Legamus! Lateinisches Lesebuch

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Legamus! Lateinisches Lesebuch
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Oldenbourg
Lateinisches Lesebuch 1
Das Lehrwerk
Michael Hotz, Matthias Lausmann, Sven Lorenz
(Herausgeber)
Legamus!
Lateinisches Lesebuch
Ausgabe für alle Bundesländer
Schülerbuch 1
➞ erscheint im Frühjahr 2012
256 Seiten, gebunden
ISBN 978-3-637-01287-5, E 21,95
Arbeitsheft 1 ➞ erscheint im Frühjahr 2012
64 Seiten, DIN A4,
Beilage: Lösungen (16 Seiten), geheftet
ISBN 978-3-637-01292-9, E 8,95
Lehrermaterialien 1 * ➞ ersch. im Frühjahr 2012
Ca. 200 Seiten, DIN A4, mit CD-ROM,
Loseblattsammlung
ISBN 978-3-637-01294-3, E 16, –
Das Lehrwerk ist auf 2 Bände angelegt;
Band 2 erscheint 2013
*Oldenbourg:bsv-Ordner zu den Lehrermaterialien
Best.-Nr. 00974-5, E 5,–
Legamus! Lateinisches Lesebuch
Inhalte zu Band 1 in diesem Teilabdruck
Konzeption
2
Inhaltsverzeichnis »Legamus!« Band 1
4
Kapitel Caesar: De bello Gallico
5 – 30
Konzept des Arbeitsheftes
31
Probeseiten aus dem Arbeitsheft
32 – 34
Kapitel Martial: Epigramme
35 – 54
Konzept der Lehrermaterialien
55
Probeseiten aus den Lehrermaterialien
56 f.
1
Das Konzept
»Legamus!« Lateinisches Lesebuch (Band 1)
ist ein Komplettpaket für den Lateinunterricht in
Jahrgangsstufe 9. Die Schüler/-innen arbeiten
das gesamte Schuljahr mit einem einzigen Buch.
Vervollständigt wird das neue Lehrwerk durch ein
Arbeitsheft zur Spracharbeit und Lehrermaterialien mit CD-ROM.
Alles in einem Buch
Das Lesebuch enthält antike Texte ebenso wie
solche aus Mittelalter und Neuzeit, die unverzichtbaren Klassiker ebenso wie Vergnügliches
für zwischendurch. Die Auswahl deckt die Lehrpläne aller Bundesländer ab.
Die Kapitel sind chronologisch angeordnet. Die
Lernenden erhalten so einen klar strukturierten Überblick über die lateinische Literaturgeschichte, unterstützt durch ansprechende und
altersgemäße Informationstexte. Ein praktisches
Verweissystem ermöglicht Flexibilität bei der
Zusammenstellung von Lektüresequenzen – und
hilft den Lernenden, ein vernetztes Wissen aufzubauen.
Kompetenzorientierung
Legamus! bietet zahlreiche Möglichkeiten für
kompetenzorientierten Unterricht und eigenständiges Arbeiten der Schüler/-innen: Am Ende jedes
Kapitels ist das Grundwissen zusammengefasst;
Kompetenzseiten im Anhang vermitteln Methoden – von der Satzanalyse bis zur Gedichtinterpretation.
Integriertes Wörterbuch
Ein Wörterbuch-Anhang sorgt in Band 1 für die
gezielte Einführung in die Grundlagen der Wörterbucharbeit. Er enthält den Lernwortschatz zu
jedem Text, abgestimmt auf alle gängigen Lehrbücher. Jeder Text von Legamus! kann daher im
Anschluss an jedes gängige Lehrwerke eingesetzt
werden.
2
Anschauliche und
motivierende Einstiege
»verzaubern« Ihre
Schülerinnen und Schüler.
Farbige Kästen
bieten Hilfen zu
Grammatik, Inhalt
und Kontext –
kompakt und
übersichtlich.
56
Die römische Republik
c. 3 Der Tod des Vogels
3
6
9
12
15
18
Lugete, o Veneres Cupidinesque,
et quantum est hominum venustiorum:
Passer mortuus est meae puellae,
passer, deliciae meae puellae,
quem plus illa oculis suis amabat.
Nam mellitus erat suamque norat
ipsam tam bene quam puella matrem,
nec sese a gremio illius movebat,
sed circumsiliens modo huc modo illuc
ad solam dominam usque pipiabat.
Qui nunc it per iter tenebricosum
illuc, unde negant redire quemquam.
At vobis male sit, malae tenebrae
Orci, quae omnia bella devoratis:
Tam bellum mihi passerem abstulistis.
O factum male! O miselle passer!
Tua nunc opera meae puellae
endo turgiduli rubent ocelli.
i
Rätselkategorien
Rätsel verschlüsseln stets eine Lös
Die eine Kategorie beinhaltet die Sachr
einen Begriff, der durch seine Eigenscha
die Worträtsel, wo durch die Veränder
1 lugēre trauern – 2 venustus
(lieb)reizend
– 3entdeckt
passer werden
wortes weitere
Wörter
LW c. 2 – 4 dēliciae LW c. 2 – 6 mellı̄tus süß – nōrat ~ nōverat
er kannte – 8 gremium Schoß – 9 circumsilı̄re herumhüpfen – modo … modo LW c. 1 – 10 pı̄piāre piepsen – 11 tenebricōsus dunkel – 12 unde negant redı̄re quemquam von
wo, wie man sagt, niemand zurückkehrt – 13 male esse
schlecht ergehen – 14 dēvorāre verschlingen – 16 misellus ~
miser – 18 turgidulus geschwollen – rubēre rot sein
i
Die Adressaten von c. 3
Die Liebesgöttin Venus (-eris) wird oft gemeinsam mit ihrem Sohn, dem Liebesgott Cupido
(-inis, oder Amor, -oris) oder auch mit mehreren Liebesgöttern (Cupidines) dargestellt. Wenn Catull hier
beide Namen in den Plural setzt, betont er offenbar,
dass sämtliche „Liebesgöttinnen und Liebesgötter“
zur Trauer aufgerufen werden.
Am Ende des Gedichts klagt Catull zudem – wie es in
lateinischen Trauergedichten häufig vorkommt – den
Orcus, das Totenreich, an.
S Suche je ein Beispiel für den Genitiv des geteilten
Ganzen (genitivus partitivus) und den Ablativ des Vergleichs (ablativus comparationis) heraus.
S
Diminutivformen
Das Lateinische bildet Verkleinerungsformen
sogar von Adjektiven; hier kommen die Diminutiva
misellus, turgidulus und ocellus vor. Genau genommen sind zudem bellus und puella Diminutiva (auch
wenn die nicht verkleinerte Form puera selten ist).
Erkläre, welche Wirkung diese Formen in c. 3 auf den
Leser haben. Versuche ihren Effekt in deiner Übersetzung nachzuahmen.
■ Das Mosaik zeigt Venus mit Liebesgöttern.
Erkläre, warum sich Venus und ihre Söhne besonders gut als Adressaten von Catulls Gedicht eignen.
Im 1. Jahrhundert n. Chr. verfasste Plinius der Ältere seine Naturgeschichte (Naturalis Historia), eine Enzyklopädie des antiken naturwissenschaftlichen und kulturellen Wissens. Darin äußert er sich auch zur Lebenszeit
der Vogelarten (Nat. hist. 10.107). Erläutere, vor welchen Schwierigkeiten wir stehen, wenn wir den Vogel heute
genau bestimmen wollen:
Die Tauben (columbae) und Turteltauben (turtures) werden beide acht Jahre alt. Dagegen hat der Sperling (passer), der eine ebenso stark ausgeprägte Neigung zur Begattung zeigt, nur ein sehr kurzes Leben: Es wird bestritten, dass die Männchen länger als ein Jahr leben. Beweisen will man das dadurch, dass am Beginn des Frühlings
keine schwarze Färbung ihres Schnabels zu sehen ist, wie sie im Sommer aufzutreten beginnt. Die Weibchen
haben eine etwas längere Lebenszeit.
➝ passer und columba bei Martial: S. 115
➝ AH: Funktionen des Ablativs: S. ***
➝ Kompetenzseiten: Textvergleich: S. 218
➝ AH: Funktionen des Genitivs: S. ***
Lateinische Rätsel
201
Die römische Kaiserzeit
arcus caelestis – fulmen –
Iuppiter – magus –
nebula – nox – somnium –
speculum – umbra
74Sie Die
römische
Kaiserzeit
sung, die gefunden werden soll.
lassen
sich in zwei
Gruppen einteilen.
rätsel (zu diesen gehören die Aenigmata des Symphosius): Man sucht
aften oder sein Aussehen umschrieben wird. Die andere Gruppe umfasst
rung des Silben- oder Buchstabenbestandes eines gefundenen Lösungsn müssen (sogenannte Logogriphen).
Mit seinem Sieg im Bürgerkrieg wurde Caesars
Die römische Kaiserzeit
Neffe und Adoptivsohn Octavian zum alleinigen
Machthaber in Rom. Als der Senat ihm im Jahr
27 v. Chr. den Ehrentitel Augustus („der Erhabene“) verlieh, markierte dies das Ende der Republik und den Beginn des Prinzipats, also der
römischen Kaiserzeit. Augustus selbst bemühte
sich, keinesfalls den Eindruck einer Alleinherrschaft entstehen zu lassen. Die Einrichtungen der
Republik blieben erhalten, und er selbst stellte
sich allein als princeps senatus („führender Mann
im Senat“) bzw. primus inter pares („Erster unter
Gleichen“) dar. Tatsächlich war er aber der unumschränkte Herrscher.
So unerbittlich Octavian sich im Bürgerkrieg
durchgesetzt hatte, so friedvoll war die Regierungszeit des Augustus († 14 n. Chr.). Rom erlebte eine Zeit des Friedens und der Stabilität, die
als pax Augusta bezeichnet wurde und als deren
Grundlage der Herrscher den mos maiorum („Sitte der Vorfahren“) proklamierte. Berühmt ist diese
Zeit auch wegen der orierenden Kultur. In Rom
entstanden prächtige Bauten, und viele bedeutende Schriftsteller verfassten Werke, die bis heute
zur Weltliteratur gehören. Hier ist z. B. der Historiker Livius zu nennen, der eine römische Geschichte „Von der Gründung der Stadt“ verfasste
(Ab urbe condita). Besondere Bedeutung erlangten
die Dichter der augusteischen Zeit (vgl. auch InfoBox), wie z. B. Vergil, Horaz oder Ovid, dessen
Liebesdichtung allerdings nicht in jeder Hinsicht
den Vorstellungen des Augustus von guten Sitten
entsprochen haben dürfte.
Man teilt die römische Kaiserzeit – ebenso wie
die Republik – in drei Phasen ein: die frühe, die
mittlere und die späte Kaiserzeit. In der frühen
Kaiserzeit (1. Jh. n. Chr.) wurde der Prinzipat
in Rom gefestigt – was unter einigen Kaisern jedoch in eine Gewaltherrschaft ausartete. Besonders berüchtigt ist Kaiser Nero (Regierungszeit
54 – 68 n. Chr.), dem sogar angelastet wurde, er
habe Rom in Brand gesteckt. Dies dürfte zwar
nicht den Tatsachen entsprechen, und der Beginn
von Neros Regierung unter dem Einuss seines
Lehrers, des berühmten Philosophen Seneca, war
vielversprechend. Aber Nero scheint im Laufe
seiner Herrschaft verrückt geworden zu sein und
entwickelte sich zum kaltblütigen Mörder – man
spricht in solchen Fällen auch von Cäsarenwahnsinn. Mit Neros Tod endete die Herrschaft der julisch-claudischen Dynastie (also von Mitgliedern
Zu jeder Epoche
wird auf zwei Seiten
eine informative
Einführung geboten.
Zentrale Elemente des
Grundwissens sind farbig
hervorgehoben.
➝ Geschichte der römischen Republik: S. 6
➝ die Eröffnung des Kolosseums: S. 128
Neben den Schriften des bereits erwähnten Philosophen Seneca ist der Roman Satyrica des Petron zu nennen, der wohl ebenfalls zur Zeit Neros lebte. Wichtige Werke der Dichtung sind die
Versfabeln des Phaedrus und die Epigramme
Martials, der unter anderem seinem Kaiser Domitian etliche Lobgedichte schrieb. Wie sich Martial
angesichts dieser Texte fühlte, als Domitian infolge einer Verschwörung ermordet und öffentlich
zum Tyrannen erklärt worden war, wissen wir
nicht. Domitians Mörder setzten jedenfalls Nerva
(96 – 98 n. Chr.) als Kaiser ein, auf den dann Trajan
(98 – 117 n. Chr.) folgte. Beide wurden vor allem
von ihren Zeitgenossen Plinius dem Jüngeren,
von dem Sammlungen mit Briefen erhalten sind,
sowie dem Geschichtsschreiber Tacitus als perfekte Herrscher und Begründer einer neuen freiheitlich geprägten Zeit gepriesen.
Mit diesen principes beginnt die sogenannte mittlere Kaiserzeit (2./3. Jh. n. Chr.), in der das imperium Romanum unter Trajan seine größte Ausdehnung hatte. Kaiser Hadrian (117 – 138 n. Chr.)
bemühte sich dann darum, das Reich in seiner
Größe zu erhalten. So sicherte er durch den Bau
des Limes die Grenzen in Germanien und ordnete
die Errichtung des Hadrianswalls an der Nordgrenze des Reiches in Britannien an.
Langsam gewann das immer stärker aufkommende Christentum an Bedeutung. Nero hatte die Anhänger der neuen Religion grausam verfolgt, und
lange Zeit blieb die Situation der Christen im römischen Reich gefährlich. Von deren Verfolgung
zeugt unter anderem ein bewegender Bericht der
Märtyrerin Perpetua. Erst Kaiser Konstantin
sorgte mit dem sogenannten Toleranzedikt von
Mailand (313 n. Chr.) für ein Ende der Christenverfolgung. Noch im 4. Jahrhundert wurde das
Christentum Staatsreligion.
In der späten Kaiserzeit (4./5. Jh. n. Chr.) kam es
zum Niedergang der römischen Vormachtstellung
und schließlich zur Teilung des Reiches in Westund Ostrom. Unter dem Druck der Hunnen sowie
gotischer Stämme und mit der Absetzung des letzten Kaisers Romulus Augustulus ging 476 n. Chr.
das weströmische Reich unter – ein Ereignis, das
man oft als Ende des römischen Reiches bezeichnet. Das byzantinische Reich, der Nachfolger des
der Familien der Iulii und deroströmischen
Claudii) überReiches,
Rom. bestand jedoch noch bis ins
fort. In Mitteleuropa setzten sich
Nach weiteren Unruhen 15.
el Jahrhundert
die Herrschaft
die kulturellen
Strömungen des Mittelschließlich an die Familie derdagegen
Flavii. Unter
dem
avischen Kaiser Titus (79 –alters
81 n.durch.
