Ausgabe 2-2015
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Ausgabe 2-2015
Stilles Gedenken 20. Jahrgang Nr. 2/2015 EVP: 1 Euro Anlässlich des Gedenktages der Opfer des Nationalsozialismus hatten wie stets in den vergangenen Jahren BVV-Vorsteherin Kathrin Bernikas und Wolfgang Brauer, Vorsitzender des Heimatvereins, zum stillen Gedenken an der Stele für die Zwangsarbeiter auf dem Parkfriedhof Marzahn geladen. Dieser Einladung waren auch Petra Pau, Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages und Petra Rosenberg, Vorsitzende des Landesverbandes Berlin der Sinti und Roma, gefolgt. Die Worte des Gedenkens sprach in diesem Jahr Ralf Wieland, Präsident des Berliner Abgeordnetenhauses. Vertreter vieler demokratischer Parteien legten Kränze und Blumengebinde nieder. Foto: Schuchert Die Bürgerzeitung aus Marzahn-Hellersdorf Lehrerin & Schülerin Inhalt Künstler-Serie in jot w.d.: Viele Leser werden sich an Sänger und Musiker ihrer Jugendzeit in der DDR erinnern. jot w.d. berichtet, was aus ihnen geworden ist. Heute: Helena Vondrácková. Seite 3 Frauensport: Die Frauensporthalle im FFM war eine der umstrittensten Einrichtungen im Bezirk. Nun wurde sie eröffnet und bietet eine Reihe von Kursen. jot w.d. entdeckte auch eine ganze Menge Unwägbarkeiten. Seite 10 Gartenkampagne: Der Orientalische Garten im Erholungspark feiert in diesem Jahr bereits sein zehnjähriges Bestehen. Für eine Werbekampagne werden nun „Botschafter“ gesucht. jot w.d. fand in Ursula Karven die erste. Seite 11 Altersarmut: Als eines der größten sozialen Probleme der Zukunft gilt die rasch wachsende Altersarmut. Sie ist nicht nur Ausdruck von Globalisierung, sondern auch Ergebnis einer verfehlten Sozialpolitik. jot w.d. beleuchtet Hintergründe. Seite 12 Zwei Berühmtheiten auf einer Bühne: Die große Ruth Hohmann war einst Lehrerein von Inka Bause, als diese noch als Sängerin Erfolg suchte. Mittlerweile ist ihr „Kerngeschäft“ die TV-Moderation. Auch darüber erzählte sie in der 100. Ausgabe der Gesprächsreihe „Wenn die Neugier nicht wär“ mit Barbara Kellerbauer. Siehe Seite 8. Foto: Nachtmann Liebe Leser, Mitte des 19. Jahrhunderts hatten die Vereinigten Staaten von Amerika ein paar kleinere Aggressionen, etwa gegen Mexiko und die spanischen Karibikbesitzungen, und einen blutigen Sezessionskrieg im eigenen Lande hinter sich gebracht. In der folgenden, weitgehend ruhigen, Zeit nahm das Land, auch durch weltweiten technischen Fortschritt einen enormen Aufschwung. Die USA hatten sich zu einer kräftigen Regionalmacht für Nordund Mittelamerika entwickelt. Etwa 1916 erkannte der damalige US-Präsident Woodrow Wilson, dass er angesichts des Zerfalls der alten europäischen Reiche auf dem Kontinent sein Land zu einer Hegemonialmacht entwickeln könnte. Denn der Wiederaufbau Europas nach dem verheerenden Weltkrieg würde den Kontinent auch zu einem riesigen Absatzmarkt für amerikanische Waren machen. Deshalb Woher kommt die Kriegsgefahr? traten die USA in den fernen Krieg ein, obwohl eine große Mehrheit der Bevölkerung dagegen war. Nach Kriegsende setzte sich Wilson an die Spitze der Bewegung zur Neuordnung der europäischen Landkarte. Das von ihm formulierte „Selbstbestimmungsrecht der Völker“ musste als Basis für die Gründung kleinerer Nationalstaaten herhalten. Was Wilson keineswegs hinderte, im Einzelfall sein „Geschwätz von gestern“ zu vergessen. Etwa als es um die Volksabstimmung in Oberschlesien ging. Trotz großer Mehrheit für Deutschland unternahm Wilson nichts gegen die widerrechtliche Besetzung des Landes durch Marschall Pilsudski. Das „Selbstbestimmungsrecht der Völker“ interessierte ihn und seine Nachfolger auch nicht bei einer Reihe von Annektierungen in den folgenden zwei Jahrzehnten auf dem Gebiet der dann lange existierenden Sowjetunion. Zwar hielten die USA auch nach dem Zweiten Weltkrieg an der Idee des „Selbstbestimmungsrechts“ fest, praktisch jedoch setzten sie es außer Kraft. Erst als nach dem Ende der Blockkonfrontation die Frage nach einer massiven Erweiterung des Hegemonialanspruchs auf die Tagesordnung trat, kramte man im Westen die alten Argumente erneut heraus. Und zwar so lange, wie es der Erweiterung der NATO nach Osten zuträglich war. Jetzt mit einem mal will man in Washington, London und Berlin nichts mehr davon wissen. Statt dessen zeigt man sich erfreut über jeden nützlichen Idioten. Ehe Sie nun aber voller Verzweiflung womöglich gar zu den Pegida rennen, wünsche ich Ihnen erst einmal viel Spaß mit dieser 222. (Prosit!) Ausgabe von jot w.d. Ihr Ralf Nachtmann 2 jot w.d. 2/2015 Bilder und Nachrichten des Monats Eine Zeitung ist kein Buch und jot w.d. kein 80-seitiges teures Magazin mit viel bunter Werbung drin. Deshalb ist es am Ende eines jeden Monats wieder so, dass Ereignisse, über die zu berichten wünschenswert ist, keinen Platz mehr finden. Einige dieser Momente haben wir im Bild festgehalten und wollen unseren Aktuell Auf dem Dach der Welt Lesern so zumindest Nachricht geben. Egal, ob es sich dabei um den „Großkopfeten“ handelt, dessen Engagement genauso zu würdigen ist, wie das des „Unbekannten aus der Nachbarschaft“. Und dabei sollen auch die „kleinen Dinge“ nicht vergessen werden, denn sie erst machen das Leben vollkommen. Red. Die IGA und die Kunst WIR SIND CHARLIE Marzahn – Aus Anlass der IGA werden künstlerische Arbeiten entstehen, die sich mit der Zukunft von Stadtlandschaft und Stadtgesellschaft beschäftigen und sich dabei skulptural aber vor allem auch partizipatorisch dem Thema nähern. IGA-Geschäftsführerin Katharina Langsch und Katja Aßmann, freie Kuratorin für die IGA, geben am 12. Februar, 18 Uhr, in der Veranstaltung „Zur Sache IGA: Kunst“ eine Vorschau auf die künstlerische Auseinan- Ob schwarz oder weiß – auf Gottes Geheiß, in Allahs Namen – die Rächer kamen. Zorn und Gewalt in Todesgestalt, die Menschheit bedroht durch Kriege und Not. Er hinterlässt Spuren – der Kampf der Kulturen. Der Kopf steckt im Sand – was bleibt vom Verstand? Ein Schöpfungsbetrug – nun ist es genug! Im Ziel eins wie nie: Wir b l e i b e n Charlie! dersetzung mit der Internationalen Gartenausstellung, die von der „Sichtung einer Landschaft“ an den Rändern der Metropole Berlin ausgeht. Kunst und Kultur sollen 2017 im gesamten IGAGelände verankert werden und teilweise bereits als Prozess im Vorfeld entstehen. Auf der Veranstaltung können Besuchende zudem Unkraut-Bier verkosten, das die Künstlerin Jeanne Van Heeswijk aus Anlass der IGA-Herbsttour 2014 brauen ließ. SW Auch die Biesdorfer Künstlerin Christel Bachmann beschäftigt sich mit der IGA. In ihrer aktuellen Ausstellung im Galerie-Café, Siegmarstraße 66, zeigt sie nicht nur ihren „Gruß vom Kienberg“ (li.), sondern auch einige Plakate der Bürgerinitiative. Fotos: Reineke Aboschein Ja, ich möchte Die Bürgerzeitung aus Marzahn-Hellersdorf jeden Monat erhalten und abonniere die Zeitung zum Jahrespreis von 12 Euro incl. Zustellung, (außerhalb des PLZ-Bereiches 126** 24 Euro) Das Abonnement gilt für ein Jahr und verlängert sich automatisch um ein weiteres Jahr, wenn ich nicht spätestens zwei Wochen nach Erhalt der 12. Ausgabe schriftlich gegenüber dem jot w.d.-Herausgeber kündige. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung. Den fälligen Betrag überweise ich innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt der Rechnung. Mit meiner Unterschrift nehme ich zur Kenntnis, dass ich meine Bestellung ohne Angabe von Gründen innerhalb von 10 Tagen bei der Bestelladresse schriftlich widerrufen kann (rechtzeitige Absendung genügt). an folgende Adresse: Name:................................................................................... Straße:.................................................................................. PLZ, Ort:............................................................................... Telefon:................................................................................. Datum:.................. Das tibetische Hochland mit seiner Bergwelt und Vegetation, die buddhistische Weltanschauung und Lebensweise der Menschen beeindruckten sie sehr. Ein Höhepunkt war das Basislager des Mont Everest in 6000 Metern Höhe. Die Tour endete nach 25 Tagen in Nepal. Von diesen Erlebnissen berichtet Christine Seifert mit einer eigenen, mit Original-Musik unterlegten Fotoshow am 4. März, 16 Uhr, in der „Mark-Twain-Bibliothek“ im FFM. Bezirksverordnete treffen Rosel Ebert Bitte liefern Sie Mit Beginn des Seniorenalters begann für Christine Seifert das „3. Leben“. Die mutigste Entscheidung traf sie, als sie sich auf Reisen mit dem „Rollenden Hotel“ auf die alte Seidenstraße wagte. Man muss mit einer Schlafkabine und wenig Gepäck auskommen. So kam sie nach Tibet, fuhr mit dem Tibet-Expresszug zunächst nach Lhasa. Dort fotografierte sie die Stadt, den Potala-Palast, Norbulika (Sommersitz des Dalai Lama) und die städtischen Verhältnisse der Tibeter. Unterschrift:..................................... Ausschneiden und per Post an: jot w.d., Müllerstr. 45, 12623 Berlin oder per Fax: 56 20 173 email-Bestellung unter: bestell@jotwede-online.de Seit Januar finden im Bürgerbüro des Wahlkreisabgeordneten Sven Kohlmeier am S-Kaulsdorf Sprechstunden mit den Bezirksverordneten Marlitt Köhnke, Christiane Uhlich und André Gaedecke aus der SPD-Fraktion des Bezirksparlaments von Marzahn-Hellersdorf statt. Nächster Termin ist der 12. Februar von 17-18 Uhr. jot w.d. entsteht in gemeinnütziger, ehrenamtlicher Arbeit als Bürgerzeitung für Biesdorf, Hellersdorf, Kaulsdorf, Mahlsdorf und Marzahn. Redakteure und Mitarbeiter erhalten dafür kein Entgelt. Die Redaktion freut sich über Ihre Spenden für die Herausgabe dieser Zeitung genauso wie über Ihre Kritiken, Anregungen, Informationen, Briefe, Artikel, Fotos ... So erreichen Sie die Redaktion: Post: jot w.d., Müllerstraße 45, 12623 Berlin Tel.: 56 58 70 99, email: redaktion@jotwede-online.de Im Internet unter www.jotwede-online.de Anzeigenberatung: 0179-6987186 Abo-Verwaltung: Bernd Preußer, Tel. 56 20 173 Spendenkonto IBAN: DE80 1007 0024 0496 6222 00 Vom Finanzamt anerkannte Spendenquittungen werden auf Wunsch ausgestellt und zugesandt. Die nächste Ausgabe von jot w.d. erscheint am 5. März 2015 Redaktionsschluss: 24. Februar 2015, Anzeigenschluss: 26. Februar 2015 IMPRESSUM jot. w. d. Die Bürgerzeitung aus Marzahn-Hellersdorf Herausgeber: Verein zur Unterstützung öffentlicher Diskussion am nordöstlichen Stadtrand e. V. Anerkannt gemeinnützige Körperschaft Müllerstraße 45, 12623 Berlin, Telefon: 56 58 70 99, Email: redaktion@jotwede-online.de Redaktion: Ingeborg Dittmann, Ulrich Clauder, Ralf Nachtmann (Leitung, Gestaltung und Produktion) Ständige Autoren: L. Schuchert, H. Sandow, H. Stehling, D. Neidigk Anzeigenleitung: Ralf Nachtmann, Tel. 0179-6987186, Abo-Verwaltung: Bernd Preußer, Tel. 56 20 173 Druck: BVZ, www.berliner-zeitungsdruck.de Erscheinungsweise: monatlich; Verkaufspreis 1 Euro; Abo-Preis: 1 Euro, Rechtsanspruch auf Belieferung haben nur Abonnenten Nächste öffentliche Redaktionssitzung: voraussichtlich Freitag, 20. Februar, Ort und Zeit bitte telefonisch erfragen Die Redaktion behält sich das Bearbeiten von Beiträgen vor. Keine Haftung für eingesandte Beiträge und Fotos. Namentlich gezeichnete Beiträge stimmen nicht in jedem Falle mit der Meinung der Redaktion überein. Vereins- und Spendenkonto: IBAN: DE80 1007 0024 0496 6222 00 Leute jot w.d. 2/2015 Emanzipatorisches Theater ohne Firlefanz GRIPS-Gründer Volker Ludwig erhielt den Alice Salomon Poetik Preis 3 Musiklegenden des Ostens – jot w.d.-Serie, Teil 123 In der Juli-Ausgabe 2004 begannen wir, Künstler vorzustellen, die in der Jugendzeit vieler unserer Leser – also in den 50er, 60er, 70er und 80er Jahren – Schlagzeilen machten. Wie ist es den Publikumslieblingen von einst ergangen? jot w.d. traf viele von ihnen. Wir setzen unsere Serie in dieser Ausgabe mit der tschechischen Sängerin Helena Vondrácková fort. Helena Vondrácková Der international gefeierte Star aus dem Osten Es gibt Wortkonstruktionen, die man nie vergisst, weil sie sich regelrecht in die Seele, in den unauslöschlichen Teil des Gedächtnisses brennen. Etwa der Ausruf „Soylant Grün ist Menschenfleisch!“ aus dem unvergleichlichen Film „Jahr 2022 – Die überleben wollen“. Eine andere solche Wortschöpfung sind die „Wilmersdorfer Witwen“. Ich hörte sie zum ersten Mal 1988 bei dem legendären Gastspiel des Musicals „Linie 1“ im Theater Karl-Marx-Stadt. So geht das: „Wir sind die Diademe Der Reichshauptstadt Berlin Die Butterkrem der Creme Die Queens des Tauentzien Vom Kudamm bis zum KaDeWe Sind wir die Sahne im Kaffee. Wie vor fünfzig Jahren Tiri tiri tirallala Wie vor 50 Jahren Tärä tärä tärää. Unsere Gatten hatten hohe Posten in Wehrmacht, Staat, Justiz Der Staat läßt sich’s was kosten Übers Grab hinaus, man sieht’s. Ja, wir Wilmersdorfer Witwen verteidigen Berlin Sonst wär’n wir längst schon russisch, chaotisch und grün.“ Geschrieben hat dies Volker Ludwig, Gründer und langjähriger Leiter des Grips-Theaters. In den Folgejahren traf ich ihn noch einige weitere Male, stets anlässlich herausragender Inszenierungen in „seinem“ Theater. Er hat mehr als 30 Stücke geschrieben, die in nahezu 50 Sprachen weltweit aufgeführt werden. Dennoch bleibt „Linie 1“ wohl DAS Ludwig-Stück schlechthin. Ich habe die berühmtes Songs daraus schon auf schwedisch und sogar koreanisch gehört. Wo es keine UBahnen gibt, wird er zuweilen einfach in Busse verlegt. Es ist die ewig aktuelle Geschichte vom „Landei“, das sich in den jungen Musiker aus der Großstadt verliebt und ihm folgen will. Im alten Westberlin fährt das Mädchen mit der genauso legendären UBahn Linie 1 vom Bahnhof Zoo nach Kreuzberg. Die Erlebnisse dabei waren so singulär nicht, auch wenn das viele Berliner dachten. Das macht ja bis heute den Reiz aus. Und natürlich die unglaublich tollen Lieder. Kaum zu glauben, dass Ludwig schon bald 80 wird. Vor fast 50 Jahren begann er, emanzipatorisches Theater für Kinder zu entwickeln. Seit 1972 heißt es GRIPS Theater. Die Premiere von „Stokkerlok und Millipilli“, 1969 mit seinem Bruder Rainer Hachfeld geschrieben und weltweit nachgespielt, gilt als Geburtsstunde des modernen Kindertheaters. Es folgen weitere stets musikalische Stücke für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, darunter „Die Schönste Zeit im Leben“, „Max und Milli“, „Ab heute heißt du Sara“. Ein unvergleichlicher Künstler. Daher freut es mich besonders, dass er am 24. Januar den „Alice Salomon Poetik Preis“ erhielt. Die Jury würdigte Volker Ludwigs vielseitiges und sozial engagiertes Lebenswerk: Mit seinen Stücken schafft er Theater-Kunst für Kinder und Erwachsene, regt sie zum Nachdenken und zur Auseinandersetzung mit ihrer Umwelt an und setzt auf die Kraft der kritischen Vernunft, ohne mit dem pädagogischen Zeigefinger belehren zu wollen. Sein Theater ist zugleich populäres und publizistisches Theater: Theater als offener Schauplatz, als Platz der Einsicht, Theater als „Drama“, als Geschehensablauf, und Theater als „Szene“, als ästhetisches Konstruktionsprinzip und Milieu zugleich – dafür wirkt und wirbt sein vielgestaltiges, poetisches Schaffen. Besser hätte ich es auch nicht sagen können. Lieber Volker – herzlichen Glückwunsch. Ralf Nachtmann Abb.: Volker Ludwig (Foto: Bienert); die „Wilmersdorfer Witwen“ in einer Aufführung der Musical-AG des Nikol a u s - v o n - We i s Gymnasium Speyer. Seit den 1970-ern bezauberte die blonde Helena aus Prag auch hierzulande Millionen Fernsehzuschauer mit ihrem Charme, ihrer Ausstrahlung, vor allem aber mit ihrer großen Stimme. Regelmäßig war die Sängerin zu Gast in den großen Unterhaltungssendungen des DDRFernsehens – vom „Kessel Buntes“ über das „Schlagerstudio“ bis zu „Da ist Musike drin“. 1983 war sie sogar selbst Gastgeberin des 63. „Kessels“ im Palast der Republik in Berlin. Ihre Programme moderierte sie stets in deutsch. Helena Vondrácková ist die populärste Sängerin aus Tschechien und eine der bekanntesten des ehemaligen Ostblocks. Die am 24. Juni 1947 in Prag geborene Sängerin und Schauspielerin erhielt unzählige Preise bei nationalen und internationalen Festivals – ob bei der „Goldenen Nachtigall“ oder der „Bratislavska Lyra“ in ihrem Heimatland, dem Internationalen Schlagerfestival in Dresden, dem „Miss of Festival“ in Brasilien, beim „Gouden Boot“ in Belgien, Festivals in Japan, Rumänien, Ungarn, Bulgarien, Griechenland, Frankreich, Jugoslawien oder der Türkei. Nicht zu zählen die Gold- und Platin-Auszeichnungen für verkaufte Tonträger. Ein Highlight waren ihre Auftritte in der ausverkauften Carnegie Hall in New York. Im März 2007 sang sie die deutsche Nationalhymne bei dem EM-Qualifikationsspiel Deutschland-Tschechien. Deutschland ist für die Pragerin nach wie vor wie eine zweite Heimat. So kam sie etwa im Januar 2010 zur Eröffnung der Ausstellung „Tschechische Märchen“ in die Berliner Kulturbrauerei. Dort waren auch die Kostüme aus dem Märchenfilm „Die wahnsinnig traurige Prinzessin“ zu sehen. In diesem Film hatte sie 1969 ihr Filmdebüt an der Seite ihres häufigen Duett-Partners Václav Neckár als Prinzessin gegeben (eini- ge weitere Filmrollen und Synchronarbeiten folgten bis heute). Die Karriere der blonden Pragerin begann schon in frühen Jahren. Sie studierte zehn Jahre Klavier, sang seit ihrer Kindheit. 