den ersten Kulturvereinen gehörte, die damals in Hellersdorf
Literaturveranstaltungen angeboten haben.
Die Bibliothek verfügt heute über
20 000 Bücher, Zeitschriften und
andere Medien, vor allem Literatur der Sozial- und Kulturwissenschaften, der Politik, Zeitgeschichte und Belletristik. Obwohl
nur geringe Mittel für den Kauf
von Büchern vorhanden sind, ent-
Foto: Sumpf
hält ihr Angebot zahlreiche Neuerscheinungen. Sie stammen –
wie auch viele ältere Bücher –
überwiegend aus Geschenken
oder Leihgaben von Vereinsmitgliedern, Bibliotheksnutzern und
anderen Bürgern, von Verlegern
und von mehr als 220 Autoren,
die ihre neuen Bücher in den Veranstaltungen der Bibliothek vorgestellt haben. Digitale Werkausgaben und andere digitale Veröffentlichungen kann jeder Besucher an einem PC-Arbeitsplatz benutzen.
Über einen ausgesucht schönen Bestand an Romanen
und Erzählungen freuen sich nicht nur die Benutzer der
Bibliothek, auch die Bibliothekarinnen entdecken immer wieder „Schätze“. Alle Aktiven sind
sicher, dass das Kulturgut Buch
und die in der langen Kulturgeschichte erworbene Fähigkeit
zum Lesen, Vorlesen und Blättern in Büchern auch im sogenannten Medienzeitalter nicht
verloren gehen werden.
Auf ihren Sammelgebieten ist
die Peter-Weiss-Bibliothek in der
Lage, das Angebot der kommunalen öffentlichen Bibliotheken
zu ergänzen. Auf der Website
www.peter-weiss-bibliothek.de kann man mit einem
Klick auf das Wort „Katalog“ in unserem Online-Katalog nach Autoren, Titeln
sowie Stich- und Schlagwörtern suchen.
Mit Freude, aber auch mit
Stolz, blicken wir auf 25
Jahre erfolgreicher Arbeit
zurück. Für uns Ehrenamtliche ist diese Arbeit sehr interessant und befriedigend.
Doch in unsere Freude
mischt sich auch Sorge,
denn die Enthusiasten von
damals sind inzwischen
auch 25 Jahre älter und leider nicht gesünder geworden. Viele der Aktiven werden
bald nicht mehr so belastbar sein,
gern würden sie den Stafettenstab an Jüngere weitergeben.
NEUE MITSTREITER
WERDEN GESUCHT
Wir möchten mit diesem Beitrag
– einmal mehr – jüngere und ältere Literatur- und Kulturinteressierte aufrufen, einfach einmal in
die Bibliothek zu kommen, sich
umzuschauen, zu fragen und sich
ein Bild zu machen von unserer
Arbeit. Besondere Voraussetzungen sind nicht nötig, nur wöchentlich etwa 4 bis 5 Stunden
Zeit und die Bereitschaft, sich
einzubringen. Alles andere ergibt
die Praxis. Nun gilt es erst einmal, die Festtage im September
vorzubereiten. Wir sind schon
sehr gespannt, ob Daniela Dahn
unserer Einladung folgen wird.
Mehr über unsere Pläne erfahren
Sie in späteren Beiträgen.
Gisela Peter
Info Peter-Weiss-Bibliothek,
Hellersdorfer Promenade 24, Tel.
99 28 25 25, geöffnet Di bis Do
14-18 Uhr;
Verein zur Förderung der PeterWeiss- Bibliothek e.V., c/o Gisela
Peter, Mark-Twain-Straße 22,
12627 Berlin, Tel. 991 20 08.
Von Rock bis Rap, von Politsong bis Punk
Festival „Musik und Politik“ findet traditionell im Februar in der „Wabe“ statt
Friedrichshain – Auch in diesem Jahr laden die Organisatoren vom Verein „Lied und soziale Bewegungen“ zum Festival „Musik und Politik“ Ende
Februar mit Konzerten, Filmaufführungen, Diskussionen
und Ausstellungen in der
„Wabe“ an der Danziger Straße 101 und im daneben liegenden „kunsthaus“ ein. Das Programm ist vielfältig, aber kürzer als in den vergangenen Jahren. Hier einige Akzente. Im
Konzert „Liederbestenliste präsentiert“ stellt sich Dota Kehr
vor, die 2005 erstmals beim
Festival auftrat und inzwischen
in der ersten Liga deutscher
Liedermacher angekommen ist.
Sylvia Nickschas hat auf Konstantin Weckers Label „Sturm
und Klang“ ihre erste CD mit
frechen und kritischen Liedern
wie „Generation blöd“, „Gold
glänzt nicht“ und „Verdummt
genug“ veröffentlicht. Heinz
Ratz und seine Band
„Strom
&
Wasser“ waren 2014 auf
großer Floßtour für und mit
Flüchtlingsfrauen
und haben für das
Asylantenlied „Herr Minister“ den Jahrespreis der
Liederbestenliste erhalten.
Zum Internationalen Konzert
am 28. Februar, 19 Uhr, in der
Wabe kommen Steve Skaith &
Steve Jeffries (Latin Quarter)
sowie Daniel Kahn & Painted
Bird. Steve Skaith war Sänger
und Co-Autor der englischen
Band „Latin Quarter“, die
sechs Alben veröffentlichten
und in der DDR u.a. bei „Rock
für den Frieden“ und
beim „Festival des politischen Liedes“ spielten.
Kahn ist Sänger, Musiker,
Schauspieler, Regisseur und Komponist in einer
Person, 1978 geboren und aufgewachsen in
Detroit. Karten: 15/ermäßigt 8
Euro. Im „Liederpodium“ stellen bekannte Liedermacher und
Newcomer Ausschnitte aus ihren neuen Programmen vor,
dabei sind u.a. Bastian Bandt,
Tim Köhler, Carmen Orlet &
Ingo Dietrich, Arno Schmidt,
Frank Viehweg und Masha
Potempa.
Die Ausstellung „Aus dem Leben der Indianer“ zeigt Übermalungen von Zeitungsseiten
des ND vom Herbst 1989 von
Matthias Görnandt. „Die alten
Lieder“ heißt in einer Filmvorführung eine Folge der rbbDokumentationsserie „Die Ostdeutschen – 25 Wege in ein
neues Land“, in der einstige
Akteure der DDR-Singebewegung untersuchen, welche Lieder von damals man heute noch
singen kann. Das vollständige
Programm sowie Kartenvorbestellungen www.musikundpolitik.de.
I. Dittmann
9
Tipps und Termine
Amateurtheater
wunderbar amüsant
Marzahn – Am 15. Februar lohnt sich
ein Besuch in der Studiobühne des FFM.
Das Amateurtheater des Freizeitforums
unter Leitung der Schauspielerin Birgit
Letze-Funke hebt unter dem Titel „Immer modern“ weitgehend unbekannte
Schätze von Otto Reutter. Mit Lust und
Leidenschaft bringt das Ensemble
Couplets, Duette und Solo-Szenen mit
Pianoforte-Begleitung auf die Bühne.
Der musikalisch-literarische Abend beginnt schon 16 Uhr, Eintritt 5 Euro. I.D.
Neue „AKTe Natur“
in der Golferia
Marzahn – Die Golferia Berlin, Wittenberger Straße 50, lädt am 6. Februar,
18.30 Uhr, zur Vernissage der Fotoausstellung „AKTe Natur“ ein. Agathe Leselust liest Geschichten über Liebe, Erotik
und Natur. Der Fotograf und sein Fotomodell sind ebenfalls anwesend. Eintritt
8/6 Euro, Karten Tel. 93 49 73 95. I.D.
Naturalismus
Marzahn– Noch bis zum 28. Februar
sind in der „Mark-Twain-Bibliothek“ im
FFM Ölgemälde mit Landschaftsmotiven von Dr. Dietrich Gerber zu sehen.
Der 1944 in Brieg bei Breslau geborene Künstler promovierte 1972 an der TU
Dresden und war sein gesamtes Berufsleben im Getränkekombinat Berlin tätig. Seit seiner Kindheit bildet das
Zeichnen einen wesentlichen Schwerpunkt seines Lebens.
I.D.
„Die Ossis von Namibia“
Hellersdorf – In der neuen Reihe „Filmclub“ stellt das Kulturforum, CarolaNeher-Straße 1, bemerkenswerte Dokumentar- und Experimentalfilme vor. Am
18. Februar, 19.30 Uhr zeigt der Produzent und Filmemacher Roger Pitann
aus Rostock den auf dem Schleswig-Holstein-Festival 2008 zweitplatzierten Film
„Die Ossis von Namibia“. Erzählt wird
die spektakuläre Geschichte der so genannten „DDR-Kinder“ aus Namibia, die
ihren Anfang mit südafrikanischen Luftangriffen auf SWAPO-Flüchtlingslager
im Süden Angolas nimmt. In deren Folge kamen von 1979 bis zum Wendejahr
1989 etwa 420 Kriegswaisen und Funktionärskinder (Foto: Archiv Gralow) in
die befreundete DDR. Achtzehn Jahre
nach dem abrupten Ende ihrer Schulzeit
erzählen die „Ossis“, wie sie sich selber
nennen, von ihrer Kindheit in der DDR
und dem erzwungenen Neuanfang in Namibia. Politiker, Lehrer und Pflegeeltern
schildern einige der Hintergründe. Im
Mittelpunkt für die „Ossis“ steht bis heute die Frage nach ihrer wahren Heimat
und nach ihren geistigen Wurzeln. Der
bewegende Film fragt nach ihren Träumen, Chancen und Eliten und findet ein
völlig unerwartetes Erbe der DDR. A.M.
10
jot w.d. 2/2015
Jugend-Bildung-Sport
Hilfe bei der
Jobsuche
Hüftgold wird versilbert
Hellersdorf- Individuelle Unterstützung bei der Jobsuche
bietet Birgit Meinhardt von der
Agrarbörse Deutschland-Ost
e.V. im Frauenzentrum Matilde
am 10. Februar, 14 bis 16 Uhr,
Stollberger Straße 55; Anmeldung Tel. 56 40 02 29, email:
matilde@versanet.de.
Zum Frauenfrühstück lädt das
Haus jeden Dienstag, 10 bis 12
Uhr, ein (Kosten 2,50 Euro).