Chr.) wurde
das Amphitheatrum Flavium – besser bekannt als
Kolosseum – eröffnet. Titus’➝ Bruder
Domitian
die Herrscherideologie des Augustus: S. 77
(81 – 96 n. Chr.) scheint sich aber
während
seiner
➝ Martial
und Domitian:
S. 116, S. 122 und S. 124
Regierung zum Tyrannen entwickelt zu haben.
Über das Leben der ersten zwölf Kaiser von Rom,
angefangen mit Iulius Caesar bis hin zu Domitian,
informiert uns übrigens Sueton in seinen Kaiserbiograen (Beginn des 2. Jh. n. Chr.).
Auch nach der Blüte der Literatur zur Zeit des
Augustus entstanden sehr lesenswerte Werke:
i
Die augusteische Dichtung
Gerade unter den Dichtern der augusteischen
Zeit finden sich etliche, die als Klassiker gelten. An
erster Stelle ist hier Vergil zu nennen. Dessen Epos
(lange Erzählung in Versen) Aeneis berichtet von
den Irrfahrten und Heldentaten des Troja-Flüchtlings Aeneas, der mit seinen Gefährten schließlich
in Italien landet, wo seine Nachfahren später Rom
gründen werden. Die Aeneis leistete einen Beitrag
zur Begründung von Augustus’ Herrschaftsanspruch
(dessen Adoptivvater Iulius Caesar hatte sich als
Nachkomme von Aeneas’ Sohn Iulus präsentiert)
und wurde so zum Nationalepos der Römer.
Nicht weniger bedeutend waren die Gedichtbücher
des Horaz, der u. a. Oden (lyrische Gedichte) und Satiren verfasste. Horaz gehörte zu den Dichtern, die
besonders von dem Patronat (Förderung) von Augustus’ Vertrautem Maecenas profitierten, dessen
Unterstützung so wichtig war, dass wir heute einen
Menschen, der die Kultur unterstützt, als Mäzen bezeichnen. Aus einer Ode des Horaz stammt übrigens
der berühmte Ausspruch Carpe diem! („Pflücke den
Tag!“)
Doch auch kleinere Gedichtgattungen florierten.
Properz, Tibull und Ovid sind die wichtigsten Vertreter der römischen Liebeselegie, in der ein verliebter junger Mann – ähnlich wie zuvor Catull – von
seiner (häufig unglücklichen) Liebe spricht. Von dieser Gattung ist auch Ovids berühmtes Lehrgedicht
Ars amatoria („Liebeskunst“) beeinflusst. Daneben
wagte sich Ovid aber auch an große Dichtung heran:
Seine Metamorphosen („Verwandlungssagen“) sind
ein Epos.
➝ Catulls epigrammatische und lyrische Dichtung: S. 54
➝ Patronat: S. 115
75
■ Die Abbildung zeigt die berühmte Statue des Augustus von
Primaporta (bei Rom) mit der Rekonstruktion ihrer ursprünglichen Farbgebung. Beschreibe, welchen Eindruck das farbige
Standbild auf den Betrachter machen soll.
Auf dem Brustpanzer ist in der Mitte die Rückgabe der zuvor an
die verfeindeten Parther verlorenen Feldzeichen dargestellt, die
hier offenbar der Gott Mars für die Römer in Empfang nimmt.
An Augustus’ Seite ist zudem der Gott Amor abgebildet. Informiere dich über die Herkunft des Aeneas und den Mythos von
der Gründung Roms und erkläre, warum gerade Mars und Amor
für Augustus von großer Bedeutung waren.
➝ Christen im römischen Reich: S. 142
Mehr als nur bunt:
Alle Abbildungen sind
funktional und mit
Arbeitsaufträgen versehen.
Der Infokasten bietet
weiterführende Hinweise zur
Literaturgeschichte.
Querverweise ermöglichen
themenorientierte
Lektüren und weisen auf
Vertiefungsmöglichkeiten im
Arbeitsheft hin.
3
Inhalt Legamus! Band 1
4
6
Die römische Republik
8
Terenz und die römische Komödie
12
Caesar: De bello Gallico
38
Nepos: De viris illustribus
54
Catull: Carmina
70
Sallust: De coniuratione Catilinae; Briefe an Caesar
74
Die römische Kaiserzeit
76
Ovid: Ars amatoria
92
Velleius Paterculus: Historia Romana
96
Phaedrus: Fabeln nach Aesop
102
Curtius Rufus: De rebus gestis Alexandri Magni
104
Martial: Epigramme
134
Sueton: Divus Iulius (De vita XII Caesarum)
142
Märtyrerberichte: Passio Perpetuae
152
Vom Mittelalter zur Renaissance
154
Einhard: Vita Karoli Magni
168
Carmina Burana
178
Jacobus de Voragine: Legenda aurea
184
Akten der Poenitentiarie
188
Erasmus von Rotterdam: Colloquia
194
Hermannus Schottenius: Schülergespräche
200
Lateinische Rätsel von der Spätantike bis in die Neuzeit
206
Lateinische Inschriften von der Antike bis in die Neuzeit
214
Kompetenzseiten
214
Satzanalyse
216
Textinterpretation
218
Textvergleich
220
Rhetorische Stilmittel
223
Versanalyse
227
Wörterbuchgebrauch
228
Wörterbuch
Legamus!
Lateinisches Lesebuch 1
Herausgegeben von Michael Hotz ·
Matthias Lausmann · Sven Lorenz
unter Mitarbeit von Sebastian Kaas ·
Gerhard Müller · Robin Pantke ·
Robert Reisacher
Oldenbourg
Teil 1 Die römische Republik
Terenz · Caesar · Nepos · Catull · Sallust
3
5
12
Die römische Republik
Caesar: De bello Gallico
Gaius Iulius Caesar wurde am 13. Juli 100 v. Chr.
in Rom als Angehöriger eines alten Patriziergeschlechts geboren. Er
war als Politiker, Feldherr und Schriftsteller
eine der bedeutendsten
Persönlichkeiten seiner
Zeit.
■ Caesar. Kalksteinbüste aus
Tusculum (1. Jh. v. Chr.; heute
in Turin; das einzige wohl noch
zu Lebzeiten entstandene Porträt, das erhalten ist)
Caesar als Staatsmann
Mit Anfang 30 begann Caesar seine politische Karriere. Er durchlief rasch den cursus honorum und
schloss sich im Jahr 60 v. Chr. mit Pompeius, dem
erfolgreichsten Feldherrn seiner Zeit, und Crassus,
einem der reichsten Männer Roms, zum 1. Triumvirat, einer inofziellen politischen „Interessengemeinschaft“, zusammen. In den folgenden Jahren
dominierten die drei Männer die Politik in Rom.
Infolge ihrer Verabredungen wurde Caesar im
Jahr 59 v. Chr. Konsul. Während seiner Amtszeit
machte er sich durch seine Politik und seine autoritäre Amtsführung viele Senatoren zu erbitterten
Feinden.
Nach seinem Amtsjahr begab sich Caesar als Prokonsul in die nördlichen Provinzen Illyrien und
Gallien (Gallia Cisalpina und Gallia Narbonensis;
s. Karte S. 15). Von dort aus eroberte er in den
Jahren 58 – 51 v. Chr. ganz Gallien bis zum Rhein.
Damit stärkte er seine Position entscheidend: Er
war nun einer der großen Feldherrn Roms und
verfügte zudem über ein schlagkräftiges Heer, das
ihm treu ergeben war.
Caesars Gegner in Rom beobachteten diese Entwicklung mit Misstrauen: Als Prokonsul war er mit
der Verwaltung und dem Schutz seiner Provinzen
beauftragt, sein Mandat beinhaltete nicht die Erlaubnis zum Führen eines Eroberungskrieges.
Gegen Ende seiner Amtszeit hatte sich die Lage
in Rom sehr zu Caesars Ungunsten entwickelt.
➝ Catull über Caesar: S. 65
➝ Sueton über Caesar: S. 134 – 141
6
Seine Gegner planten, ihm nach seiner Rückkehr
wegen Amtsmissbrauchs den Prozess zu machen.
Diesem Risiko wollte sich Caesar nicht aussetzen:
Er überschritt im Jahr 49 v. Chr. mit seinen Truppen den Fluss Rubicon, der die südliche Grenze
der Provinz Gallia Cisalpina markierte, und zog
gegen Rom. Ein mehrjähriger Bürgerkrieg brach
aus (49 – 45 v. Chr.), aus dem Caesar schließlich als
Sieger hervorging. Er wurde zum Diktator auf Lebenszeit ernannt und war jetzt unumschränkter
Herrscher in Rom.
Damit war die republikanische Verfassung des
Staates de facto außer Kraft gesetzt. Die republikanisch gesinnten Senatoren wollten das nicht
hinnehmen: An den Iden des März (15. März)
44 v. Chr. el Caesar einem Attentat von Verschwörern unter Führung von Brutus und Cassius
zum Opfer.
Die Commentarii de bello Gallico
Caesar hat sowohl den Bürgerkrieg als auch die
Eroberung Galliens in literarischen Werken beschrieben. Sein Hauptwerk sind die sieben Bücher umfassenden Commentarii de bello Gallico
(BG). Jedes Buch berichtet von den Ereignissen
eines Kriegsjahres (annalistisches Prinzip), das
Werk endet also im Jahr 52 v. Chr. Das achte Buch
stammt von Hirtius, einem Ofzier Caesars.
i
Commentarii de bello Gallico:
Inhaltsübersicht
Caesar unterbindet einen Auswanderungsversuch
der Helvetier und drängt in Gallien eingefallene Germanen zurück (58 v. Chr.; Buch 1). Er unterwirft weitere gallische Stämme im Norden (57 v. Chr.; Buch 2)
und an der Westküste (56 v. Chr.; Buch 3). Im vierten
Jahr hat Caesar es wieder mit Germanen zu tun.
Nachdem er sie besiegt hat, überquert er selbst kurz
den Rhein. Im Spätsommer setzt er nach Britannien über (55 v. Chr.; Buch 4). Es folgen eine zweite
Britannienexpedition und Aufstände in Gallien,
die Caesar niederschlagen kann (54 v. Chr.; Buch 5).
Auch im sechsten Jahr kommt es zu Zusammenstößen mit Germanen. In Exkursen berichtet Caesar
auch vom Leben der Gallier und Germanen (53 v. Chr.;
Buch 6). Das siebte Jahr bringt die Entscheidung: In
der Schlacht bei Alesia besiegt Caesar den Arvernerfürst Vercingetorix (52 v. Chr.; Buch 7).
➝ Sallust über Caesar: S. 70 – 73
➝ Velleius Paterculus über Caesar: S. 92 – 95
Caesar
Mit seinem Titel stellt Caesar das Werk in eine bestimmte Gattungstradition. Commentarii (zu comminisci „sich erinnern“) waren von einem Augenzeugen verfasste, protokollartige Aufzeichnungen
über historische Ereignisse. Sie konnten z. B. als
Materialsammlung für ein Geschichtswerk dienen. Caesar präsentiert seinen Text also nicht als
„Geschichtsschreibung“, sondern als Zusammenstellung von Fakten.
Dies hat nicht zuletzt mit den politischen Absichten
zu tun, die Caesar mit seinem Werk verfolgte. Es
sollte die Römer sowohl von seinen militärischen
Leistungen als auch von der Notwendigkeit und
Rechtmäßigkeit seiner Feldzüge überzeugen. Ein
sachlicher Bericht konnte am ehesten glaubhaft
wirken.
Hinter der nüchternen Form verbirgt sich freilich
ein ausgefeilter literarischer Text. Caesars Zeitgenosse Cicero (s. S. 6 – 7), der das Werk in seiner
Klarheit als vollendet betrachtete, beurteilte es so:
„Aber wenn er wollte, dass andere Material zur
Hand hätten, aus dem die schöpfen könnten, die
ein Geschichtswerk schreiben wollten, hat er wohl
nur den Stümpern einen Gefallen getan, die vorhaben, jenem Material ihren verkünstelten Stil einzubrennen. Vernünftige Menschen hat er dagegen
vom Schreiben abgeschreckt.“
Die Zuverlässigkeit von Caesars Bericht wurde
häug diskutiert. Man tut sicher gut daran, ihm
nicht in jedem Punkt vorbehaltlos zu vertrauen.
Immerhin berichtet hier ein Feldherr über seine
eigenen Taten, und tatsächlich lenkt Caesar seine
Leser – also auch uns – geradezu strategisch durch
seinen Text, um sie auf seine Seite zu ziehen.
i
Caesars Porträt
Die Abbildungen
auf diesen Seiten zeigen
zeitgenössische Caesarporträts: rechts der sogenannte „Grüne Kopf“
(1. Jh. v. Chr.; heute in
Berlin), hier eine im Jahr
44 v. Chr. geprägte Münze mit der Umschrift
DICT(ATORI) PERPETUO.
Beschreibe die Darstellungen. Arbeite Gemeinsamkeiten und Unterschiede heraus. Erkläre, wie Caesar
jeweils auf den Betrachter wirkt.
➝ Cicero: S. 6 – 7
➝ Inschriften auf Münzen: S. 207 und S. 212
13
i
Caesars Fortleben in der Sprache
Caesars Name wurde zum Bestandteil des
Titels aller späteren römischen Herrscher und lebte
als „Kaiser“ und „Zar“ auch nach dem Ende des römischen Reiches fort. Seit 44 v. Chr. ist der Juli, sein
Geburtsmonat, nach ihm benannt. Auch Caesar zugeschriebene Aussprüche (vor allem veni, vidi, vici
und alea iacta est) werden noch immer zitiert.
Nachleben
Caesars Ruhm gründet
vor allem auf seinen
politischen und militärischen Taten, aber
auch sein dramatischer
Tod und seine Liebesbeziehung zu Kleopatra,
der Königin von Ägypten, regten die Phantasie
der Nachwelt an. Entsprechend vielfältig sind
die Spuren, die Caesar in
der europäischen Kultur
hinterlassen hat. Sie reichen von der Literatur
(William Shakespeares
„Julius Caesar“, Bertolt
Brechts „Die Geschäfte
des Herrn Julius Caesar“) über bildende Kunst (s. die Beispiele auf
dieser Seite) bis zu Musik (Georg Friedrich Händels „Giulio Cesare“) und Film. Hinzu kommen
intensive Diskussionen durch Historiker, Staatstheoretiker und Politiker (Macchiavelli, Napoleon), bei denen auch Caesars Schriften eine große
Rolle spielen. Während lange Zeit rückhaltlose
Bewunderung für Caesar dominierte, setzte sich
im 20. Jahrhundert eine kritischere Betrachtung
seiner Person durch.
Informiert euch über die Bedeutung Ciceros. Erklärt, warum gerade sein lobendes Urteil über Caesars
Stil Gewicht hat.
Informiert euch weiterhin über die im Abschnitt „Nachleben“ genannten Personen in einem Lexikon oder im
Internet. Stellt diese Schriftsteller, Komponisten und
Politiker dann einander in Kurzreferaten von maximal
drei Minuten vor.