1964 nahm sie an dem TalenteWettbewerb „Lucerna Prag“ mit In dieser Serie erschienen bisher: Brigitte Ahrens, Rosemarie Ambé, Julia Axen, Franz Bar tzsch, Arndt Bause, Olaf Berger, BERLUC, Hans-Jürgen Beyer, Hansi Biebl, Holger Biege, Dieter Birr, Helga Brauer, Uschi Brüning, Ralf Bursy, Gerd Christian, City, Tamara Danz, Kurt Demmler, Stefan Diestelmann, Dieter Dornig, Walter Eichenberg, Har tmut Eichler, electra, Engerling, IC Falkenberg, Ina-Maria Federowski, Günther Fischer, Veronika Fischer, Franke-Echo-Quintett, Dagmar Frederic, Maja Catrin Fritsche, Arnold Fritzsch, Fred Frohberg, Dorit Gäbler, Rainer Garden, Günter Geißler, Gitte & Klaus, Günter Gollasch, Peter Gotthardt, Heinz-Jürgen Gott- schalk, Ingo Graf, Mary Halfkath, Hans die Geige, Michael Hansen, Monika Hauff/Klaus-Dieter Henkler, Monika Herz, Jörg Hindemith, Ruth Hohmann, Andreas Holm & Thomas Lück, Lutz Jahoda, Dieter Janik, Uwe Jensen, Erhard Juza, Karat, Karussell, Barbara Kellerbauer, Britt Kersten, Jürgen Kerth, Herbert Klein, Helmut Kluwe, Zsuzsa Koncz, Jiri Korn, Henry Kotowski & Die Sputniks, Horst Krüger, Thomas Kurzhals, Aurora Lacasa, Reinhard Lakomy, Anke Lautenbach, Klaus Lenz, Lift, Wolfgang Lippert, Angelika Mann, Gisela May, Achim Mentzel, Sandra Mo & Jan Gregor, Gerti Möller, Gruppe MTS, Gaby Munk & Ingo Krähmer, Gerd Natschinski, Thomas Natschinski, Roland Neudert, Omega, Peter Paulick, dem Song „The man I love“ teil und bekam den 1. Preis. Erste Rundfunktitel folgten. Bereits 1965 wurde Helena Vondrácková zur populärsten Sängerin der CSSR gekürt – mit knapp 18! 1970 kam sie zum ersten Mal in die DDR, füllte große Veranstaltungssäle wie den Friedrichstadtpalast oder das Metropol-Theater, oft auch gemeinsam mit ihrem Bühnenpartner Jiri Korn. Beide stets mit dem ganzen Programm – singen, steppen, tanzen. Ab 1973 veröffentlichte AMIGA ihre Titel, 1978 dann eine eigene LP. Mit Hits wie „Unter der Asche meiner Liebe ist noch Glut“ oder „Archimedes“, einem ihrer bekanntesten Titel bis heute. Im tschechischen Fernsehen bekam Helena eine eigene TV-Sendung. Sie gastierte 2010 in der Staatsoper Prag mit „Helena on Broadway“, spielte in Musicals und nahm immer wieder neue Platten auf wie das Doppel-Album „Recital“ (2007 war bei Sony BMG eine „Best of“-DoppelCD erschienen). Ihre neuste CD „Der Zauber von Weihnachten“ erschien Ende 2014. Seit 2004 ist die Sängerin mit dem Prager Geschäftsmann Martin Michal verheiratet. Ihren ersten Ehemann, Hellmut Sickel, hatte sie 1977 in der DDR kennen gelernt – den einstigen Bassisten der Gruppe „Kreis“ und der SchöbelBegleitband „etc“, mit der Helena auch zwei Jahre zusammen arbeitete. Im Juni 2015 begeht Helena ihr 50. Bühnenjubiläum mit Konzerten u.a. im „Prag Palast Zofin“ (13. Juni) und in Presov (18. Juni). Ingeborg Dittmann Abb.: Wehender Rock und fesche Stiefel waren Helenas Markenzeichen (1979); heute zeigt sie sich eher als Lady; ihr Hit „Unter der Asche meiner Liebe ist noch Glut“ war auch auf ihrer ersten AMIGASingle im Jahr 1978. Fotos: Lopatta, Agentur, Archiv Ines Paulke, Jenny Petra, Eva Maria Pieckert, Die Prinzen, Die Puhdys, James W. Pulley, Thomas Putensen, Ingrid Raack, Brigitte Rabald-Koll, Reform, Gaby Rückert, SANDOW, Christian Schafrik, Fred Schmidt, Sonja Schmidt, Vera Schneidenbach, Frank Schöbel, Christel Schulze, Har tmut Schulze-Gerlach, Sonja Siewert & Herbert Klein, Silly, Sven Simon & Pallas Band, Reiner Süß, Dina Straat, Theo-Schumann-Combo, Tina, Regina Thoss, TRANSIT, Christiane Ufholz, Siegfried Uhlenbrock, Bärbel Wachholz, Jürgen Walter, Arnulf Wenning, Peter Wieland, Harald Wilk, Alfons Wonneberg, Pascal von Wroblewsky, Petra Zieger, Wolfgang Ziegler. 4 jot w.d. 2/2015 Großsiedlung Frauen auf die Straßenschilder Förderung des Ehrenamts Hellersdorf – Sollten in den drei Hellersdorfer Ortsteilen künftig Straßen oder Plätze neu zu benennen sein, und das ist ja angesichts geplanter Bauvorhaben nicht auszuschließen, so werden sie die Namen von Frauen erhalten. Einem entsprechenden Grundsatzbeschluss der BVV folgend haben die Verordneten nun eine prioritäre Reihenfolge für dieses Gebiet festgelegt. Im Einzelnen handelt es sich dabei um Lili Grün, Lin Jaldati, Pola Negri, Gisèle Freund, Lotte Lenya und Mascha Kaléko. Diese Prioritätenliste wurde mit dem Heimatverein beraten und knüpft an die Benennung verschiedener Straßen und Plätze in Helle Mitte an. RN STADT UND LAND übergab Spende von 4500 Euro an die Stiftung Gute-Tat Haus Babylon sanieren Hellersdorf – Das Bezirksamt soll nach dem Willen der BVV sich für die dringend notwendige Sanierung von „Haus Babylon“, dem Sitz des Babel e.V. stark machen. Als erste Maßnahme fordern die Verordneten, dass im Haushaltsplan für 2016/17 oder aus etwaigen Sonderprogrammen Geld für die Dach- und Fenstersanierung bereit gestellt wird. RN Schutz für Schüler Marzahn – Um die Gefährdung von Schülern des Wilhelm-vonSiemens-Gymnasiums zu verringern hatten die Bezirksverordneten von SPD und Linken ein Aufstellen geeigneter Hinweisschilder gefordert. Einen entsprechenden Beschluss hat das Bezirksamt kurz vor der Winterpause gefasst und teilt nun mit, dass zwei „nichtamtliche“ Schilder mit dem Hinweis „Vorsicht Schule“ an der Allee der Kosmonauten aufgestellt werden. RN U-Bahnhof wird barrierefrei Hellersdorf – Weil er als eine der wichtigsten Anbindungen der IGA an den ÖPNV gilt, wird der U-Bahnhof Neue Grottkauer Straße barrierefrei umgestaltet und soll nach Informationen aus der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung rechtzeitig fertig gestellt sein. Insgesamt würden 7,4 Millionen Euro für die Sanierung des Bahnhofs investiert, teilt der Wahlkreisabgeordnete Sven Kohlmeier mit. Demnach würde neben einem Blindenleitsystem auch ein Aufzug installiert. Zudem solle das Gesamtbild des Bahnhofes, etwa durch eine Neueindeckung des Daches, Modernisierung der Beleuchtungstechnik und durch den Einbau von Video- und Kommunikationssystemen, aufgewertet werden. Darüber hinaus sei die Umgestaltung des Nordzugangs geplant. RN Berlin – „Aus jedem SpendenEuro entsteht ein gesellschaftlicher Mehrwert von über acht Euro“, mit diesen Worten bedankte sich Stiftungsvorstand Jürgen Grenz bei der STADT UND LAND Wohnbauten-Gesellschaft. Im Januar überreichten Anne Keilholz und Ingo Malter, Geschäftsführer von STADT UND LAND, offiziell einen Scheck über 4500 Euro an die Stiftung Gute-Tat und unterstützen damit die Förderung und Vermittlung ehrenamtlichen Engagements. „90 Jahre! 90 gute Taten“ hieß die Jubiläumsaktion zum 90. Geburtstag der STADT UND LAND, bei der sich 385 von fast 500 Mitarbeitern im vergangenen Jahr tatkräftig in sozialen Projekten engagierten und in ihrer Freizeit über 1500 Stunden ehrenamtliche Arbeit leisteten. Vom Bewerbungstraining über Garten- und Malerarbeiten bis zur Unterstützung von Festen und Feiern für Kinder und Jürgen Grenz, Geschäftsführer Gute-Tat, Anne Keilholz, Geschäftsführung STADT UND LAND, Ines Brüggemann Gute-Tat und Ingo Malter, Geschäftsführung STADT UND LAND (v.l.n.r.), mit dem symbolischen Scheck über die Spendensumme. Foto: Becerra Senioren – die Bandbreite der gu- Als finale gute Tat überreichte ten Taten war groß. STADT UND LAND die Spende von 4500 Euro an die Stiftung Gute-Tat, die ehrenamtliches Engagement von Privatpersonen und Unternehmen in Berlin, München und Hamburg vermittelt. „Wir haben unser soziales Engagement in handfesten guten Taten verankert und möchten durch die Spende dazu beitragen, das ehrenamtliche Engagement in Berlin zu stärken. Die vermittelnde Tätigkeit der Stiftung leistet dafür einen wertvollen Beitrag“, ist Ingo Malter überzeugt. Im Rahmen der Spendenübergabe im Neuköllner Bürgerzentrum wurde auch ein Buch vorgestellt, in dem zahlreiche gute Taten der STADT UND LAND-Belegschaft dokumentiert sind. Anne Keilholz betonte die Nachhaltigkeit der Jubiläumsaktion: „Zwischen einigen Einrichtungen und den helfenden Kollegen wurden Bande geknüpft, die auch künftig tragen werden. Das unterstützten wir gerne.“ F.H. Mehr Aufmerksamkeit für Großsiedlungen Difu und Kompetenzzentrum untersuchten Entwicklungsperspektiven großer Wohnsiedlungen Ob Hellersdorf, Märkisches Viertel oder Hohenschönhausen in Berlin, ob Neue Vahr Bremen, Dresden Gorbitz, Nordostbahnhof Nürnberg, Leipzig Grünau oder Buchheimer Weg Köln – in Deutschland leben acht Millionen Menschen in Großsiedlungen. Diese umfassen zehn Prozent des deutschen Wohnungsbestands, insgesamt etwa vier Millionen Wohnungen. Nach einer neuen Studie*, die das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) zusammen mit dem Kompetenzzentrum Großsiedlungen erarbeitete, sind diese Siedlungen enorm wichtig für die Städte, denn sie sind meist die Quartiere mit dem preisgünstigsten Wohnraum. Durch Großsiedlungen kann der Bevölkerung bezahlbarer Wohnraum bereitgestellt werden, was Einkommensschwächere unterstützt und nicht zuletzt dem sozialen Frieden dient. Laut der kürzlich in Berlin im Rah- men der Fachkonferenz „Weiterentwicklung großer Wohnsiedlungen“ vorgestellten Studie wird der dortige Investitionsbedarf, gemessen an realistischen Zielquoten für die Modernisierung und eventuellem Neubau, für den Zeitraum bis 2030 auf 56 Milliarden Euro geschätzt. Darin sind noch keine Investitionen in die soziale und technische Infrastruktur im Wohnumfeld enthalten. Diesem Bedarf stehen derzeit bereits absehbare Investitionsabsichten mit einem Volumen von 33 Milliarden Euro gegenüber. Große Wohnsiedlungen haben, besonders bei der Betrachtung von nicht dort lebenden Zeitgenossen, ein schlechtes Image, das mit dem Siedlungsalltag meist wenig zu tun hat. Entgegen ihrer oft negativen Darstellung in bestimmten Medien, genießen solche Siedlungen noch selten einen hohen Stellenwert in der Stadtentwicklungsplanung. Dies sollte sich ändern. Den größten Einfluss haben hierbei die Eigentümer der Siedlungen – die kommunalen und privaten Wohnungsunternehmen, die Genossenschaften sowie Eigentümergemeinschaften und Wohnungseigentümer. Sie sind gefragt, die Wohnsiedlungen als attraktive Lebensräume und Alltagsorte zu entwickeln. Neben der Erneuerung der Gebäude umfasst dies vor allem auch das Wohnumfeld, die Funktionsmischung oder die Infrastruktur. Auch die Beziehung zur Gesamtstadt muss in der Planung berücksichtigt werden. Vor dem Hintergrund des angespannten Wohnungsmarktes müssen Gesellschaft, Politik und Investoren künftig auch bestehende Potenziale für Wohnungsneubau (Flächen, Aufstockungen) der Großsiedlungen stärker ins Blickfeld rücken. Aufgrund der demografischen Entwicklung wird künftig die bar- rierearme Gestaltung von Wohnraum und Quartieren in bestimmten Marktsegmenten das zentrale Vermietungsargument werden. Auch die energetische Modernisierung Gebäude bleibt weiterhin notwendig. Gefragt sind hier kostengünstige Lösungen, die ein Erreichen der Energieeinsparziele auch unter schwierigeren Marktbedingungen ermöglichen. Die gesamten Ergebnisse der Studie werden in einem ausführlichen Bericht dokumentiert. Die Veröffentlichung ist zu Beginn des zweiten Quartals 2015 vorgesehen. S. Wenke-Thiem * Unter den Siedlungsbegriff der Studie fallen die in den 20-er bis 80-er Jahren des 20. Jahrhunderts errichteten Wohnquartiere des mehrgeschossigen Mietwohnungsbaus, die mehr als 500 Wohnungen bzw. 1000 Einwohner haben. Auch nach Sanierungen der vergangenen Jahr besteht in den Großwohnsiedlungen weiter Investitionsbedarf. Foto: Nachtmann Kleinsiedlung jot w.d. 2/2015 5 Sinkendes Grundwasser Trockenheit lässt Stände fallen – Wachsende Sulfatbelastung könnte Einfluss gewinnen Kaulsdorf/Biesdorf – Die Grundwasserstände in den Siedlungsgebieten sind im vergangenen Jahr um bis zu 20 Zentimeter gesunken. Das geht aus der Antwort von Umweltstaatssekretär Christian Gaebler auf eine Anfrage des Abgeordneten Alexander Herrmann hervor. An vier Messpunkten wurden die Werte verglichen. „Bei allen vier Grundwasserstandsganglinien spiegelt sich das Niederschlagsgeschehen der letzten beiden Jahre wider“, schreibt Gaebler in seiner Antwort. Das relativ „trockene“ Jahr 2014 habe die höheren Grundwasserstände des „nasseren“ Vorjahres wieder kontinuierlich absinken lassen. An drei Messstellen befand sich der Grundwasserstand im Dezember 2014 deshalb auf dem tiefsten Punkt. Lediglich der Grundwasserstandsgang der Messstelle 8120 zeige einen etwas anderen Verlauf, „da er durch den Seewasserspiegel des Biesdorfer Baggersees beeinflusst“ sei. Dennoch weisen viele Gebäude in diesen Gebieten grundwasserbedingte Vernässungsschäden auf. Gaebler beziffert die dem Senat in Biesdorf, Kaulsdorf und Mahlsdorf südlich der B 1 gemeldeten Gebäude mit Kellervernässungen auf 269. Der höchste Grundwasserstand, von dem Grundstückeigentümer bei der Abdichtung ihrer Bauwerke aktuell ausgehen müssen, um für die Zukunft Vernässungsschäden auszuschließen, sei „je nach örtlicher Lage unterschiedlich“. Daher könne keine generelle Aussage getrofen werden. Die entsprechenden Informationen könnten jedoch „für jedes Gebäude bei der zuständigen Senatsverwaltung individuell erfragt“ werden. Einfluss auf die künftigen Grundwasserstände kann aber auch von ganz anderer Seite kommen. Seit 20 Jahren steigt die Sulfat-Konzentration in Dahme, Müggelspree und In dieser Senatskarte sind die vier Messpunkte für die Grundwasserstände eingezeichnet. Fast überall sank der Spiegel im Jahr 2014. Stadtspree an. Hauptverursacher ist der Braunkohleabbau in der Lausitz. Schon in diesem Jahr könne der Grenzwert von 250 Milligramm Sulfat je Liter in der Berliner Spree überschritten werden, befürchtet der Bund für Umwelt- und Naturschutz. „Damit steht fest, dass die Gewässerqualität der Spree als Grundlage für die Rohwasseraufbereitung zur Trinkwasserherstellung langfristig nicht ausreichen wird“, sagt Winfried Lücking, Leiter Gewässerpolitik beim BUND. Berlin deckt seinen Trinkwasserbedarf zu 70 Prozent mit Uferfiltrat aus Havel und Spree. Die Überschreitung der Grenzwerte führe im Extremfall zur Schließung des Wasserwerks Friedrichshagen. Kaulsdorf etwa müsste dann mehr Trinkwasser fördern, was zur verstärkten Grundwasserabsenkung führt mit der Folge, dass wertvolle Feuchtgebiete und Moore austrocknen. Zu viel Sulfat im Trinkwasser führt zu Durchfall und Erbrechen. Zusätzlich fördert Sulfat Gebäudeund Wasserleitungsschäden, bedingt durch Betonfraß, die zu steigenden Unterhaltungskosten führen. R. Nachtmann Im „Goldenen Nest“ wachsen Träume heran Kunstwerk für Grundschule Habichtshorst ausgewählt Biesdorf – Im Rahmen eines Wettbewerbs, den das Bezirksamt veranstaltete, hat der Projektvorschlag „Das goldene Nest“ des Berliner Künstlers Thorsten Goldberg die einstimmige Empfehlung der Jury zur Umsetzung erhalten. Das Kunstwerk wird die künftige Grundschule Habichtshorst zieren. Im Rahmen des Wettbewerbs unter acht Künstlern und Teams unter dem Vorsitz des Künstlers Nicolaus Schmidt galt es, eine ortsspezifische Lösung zu finden, die sich auf die Architektur und deren Nutzung durch die Schülerinnen und Schüler bezieht. Das Kunstwerk „Das goldene Nest“ fügt einem Wandstück eine rahmenlose Vitrine ein, in der ein in Gold gefertigtes Vogelnest platziert ist, wie es von Greifvögeln gebaut wird. Das „goldene Nest“ wird zur Projektionsfläche von Ideen und Träumen der Schüler und Lehrer. Nach einer Zeitspanne von 14 Jahren soll das Goldene Nest gegen seinen Materialwert eingetauscht, und dieser der Schule für einen gemeinschaftlich erarbeiteten und ermittelten Zweck zur Verfügung gestellt werden. Durch eine Beteiligung und Mitsprache soll Gemeinschaft entste- hen, in der Vitrine bleibt dann eine Dokumentation über das Goldene Nest zurück. Das Preisgericht würdigte den Entwurf als eine „komplexe und durchdachte Konzeptarbeit mit experimentellen Charakter“. Darüber hinaus werfe das Kunstwerk viele Fragen über den Wert von Bildung auf und stiftet somit Kommunikation. Das Preisgericht erkannte die „Bezüge eines Vogelnestes zum Standort Habichtshorst sowie zur Geborgenheit gebenden Institution Schule“ als überzeugend an. Das Kunstwerk werde wie ein geheimnisvoller „Schatz“ in der Schule wirken und den Schülern viele Anregungen für eigene Geschichten geben. Die Frage über die Verwertung werfe darüber hinaus soziale Interaktionen über eine gemeinsame Entscheidungsfindung auf und werde somit zu einem Höhepunkt des Schullebens. Die Grundschule Habichtshorst entsteht nach den Plänen von ReimarHerbst Architekten Berlin. Die Architekturplanung beruht auf dem Ergebnis eines Realisierungswettbewerbs von 1998. Die Fertigstellung ist für 2016 geplant. Karin Scheel, Galerie M Zoff am Gartenzaun? Weg zu neuem Kunstort VDGN-Ratgeber zum Nachbarstreit Vortrag über die künftige Galerie im Schloss Biesdorf – Was darf ich? Was darf der Nachbar nicht? Das sind die Grundfragen, wenn sich Streit unter Nachbarn abzeichnet. Und es gibt viele Anlässe für Zoff am Gartenzaun: laute Rasenmäher und Kettensägen, Bäume an der Grundstücksgrenze, Grillgerüche, unklare Wegerechte und Grenzverläufe, feiernde Gäste, störende Bauvorhaben nebenan. Da ist es gut, um die gesetzlichen Regeln zu wissen. Doch die sind vielfältig, in den einzelnen Bundesländern verschieden und werden obendrein im Laufe der Jahre nicht selten geändert. Der Verband Deutscher Grundstücksnutzer hat jetzt sein Ratgeberheft „Streit mit dem Nachbarn – was sind meine Rechte?