Sportkurse gibt es montags,
dienstags und mittwochs. Genaue Uhrzeiten und Kurse bitte telefonisch erfragen.
I.D.
Deutschlands erste öffentlich-rechtliche Frauensporthalle öffnete im FFM
Löwentanz im FFM
Marzahn – Am 21. Februar,
ab 11 Uhr, werden im Freizeitforum die neuen Trainingsräume der Kung-Fu und Tai
Chi-Schule eingeweiht und
nach chinesischer Tradition von
Großmeister Hong Thay Lee
mit einem Löwentanz eröffnet.
Es gibt ein Probetraining und
Vorführungen für Interessenten, Eintritt frei.
I.D.
Winterträume
Hellersdorf – Zu einer lebendigen Lesung von Agathe Leselust über den Winter lädt
der „Kompass“, Kummerower
Ring 42, am 17. Februar, 17
Uhr, ein. Im Programm Gedichte, gemeinsam gesungene Lieder, Geschichten über Feiertage und Bräuche. Eintritt: 3 Euro,
Reservierung Tel. 56 49 74 01.
Schule kann
erweitert werden
Hellersdorf – Durch die von
der Finanzverwaltung genehmigte Rückübertragung des
Grundstücks Kastanienallee 61
an den Bezirk ist die Errichtung
dringend benötigter „mobiler
Erweiterungsbauten“ für die
Pusteblumen-Grundschule in
greifbare Nähe gerückt. Die
Planungen sind bereits abgeschlossen, nun können bauvorbereitenden Maßnahmen beginnen. Die an das benachbarte Kinderforschungszentrum
HELLEUM angeschlossene
Grundschule hatte zuletzt aufgrund stetig zunehmender
Schülerzahlen einige Platzprobleme bekommen.
RN
Mach Musik!
Kostenlose Probe
Marzahn-Hellersdorf – Nicht
nur Kinder und Jugendliche,
sondern auch Musikinteressierte jeden Alters können das
Musizieren auf mehr als 30 verschiedenen Instrumenten erlernen oder auch schon vorhandene Fähigkeiten auffrischen und
ausbauen. Die Hans-WernerHenze-Musikschule bietet bis
30. Mai kostenfreie Probeunterrichte für alle Instrumental- und
Vokalfächer an. Info Tel. 90 293
57 51, www.marzahn-hellersdorf-musikschule.de.
RN
Marzahn – Ach, war das eine
Freude, sie stand den Beteiligten
(und bezahlten) in alle Gesichter
geschrieben. Am 17. Januar wurde die umstrittene Frauensporthalle im Freizeitforum Marzahn
offiziell eröffnet. Dazu wurde die
bisherige Mehrzweckhalle für
200 000 Euro aus dem Schul- und
Sportstättensanierungsprogramm
umgebaut. Entgegen früheren
Versicherungen, versteht sich.
Für den Betrieb, der bereits am
5. Januar aufgenommen wurde,
wird auch eine nette junge Dame
bezahlt. Aus dem Bezirkshaushalt, versteht sich.
Auf der Tribüne der Ehrengäste
saßen zur Feierstunde übrigens 17
Männer und 14 Frauen. Bürgermeister Stefan Komoß, dessen
„Baby“ die Frauensporthalle ist
und die er gegen alle Widerstände
durchsetzte (Hochachtung für diesen polit-administrativen Coup!),
hält es für „eine Frage der Gerechtigkeit des öffentlichen Sportangebots im Bezirk“, ein solches
Projekt zu verwirklichen. Er ging
auch noch einmal auf die „beiden
Grundfragen“ dazu ein: Braucht
man solch eine Halle, und muss
sie unbedingt hier sein? „Ich sage
zwei mal Ja“, beschied er unter
den strahlenden Blicken der wenige Tage später aus dem Bezirk
scheidenden Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten Snezana
Sever. Doch Komoß weiß auch:
„Es ist jetzt an den Frauen des
Bezirks und überregional, dieses
Projekt mit Leben zu erfüllen.“
Wir erwarten voller Vorfreude die
Freude bei den Genossen: Frauensentorin Dilek Kolat (re.) überreichte zur Eröffnung der Frauensporthalle ein Maskottchen an Claudia Zinke, Vorsitzende des Vereins für Sport und Jugendsozialarbeit, der
für die sportlichen Angebote verantwortlich ist. Bürgermeister Stefan Komoß gab ihr später noch ein
symbolisches goldenes Schlüsselchen. Bild unten: Christina Minz ist mit 14 Jahren die jüngste Trainerin,
sie betreut Modern Dance und Hip Hop für Kinder. Sie selbst nahm schon an Weltmeisterschaften teil und
zeigte am Eröffnungstag ein wenig ihres Könnens.
Foto: Nachtmann
sprichwörtlichen Wilmersdorfer Nichts desto weniger hält auch und vor allem auf die Evaluierung
Witwen, wenn etwa montags Frauensenatorin Dilek Kolat, wie des gesamten Projekts. Bleibt nur
18.45 Uhr eine Stunde lang „Ge- Komoß von der SPD ins Amt ge- zu hoffen, dass letztere nicht gesundes für den Rücken“ angebo- hoben, die Frauensporthalle für rade einem SPD-nahen Institut
ten wird; mit einem männlichen „ein Highlight in unserer Stadt“, übertragen wird. Dann kennen
Trainer. Ja, als solcher darf man aus dem sie sich „eine Signalwir- wir die Ergebnisse nämlich jetzt
kung in die Stadt“ erhofft, wo schon. Und nun Sport frei!
rein in die Frauensporthalle.
Ralf Nachtmann
Einen recht sicheren Einblick in „viel zu wenig Flächen für Frau„Bedarf“ und „Annahme“ bietet en und Mädchen zur Verfügung“
der vorliegende Kursplan. Wäh- stünden. Wessen Aufgabe dieses Derzeit stehen nahezu 30 verrend montags bis donnerstags Zur-Verfügung-Stellen ist, verriet schiedene Kurse auf dem Pro(reiner Frauenbetrieb) die Halle sie in ihren wohlgesetzten Wor- gramm, von „Aroha“ über „Fatnur temporär belegt ist, bleibt am ten nicht. Nur so viel: „Es gibt bei burner-Aerobic“ und „OrientaFreitag (offen für „Alle“) nur zwi- der Beteiligung von Frauen und lischer Tanz“ bis zu „Kraft &
schen 13 und 15 sowie nach 20 Mädchen am Sport Luft nach Beweglichkeit im Alter“ und
Uhr Raum für „Fremdinteres- oben.“ Denn während bundesweit „Powergymnastik & Kettlebell“.
senten“. Zu denen hätten bei- 46 Prozent der weiblichen Bevöl- Einzelne Kursbesuche sind mitspielsweise die Tischtennisspie- kerung mehr oder minder sport- tels Zehnerkarte (40 Euro) mögler zählen können, die nunmehr lich aktiv seien, wäre es in Ber- lich, gesucht werden aber hauptwohl gänzlich verjagt worden lin nur jede Dritte. Folgte noch sächlich Mitglieder des extra gesind. Am Sonntag (ebenfalls rei- ein wenig Pro-Olympia mit der gründeten Vereins „Fit & Fun
ner Frauenbetrieb) steht gerade gern und immer wieder verbrei- Marzahn“, die monatlich 15
mal ein einziger Stundenkurs teten Mär von Investitionen, Um- Euro zahlen und alle Angebotenutzen können. Projektleiterin
„Modern Dance“ im Plan. Das satz und Arbeitsplätzen.
übrigens ist eines der Dinge, die Gespannt sein darf man dennoch Lea Seid ist telefonisch 01590auch der eine oder andere Mann auf die Entwicklung der Halle in 412 67 85 erreichbar, Info www.den kommenden beiden Jahren fitundfun-marzahn.de.
gern mitgemacht hätte.
Drei Bücher für die Schul-Bibliothek
Sanierte Aula der Friedrich-Schiller-Grundschule an Schüler übergegeben
Mahlsdorf – Mit nur vier Wochen
Verzögerung, resultierend aus
während der Bauarbeiten entdeckter weiterer Schäden, konnte am
30. Januar (nach Redaktionsschluss) die Aula, die für fast zweieinhalb Jahre wegen Sanierungen
am Dachtragwerk gesperrt war,
wieder an die Schüler der Schiller-Schule übergeben werden.
Bürgermeister Stefan Komoß hatte ihnen drei Bücher, einen Superheldencomic und zwei Erzählungen, die er und seine Kinder im
Grundschulalter begeistert gelesen
hatten, für die Schulbibliothek
mitgebracht. Mit einer Einstim-
migkeit, wie er sie sich „auch in
manchem Bezirksgremium wünsche“, antworteten die Kinder auf
seine Frage, wer sich
denn über das Ende der
Arbeiten freue. Das
neue Dach und die
Decke, die nun die
zweigeschossige Aula
überspannen, wurden
seit dem Beginn der
Sommerferien 2014
zwar in neuer Technik,
aber altem und zum gesamten Schulbau passendem Erscheinungsbild wiederhergestellt.
In der ersten Ferienwoche im Februar wurden die letzten Provisorien
zurückgebaut. Die Schulküche fin-
det ihren angstammten Platz neben
der auch als Mensa genutzten Aula.
Der NaWi-Raum, die Aula und auch
der Schulhof können nach den
Ferien wieder wie vorgesehen
genutzt werden. Sobald es das
Wetter zulässt, werden die beiden Pfeiler des für Kranarbeiten abgebauten Schultors zur
Donizettistraße wieder aufgemauert, so dass dann die
letzen Spuren der Baustelle getilgt sind.
RN
Auch wenn sie es nicht so direkt zeigen, sind die SchillerSchüler froh, dass die Aula
wieder nutzbar ist. Foto: FP
Umwelt & Verkehr
jot w.d. 2/2015
11
Schwankende Müllionenwerte
Tarnen, Warnen und
Amphibienschutz
Verpackungsrecycling ist ein unwägbares Geschäft – Gesetzesnovelle geplant
Hellersdorf – Tiere entwickeln
bemerkenswerte Strategien,
um in der Natur zu überleben.