➝ B. Brecht, „Die Geschäfte des Herrn Julius Caesar“: S. 135
7
14
Die römische Republik
BG 1.1.1 – 4 Prooemium
Am Anfang vieler antiker Werke steht eine Vorrede, ein
sogenanntes Prooemium, in dem wichtige Themen des
Werks vorgestellt werden. So beginnt auch Caesar mit
ganz allgemeinen Ausführungen.
3
6
9
12
15
18
21
Gallia est omnis divisa in partes tres, quarum
unam incolunt Belgae, aliam Aquitani, tertiam,
qui ipsorum lingua Celtae, nostra Galli appellantur. Hi omnes lingua, institutis, legibus inter se
differunt. Gallos ab Aquitanis Garumna umen,
a Belgis Matrona et Sequana dividit.
Horum omnium fortissimi sunt Belgae,
propterea quod a cultu atque humanitate
provinciae longissime absunt
minimeque ad eos mercatores saepe
commeant atque ea,
quae ad effeminandos animos pertinent,
important
proximique sunt Germanis,
qui trans Rhenum incolunt,
quibuscum continenter bellum gerunt.
S 1 Erstelle vor der Übersetzung des Prooemiums
mit Hilfe des Wörterbuchs drei Sachfelder mit hier verwendeten Wörtern und Wendungen zu den Themenbereichen „Krieg“, „Kultur“ und „Geografie“. Untersuche,
wo die Begriffe im Text vorkommen, und stelle Vermutungen über Caesars Gedankengang an.
S 2 Der längste Satz des Prooemiums (Horum omnium ... continenter bellum gerunt) ist hier nach der Einrückmethode präsentiert. Besprecht in Partnerarbeit,
wie euch diese Darbietung des Satzes beim Übersetzen
helfen kann. Vergleicht dann die Kompetenzseiten zur
Satzanalyse (S. 214). Erstellt eine solche Analyse für den
folgenden Satz.
S 3 Erkläre, welches Substantiv in dem Verb effeminare (Z. 12) steckt. Gib an, was das Wort also ursprünglich bedeutet.
T 1 Arbeite heraus, welche Informationen im Text
den Eindruck vermitteln, dass hier ein sehr gut informierter Berichterstatter schreibt.
T 2 Fasse zusammen, wie Caesar die außerordentliche Tapferkeit der Belger erklärt. Diskutiert darüber,
ob euch diese Argumentation einleuchtet.
Qua de causa Helvetii quoque reliquos Gallos
virtute praecedunt, quod fere cottidianis proeliis
cum Germanis contendunt, cum aut suis nibus
eos prohibent aut ipsi in eorum nibus bellum
gerunt.
3 nostrā ergänze linguā – 10 minimē … saepe ganz selten –
11 commeāre kommen – 12 effēmināre verweichlichen –
13 importāre einführen – 16 continenter ununterbrochen –
18 praecēdere übertreffen – cottidiānus täglich – 19 cum
(hier) indem
i
Gallien, die Gallier und die Germanen
Gallien war für die Römer größtenteils terra incognita („unbekanntes Land“). Von allem von dem, was nördlich der Provinz Gallia lag (vgl. Karte S. 15), hatten sie allenfalls vage Vorstellungen, und so dürften ihnen auch die
von Caesar erwähnten Flüsse unbekannt gewesen sein: Garumna (Garonne), Matrona (Marne), Sequana (Seine)
und Rhenus (Rhein). Details über das Gebiet der Germanen waren ihnen gänzlich unbekannt.
Auch von den Unterschieden zwischen den einzelnen gallischen Stämmen und Volksgruppen dürften sie kein
genaues Bild gehabt haben, und somit werden sie mit den Stammesnamen, die Caesar hier nennt, keine klaren
Vorstellungen verbunden haben: Belgae (-arum m, die Belger), Aquitani (die Aquitanier), Celtae (-arum m, die
Kelten) und Helvetii (die Helvetier). Dennoch hatten die Römer an die Gallier und Germanen sehr unangenehme
Erinnerungen: Im Jahr 390 v. Chr. hatten Gallier Rom belagert und zur Kapitulation gezwungen. Die Römer mussten sich den Abzug der Gallier mit hohen Zahlungen erkaufen. Dieser Tag ging als dies ater in die römische Geschichte ein. Knapp 300 Jahre später waren die germanischen Kimbern und Teutonen in Italien eingefallen
und hatten den Römern mehrere schwere Niederlagen beigebracht. Es dauerte über zehn Jahre, bis die Römer
sie entscheidend schlagen konnten (113 – 101 v. Chr.).
➝ Kompetenzseiten: Satzanalyse: S. 214
8
15
Caesar
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■ Gallien zur Zeit Caesars. Vergleiche die Karte mit Caesars Text: Kann der Leser durch den Text die Positionen der Aquitanier, Gallier
und Belger einigermaßen korrekt erschließen?
T 3 Unsere Welt ist stark
von Bildern (Fotos, Fernsehen, Kino) geprägt. Bei den
Römern war das anders.
Hier dienten Erzählungen
und Texte zur Vermittlung
von Neuigkeiten. Die „Bilder“ mussten also im Kopf
des Hörers bzw. Lesers entstehen. Versucht euch eine Verfilmung des Prooemiums vorzustellen, bei der der Text von einem Sprecher
aus dem Off vorgetragen wird. Wie könnte eine solche
Filmsequenz aussehen? Was für Bilder und Szenen würdet ihr auswählen?
i
Der Helvetierkrieg (bellum Helveticum)
Der erste gallische Stamm, mit dem Caesar es
zu tun bekommt, sind die am Ende des Prooemiums
genannten Helvetier. Sie verlassen ihr Gebiet und
ziehen Richtung Westen, um sich dort neu anzusiedeln. Caesar berichtet, wie es dazu kam und wie er
als für die Provinz Gallia verantwortlicher Statthalter
darauf reagiert. Die Schilderung lässt sich in drei
Phasen einteilen:
Phase 1: Der Beschluss der Helvetier, ihr Gebiet zu
verlassen (BG 1.2 – 8)
Phase 2: Der Zug der Helvetier durch das Gebiet der
Sequaner bis zum Fluss Arar (BG 1.9 – 14)
Phase 3: Der Zug der Helvetier vom Fluss Arar bis zur
Stadt Bibracte (BG 1.15 – 29)
9
16
Die römische Republik
Der Helvetierkrieg
Phase 1 (BG 1.2–8) Der Beschluss der
Helvetier, ihr Gebiet zu verlassen
BG 1.2 Der Plan
3
6
9
12
15
18
Apud Helvetios longe nobilissimus fuit et ditissimus Orgetorix. Is M. Messala M. Pisone consulibus regni cupiditate inductus coniurationem
nobilitatis fecit et civitati persuasit, ut de nibus
suis cum omnibus copiis exirent. Perfacile esse,
cum virtute omnibus praestarent, totius Galliae
imperio potiri.
Id hoc facilius iis persuasit, quod undique loci
natura Helvetii continentur: una ex parte umine Rheno latissimo atque altissimo, qui agrum
Helvetiorum a Germanis dividit; altera ex parte
monte Iura altissimo, qui est inter Sequanos et
Helvetios; tertia lacu Lemanno et umine Rhodano, qui provinciam nostram ab Helvetiis dividit.
His rebus ebat, ut et minus late vagarentur et
minus facile nitimis bellum inferre possent. Qua
de causa homines bellandi cupidi magno dolore
afciebantur. Pro multitudine autem hominum
et pro gloria belli atque fortitudinis angustos se
nes habere arbitrabantur.
S
Die oratio obliqua
Wird eine Rede nicht wörtlich, sondern indirekt wiedergegeben, so steht sie im Deutschen
im Konjunktiv. In der lateinischen indirekten Rede
(oratio obliqua) stehen die Aussagesätze im AcI: Bei
einem solchen Satz ist ja ein Verb des Sagens zu ergänzen, und auf dieses folgt oft der AcI:
(Caesar dixit Belgas
(Caesar sagte, die Belger
fortissimos esse.)
seien die tapfersten.)
Sie seien am weitesten
Eos longissime
von der Provinz entfernt a provincia abesse
(dixit).
(, sagte er).
Achte bei der Wiedergabe von Z. 5 – 7 in BG 1.2 auf
die korrekte Verwendung des deutschen Konjunktivs! Beachte weiterhin, dass Gliedsätze in der oratio
obliqua in der Regel im Konjunktiv stehen (vgl.
BG 1.3, Z. 26/27 und Aufgabe S3 auf S. 17).
➝ Jahreszählung: S. 45
➝ AH: Indirekte Rede (oratio obliqua): S. ***
10
i
Die loci natura („natürliche Gegebenheiten“)
Wie im ersten Kapitel erweckt Caesar durch
geografische Angaben den Eindruck genauer Ortskenntnisse. Suche auf der Karte (S. 15) die Flüsse
Rhenus (Rhein) und Rhodanus (Rhône), den lacus
Lemannus (Genfer See), den Gebirgszug Iura und das
Gebiet der Sequaner (Sequani ). Vergleiche zu den
Stammesnamen außerdem die Info-Box auf S. 14.
1/2 dı̄tissimus ~ dı̄vitissimus – 8 id … persuāsit er überzeugte … davon – hōc facilius um so leichter – 11 dı̄videre
LW BG 1.1 – 13 tertius LW BG 1.1 – 15 vagārı̄ umherziehen –
17 bellāre Verb zu bellum – 19 prō (m. Abl.) im Verhältnis zu
S 1 Untersuche, inwiefern der Aufbau des ersten
Satzes ungewöhnlich ist. Welchen Effekt erzielt Caesar
damit? Ahme den Satzbau in deiner Übersetzung möglichst genau nach.
S 2 Der Ausdruck M[arco] Messala M[arco] Pisone
consulibus hat die Funktion einer Jahresangabe. Erkläre, um welche Konstruktion es sich handelt.
T 1 Beschreibe Orgetorix, den Urheber des Plans. Erscheint er als eine positive oder als eine negative Figur?
Belege deinen Eindruck anhand des Textes.
T 2 Stelle in Stichpunkten die Motive zusammen, die
die Helvetier nach Caesars Darstellung dazu bewegen,
ihr Gebiet zu verlassen. Diskutiert darüber, welcher dieser Gründe für die Römer wohl der beunruhigendste
ist.
i
Die Helvetier und die
heutige Schweiz
Die Schweiz ist nach dem
deutschsprachigen Kanton
Schwyz benannt. Aus Rücksicht auf die anderen im Land
vertretenen Sprachgruppen
wurde aus dem lateinischen
Helvetii zudem die neulateinische Bezeichnung Helvetia für die Schweiz abgeleitet. Sie findet sich auf
Münzen, Briefmarken und Autokennzeichen: Die
Abkürzung CH steht für Confoederatio Helvetica
(Schweizer Eidgenossenschaft). Informiere dich darüber, welche Sprachen heute in der Schweiz gesprochen werden.
Vergleiche die Personifikation der Helvetia auf der
Zweifrankenmünze mit der antiken Personifikation
der Dea Roma auf S. 72.
Caesar
17
BG 1.3 Die Vorbereitungen
3
6
9
12
15
18
21
24
27
30
His rebus adducti et auctoritate Orgetorigis
permoti constituerunt ea,
quae ad prociscendum pertinerent,
comparare,
iumentorum et carrorum quam maximum
numerum coemere,
sementes quam maximas facere,
ut in itinere copia frumenti suppeteret,
cum proximis civitatibus pacem et amicitiam
conrmare.
Ad eas res conciendas biennium sibi satis esse
duxerunt; in tertium annum profectionem lege
conrmant. Ad eas res conciendas Orgetorix
deligitur. Is sibi legationem ad civitates suscipit.
In eo itinere persuadet Castico, Catamantaloedis
lio, Sequano, cuius pater regnum in Sequanis
multos annos obtinuerat et a senatu populi
Romani amicus appellatus erat, ut regnum in
civitate sua occuparet, quod pater ante habuerit;
itemque Dumnorigi Haeduo, fratri Diviciaci, qui
eo tempore principatum in civitate obtinebat ac
maxime plebi acceptus erat, ut idem conaretur,
persuadet eique liam suam in matrimonium dat.
Perfacile factu esse illis probat conata percere,
propterea quod ipse suae civitatis imperium
obtenturus esset: non esse dubium, quin totius
Galliae plurimum Helvetii possent. Se suis
copiis suoque exercitu illis regna conciliaturum
conrmat. Hac oratione adducti inter se dem
et ius iurandum dant et regno occupato per tres
potentissimos ac rmissimos populos totius
Galliae imperio sese potiri posse sperant.
3 pertinēre LW BG 1.1 – 5 iūmentum Zugtier – 6 co-emere
aufkaufen – 7 sēmentis, -is f Aussaat – 8 suppetere vorhanden sein – 11 biennium Zeitraum von zwei Jahren –
12 tertius LW BG 1.1 – profectiō, -ōnis f Aufbruch – 23 mātrimōnium Ehe – 24 perfacilis LW BG 1.2 – 25 proptereā
quod LW BG 1.1 – 26 dubium Zweifel – 28 conciliātūrum
ergänze esse – 32 potı̄rı̄ LW BG 1.2
S
Eigennamen
Caesar verwendet zahlreiche Eigennamen (zu
den Namen der Stämme s. Info-Box S. 14 und Karte
S. 15). Erschließe beim Übersetzen, in welchem Kasus
die Personennamen (Orgetorix, Casticus, Catamantaloedes, Dumnorix, Diviciacus) hier stehen.
S 1 In Verbindung mit einem Superlativ wird quam
mit „möglichst“ übersetzt. Schreibe die beiden Wendungen aus dem Text heraus, bei denen dies der Fall ist,
und finde die passende Übersetzung.
S 2 Schlage als Unterstützung bei der Übersetzung
der Form factu (Z. 24) die Bildung und Verwendung des
Supin II in deiner Grammatik nach.
S 3 Vergleiche zur Übersetzung von Z. 26/27 die
Sprach-Box auf der vorangehenden Seite. Erkläre eine
Regel der oratio obliqua anhand dieses Satzes.
S
Wortbildung: Die Präfixe per- und comDie Präfixe (Vorsilben) per- und co(n)- (auch
col-, com- usw.) dienen häufig dazu, die Bedeutung
eines Wortes zu verstärken, vergleiche z. B.:
facere: machen con ficere: erledigen, fertig machen
facilis: leicht
per facilis: sehr leicht
Hier verwendet Caesar zahlreiche Komposita (zusammengesetzte Wörter) mit per- oder co- und betont
so, wie intensiv die Helvetier an ihrer Verschwörung
arbeiten. Stelle diese Wörter zusammen, erkläre jeweils die Wortbildung und bestimme die Bedeutung
genau.
Interpretation
Caesar beschreibt hier, wie die Helvetier unter Hochdruck an ihrer Verschwörung arbeiten, mit der sie die Macht
über Gallien erringen wollen. Dabei verwendet er unter anderem die folgenden Mittel:
■ zahlreiche Wörter und Wendungen aus dem Sachfeld „Macht“ (z. B. Z. 1: auctoritas; Z. 16/17: regnum obtinere)
■ historisches Präsens zur Steigerung der Spannung (Z. 13: confirmant) ■ zahlreiche Superlative (vgl. Aufgabe
S1) ■ Hervorhebung von Aussagen durch Doppelung von Ausdrücken (Z. 1 – 2: ... adducti et ... permoti; Z. 9:
pacem et amicitiam) ■ Wiederholung von Formulierungen (Z. 11 und 13: ad eas res conficiendas)
Suche weitere Beispiele für die genannten sprachlichen Mittel aus dem Text heraus.