“ aktualisiert und neu aufgelegt. Dieser Klassiker im VDGN-Ratgeberprogramm bietet so Auskünfte auf dem neuesten Stand zu praktisch allen wichtigen nachbarrechtlichen Bestimmungen bundesweit. Die einschlägigen rechtlichen Regelungen im Bürgerlichen Gesetzbuch, in den Nachbarrechtsgesetzen der Bundesländer und deren Bauordnungen werden verständlich erklärt. Zahlreiche Tabellen erleichtern den Überblick zum Beispiel über die notwendigen Grenzabstände für Bäume, Sträucher und Hecken oder für zulässige Lärmwerte in Wohngebieten. Das Heft „Streit mit dem Nachbarn – was sind meine Rechte?“ kostet 5 Euro (plus 1,50 Euro für den Versand) und kann per Telefon 514 888-0 oder im Internet www.vdgn.de/ratgeber bestellt werden. HB Biesdorf – Die Kulturstadträtin des Bezirks Marzahn-Hellersdorf, Juliane Witt, stellt sich im Februarvortrag der Vortragsreihe zum Schloss Biesdorf am 9. Februar, 18.30 Uhr im Stadtteilzentrum Biesdorf, Altbiesdorf 15, einem zentralen und gleichwohl anspruchsvollen Thema. Wie soll sich die künftige Galerie im wiederaufgebauten Schloss präsentieren? Welches kulturell-künstlerisches Konzept liegt den Präsentationen zu Grunde? Welche Rolle spielen die Kunstwerke aus der DDR, die im Kunstarchiv Beeskow lagern? Welchen Platz kann und soll die neue Galerie in der Kulturlandschaft Berlins einnehmen? Julia Witt wird über die bisherigen und die noch zu gehenden Ar- beitsschritte bis zum fertigen Galeriekonzept, so auch über den Dialog mit dem für das Schlossprojekt berufenen Galeriebeirat informieren. Sie stellt auch die Vorstellungen an das künftige Leben, das Veranstaltungsprofil des neuen Hauses dar und wie sich die Bürger künftig einbringen können. Info und Anmeldung bei der Volkshochschule, Tel. 90 293 25 90, Gebühr 4 Euro. Die Vortragsreihe des Vereins Stiftung Ost-West-Begegnungsstätte Schloss Biesdorf mit der Volkshochschule Marzahn-Hellersdorf sieht auch in diesem Jahr eine Exkursion in das Kunstarchiv Beeskow vor. Sie ist für den 14. März geplant. Interessenten können sich bereiuts jetzt melden. AM Buchlesung mit Wolfgang Reuter Kaulsdorf – Am 10. Februar, 15 Uhr, stellt Wolfgang Reuter im Stadtteilzentrum, Brodauer Straße 27-29, sein Buch „Ein Schatz für Anke“ vor. Es erzählt die Geschichte der 13jährigen Anke Wolfsgruber, die auf dem Görlitzer Nikolaifriedhof einen 500 Jahre alten Grabstein mit ihrem Namen entdeckt. Bei der Spurensuche erlebt sie mit ihrem Freund aufregende Abenteuer. Reuter, 1943 in Görlitz geboren und heute in Marzahn lebend, war Lehrer, Chefredakteur beim DDR-Kinderfernsehen und Sendeleiter beim Sportsender DSF. Eintritt 1 Euro, Anmeldung Tel. 56 588 762). I.D. Der Bürgerverein lädt ein Mahlsdorf – Am 12. Februar lädt der Bürgerverein Mahlsdorf-Süd zu einer Information und Diskussion unter dem Motto „Wie geht es weiter in Mahlsdorf-Süd?“ ein. Es geht dabei u.a. um die Entwicklung der Infrastruktur sowie sportliche und kulturelle Angebote. Es antworten Mitglieder des Bezirksamtes sowie Bezirksverordnete. Beginn 18 Uhr, Kiekemal-Grundschule, Hultschiner Damm 219. I.D. Vorbeugen ist besser als heulen Mahlsdorf – Am 26. Februar geben Polizei und Kripo im Familientreff „Am Hultschi“, Hultschiner Damm 140, unter dem Motto „Vorbeugen ist besser als heulen“ Ratschläge zum Thema Einbruchsicherheit. Die Veranstaltung des Bürgervereins Mahlsdorf-Süd beginnt 18 Uhr, Eintritt frei. I.D. Strickliesel und Kartenspiele Biesdorf – Wer in geselliger Runde stricken möchte, kann dies montags von 10-12 Uhr und donnerstags von 15-17 Uhr im Stadtteilzentrum, Alt-Biesdorf 15, tun. Muttis können gern ihre Kinder mitbringen, Kinderspielzimmer und Wickelmöglichkeit vorhanden. Romméund Canasta-Fans treffen sich dienstags von 10-12 Uhr und donnerstags von 15-17 Uhr. Info Tel. 526 78 45 93. RN Tanz im TaP für Erwachsene Biesdorf – Auch in diesem Monat lädt das Theater am Park, Frankenholzer Weg, zum Tanz. Am 7. Februar heißt es „ Gute Laune ist ein Muss“ mit der Alex-Band. Am 21. Februar besingen The Voices „Winterzeit schöne Zeit“. Am 28. Februar zeichnen die Memories „Spuren im Schnee“. Beginn jeweils 14.30 Uhr, Eintritt 10 Euro. RN 6 jot w.d. 2/2015 Links & rechts der Wuhle Fackel in der Dunkelheit Versteckte Orte im Bezirk – Teil 3: Alice-Herz-Platz Orte wie die Gärten der Welt, die Helle Mitte, das Unfallkrankenhaus oder auch der Helene-WeigelPlatz kennen vermutlich die meisten im Bezirk Wohnenden, auch über die Bezirksgrenzen hinaus wird häufig darüber berichtet. Daneben gibt es aber versteckte oder vergessene Orte, die selbst jenen Marzahn-Hellersdorfern unbekannt sind, die ihrem Heimatbezirk über viele Jahre hinweg die Treue hielten. Versteckt ist beim Alice-Herz-Platz an der Mahlsdorfer Giesestraße nicht so sehr der Platz selbst, der sich ganz in der Nähe des Mahlsdorfer Bahnhofs an einer Buslinie sowie des ehemaligen Firmensitzes von Dr. Herrmann Reisen befindet, dessen aktuelle Neunutzung durch Discounter bekanntlich immer noch umstritten ist. Keine abgeschiedene, menschenleere Gegend also, aber der dreiekkige Platz selbst und seine Namenspatronin scheinen im öffentlichen Bewusstsein des Bezirks eher ein Mauerblümchendasein zu fristen. Gern lasse ich den Einwand gelten: Ja, das Areal wurde bisher durch das zuständige Grünflächenamt im Frühling stets sorgsam bepflanzt und macht auch auf unserem aktuellen Foto einen gepflegten Eindruck. Die Abgeschiedenheit rührt womöglich aus der Einzäunung. Die Zugänglichkeit des Platzes wurde erschwert, um Vandalismus einzuschränken und die Anlage gegenüber dem fließenden Verkehr abzugrenzen. So präsentierte sich der Alice-Herz-Platz an der Mahlsdorfer Giesestraße im Januar. Nun aber zum Namen des Platzes: Auf Initiative des Heimatvereins und des Herausgebervereins dieser Zeitung erhielt das davor namenlose Straßendreieck im Januar 2003 den Namen der jüdischen Pazifistin Alice Herz. Seit 1920 wohnte sie mit ihrem Ehemann, dem Chemiker Dr. Paul Herz, in der Akazienallee 4 in Mahlsdorf Süd. 1928/29 sterben innerhalb von zwei Monaten ihr Mann und ihr blinder Sohn. Nachdem sie sich 1933 von der Brutalität der an die Macht gekommenen Nazis überzeugen konnte und als Jüdin und Friedens- aktivistin Drohanrufen ausgesetzt ist, flieht sie mit ihrer Tochter kurz nach dem Reichstagsbrand nach Prag. Über Österreich und die Schweiz kommt sie nach Paris. Die Ausreise aus Frankreich in die USA gelingt ihr 1942 kurz vor der endgültigen Okkupation des Landes durch die Wehrmacht. In Detroit schließt sie sich der amerikanischen Friedensbewegung und der internationalen Frauenliga an. Während der gesamten Emigrationszeit schreibt sie für die Zeitschrift „Neue Wege“, die sich dem christlichen Streben nach Frie- Foto: Clauder den und Demokratie verbunden fühlt. Mit 82 Jahren entschließt sie sich, durch einen „Appell“ und die anschließende öffentliche Selbsttötung ein drastisches Signal der Verbundenheit mit den im Vietnamkrieg leidenden Menschen zu setzen, wo amerikanische Napalmbomben zahllose Brandopfer forderten. Ihre öffentliche Selbstverbrennung am 16. März 1965 (sie starb an den Verletzungen am 26.3.1965) war besonders in der starken katholischen amerikanischen Friedensbewegung umstrit- ten. Die Frage nach dem Sinn ihres Freitods und nach der Vereinbarkeit mit der propagierten Gewaltfreiheit der Bewegung berührte viele der Aktivisten, zumal es sowohl in den USA als auch in Vietnam selbst einige Nachahmer gab. Die Vietnamesin Nhat Chi Mai erklärte ihre Selbstverbrennung in einem letzten verzweifelten Brief: „Ich opfere meinen Körper als eine Fackel in der Dunkelheit, um damit in den Menschen die Liebe zu erwecken, die den Frieden nach Vietnam bringt.“ Christliche Friedensaktivisten gründen in den USA kurz nach der Selbstverbrennung eine AliceHerz-Gedenkstiftung zur Unterstützung der Vietnamesen. Zehn Jahre und einen Monat nach Alice Herz’ Tod war es dann soweit: Die Volksbefreiungsarmee vertrieb Ende April 1975 die amerikanischen Truppen und ihre Helfer vor Ort aus Vietnam. Anders als in den USA oder hierzulande wurde Alice Herz in Hanoi und anderen vietnamesischen Städten als Heldin verehrt und ist in vielen Museen allgegenwärtig. Wie auch immer man auf ihre Selbstverbrennung blicken mag: Die engagierte Pazifistin mit Mahlsdorfer Wurzeln hat es verdient, dass im März 2015, also 50 Jahre nach ihrem Tode, und 70 Jahre nach dem Ende eines der grausamsten Kriege des 20. Jahrhunderts ihrer gedacht wird. Der AliceHerz-Platz in Mahlsdorf bietet dafür die Möglichkeit. Ulrich Clauder Kreativität heißt das Zauberwort Ein Verein mit Energie: Der Kulturring bietet auch in unserem Bezirk vieles an Ohne Vereine geht hierzulande kaum etwas. Sie stehen für das zivilgesellschaftliche Engagement ihrer Mitglieder, sind häufig Motor von Veränderungen und werden mit ihren berechtigten sozialen Anliegen von der Politik allein gelassen. Unterfinanzierung und mangelnde öffentliche Wahrnehmung sind die Folge. Ja, manchmal vertreten sie auch sehr spezielle Interessen, sind kleine, arme zerstrittene Häufchen von Mitgliedern. Der ADAC hat gezeigt, dass es in der Bundesrepublik auch millionenschwere, überaus mitgliederstarke, dafür aber in ihrer Spitze sehr korrupte Vereine gibt. Der Kulturring e.V. wurde 1994 in Berlin gegründet, eine seiner Wurzeln hat er im Kulturbund der DDR. Beim Gespräch mit dem langjährigen Kulturring-Geschäftsführer Ingo Knechtel entsteht in mir das Bild eines Netzwerkes, das sich im chronisch unterfinanzierten Berliner Kulturbetrieb behaupten konnte und inzwischen für mehr als 300 Menschen eine sinnvolle Beschäftigung organisiert. Der Kaulsdorfer spricht natürlich lieber über die zahlreichen attraktiven Kultur- und Bildungsprojekte des Vereins als über deren oft mühselige Finanzierung. Denn wie auch anders: Ein Arbeitgeber mit den für den Kulturbereich notwendigen ethischen Ansprüchen an die eigene Tätigkeit kommt mit den prekären Arbeitsverhältnissen im eigenen Bereich nicht konfliktfrei zurecht. Aber: „Ohne die von den Jobcentern und dem Senat mit dem gesetzlichen Mindestlohn geförderten Arbeitsverhältnisse hätten die meisten unserer Kulturprojekte null Chance zum Überleben. Das soll aber nicht den Blick auf den Einsatz und die Kraftanstrengung der eigentlichen Akteure, der vielen Kulturarbeiter verdecken!“ Am Beginn der Arbeitsmarktreformen gab es neben eigenen Bedenken auch Widerstand, wurden doch parallel Arbeitsplätze vernichtet, und entlassene Kulturarbeiter fanden sich plötzlich in Projekten des zweiten Arbeitsmarktes wieder. „Wir dürfen bei allen Zweijahresverträgen oder kurzfristigeren Vereinbarungen mit den Jobcentern keine Stellen aus dem ersten Arbeitsmarkt ersetzen. Diese Verpflichtung nehmen wir ernst.“ In letzter Zeit trifft das gleichermaßen auf die mehr als 100 Stellen zu, die im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes besetzt werden. Auch hier ist der Kulturring ein großer und verlässlicher Partner der Bundesvereinigung für kulturelle Jugendbildung. Das Fitmachen für den ersten Arbeitsmarkt gehörte stets zu den Bildungsprojekten des Kul- turring, freilich mit viel weniger Zuspruch, seit die Große Koalition im Senat in trauter Einigkeit mit der Nürnberger Arbeitsverwaltung verfügte, dieses Fitmachen dürfe nur noch in der Freizeit der Geringverdiener erfolgen. Viele der kleineren Vereine aus Kultur oder Bildung suchen gerade in diesen Fragen für ihre Projekte die Ingo Knechtel (62) ist seit 1999 Geschäftsführer des Kulturring. Der Dolmetscher/ Übersetzer für Englisch und Französisch wechselte 1985 zum Kulturbund, dem er auch nach der Wende die Treue hielt. Der Kaulsdorfer ist verheiratet und hat zwei Kinder. Zur Arbeit fährt er regelmäßig mit dem Rad. Foto: privat Unterstützung und die Erfahrung des Kulturring e.V. So entstand ein Netzwerk, das sich in einer eher schwieriger gewordenen Umgebung behauptet. Dies funktioniert aber nur dann, wenn es dem Kulturring – wie vielen anderen Vereinen – gelingt, an die nicht allzu prall gefüllten Töpfe mit Fördermitteln aus Land, Bund und EU sowie von den Bezirksämtern erfolgreich heranzukommen. Auch die Stiftungsmittel sind geschrumpft. Kreative Ideen für Projekte sind deshalb das Zauberwort auch für den Kulturring. Vom Erfolg und der Sachkompetenz der Kulturring-Mitarbeiter legen hier im Bezirk bekannte Veranstaltungsreihen, Konzerte und Ausstellungen ein beredtes Zeugnis ab. Hierfür stehen das Hellersdorfer Kulturforum, das Tschechow-Theater, aber auch Projekte in Lichtenberg, Treptow, Pankow, Spandau und im Brandenburger Umland. Vielfältig sind gerade die Kultur- und Bildungsangebote für russischsprachige Deutsche, wie auch für Vietnamesen und andere Migranten. „Wir wollen sie natürlich nicht nur im eigenen Kulturkreis lassen, sondern bieten in bereits etablierten Kulturprojekten den Migranten die Mitarbeit an.“ Dazu kommen Geschichtsprojekte: Mehr als dreißig Projektmitarbeiter forschen in Archiven nach Opfern und Tätern der Verfolgung von Juden und Homosexuellen unter der Nazidiktatur. Im Ergebnis gibt es eine Dauerausstellung im Rathaus Schöneberg. Zahlreiche Senioren mit Interesse an kulturellen Ausflügen beteiligen sich an der Interessengemeinschaft Museen und Ausstellungen, etwa 60 allein in Marzahn-Hellersdorf. Junge Menschen interessieren sich vor allem für die EU-geförderte kritische Begleitung neuer Medien. Der Kulturring arbeitet hier mit Schülern und Lehrern an Schulen, mit Studenten und anderen Partnern aus Universitäten. Gern hätte Ingo Knechtel auch im Nordosten unseres Bezirks oder im benachbarten Lichtenberg eines der erfolgreichsten neueren KulturringAngebote verankert: Die „Medienpoints“. Sie genießen in anderen Berliner Bezirken großen Zuspruch. Nicht mehr gebrauchte Bücher, Ton- und Datenträger werden als Spenden entgegen genommen, größere Mengen auch abgeholt, und zumeist kostenfrei an Kinder, Senioren und andere Menschen mit kleinem Geldbeutel abgegeben. Aber in beiden Bezirken gibt es andere Träger, die sich der Aufgabe stellen und mit denen der Kulturring solidarisch zusammen arbeitet. Ulrich Clauder Blick zum Nachbarn jot w.d. 2/2015 7 Seine Tiere haben Charakter Gedenkturnier für Mario Handzeichnungen von Johannes Karl Gotthard Niedlich in der Rathaus Galerie Hohenschönhausen – Am 14. Februar findet in der ABC Arena, Wollenbergstraße 12, das 7. Fußball-Gedenkturnier für Mario Hoppe statt. Antreten w e r d e n sechs Berliner Mannschaften sowie eine Traditionsmannschaft des Regionalisten Germania Halberstadt. Ausrichter des Turniers ist Stern Kaulsdorf, Hauptorganisator Ronald Lachmund. Alle Mannschaften erhalten Erinnerungspokale, auch der beste Torwart und Torschütze werden ausgezeichnet. Beginn des Turniers 14 Uhr, Eintritt frei. Für einen Imbiss ist gesorgt. E. Fuchs, Foto privat Hoppegarten – Meine 93-jährige Mutter sagt immer: „Dein Kater Paulchen hat irgendwas Menschliches. Er sitzt da, scheint dir genau zuzuhören – und macht dann doch, wozu er gerade Lust hat.“ Daran musste ich denken, als ich zur Vernissage am 27. Februar in der Rathaus Galerie die Katzenzeichnungen des Altlandsberger Grafikers, Zeichners und Buchillustratoren Niedlich sah. Aber nicht nur den Samtpfötchen verlieh der Zeichner „Charakter“. Da gibt es Gänse mit stolz geschwelltem Hals, leise lächelnde, nachdenkliche Frösche oder damenhafte Hühner. In letztere hat sich RBB-Moderatorin Tatjana Jury schon vor 17 Jahren verliebt. Das seien ihre ersten „Niedlichs“ gewesen, meinte sie während der Vernissage im Rathaus. „Aber in meiner Küche hängt ein Hamster von ihm.