Sei es das Anpassen an ihre
Umgebung in Form einer perfekten Tarnung oder ein besonders auffälliges Aussehen, um
Feinde abzuschrecken. Ute
Schiller berichtet am 15. Februar, 14.30 Uhr, in ihrem
Vortrag im Naturschutzzentrum
Schleipfuhlhaus, Hermsdorfer
Straße 34 A, über solche Phänomene und zeigt anhand von
Suchbildern beeindruckende
Beispiele.
An gleicher Stelle berichtet am
17. Februar, 18.30 Uhr, Steffen Gierth über Amphibienschutz im Bezirk. Alljährlich
begeben sich Frösche, Kröten
und Molche auf ihre gefahrvolle Wanderung vom Winterquartier zum Laichgewässer. Um
ihren massenhaften Tod bei der
Überquerung dichtbefahrener
Straßen zu vermeiden, errichten Mitarbeiter und Helfer des
Naturschutzes alljährlich einen
Schutzzaun zwischen Kreppund Schleipfuhl. In seinem Vortrag wertet Gierth die Fangzaunergebnisse des Vorjahres
aus und stellt die Artenvielfalt
im Gebiet vor. Darüber hinaus
werden alle, die das Projekt ehrenamtlich unterstützen möchten, in die anstehenden Aufgaben eingewiesen.
SG
Mahlsdorf – Nicht nur Russland
und Venezuela, auch der Abfallverwerter Alba leidet unter den
halbierten Rohölpreisen. Denn
die machen die Aufbereitung von
Kunststoffabfällen aktuell zu einem Beinahe-Minusgeschäft.
Davon konnte sich Peter Meiwald, Bundestagsabgeordneter
der Bündnisgrünen und umweltpolitischer Sprecher seiner Fraktion bei einem Besuch der Recyclinganlage am Hultschiner Damm
ein Bild machen. Sie ist selbst
nach zehnjährigem Betrieb immer
noch eine der modernsten im Lande und kann gut sechzig Prozent
der dort jährlich anfallenden etwa
140 000 Tonnen Abfall aus gelben Säcken und Tonnen in 13
„Fraktionen“ nahezu sortenrein
trennen. Nur so sei es überhaupt
noch möglich, derzeit Plasteabfälle für die „stoffliche Verwertung“ weiterverkaufen zu können,
berichtet Verena Köttker, die Generalbevollmächtigte bei Alba.
Was bei Metallen bommt, kriegt
bei Kunststoff einen Dämpfer.
Und selbst bei ersteren kommt es
Nicht alles, was im gelben Sack landet, gehört dort auch hin.
immer stärker auf Tagespreise an.
Die schwankten in kürzester Frist
um bis zu tausend Prozent, klagt
Verena Köttker. Auch deshalb sei
es ihr nicht möglich, den Anteil
der Verkaufserlöse aufbereiteter
Abfälle an der Refinanzierung der
Anlage zu beziffern.
Für Meiwald spielte dies aber
nicht die entscheidende Rolle.
Vielmehr wollte er sich ein genaueres Bild von der Leistungsfähigkeit der Sortieranlage machen. Denn bereits seit einiger
Zeit wird eine Novellierung des
Kreislaufwirtschaftsgesetzes,
über dessen Namen (nicht den
Sinn) sich der französische Komiker Emmanuel Peterfalvi, besser bekannt als Alfons (mit
Puschelmikrofon und Trainingsjacke) lustig macht, diskutiert.
Anlass sind die immer weiter sinkenden Recyclingquoten und ein
rapider Anstieg von Einwegverpackungen, insbesondere bei
Getränken. Die Bündnisgrünen
trauen der Regierungskoalition
keinen nennenswerten Schritt zur
Verbesserung zu und wollen deshalb einen eigenen Gesetzesvorschlag erarbeiten. Da kann es nur
gut sein, wenn sich die verantwortlichen Abgeordneten ein
möglichst weitreichendes und
konkretes Bild von der tatsächlichen Lage machen.
Und doch kann es nicht allein um
die Verwertung gehen. Die etwa
40 Prozent nicht so gut sortierbaren Abfälle bei Alba beispielsweise werden ja auch nicht in die
Landschaft gekippt, sondern der
„thermischen Verwertung“ vulgo:
Peter Meiwald wurde u.a. von Maria Hartwig begleitet. Fotos: Nachtmann
Verbrennung zugeführt. Den Grünen war dieser Anteil schon immer zu hoch. Technologisch ist
eine höhere Sortierquote durchaus möglich, allein auf die Kostenfrage hat bisher niemand eine
zündende Antwort gefunden.
Und gerade bei diesem Punkt sind
viele Menschen sehr sensibel.
Die Deutschen sind die weltweit
bravsten Mülltrenner und zahlen
als Verbraucher ebenso den weltweit höchsten Anteil. Ins Unermessliche aber wollen sie sich
nicht schröpfen lassen. Zumal es
insbesondere in den Städten an
Kostengerechtigkeit hinsichtlich
der gesamten Abfallentsorgung
mangelt. In Ausgabe 11/2014 dieser Zeitung haben wir auf dieses
Problem schon einmal hingewiesen.
Sowohl Entsorger als auch Industrie und Handel sind gefordert,
neue Wege beim Recycling zu
beschreiten. Nicht nur, weil uns
die Rohstoffe lieb und teuer sein
sollen, sondern auch, weil wir die
Bilder von vermüllten Flüssen,
plaste-verseuchten Meeren und
von Kabelummantelungen abbrennenden Kindern in Afrika
nicht mehr sehen wollen.
Ralf Nachtmann
IGA statt Pegida
Botschafter für den Orientalischen Garten gesucht
Marzahn – Kaum zu glauben: Der
„Garten der vier Ströme“, der Orientalische Garten im Erholungspark, feiert in diesem Jahr bereits
zehnten Geburtstag. Aus diesem
Anlass hat die Grün Berlin als
Träger des Erholungsparks, der
dortigen Gärten der Welt und der
IGA eine Botschafterkampagne ins
Leben gerufen. Mitmachen ist
ganz einfach. Es gilt, den Satz „Ich
mag den Orientalischen Garten,
weil ...“ zu ergänzen und sich
selbst dazu mit seinem Konterfei
zu präsentieren. Simpel zu bewerkstelligen via Hochladen auf
Facebook. Wer sich jedoch dem
Spionageprogramm aus Amerika
verschließt, bleibt bei der Kampagne dennoch nicht ausgeschlossen.
„Einfach die Plakatvorlage von
unserer Website www.gaerten-derwelt.de herunterladen und Ideen
einbauen“, sagt Parkmanagerin
Beate Reuber. Und selbst ein Einsenden von Text und Bild via
email (info@gaerten-der-welt.de)
genügt. Unseriöse Beiträge würden umgehend gelöscht, verspricht
die Kampagnenchefin. An der
Auswahl der Sieger, die dann das
diesjährige Plakat zieren werden,
können jedoch nur Gartenfreunde
im „Fratzenbuch“ mitmachen.
Einsendeschluss ist der 30. April.
Partnerin der Kampagne ist wie
auch in den vergangenen Jahren
die Schauspielerin Ursula Karven,
die als Kulturbotschafterin der
Gärten der Welt fungiert. In dieser Funktion wird sie auch des öfteren in Marzahn anzutreffen sein,
denn auch in diesem Jahr heißt es:
Feste feiern! Insgesamt 12 Gartenfeste hat Beate Reuber ins Programm genommen, so viele wie
noch nie zuvor. Neben den „Dau-
erbrennern“ wie Kirschblütenfest,
Highland Games oder Viva la
musica gibt es in diesem Jahr am
14. Juni erstmals eine „Lesereise
mit Saitenblicken“, die Literatur
mit nah- und fernöstlichen Saiteninsrumenten verbindet, zu erleben
im Koreanischen, Chinesischen
und Orientalischen Garten. Auch
das Herbstfest am 18. Oktober im
Karl-Foerster-Staudengarten dürfte mit seinem Motto „Blattwerk,
Blues und Rock’n’Roll“ viele
Freunde finden.
Zur großen Geburtstagsfeier des
Orientalischen Gartens („Sultans
Fest“) am 9. August wird auch
dessen Schöpfer Kamel Louafi da
sein. „Wenn ich heute Bilder des
Gartens in aller Welt zeige, glauben die Leute oft nicht, dass der
in Berlin steht“, erzählt er nicht
ohne Stolz. Schließlich wurden da
nicht nur zweieinhalb Millionen
Mosaiksteine verbaut. Es gedeihen da auch Pflanzen, „von denen man dachte, dass sie in unserer Region nie wachsen könnten“,
sagt der Gartenarchitekt. Ursula
Karven übrigens liebt den Orientalischen Garten, weil „er ein
Sinnbild für den Frieden ist und
die Sinne beflügelt“.