➝ Kompetenzseiten: Textinterpretation: S. 216
➝ AH: Indirekte Rede (oratio obliqua): S. ***
11
18
Die römische Republik
BG 1.6.1 – 3 Die Lage
3
6
9
12
Erant omnino itinera duo, quibus itineribus
domo exire possent: unum per Sequanos,
angustum et difcile, inter montem Iuram
et umen Rhodanum, vix qua singuli carri
ducerentur; mons autem altissimus impendebat,
ut facile perpauci prohibere possent; alterum
per provinciam nostram, multo facilius atque
expeditius, propterea quod inter nes Helvetiorum et Allobrogum, qui nuper pacati erant,
Rhodanus uit isque nonnullis locis vado transitur. Extremum oppidum Allobrogum est proximumque Helvetiorum nibus Genava. Ex eo
oppido pons ad Helvetios pertinet.
S 1 Erkläre die Konjunktive possent (Z. 2) und ducerentur (Z. 5). Gib sie auch in deiner Übersetzung wieder.
S 2 Nenne das Substantiv, von dem pacare (Z. 9) abgeleitet ist, und erkläre die wörtliche Bedeutung des lateinischen Wortes für „unterwerfen“. Diskutiert darüber,
was das Wort über die
Haltung der Römer zum
Krieg aussagen mag.
1 itineribus wiederholt itinera aus dem Hauptsatz; bei
der Übersetzung kannst du es weglassen – 3 angustus
LW BG 1.2 – 4 carrus LW BG 1.3 – 6 perpaucı̄ sehr wenige –
prohibēre (hier) blockieren – 8 expedı̄tus bequem –
proptereā quod LW BG 1.1 – 10 vadum Furt – 13 pertinēre
LW BG 1.1
i
Die Helvetier müssen sich für ihren geplanten
Auszug zwischen zwei Wegen entscheiden, deren Lage Caesar genau beschreibt. Unter anderem nennt er das Gebiet des gallischen Stammes
der Allobroger ( Allobroges, -um) und die Stadt Genava (Genf). Vergleiche weiterhin die Karte auf S. 15
und die Info-Box auf S. 14. Erörtere die Frage, für
welchen Weg sich die Helvetier entscheiden werden.
Vergleiche außerdem die Abbildung aus „Asterix bei
den Schweizern“, auf der die Brücke bei Genava zu
sehen ist, und erschließe mit Hilfe der Karte, aus welcher Richtung Asterix hier auf die Stadt schaut.
BG 1.7.3 Caesar greift ein
Caesar befindet sich noch in Rom, als die Nachricht
eintrifft, dass die Helvetier durch die römische Provinz
marschieren wollen. Sofort begibt er sich nach Genava.
Dort verstärkt er seine Truppen und befiehlt, die Brücke
einzureißen. Da schicken die Helvetier zwei Adlige als
Unterhändler zu ihm:
3
6
Ubi de eius adventu Helvetii certiores facti sunt,
legatos ad eum mittunt nobilissimos civitatis –
cuius legationis Nammeius et Verucloetius principem locum obtinebant –, qui dicerent sibi esse
in animo sine ullo malecio iter per provinciam
facere, propterea quod aliud iter haberent nullum. Se rogare, ut eius voluntate id sibi facere
liceat.
➝ AH: Indikativ und Konjunktiv in Gliedsätzen: S. ***
➝ AH: Indirekte Rede (oratio obliqua): S. ***
12
1 eius bezieht sich auf Caesar – 3 lēgātiō LW BG 1.3 –
3 prı̄nceps hier Adj. – 4 quı̄ dı̄cerent die sagen sollten (Erkläre die Funktion des Konjunktivs!) – 5 alicui in animō est
jemand hat vor – maleficium Verbrechen – 6 proptereā
quod LW BG 1.1
S Vergleiche vor der Übersetzung des letzten Satzes
die Sprach-Box auf S. 16.
T Diskutiert darüber, ob ein römischer Leser Caesar wohl empfehlen würde, auf die Bitte der Helvetier
einzugehen. Entwickelt eure Argumente aus dem, was
Caesar bisher berichtet hat.
Caesar
19
BG 1.8 Caesars Maßnahmen
Caesar glaubt, er dürfe nicht zustimmen. Dafür nennt
er zwei Gründe: 1. Die Helvetier hätten früher einmal
(im Jahr 107 v. Chr.) ein römisches Heer unter dem Feldherrn L. Cassius vernichtend geschlagen und schwer
gedemütigt. 2. Die Helvetier würden ganz sicher nicht
ohne Gewalttaten durch die Provinz marschieren. – Um
Zeit zu gewinnen, verlangt er, die Helvetier sollten in
zwei Wochen wiederkommen. Diese Zeit nutzt er folgendermaßen:
3
6
9
12
15
18
21
24
Interea ea legione, quam secum habebat, militibusque, qui ex provincia convenerant, a lacu
Lemanno, qui in umen Rhodanum inuit, ad
montem Iuram, qui nes Sequanorum ab Helvetiis dividit, milia passuum decem novem murum in altitudinem pedum sedecim fossamque
perducit. Eo opere perfecto praesidia disponit,
castella communit, quo facilius, si se invito transire conentur, prohibere possit.
Ubi ea dies, quam constituerat cum legatis, venit
et legati ad eum reverterunt, negat se more
et exemplo populi Romani posse iter ulli per
provinciam dare et, si vim facere conentur, prohibiturum ostendit.
Helvetii
ea spe deiecti
navibus iunctis ratibusque compluribus factis,
alii vadis Rhodani,
qua minima altitudo uminis erat,
nonnumquam interdiu, saepius noctu,
si perrumpere possent,
conati,
operis munitione
et militum concursu
et telis repulsi
hoc conatu destiterunt.
i
Zu den geografischen Angaben vergleiche
wieder die Karte auf S. 15 sowie BG 1.2 mit
Info-Box auf S. 16.
➝ Funktionen des Genitivs bei Caesar (BG 7.77): S. 32
➝ Kompetenzseiten: Rhetorische Stilmittel: S. 220
S
Mengenangaben und Zahlen
In Z. 5 – 7 lässt Caesar eine Mauer bauen und
einen Graben ziehen. Dazu nennt er die folgenden
Zahlen:
decem novem milia passuum
sedecim <milia> pedum
Ein passus (-us m) ist ein „Doppelschritt“; dieses Längenmaß entspricht etwa 1,5 m. Mille passus (Pl.: milia) sind demnach 1000 Doppelschritte oder eine römische Meile (ca. 1,5 km). Spricht man von mehreren
Meilen (bzw. mehreren Tausend Doppelschritten),
so steht das Längenmaß im Genitiv des geteilten
Ganzen (genitivus partitivus), also passuum. Ebenso wird das Längenmaß pes („Fuß“, etwa 30 cm) verwendet.
Übersetze nun die Zahlen. Gib an, was sie jeweils beschreiben. Erkläre, welchen Effekt Caesar mit der
Nennung dieser Zahlen beim Leser erreichen will.
2 lacus LW BG 1.2 – 5 dı̄videre LW BG 1.1 – 6 fossa Graben –
7 perdūcere anlegen – 8 castellum Stützpunkt – commūnı̄re ~ mūnı̄re – 8 sē invı̄to gegen seinen Willen – 12 ūllus
LW BG 1.7 – 16 spē dēicere (PPP: dēiectı̄) in einer Hoffnung
täuschen – 18 aliı̄ (hier) teilweise – vadum Furt – 19 quā
LW BG 1.6 – 20 nōnnumquam manchmal – interdiū tagsüber – 21 perrumpere durchbrechen – 22 cōnārı̄ LW BG 1.3 –
24 concursus, -ūs Ansturm – 26 cōnātus, -ūs Versuch
S 1 Von ostendit (Z. 14) ist ein AcI abhängig. Suche
den Akkusativ und den Infinitiv aus dem Text heraus
und erkläre, welche Schwierigkeit beim Erkennen der
Konstruktion hier besteht.
S 2 Suche vor der Übersetzung des langen Satzes
(Z. 15 – 26) die Partizipien heraus, bestimme sie genau
und suche das Wort, auf das sie sich jeweils beziehen.
Benenne die Konstruktion in Z. 17.
S 3 Erkläre vor dem Übersetzen, wie der Satz nach
der Einrückmethode analysiert worden ist. Vergleiche
dazu die Kompetenzseiten zur Satzanalyse (S. 214).
T 1 Im zweiten Satz (Z. 7 – 9) steht zwischen den Prädikaten des Hauptsatzes keine Konjunktion (Asyndeton).
Erkläre, weshalb die Verwendung dieses Stilmittels gut
zum Inhalt des Satzes passt.
T 2 Betrachte die Stellen, an denen Caesar selbst
handelt. Erkläre, was an diesen Formulierungen bemerkenswert ist. Bedenke dabei, dass Caesar der Autor des
Textes ist.
➝ Kompetenzseiten: Satzanalyse: S. 214
➝ AH: Partizipien und Partizipialkonstruktionen: S. ***
13
(Rhône)
Genava
ti
(Genfer See)
(Genf)
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S
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Lacus
Lemannus
(Lyon)
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Rhodanus
)
u
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Die Helvetier beschließen, den anderen Weg
– den über das Juragebirge und durch das
Gebiet der Sequaner – zu nehmen. Sie erhalten von den Sequanern die Erlaubnis, durch
ihr Gebiet zu ziehen, und planen, sich im Gebiet der Santonen (Santoni ) niederzulassen.
Als Caesar des erfährt, ist er beunruhigt: Dass
„kriegshungrige und dem römischen Volk
feindliche Menschen“ Nachbarn der Provinz
würden, hält er für sehr gefährlich. Deshalb
verstärkt er wieder seine Truppen in Oberitalien und bringt sie in Stellung.
a
ur
ur
a
Ar
(D
I
bis
Duoubs)
ll
Bibracte
A
Phase 2 (BG 1.9 – 14) Der Zug der
Helvetier durch das Gebiet der
Sequaner bis zum Fluss Arar
i
Die römische Republik
aô ar
ne
)
20
Zug der Helvetier
■ Nach Caesars Angaben waren beim Zug der Helvetier über 300 000 Menschen unterwegs. Erkläre anhand der Karte, vor welchen Schwierigkeiten diese standen. Gleichzeitig bewältigte Caesar mit seinen Truppen die Strecke von
Genava ins östliche Oberitalien und zurück bis in die Gegend des heutigen
Lyon. Ziehe zum Vergleich der beiden Routen auch die Karte auf S. 15 heran.
BG 1.11.1 und 6 Der Zug der Helvetier
3
Helvetii iam per angustias et nes Sequanorum
suas copias traduxerant et in Haeduorum nes
pervenerant eorumque agros populabantur.
Jetzt schicken die Haeduer (Haedui ) und zwei weitere
gallische Stämme Gesandte zu Caesar. Sie beschreiben
eindringlich die grausamen Übergriffe der Helvetier und
bitten Caesar inständig um Hilfe. Diese Bitte begründen
sie mit ihren freundschaftlichen Beziehungen zu Rom.
6
1 angustiae, -ārum (Pl.) Engpass – 3 populārı̄ verwüsten
T Vergleiche das Prooemium (BG 1.1). Erkläre
dann, warum das Verhalten der Helvetier für den Leser kaum überraschend kommen dürfte.
Quibus rebus adductus Caesar non exspectandum sibi statuit, dum omnibus fortunis sociorum
consumptis in Santonos Helvetii pervenirent.
S
Das prädikative Gerundiv
Das Gerundiv ist ein von einem Verb abgeleitetes Adjektiv, das in prädikativer Verwendung (meist mit
einer Form von esse) angibt, dass etwas getan werden muss. Verneint drückt es aus, dass etwas nicht getan
werden darf. Die handelnde Person steht im Dativ des Urhebers (dativus auctoris):
Puer mihi laudandus est. Der Junge muss von mir gelobt werden. / Ich muss den Jungen loben.
Das prädikative Gerundiv kann auch unpersönlich gebraucht werden. In solchen Fällen steht es im Neutrum
Singular (Endung: -um) und hat kein Substantiv, auf das es sich bezieht:
exspectandum est = es muss gewartet werden/man muss warten
In BG 1.11 heißt es: Caesar non exspectandum sibi statuit. Hier steht das unpersönlich verwendete prädikative
Gerundiv in einem AcI. In solchen Fällen steht das Gerundiv im Akkusativ des Neutrums; häufig muss der Infinitiv
esse ergänzt werden. Wende bei der Übersetzung die hier genannten Regeln an.
Vergleiche zum unpersönlich verwendeten Gerundiv (wenn auch nicht im AcI) den Beginn eines berühmten Gedichts (carmen 1,37) des Horaz (65 – 8 v. Chr.): Nunc est bibendum! Übersetze den Satz.
➝ Horaz und die augusteische Dichtung: S. 74
➝ AH: nd-Formen: Gerund und Gerundiv: S. ***
14
➝ AH: Funktionen des Dativs: S. ***
Caesar
21
BG 1.12.1 – 3 Caesar greift ein:
Die Schlacht am Fluss Arar
3
6
9
12
Flumen est Arar, quod per nes Haeduorum
et Sequanorum in Rhodanum inuit incredibili
lenitate, ita ut oculis, in utram partem uat,
iudicari non possit. Id Helvetii ratibus ac lintribus
iunctis transibant.
Ubi per exploratores Caesar certior factus est
tres iam partes copiarum Helvetios id umen
traduxisse, quartam vero partem citra umen
Ararim reliquam esse, de tertia vigilia cum
legionibus tribus e castris profectus ad eam
partem pervenit, quae nondum umen transierat.
Eos impeditos et inopinantes adgressus magnam
partem eorum concidit. Reliqui sese fugae mandarunt atque in proximas silvas abdiderunt.
Caesar erwähnt noch, dass gerade der besiegte Stammesteil der Helvetier den Römern unter der Führung
des L. Cassius die in BG 1.7 erwähnte Niederlage beigebracht hatte. Dafür habe es nun – „sei es durch Zufall,
sei es durch Fügung der unsterblichen Götter“ – die gerechte Strafe gegeben.
2 ı̄nfluere LW BG 1.8 – 3 lēnitās, -ātis f Langsamkeit –
fluere LW BG 1.6 – 4 ratis LW BG 1.8 – linter, lintris f Kahn –
6 explōrātor, -ōris m Kundschafter – 8 trādūcere LW
BG 1.11 – citrā (m. Akk.) diesseits – 9 reliquus LW BG 1.1 –
dē tertiā vigiliā noch während der dritten Nachtwache –
12 impedı̄tus nicht kampfbereit – inopı̄nāns, -antis ahnungslos – adgressus ~ aggressus – 13 concı̄dere (Perf.:
concı̄dı̄) niedermachen – 13 mandārunt ~ mandāvērunt –
13/14 sē abdere (Perf.: abdidı̄) sich verstecken
S Bestimme die From iudicari (Z. 4). Bilde die entsprechenden Formen von audire, monere und regere
und übersetze sie in Verbindung mit potuit.