“ Neben den Tieren galt die Liebe des im April 2014 verstorbenen Zeichners seit seiner Kindheit den Pflanzen. „Die Pflanzenzeichnungen könnten in ihrer Akribie alten botanischen Fachbüchern entstammen“, sagen die Organisatoren der Ausstellung Gabriele und Raymund Stolze von der Gruppe MachArt, die den Arbeiten von Niedlich vor rund 35 Jahren zum ersten Mal begegneten. Etwa als Illustrationen in den Büchern ihrer Kinder. Unzählige Zeichnungen und rund Erst Huhn oder erst Ei? Bei Tatjana Jury war es das Huhn. 70 Buchtitel entstammen der Feder des Künstlers, der mit 14 anfing zu zeichnen. Gelernt hatte der Foto: Dittmann 1949 in Lunow an der Oder und seit über 50 Jahre in Altlandsberg lebende Künstler jedoch etwas ganz Anderes. Nach Abitur und einer Lehre zum BindemittelFacharbeiter studierte er Chemie, danach Theologie. Erst Ende der 1970-er Jahre wurde er freischaffender Künstler, beteiligte sich im In- und Ausland an zahlreichen Ausstellungen, erhielt Auszeichnungen wie „Schönste Bücher“ der DDR und der BRD (sieben Mal) sowie Bronzemedaillen bei „Schönste Bücher der Welt“ 1984 und bei der „Internationalen Buchkunstausstellung 1989. In seinem Heimatort engagierte sich der Künstler außerdem zwischen 1991 und 2011 als parteiloser Stadtverordneter und prägte als solcher die Entwicklung im Ort ideenreich und engagiert mit. Auch zur Verschönerung des Ortes trug er bei, etwa mit seinen „Charakter“-Tieren, die den Brunnen auf dem Marktplatz zieren. Gemeinsam mit seiner Frau hatte er ein denkmalgeschütztes Haus mit Hof und Garten ausgebaut. Dort lud die Familie alljährlich am Vorabend des Altlandsberger Vogelscheuchenfestes zum „Tag der offenen Höfe“ ein. Kaum ein Besucher verließ das Anwesen ohne eine Zeichnung, Illustration oder einen vom Künstler gestalteten Jahreskalender. Auch in diesem Jahr werden am 4. und 5. September Haus und Hof an der Klosterstraße 12 für Interessenten offen stehen. Ingeborg Dittmann Wo der Kaiser einst ausstieg Bahnhofsgebäude wird denkmalgerecht saniert Hoppegarten – Alles muss raus! Unter diesem Motto wird seit einiger Zeit im so genannten Kaiserbahnhof in Hoppegarten gewerkelt. Wände, Türen, Balken, Zwischendecken – da kam so manches in den mehr als 100 vergangenen Jahren hinzu. Nun also raus damit, denn das Gebäude soll denkmalgerecht saniert werden und zumindest teilweise beim Brandenburgtag 2016 nutzbar sein. „Wir wollen den Zustand wie Ende der 1920-er Jahre wieder herstellen“, sagt Bürgermeister Karsten Knobbe. Mit einigen Partnern hat er vor gut eineinhalb Jahren einen Förderverein zur Sa- nierung gegründet, übrigens im Gutshaus Mahlsdorf. Auch diese Zeitung hatte darüber berichtet, siehe Ausgabe 7/2013. Der Verein soll Geld für die Wiederherstellung des „Kaiserbahnhofs“ in alter neuer Pracht einwerben. Vor 140 Jahren hielt zum ersten Mal ein Zug an der Station „Hoppegarten (Mark)“. Er brachte Tausende Gäste zum Renntag. Zur Blütezeit, in den 1920-er und 30-er Jahren, waren es sogar sieben Züge. Das Empfangsgebäude, der eingeschossige Fachwerkbau wurde Ende des 19. Jahrhunderts an der Südseite der Gleise errichtet. Es diente zunächst dem Kai- ser als Ankunftsort für seine Besuche der nahe gelegenen Galopprennbahn, daher auch der Name „Kaiserbahnhof“, den findige Hoppegartener Honoratioren zum Zwecke der Ankurbelung des Tourismus in Umlauf brachten. Denn offiziell hätte der Bahnhof nie so heißen dürfen. Doch der Pferdefreund Wilhelm zeigte sich gnädig und „überhörte“ einfach. Für dieses und nächstes Jahr hat die Gemeinde jeweils 100 000 Euro für die Sanierung zur Verfügung gestellt. Das reicht natürlich nicht. Ein Architekturbüro errechnete, dass etwa 2,3 Millionen Euro nötig sind, rund 1,2 Millio- nen will der Förderverein einwerben. Was an Balken, Wänden, Ausstattung genau erhaltenswert ist, das haben Studenten eines Masterstudienganges genau recherchiert und akribisch festgehalten. „Diese Arbeiten dienen uns als Grundlage für alles Weitere“, sagt Knobbe. Beim Brandenburgtag 2016 soll der erste Abschnitt mit Touristeninformation (die jetzt noch in einem Container auf dem Bahnhofsvorplatz logiert), einem Ausstellungsraum, vielleicht einem Café und dringend benötigten Toiletten fertig sein. R. Nachtmann Das alte Hoppegartener Bahnhofsgebäude, hier in einer Aufnahme von 2013, wird seit Kurzem denkmalgerecht saniert. Foto: Nachtmann Gedenken an Shoa-Opfer Lichtenberg – Am 27. Januar, dem internationalen HolocaustGedenktag, wurden die Namen von mehr als 300 jüdischen Einwohnern Lichtenbergs, die in Nazi-Deutschland vertrieben und ermordet worden sind, unter dem Titel „Erinnern für die Zukunft“ auf die Giebelwand des Stadthauses Lichtenberg, Türrschmidtstraße 24, projiziert. Seit diesem Tag ist im selben Haus auch die Ausstellung „Die Frau und die Maschinen – Gertrud Kolmar als Zwangsarbeiterin in Lichtenberg“ zu sehen. Die jüdische Dichterin Gertrud Kolmar musste zwischen 1941 und 1942 Zwangsarbeit in der Pappfabrik EPECO an der Herzbergstraße 127 leisten. 1943 wurde sie deportiert und in Auschwitz ermordet. Ihr lyrisches Werk – von den Nazis verboten – wurde erst nach dem zweiten Weltkrieg komplett veröffentlicht. Es begründete ihren Ruf als eine der großen Dichterinnen des deutschen Sprachraumes. Zu sehen bis 30. April, dienstags bis freitags und sonntags von 11 bis 18 Uhr. Info Tel. 577 973 88 14, www.museumlichtenberg.de. B. Breuer Mehr Komfort beim Umsteigen Königs Wusterhausen – Bahnhof und Bahnhofumfeld verfügen nach Umbau- und Sanierungsarbeiten über eine neue barrierefreie Personenunterführung. Barrierefreie Bushaltestellen und aktuelle Fahrgastinformationen sorgen für ein komfortables Umsteigen zwischen Bahn und Bussen, die vom neuen Busbahnhof auf der Ostseite abfahren. Ferner entstanden 168 überdachte Fahrradabstellplätze. Für Komfort sorgt ein Pavillon mit Wartebereich und Imbissangebot. Über aktuelle Abfahrten von Bus und Bahn informiert eine dynamische Anzeigetafel. RN 8 jot w.d. 2/2015 Tipps und Termine „Weltpremiere“ in der Bibliothek Hellersdorf – Die für den 1. Februar angekündigte Buchvorstellung „Eisige Zeiten“ in der Peter-Weiss-Bibliothek muss aus organisatorischen Gründen auf den 22. Februar, 10.30 Uhr, verlegt werden. Computer-Fachmann Wolfgang Haase stellt an der Hellersdorfer Promenade 24 sein erstes Buch, einen Krimi, vor. Es gibt eine „Weltpremiere“. Eintritt frei. I.D. Terpentin in der „Pyramide“ Hellersdorf – Am 7. Februar wird im Ausstellungszentrum Pyramide, Riesaer Straße 94, eine neue Exposition eröffnet. Unter dem Titel TERPENTIN werden Arbeiten von Lutz Beckmann und Uwe Peschel gezeigt. Die Vernissage beginnt um 18 Uhr. Die Ausstellung ist bis zum 14. April zu sehen. Eintritt frei. I.D. Fotostammtisch für alle Marzahn – Zum 41. öffentlichen Fotostammtisch lädt die Gesellschaft für Fotografie am 17. Februar, 19 Uhr, ins Foyer im Obergeschoss des FFM, Marzahner Promenade 55, ein. Im Gespräch ist die Ausstellung „Josef Vorholt – fotografierender Förster“, die noch bis 16. März zu sehen ist. Abgegeben werden können Fotos für „100 Bilder des Jahres 2014“, ab 18 Uhr Bildberatung für Fotofreunde möglich. Eintritt frei. I.D. Gemeinsam Singen Marzahn – Am 20. Februar können sich wieder alle singe freudigen Damen und Herren im Tschechow-Theater an der Märkischen Allee 410, treffen. „Winter adé“ heißt es ab 15 Uhr, mit Marina Carozza, am Piano Wladislaw Chimiczewski. Eintritt 1 Euro. I.D. Lukas und Gäste Hellersdorf – Am 21. Februar lädt sich der junge Pianist und Gitarrist Lukas Natschinski wieder einen ganz speziellen Gast in seine Talk-Reihe im Kulturforum ein. Es ist der belgische Jazz-Gitarrist Jeanfrancois Prins. Beginn 19 Uhr, CarolaNeher-Straße 1, Eintritt 12, erm. 10 Euro. Bereits am 6. Februar, 14 Uhr, heißt es am gleichen Ort „Swing am Nachmittag“ zum Tanzen und Zuhören, mit Lukas Natschinski am Flügel. Eintritt 8 Euro. I.D. 5. Arndt Bause Gala Marzahn – Seit 5 Jahren erinnern sich namhafte Künstler in der Arndt Bause Gala im Freizeitforum an einen der namhaftesten Komponisten der DDR. Unter dem Motto „Arndt Bause und ich“ erklingen am 22. Februar seine Hits von einst, interpretiert von Uschi Brüning & ErnstLudwig Petrowsky (Foto: Nachtmann), Julia Axen, Ingrid Winkler, Lukas Natschinski, Thomas Krüger, Andreas Holm u.a. Durch die Veranstaltung im Arndt-Bause-Saal des FFM führt Siegfried Trzoß, Beginn 15 Uhr, Eintritt 20 Euro. I.D. Kultur & Freizeit Ich bin so’n Glückskind Temperamentvoll und heiter: Inka Bause beim Talk „Wenn die Neugier nicht wär“ Marzahn – „Du singst wie`n Radiergummi“. Dieses „Kompliment“ erhielt Inka als junges Mädchen von ihrem Vater Arndt Bause, der für seine Direktheit bekannt war. Aber auch für sein Gespür, Talente zu erkennen. Nicht umsonst wurde der Komponist „der Mann mit der goldenen Nase“ genannt. Nun, im Falle seiner eigenen Tochter lag er wohl daneben. Aber vielleicht war das auch Absicht. Einer, der wie kaum ein anderer das „Showgeschäft“ mit all seinen Tücken und Härten, auch Abgründen kannte, wollte der geliebten Tochter möglicherweise diesen Weg ersparen. Und so sei sie nicht von ihren Eltern zur Musikschule (Geige, Klavier, Gesang) geschickt worden, sondern durch die Schule, erzählt Inka beim Talk „Wenn die Neugier nicht wär“ mit Barbara Kellerbauer am 17. Januar im Arndt-Bause-Saal des Freizeitforums. Was Talent und Stimme angeht, so hat sich der Meister dann ziemlich schnell eines besseren belehren lassen. Schließlich schrieb er der Tochter ihre ersten eigenen Erfolgssongs. Ihre Mutter unterstützte den Wunsch der Tochter, Sängerin zu werden. Inka war kaum 16, als sie mit „Spielverderber“ ihren ersten Fernseh-Auftritt absolvierte. „Im umgearbeiteten rosa gepunkteten Kleid von der Henne. Den Song haben wir im Studio Wilhelmshagen der Stern Combo Meißen aufgenommen“, erzählt Inka.1985 bis 87 wurde sie beim Interpretenpreis des Jugendmagazins „neues leben“ drei Mal hintereinander beste Nachwuchssängerin der DDR. Fünf Mal wurde ihr in der Sendung „bong“ des DDR-Fernsehens der „Silberne Bong“ verliehen. Sie war 20, als bei AMIGA ihre LP „Schritte“ erschien. Und noch zu DDR-Zeiten belegte die junge Moderatorin der „Talentebude“ in der ZDF-Hitparade als erste ostdeutsche Sängerin einen dritten Platz. Damals hatte sie gerade ihr Hellersdorf – Das Versprechen des vergangenen Monats, mit Cliff Stevens (Foto: Nachtmann) einen ausgezeichneten Bluesbarden in der Tradition von „Mr. Slowhand“ Eric Clapton zu präsentieren, hat der Klub eingehalten. Mehr noch, Stevens zeigte mit seinen beiden jungen Begleitern, dass er sich in den vierzig Jahren seines Bühnenschaffens auch anderen musikalischen Einflüssen gegenüber durchaus offen zeigt. Da scheint bei dem einen Song Carlos Santana „Pate“ gestanden zu haben, bei einem anderen eher die Rolling Stones. Die, also ihre großen und kleinen Hits, wiederum sind am 20. Februar im Klub an der Heidenauer Straße 10 zu erleben, wenn mit „Ed Stone“ eine der besten Coverbands der rollenden Steine aus der nähe- Sangen am Schluss sogar im Terzett: Inka, ihre einstige Dozentin Ruth Hohmann und Barbara Kellernauer. Foto: Dittmann vierjähriges Studium an der rin. Mit Erfolg, was u.a. 17 Hochschule für Musik „Hanns Shows „Weihnachten bei uns“ Eisler“ mit dem Staatsexamen zeigten und natürlich eine der erfolgreichsten Shows beim abgeschlossen. Im vereinten Deutschland ge- RTL-Fernsehen: „Bauer sucht riet die Gesangskarriere in den Frau“. Neben der professionelHintergrund, Inka profilierte len Beherrschung ihres Handsich als TV-Moderatorin, gele- werkes ist es vor allem ihre gentlich auch als Schauspiele- Natürlichkeit, ihre Herzlich- Ihr unbeschreibliches Talent bewies Inka schon oft, u.a. als „Amanda Lear“ oder mit einem „Kostüm-Vorgriff“ auf die Bauer-Frau-Suche. Fotos: Archiv Jones und Stones Blues und Rock in der Kiste ren Umgebung die 34 Zentimeter hohe Bühne erklimmen. In Stevens Fußstapfen tritt beim Kisten-Blues am 14. Februar diesmal Cevin Jones, der auch schon als „Man with the flying fingers“ oder gar als „Carvinator“ beschrieben wurde. Irgendwas muss schon dran sein, sonst hätte der gebürtige Texaner wohl nicht mit Größen wie BB King, Alber t Collins, Buddy Guy, Buddy Miles, Jeff Beck, Gary Moore, John Mayall, Jimmie Vaughn, Ten Years After oder Eric Burden & The Animals zusammen spielen dürfen. Den etwas anderen Blues zelebrieren eine Woche später, am 21. Februar, die „Bye Bye Lübben City“-Jungs von Monokel, seit der Trennung von „Speiche“ mit dem Zusatz „Kraftblues“ versehen. Kenner brauchen an dieser Stelle keine Beschreibung, Nicht-Kennern würde sie ohnehin nichts nützen. In gewisser Weise bilden sie im Konzertprogramm des Monats so eine Art Übergang keit, mit der sie bei den Leuten punktet. So auch beim Talk im Freizeitforum, bei dem sie öfter mal der NeugierModeratorin (Barbara: „Inka, du schmeißt mir jetzt meinen ganzen Abend!“) das Zepter aus der Hand nahm. Um sich stehenden Fußes mit der ihr eigenen Direktheit bei Barbara zu entschuldigen. „Sorry, da ist mal wieder mein Temperament mit mir durchgegangen.“ Dass im Leben der 46-jährigen Mutter einer Tochter nicht immer alles so easy lief, wie es in der Öffentlichkeit den Anschein hatte, kommentiert Inka so: „Danke für die Lektionen, die mir das Leben erteilt hat, sonst wäre ich ‘ne Zimtzicke geworden. Ich bin halt so’n Glückskind – und kann eigentlich gar nichts dafür.“ Den einen oder anderen Plattenvertrag hätte sie schon abschließen können. Aber: „Ich lasse mich nicht verbiegen, will mich nicht mit irgendwas begnügen, hinter dem ich nicht stehen kann.“ Das betrifft im Übrigen auch das von den bunten Blättern immer wieder groß aufgemachte Thema „Inka und die Männer“. Inka: „Es muss der Richtige sein, und solange der mir nicht über den Weg läuft, koof ich mir halt ‘nen Hund.“ Ein großartiger Moment dann, als Inka auf der Bühne ihre einstige Dozentin an der Musikhochschule, die Jazzsängerin Ruth Hohmann, begrüßt und mit ihr gemeinsam und mit Lukas Natschinski am Flügel singt. Auch klar, dass ein Talk mit Inka nicht um das Thema „Bauer sucht Frau“ herumkommt. „Natürlich denken die Leute, ich könne nicht bis zehn zählen, weil ich diese Sendung mache. Aber da hängt mein ganzes Herzblut dran. Und auch, wenn’s keiner zugeben will, haben wir da jedes Mal um die 5,5 Millionen Zuschauer!“ Bleiben da noch offene Wünsche? „Ich träume davon, ein Album mit Liedern meines Vaters aufzunehmen.