1.10 Zeitgemässe Kalkulation im KMU
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1.10 Zeitgemässe Kalkulation im KMU
1.10 Zeitgemässe Kalkulation im KMU 41 «It’s fun to do business, but it’s no fun to do business for fun.» (Es macht Spass, Geschäfte zu machen, aber es macht keinen Spass, Geschäfte spasseshalber zu machen.) Tom Grissom, Chicago 1.10 Zeitgemässe Kalkulation im KMU Wozu und wie kalkulieren? Die Kalkulation ist ein zentrales Thema in jedem Unternehmen. Wir kalkulieren, um zu wissen, zu welchem Preis wir eine Leistung anbieten und verkaufen sollen (Vorkal kulation), und wir kalkulieren, um zu wissen, ob wir dabei auch etwas verdient haben (Nachkalkulation). Doch in der Kalkulation sind Widersprüche enthalten, die für den Unternehmer verwirrend sein können. Es sind im Wesentlichen nicht seine Probleme, sie sind vielmehr theoretischer Natur, aber er bekommt die Auswirkungen zu spüren. Es beginnt bei den Definitionen. Aufwand und Kosten – aus Sicht des Unternehmers die gleichen Faktoren – haben unterschiedliche Bedeutungen. Es ist für ihn nicht na heliegend, dass er einen Ertrag hat, der sich vom Umsatz unterscheidet, und einen Aufwand, der mit den Kosten nicht identisch ist. Dazu kommt, dass er die sich anschei nend widersprechenden Begriffe oft aus dem gleichen Jahresabschluss entnimmt. Nicht jeder Gewinn ist ein Gewinn! Es erklärt der Buchhalter dem Unternehmer, dass er mit dem Produkt «X» oder Auftrag «Y» keinen Gewinn mache. Der Unternehmer jedoch, der Nachfrage und seinem Marktgespür folgend, steigert den Absatz dieser Leistungen und weist am Ende des Jahres einen erfreulichen Gewinn aus. Wer hat nun Recht, der Buchhalter oder der Unternehmer? Auf der anderen Seite gibt es auch Geschichten über vorkalkulierte «Gewinnobjekte», die zum Ruin des Unternehmens führten. Natürlich lässt sich sagen, dies sei nur eine Sache des richtigen Verstehens der Begriffe. Doch der Unternehmer ist kein Buchhalter, wohl aber derjenige, der die Entscheidungen für das Unternehmen treffen muss. So entscheidet er sich für das, was für ihn stimmt, und das ist, so praktiziert, ein Zufallstreffer. Die Kalkulation hatte ursprünglich den Zweck, den kostendeckenden Verkaufspreis zu ermitteln. Die Kosten dienten der Berechnung des anzubietenden Preises und da bei ging es in erster Linie um die «gerechte» Umlegung der Kostenarten über die Kostenstellen auf die Kostenträger. So entstand die Zuschlagskalkulation, deren Aufga be es war, den Vollkostenpreis festzulegen. Dies ist auch heute noch so, aber die Pro blemstellung müsste anders formuliert werden. Im Käufermarkt (siehe auch Kapitel 1.9), wie er in den meisten Branchen der Normalfall ist, hat der Vollkostenpreis häufig lediglich einen informatorischen Wert. Was unser Verhalten und unsere Strategien bestimmt, ist der Marktpreis. Jedes Produkt und jede Dienstleistung haben auf Grund 42 Teil 1 Führung und Betriebswirtschaft im KMU des Nutzens 21 für den Käufer einen Wert, den wir angesichts des herrschenden (Über-)Angebots als Marktwert bezeichnen. Es ist der Preis, den die Kundschaft in einem bestimmten Marktsegment für die angebotene Leistung – unter Berücksichti gung zeitlicher, qualitativer, quantitativer und psychologischer Aspekte – zu zahlen bereit ist. In einer solchen Situation ist es eine erweiterte und erstrangige Aufgabe der Kalkula tion, Informationen zur Verfügung zu stellen, mit denen sich die Unternehmerschaft Klarheit über die folgenden Punkte verschaffen kann: • Können wir zu diesem Marktpreis anbieten? Welche Konsequenzen hat dies? • Zu welchen Schlussfolgerungen führen diese Erkenntnisse? • Was muss getan werden, um in diesem Markt zu bestehen? (Sortiments politik, Investitionspolitik, Unternehmensgrösse, Diversifikationsüber legungen, Make-or-buy-Erwägungen, Standortfragen, Ausstiegsüber legungen etc.) Für solche Überlegungen sind die schwerpunktmässig in der Vollkostenrechnung eingesetzten Instrumente nicht geeignet. Die BWL kennt Alternativen, aber ihr Stel lenwert wurde den veränderten Rahmenbedingungen der Praxis, zumindest in Bezug auf die Kleinunternehmen, nicht gebührend angepasst. Eine Lösung stellt die Deckungsbeitragsrechnung dar, wie sie in Kapitel 3.7 als «Ent scheidungskalkulation» präsentiert und anhand von Beispielen behandelt wird. Grundsätzlich geht es darum, dass wir mit einer Leistung bzw. einem Auftrag keinen Gewinn erwirtschaften, sondern einen Deckungsbeitrag generieren. Erst die Summe aller Deckungsbeiträge in Gegenüberstellung zu den Gemeinkosten entscheidet über Gewinn und Verlust. Diese Tatsache, die an sich nichts Neues ist, bildet die erweiterte Aufgabe der Kalkulation. Sie soll sicherstellen, dass wir die für unser Unternehmen richtig positionierten Aufträge annehmen und andererseits nicht mit sogenannten «gewinnbringenden» Produkten Schiffbruch erleiden, weil die tatsächliche Absatz menge den Annahmen nicht entspricht. Nutzen = Befriedigung der Bedürfnisse des Kunden. Diese Bedürfnisse können funktionell oder psychologisch sein, so z. B. auch das Freizeitbedürfnis, Geltungsbedürfnis etc. 21