T 1 Die Darstellung ist sehr knapp. Stelle dir das Geschehen aus der Perspektive der Helvetier vor, um zu
erahnen, was Caesar alles nicht berichtet. Erkläre, warum er hier wohl auf die Beschreibung von Details verzichtet.
T 2 Caesar hat für seinen Angriff auf die Helvetier mehrere Gründe vorgebracht. Stellt sie zusammen
und überlegt gemeinsam, welche weiteren Gründe für
die Rechtfertigung eines militärischen Angriffs vorgebracht werden können.
BG 1.13 Die Gesandtschaft der Helvetier
3
6
9
Hoc proelio facto, reliquas copias Helvetiorum ut
consequi posset, pontem in Arari faciendum curat
atque ita exercitum traducit. Helvetii repentino
eius adventu commoti, cum id, quod ipsi diebus
viginti aegerrime confecerant – ut umen transirent –, illum uno die fecisse intellegerent, legatos
ad eum mittunt. Cuius legationis Divico princeps
fuit, qui bello Cassiano dux Helvetiorum fuerat.
Is ita cum Caesare egit: …
1 reliquus LW BG 1.1 – 3 trādūcere LW BG 1.11 – repentı̄nus
plötzlich – 5 aegerrimē mit größter Mühe – 7 lēgātiō LW
BG 1.3 – 8 bellum Cassiānum der Krieg gegen Cassius (vgl.
BG 1.8 und BG 1.12)
S 1 Analysiere den zweiten Satz (Z. 3 – 7) vor der Übersetzung nach der Einrückmethode (vgl. S. 214).
S 2 Caesar gibt die Worte des Divico in indirekter
Rede wieder (vgl. Sprach-Box S. 16). Lies die deutsche
Übersetzung und erkläre, wie im Deutschen eine indirekte Rede ausgedrückt wird.
BG 1.13: Fortsetzung
... Wenn das römische Volk Frieden mit den Helvetiern schließe, so würden die Helvetier dorthin ziehen und dort
bleiben, wo Caesar sie ansiedle und wo er wolle, dass sie wohnten. Wenn er aber fortfahre, sie militärisch zu verfolgen, solle er sich an die alte Niederlage des römischen Volkes erinnern und auch an den eben gezeigten Mut
der Helvetier. Dass er unvermutet einen Stammesteil angegriffen habe, als die, die den Fluss überquert hätten,
ihren Leuten nicht zu Hilfe kommen konnten, – deshalb solle er sich nicht allzu viel auf seine eigene Tapferkeit
einbilden oder sie unterschätzen. Sie hätten von ihren Vorfahren gelernt, eher mutig zu kämpfen, als sich auf
List und Hinterhalt zu verlassen. Deshalb solle er es nicht dazu kommen lassen, dass dieser Ort, an dem sie sich
befänden, nach einer vernichtenden Niederlage des römischen Volkes und dem Untergang eines Heeres benannt
werde und in die Geschichte eingehe.
➝ Kompetenzseiten: Satzanalyse: S. 214
➝ AH: Indirekte Rede (oratio obliqua): S. ***
➝ AH: Verbformen: S. ***
15
22
Die römische Republik
BG 1.14.6 – 7 Caesars Antwort –
Divicos Reaktion
In seiner Antwort wirft Caesar den Helvetiern Hinterlist
bei dem Sieg über Cassius vor und verurteilt die Gewalttätigkeiten, die sie bisher auf ihrem Marsch begangen haben. Zudem warnt er sie vor den Göttern: Diese
würden verbrecherische Menschen oft eine Weile in Sicherheit wiegen, damit sie dann die Bestrafung umso
schmerzlicher empfinden. Dann macht Caesar den Helvetiern folgendes Angebot:
3
6
9
12
Cum ea ita sint,
tamen,
si obsides ab iis sibi dentur,
uti ea,
quae polliceantur,
facturos intellegat,
et si Haeduis de iniuriis,
quas ipsis sociisque eorum intulerint,
item si Allobrogibus satisfaciant,
sese cum iis pacem esse facturum.
S 1 Caesars Antwort auf Divicos Rede wird ebenfalls
in indirekter Rede wiedergegeben. Vergleiche die Kompetenzseite zur Satzanalyse (S. 214) und erkläre vor der
Übersetzung die Funktionen der einzelnen Einrückungen. Vergleiche dazu auch die Sprach-Box auf S. 16 sowie die vorangehende deutsche indirekte Rede, die dir
bei der korrekten Verwendung des deutschen Konjunktivs helfen kann.
S 2 Schlage in deiner Grammatik die Funktionen von
cum mit Konjunktiv nach. Suche vor der Übersetzung
ein Signalwort aus dem Satz heraus, das dir anzeigt, wie
cum hier zu übersetzen ist.
T 1 Gib die Aussagen des Divico in BG 1.13 (S. 21) und
1.14 mit eigenen Worten wieder. Beschreibe die Art seines Auftretens.
T 2 Diskutiert darüber, wie ein römischer Leser Divicos Reden empfunden haben mag.
T 3 Erkläre, welche Wirkung Caesar bei seinen Lesern
mit der Erwähnung der Götter (vgl. auch das Ende von
BG 1.12, S. 21) erzielen möchte.
Divico respondit: Ita Helvetios a maioribus suis
institutos esse, uti obsides accipere, non dare
consuerint; eius rei populum Romanum esse
testem. Hoc responso dato discessit.
6 factūrōs ergänze esse – 9 satisfacere Genugtuung leisten – 10 sēsē LW BG 1.12 – 13 cōnsuērint ~ cōnsuēverint
■ Darstellung des Treffens
zwischen Divico und Caesar
von Karl Jauslin (1842 – 1904).
Erkläre (auch anhand der
Position und Gestik), wer
die einzelnen Figuren sind.
Vergleiche das Bild mit Caesars Bericht: Stimmen beide
ganz überein?
➝ Kompetenzseiten: Satzanalyse: S. 214
➝ AH: Indirekte Rede (oratio obliqua): S. ***
16
➝ AH: Indikativ und Konjunktiv in Gliedsätzen: S. ***
Caesar
23
Phase 3 (BG 1.15 – 29) Der Zug der Helvetier
vom Fluss Arar bis
zur Stadt Bibracte
Die Helvetier ziehen Richtung Norden, Caesar folgt ihnen in einem Abstand von wenigen Meilen. Doch die
Römer haben Probleme, ihr Heer zu verpflegen, da die
verbündeten Haeduer versprochenen Proviant nicht
liefern. Der Hintergrund ist eine Verschwörung bei den
Haeduern, die Caesar schließlich aufdeckt.
Endlich findet Caesar eine günstige Position für einen
Angriff auf die Helvetier, aber durch den Fehler eines
römischen Reiterführers bleibt sie ungenutzt. Nun wird
die Zeit knapp für die Römer: Das Heer hat nur noch
für zwei Tage Proviant. Weil Bibracte, die reichste Stadt
der Haeduer, in der Nähe ist, beschließt Caesar, die Verfolgung der Helvetier zu unterbrechen und dorthin zu
ziehen, um für Proviant zu sorgen. Die Helvetier deuten
das als Zeichen von Schwäche und greifen die römische
Nachhut an.
Caesar stellt seine Soldaten auf einer Anhöhe auf und
schickt die Reiterei gegen die Helvetier. Diese kontern
den Angriff, werfen die römischen Reiter zurück und
rücken mit ihrer Schlachtreihe vor.
BG 1.25.1 – 2 Der Kampf (I)
3
6
Caesar primum suo, deinde omnium ex conspectu remotis equis, ut aequato omnium periculo
spem fugae tolleret, cohortatus suos proelium
commisit. Milites loco superiore pilis missis facile
hostium phalangem perfregerunt. Ea disiecta
gladiis destrictis in eos impetum fecerunt.
1 suō ergänze equō remōtō – 2 aequāre gleichmachen –
4 pı̄lum Speer – 5 phalanx, -angis f Schlachtreihe – perfringere (Perf.: perfrēgı̄) durchbrechen – disicere (PPP: disiectum) auseinandertreiben – 6 dēstringere (PPP: dēstrictum) ziehen
Die helvetischen Soldaten ziehen sich nach heftigem
Widerstand auf eine Anhöhe zurück. Die nachrückenden Römer werden wiederum von der nachrückenden
feindlichen Nachhut eingeschlossen. Daraufhin greifen
die Helvetier erneut an.
i
Die Römer und ihre Verbündeten
Die Römer hatten die Haeduer nicht unterworfen. Es bestand aber eine vertragliche Verbindung
zwischen den beiden Völkern: Die Haeduer waren
socii der Römer. Ein solches Verhältnis garantierte
ihnen den Schutz durch die Römer, verpflichtete sie
aber zu Gegenleistungen wie der Unterstützung des
römischen Heeres im Kriegsfall.
Vergleiche hierzu auch die Begründung, die Caesar in
BG 1.14 für die Verfolgung der Helvetier gibt.
S
Der ablativus absolutus
Der ablativus absolutus besteht in seiner
Grundform aus einem Substantiv oder Pronomen
und einem Partizip. Beide stehen im Ablativ. Er berichtet von Ereignissen, die vor (Partizip Perfekt)
oder während (Partizip Präsens) der Handlung des
Satzes liegen, in den er eingebettet ist. Es ist bei der
Caesarlektüre sinnvoll, im ersten Schritt der Übersetzung einen temporalen Gliedsatz zu bilden. Verwende bei einem Partizip Perfekt „nachdem“ und
bei einem Partizip Präsens „während“:
Caesar orationem habuit ...
Caesar hielt eine Rede, ...
Helvetiis victis.
nachdem die Helvetier
besiegt worden waren.
militibus audientibus.
während die Soldaten
zuhörten.
Gelegentlich steht anstelle eines Partizips ein Substantiv oder ein Adjektiv (nominaler ablativus absolutus). Damit wird Gleichzeitiges beschrieben:
Helvetii fines reliquerunt ...
Die Helvetier verließen ihr Gebiet, ...
Caesare proconsule.
während/als Caesar
Prokonsul war.
Caesare invito.
während/wobei Caesar
dagegen war (gegen
Caesars Willen).
Suche vor der Übersetzung von BG 1.25 sämtliche
ablativus-absolutus-Konstruktionen aus dem Text
heraus. Erkläre, warum Caesar diese Konstruktion
gerade in einer Schlachtszene mehrfach verwendet
und nicht auf lateinische Gliedsätze zurückgreift, mit
denen sich doch Ähnliches ausdrücken ließe.
➝ AH: Partizipien und Partizipialkonstruktionen: S. ***
17
24
Die römische Republik
BG 1.26.1 – 4 Der Kampf (II)
3
6
9
12
Ita ancipiti proelio diu atque acriter pugnatum
est. Diutius cum sustinere nostrorum impetus
non possent, alteri se, ut coeperant, in montem
receperunt, alteri ad impedimenta et carros
suos se contulerunt. Nam hoc toto proelio, cum
ab hora septima ad vesperum pugnatum sit,
aversum hostem videre nemo potuit. Ad multam
noctem etiam ad impedimenta pugnatum est,
propterea quod pro vallo carros obiecerunt et
e loco superiore in nostros venientes tela coniciebant et nonnulli inter carros rotasque mataras
ac tragulas subiciebant nostrosque vulnerabant.
Diu cum esset pugnatum, impedimentis castrisque nostri potiti sunt.
130 000 Helvetier können fliehen, werden aber von den
Römern verfolgt und kapitulieren.
1 anceps, -cipitis unentschieden – 4 impedı̄mentum
Tross – carrus LW BG 1.3 – 7/8 ad multam noctem bis tief
in die Nacht – 9 proptereā quod LW BG 1.1 – 10 tēlum
LW BG 1.8 – 11 nōnnūllı̄ LW BG 1.6 – rota Rad – matara
Wurfspieß – 12 trāgula Speer – subicere (hier) von unten herauswerfen – vulnerāre verwunden – 14 potı̄rı̄ LW BG 1.2
S Schreibe aus dem Text sämtliche Verben heraus,
die „schleudern“ bedeuten, und erkläre jeweils die Wortbildung.
T 1 Erkläre, welches Bild Caesar von den Helvetiern
vermittelt, wenn er schreibt, man habe keinen hostis
aversus zu Gesicht bekommen.
T 2 Vergleiche diese Schilderung mit der Darstellung
der Schlacht am Fluss Arar (BG 1.12). Erkläre, worauf die
Unterschiede in den Schilderungen zurückzuführen
sein könnten.
BG 1.27 Die Kapitulation
3
6
9
12
15
18
Helvetii omnium rerum inopia adducti legatos
de deditione ad eum miserunt. Qui cum eum in
itinere convenissent seque ad pedes proiecissent
suppliciterque locuti entes pacem petissent
atque eos in eo loco, quo tum essent, suum adventum exspectare iussisset, paruerunt. Eo postquam Caesar pervenit, obsides, arma, servos, qui
ad eos perfugissent, poposcit.
Dum ea conquiruntur et conferuntur,
nocte intermissa circiter hominum milia sex eius
pagi,
qui Verbigenus appellatur,
sive timore perterriti,
ne armis traditis supplicio adcerentur,
sive spe salutis inducti,
quod in tanta multitudine dediticiorum suam
fugam aut occultari aut omnino ignorari posse
existimarent,
prima nocte e castris Helvetiorum egressi
ad Rhenum nesque Germanorum contenderunt.
➝ AH: Indikativ und Konjunktiv in Gliedsätzen: S. ***
➝ AH: Funktionen des Genitivs: S. ***
18
8 perfugere (Perf.: perfūgı̄) überlaufen – 11 pāgus
Stammesteil (hier geht es um den Verbigenus pāgus, den
Verbigener Stammesteil) – 14 adficerentur ~ afficerentur –
15 indūcere LW BG 1.2 – 16 dēditı̄cius der Kapitulierende
S 1 Bestimme die Konstruktion nocte intermissa
(Z. 10). Achte besonders auf eine angemessene deutsche Übersetzung.
S 2 Vergleiche vor der Übersetzung des Ausdrucks
circiter hominum milia sex (Z. 10) die Sprach-Box auf
S. 19. Bestimme auch den Kasus von hominum sowie
seine besondere Funktion.
S 3 Achte bei der Übersetzung von ne (Z. 14) auf das
Verb, von dem dieser Gliedsatz abhängt. Der Eintrag im
Wörterbuch hilft dir bei der korrekten Wiedergabe.
T Vergleiche die Karte auf S. 15 und bewerte die Erfolgschancen des Fluchtplans.