“ Ingeborg Dittmann vom vorgenannten Blues zum harten Rock’n’Roll, der den Februar beschließen wird. Mit ihrem dritten Album „Steam“ melden sich „3 Dayz Whizkey“ aus Regensburg am 27. Februar zurück. Da ist Dampf dahinter, sagen nicht nur eingefleischte Fans der Band, deren Vorgängeralbum „Black Water“ sogar für den Preis der Deutschen Schallplattenkritik nominiert war. Mit dem „Uriah Heep Revival“ aus Tschechien kommt am Monatsletzten eine hier nicht gänzlich unbekannte Band auf die Bühne. Und zwar nicht „one lonely sunday morning“, wie es in einem Riesenhit der Originalband heißt, sondern am Saturday Evening, nämlich am 28. Februar. Beginn jeweils 21 Uhr, Eintritt 8 bis 13 Euro, Info Tel. 99 87 481, www.kiste.net. R. Nachtmann Kultur & Freizeit jot w.d. 2/2015 Mehr als nur eine Ergänzung Peter-Weiss-Bibliothek wird 25 Jahre Hellersdorf – Viele Jahre hat unser Vereinsmitglied, Dr. Siegfried Birkner, in dieser Zeitung über Veranstaltungen und andere Aktivitäten der Peter-Weiss-Bibliothek berichtet. Nun wird sie 25 Jahre alt – im Überangebot der Jubiläen vielleicht kein herausragendes Datum. Aber eigensinnig und hartnäckig bestehen die Aktiven des Fördervereins darauf, im September dieses Jahres mit allen Vereinsmitgliedern, Freunden, Autoren, Referenten und Verlegern dieses Ereignis gebührend zu feiern. Warum wir für dieses Jubiläum Ideen und Kräfte verwenden wollen, kann ein Blick auf die Situation in Hellersdorf zu Beginn der 90-er Jahre erklären. Im neuen Stadtbezirk Hellersdorf war ab 1988 gerade erst begonnen worden, eine Infrastruktur aufzubauen. Viele Stadtteile waren noch im Bau. Verkehrsmittel, Geschäfte, soziale Strukturen entstanden langsam und hatten Vorrang vor allem anderen. Kommunale Kultureinrichtungen und Kulturvereine mussten mit diesen Bedingungen so gut wie möglich zurechtkommen und selbst etwas Eigenes aufbauen. VON BEGINN AN VERANSTALTUNGEN Dass es dem kleinen Grüppchen der damaligen Aktiven, zu dem bald eine Reihe weiterer ehrenamtlicher Mitstreiter hinzukam, unter diesen Umständen gelang, die ersten Anfänge für eine Büchersammlung zu machen und sie ab 1995 auch öffentlich anzubieten, muss schon als etwas Besonderes angesehen werden. Ebenso die Tatsache, dass schon ab 1992 die ersten Veranstaltungen organisiert wurden, um die entstehende Bibliothek und ihr Anliegen bekannt zu machen. Lesungen, Einblicke gibt auch das Schaufenster der Bibliothek. Vorträge und Diskussionen zogen bald viele Interessenten an. Über 16 000 Besucher konnten wir zu den bis heute mehr als 450 Veranstaltungen begrüßen, die parallel zum Aufbau der Bibliothek durchgeführt wurden. Oft erhielten wir für die Honorare Fördergelder der Abteilung Kultur des Stadtbezirks, der Landeszentrale für politische Bildungsarbeit und seit 2006 über das Quartiersmanagement Hellersdorfer Promenade aus dem Programm „Soziale Stadt“. Vieles wurde durch Kooperation mit anderen Vereinen und Kulturund Bildungseinrichtungen des Bezirks möglich. Sicher ist aber auch, dass die Alternative Bibliothek Hellersdorf – das war bis 2002 ihr Name – zu den ersten Kulturvereinen gehörte, die damals in Hellersdorf Literaturveranstaltungen angeboten haben. Die Bibliothek verfügt heute über 20 000 Bücher, Zeitschriften und andere Medien, vor allem Literatur der Sozial- und Kulturwissenschaften, der Politik, Zeitgeschichte und Belletristik. Obwohl nur geringe Mittel für den Kauf von Büchern vorhanden sind, ent- Foto: Sumpf hält ihr Angebot zahlreiche Neuerscheinungen. Sie stammen – wie auch viele ältere Bücher – überwiegend aus Geschenken oder Leihgaben von Vereinsmitgliedern, Bibliotheksnutzern und anderen Bürgern, von Verlegern und von mehr als 220 Autoren, die ihre neuen Bücher in den Veranstaltungen der Bibliothek vorgestellt haben. Digitale Werkausgaben und andere digitale Veröffentlichungen kann jeder Besucher an einem PC-Arbeitsplatz benutzen. Über einen ausgesucht schönen Bestand an Romanen und Erzählungen freuen sich nicht nur die Benutzer der Bibliothek, auch die Bibliothekarinnen entdecken immer wieder „Schätze“. Alle Aktiven sind sicher, dass das Kulturgut Buch und die in der langen Kulturgeschichte erworbene Fähigkeit zum Lesen, Vorlesen und Blättern in Büchern auch im sogenannten Medienzeitalter nicht verloren gehen werden. Auf ihren Sammelgebieten ist die Peter-Weiss-Bibliothek in der Lage, das Angebot der kommunalen öffentlichen Bibliotheken zu ergänzen. Auf der Website www.peter-weiss-bibliothek.de kann man mit einem Klick auf das Wort „Katalog“ in unserem Online-Katalog nach Autoren, Titeln sowie Stich- und Schlagwörtern suchen. Mit Freude, aber auch mit Stolz, blicken wir auf 25 Jahre erfolgreicher Arbeit zurück. Für uns Ehrenamtliche ist diese Arbeit sehr interessant und befriedigend. Doch in unsere Freude mischt sich auch Sorge, denn die Enthusiasten von damals sind inzwischen auch 25 Jahre älter und leider nicht gesünder geworden. Viele der Aktiven werden bald nicht mehr so belastbar sein, gern würden sie den Stafettenstab an Jüngere weitergeben. NEUE MITSTREITER WERDEN GESUCHT Wir möchten mit diesem Beitrag – einmal mehr – jüngere und ältere Literatur- und Kulturinteressierte aufrufen, einfach einmal in die Bibliothek zu kommen, sich umzuschauen, zu fragen und sich ein Bild zu machen von unserer Arbeit. Besondere Voraussetzungen sind nicht nötig, nur wöchentlich etwa 4 bis 5 Stunden Zeit und die Bereitschaft, sich einzubringen. Alles andere ergibt die Praxis. Nun gilt es erst einmal, die Festtage im September vorzubereiten. Wir sind schon sehr gespannt, ob Daniela Dahn unserer Einladung folgen wird. Mehr über unsere Pläne erfahren Sie in späteren Beiträgen. Gisela Peter Info Peter-Weiss-Bibliothek, Hellersdorfer Promenade 24, Tel. 99 28 25 25, geöffnet Di bis Do 14-18 Uhr; Verein zur Förderung der PeterWeiss- Bibliothek e.V., c/o Gisela Peter, Mark-Twain-Straße 22, 12627 Berlin, Tel. 991 20 08. Von Rock bis Rap, von Politsong bis Punk Festival „Musik und Politik“ findet traditionell im Februar in der „Wabe“ statt Friedrichshain – Auch in diesem Jahr laden die Organisatoren vom Verein „Lied und soziale Bewegungen“ zum Festival „Musik und Politik“ Ende Februar mit Konzerten, Filmaufführungen, Diskussionen und Ausstellungen in der „Wabe“ an der Danziger Straße 101 und im daneben liegenden „kunsthaus“ ein. Das Programm ist vielfältig, aber kürzer als in den vergangenen Jahren. Hier einige Akzente. Im Konzert „Liederbestenliste präsentiert“ stellt sich Dota Kehr vor, die 2005 erstmals beim Festival auftrat und inzwischen in der ersten Liga deutscher Liedermacher angekommen ist. Sylvia Nickschas hat auf Konstantin Weckers Label „Sturm und Klang“ ihre erste CD mit frechen und kritischen Liedern wie „Generation blöd“, „Gold glänzt nicht“ und „Verdummt genug“ veröffentlicht. Heinz Ratz und seine Band „Strom & Wasser“ waren 2014 auf großer Floßtour für und mit Flüchtlingsfrauen und haben für das Asylantenlied „Herr Minister“ den Jahrespreis der Liederbestenliste erhalten. Zum Internationalen Konzert am 28. Februar, 19 Uhr, in der Wabe kommen Steve Skaith & Steve Jeffries (Latin Quarter) sowie Daniel Kahn & Painted Bird. Steve Skaith war Sänger und Co-Autor der englischen Band „Latin Quarter“, die sechs Alben veröffentlichten und in der DDR u.a. bei „Rock für den Frieden“ und beim „Festival des politischen Liedes“ spielten. Kahn ist Sänger, Musiker, Schauspieler, Regisseur und Komponist in einer Person, 1978 geboren und aufgewachsen in Detroit. Karten: 15/ermäßigt 8 Euro. Im „Liederpodium“ stellen bekannte Liedermacher und Newcomer Ausschnitte aus ihren neuen Programmen vor, dabei sind u.a. Bastian Bandt, Tim Köhler, Carmen Orlet & Ingo Dietrich, Arno Schmidt, Frank Viehweg und Masha Potempa. Die Ausstellung „Aus dem Leben der Indianer“ zeigt Übermalungen von Zeitungsseiten des ND vom Herbst 1989 von Matthias Görnandt. „Die alten Lieder“ heißt in einer Filmvorführung eine Folge der rbbDokumentationsserie „Die Ostdeutschen – 25 Wege in ein neues Land“, in der einstige Akteure der DDR-Singebewegung untersuchen, welche Lieder von damals man heute noch singen kann. Das vollständige Programm sowie Kartenvorbestellungen www.musikundpolitik.de. I. Dittmann 9 Tipps und Termine Amateurtheater wunderbar amüsant Marzahn – Am 15. Februar lohnt sich ein Besuch in der Studiobühne des FFM. Das Amateurtheater des Freizeitforums unter Leitung der Schauspielerin Birgit Letze-Funke hebt unter dem Titel „Immer modern“ weitgehend unbekannte Schätze von Otto Reutter. Mit Lust und Leidenschaft bringt das Ensemble Couplets, Duette und Solo-Szenen mit Pianoforte-Begleitung auf die Bühne. Der musikalisch-literarische Abend beginnt schon 16 Uhr, Eintritt 5 Euro. I.D. Neue „AKTe Natur“ in der Golferia Marzahn – Die Golferia Berlin, Wittenberger Straße 50, lädt am 6. Februar, 18.30 Uhr, zur Vernissage der Fotoausstellung „AKTe Natur“ ein. Agathe Leselust liest Geschichten über Liebe, Erotik und Natur. Der Fotograf und sein Fotomodell sind ebenfalls anwesend. Eintritt 8/6 Euro, Karten Tel. 93 49 73 95. I.D. Naturalismus Marzahn– Noch bis zum 28. Februar sind in der „Mark-Twain-Bibliothek“ im FFM Ölgemälde mit Landschaftsmotiven von Dr. Dietrich Gerber zu sehen. Der 1944 in Brieg bei Breslau geborene Künstler promovierte 1972 an der TU Dresden und war sein gesamtes Berufsleben im Getränkekombinat Berlin tätig. Seit seiner Kindheit bildet das Zeichnen einen wesentlichen Schwerpunkt seines Lebens. I.D. „Die Ossis von Namibia“ Hellersdorf – In der neuen Reihe „Filmclub“ stellt das Kulturforum, CarolaNeher-Straße 1, bemerkenswerte Dokumentar- und Experimentalfilme vor. Am 18. Februar, 19.30 Uhr zeigt der Produzent und Filmemacher Roger Pitann aus Rostock den auf dem Schleswig-Holstein-Festival 2008 zweitplatzierten Film „Die Ossis von Namibia“. Erzählt wird die spektakuläre Geschichte der so genannten „DDR-Kinder“ aus Namibia, die ihren Anfang mit südafrikanischen Luftangriffen auf SWAPO-Flüchtlingslager im Süden Angolas nimmt. In deren Folge kamen von 1979 bis zum Wendejahr 1989 etwa 420 Kriegswaisen und Funktionärskinder (Foto: Archiv Gralow) in die befreundete DDR. Achtzehn Jahre nach dem abrupten Ende ihrer Schulzeit erzählen die „Ossis“, wie sie sich selber nennen, von ihrer Kindheit in der DDR und dem erzwungenen Neuanfang in Namibia. Politiker, Lehrer und Pflegeeltern schildern einige der Hintergründe. Im Mittelpunkt für die „Ossis“ steht bis heute die Frage nach ihrer wahren Heimat und nach ihren geistigen Wurzeln. Der bewegende Film fragt nach ihren Träumen, Chancen und Eliten und findet ein völlig unerwartetes Erbe der DDR. A.M. 10 jot w.d. 2/2015 Jugend-Bildung-Sport Hilfe bei der Jobsuche Hüftgold wird versilbert Hellersdorf- Individuelle Unterstützung bei der Jobsuche bietet Birgit Meinhardt von der Agrarbörse Deutschland-Ost e.V. im Frauenzentrum Matilde am 10. Februar, 14 bis 16 Uhr, Stollberger Straße 55; Anmeldung Tel. 56 40 02 29, email: matilde@versanet.de. Zum Frauenfrühstück lädt das Haus jeden Dienstag, 10 bis 12 Uhr, ein (Kosten 2,50 Euro). Sportkurse gibt es montags, dienstags und mittwochs. Genaue Uhrzeiten und Kurse bitte telefonisch erfragen. I.D. Deutschlands erste öffentlich-rechtliche Frauensporthalle öffnete im FFM Löwentanz im FFM Marzahn – Am 21. Februar, ab 11 Uhr, werden im Freizeitforum die neuen Trainingsräume der Kung-Fu und Tai Chi-Schule eingeweiht und nach chinesischer Tradition von Großmeister Hong Thay Lee mit einem Löwentanz eröffnet. Es gibt ein Probetraining und Vorführungen für Interessenten, Eintritt frei. I.D. Winterträume Hellersdorf – Zu einer lebendigen Lesung von Agathe Leselust über den Winter lädt der „Kompass“, Kummerower Ring 42, am 17. Februar, 17 Uhr, ein. Im Programm Gedichte, gemeinsam gesungene Lieder, Geschichten über Feiertage und Bräuche. Eintritt: 3 Euro, Reservierung Tel. 56 49 74 01. Schule kann erweitert werden Hellersdorf – Durch die von der Finanzverwaltung genehmigte Rückübertragung des Grundstücks Kastanienallee 61 an den Bezirk ist die Errichtung dringend benötigter „mobiler Erweiterungsbauten“ für die Pusteblumen-Grundschule in greifbare Nähe gerückt. Die Planungen sind bereits abgeschlossen, nun können bauvorbereitenden Maßnahmen beginnen. Die an das benachbarte Kinderforschungszentrum HELLEUM angeschlossene Grundschule hatte zuletzt aufgrund stetig zunehmender Schülerzahlen einige Platzprobleme bekommen. RN Mach Musik! Kostenlose Probe Marzahn-Hellersdorf – Nicht nur Kinder und Jugendliche, sondern auch Musikinteressierte jeden Alters können das Musizieren auf mehr als 30 verschiedenen Instrumenten erlernen oder auch schon vorhandene Fähigkeiten auffrischen und ausbauen. Die Hans-WernerHenze-Musikschule bietet bis 30. Mai kostenfreie Probeunterrichte für alle Instrumental- und Vokalfächer an. Info Tel. 90 293 57 51, www.marzahn-hellersdorf-musikschule.de. RN Marzahn – Ach, war das eine Freude, sie stand den Beteiligten (und bezahlten) in alle Gesichter geschrieben. Am 17. Januar wurde die umstrittene Frauensporthalle im Freizeitforum Marzahn offiziell eröffnet. Dazu wurde die bisherige Mehrzweckhalle für 200 000 Euro aus dem Schul- und Sportstättensanierungsprogramm umgebaut. Entgegen früheren Versicherungen, versteht sich. Für den Betrieb, der bereits am 5. Januar aufgenommen wurde, wird auch eine nette junge Dame bezahlt. Aus dem Bezirkshaushalt, versteht sich. Auf der Tribüne der Ehrengäste saßen zur Feierstunde übrigens 17 Männer und 14 Frauen. Bürgermeister Stefan Komoß, dessen „Baby“ die Frauensporthalle ist und die er gegen alle Widerstände durchsetzte (Hochachtung für diesen polit-administrativen Coup!), hält es für „eine Frage der Gerechtigkeit des öffentlichen Sportangebots im Bezirk“, ein solches Projekt zu verwirklichen. Er ging auch noch einmal auf die „beiden Grundfragen“ dazu ein: Braucht man solch eine Halle, und muss sie unbedingt hier sein? „Ich sage zwei mal Ja“, beschied er unter den strahlenden Blicken der wenige Tage später aus dem Bezirk scheidenden Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten Snezana Sever. Doch Komoß weiß auch: „Es ist jetzt an den Frauen des Bezirks und überregional, dieses Projekt mit Leben zu erfüllen.“ Wir erwarten voller Vorfreude die Freude bei den Genossen: Frauensentorin Dilek Kolat (re.) überreichte zur Eröffnung der Frauensporthalle ein Maskottchen an Claudia Zinke, Vorsitzende des Vereins für Sport und Jugendsozialarbeit, der für die sportlichen Angebote verantwortlich ist. Bürgermeister Stefan Komoß gab ihr später noch ein symbolisches goldenes Schlüsselchen. Bild unten: Christina Minz ist mit 14 Jahren die jüngste Trainerin, sie betreut Modern Dance und Hip Hop für Kinder. Sie selbst nahm schon an Weltmeisterschaften teil und zeigte am Eröffnungstag ein wenig ihres Könnens. Foto: Nachtmann sprichwörtlichen Wilmersdorfer Nichts desto weniger hält auch und vor allem auf die Evaluierung Witwen, wenn etwa montags Frauensenatorin Dilek Kolat, wie des gesamten Projekts. Bleibt nur 18.45 Uhr eine Stunde lang „Ge- Komoß von der SPD ins Amt ge- zu hoffen, dass letztere nicht gesundes für den Rücken“ angebo- hoben, die Frauensporthalle für rade einem SPD-nahen Institut ten wird; mit einem männlichen „ein Highlight in unserer Stadt“, übertragen wird. Dann kennen Trainer. Ja, als solcher darf man aus dem sie sich „eine Signalwir- wir die Ergebnisse nämlich jetzt kung in die Stadt“ erhofft, wo schon. Und nun Sport frei! rein in die Frauensporthalle. Ralf Nachtmann Einen recht sicheren Einblick in „viel zu wenig Flächen für Frau„Bedarf“ und „Annahme“ bietet en und Mädchen zur Verfügung“ der vorliegende Kursplan. Wäh- stünden. Wessen Aufgabe dieses Derzeit stehen nahezu 30 verrend montags bis donnerstags Zur-Verfügung-Stellen ist, verriet schiedene Kurse auf dem Pro(reiner Frauenbetrieb) die Halle sie in ihren wohlgesetzten Wor- gramm, von „Aroha“ über „Fatnur temporär belegt ist, bleibt am ten nicht. Nur so viel: „Es gibt bei burner-Aerobic“ und „OrientaFreitag (offen für „Alle“) nur zwi- der Beteiligung von Frauen und lischer Tanz“ bis zu „Kraft & schen 13 und 15 sowie nach 20 Mädchen am Sport Luft nach Beweglichkeit im Alter“ und Uhr Raum für „Fremdinteres- oben.“ Denn während bundesweit „Powergymnastik & Kettlebell“. senten“. Zu denen hätten bei- 46 Prozent der weiblichen Bevöl- Einzelne Kursbesuche sind mitspielsweise die Tischtennisspie- kerung mehr oder minder sport- tels Zehnerkarte (40 Euro) mögler zählen können, die nunmehr lich aktiv seien, wäre es in Ber- lich, gesucht werden aber hauptwohl gänzlich verjagt worden lin nur jede Dritte. Folgte noch sächlich Mitglieder des extra gesind. Am Sonntag (ebenfalls rei- ein wenig Pro-Olympia mit der gründeten Vereins „Fit & Fun ner Frauenbetrieb) steht gerade gern und immer wieder verbrei- Marzahn“, die monatlich 15 mal ein einziger Stundenkurs teten Mär von Investitionen, Um- Euro zahlen und alle Angebotenutzen können. Projektleiterin „Modern Dance“ im Plan. Das satz und Arbeitsplätzen. übrigens ist eines der Dinge, die Gespannt sein darf man dennoch Lea Seid ist telefonisch 01590auch der eine oder andere Mann auf die Entwicklung der Halle in 412 67 85 erreichbar, Info www.den kommenden beiden Jahren fitundfun-marzahn.de. gern mitgemacht hätte. Drei Bücher für die Schul-Bibliothek Sanierte Aula der Friedrich-Schiller-Grundschule an Schüler übergegeben Mahlsdorf – Mit nur vier Wochen Verzögerung, resultierend aus während der Bauarbeiten entdeckter weiterer Schäden, konnte am 30. Januar (nach Redaktionsschluss) die Aula, die für fast zweieinhalb Jahre wegen Sanierungen am Dachtragwerk gesperrt war, wieder an die Schüler der Schiller-Schule übergeben werden. Bürgermeister Stefan Komoß hatte ihnen drei Bücher, einen Superheldencomic und zwei Erzählungen, die er und seine Kinder im Grundschulalter begeistert gelesen hatten, für die Schulbibliothek mitgebracht. Mit einer Einstim- migkeit, wie er sie sich „auch in manchem Bezirksgremium wünsche“, antworteten die Kinder auf seine Frage, wer sich denn über das Ende der Arbeiten freue. Das neue Dach und die Decke, die nun die zweigeschossige Aula überspannen, wurden seit dem Beginn der Sommerferien 2014 zwar in neuer Technik, aber altem und zum gesamten Schulbau passendem Erscheinungsbild wiederhergestellt. In der ersten Ferienwoche im Februar wurden die letzten Provisorien zurückgebaut. Die Schulküche fin- det ihren angstammten Platz neben der auch als Mensa genutzten Aula. Der NaWi-Raum, die Aula und auch der Schulhof können nach den Ferien wieder wie vorgesehen genutzt werden. Sobald es das Wetter zulässt, werden die beiden Pfeiler des für Kranarbeiten abgebauten Schultors zur Donizettistraße wieder aufgemauert, so