R. Nachtmann
Veranstaltungen 2015 in den Gärten der Welt
Beate Reuber und Ursula Karven
(re.) stelten die neue Plakatkampagne vor. Foto: Nachtmann
12. April, 12-17 Uhr: Kirschblütenfest in den asiatischen Gärten
9. Mai, 18-22 Uhr:
Lotuslaternenfest im Koreanischen Garten
24. Mai, 12,14,16 Uhr: Koreanische Teezeremonie
14. Juni, 12-17 Uhr: Lesereise mit Saitenblicken
28. Juni, 12-17 Uhr: Klang-Farben-Fest im Chinesischen Garten
25./26. Juli, 11 Uhr:
Highland Games, Liegewiese am Windrad
2. Aug., 12,14,16 Uhr: Koreanische Teezeremonie
9. August, 14-18 Uhr: Sultans Fest im Orientalischen Garten
5. Sept., 19.30 Uhr:
Viva la musica, Kirschblütenwiese
13. Sept., 11,13,16 Uhr: Zen Harken im Japanischen Garten
19. Sept., 17.30 Uhr: Mondfest im Chinesischen Garten
18. Okt., 12-16 Uhr: Herbstfest im Staudengarten
12. Dez., 19 Uhr:
Ein Abend voller Märchen, Orient. Garten
Hultschi bleibt
Problemfall
Mahlsdorf – Der Hultschiner
Damm zwischen B 1/5 und der
Bezirksgrenze zu Köpenick ist
eine der wichtigsten und am
stärksten befahrenen Straßen im
Süden bes Bezirks. Folglich
nimmt es nicht Wunder, dass
seit Jahr und Tag Wünsche zur
Verkehrsregelung geäußert werden. Allein in den Bürgerhaushaltsverfahren tauchte die Strekke mehrfach mit Forderungen
nach Ampeln und Fußgängerüberwegen an mehr als einem
halben Dutzend Einmündungen
auf. Auch Forderungen nach
streckenweisen Geschwindigkeitsreduzierungen treten regelmäßig an das Licht der Öffentlichkeit. Die jüngste dieser Art
wurde nun von der BVV unterstützt, die per Beschluss das Bezirksamt aufforderte, bei der
(zuständigen) Verkehrslenkung
Berlin (VLB) vorstellig zu werden und einen Tempo-30-Abschnitt zwischen Erich-BaronWeg und Ebereschenallee zu
fordern. Im Verkehrsausschuss
war dieses Ansinnen noch nicht
auf einhellige Zustimmung gestoßen, nur neun der 14 Mitglieder hatten dafür votiert. Erfahrungsgemäß dürfte sich in absehbarer Zeit an den Verhältnissen am Hultschi aber nichts ändern. Abgesehen davon, dass
der Bezirk bei der VLB ohnehin regelmäßig mit entsprechenden Anliegen auf Granit beißt,
ist diese Senatsabteilung durch
Mangel an Angestellten weitgehend handlungsunfähig. RN
12
jot w.d. 1/2015
Alleinerziehende
sind nicht allein
Marzahn-Hellersdorf – Das
Netzwerk Alleinerziehende des
Bezirks blickt auf eine Positive
Bilanz der Arbeit im vergangenen
Jahr zurück. In den zwölf Infopoints und der Koordinierungsstelle seien mehr als 1000
verschiedene Anfragen bearbeitet
und beantwortet worden. „Wir
haben 27 Alleinerziehende wieder in Arbeit oder eine Ausbildung vermitteln können. Bei der
Kitaplatzsuche haben wir erfolgreich unterstützt und auch bei der
Wohnungssuche helfen können“,
berichtet Projektleiterin Anett
Dubsky. „Gerade in Trennungsphasen ist die Gefahr groß, dass
auch die gewohnte Balance von
Arbeitsplatz und privater Kinderbetreuung zerstört wird oder
durch einen Umzug neue Problemlagen entstehen und die bestehende traditionelle Familienhilfe versagt“, weiß Anett
Dubsky. Die Auszeichnung im
Genderwettbewerb des Landes
Berlin mit einem Preis verdeutlicht die Bedeutung des Projekts.
Die damit verbundene Prämie
will sie für die Unterstützung Alleinerziehender einsetzen.
Bei Problemen und Beratungsbedarf findet man Kontakt zur
Projektleiterin Anett Dubsky in
der Geschäftsstelle des Jugendwerk Aufbau Ost JAO, Nossener
Straße 87/89, Tel. 99 28 86 25,
und 0157-83 44 24 06, email:
netzwerk-alleinerziehende@jaoberlin.de; Info www.netzwerkalleinerziehende.net.
R. Nachtmann
Gesundheit & Soziales
Grassierende Altersarmut
Immer mehr Senioren sind auf staatliche Unterstützung angewiesen
Berlin – Etwa 4250 Senioren im
Bezirk sind auf finanzielle Unterstützung des Staates, die so genannte
Grundsicherung im Alter, angewiesen. Das mag bei einer Viertelmillion Einwohnern wenig klingen,
allerdings wächst die Zahl rasant an.
In den vergangenen drei Jahren stieg
sie um jeweils zehn Prozent, berichtet Sozialstadträtin Dagmar Pohle.
Die Zahl liegt damit um fast die
Hälfte höher als der Bundesdurchschnitt. Denn auch in ganz Deutschland sind immer mehr alte Menschen auf staatliche Grundsicherung
angewiesen. Mehr als eine halbe
Million Senioren waren davon im
vergangenen Jahr betroffen. Laut
Statistischem Bundesamt erhöht
sich die Zahl der Bedürftigen um
mehr als sieben Prozent – Jahr für
Jahr. Das sei ein „unhaltbarer Zustand, der an Dynamik gewinnt“,
sagt Ilse Müller, Vorsitzende des
Bundesverbandes Rehabilitation
(BDH), und ruft die Politik zu einer
„Wende in der Rentenpolitik“ auf.
„Unsere Gesellschaft darf nicht akzeptieren, dass die Grundsicherung
zur Normalität einer wachsenden
Zahl der Rentner wird. Die jüngsten
Entwicklungen fallen derart fatal
aus, dass deutlich wird, welch sozialer Sprengstoff in unserem Arbeitsmarkt verborgen liegt.“
Daher müssten „dringend die Auswüchse prekärer Beschäftigung“
überwunden und sozialversicherungspflichtige Jobs geschaffen werden. Andernfalls drohe der Rentenversicherung ein Fiasko. „Wachsende Zahlen von Grundsicherung sind
das sichere Zeichen einer sozialen
Schieflage“, legt Ilse Müller den
Finger in die Wunde, die seit gut 20
Immer mehr Senioren sind auf Essensspenden und Suppenküchen angewiesen.
Foto: Archiv
Jahren von allen deutschen Regierungen immer weiter aufgerissen
statt geschlossen wird.
Deshalb solle das Rentenniveau „bei
50 Prozent eingefroren werden und
nicht weiter absinken“, fordert die
BDH-Vorsitzende. Sie rät ebenfalls
zur vollständigen Angleichung der
Mütterrenten. Darüber hinaus müsse es einen „gezielten Förderansatz
armutsgefährdeter Gruppen“ geben,
um die Rentenversicherung langfristig zu stärken. Armut betrifft häufig Alleinerziehende, Zuwanderer
und Langzeitarbeitslose.
„Angebote zur frühkindlichen Betreuung müssen sich stärker am beruflichen Alltag orientieren, Förderangebote gezielt Langzeitarbeitslosen dienen“, sagt Ilse Müller. Zur
Not müsse ein öffentlicher Beschäftigungssektor diskutiert werden.
„Wir stehen in der Pflicht, diese sozialen Bruchstellen zu kitten und
Menschen in unserem Land stabilere Erwerbsbiografien anzubieten.
Nur sichere Jobs schützen vor
Armutsgefährdung, die jeder Sechste in unserem Land spürt“, setzt die
BDH-Chefin hinzu.
Was oft vergesssen wird: Für die
Betroffenen ist nicht immer der
Geldmangel das größte Problem,
sondern dass sie mit einer umfassenden Entwertung ihres Lebens
klarkommen müssen. Und in Marzahn-Hellersdorf ist besonders
schlimm, dass sie wegen Personalmangels im Sozialamt oftmals auch
noch monatelang auf ihren Bescheid
warten müssen.
R. Nachtmann
Trotz mieser Bezahlung
mehr Anwärter für Pflegeberufe
Gemeinsam lehren,
lernen und forschen
Senats-Kampagne zur Altenpflege erfolgreich beendet
ASH und Recura vereinbarten Kooperation
Berlin – Er wollte für das Thema Altern sensibilisieren, die
Altenpflege aufwerten, mehr
Menschen für den Pflegeberuf begeistern. Deshalb startete Sozialsenator Mario Czaja im vergangenen April die Altenpflegekampagne „Gepflegt in die Zukunft“,
die von sechs Prominenten – Désirée Nick, Ingo Appelt, Stefan
Kretzschmar, Ross Antony, Arne
Friedrich und Murat Topal – auf
Plakaten und Flyern sowie in
Werbespots begleitet wurde.
„Das messbare Ziel unserer Kampagne war es, die Zahl der Auszubildenden um mindestens zehn
Prozent zu steigern, zudem wollten wir mehr Aufmerksamkeit für
den Pflegeberuf erzielen“, sagte
Czaja beim nunmehrigen Ende der
Aktion. Beides habe erreicht werden können. 2014 haben 2819 angehende Altenpflegerinnen und
Altenpfleger ihre Ausbildung begonnen. Das entspricht einem Plus
von 14,2 Prozent zum Vorjahr. Die
dazugehörige
Internetseite
www.gepflegt-in-die-zukunft.de
(sie bleibt auch weiterhin geschaltet) fand bis Ende des Jahres rund
55 000 Besucher. Czaja sieht darin einen „Beleg für die gestiegene
Aufmerksamkeit“ für die Altenpflege. „Im zurückliegenden Jahr
haben wir in der ambulanten Pflege die Praxisanleiter für die Betreuung von Azubis freigestellt
und eine Vergütungserhöhung vereinbart. Und für 2015 haben wir
gemeinsam mit den Kassen eine
Vergütungssteigerung in Höhe von
3,53 Prozent mit den Anbietern
vereinbart. Davon fließen 2,5 Prozent direkt an die Beschäftigten in
der Altenpflege“, berichtet der Senator weiter. Außerdem sei vom
Senat beschlossen, dass angehende Altenpflegerinnen und Altenpfleger in Berlin bald kein Schulgeld mehr zahlen müssen.
BEZAHLUNG BLEIBT UNTER NIVEAU
Auch wenn noch nicht genau dargelegt ist, was unter „bald“ zu
verstehen sei, freut sich auch
Martin Matz, Vorstand des Diakonischen Werkes Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz
und Vorsitzender des Landespflegeausschusses, gerade über
diesen Punkt sehr. „Manche Probleme werden uns leider noch
erhalten bleiben“, setzt er hinzu
ohne etwa die miserable Bezahlung von Pflegekräften explizit zu
nennen. Fachkräfte in der Altenpflege in Berlin bekommen
durchschnittlich 2270 Euro
Bruttolohn (also etwa 1400 Euro
netto), Helfer kriegen nicht mal
1600 brutto. Im Vergleich dazu
erhalten Krankenpfleger gut 560
bzw 240 Euro mehr.
Doris Windels-Buhr, Schulleiterin
der Vitanas Akademie (Berufsfachschule für Altenpflege) spricht zwar
davon, dass die professionelle Pflege von Kranken und Alten „vom
Aufgabenprofil, von den Zukunftsaussichten, den Karrieremöglichkeiten und der gesellschaftlichen
Bedeutung her ein wunderbarer
und anspruchsvoller Beruf mit viel
Verantwortung“ sei. Gleichzeitig
weiß sie, dass dringend daran gearbeitet werden muss, „dass der
Beruf mit seinem anspruchsvollen
Profil in der Gesellschaft und besonders bei Schulabgängern bekannter“ wird.