➝ AH: Partizipien und Partizipialkonstruktionen
Caesar
25
BG 1.28.1 – 4 Die Wiederherstellung
der Ordnung
6
Quod ubi Caesar resciit,
quorum per nes ierant,
his,
uti conquirerent et reducerent,
si sibi purgati esse vellent,
imperavit.
9
Reductos in hostium numero habuit;
reliquos omnes obsidibus, armis, perfugis traditis
in deditionem accepit.
3
12
15
18
21
24
27
Helvetios, Tulingos, Latobrigos in nes suos,
unde erant profecti,
reverti iussit et,
quod omnibus frugibus amissis domi nihil erat,
quo famem tolerarent,
Allobrogibus imperavit,
ut iis frumenti copiam facerent;
ipsos oppida vicosque,
quos incenderant,
restituere iussit.
Id ea maxime ratione fecit,
quod noluit eum locum,
unde Helvetii discesserant,
vacare,
ne propter bonitatem agrorum Germani,
qui trans Rhenum incolunt,
ex suis nibus in Helvetiorum nes
transirent
et nitimi Galliae provinciae
Allobrogibusque essent.
1 rescı̄scere (Perf.: resciı̄) erfahren – 4 utı̄ LW BG 1.14 –
conquı̄rere LW BG 1.27 – 5 sibı̄ pūrgātı̄ esse ihm (Caesar)
gegenüber ohne Schuld sein – 8 reliquus LW BG 1.1 –
perfuga, -ae m Überläufer – 9 dēditiō LW BG 1.27 –
13 frūgēs, -um f Feldfrüchte – 24 bonitās, -ātis f Substantiv zu bonus – 25 trans LW BG 1.1 – incolere LW
BG 1.1 – 28 fı̄nitimus LW BG 1.2
S Diese Passage enthält mehrere lange Sätze. Erkläre
vor der Übersetzung jeweils ihren Aufbau. Die Satzanalyse nach der Einrückmethode hilft dir dabei.
T 1 Vergleiche zu den geografischen Angaben die
Info-Boxen zu BG 1.1 (S. 14) und 1.6 (S. 18) sowie die Karte auf S. 15. Caesar erwähnt hier – wie schon im Prooemium (BG 1.1, S. 14) – die Germanen. Erkläre, warum er
dies tut.
T 2 Schreibe aus BG 1.27 und 1.28 sämtliche Wendungen heraus, in denen es um Handlungen Caesars
geht, und vergleiche sie mit den Aktivitäten der besiegten Gallier. Arbeite heraus, wie Caesar sich hier
selbst charakterisiert.
T 3 Gehe die bislang übersetzten Caesartexte noch
einmal durch und arbeite heraus, was für ein Bild Caesar
von den gallischen Stämmen – vor allem von den Helvetiern – zeichnet. Vergleiche dazu die Abbildung auf
dieser Seite. Diskutiert darüber, ob sie zu Caesars Beschreibung der Gallier passt.
■ Dieses gallische Küchengeschirr verdeutlicht, wie stark einige gallische Stämme von
der Kultur der Römer beeinflusst waren. Erkläre, aus welchen Gegenständen man dies
schließen kann.
➝ Kompetenzseiten: Satzanalyse: S. 214
➝ Charakterisierung Caesars bei Sallust (Cat. 54): S. 71
➝ Charakterisierung Caesars bei Velleius Paterculus: S. 93 – 94
19
26
Die römische Republik
Einzelszenen
BG 4.25.3 – 6 Der Adlerträger der 10. Legion
In Buch 4 der Commentarii de bello Gallico berichtet Caesar unter anderem, wie er im Herbst des Jahres 55 v. Chr. mit einer großen Flotte nach Britannien
übersetzt. Bei der Landung gibt es jedoch Probleme:
Die Schiffe können wegen ihrer Ausmaße nur in größerer Tiefe ankern. Zudem haben die Britannier am Ufer
ihre Truppen aufgestellt und erwarten die Römer. Die
römischen Soldaten müssten also bewaffnet von den
Schiffen springen, im Wasser Halt finden und mit den
Feinden kämpfen. Sie zögern, und da schlägt die Stunde des Adlerträgers der 10. Legion:
3
6
9
12
Atque nostris militibus cunctantibus, maxime
propter altitudinem maris, qui decimae legionis
aquilam ferebat, obtestatus deos, ut ea res
legioni feliciter eveniret, „Desilite“, inquit,
„commilitones, nisi vultis aquilam hostibus
prodere; ego certe meum rei publicae atque
imperatori ofcium praestitero.“ Hoc cum voce
magna dixisset, se ex navi proiecit atque in hostes
aquilam ferre coepit. Tum nostri cohortati inter
se, ne tantum dedecus admitteretur, universi
ex navi desiluerunt. Hos item ex proximis
navibus cum conspexissent, subsecuti hostibus
adpropinquaverunt.
i
Caesars Stil ist im Wesentlichen sachlich, die
Darstellung wenig emotional. Das entspricht
der Gattungstradition des commentarius, in der das
Werk steht (vgl. Einleitung S. 13). Gelegentlich streut
Caesar aber auch Szenen mit dramatischen Schilderungen ein, in denen er Taten einzelner römischer
Soldaten beschreibt. Solche Szenen finden sich immer dann, wenn die Römer in Bedrängnis geraten.
2 altitūdō LW BG 1.8 – 2/3 ergänze: <is,> quı̄ ... ferēbat –
3 aquila Adler – obtēstārı̄ beschwören – 4 dēsilı̄re (Perf.:
dēsiluı̄) herabspringen – 5 commı̄litō, -ōnis m Kamerad –
8 prōicere LW BG 1.27 – 9 cohortārı̄ LW BG 1.25 – 10 dēdecus, -oris n Schande – 11 item LW BG 1.14 – 12 subsequı̄ (Part. Perf.: subsecūtus) nachfolgen
S 1 Im Text befindet sich eine Form des Verbs velle.
Wiederhole die Formen von velle mit deiner Grammatik und bestimme die folgenden Formen: vis – vultis
– vultus. Gib an, welche Wörter sowohl Formen von velle
als auch Substantive sind und welcher der drei Begriffe
nichts mit velle zu tun hat.
S 2 Bestimme das Tempus von praestitero (Z. 7) und
erkläre, warum es hier verwendet wird.
T 1 Informiere dich in einem Lexikon oder im Internet zur Bedeutung
des Legionsadlers und der Rolle des
Adlerträgers. Gehe auch darauf ein,
welchen Stadtgott der Adler symbolisiert.
T 2 Der Adlerträger setzt sein Leben
aufs Spiel. Erörtere, was sich daraus
über sein Verhältnis zu seinem Feldherrn schließen lässt.
■ Die „Asterix“-Autoren kannten Caesars Text sehr gut. Es scheint, als hätte die Adlerträgerepisode sie zu dieser Szene in „Asterix bei den Schweizern“ inspiriert. Asterix
und Obelix sind gerade in den Genfer See gesprungen, die Legionäre sollen ihnen folgen. Arbeite die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen beiden Szenen heraus.
* caliga Stiefel
** vgl. Sprach-Box S.***
➝ AH: velle/nolle/malle: S. ***
➝ AH: Verbformen: S. ***
20
Caesar
27
BG 6.38 Ein Germanenangriff
Im Winter 53 v. Chr. greifen Germanen ein römisches Lager an. Ein großer Teil der römischen Besatzung ist zur
Besorgung von Getreide ausgeschwärmt. Die wenigen
im Lager verbliebenen Soldaten werden von dem Angriff völlig überrascht und können kaum standhalten.
Die Lage scheint aussichtslos. Da greift Publius Sextius
Baculus ein.
3
6
9
12
15
Erat aeger in praesidio relictus P. Sextius Baculus, qui primum pilum apud Caesarem duxerat,
cuius mentionem superioribus proeliis fecimus,
ac diem iam quintum cibo caruerat. Hic difsus
suae atque omnium saluti inermis ex tabernaculo prodit. Videt imminere hostes atque in summo rem esse discrimine. Capit arma a proximis
atque in porta consistit. Consequuntur hunc
centuriones eius cohortis, quae in statione erat.
Paulisper una proelium sustinent. Relinquit
animus Sextium gravibus acceptis vulneribus.
Aegre per manus tractus servatur. Hoc spatio
interposito reliqui sese conrmant tantum, ut
in munitionibus consistere audeant speciemque
defensorum praebeant.
1 aeger, -gra, -grum krank – praesidium LW BG 1.8 –
2 prı̄mus pı̄lus die Triarier (Abteilung besonders erfahrener Soldaten) – 4 diffı̄sus (m. Dat.) ohne Hoffnung
auf – 5 inermis, -e unbewaffnet – tabernāculum Zelt –
9 statiō, -ōnis f Wachposten – 11 animus (hier) Bewusstsein – 12 aegrē mit Mühe – per manūs trahere von Hand
zu Hand reichen – 12/13 hōc spatiō interpositō währenddessen – 13 reliquus LW BG 1.1 – sēsē LW BG 1.12 – tantum,
ut so sehr, dass – 14 mūnı̄tiō LW BG 1.8 – 14/15 speciem
dēfēnsōrum praebēre wenigstens das Bild von Verteidigern bieten
T 1 Untersuche, wie Caesar Sextius Baculus charakterisiert. Gehe besonders auf die Frage ein, welche Erwartungen die Leser am Beginn des Textes bezüglich seines
Mutes und seiner Kampfkraft haben könnten.
T 2 Beschreibe die Struktur der Sätze in Z. 4 – 12 (Hic
diffisus ... servatur). Erkläre, warum dies zum berichteten Geschehen passt.
T 3 Vergleiche die beiden Einzelszenen BG 4.25 und
6.38 miteinander. Arbeite Gemeinsamkeiten und Unterschiede heraus. Achte dabei sowohl auf den Inhalt als
auch auf die sprachliche Gestaltung.
i
Die Gallier- und Germanenexkurse (I)
Schon im Prooemium zu den Commentarii de bello Gallico hat Caesar nicht nur von gallischen Stämmen,
sondern auch von den Germanen gesprochen (vgl. Info-Box S. 14). Tatsächlich waren die Germanen für ihn eine
ständige Bedrohung. Immer wieder überschreiten germanische Verbände den Rhein, und so kommt es mehrfach zu Zusammenstößen zwischen Römern und Germanen. Dabei erweisen sich die Germanen als die erwartet
schweren Gegner. Mit einigen wenigen von ihnen kommt Caesar zu vertraglichen Vereinbarungen, im Großen und
Ganzen bleibt das Germanenproblem aber ungelöst.
Doch Caesar schildert nicht nur kriegerische Auseinandersetzungen mit Galliern und Germanen, sondern er unterbricht seine Schilderungen auch an mehreren Stellen, um die Leser genauer über Völker und geografische
Gegebenheiten zu informieren. Die umfangreichste dieser Passagen ist ein großer Exkurs über die Gallier und
die Germanen in Buch 6 des Werkes, der 18 Kapitel umfasst (vgl. die folgenden Seiten). Insbesondere äußert sich
Caesar über die Lebensweise gallischer und germanischer Stämme, über deren gesellschaftliche Ordnung
und religiöse Praktiken.
21
28
Die römische Republik
Die Gallier- und Germanenexkurse
BG 6.13.1 – 3 Die Machtverhältnisse innerhalb der gallischen Stämme
3
6
9
In omni Gallia eorum hominum, qui aliquo sunt
numero atque honore, genera sunt duo. Nam
plebes paene servorum habetur loco, quae nihil
audet per se, nullo adhibetur consilio. Plerique,
cum aut aere alieno aut magnitudine tributorum
aut iniuria potentiorum premuntur, sese in servitutem dicant. Nobilibus in hos eadem omnia sunt
iura, quae dominis in servos. Sed de his duobus
generibus alterum est druidum, alterum equitum.
1/2 aliquō numerō et honōre esse irgendwelche Geltung
haben – 3 plēbes, -is f ~ plēbs – 5 tribūtum Abgabe –
6/7 sēsē in servitūtem dicāre sich in die Sklaverei begeben
S Übersetze den Satz plebes paene servorum habetur
loco (Z. 3) zunächst wörtlich. Überlege dann, was mit
loco servorum haberi gemeint sein dürfte, und suche
eine freiere Übersetzung. Gehe dann bei der Wiedergabe der Wendung eadem ..., quae (Z. 7/8) ebenso vor.
BG 6.16.1 – 3 und 5 Menschenopfer
der Gallier
3
6
9
12
Natio est omnis Gallorum admodum dedita
religionibus,
atque ob eam causam,
qui sunt adfecti gravioribus morbis
quique in proeliis periculisque versantur,
aut pro victimis homines immolant
aut se immolaturos vovent
administrisque ad ea sacricia druidibus utuntur,
quod,
pro vita hominis nisi hominis vita reddatur,
non posse deorum immortalium numen placari
arbitrantur,
publiceque eiusdem generis habent instituta
sacricia.
Es gibt riesige Gebilde aus Weidenruten, in denen Menschen eingeschlossen und verbrannt werden.
15
18
Supplicia eorum, qui in furto
aut in latrocinio aut aliqua noxia
sint comprehensi, gratiora dis
immortalibus esse arbitrantur;
sed, cum eius generis copia
defecit, etiam ad innocentium
supplicia descendunt.
➝ Kompetenzseiten: Rhetorische Stilmittel: S. 220
➝ AH: Verbformen: S. ***
22
1 admodum völlig – 4 adfectus ~ affectus – 5 quı̄que ~ et
quı̄ – 6 victima Opfertier – 7 immolātūrōs ergänze esse –
vovēre schwören – 8 administer, -trı̄ Helfer – druidēs LW
BG 6.13 – 11 placāre besänftigen – 16 latrōcinium Raub –
noxia Vergehen
S 1 In dieser Passage kommen mehrere Deponentien
vor. Suche sie heraus und bestimme die Formen.
S 2 Analysiere die Wortstellung im nisi-Satz (Z. 10).
Gib an, welches Stilmittel Caesar hier verwendet.
■ Detail eines berühmten keltischen Kunstwerks, des Kessels
von Gundestrup (1. Jh. v. Chr.). Die Szene rechts könnte ein Menschenopfer darstellen. Dennoch ist umstritten, ob die Gallier tatsächlich Menschen opfern. Erkläre, warum gegenüber Caesars
Aussagen in dieser Sache Skepsis geboten ist.
Caesar
29
BG 6.21 – 22.2 Religion und Lebensweise
der Germanen
3
6
9
12
15
18
21
24
Germani multum ab hac consuetudine differunt.
Nam neque druides habent, qui rebus divinis
praesint, neque sacriciis student. Deorum
numero eos solos ducunt, quos cernunt et
quorum aperte opibus iuvantur, Solem et
Vulcanum et Lunam; reliquos ne fama quidem
acceperunt.
Vita omnis in venationibus atque in studiis rei
militaris consistit; a parvis labori ac duritiae
student. Qui diutissime impuberes permanserunt,
maximam inter suos ferunt laudem: hoc ali
staturam, ali vires nervosque conrmari putant.
Intra annum vero vicesimum feminae notitiam
habuisse in turpissimis habent rebus. Cuius
rei nulla est occultatio, quod et promiscue in
uminibus perluuntur et pellibus aut parvis
renonum tegimentis utuntur magna corporis
parte nuda.