dass dann die letzen Spuren der Baustelle getilgt sind. RN Auch wenn sie es nicht so direkt zeigen, sind die SchillerSchüler froh, dass die Aula wieder nutzbar ist. Foto: FP Umwelt & Verkehr jot w.d. 2/2015 11 Schwankende Müllionenwerte Tarnen, Warnen und Amphibienschutz Verpackungsrecycling ist ein unwägbares Geschäft – Gesetzesnovelle geplant Hellersdorf – Tiere entwickeln bemerkenswerte Strategien, um in der Natur zu überleben. Sei es das Anpassen an ihre Umgebung in Form einer perfekten Tarnung oder ein besonders auffälliges Aussehen, um Feinde abzuschrecken. Ute Schiller berichtet am 15. Februar, 14.30 Uhr, in ihrem Vortrag im Naturschutzzentrum Schleipfuhlhaus, Hermsdorfer Straße 34 A, über solche Phänomene und zeigt anhand von Suchbildern beeindruckende Beispiele. An gleicher Stelle berichtet am 17. Februar, 18.30 Uhr, Steffen Gierth über Amphibienschutz im Bezirk. Alljährlich begeben sich Frösche, Kröten und Molche auf ihre gefahrvolle Wanderung vom Winterquartier zum Laichgewässer. Um ihren massenhaften Tod bei der Überquerung dichtbefahrener Straßen zu vermeiden, errichten Mitarbeiter und Helfer des Naturschutzes alljährlich einen Schutzzaun zwischen Kreppund Schleipfuhl. In seinem Vortrag wertet Gierth die Fangzaunergebnisse des Vorjahres aus und stellt die Artenvielfalt im Gebiet vor. Darüber hinaus werden alle, die das Projekt ehrenamtlich unterstützen möchten, in die anstehenden Aufgaben eingewiesen. SG Mahlsdorf – Nicht nur Russland und Venezuela, auch der Abfallverwerter Alba leidet unter den halbierten Rohölpreisen. Denn die machen die Aufbereitung von Kunststoffabfällen aktuell zu einem Beinahe-Minusgeschäft. Davon konnte sich Peter Meiwald, Bundestagsabgeordneter der Bündnisgrünen und umweltpolitischer Sprecher seiner Fraktion bei einem Besuch der Recyclinganlage am Hultschiner Damm ein Bild machen. Sie ist selbst nach zehnjährigem Betrieb immer noch eine der modernsten im Lande und kann gut sechzig Prozent der dort jährlich anfallenden etwa 140 000 Tonnen Abfall aus gelben Säcken und Tonnen in 13 „Fraktionen“ nahezu sortenrein trennen. Nur so sei es überhaupt noch möglich, derzeit Plasteabfälle für die „stoffliche Verwertung“ weiterverkaufen zu können, berichtet Verena Köttker, die Generalbevollmächtigte bei Alba. Was bei Metallen bommt, kriegt bei Kunststoff einen Dämpfer. Und selbst bei ersteren kommt es Nicht alles, was im gelben Sack landet, gehört dort auch hin. immer stärker auf Tagespreise an. Die schwankten in kürzester Frist um bis zu tausend Prozent, klagt Verena Köttker. Auch deshalb sei es ihr nicht möglich, den Anteil der Verkaufserlöse aufbereiteter Abfälle an der Refinanzierung der Anlage zu beziffern. Für Meiwald spielte dies aber nicht die entscheidende Rolle. Vielmehr wollte er sich ein genaueres Bild von der Leistungsfähigkeit der Sortieranlage machen. Denn bereits seit einiger Zeit wird eine Novellierung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes, über dessen Namen (nicht den Sinn) sich der französische Komiker Emmanuel Peterfalvi, besser bekannt als Alfons (mit Puschelmikrofon und Trainingsjacke) lustig macht, diskutiert. Anlass sind die immer weiter sinkenden Recyclingquoten und ein rapider Anstieg von Einwegverpackungen, insbesondere bei Getränken. Die Bündnisgrünen trauen der Regierungskoalition keinen nennenswerten Schritt zur Verbesserung zu und wollen deshalb einen eigenen Gesetzesvorschlag erarbeiten. Da kann es nur gut sein, wenn sich die verantwortlichen Abgeordneten ein möglichst weitreichendes und konkretes Bild von der tatsächlichen Lage machen. Und doch kann es nicht allein um die Verwertung gehen. Die etwa 40 Prozent nicht so gut sortierbaren Abfälle bei Alba beispielsweise werden ja auch nicht in die Landschaft gekippt, sondern der „thermischen Verwertung“ vulgo: Peter Meiwald wurde u.a. von Maria Hartwig begleitet. Fotos: Nachtmann Verbrennung zugeführt. Den Grünen war dieser Anteil schon immer zu hoch. Technologisch ist eine höhere Sortierquote durchaus möglich, allein auf die Kostenfrage hat bisher niemand eine zündende Antwort gefunden. Und gerade bei diesem Punkt sind viele Menschen sehr sensibel. Die Deutschen sind die weltweit bravsten Mülltrenner und zahlen als Verbraucher ebenso den weltweit höchsten Anteil. Ins Unermessliche aber wollen sie sich nicht schröpfen lassen. Zumal es insbesondere in den Städten an Kostengerechtigkeit hinsichtlich der gesamten Abfallentsorgung mangelt. In Ausgabe 11/2014 dieser Zeitung haben wir auf dieses Problem schon einmal hingewiesen. Sowohl Entsorger als auch Industrie und Handel sind gefordert, neue Wege beim Recycling zu beschreiten. Nicht nur, weil uns die Rohstoffe lieb und teuer sein sollen, sondern auch, weil wir die Bilder von vermüllten Flüssen, plaste-verseuchten Meeren und von Kabelummantelungen abbrennenden Kindern in Afrika nicht mehr sehen wollen. Ralf Nachtmann IGA statt Pegida Botschafter für den Orientalischen Garten gesucht Marzahn – Kaum zu glauben: Der „Garten der vier Ströme“, der Orientalische Garten im Erholungspark, feiert in diesem Jahr bereits zehnten Geburtstag. Aus diesem Anlass hat die Grün Berlin als Träger des Erholungsparks, der dortigen Gärten der Welt und der IGA eine Botschafterkampagne ins Leben gerufen. Mitmachen ist ganz einfach. Es gilt, den Satz „Ich mag den Orientalischen Garten, weil ...“ zu ergänzen und sich selbst dazu mit seinem Konterfei zu präsentieren. Simpel zu bewerkstelligen via Hochladen auf Facebook. Wer sich jedoch dem Spionageprogramm aus Amerika verschließt, bleibt bei der Kampagne dennoch nicht ausgeschlossen. „Einfach die Plakatvorlage von unserer Website www.gaerten-derwelt.de herunterladen und Ideen einbauen“, sagt Parkmanagerin Beate Reuber. Und selbst ein Einsenden von Text und Bild via email (info@gaerten-der-welt.de) genügt. Unseriöse Beiträge würden umgehend gelöscht, verspricht die Kampagnenchefin. An der Auswahl der Sieger, die dann das diesjährige Plakat zieren werden, können jedoch nur Gartenfreunde im „Fratzenbuch“ mitmachen. Einsendeschluss ist der 30. April. Partnerin der Kampagne ist wie auch in den vergangenen Jahren die Schauspielerin Ursula Karven, die als Kulturbotschafterin der Gärten der Welt fungiert. In dieser Funktion wird sie auch des öfteren in Marzahn anzutreffen sein, denn auch in diesem Jahr heißt es: Feste feiern! Insgesamt 12 Gartenfeste hat Beate Reuber ins Programm genommen, so viele wie noch nie zuvor. Neben den „Dau- erbrennern“ wie Kirschblütenfest, Highland Games oder Viva la musica gibt es in diesem Jahr am 14. Juni erstmals eine „Lesereise mit Saitenblicken“, die Literatur mit nah- und fernöstlichen Saiteninsrumenten verbindet, zu erleben im Koreanischen, Chinesischen und Orientalischen Garten. Auch das Herbstfest am 18. Oktober im Karl-Foerster-Staudengarten dürfte mit seinem Motto „Blattwerk, Blues und Rock’n’Roll“ viele Freunde finden. Zur großen Geburtstagsfeier des Orientalischen Gartens („Sultans Fest“) am 9. August wird auch dessen Schöpfer Kamel Louafi da sein. „Wenn ich heute Bilder des Gartens in aller Welt zeige, glauben die Leute oft nicht, dass der in Berlin steht“, erzählt er nicht ohne Stolz. Schließlich wurden da nicht nur zweieinhalb Millionen Mosaiksteine verbaut. Es gedeihen da auch Pflanzen, „von denen man dachte, dass sie in unserer Region nie wachsen könnten“, sagt der Gartenarchitekt. Ursula Karven übrigens liebt den Orientalischen Garten, weil „er ein Sinnbild für den Frieden ist und die Sinne beflügelt“. R. Nachtmann Veranstaltungen 2015 in den Gärten der Welt Beate Reuber und Ursula Karven (re.) stelten die neue Plakatkampagne vor. Foto: Nachtmann 12. April, 12-17 Uhr: Kirschblütenfest in den asiatischen Gärten 9. Mai, 18-22 Uhr: Lotuslaternenfest im Koreanischen Garten 24. Mai, 12,14,16 Uhr: Koreanische Teezeremonie 14. Juni, 12-17 Uhr: Lesereise mit Saitenblicken 28. Juni, 12-17 Uhr: Klang-Farben-Fest im Chinesischen Garten 25./26. Juli, 11 Uhr: Highland Games, Liegewiese am Windrad 2. Aug., 12,14,16 Uhr: Koreanische Teezeremonie 9. August, 14-18 Uhr: Sultans Fest im Orientalischen Garten 5. Sept., 19.30 Uhr: Viva la musica, Kirschblütenwiese 13. Sept., 11,13,16 Uhr: Zen Harken im Japanischen Garten 19. Sept., 17.30 Uhr: Mondfest im Chinesischen Garten 18. Okt., 12-16 Uhr: Herbstfest im Staudengarten 12. Dez., 19 Uhr: Ein Abend voller Märchen, Orient. Garten Hultschi bleibt Problemfall Mahlsdorf – Der Hultschiner Damm zwischen B 1/5 und der Bezirksgrenze zu Köpenick ist eine der wichtigsten und am stärksten befahrenen Straßen im Süden bes Bezirks. Folglich nimmt es nicht Wunder, dass seit Jahr und Tag Wünsche zur Verkehrsregelung geäußert werden. Allein in den Bürgerhaushaltsverfahren tauchte die Strekke mehrfach mit Forderungen nach Ampeln und Fußgängerüberwegen an mehr als einem halben Dutzend Einmündungen auf. Auch Forderungen nach streckenweisen Geschwindigkeitsreduzierungen treten regelmäßig an das Licht der Öffentlichkeit. Die jüngste dieser Art wurde nun von der BVV unterstützt, die per Beschluss das Bezirksamt aufforderte, bei der (zuständigen) Verkehrslenkung Berlin (VLB) vorstellig zu werden und einen Tempo-30-Abschnitt zwischen Erich-BaronWeg und Ebereschenallee zu fordern. Im Verkehrsausschuss war dieses Ansinnen noch nicht auf einhellige Zustimmung gestoßen, nur neun der 14 Mitglieder hatten dafür votiert. Erfahrungsgemäß dürfte sich in absehbarer Zeit an den Verhältnissen am Hultschi aber nichts ändern. Abgesehen davon, dass der Bezirk bei der VLB ohnehin regelmäßig mit entsprechenden Anliegen auf Granit beißt, ist diese Senatsabteilung durch Mangel an Angestellten weitgehend handlungsunfähig. RN 12 jot w.d. 1/2015 Alleinerziehende sind nicht allein Marzahn-Hellersdorf – Das Netzwerk Alleinerziehende des Bezirks blickt auf eine Positive Bilanz der Arbeit im vergangenen Jahr zurück. In den zwölf Infopoints und der Koordinierungsstelle seien mehr als 1000 verschiedene Anfragen bearbeitet und beantwortet worden. „Wir haben 27 Alleinerziehende wieder in Arbeit oder eine Ausbildung vermitteln können. Bei der Kitaplatzsuche haben wir erfolgreich unterstützt und auch bei der Wohnungssuche helfen können“, berichtet Projektleiterin Anett Dubsky. „Gerade in Trennungsphasen ist die Gefahr groß, dass auch die gewohnte Balance von Arbeitsplatz und privater Kinderbetreuung zerstört wird oder durch einen Umzug neue Problemlagen entstehen und die bestehende traditionelle Familienhilfe versagt“, weiß Anett Dubsky. Die Auszeichnung im Genderwettbewerb des Landes Berlin mit einem Preis verdeutlicht die Bedeutung des Projekts. Die damit verbundene Prämie will sie für die Unterstützung Alleinerziehender einsetzen. Bei Problemen und Beratungsbedarf findet man Kontakt zur Projektleiterin Anett Dubsky in der Geschäftsstelle des Jugendwerk Aufbau Ost JAO, Nossener Straße 87/89, Tel. 99 28 86 25, und 0157-83 44 24 06, email: netzwerk-alleinerziehende@jaoberlin.de; Info www.netzwerkalleinerziehende.net. R. Nachtmann Gesundheit & Soziales Grassierende Altersarmut Immer mehr Senioren sind auf staatliche Unterstützung angewiesen Berlin – Etwa 4250 Senioren im Bezirk sind auf finanzielle Unterstützung des Staates, die so genannte Grundsicherung im Alter, angewiesen. Das mag bei einer Viertelmillion Einwohnern wenig klingen, allerdings wächst die Zahl rasant an. In den vergangenen drei Jahren stieg sie um jeweils zehn Prozent, berichtet Sozialstadträtin Dagmar Pohle. Die Zahl liegt damit um fast die Hälfte höher als der Bundesdurchschnitt. Denn auch in ganz Deutschland sind immer mehr alte Menschen auf staatliche Grundsicherung angewiesen. Mehr als eine halbe Million Senioren waren davon im vergangenen Jahr betroffen. Laut Statistischem Bundesamt erhöht sich die Zahl der Bedürftigen um mehr als sieben Prozent – Jahr für Jahr. Das sei ein „unhaltbarer Zustand, der an Dynamik gewinnt“, sagt Ilse Müller, Vorsitzende des Bundesverbandes Rehabilitation (BDH), und ruft die Politik zu einer „Wende in der Rentenpolitik“ auf. „Unsere Gesellschaft darf nicht akzeptieren, dass die Grundsicherung zur Normalität einer wachsenden Zahl der Rentner wird. Die jüngsten Entwicklungen fallen derart fatal aus, dass deutlich wird, welch sozialer Sprengstoff in unserem Arbeitsmarkt verborgen liegt.“ Daher müssten „dringend die Auswüchse prekärer Beschäftigung“ überwunden und sozialversicherungspflichtige Jobs geschaffen werden. Andernfalls drohe der Rentenversicherung ein Fiasko. „Wachsende Zahlen von Grundsicherung sind das sichere Zeichen einer sozialen Schieflage“, legt Ilse Müller den Finger in die Wunde, die seit gut 20 Immer mehr Senioren sind auf Essensspenden und Suppenküchen angewiesen. Foto: Archiv Jahren von allen deutschen Regierungen immer weiter aufgerissen statt geschlossen wird. Deshalb solle das Rentenniveau „bei 50 Prozent eingefroren werden und nicht weiter absinken“, fordert die BDH-Vorsitzende. Sie rät ebenfalls zur vollständigen Angleichung der Mütterrenten. Darüber hinaus müsse es einen „gezielten Förderansatz armutsgefährdeter Gruppen“ geben, um die Rentenversicherung langfristig zu stärken. Armut betrifft häufig Alleinerziehende, Zuwanderer und Langzeitarbeitslose. „Angebote zur frühkindlichen Betreuung müssen sich stärker am beruflichen Alltag orientieren, Förderangebote gezielt Langzeitarbeitslosen dienen“, sagt Ilse Müller. Zur Not müsse ein öffentlicher Beschäftigungssektor diskutiert werden. „Wir stehen in der Pflicht, diese sozialen Bruchstellen zu kitten und Menschen in unserem Land stabilere Erwerbsbiografien anzubieten. Nur sichere Jobs schützen vor Armutsgefährdung, die jeder Sechste in unserem Land spürt“, setzt die BDH-Chefin hinzu. Was oft vergesssen wird: Für die Betroffenen ist nicht immer der Geldmangel das größte Problem, sondern dass sie mit einer umfassenden Entwertung ihres Lebens klarkommen müssen. Und in Marzahn-Hellersdorf ist besonders schlimm, dass sie wegen Personalmangels im Sozialamt oftmals auch noch monatelang auf ihren Bescheid warten müssen. R. Nachtmann Trotz mieser Bezahlung mehr Anwärter für Pflegeberufe Gemeinsam lehren, lernen und forschen Senats-Kampagne zur Altenpflege erfolgreich beendet ASH und Recura vereinbarten Kooperation Berlin – Er wollte für das Thema Altern sensibilisieren, die Altenpflege aufwerten, mehr Menschen für den Pflegeberuf begeistern. Deshalb startete Sozialsenator Mario Czaja im vergangenen April die Altenpflegekampagne „Gepflegt in die Zukunft“, die von sechs Prominenten – Désirée Nick, Ingo Appelt, Stefan Kretzschmar, Ross Antony, Arne Friedrich und Murat Topal – auf Plakaten und Flyern sowie in Werbespots begleitet wurde. „Das messbare Ziel unserer Kampagne war es, die Zahl der Auszubildenden um mindestens zehn Prozent zu steigern, zudem wollten wir mehr Aufmerksamkeit für den Pflegeberuf erzielen“, sagte Czaja beim nunmehrigen Ende der Aktion. Beides habe erreicht werden können. 