Am einfachsten und schnellsten
ginge das wohl mit der Meldung,
dass die in der Pflege Tätigen angemessen bezahlt werden. Dazu
bräuchte es keine Kampagne mit
Promis, dazu ist allein politischer
Wille nötig. Den allerdings lässt
auch der Pflegebeauftragte der
Bundesregierung, Karl-Josef Laumann, mit seinem Mantra vom
„Geld pflegt nicht“ nicht so recht
erkennen.
Ralf Nachtmann
Hellersdorf – Ist von Sozialarbeitern die Rede, denken die meisten
Menschen zunächst an Frauen
und Männer, die sich mit dem
Nachwuchs beschäftigen. Wer jedoch mit Rehabilitation und dem
Übergang von medizinischer Betreuung zur Pflege konfrontiert
ist, wird froh sein, auf einen kompetenten Sozialarbeiter zu treffen,
um die zuweilen massiven Probleme bewältigen zu können.
Damit dies künftig auf möglichst
hohem Niveau geschieht, hat die
Alice Salomon Hochschule für
Soziale Arbeit, Gesundheit und
Erziehung und Bildung im Kindesalter (so der komplette Name)
eine Kooperation mit den Recura
Kliniken (einer privaten Unternehmensgruppe im Sozial- und
Gesundheitsbereich mit derzeit
ca. 1600 Mitarbeitern in 15 Betrieben in Brandenburg, Berlin
und Sachsen, Sitz in Beelitz-Heilstätten) vereinbart.
Rektor Prof. Uwe Bettig sieht beide Partnet mit aktuellen Herausforderungen im Gesundheitswesen und in der Hochschule konfrontiert. Für die Unterstützung
älterer Menschen, Multiprofessionalität im Case- und Gesundheitsmanagement sowie für die
allgemeine Gesundheitsförde-
rung wollen sie innovative Lösungen entwickeln und umsetzen.
Bedarfsgerechte Weiterbildung
und Qualifizierung von Beschäftigten und Wiedereinsteigern sowie Praktikumsmöglichkeiten
stehen im Zentrum der Kooperation. Aber auch anwendungsorientierte Forschung haben sich die
Kooperationspartner auf die Fahnen geschrieben.
Matthias Adler, Direktor der Zentralen Dienste der Recura Kliniken, will als Lehrbeauftragter der
ASH Studentinnen und Studenten
„in allen administrativen Bereichen wie Personal Finanzen, Controlling, Qualitäts- und Risikomanagement und IT attraktive
Einsatzfelder und Perspektiven
für Praktika, Projektarbeiten und
Berufseinstieg“ anbieten. Die
Studierenden zeichneten sich insbesondere durch ihre Doppelqualifikation im Bereich Pflege/Therapie sowie Betriebswirtschaft
aus, lobte Adler.
Spannend werde die Kooperation für Absolventen der Hochschule. Gemeinsam entwickeln ASH
und Klinken ein Trainee-Programm für den direkten Berufseinstieg besonders qualifizierter
Studierender.
R. Nachtmann
Feuilleton
jot w.d. 2/2015
Historisches Kalenderblatt:
„Ich bin eine Bildhauerin
für Menschen!“
Am 3. Februar 2015 jährte sich der
100. Geburtstag von Ingeborg
Hunzinger. Anlässlich des Jubiläums zeigt die Galerie „Alte Schule“ an der Dörpfeldstraße 54-56 in
Adlershof noch bis 28. Februar
Werke der Berliner Bildhauerin.
Die in Berlin als Tochter des Chemikers Hans-Heinrich Franck geborene Ingeborg Franck nahm
nach dem Abitur ein
Studium an der Kunstakademie in Charlottenburg auf. Nach
zwei Jahren wurde ihr
wegen der Zugehörigkeit zum Kommunistischen Bund von der
Reichskulturkammer
der weitere Besuch verwehrt. Sie begann in
Würzburg eine Lehre
bei einem Steinmetzmeister, die sie 1938 als
Gesellin abschloss. Danach wurde sie im Atelierhaus in
der Klosterstraße Schülerin beim
Bildhauer Ludwig Kasper.
Als Jüdin erhielt sie Berufsverbot
und emigrierte1939 nach Italien,
hielt sich zuerst in Florenz auf,
später in Sizilien. 1942 zog sie
nach Bergalingen, wo ihre Tochter Anna und ihr Sohn Gottlieb geboren wurden. Nachdem ihr Lebenspartner Helmut Ruhmer in
den letzten Kriegstagen gestorben
war, kehrte sie nach Deutschland
zurück. An der Kunsthochschule
Weißensee erhielt sie von 1950 bis
1951 eine Assistenzstelle, und bis
1953 war sie Meisterschülerin bei
Fritz Cremer und Gustav Seitz an
der Akademie der Künste der
DDR. Danach arbeitete sie freiberuflich. Sie heiratete den Schlosser und Spanienkämpfer Adolf
Hunzinger und bekam ihr drittes
Kind, Tochter Rosita.
In ihrem Atelier in Rahnsdorf entstanden auch etliche
Kunstwerke für den
Berliner Raum. Ihr bedeutendstes Werk ist
das Relief „Block der
Frauen“, das in der
Rosenstraße an den
Aufstand der mutigen
Mütter und Ehefrauen
gegen die Zwangsdeportationen ihrer jüdischen Männer erinnert. Im Bezirk Marzahn-Hellersdorf befinden sich acht
Skulpturen, darunter die „Sinnende“ im Schlosspark Biesdorf
(Foto: Archiv). „Das Paar“, das im
Staudengarten in den Gärten der
Welt steht, hat Frau Hunzinger
dem Bezirk zum Geschenk gemacht. Die Rosa-Luxemburg-Büste war ihr letztes Werk. Ingeborg
Hunzinger starb am 19. Juli 2009
im Alter von 94 Jahren in Berlin
(siehe jot w.d. 8/2009).
Karin Satke
(Das Historische Kalenderblatt
wird gemeinsam mit dem Heimatverein des Bezirks gestaltet.)
13
Krankheit geheilt, Patient tot
Geschichten aus der Praxis eines Arztes
Tragisches und Komisches findet
sich oft dicht beieinander in dem
Buch, in dem der bekannte Frankfurter Arzt Karl-Ludwig von Klitzing, geboren 1942, auf die vergangenen Jahrzehnte zurückblickt
und aus seinem Berufsalltag vor
und nach 1989 berichtet.
Da gibt es eine Geschichte über
einen Mann, der an Krebs erkrankt ist. Gemeinsam schaffen
es Arzt und Patient, die tückische
Krankheit zu besiegen, doch der
Patient stirbt dennoch, weil sein
Körper die Folgen der Therapie
nicht vertragen hat.
Ein anderer Mann ist mit
nichts weiter als den uralten
Hausschuhen eines verstorbenen Mitgefangenen aus der
Kriegsgefangenschaft zurückgekommen. Niemals, auch
später im deutschen Krankenhaus, trennt er sich von diesen Hausschuhen. Klitzing
sorgt dafür, dass die alten
Schlappen schließlich auch
den alten Mann auf seinem
letzten Weg begleiten.
Dann erzählt der Autor von einer Sache, die man wohl niemals in einem Geschichtsbuch
zu DDR-Zeiten gefunden hätte. Im April 1945 ergaben sich
deutsche Soldaten in der Nähe
von Greifenberg im heutigen
Polen der Roten Armee. Der
sowjetische Offizier, in dessen
Bereich das passierte, hatte
die Deutschen entweder absolut hassen gelernt oder keine
Lust auf einen Papierkrieg im
Zusammenhang mit der Gefangennahme. Also ließ er die Soldaten eine Grube ausheben und
sie dann gruppenweise davor erschießen. Als ihm ein Gefangener deshalb ins Gesicht spuckte,
zog er die Pistole und schoss. Das
Opfer ließ sich in die Grube fallen und überlebte. Klitzing erzählt, wie der Mann dann viele
Jahre mit dem Projektil im Körper lebte, welches sowohl Herz
als auch Lunge gefährdete.
Eine anrührende Geschichte erzählt von zwei alten Leutchen un-
terschiedlichen Geschlechts, die
sich im Krankenhaus kennen gelernt haben. Eines Morgens staunen die Schwestern nicht schlecht,
als sie die beiden eng umschlungen und mit nichts außer der Bettdecke bedeckt gemeinsam in einer Schlafstätte finden.
Fast für einen Witz könnte man
die Erzählung über eine Mittvierzigerin halten. Die Mutter von
vier Kindern litt zunehmend unter Atembeschwerden und darunter, dass sie ständig zunahm. Ihre
Hausärztin kann sich die Gründe
nicht erklären und überweist
die Frau an verschiedene Fachärzte, die ebenfalls keine Erklärungen finden. Klitzing entdeckt den Grund: Die Frau ist
im fortgeschrittenen Stadium
schwanger.
Voller Schauder erinnert sich
Klitzing auch Jahre nach deren
Ende an die Staatssicherheit.
Alle im Krankenhaus hätten
vor ihr Angst gehabt. Wer die
nicht gezeigt hätte, stand im
Verdacht, selbst dazuzugehören. Das hätten sowohl Ärzte,
Schwestern und Pfleger als
auch Kraftfahrer sein können.
Fast kindliche Freude empfindet er, als er in einer Sprechstunde einen der ehemaligen
Mitarbeiter entlarvt und hinterher weiß, dass der nie wieder
zu ihm kommen wird.
Hans Sandow
Karl-Ludwig von Klitzing:
Atemlos, vbb, 18,99 Euro.