Agriculturae non student, maiorque pars eorum
victus in lacte, caseo, carne consistit. Neque
quisquam agri modum certum aut nes habet
proprios; sed magistratus ac principes in annos
singulos gentibus cognationibusque hominum
quique una coierunt, quantum et quo loco visum
est agri, attribuunt atque anno post alio transire
cogunt.
2 druidēs LW BG 6.13 – 3 sacrificium LW BG 6.16 – 4 numerō
dūcere (m. Dat.) rechnen zu – 6 reliquus LW BG 1.1 – nē
fāmā quidem nicht einmal durch Hörensagen – 8 vēnātiō,
-ōnis f Jagd – 9 ā parvı̄s von klein auf – dūritia Substantiv
zu dūrus – 10 ergänze: <iı̄s,> quı̄ – impūbēs, -eris ohne
sexuellen Kontakt – per-manēre ~ manēre – 11 alı̄ von
alere – 12 statūra Körperbau – nervus Muskel – 13 intrā
annum vı̄cēsimum vor dem 20. Lebensjahr – nōtitia
fēminae sexueller Kontakt mit einer Frau – 14 habēre
in rechnen zu – 14/15 cuius reı̄ in dieser Beziehung –
15 occultātiō, -ōnis f Heimlichtuerei – prōmı̄scuus gemeinsam – 16 perluere waschen – pellis, -is f Tierhaut – 17 rēnō,
-ōnis m Pelz – tegimentum Bedeckung – 19 agrı̄cultūra
Ackerbau – 20 vı̄ctus, -ūs Nahrung – lāc, lactis n Milch –
cāseus Käse – carō, carnis f Fleisch – 22 proprius eigen –
23 singulus LW BG 1.6 – cōgnātiō, -ōnis f Sippe – 24 quı̄que ~
et iı̄s, quı̄ – unā LW BG 6.38 – coı̄re sich zusammenschließen – 24/25 vı̄sum est ergänze iı̄s: sie befanden für gut –
25 attribuere zuteilen – aliō anderswohin
S Bestimme die Konstruktion magna corporis parte
nuda (Z. 17/18).
T 1 Caesar verwendet nicht etwa die einheimischen,
sondern die römischen Götternamen. Informiere dich
in der Schulbibliothek oder im Internet über die Namen
der germanischen Götter.
T 2 Stelle die zentralen Informationen aus den gelesenen Texten zusammen und ergänze sie durch die
in der Info-Box genannten Punkte. Fasse Caesars Beschreibungen der Gallier und Germanen mit eigenen
Worten zusammen.
i
Die Gallier- und Germanenexkurse (II)
Gesellschaftliche Strukturen bei den Galliern:
■ Wer sich dem Urteil der Druiden nicht unterwirft, wird vom Götterdienst ausgeschlossen und gesellschaftlich
vollkommen isoliert. ■ Die Ritter sind für Kriegshandlungen zuständig. Ihr Ansehen gründet sich auf Abstammung und Besitz. ■ Nichterwachsene Söhne haben keinen Zutritt zu ihren Vätern. Die Väter haben die Gewalt
über Leben und Tod ihrer Angehörigen. ■ Bestattungen Vornehmer sind aufwendig; mit dem Toten wird alles,
was ihm wichtig war, verbrannt, zum Teil auch Tiere und Sklaven.
Religion der Gallier:
■ Die Gallier verehren zahlreiche Götter, die den römischen Göttern entsprechen. ■ Wer von einer Beute nicht
den Göttern opfert, wird grausam hingerichtet. ■ Sie glauben, dass sie vom Gott der Unterwelt abstammen;
deshalb rechnen sie nach Nächten, nicht nach Tagen.
Besonderheiten in der germanischen Gesellschaft:
■ Durch das Verbot von Sesshaftigkeit und Landbesitz wollen die Germanen verhindern, dass sie aus Kriegern
zu Bauern werden und sich Bequemlichkeit und Besitzgier ausbreiten. ■ Zwischen Mächtigen und einfachen
Leuten gibt es keine Vermögensunterschiede. Dies soll den Zusammenhalt fördern. ■ Im Kriegsfall werden gemeinsame Führer gewählt, in Friedenszeiten regieren einzelne Stammeshäuptlinge. ■ Raubzüge dienen der
militärischen Übung. Wer sich einer Teilnahme verweigert, gilt als Verräter. ■ Das Gastrecht ist heilig.
23
30
Die römische Republik
Der Freiheitskampf der Gallier
Zu Beginn des 7. Buches berichtet Caesar von der Entstehung einer gallischen Widerstandsbewegung. Nach
mehreren geheimen Treffen verschiedener gallischer
Fürsten ermorden die Carnuten in Cenabum alle dort
befindlichen römischen Bürger. Die Nachricht davon
verbreitet sich schnell in ganz Gallien. In der Arvernerstadt Gergovia versucht der gallische Fürst Vercingetorix, das Volk gegen die Römer aufzuwiegeln. Sein
Versuch scheitert zunächst: Er wird aus der Stadt vertrieben.
BG 7.4.3 – 4 und 9 – 10 Vercingetorix kehrt
zurück
3
6
Non desistit tamen atque in agris habet dilectum
egentium ac perditorum. Hac coacta manu, quoscumque adit ex civitate, ad suam sententiam
perducit; hortatur, ut communis libertatis causa
arma capiant, magnisque coactis copiis adversarios suos, a quibus paulo ante erat eiectus, expellit
ex civitate. Rex ab suis appellatur.
Vercingetorix schmiedet ein Bündnis zwischen mehreren Stämmen, die ihm die Führung übertragen. Zur
Absicherung dieses Bündnisses verlangt er Geiseln und
lässt sich Soldaten schicken.
9
12
Summae diligentiae summam imperii severitatem
addit; magnitudine supplicii dubitantes cogit.
Nam maiore commisso delicto igni atque omnibus
tormentis necat, leviore de causa auribus desectis
aut singulis effossis oculis domum remittit, ut
sint reliquis documento et magnitudine poenae
perterreant alios.
■ Beschreibe dieses Standbild des Vercingetorix, das im 19. Jahrhundert bei der französischen Stadt Alise-Sainte-Reine errichtet
wurde. Erschließe, welche Haltung zu Vercingetorix durch dieses
Bild ausgedrückt werden soll.
1 dēsistere LW BG 1.8 (Subjekt ist Vercingetorix) – dı̄lēctum
habēre eine Rekrutierung durchführen – 2 egēns, -entis
bedürftig – perditus verkommen – quōscumque ~ omnēs,
quōs – 3/4 ad suam sententiam perdūcere für seinen Plan
gewinnen – 10 dēlictum Verbrechen – 11 tormentum
Marter – dēsecāre (PPP: dēsectum) abschneiden – 12 singulus LW BG 1.6 – effodere (PPP: effossum) ausstechen –
13 reliquus LW BG 1.1 – documentō esse ein warnendes
Beispiel sein
S 1 Erkläre den Dativ documento in Z. 13.
S 2 Schreibe aus dem Text sämtliche ablativus-absolutus-Konstruktionen heraus. Bemühe dich dann beim
Übersetzen jeweils um eine angemessene Wiedergabe.
T Beschreibe das Bild, das Caesar von Vercingetorix
entwirft, mit eigenen Worten. Erkläre, welches Ziel Caesar mit dieser Darstellung verfolgen dürfte.
BG 7.5 – 88: Zusammenfassung
Es gelingt Vercingetorix, die Kräfte der Gallier, deren größte Schwäche bis dahin ihre Uneinigkeit gewesen ist, zu
bündeln und sie für einen großen Befreiungskampf zu begeistern. Die Auseinandersetzung wird mit unerbittlicher Härte geführt. Bei Gergovia bringen die Gallier Caesars Truppen schließlich eine schwere Niederlage bei.
Der Entscheidungsschlacht bei Alesia (heute Alise-Sainte-Reine) geht eine Belagerung der Stadt durch die Römer
voraus.
➝ ablativus absolutus bei Caesar: S. 23
➝ AH: Funktionen des Dativs: S. ***
24
➝ AH: Partizipien und Partizipialkonstruktionen: S. ***
Caesar
31
BG 7.73.4 – 9 Die Belagerung von Alesia
Während der Belagerung von Alesia gibt es immer wieder Ausbrüche gallischer Soldaten aus der Stadt. Da
beschließt Caesar, die römischen Befestigungsanlagen
zu verstärken. Zunächst lässt er die Legionäre Gräben
ziehen, in denen dann angespitzte Pfähle aufgestellt
werden.
3
6
9
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18
Quini erant ordines coniuncti inter se atque
implicati; quo qui intraverant, se ipsi acutissimis
vallis induebant. Hos „cippos“ appellabant. Ante
quos obliquis ordinibus in quincuncem dispositis
scrobes tres in altitudinem pedes fodiebantur
paulatim angustiore ad inmum fastigio. Huc
teretes stipites feminis crassitudine ab summo
praeacuti et praeusti demittebantur, ita ut non
amplius digitis quattuor ex terra eminerent.
Simul conrmandi et stabiliendi causa singuli ab
inmo solo pedes terra exculcabantur; reliqua
pars scrobis ad occultandas insidias viminibus
ac virgultis integebatur. Huius generis octoni
ordines ducti ternos inter se pedes distabant. Id
ex similitudine oris „lilium“ appellabant. Ante
haec taleae pedem longae ferreis hamis inxis
totae in terram infodiebantur mediocribusque
intermissis spatiis omnibus locis disserebantur;
quos „stimulos“ nominabant.
1 quı̄nı̄ je fünf – 2 implicāre umwickeln – quō (hier)
dorthin – ergänze: <iı̄,> quı̄ – 2/3 sē induere (m. Abl.)
hineingeraten – 3 vāllum LW BG 1.26 – cippus Grabsäule –
4 oblı̄quus seitwärts geneigt – in quı̄ncūncem in schräger
Linie – dispōnere LW BG 1.8 – 5 scrobis, -is m Grube –
altitūdō LW BG 1.8 – fodere graben – 6 angustus LW BG
1.2 – paulātim angustiōre ad ı̄nfimum fastı̄giō trichterförmig („mit nach unten allmählich engerer Spitze“) – 7 teres,
-etis länglich – stı̄pes, -itis m Pfahl – femur, -inis n Oberschenkel – crassitūdō, -inis f Dicke – 8 praeacūtus vorn angespitzt – praeūstus im Feuer gehärtet – 9 digitus Finger –
ēminēre hervorragen – 10 stabilı̄re befestigen – singulus
LW BG 1.6 – 10/11 singulı̄ pedēs terrā exculcābantur je
ein Fuß Erde wurde festgestampft – 11 solum Boden –
reliquus LW BG 1.1 – 12 occultāre LW BG 1.27 – vı̄men, -inis
n Weidenrute – 13 virgultum Gebüsch – integere überdecken – octōnı̄ je acht – 14 ternı̄ je drei – dı̄stāre ent fernt
sein – 15 similitūdō, -inis f Ähnlichkeit – lı̄lium Lilie – 16 tālea Spitzpfahl – ferreus eisern – hāmus Haken – ı̄nfı̄gere
(PPP: ı̄nfı̄xum) hineinbohren – 17 ı̄nfodere eingraben –
mediocris, -e in der Mitte – 18 intermittere LW BG 1.27 –
disserere verteilen – 19 stimulus Stachel
S 1 Dieser Textabschnitt enthält besonders viele
eher ungebräuchliche Vokabeln. Erkläre anhand des
Textinhalts und der Sachfelder, aus denen die einzelnen
Wör ter stammen, warum dies so ist.
S 2 cippus, lilium, stimulus – die römischen Legionäre verwenden besondere Bezeichnungen für die militärischen Einrichtungen. Erkläre beim Übersetzen, was
diese Namen mit den einzelnen Verteidigungsanlagen
zu tun haben.
T Zeichne eine grobe Skizze der im Text beschriebenen Verteidigungsanlagen.
■ So stellten sich die Herausgeber eines Caesartextes aus dem
18. Jahrhundert das belagerte
Alesia vor. Vergleiche diese Darstellung mit der Beschreibung
Caesars. Arbeite heraus, wo die
Abbildung Caesar genau folgt
und an welchen Stellen sie davon abweicht.
25
32
Die römische Republik
BG 7.77.3 – 7 und 12 – 16 Die Rede
des Critognatus
3
6
9
12
15
„Nihil de eorum sententia dicturus sum, qui
turpissimam servitutem deditionis nomine
appellant, neque hos habendos civium loco
neque ad concilium adhibendos censeo. Cum his
mihi res sit, qui eruptionem probant; quorum
in consilio omnium vestrum consensu pristinae
residere virtutis memoria videtur. Animi est
ista mollitia, non virtus, paulisper inopiam ferre
non posse. Qui se ultro morti offerant, facilius
reperiuntur quam qui dolorem patienter ferant.
Atque ego hanc sententiam probarem (tantum
apud me dignitas potest), si nullam praeterquam
vitae nostrae iacturam eri viderem. Sed in
consilio capiendo omnem Galliam respiciamus,
quam ad nostrum auxilium concitavimus!
Critognatus betont, dass man die Verbündeten nicht
enttäuschen dürfe, deren Ankunft kurz bevorstehe.
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24
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36
Quid ergo mei consilii est? Facere, quod nostri
maiores nequaquam pari bello Cimbrorum
Teutonumque fecerunt: Qui in oppida compulsi
ac simili inopia subacti eorum corporibus, qui
aetate ad bellum inutiles videbantur, vitam toleraverunt neque se hostibus tradiderunt. Cuius
rei si exemplum non haberemus, tamen libertatis
causa institui et posteris prodi pulcherrimum
iudicarem.
Nam quid illi simile bello fuit? Depopulata
Gallia Cimbri magnaque illata calamitate nibus
quidem nostris aliquando excesserunt atque alias
terras petierunt. Iura, leges, agros, libertatem
nobis reliquerunt. Romani vero quid petunt
aliud aut quid volunt, nisi invidia adducti, quos
fama nobiles potentesque bello cognoverunt,
horum in agris civitatibusque considere atque
his aeternam iniungere servitutem? Neque enim
ulla alia condicione bella gesserunt. Quodsi ea,
quae in longinquis nationibus geruntur ignoratis,
respicite nitimam Galliam, quae in provinciam
redacta iure et legibus commutatis securibus
subiecta perpetua premitur servitute.“
➝ AH: Funktionen des Genitivs: S. ***
➝ Kompetenzseiten: Rhetorische Stilmittel: S. 220
26
i
Caesar beschreibt auch die Situation der Belagerten in Alesia. So schildert er, wie die Gallier
darüber diskutieren, was in dieser schwierigen Lage
zu tun ist, und präsentiert sogar eine Rede, die der
Arverner Critognatus gehalten haben soll. Caesar
schreibt, er gebe die Rede „wegen ihrer einzigartigen
und frevelhaften Grausamkeit“ wieder. Allerdings
kann sich Critognatus mit dem hier gestellten Antrag
nicht durchsetzen.