2014 haben 2819 angehende Altenpflegerinnen und Altenpfleger ihre Ausbildung begonnen. Das entspricht einem Plus von 14,2 Prozent zum Vorjahr. Die dazugehörige Internetseite www.gepflegt-in-die-zukunft.de (sie bleibt auch weiterhin geschaltet) fand bis Ende des Jahres rund 55 000 Besucher. Czaja sieht darin einen „Beleg für die gestiegene Aufmerksamkeit“ für die Altenpflege. „Im zurückliegenden Jahr haben wir in der ambulanten Pflege die Praxisanleiter für die Betreuung von Azubis freigestellt und eine Vergütungserhöhung vereinbart. Und für 2015 haben wir gemeinsam mit den Kassen eine Vergütungssteigerung in Höhe von 3,53 Prozent mit den Anbietern vereinbart. Davon fließen 2,5 Prozent direkt an die Beschäftigten in der Altenpflege“, berichtet der Senator weiter. Außerdem sei vom Senat beschlossen, dass angehende Altenpflegerinnen und Altenpfleger in Berlin bald kein Schulgeld mehr zahlen müssen. BEZAHLUNG BLEIBT UNTER NIVEAU Auch wenn noch nicht genau dargelegt ist, was unter „bald“ zu verstehen sei, freut sich auch Martin Matz, Vorstand des Diakonischen Werkes Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz und Vorsitzender des Landespflegeausschusses, gerade über diesen Punkt sehr. „Manche Probleme werden uns leider noch erhalten bleiben“, setzt er hinzu ohne etwa die miserable Bezahlung von Pflegekräften explizit zu nennen. Fachkräfte in der Altenpflege in Berlin bekommen durchschnittlich 2270 Euro Bruttolohn (also etwa 1400 Euro netto), Helfer kriegen nicht mal 1600 brutto. Im Vergleich dazu erhalten Krankenpfleger gut 560 bzw 240 Euro mehr. Doris Windels-Buhr, Schulleiterin der Vitanas Akademie (Berufsfachschule für Altenpflege) spricht zwar davon, dass die professionelle Pflege von Kranken und Alten „vom Aufgabenprofil, von den Zukunftsaussichten, den Karrieremöglichkeiten und der gesellschaftlichen Bedeutung her ein wunderbarer und anspruchsvoller Beruf mit viel Verantwortung“ sei. Gleichzeitig weiß sie, dass dringend daran gearbeitet werden muss, „dass der Beruf mit seinem anspruchsvollen Profil in der Gesellschaft und besonders bei Schulabgängern bekannter“ wird. Am einfachsten und schnellsten ginge das wohl mit der Meldung, dass die in der Pflege Tätigen angemessen bezahlt werden. Dazu bräuchte es keine Kampagne mit Promis, dazu ist allein politischer Wille nötig. Den allerdings lässt auch der Pflegebeauftragte der Bundesregierung, Karl-Josef Laumann, mit seinem Mantra vom „Geld pflegt nicht“ nicht so recht erkennen. Ralf Nachtmann Hellersdorf – Ist von Sozialarbeitern die Rede, denken die meisten Menschen zunächst an Frauen und Männer, die sich mit dem Nachwuchs beschäftigen. Wer jedoch mit Rehabilitation und dem Übergang von medizinischer Betreuung zur Pflege konfrontiert ist, wird froh sein, auf einen kompetenten Sozialarbeiter zu treffen, um die zuweilen massiven Probleme bewältigen zu können. Damit dies künftig auf möglichst hohem Niveau geschieht, hat die Alice Salomon Hochschule für Soziale Arbeit, Gesundheit und Erziehung und Bildung im Kindesalter (so der komplette Name) eine Kooperation mit den Recura Kliniken (einer privaten Unternehmensgruppe im Sozial- und Gesundheitsbereich mit derzeit ca. 1600 Mitarbeitern in 15 Betrieben in Brandenburg, Berlin und Sachsen, Sitz in Beelitz-Heilstätten) vereinbart. Rektor Prof. Uwe Bettig sieht beide Partnet mit aktuellen Herausforderungen im Gesundheitswesen und in der Hochschule konfrontiert. Für die Unterstützung älterer Menschen, Multiprofessionalität im Case- und Gesundheitsmanagement sowie für die allgemeine Gesundheitsförde- rung wollen sie innovative Lösungen entwickeln und umsetzen. Bedarfsgerechte Weiterbildung und Qualifizierung von Beschäftigten und Wiedereinsteigern sowie Praktikumsmöglichkeiten stehen im Zentrum der Kooperation. Aber auch anwendungsorientierte Forschung haben sich die Kooperationspartner auf die Fahnen geschrieben. Matthias Adler, Direktor der Zentralen Dienste der Recura Kliniken, will als Lehrbeauftragter der ASH Studentinnen und Studenten „in allen administrativen Bereichen wie Personal Finanzen, Controlling, Qualitäts- und Risikomanagement und IT attraktive Einsatzfelder und Perspektiven für Praktika, Projektarbeiten und Berufseinstieg“ anbieten. Die Studierenden zeichneten sich insbesondere durch ihre Doppelqualifikation im Bereich Pflege/Therapie sowie Betriebswirtschaft aus, lobte Adler. Spannend werde die Kooperation für Absolventen der Hochschule. Gemeinsam entwickeln ASH und Klinken ein Trainee-Programm für den direkten Berufseinstieg besonders qualifizierter Studierender. R. Nachtmann Feuilleton jot w.d. 2/2015 Historisches Kalenderblatt: „Ich bin eine Bildhauerin für Menschen!“ Am 3. Februar 2015 jährte sich der 100. Geburtstag von Ingeborg Hunzinger. Anlässlich des Jubiläums zeigt die Galerie „Alte Schule“ an der Dörpfeldstraße 54-56 in Adlershof noch bis 28. Februar Werke der Berliner Bildhauerin. Die in Berlin als Tochter des Chemikers Hans-Heinrich Franck geborene Ingeborg Franck nahm nach dem Abitur ein Studium an der Kunstakademie in Charlottenburg auf. Nach zwei Jahren wurde ihr wegen der Zugehörigkeit zum Kommunistischen Bund von der Reichskulturkammer der weitere Besuch verwehrt. Sie begann in Würzburg eine Lehre bei einem Steinmetzmeister, die sie 1938 als Gesellin abschloss. Danach wurde sie im Atelierhaus in der Klosterstraße Schülerin beim Bildhauer Ludwig Kasper. Als Jüdin erhielt sie Berufsverbot und emigrierte1939 nach Italien, hielt sich zuerst in Florenz auf, später in Sizilien. 1942 zog sie nach Bergalingen, wo ihre Tochter Anna und ihr Sohn Gottlieb geboren wurden. Nachdem ihr Lebenspartner Helmut Ruhmer in den letzten Kriegstagen gestorben war, kehrte sie nach Deutschland zurück. An der Kunsthochschule Weißensee erhielt sie von 1950 bis 1951 eine Assistenzstelle, und bis 1953 war sie Meisterschülerin bei Fritz Cremer und Gustav Seitz an der Akademie der Künste der DDR. Danach arbeitete sie freiberuflich. Sie heiratete den Schlosser und Spanienkämpfer Adolf Hunzinger und bekam ihr drittes Kind, Tochter Rosita. In ihrem Atelier in Rahnsdorf entstanden auch etliche Kunstwerke für den Berliner Raum. Ihr bedeutendstes Werk ist das Relief „Block der Frauen“, das in der Rosenstraße an den Aufstand der mutigen Mütter und Ehefrauen gegen die Zwangsdeportationen ihrer jüdischen Männer erinnert. Im Bezirk Marzahn-Hellersdorf befinden sich acht Skulpturen, darunter die „Sinnende“ im Schlosspark Biesdorf (Foto: Archiv). „Das Paar“, das im Staudengarten in den Gärten der Welt steht, hat Frau Hunzinger dem Bezirk zum Geschenk gemacht. Die Rosa-Luxemburg-Büste war ihr letztes Werk. Ingeborg Hunzinger starb am 19. Juli 2009 im Alter von 94 Jahren in Berlin (siehe jot w.d. 8/2009). Karin Satke (Das Historische Kalenderblatt wird gemeinsam mit dem Heimatverein des Bezirks gestaltet.) 13 Krankheit geheilt, Patient tot Geschichten aus der Praxis eines Arztes Tragisches und Komisches findet sich oft dicht beieinander in dem Buch, in dem der bekannte Frankfurter Arzt Karl-Ludwig von Klitzing, geboren 1942, auf die vergangenen Jahrzehnte zurückblickt und aus seinem Berufsalltag vor und nach 1989 berichtet. Da gibt es eine Geschichte über einen Mann, der an Krebs erkrankt ist. Gemeinsam schaffen es Arzt und Patient, die tückische Krankheit zu besiegen, doch der Patient stirbt dennoch, weil sein Körper die Folgen der Therapie nicht vertragen hat. Ein anderer Mann ist mit nichts weiter als den uralten Hausschuhen eines verstorbenen Mitgefangenen aus der Kriegsgefangenschaft zurückgekommen. Niemals, auch später im deutschen Krankenhaus, trennt er sich von diesen Hausschuhen. Klitzing sorgt dafür, dass die alten Schlappen schließlich auch den alten Mann auf seinem letzten Weg begleiten. Dann erzählt der Autor von einer Sache, die man wohl niemals in einem Geschichtsbuch zu DDR-Zeiten gefunden hätte. Im April 1945 ergaben sich deutsche Soldaten in der Nähe von Greifenberg im heutigen Polen der Roten Armee. Der sowjetische Offizier, in dessen Bereich das passierte, hatte die Deutschen entweder absolut hassen gelernt oder keine Lust auf einen Papierkrieg im Zusammenhang mit der Gefangennahme. Also ließ er die Soldaten eine Grube ausheben und sie dann gruppenweise davor erschießen. Als ihm ein Gefangener deshalb ins Gesicht spuckte, zog er die Pistole und schoss. Das Opfer ließ sich in die Grube fallen und überlebte. Klitzing erzählt, wie der Mann dann viele Jahre mit dem Projektil im Körper lebte, welches sowohl Herz als auch Lunge gefährdete. Eine anrührende Geschichte erzählt von zwei alten Leutchen un- terschiedlichen Geschlechts, die sich im Krankenhaus kennen gelernt haben. Eines Morgens staunen die Schwestern nicht schlecht, als sie die beiden eng umschlungen und mit nichts außer der Bettdecke bedeckt gemeinsam in einer Schlafstätte finden. Fast für einen Witz könnte man die Erzählung über eine Mittvierzigerin halten. Die Mutter von vier Kindern litt zunehmend unter Atembeschwerden und darunter, dass sie ständig zunahm. Ihre Hausärztin kann sich die Gründe nicht erklären und überweist die Frau an verschiedene Fachärzte, die ebenfalls keine Erklärungen finden. Klitzing entdeckt den Grund: Die Frau ist im fortgeschrittenen Stadium schwanger. Voller Schauder erinnert sich Klitzing auch Jahre nach deren Ende an die Staatssicherheit. Alle im Krankenhaus hätten vor ihr Angst gehabt. Wer die nicht gezeigt hätte, stand im Verdacht, selbst dazuzugehören. Das hätten sowohl Ärzte, Schwestern und Pfleger als auch Kraftfahrer sein können. Fast kindliche Freude empfindet er, als er in einer Sprechstunde einen der ehemaligen Mitarbeiter entlarvt und hinterher weiß, dass der nie wieder zu ihm kommen wird. Hans Sandow Karl-Ludwig von Klitzing: Atemlos, vbb, 18,99 Euro. Schnupfnase mit Lampenfieber Kabarettistin und jot w.d.-Kolumnistin Dagmar Gelbke hat eine ganz eigene Meinung zur derzeitigen Islamdebatte und bereitet sich auf die „Heißen Zeiten“ vor Ist eigentlich noch jemand Charly – oder sind wir jetzt alle schon wieder Dschungel-Camper und Bachelor-Voyeure oder gar ein närrisches Volk? Ich fand die Solidarität nach dem abscheulichen Attentat auf das französische Satire-Magazin „Charly Hebdo“ sehr berührend, auch wenn ich mir eine ähnliche anlässlich der vielen anderen Attentate der vergangenen Jahre in anderen Ländern gewünscht hätte. Und jetzt, wo das „Je suis Charly“ der Vergangenheit angehört, ist letztendlich die alte Losung, der Islam gehöre zu Deutschland, wieder ver- stärkt in die Schlagzeilen manövriert worden. Wer aufmerksam meine Kolumnen verfolgt, weiß, dass ich die Migrationsdebatte sehr differenziert führe, schon aus wissenschaftlichem Ehrgeiz als Studentin der Kulturwissenschaften heraus. Ich stehe nicht auf dem Standpunkt, dass die Wurzeln des Christentums im Islam liegen, wie ich neulich bei einem iranischen Intellektuellen bei Facebook lesen und dem auch widersprechen musste. Als der Islam die Welt eroberte – im 7. Jahrhundert nach Christus - war das Christentum schon 200 Jahre Staatsreligion im zerfallenden Römischen Reich, dessen Wurzeln vor allem im griechisch-römischen Wertesystem lagen – und nicht bei den Persern. Die waren damals schon auf dem absteigenden Ast. Aber ist diese längst vergangene Vergangenheit so wichtig, dass man sie auf die politische Tagesordnung setzen muss? Nun, in Zeiten von Pegida und Legadadada und wie sie alle heißen, wohl schon. Also sage ich hier ganz offen: Nein, DER im Namen Allahs mordende Islam gehört nicht zu Deutschland. Und das würde ich gern öfters auch von muslimischen Mitbürgern hören, die selbstverständlich, wie Gläubige aller anderen Religionen auch, zu Deutschland gehören, wenn sie sich als Bürger dem Grundgesetz verpflichtet fühlen. Doch es gibt in Diskussionen mit Muslimen immer dieses: Ja, wir verurteilen solche Aktionen, aber ... Aber was? Karikaturen sollen verboten werden? Wenn nicht, muss man Verständnis haben, wenn gemordet wird? Ich rege mich dann immer sehr auf, weil auch diese Art von rückständiger Verbohrtheit immer mehr Menschen zu offen fremdenfeindlichen Demonstrationen treibt – auch wenn klar ist, dass die ganz genau so rückständig verbohrt sind. Allerdings zeigen diese Aufmärsche auch, wie gut es uns im Osten geht, wenn wir keine anderen Probleme haben, als die „Islamisierungs“quote von 0,0 (ich weiß nicht, wie viel Prozent hinter dem Komma). Ehrlich, ich schäme mich für diese Sachsen im Tal der Ahnungslosen. Und wahrscheinlich laufen alte Bekannte von mir in den Pegida-Reihen mit. Aber über so etwas wird in Datteln bei Castrop-Rauxel, wo ich für „Heiße Zeiten“ probe, nicht diskutiert. Datteln ist der größte Kanal- knotenpunkt der Welt, der Dattelner Meer genannt wird. Wer hätte das gedacht! Und das Katielli-Theater, wo ich an Weiberfastnacht Premiere haben werde, wurde nach Oma Kati und Oma Elli, die einst den Theaterleiter Bernd Julius Arends großzogen, benannt – ist das nicht hinreißend liebevoll? Überhaupt geht man da im Westen sehr lieb miteinander um – die Regisseurin bedankt sich nach jeder Probe. Bernd sagt uns jeden Tag, wie toll er uns findet – und ist selbst ein hinreißender Sänger und Komödiant. Wie meine Kolleginnen, die mit ihren tollen Stimmen meinen Ehrgeiz anstacheln und mich in Selbstzweifel stürzen. Vierstimmige Sätze habe ich lange nicht mehr singen müssen. Und was man lange nicht macht, verlernt man irgendwie schon. Peinlich auch, dass ich nicht mehr so schnell den Ablauf der Choreographien begreife wie früher. Gut, unsere neuseeländische Ballettchefin ist wunderbar chaotisch: „Also, wir machen one two three und dann Step bounce turn. Und dann machen wir das und dies und jenes.“ Leider sagt sie nicht, wann genau die jeweilige Bewegung stattfinden soll, das muss man einfach im Blut haben. Jedenfalls habe ich schreckliche Angst zu versagen. Vielleicht bin ich ja deshalb immer wieder erkältet, seit September alle vier Wochen. Ich glaube, es wird Zeit, dass ich mal wieder richtig verreise. Und nicht immer nur in Zügen und Bussen zwischen Berlin und Dortmund und Frankfurt hinund herpendele, was der Genesung nicht gerade dienlich ist. Ja, ja, die 65, die im Sommer mein Leben übernehmen wird, kündigt sich an. Apropos Alter: „Honig im Kopf“ ist einer der besten deutschen Filme, die ich in letzter Zeit gesehen habe. Haben Rita und ich geheult! Dieter Hallervorden ist großartig und so authentisch. Ich kann nur sagen, alle Preise der Welt für diesen Film! Und: Herbert Köfer wird am 17. Februar dieses Jahres seinen 94. Geburtstag auf der Bühne begehen, in „Rentner haben niemals Zeit“ in Ludwigsfelde. Leider ohne Ingeborg Krabbe, die beim Packen ihrer Tourneekoffer für just dieses Spektakel über ein Kabel in ihrem Haus gestolpert ist und seitdem nicht mehr laufen kann und der ich von hier – sicherlich im Namen aller jot w.d.Leser – baldige Genesung wünsche! Eure Dauerschnupfnase Daggie 14 jot w.d. 2/2015 Empfehlungen Humor und Parodie im „Kofferradio“ Es gab nicht nur den „Schwarzen Kanal“ Erinnerungen an den Orchesterchef und Klarinettisten Günter Gollasch Sonderausstellung zur Fernsehgeschichte der DDR Berlin – Einen immer größer werdenden Hörerstamm in aller Welt hat die Sendung „Kofferradio“ von und mit Moderator Siggi Trzoß. Zu empfangen jeden Sonnabend zwischen 14 und 15 Uhr über das Berliner Kabelnetz 92,6, Anntenne 88,4 und 90,7 sowie im Internet: www.alex-berlin.de, www.siggitrzoss.de. Am 7. Februar sind Ausschnitte von der 56. Schlagerstunde im „Judith Auer“ mit dem singenden Humoristen Harry Wuchtig zu hören. Die passende Sendung zum Fasching. Am 14. Februar ist die Sängerin Stefanie Simon zu Gast bei Siggi im Alex-Studio an der Voltastraße. Die Künstlerin, auch bekannt vom Duo „Steffi & Bert“, plaudert über ihr Leben und präsentiert ihre Schlager. Am 21. Februar gibt es ein Wiederhören von Hits, die vor 50 Jahren auf Platte und im Radio produziert wurden. U. a. „Mama“ (Bärbel Wachholz), „Pech für mich“ (Ingo Graf), „Ein Tag kann endlos sein“ (Brigitte Rabald“, „Sputnik Thema“ (Sputniks) und „Süßer Kuss im Mondenschein“ (Christian Schafrik). Die Geburtstagssendung geht am 28. Februar über den Sender. Die Wunschfavoriten und Titel wurden wie stets von der Hörerschaft bestimmt. Zu hören sind u.a. Schlager von Bully Buhlan, Rosemarie Ambé, Manfred Krug, Klaus Sommer, Wilfried Koplin, Lippi, Britt Kersten, Hartmut Eichler und Ruth Brandin. Am 7. März ist der tolle Stimmparodist Jörg Hammerschmidt zu Gast bei Trzoß. Außerdem wird in Wort und Musik an Günter Gollasch (Foto Dittmann) erinnert, der am 10. März 2011 kurz nach seinem 88. Geburtstag verstarb. I. Dittmann Wer sich erinnert, lebt zweimal. Diese Lebensweisheit hat sich in den vergangenen zwölf Jahren tausendfach bewahrheitet – in 23 Museen in 20 Städten. Mittlerweile fand die Wanderausstellung „Es gab nicht nur den schwarzen Kanal –Streiflichter aus 39 Jahren Adlershofer Fernsehjahren“ ihre 24. Station im Antennen-Spitzhaus des Sender- und Funktechnikmuseums in Königs Wusterhausen. Dort konnten seit der Eröffnung am 12. April 2014 bereits mehr als 1600 Besucher gezählt werden. Auch das prall gefüllte Gästebuch bestätigt: Es war richtig, im November 2002 den Grundstein für die Ausstellung zu legen, mit ihr auf Tournee zu gehen und sie stetig zu erweitern. Neben Original-Kostümen und Requisiten bekannter und beliebter Sendungen des DDR-Fernsehens (etwa „Willi Schwabes Rumpelkammer“) werden 110 Bildtafeln mit weit über 800 Fotos gezeigt. In Zukunft kommen viele Exponate der noch nicht eröffneten Technik-Schau hinzu. Wichtiger noch und unbezahlbar sind die vielen Gespräche und Plaudereien mit den Besuchern, durchaus nicht nur ehemalige DDR-Bürger. Die Sonderausstellung ist sonnabends und sonntags von 13 bis 17 Uhr auf dem Funkerberg in Königs Wusterhausen geöffnet. Info Tel. 03375-294 755. Horst Rentz Da werden Erinnerungen wach. Foto: Dittmann Im Land der Sehnsucht Lachssuppe vom Gitarristen Unter knisternden Vulkanen „hoher salon“ Armenien KochKunst aus Finnland „heller salon“ Ecuador Hohenschönhausen – Unter dem Motto „Armenien – Das Land der Sehnsucht“ findet am 27. Februar, 19.30 Uhr, im Humboldt-Haus, Warnitzer Straße 13A, der nächste „Hohe Salon“ statt. Im Mittelpunkt des interkulturellen Abends mit Musik, bildender Kunst und Kulinarischem, durch den Gastgeberin Alina MartirosjanPätzold führt, steht diesmal die Kunst und Kultur ihres Heimatlandes Armenien. An diesem Abend sind die in Berlin lebenden armenischen Künstler Nelly Schmalenberg, Stepan Gantralyan und Anahit Mkrtschyan zu Gast. Der Schauspieler, Regisseur und Liedermacher Stepan Gantralyan (Bild li.) erzählt über Land und Leute, trägt Gedichte vor und singt armenische Lieder. Dabei wird er von dem Gitarristen Mauricio Almanzor (Bild re., Foto: privat) begleitet. Die Pianistin Nelly Schmalenberg interpretiert auf dem Klavier klassische armenische Musik, darunter auch Werke von Aram Khatchaturian. Originalbilder von Anahit Mkrtschyan werden ausgestellt und sind käuflich zu erwerben. Kulinarische Spezialitäten aus Armenien stimmen auf den Abend ein. Eintritt 18, ermäßigt 15 Euro (incl. Speisen), Kartenreservierung Tel. 553 22 76. I. Dittmann Hohenschönhausen – Am 18. Februar lädt der Verein „Lebensmut“ zur nächsten Veranstaltung der Reihe „KochKunst“ in den Kieztreff „Falkenbogen“, Grevesmühlener Straße 20, ein. Zu Gast beim interkulturellen Kochen ist der finnische Sänger und Gitarrist Martin Welp (Foto: privat). Gastgeberin ist wie immer die charmante Alina Martirosjan-Pätzold. Gemeinsam mit Martin Welp stellt sie den Gästen eine finnische Lachssuppe vor, die zu den absoluten Lieblingsgerichten des Künstlers gehört. Das leckere Gericht wird gemeinsam vorbereitet und verspeist. Das Rezept kann dann zum Nachkochen am häuslichen Herd mitgenommen werden. Anschließend plaudert Martin Welp über Geschichte, Kultur und Einwohner seines Heimatlandes. Er erzählt etwas über die sicherlich wenig bekannte finnische Tangokultur, singt und spielt auf der Gitarre. Die Karten für diese Veranstaltung kosten 9 Euro (inklusive der Kostproben). Beginn 19.30 Uhr. Um Voranmeldung wird gebeten (Telefon 960 632 33). I. Dittmann Hellersdorf – Die traditionelle Kultur und Musik der Indios unhd Mestizen steht am 13. Februar im Mittelpunkt des „hellen salon“ im Kulturforum, Carola-NeherStraße 1. Gastgeberin Alina Martirosjan-Pätzold führt unter dem Motto „Ecuador – Unter knisternden Vulkanen“ durch den vom Kulturring organisierten Abend, der 19.30 Uhr beginnt. Alexander von Humboldt schrieb einst: „Die Ecuadorianer sind seltsame und einmalige Wesen – sie leben arm inmitten von unermesslichen Reichtümern und sie freuen sich über traurige Musik.