Schnupfnase mit Lampenfieber
Kabarettistin und jot w.d.-Kolumnistin Dagmar Gelbke hat eine ganz eigene Meinung
zur derzeitigen Islamdebatte und bereitet sich auf die „Heißen Zeiten“ vor
Ist eigentlich noch jemand Charly –
oder sind wir jetzt alle schon wieder Dschungel-Camper und Bachelor-Voyeure oder gar ein närrisches
Volk? Ich fand die Solidarität nach
dem abscheulichen Attentat auf das
französische Satire-Magazin „Charly Hebdo“ sehr berührend, auch
wenn ich mir eine ähnliche
anlässlich der vielen anderen Attentate der vergangenen Jahre in anderen Ländern gewünscht hätte. Und
jetzt, wo das „Je suis Charly“ der
Vergangenheit angehört, ist letztendlich die alte Losung, der Islam gehöre zu Deutschland, wieder ver-
stärkt in die Schlagzeilen manövriert
worden. Wer aufmerksam meine
Kolumnen verfolgt, weiß, dass ich
die Migrationsdebatte sehr differenziert führe, schon aus wissenschaftlichem Ehrgeiz als Studentin der
Kulturwissenschaften heraus. Ich
stehe nicht auf dem Standpunkt,
dass die Wurzeln des Christentums
im Islam liegen, wie ich neulich bei
einem iranischen Intellektuellen bei
Facebook lesen und dem auch widersprechen musste. Als der Islam
die Welt eroberte – im 7. Jahrhundert nach Christus - war das Christentum schon 200 Jahre Staatsreligion im zerfallenden Römischen
Reich, dessen Wurzeln vor allem im
griechisch-römischen Wertesystem
lagen – und nicht bei den Persern.
Die waren damals schon auf dem
absteigenden Ast.
Aber ist diese längst vergangene
Vergangenheit so wichtig, dass man
sie auf die politische Tagesordnung
setzen muss? Nun, in Zeiten von
Pegida und Legadadada und wie sie
alle heißen, wohl schon. Also sage
ich hier ganz offen: Nein, DER im
Namen Allahs mordende Islam gehört nicht zu Deutschland. Und das
würde ich gern öfters auch von
muslimischen Mitbürgern hören,
die selbstverständlich, wie Gläubige aller anderen Religionen auch,
zu Deutschland gehören, wenn sie
sich als Bürger dem Grundgesetz
verpflichtet fühlen. Doch es gibt in
Diskussionen mit Muslimen immer
dieses: Ja, wir verurteilen solche
Aktionen, aber ...
Aber was? Karikaturen sollen verboten werden? Wenn nicht, muss
man Verständnis haben, wenn gemordet wird? Ich rege mich dann
immer sehr auf, weil auch diese Art
von rückständiger Verbohrtheit immer mehr Menschen zu offen fremdenfeindlichen Demonstrationen
treibt – auch wenn klar ist, dass die
ganz genau so rückständig verbohrt
sind. Allerdings zeigen diese Aufmärsche auch, wie gut es uns im
Osten geht, wenn wir keine anderen Probleme haben, als die „Islamisierungs“quote von 0,0 (ich weiß
nicht, wie viel Prozent hinter dem
Komma). Ehrlich, ich schäme mich
für diese Sachsen im Tal der Ahnungslosen. Und wahrscheinlich
laufen alte Bekannte von mir in den
Pegida-Reihen mit.
Aber über so etwas wird in Datteln
bei Castrop-Rauxel, wo ich für „Heiße Zeiten“ probe, nicht diskutiert.
Datteln ist der größte Kanal-
knotenpunkt der Welt, der Dattelner Meer genannt wird. Wer hätte
das gedacht! Und das Katielli-Theater, wo ich an Weiberfastnacht Premiere haben werde, wurde nach
Oma Kati und Oma Elli, die einst
den Theaterleiter Bernd Julius
Arends großzogen, benannt – ist das
nicht hinreißend liebevoll? Überhaupt geht man da im Westen sehr
lieb miteinander um – die Regisseurin bedankt sich nach jeder Probe.
Bernd sagt uns jeden Tag, wie toll
er uns findet – und ist selbst ein hinreißender Sänger und Komödiant.
Wie meine Kolleginnen, die mit ihren tollen Stimmen meinen Ehrgeiz
anstacheln und mich in Selbstzweifel stürzen. Vierstimmige Sätze habe ich lange nicht mehr singen
müssen. Und was man lange nicht
macht, verlernt man irgendwie
schon. Peinlich auch, dass ich nicht
mehr so schnell den Ablauf der
Choreographien begreife wie früher.
Gut, unsere neuseeländische Ballettchefin ist wunderbar chaotisch:
„Also, wir machen one two three
und dann Step bounce turn. Und
dann machen wir das und dies und
jenes.“ Leider sagt sie nicht, wann
genau die jeweilige Bewegung stattfinden soll, das muss man einfach
im Blut haben. Jedenfalls habe ich
schreckliche Angst zu versagen.
Vielleicht bin ich ja deshalb immer
wieder erkältet, seit September alle
vier Wochen. Ich glaube, es wird
Zeit, dass ich mal wieder richtig verreise. Und nicht immer nur in Zügen und Bussen zwischen Berlin
und Dortmund und Frankfurt hinund herpendele, was der Genesung
nicht gerade dienlich ist. Ja, ja, die
65, die im Sommer mein Leben
übernehmen wird, kündigt sich an.
Apropos Alter: „Honig im Kopf“ ist
einer der besten deutschen Filme,
die ich in letzter Zeit gesehen habe.
Haben Rita und ich geheult! Dieter
Hallervorden ist großartig und so
authentisch. Ich kann nur sagen, alle
Preise der Welt für diesen Film!
Und: Herbert Köfer wird am 17.
Februar dieses Jahres seinen 94. Geburtstag auf der Bühne begehen, in
„Rentner haben niemals Zeit“ in
Ludwigsfelde. Leider ohne Ingeborg
Krabbe, die beim Packen ihrer
Tourneekoffer für just dieses Spektakel über ein Kabel in ihrem Haus
gestolpert ist und seitdem nicht mehr
laufen kann und der ich von hier –
sicherlich im Namen aller jot w.d.Leser – baldige Genesung wünsche!
Eure Dauerschnupfnase Daggie
14
jot w.d. 2/2015
Empfehlungen
Humor und Parodie
im „Kofferradio“
Es gab nicht nur den
„Schwarzen Kanal“
Erinnerungen an den Orchesterchef
und Klarinettisten Günter Gollasch
Sonderausstellung zur
Fernsehgeschichte der DDR
Berlin – Einen immer größer werdenden Hörerstamm in
aller Welt hat die
Sendung „Kofferradio“ von und mit Moderator Siggi Trzoß.
Zu empfangen jeden
Sonnabend zwischen
14 und 15 Uhr über
das Berliner Kabelnetz 92,6, Anntenne
88,4 und 90,7 sowie
im Internet: www.alex-berlin.de,
www.siggitrzoss.de.
Am 7. Februar sind
Ausschnitte von der
56. Schlagerstunde
im „Judith Auer“ mit
dem singenden Humoristen Harry Wuchtig zu hören. Die passende Sendung zum Fasching. Am 14. Februar ist die Sängerin
Stefanie Simon zu Gast bei Siggi im Alex-Studio an
der Voltastraße. Die Künstlerin, auch bekannt vom Duo
„Steffi & Bert“, plaudert über ihr Leben und präsentiert ihre Schlager. Am 21. Februar gibt es ein Wiederhören von Hits, die vor 50 Jahren auf Platte und im
Radio produziert wurden. U. a. „Mama“ (Bärbel Wachholz), „Pech für mich“ (Ingo Graf), „Ein Tag kann endlos sein“ (Brigitte Rabald“, „Sputnik Thema“ (Sputniks) und „Süßer Kuss im Mondenschein“ (Christian
Schafrik). Die Geburtstagssendung geht am 28. Februar über den Sender. Die Wunschfavoriten und Titel wurden wie stets von der Hörerschaft bestimmt.
Zu hören sind u.a. Schlager von Bully Buhlan, Rosemarie Ambé, Manfred Krug, Klaus Sommer, Wilfried
Koplin, Lippi, Britt Kersten, Hartmut Eichler und Ruth
Brandin. Am 7. März ist der tolle Stimmparodist Jörg
Hammerschmidt zu Gast bei Trzoß. Außerdem wird in
Wort und Musik an Günter Gollasch (Foto Dittmann)
erinnert, der am 10. März 2011 kurz nach seinem 88.
Geburtstag verstarb.
I. Dittmann
Wer sich erinnert, lebt zweimal. Diese Lebensweisheit
hat sich in den vergangenen zwölf Jahren tausendfach
bewahrheitet – in 23 Museen in 20 Städten. Mittlerweile fand die Wanderausstellung „Es gab nicht nur den
schwarzen Kanal –Streiflichter aus 39 Jahren Adlershofer
Fernsehjahren“ ihre 24. Station im Antennen-Spitzhaus
des Sender- und Funktechnikmuseums in Königs Wusterhausen. Dort konnten seit der Eröffnung am 12. April
2014 bereits mehr als 1600 Besucher gezählt werden.
Auch das prall gefüllte Gästebuch bestätigt: Es war richtig, im November 2002 den Grundstein für die Ausstellung zu legen, mit ihr auf Tournee zu gehen und sie stetig zu erweitern. Neben Original-Kostümen und Requisiten bekannter und beliebter Sendungen des DDR-Fernsehens (etwa „Willi Schwabes Rumpelkammer“) werden 110 Bildtafeln mit weit über 800 Fotos gezeigt. In
Zukunft kommen viele Exponate der noch nicht eröffneten Technik-Schau hinzu. Wichtiger noch und unbezahlbar sind die vielen Gespräche und Plaudereien mit den
Besuchern, durchaus nicht nur ehemalige DDR-Bürger.
Die Sonderausstellung ist sonnabends und sonntags von
13 bis 17 Uhr auf dem Funkerberg in Königs Wusterhausen geöffnet. Info Tel. 03375-294 755. Horst Rentz
Da werden Erinnerungen wach.
Foto: Dittmann
Im Land der Sehnsucht
Lachssuppe vom Gitarristen
Unter knisternden Vulkanen
„hoher salon“ Armenien
KochKunst aus Finnland
„heller salon“ Ecuador
Hohenschönhausen – Unter dem Motto „Armenien –
Das Land der Sehnsucht“ findet am 27. Februar, 19.30
Uhr, im Humboldt-Haus, Warnitzer Straße 13A, der nächste „Hohe Salon“ statt. Im Mittelpunkt des interkulturellen Abends mit Musik, bildender Kunst und
Kulinarischem, durch den Gastgeberin Alina MartirosjanPätzold führt, steht diesmal die Kunst und Kultur ihres
Heimatlandes Armenien.