“ Vorgestellt wird die traditionelle Musik, die so traurig gar nicht ist (vielleicht ein wenig melancholisch), vom Duo IntiYaku (Foto: privat). Aude Boucher aus Frankreich spielt dabei die erste Gitarre und der Sänger Fernando Velasco aus Ecuador die zweite Gitarre. Originalbilder aus Ecuador werden ausgestellt und sind käuflich zu erwerben. Kulinarische Spezialitäten aus der Küche Ecuadors stimmen auf den Abend ein. Eintritt 18 Euro (einschließlich Speisen), Karten-Vorbestellung: Tel. 553 22 76. I. Dittmann direkt – Briefe & Antworten jot w.d. 2/2015 Bezirkshaushalt wird transparenter Der Bezirkshaushaltsplan war bisher ein Dokument, welches in seiner Aufbereitung zwar sehr strukturiert und zweckmäßig, für Laien aber nur schwer verständlich ist. Die Fraktion der Piratenpartei in Marzahn-Hellersdorf brachte daher Ende 2013 die Forderung nach einer Visualisierung des Bezirkshaushaltsplanes in die BVV ein. Die neue Darstellung präsentiert die sonst trockenen und schwer verständlichen Haushaltsdaten in einfacher, leicht verständlicher und interaktiver Form. Menschen wird so die Möglichkeit gegeben, schnell auf den für sie interessanten Bereich zu filtern und sich ein 15 Nachweihnachtliches Gänseessen am Künstlerstammtisch Bild von den Haushaltszahlen des Bezirkes zu machen. „Mit der intuitiven Visualisierung des Bezirkshaushaltes ist ein weiterer Schritt zu mehr Nachvollziehbarkeit gemacht und politisch Interessierte können nun auch ohne Volkswirtschaftsstudium die Geldverteilung im Bezirk nachvollziehen“, sagt Fraktionsvorsitzender Steffen Ostehr. Die visualisierten Zahlen und weitere Informationen zum Haushalt MarzahnHellersdorfs sind hier zu finden: www.berlin.de/sen/finanzen/haushalt/ haushaltsplan/artikel.5697.php; auch Landeszahlen und die für andere Bezirke sind verzeichnet. K. Dobberke Baumfällungen strenger prüfen Zu mehreren Berichten in dieser Zeitung Die Berichte in dieser Zeitung über illegale Baumfällungen während der Vegetationsperiode (jot w.d. 5/2014 und 8/2014) haben nun doch einen Erfolg gezeitigt. Sie führten nämlich dazu, dass ein Antrag der Linksfraktion, der vom Bezirksamt fordert, „die rechtlichen Möglichkeiten der Durchsetzung des Sommerrodungsverbotes auszuschöpfen“, vom Plenum beschlossen werden ist. Der Antrag, der auch von den Bündnisgrünen unterstützt wurde, hatte bereits im Umweltausschuss bei nur drei Enthaltungen ein positives Votum gefunden. Die Forderung bezieht sich auch auf „eigene Baumaßnahmen“ des Bezirks, bei denen „Eingriffe in Gehölzbestände und andere Naturräume während der Vegetations- und Brutperiode“ vermieden werden sollen. Nun bleibt nur zu hoffen, dass sich die zuständigen Ämter auch an den Beschluss halten. Red. Türen nicht für Alle offen? Zum Tag der offenen Tür der Frauensporthalle Erst ließ Bezirksbürgermeister Stefan Komoß bei seinem „Prestigeprojekt“ die auf hohen technischem Stand befindliche FFM Halle aus dem Topf für die bauliche Unterhaltung von Schulen und Sportanlagen umbauen, und nun gibt es zur Eröffnung auch noch eine Mogelpackung. Da wird in großen Lettern kostenloses Probetraining für alle angeboten. Im Kleingedruckten sind dann aber von 17 Angeboten lediglich zwei für alle gedacht. Das sind statt versprochenen 100 Prozent magere 10. Ist das nicht wieder ein Fall für den Chef und Herrn der Zahlen im Bezirk? Es fehlt ja nur eine Null. Christoph Beyer Marzahn Anm.: Auf den Plakaten und Flyern zum genannten Tag der offenen Tür der Frauensporthalle, der am 24. Januar stattfand (einem Sonnabend, an dem die Halle eigentlich grundsätzlich allen Menschen offen steht), wurden halbstündige Probetrainings fast ausschließlich für Frauen und/oder Mädchen angeboten. Red. Räder smarter parken Wird nicht ständig ein Mangel an Fahrradstellplätzen beklagt? Wie wäre es mit diesem karussellartigen Vorschlag? Eingesandt von unserem LeserH.-P. Runge aus Alliston, Ontario/Kanada Zum nachweihnachtlichen Gänseessen trafen sich im Januar ausnehmend viele Mitglieder des „Künstlerstammtisches“ im Gasthaus Oberfeld in Kaulsdorf. Unter ihnen etwa Dagmar Frederic, Urte Blankenstein (Puppendoktor Pille), Dina Straat, Michael Hansen Gerd Christian oder Karin Maria. Und natürlich durfte der „Schlagerpapst“ Siegfried Trzoß (mitten in der Mitte) in dieser illustren Runde nicht fehlen. Vor kurzem war es ihm ja gelungen, der Ostrentner-Hauptpostille aus dem Burda-Hause eine etwas größere Geschichte und eine kleine Serie über die Ostkünstler vergangener Zeiten abzutrotzen. Und zwar ohne, dass es immer gleich um Krebs und Scheidung oder „Blut, Schweiß und Sperma“ gehen muss. Fein! Foto: Nachtmann jot w.d. 2/2015 Rennpappe schaffte es bis in die USA Moderator und Stammleser der jot w.d., Siegfried Trzoß, besuchte im Januar während seines Familienbesuches in San Diego (Kalifornien) auch die dortige Automobilausstellung und traute seinen Augen nicht: An bester Stelle positioniert und immer von den Besuchern bestaunt: Der „DDR-Trabbi“ samt Hinweis „Nicht anfassen“. Foto: Trzoß Die Schändlichen Unionsvertreter düpieren Shoa-Überlebenden in der BVV Zwei Dinge vorweg: Einem fast Neunzigjährigen darf man zumindest ein kleinwenig so genannten Altersstarrsinn zugestehen. Ein Auschwitzüberlebender darf ohne Not seine Sicht auf die politischen Folgen und Nachfolgen des Zweiten Weltkrieges darlegen. Das tat Horst Selbiger, ehemaliger NS-Zwangsarbeiter, ehemaliger Auschwitz-Häftling. Anlässlich des Gedenktages der Opfer des Nationalsozialismus (27. Januar) sprach er zwei Tage später in der Feierstunde der Bezirksverordneten-Versammlung. Als einer der letzten Überlebenden berichtete er von den fast 7000 halbverhungerten, verängstigten, frierenden Häftlingen, deren einige gegen drei Uhr nachmittags beim Anblick zweier vermummter Gestalten, die auf das Lagertor zukamen, ein Freudenschrei entfuhr: „Die Russen sind da.“ Selbiger erinnerte auch daran, dass bei den Kämpfen dort zuvor etwa 300 Sowjetsoldaten gefallen waren. 300 von insgesamt 20 Millionen Soldaten und Zivilisten der Sowjetunion, die Opfer des faschistischen Rassenkrieges und der Befreiung Europas vom Faschismus wurden. Das bitte möge die Bundesregierung bei ihrem Umgang mit dem Ukraine-Konflikt auch bedenken, forderte Selbiger. Hinsichtlich des diesjährigen Gedenkens in Deutschland und Polen dürfte es nicht heißen: „Böser Putin, guter Gauck.“ Dies veranlasste Carsten Wilke von der CDU-Fraktion, den Saal zu verlassen. Selbiger erzählte ohne auftragendes Pathos von seinen Erlebnissen während der stetig wachsenden Ausgrenzung und Verfolgung der Juden in Nazideutschland. Schon als kleiner Junge, eingeschult 1934, „war ich der Itzig und die Judensau“. Von den 62 Trägern des Namens Selbiger in Berlin (er sagte nicht: aus meiner Familie) wurden 61 ermordet, das jüngste Opfer war sechs Monate, das älteste 83 Jahre. Selbiger lernte das Leben in „Judenhäusern“ kennen, musste Zwangsarbeit verrichten, 5 erlebte den Frauenprotest an der Rosenstraße. Bei der so genannten Fabrikaktion wurden 6000 Juden in die ehemalige Synagoge gesperrt. „Draußen standen Frauen und klatschten Beifall“, erinnert sich der alte Mann. Überleben. „In der Nacht zum 9. Mai geschah ein neuerliches Wunder“, erzält er. „Aus den übelsten faschistischen Verbrechern wurden plötzlich Demokraten, und keiner hat von irgendetwas gewusst.“ Dass die westdeutsche Republik von NS-Verbrechern aufgebaut wurde – vom Bundestag bis ins kleinste Ministerium – hat ihn damals so schockiert, dass er den Weg in die andere deutsche Republik suchte, „deren proklamiertes Ziel der Aufbau einer demokratischen antifaschistischen Gesellschaft“ war. Seine Enttäuschungen aus diesem Land hielt Horst Selbiger zurück, sprach umso mehr über die NS-verseuchte frühe Bundesrepublik. Schade. Doch das durfte dennoch kein Grund sein, jeglichen Anstand fahren zu lassen und Selbiger öffentlich am Mikrofon darauf „hinzuweisen“, dass wir heute in einer Demokratie leben, in der es erlaubt ist, Menschen wie den russischen Präsidenten Wladimir Putin für sein Handeln öffentlich zu kritisieren. Das hätte Kathrin Bernikas, die sonst so feinsinnige BVV-Vorsteherin, nicht tun sollen, nicht auf diese Art, selbst wenn sie in der Sache Recht hat. Denn was hatte Selbiger kurz zuvor berichtet? Er habe sich nie vorstellen können, dass 70 Jahre später auf deutschen Straßen skandiert wird: „Jude, Jude, feiges Schwein, komm heraus und kämpf allein“ oder „Hamas, Hamas, Juden ins Gas“. Auch darüber sollte der CDU-Kreisvorsitzende mit Herrn Wilke und Frau Bernikas noch einmal reden. R. Nachtmann (Nur zur Ergänzung: Die NPD-Verordneten waren der Feierstunde von vornherein ferngeblieben.) Letzte Seite Eine einfache Erklärung für Bescheuertes Ein Israeli namens Friedländer, der sich gründlich mit dem Los von Juden unter Hitler beschäftigte, fasste seine Erkenntnis so zusammen: Hitler kannte keine Juden, nur „den“ Juden. Einfach genial in der Kürze, diese Weisheit. So könnte man es sich sehr einfach machen und den Patriotischen Europäern unterstellen, sie kennen in der Dresdner Provinz keine Muslime, sondern nur „den“ Islamisten. Oder den Westeuropäern, sie kennen keine Russen, sondern nur „den“ Russen. Und so weiter. Aber: Wir alle werden wohl ohne Ausnahme vereinfachen (so wie ich gerade in meinem Urteil über die Pegida-Jünger), wenn wir etwas nicht genau kennen oder es eben nicht genau wissen wollen. So bekommt bei schlichteren Gemütern „der“ Afrikaner den Stempel „faul“, ebenso der ewiglich Siesta machende Spanier. Die Roma betteln, die Albaner haben es mit der Blutrache, die Tschetschenen ziehen immer gleich das Messer. Und die Muslime erniedrigen religionsbedingt ihre Frauen. Oder „der“ Asylant, egal weshalb hier oder woher, will vor allem eins: Unser schönes Leben abgreifen. Sagen jene, denen das eigene Leben häufig gar nicht so schön vorkommt: Zu viel Arbeit, oder zu wenig Geld, zu wenig Ruhe, oder zu viel Langeweile, zu wenig Zuwendung „der“ Politiker, zu viel Regierungsnähe in „den“ Medien. Alles über einen Kamm geschoren ist nun mal einfacher als ein wenig genauer hinsehen. Damit schere ich „den“ Rassisten über einen Kamm mit „den“ ewigen Meckerköppen und „den“ ewig aufmüpfigen Widerstandshelden, die es am Rande, leider wenig zahlreich, zum Glück aber immer wieder gibt. Die großen Vereinfacher gibt es in allen politischen Lagern, allen Religionen, und sie kommen in allen nationalen Schattierungen vor. Welche Medizin hilft gegen diese Krankheit ohne schädliche Nebenwirkungen? Die Neugier auf die bisher unheimlichen Fremden, der fragende Blick auf gut gepflegte Feindschaften (so man welche pflegt), der Mut zur Wanderung in eine unbekannte Finsternis. Zum Zwecke der Erleuchtung, versteht sich. Denn am Anfang der Zivilisation im Abendlande stand die Aufklärung. Dazu gehörte der wache Blick über den eigenen Horizont ins zivilisierte Morgenland mit seiner chinesischen Kultur, den indischen Palästen, zu den Wurzeln aller Weltreligionen. Der fortwährende Zweifel an allem - als Maxime eines gewissen Karl Marx - wird jedem Bürger auch Angst einhauchen: Das Leben wird dadurch zerbrechlich, ohne verlässliche Gewissheiten, Chaos droht womöglich. Den Kleinmütigen wiederum half stets die eine Wundermedizin: Gleichschritt und Gebrüll im Aufmarsch Gleichgesonnener, gemeinsam Feind besiegen. Freilich mit den zum Glück noch weithin bekannten schlimmen Nebenwirkungen. Euer Schwejk ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ Heimatländisches jot w.d.-Preisrätsel E N E B U T S T 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 I T I D L S R E S E R G Es sind Orte mit zehn Buchstaben folgender Bedeutung zu finden: 1. historische Kleinstadt an der Tauber, 2. hier befindet sich der Führungsbunker Harnekop, 3. Ort mit Bergbauwanderpfad in Thüringen, 4. hier steht Brandenburgs schönste Burg, 5. sehn wir uns nicht in dieser Welt, dann sehn wir uns in ..., 6. Ziel (fast) aller Touristen aus den USA, 7. Berliner Stadtteil mit deutsch-russ. Museum, 8. Oberst Petershagen rettete diese Stadt, 9. hier gibts zum Einkaufen die „Kö“, 10. hier steht Europas längste Burganlage. Die Buchstaben in den markierten Feldern ergeben – neu sortiert – eine andere Bezeichnung für überall. Schicken Sie Ihre Lösung bis 28. Februar (Poststempel) an jot w.d., Müllerstr. 45, 12623 Berlin, Kennwort Rätsel, und gewinnen Sie u.a. einen Gutschein (auch für mehrere Personen) für die Nutzung der Minigolfanlage Wittenberger Straße 50. Auflösung des Preisrätsels aus jot w.d. 1/2015: 1. Penderecki, 2. Bibliothek, 3. Biographie, 4. Regentrude, 5. Sängerfest, 6. Jugendstil, 7. Ölschinken, 8. Dramatiker, 9. Babelsberg, 10. Chorleiter. Das Lösungswort lautete: Kinderoper. Die Preise gingen per Post an die Gewinner. Herzlichen Glückwunsch! ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ Die jüngsten Mitteilungen des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung, einer der größten außeruniversitären Forschungseinrichtungen der Stadt, enthalten einen interessanten Artikel des Soziologen Marcel Helbig. Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der Projektgruppe der Präsidentin Prof. Jutta Allmendinger. Helbig verweist darin unter anderem auf eine Studie über die deutsche Elite. Interessante Fakten, die wenig Aufsehen erreg- Deutsche Elite! ten. 2,8 Prozent aller Entscheidungsträger in Deutschland stammen aus Ostdeutschland. Bei gleichen Chancen sollte dieser Anteil eigentlich rund 17 Prozent betragen. In einzelnen Bereichen sehe es noch düsterer aus, konstatiert der Wissenschaftler. Anteil Ostdeutscher bei den Wirtschaftseliten: 0 Prozent, bei den Wirtschaftsver- bänden: 0 Prozent, in der Justiz: 0 Prozent, im Militär: 0 Prozent, in den Medien: 0 Prozent, in den Gewerkschaften: 0 Prozent. Sonstige Eliten: 0 Prozent, Wissenschaft: 2,5 Prozent, Verwaltung: 4,3 Prozent. Einzig bei der Politik (13,8 Prozent) und – man höre – bei den Kirchen (16,7 Prozent) sind Ostdeutsche nur unwesentlich unterreprä- sentiert. (Wobei man bedenken sollte, dass das Verhältnis von Politik und Elite nicht zwingend ein kongruentes ist.) Damit bestätigt Helbig nicht nur ein latentes Gefühl der „Zweitklassigkeit“ im Osten der Republik. Die Zahlen sollte man bei den bevorstehenden Jubelfeiern anlässlich des 25. Jahrestages der deutschen Einheit auch im Hinterkopf haben. Für Interessen an der Studie: email: marcel.helbig@wzb.eu. R. Nachtmann