An diesem Abend sind die in Berlin lebenden armenischen Künstler Nelly Schmalenberg, Stepan Gantralyan
und Anahit Mkrtschyan zu Gast. Der Schauspieler, Regisseur und Liedermacher Stepan Gantralyan (Bild li.)
erzählt über Land und Leute, trägt Gedichte vor und singt
armenische Lieder. Dabei wird er von dem Gitarristen
Mauricio Almanzor (Bild re., Foto: privat) begleitet. Die
Pianistin Nelly Schmalenberg interpretiert auf dem Klavier klassische armenische Musik, darunter auch Werke
von Aram Khatchaturian. Originalbilder von Anahit
Mkrtschyan werden ausgestellt und sind käuflich zu erwerben. Kulinarische Spezialitäten aus
Armenien
stimmen auf
den Abend
ein. Eintritt
18, ermäßigt
15 Euro (incl.
Speisen),
Kartenreservierung Tel.
553 22 76.
I. Dittmann
Hohenschönhausen – Am 18. Februar lädt der Verein „Lebensmut“
zur nächsten Veranstaltung der Reihe
„KochKunst“ in den
Kieztreff „Falkenbogen“, Grevesmühlener Straße 20,
ein. Zu Gast beim
interkulturellen Kochen ist der finnische Sänger und Gitarrist Martin Welp
(Foto: privat).
Gastgeberin ist wie
immer die charmante Alina Martirosjan-Pätzold. Gemeinsam mit Martin Welp stellt sie den
Gästen eine finnische Lachssuppe vor, die zu den absoluten Lieblingsgerichten des Künstlers gehört. Das
leckere Gericht wird gemeinsam vorbereitet und verspeist. Das Rezept kann dann zum Nachkochen am
häuslichen Herd mitgenommen werden.
Anschließend plaudert Martin Welp über Geschichte,
Kultur und Einwohner seines Heimatlandes. Er erzählt
etwas über die sicherlich wenig bekannte finnische
Tangokultur, singt und spielt auf der Gitarre.
Die Karten für diese Veranstaltung kosten 9 Euro (inklusive der Kostproben). Beginn 19.30 Uhr. Um Voranmeldung wird gebeten (Telefon 960 632 33).
I. Dittmann
Hellersdorf – Die traditionelle Kultur und Musik der
Indios unhd Mestizen steht am 13. Februar im Mittelpunkt des „hellen salon“ im Kulturforum, Carola-NeherStraße 1. Gastgeberin Alina Martirosjan-Pätzold führt
unter dem Motto „Ecuador – Unter knisternden Vulkanen“ durch den vom Kulturring organisierten Abend, der
19.30 Uhr beginnt. Alexander von Humboldt schrieb
einst: „Die Ecuadorianer sind seltsame und einmalige
Wesen – sie leben arm inmitten von unermesslichen
Reichtümern und sie freuen sich über traurige Musik.“
Vorgestellt wird die traditionelle Musik, die so traurig
gar nicht ist (vielleicht ein wenig melancholisch), vom
Duo IntiYaku (Foto: privat). Aude Boucher aus Frankreich spielt dabei die erste Gitarre und der Sänger
Fernando Velasco aus Ecuador die zweite Gitarre.
Originalbilder aus Ecuador werden ausgestellt und sind
käuflich zu erwerben. Kulinarische Spezialitäten aus der
Küche Ecuadors stimmen auf den Abend ein. Eintritt 18
Euro (einschließlich Speisen), Karten-Vorbestellung: Tel.
553 22 76.
I. Dittmann
direkt – Briefe & Antworten
jot w.d. 2/2015
Bezirkshaushalt wird
transparenter
Der Bezirkshaushaltsplan war bisher
ein Dokument, welches in seiner
Aufbereitung zwar sehr strukturiert
und zweckmäßig, für Laien aber nur
schwer verständlich ist. Die Fraktion
der Piratenpartei in Marzahn-Hellersdorf brachte daher Ende 2013 die
Forderung nach einer Visualisierung
des Bezirkshaushaltsplanes in die
BVV ein. Die neue Darstellung präsentiert die sonst trockenen und
schwer verständlichen Haushaltsdaten in einfacher, leicht verständlicher und interaktiver Form. Menschen wird so die Möglichkeit gegeben, schnell auf den für sie interessanten Bereich zu filtern und sich ein
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Nachweihnachtliches Gänseessen
am Künstlerstammtisch
Bild von den Haushaltszahlen des
Bezirkes zu machen.
„Mit der intuitiven Visualisierung des
Bezirkshaushaltes ist ein weiterer
Schritt zu mehr Nachvollziehbarkeit
gemacht und politisch Interessierte
können nun auch ohne Volkswirtschaftsstudium die Geldverteilung im
Bezirk nachvollziehen“, sagt Fraktionsvorsitzender Steffen Ostehr.
Die visualisierten Zahlen und weitere
Informationen zum Haushalt MarzahnHellersdorfs sind hier zu finden:
www.berlin.de/sen/finanzen/haushalt/
haushaltsplan/artikel.5697.php; auch
Landeszahlen und die für andere Bezirke sind verzeichnet. K. Dobberke
Baumfällungen
strenger prüfen
Zu mehreren Berichten in dieser Zeitung
Die Berichte in dieser Zeitung über
illegale Baumfällungen während der
Vegetationsperiode (jot w.d. 5/2014
und 8/2014) haben nun doch einen
Erfolg gezeitigt. Sie führten nämlich
dazu, dass ein Antrag der Linksfraktion, der vom Bezirksamt fordert,
„die rechtlichen Möglichkeiten der
Durchsetzung des Sommerrodungsverbotes auszuschöpfen“, vom Plenum beschlossen werden ist. Der Antrag, der auch von den Bündnisgrünen
unterstützt wurde, hatte bereits im
Umweltausschuss bei nur drei Enthaltungen ein positives Votum gefunden. Die Forderung bezieht sich auch
auf „eigene Baumaßnahmen“ des
Bezirks, bei denen „Eingriffe in Gehölzbestände und andere Naturräume
während der Vegetations- und Brutperiode“ vermieden werden sollen.
Nun bleibt nur zu hoffen, dass sich
die zuständigen Ämter auch an den
Beschluss halten.
Red.
Türen nicht für Alle offen?
Zum Tag der offenen Tür der Frauensporthalle
Erst ließ Bezirksbürgermeister Stefan
Komoß bei seinem „Prestigeprojekt“
die auf hohen technischem Stand befindliche FFM Halle aus dem Topf für
die bauliche Unterhaltung von Schulen und Sportanlagen umbauen, und
nun gibt es zur Eröffnung auch noch
eine Mogelpackung. Da wird in großen Lettern kostenloses Probetraining
für alle angeboten. Im Kleingedruckten sind dann aber von 17 Angeboten
lediglich zwei für alle gedacht. Das
sind statt versprochenen 100 Prozent
magere 10. Ist das nicht wieder ein
Fall für den Chef und Herrn der Zahlen im Bezirk? Es fehlt ja nur eine
Null.
Christoph Beyer Marzahn
Anm.: Auf den Plakaten und Flyern
zum genannten Tag der offenen Tür
der Frauensporthalle, der am 24. Januar stattfand (einem Sonnabend, an
dem die Halle eigentlich grundsätzlich allen Menschen offen steht), wurden halbstündige Probetrainings fast
ausschließlich für Frauen und/oder
Mädchen angeboten.
Red.
Räder smarter parken
Wird nicht ständig ein Mangel an Fahrradstellplätzen beklagt? Wie wäre es
mit diesem karussellartigen Vorschlag?
Eingesandt von unserem LeserH.-P. Runge aus Alliston, Ontario/Kanada
Zum nachweihnachtlichen Gänseessen trafen sich im Januar ausnehmend viele Mitglieder des
„Künstlerstammtisches“ im Gasthaus Oberfeld in Kaulsdorf. Unter ihnen etwa Dagmar Frederic, Urte Blankenstein (Puppendoktor Pille), Dina Straat, Michael Hansen Gerd Christian oder
Karin Maria. Und natürlich durfte der „Schlagerpapst“ Siegfried Trzoß (mitten in der Mitte) in
dieser illustren Runde nicht fehlen. Vor kurzem war es ihm ja gelungen, der Ostrentner-Hauptpostille aus dem Burda-Hause eine etwas größere Geschichte und eine kleine Serie über die Ostkünstler vergangener Zeiten abzutrotzen. Und zwar ohne, dass es immer gleich um Krebs und
Scheidung oder „Blut, Schweiß und Sperma“ gehen muss. Fein!
Foto: Nachtmann
jot w.d. 2/2015
Rennpappe schaffte es
bis in die USA
Moderator und Stammleser der jot w.d., Siegfried Trzoß, besuchte im Januar während
seines Familienbesuches in San Diego (Kalifornien) auch die dortige Automobilausstellung und traute seinen Augen nicht: An bester Stelle positioniert und immer von den
Besuchern bestaunt: Der „DDR-Trabbi“ samt Hinweis „Nicht anfassen“. Foto: Trzoß
Die Schändlichen
Unionsvertreter düpieren Shoa-Überlebenden in der BVV
Zwei Dinge vorweg: Einem fast Neunzigjährigen darf
man zumindest ein kleinwenig so genannten Altersstarrsinn zugestehen. Ein Auschwitzüberlebender
darf ohne Not seine Sicht auf die politischen Folgen
und Nachfolgen des Zweiten Weltkrieges darlegen.
Das tat Horst Selbiger, ehemaliger NS-Zwangsarbeiter, ehemaliger Auschwitz-Häftling. Anlässlich des
Gedenktages der Opfer des Nationalsozialismus (27.
Januar) sprach er zwei Tage später in der Feierstunde der Bezirksverordneten-Versammlung. Als
einer der letzten Überlebenden berichtete er von
den fast 7000 halbverhungerten, verängstigten, frierenden Häftlingen, deren einige gegen drei Uhr nachmittags beim Anblick zweier vermummter Gestalten,
die auf das Lagertor zukamen, ein Freudenschrei
entfuhr: „Die Russen sind da.“ Selbiger erinnerte
auch daran, dass bei den Kämpfen dort zuvor etwa
300 Sowjetsoldaten gefallen waren. 300
von insgesamt 20 Millionen Soldaten und
Zivilisten der Sowjetunion, die Opfer des
faschistischen Rassenkrieges und der
Befreiung Europas vom Faschismus
wurden. Das bitte möge die Bundesregierung bei ihrem Umgang mit dem
Ukraine-Konflikt auch bedenken, forderte
Selbiger. Hinsichtlich des diesjährigen Gedenkens in
Deutschland und Polen dürfte es nicht heißen: „Böser Putin, guter Gauck.“ Dies veranlasste Carsten
Wilke von der CDU-Fraktion, den Saal zu verlassen.
Selbiger erzählte ohne auftragendes Pathos von seinen Erlebnissen während der stetig wachsenden
Ausgrenzung und Verfolgung der Juden in Nazideutschland. Schon als kleiner Junge, eingeschult
1934, „war ich der Itzig und die Judensau“. Von
den 62 Trägern des Namens Selbiger in Berlin (er
sagte nicht: aus meiner Familie) wurden 61 ermordet, das jüngste Opfer war sechs Monate, das älteste 83 Jahre. Selbiger lernte das Leben in „Judenhäusern“ kennen, musste Zwangsarbeit verrichten,
5
erlebte den Frauenprotest an der Rosenstraße. Bei
der so genannten Fabrikaktion wurden 6000 Juden
in die ehemalige Synagoge gesperrt. „Draußen standen Frauen und klatschten Beifall“, erinnert sich
der alte Mann.
Überleben. „In der Nacht zum 9. Mai geschah ein
neuerliches Wunder“, erzält er. „Aus den übelsten
faschistischen Verbrechern wurden plötzlich Demokraten, und keiner hat von irgendetwas gewusst.“
Dass die westdeutsche Republik von NS-Verbrechern
aufgebaut wurde – vom Bundestag bis ins kleinste
Ministerium – hat ihn damals so schockiert, dass er
den Weg in die andere deutsche Republik suchte,
„deren proklamiertes Ziel der Aufbau einer demokratischen antifaschistischen Gesellschaft“ war. Seine
Enttäuschungen aus diesem Land hielt Horst Selbiger zurück, sprach umso mehr über die NS-verseuchte frühe Bundesrepublik. Schade. Doch das
durfte dennoch kein Grund sein, jeglichen Anstand
fahren zu lassen und Selbiger öffentlich am
Mikrofon darauf „hinzuweisen“, dass wir
heute in einer Demokratie leben, in
der es erlaubt ist, Menschen
wie den russischen Präsidenten Wladimir Putin für sein
Handeln öffentlich zu kritisieren. Das hätte Kathrin Bernikas, die sonst so feinsinnige BVV-Vorsteherin, nicht tun sollen, nicht auf
diese Art, selbst wenn sie in der Sache Recht hat.
Denn was hatte Selbiger kurz zuvor berichtet? Er
habe sich nie vorstellen können, dass 70 Jahre später auf deutschen Straßen skandiert wird: „Jude,
Jude, feiges Schwein, komm heraus und kämpf allein“ oder „Hamas, Hamas, Juden ins Gas“.
Auch darüber sollte der CDU-Kreisvorsitzende mit
Herrn Wilke und Frau Bernikas noch einmal reden.
R. Nachtmann
(Nur zur Ergänzung: Die NPD-Verordneten waren
der Feierstunde von vornherein ferngeblieben.)
Letzte Seite
Eine einfache Erklärung
für Bescheuertes
Ein Israeli namens Friedländer, der sich
gründlich mit dem Los von Juden unter
Hitler beschäftigte, fasste seine Erkenntnis so zusammen: Hitler kannte keine Juden, nur „den“ Juden. Einfach genial in
der Kürze, diese Weisheit. So könnte man
es sich sehr einfach machen und den Patriotischen Europäern unterstellen, sie
kennen in der Dresdner Provinz keine
Muslime, sondern nur „den“ Islamisten.
Oder den Westeuropäern, sie kennen keine Russen, sondern nur „den“ Russen.
Und so weiter.
Aber: Wir alle werden wohl ohne Ausnahme vereinfachen (so wie ich gerade in
meinem Urteil über die Pegida-Jünger),
wenn wir etwas nicht genau kennen oder
es eben nicht genau wissen wollen. So
bekommt bei schlichteren Gemütern „der“
Afrikaner den Stempel „faul“, ebenso der
ewiglich Siesta machende Spanier. Die
Roma betteln, die Albaner haben es mit
der Blutrache, die Tschetschenen ziehen
immer gleich das Messer. Und die Muslime erniedrigen religionsbedingt ihre
Frauen. Oder „der“ Asylant, egal weshalb
hier oder woher, will vor allem eins: Unser schönes Leben abgreifen. Sagen jene,
denen das eigene Leben häufig gar nicht
so schön vorkommt: Zu viel Arbeit, oder
zu wenig Geld, zu wenig Ruhe, oder zu
viel Langeweile, zu wenig Zuwendung
„der“ Politiker, zu viel Regierungsnähe in
„den“ Medien.
Alles über einen Kamm geschoren ist nun
mal einfacher als ein wenig genauer hinsehen. Damit schere ich „den“ Rassisten
über einen Kamm mit „den“ ewigen
Meckerköppen und
„den“ ewig aufmüpfigen Widerstandshelden, die es am
Rande, leider wenig
zahlreich,
zum
Glück aber immer
wieder gibt.
Die großen Vereinfacher gibt es in allen politischen Lagern, allen Religionen,
und sie kommen in allen nationalen Schattierungen vor. Welche Medizin hilft gegen
diese Krankheit ohne schädliche Nebenwirkungen? Die Neugier auf die bisher unheimlichen Fremden, der fragende Blick
auf gut gepflegte Feindschaften (so man
welche pflegt), der Mut zur Wanderung in
eine unbekannte Finsternis. Zum Zwecke
der Erleuchtung, versteht sich. Denn am
Anfang der Zivilisation im Abendlande
stand die Aufklärung. Dazu gehörte der
wache Blick über den eigenen Horizont ins
zivilisierte Morgenland mit seiner chinesischen Kultur, den indischen Palästen, zu
den Wurzeln aller Weltreligionen.
Der fortwährende Zweifel an allem - als
Maxime eines gewissen Karl Marx - wird
jedem Bürger auch Angst einhauchen: Das
Leben wird dadurch zerbrechlich, ohne
verlässliche Gewissheiten, Chaos droht
womöglich. Den Kleinmütigen wiederum
half stets die eine Wundermedizin: Gleichschritt und Gebrüll im Aufmarsch Gleichgesonnener, gemeinsam Feind besiegen.
Freilich mit den zum Glück noch weithin
bekannten schlimmen Nebenwirkungen.
Euer Schwejk
○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○
Heimatländisches jot w.d.-Preisrätsel
E N
E B
U T
S T
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
I T
I D
L S
R E
S E
R G
Es sind Orte mit zehn Buchstaben folgender Bedeutung zu finden: 1. historische Kleinstadt an der Tauber, 2.
hier befindet sich der Führungsbunker
Harnekop, 3. Ort mit Bergbauwanderpfad in Thüringen, 4. hier steht Brandenburgs schönste Burg, 5. sehn wir
uns nicht in dieser Welt, dann sehn
wir uns in ..., 6. Ziel (fast) aller Touristen aus den USA, 7. Berliner Stadtteil mit deutsch-russ. Museum, 8.
Oberst Petershagen rettete diese
Stadt, 9. hier gibts zum Einkaufen die
„Kö“, 10. hier steht Europas längste
Burganlage.
Die Buchstaben in den markierten
Feldern ergeben – neu sortiert – eine
andere Bezeichnung für überall.
Schicken Sie Ihre Lösung bis 28. Februar (Poststempel) an jot w.d., Müllerstr. 45,
12623 Berlin, Kennwort Rätsel, und gewinnen Sie u.a. einen Gutschein (auch für
mehrere Personen) für die Nutzung der Minigolfanlage Wittenberger Straße 50.
Auflösung des Preisrätsels aus jot w.d. 1/2015: 1. Penderecki, 2. Bibliothek, 3.
Biographie, 4. Regentrude, 5. Sängerfest, 6. Jugendstil, 7. Ölschinken, 8. Dramatiker, 9. Babelsberg, 10. Chorleiter. Das Lösungswort lautete: Kinderoper.
Die Preise gingen per Post an die Gewinner. Herzlichen Glückwunsch!
○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○
Die jüngsten Mitteilungen des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung, einer der größten außeruniversitären Forschungseinrichtungen der Stadt,
enthalten einen interessanten Artikel des
Soziologen Marcel Helbig. Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der Projektgruppe
der Präsidentin Prof. Jutta Allmendinger.
Helbig verweist darin unter anderem auf
eine Studie über die deutsche Elite. Interessante Fakten, die wenig Aufsehen erreg-
Deutsche Elite!
ten. 2,8 Prozent aller Entscheidungsträger
in Deutschland stammen aus Ostdeutschland. Bei gleichen Chancen sollte dieser
Anteil eigentlich rund 17 Prozent betragen.
In einzelnen Bereichen sehe es noch düsterer aus, konstatiert der Wissenschaftler.
Anteil Ostdeutscher bei den Wirtschaftseliten: 0 Prozent, bei den Wirtschaftsver-
bänden: 0 Prozent, in der Justiz: 0 Prozent,
im Militär: 0 Prozent, in den Medien: 0
Prozent, in den Gewerkschaften: 0 Prozent.
Sonstige Eliten: 0 Prozent, Wissenschaft:
2,5 Prozent, Verwaltung: 4,3 Prozent. Einzig bei der Politik (13,8 Prozent) und – man
höre – bei den Kirchen (16,7 Prozent) sind
Ostdeutsche nur unwesentlich unterreprä-
sentiert. (Wobei man bedenken sollte, dass
das Verhältnis von Politik und Elite nicht
zwingend ein kongruentes ist.)
Damit bestätigt Helbig nicht nur ein latentes Gefühl der „Zweitklassigkeit“ im Osten
der Republik. Die Zahlen sollte man bei
den bevorstehenden Jubelfeiern anlässlich
des 25. Jahrestages der deutschen Einheit
auch im Hinterkopf haben. Für Interessen
an der Studie: email: marcel.helbig@wzb.eu.
R. Nachtmann