Diskutiert darüber, ob Caesar in Bezug auf seine Leser ein Risiko eingeht, wenn er einen Feind der Römer derart ausführlich zu Wort kommen lässt. Beachtet dabei auch, welches Bild durch die Rede von
Critognatus gezeichnet wird.
2 dēditiō LW BG 1.27 – 3/4 habendōs ... adhibendōs ergänze jeweils esse – 4 adhibēre LW BG 6.13 – 5 ēruptiō, -ōnis f
Ausfall – 6 cōnsēnsus, -ūs Übereinstimmung – 7 residēre
vorhanden sein – 8 mollitia Schwäche – paulı̄sper LW BG
6.38 – 9 ergänze: <iı̄,> quı̄ – 10 patiēns, -entis geduldig –
12 praeterquam außer – 13 iactūra Verlust – 15 concitāre
herbeirufen – 17 nēquāquam keineswegs – 17/18 Cimbrı̄,
-ōrum, Teutonēs, -um vgl. Info-Box S. 14 – 18 ergänze:
<iı̄,> quı̄ – com-pellere zusammentreiben – 20 tolerāre
LW BG 1.28 – 23 prōdere LW BG 4.25 – 25 dēpopulāre
völlig verwüsten – 34 ūllus LW BG 1.7 – 35 longinquus weit
entfernt – 36 fı̄nitimus LW BG 1.2 – 37 commūtāre verändern – secūris, -is f Beil
S 1 Bestimme die genaue Funktion der Genitive
in den Wendungen consensu omnium vestrum und
memoria pristinae virtutis (Z. 6/7) sowie in quid mei
consilii est (Z. 16).
S 2 Bestimme beim Übersetzen die Funktion der
folgenden Konjunktive: sit (Z. 5) – probarem/viderem
(Z. 11/13) – respiciamus (Z. 14) – haberemus/iudicarem
(Z. 22/24).
S 3 Vergleiche in deiner Grammatik die Regeln zu den
Partizipialkonstruktionen (ablativus absolutus und participium coniunctum). Wende sie bei der Übersetzung
der Partizipien im letzten Satz an: redacta, commutatis,
subiecta.
S 4 Vergleiche die Kompetenzseiten zu den Stilmitteln (S. 220) und suche aus der Rede Beispiele für folgende Stilmittel heraus: Alliteration, Antithese, Asyndeton, Hyperbel, Litotes, rhetorische Frage. Beschreibe
jeweils auch die Funktion, welche die Verwendung der
Stilmittel auf das Publikum haben soll.
➝ AH: Indikativ und Konjunktiv in Haupt- und Gliedsätzen: S. ***
➝ AH: Partizipialkonstruktionen: S. ***
Caesar
33
BG 7.89 Die Kapitulation des Vercingetorix
Die Gallier haben die Schlacht bei Alesia verloren. Der
große Befreiungsversuch ist damit gescheitert, darüber
sind sich die gallischen Führer im Klaren. Nun müssen
sie ihr weiteres Vorgehen planen.
3
6
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12
Postero die Vercingetorix concilio convocato id
bellum suscepisse se non suarum necessitatum,
sed communis libertatis causa demonstrat, et
quoniam sit fortunae cedendum, ad utramque
rem se illis offerre, seu morte sua Romanis satisfacere, seu vivum tradere velint. Mittuntur de
his rebus ad Caesarem legati. Iubet arma tradi,
principes produci. Ipse in munitione pro castris
consedit; eo duces producuntur. Vercingetorix
deditur, arma proiciuntur. Reservatis Haeduis
atque Arvernis, si per eos civitates reciperare
posset, ex reliquis captivis toti exercitui capita
singula praedae nomine distribuit.
i
Caesar berichtet, dass er die gallischen Stämme der Haeduer und der Arverner (Arvernı̄)
nach der Kapitulation nicht versklavt. Vergleiche die
Karte auf S. 15 und erkläre, warum Caesar gerade
diesen Stämmen Schonung gewährt.
1 concilium LW BG 7.77 – 2 necessitās, -ātis f Notlage –
5 offerre LW BG 7.77 – 5/6 seu ... seu LW BG 1.27 – 6 satisfacere Genugtuung leisten – 8 mūnı̄tiō LW BG 1.8 – 9 eō
LW BG 1.27 – 10 prōicere LW BG 1.27 – reservāre schonen – 11 sı̄ (hier) damit – reciperāre zurückgewinnen –
12 reliquus LW BG 1.1 – caput (hier) Person – 13 praedae
nōmine als Beute – distribuere verteilen
S 1 Bestimme die Formen tradi und produci (Z. 7/8).
Gib an, in welcher Konstruktion sie hier verwendet werden.
S 2 Bestimme den Kasus und Numerus von toti
(Z. 12). Nenne weitere Adjektive, die ebenso dekliniert
werden.
T 1 Gib die Haltung des Vercingetorix mit eigenen
Worten wieder.
T 2 Beschreibe, wie Caesar die Kapitulation des Vercingetorix schildert. Erkläre, welchen Eindruck er damit
beim Leser erweckt.
■ Historische Ereignisse können ganz unterschiedlich interpretiert werden. Vergleiche das Gemälde von Lionel-Noël Royer
(1899) und die Zeichnung von Albert Uderzo, dem Schöpfer der
„Asterix“-Geschichten. Beachte Haltung, Gestik und Mimik der
dargestellten Personen. Erschließe weiterhin, welcher Nationalität die beiden Künstler angehören und aus welcher Zeit ihre
Werke stammen. Wie beeinflusst dies ihre Sicht der Ereignisse?
Der griechische Autor Plutarch (um 100 n. Chr.) beschreibt die Szene in seiner Caesarbiografie (Caes. 27.5) anders.
Vergleiche Plutarchs Darstellung mit derjenigen Caesars. Sind die beiden Versionen miteinander vereinbar?
Vercingetorix, der Oberbefehlshaber in diesem Krieg, legte seine schönsten Waffen an, ließ sein Pferd prächtig
aufzäumen und ritt zum Tor hinaus. Caesar saß auf einem Tribunal, und Vercingetorix umkreiste ihn einmal zu
Pferde, sprang dann ab, warf die Rüstung vor sich und ließ sich zu Caesars Füßen nieder, wo er ruhig sitzen blieb,
bis man ihn abführte, um ihn bis zum Triumph gefangenzuhalten.
➝ AH: Verbformen: S. ***
➝ AH: Substantive und Adjektive (Kongruenz): S. ***
27
34
Die römische Republik
LERNWORTSCHATZ
conciliāre, conciliō,
conciliāv̄, conciliātum
iūs iūrandum n
LW BG 1.1
d̄videre, d̄vidō, d̄v̄s̄,
d̄v̄sum
incolere, incolō, incolu̄,
incultum
tertius, -a, -um
̄nstitūtum, -̄ n
hūmānitās, -ātis f
mercātor, -ōris m
pertinēre, pertineō,
pertinu̄ (ad) m. Akk.
proptereā quod
trāns m. Akk.
reliquus, -a, -um
fortitūdō, -inis f
angustus, -a, -um
LW BG 1.6
wohnen, bewohnen
der dritte
Sitte, Brauch; Anordnung
Menschlichkeit; Zivilisation;
Bildung
Händler
betreffen, gehören (zu),
sich erstrecken (bis)
deswegen weil
über … hinüber, jenseits
übrig
domō
quā
singulus, -a, -um
impendēre, impendeō, –, –
pācāre, pācō, pācāv̄,
pācātum
nūper Adv.
fluere, fluō, flūx̄, –
nōnnūll̄, -ae, -a
bei weitem
(hin)einführen, verleiten,
veranlassen
Verschwörung
Adel
sehr leicht
in seine Gewalt bekommen,
erlangen
See
weniger
weit, breit, ausgedehnt
benachbart; Subst.
fı̄nitimus, -ı̄ m
Nachbar
Tapferkeit, Mut, Stärke
eng, schwierig
(vor)bereiten, beschaffen;
vergleichen
Wagen
wählen, auswählen
Gesandtschaft
einnehmen, besetzen;
angreifen
erste Stelle; Herrschaft;
Befehlsgewalt
cōnār̄, cōnor, cōnātus sum versuchen, wagen
qu̄n
ja sogar; dass nicht,
nach verneinten
Ausdrücken dass
neulich, vor Kurzem
fließen
einige, manche
irgendeiner
LW BG 1.8
intereā Adv.
̄nfluere, ̄nfluō, ̄nflūx̄, –
altitūdō, -inis f
dispōnere, dispōnō,
disposu̄, dispositum
praesidium, -̄ n
quō (= ut eō) beim Komp.
ratis, -is f
noctū Adv.
mūn̄tiō, -ōnis f
tēlum, -̄ n
repellere, repellō,
rep(p)ul̄, repulsum
dēsistere, dēsistō,
dēstit̄, – m. Abl.
inzwischen
hineinfließen, münden
Höhe, Tiefe
verteilen, ordnen
(Wach-)Posten,
Schutz(truppe); Hilfe
damit umso
Schiff, Kahn, Floß
bei Nacht, nachts
Bau, Befestigung, Wall
Wurfwaffe (besonders
Lanzen, Pfeile, Schleudern), Waffe, Geschoss
zurückstoßen, abweisen,
vertreiben
aufhören mit,
ablassen von
LW BG 1.11
trādūcere, trādūcō,
trādūx̄, trāductum
hinüberführen
LW BG 1.12
uter, utra, utrum (Gen. Sg.
utr̄us, Dat. Sg. utr̄)
quārtus, -a, -um
vigilia, -ae f
sēsē (verstärktes sē)
silva, -ae f
Seite 35 ist im Vorabdruck nicht enthalten.
28
von zu Hause
wie, wo
je ein, jeder einzelne
bevorstehen, drohen;
darüberhängen
beruhigen; unterwerfen
LW BG 1.7
ūllus, -a, -um (Gen. Sg.
ūll̄us, Dat. Sg. ūll̄)
LW BG 1.3
comparāre, comparō,
comparāv̄, comparātum
carrus, -̄ m
dēligere, dēligō, dēlēg̄,
dēlēctum
lēgātiō, -ōnis f
occupāre, occupō,
occupāv̄, occupātum
pr̄ncipātus, -ūs m
Eid, Schwur
teilen, trennen
LW BG 1.2
longē beim Superl.
indūcere, indūcō,
indūx̄, inductum
coniūrātiō, -ōnis f
nōbilitās, -ātis f
perfacilis, -e
pot̄r̄, potior,
pot̄tus sum m. Abl.
lacus, -ūs m
minus Adv.
lātus, -a, -um
f̄nitimus, -a, -um
gewinnen; versöhnen
welcher (von beiden)
der vierte
Nachtwache
sich
Wald
36
Die römische Republik
LW BG 6.16
religiō, -ōnis f
immolāre, immolō,
immolāv̄, immolātum
sacrificium, -̄ n
immortālis, -e
nūmen, -inis n
fūrtum, -̄ n
comprehendere,
comprehendō,
comprehend̄,
comprehēnsum
ob m. Akk.
innocēns, -entis
LW BG 7.73
Götterverehrung, Kult,
Glaube; religiöses
Empfinden
opfern
Opferhandlung, Opfer
unsterblich
Gottheit, göttlicher Wille
Diebstahl, Hinterlist;
Heimlichkeit; heimliches
Liebesverhältnis
begreifen; ergreifen,
festnehmen
wegen
unschuldig, rechtschaffen
LW BG 6.21 – 22
cōnsuētūdō, -inis f
apertus, -a, -um
lūna, -ae f
m̄litāris, -e
nūdus, -a, -um
quisquam, quidquam
(quicquam)
magistrātus, -ūs m
Gewohnheit, Lebensweise
offen, offenkundig
Mond
Kriegs-, militärisch; res
militaris f das Kriegswesen
nackt, unverhüllt;
unbewaffnet
irgendjemand
Amt, Behörde; Beamter
ōrdō, -inis m
acūtus, -a, -um
paulātim Adv.
̄nfimus, -a, -um
hūc Adv.
dēmittere, dēmittō,
dēm̄s̄, dēmissum
quattuor
flōs, flōris m
spatium, -̄ n
LW BG 7.77
concilium, -̄ n
pr̄stinus, -a, -um
ultrō Adv.
offerre, offerō, obtul̄,
oblātum
respicere, respiciō,
respēx̄, respectum
subigere, subigō, subēg̄,
subāctum
inūtilis, -e
iniungere, iniungō,
iniūnx̄, iniūnctum
quods̄
redigere, redigō, redēg̄,
redāctum
LW BG 7.4
LW BG 7.89
adversārius, -a, -um
convocāre, convocō,
convocāv̄, convocātum
quoniam
prōdūcere, prōdūcō,
prōdūx̄, prōductum
capt̄vus, -a, -um
gegnerisch, feindlich;
Subst. adversārius,
-ı̄ m Feind
ēicere, ēiciō, ēiēc̄, ēiectum hinauswerfen, vertreiben
paulō Adv.
(um) ein wenig
expellere, expellō, expul̄, vertreiben, verbannen
expulsum
d̄ligentia, -ae f
sevēritās, -ātis f
levis, -e
Ordnung, Reihe, Stand
spitz, scharf
allmählich, nach und nach
der unterste
hierher
hinablassen, hinabschicken,
sinken lassen
vier
Blume, Blüte
Raum; Strecke; Dauer
Versammlung
früher, alt, ehemalig
freiwillig; hinüber;
darüber hinaus
anbieten, entgegenbringen
zurückschauen; beachten,
Rücksicht nehmen
überwältigen, bezwingen,
unterwerfen
nutzlos, unbrauchbar,
wertlos
auferlegen, aufbürden;
einfügen
wenn aber
in einen Zustand versetzen,
machen zu; zurückbringen
zusammenrufen,
versammeln
weil ja, da ja, wo doch
(vor)führen
gefangen; Subst. captı̄vus,
-ı̄ m Kriegsgefangener
Sorgfalt
Strenge
leicht, unbedeutend,
leichtfertig
29
Caesar
37
Grundwissen: Gaius Iulius Caesar (100 – 44 v. Chr.)
Leben:
■ Überragende Bedeutung als Politiker, Feldherr
und Schriftsteller.
■ Bildet mit Pompeius, dem erfolgreichsten Feldherrn seiner Zeit, und Crassus, einem der reichsten
Männer Roms, das 1. Triumvirat (60 v. Chr.).
■ Prokonsul in gallischer Provinz; Eroberung ganz
Galliens (58 – 51 v. Chr.).
■ Überschreitung des Rubicon (49 v. Chr.), Zug mit
seinem Heer gegen Rom ➝ Sieger im Bürgerkrieg
(49 – 45 v. Chr.).
■ Diktator auf Lebenszeit, unumschränkter Herrscher in Rom.
■ Ermordung an den Iden des März 44 v. Chr.
(15. März).
Werk:
Beschreibung des Bürgerkriegs und des gallischen
Krieges (Hauptwerk).
■ Sieben Bücher Commentarii de bello Gallico, nach
dem annalistischen Prinzip aufgebaut; Buch 8 von
Hirtius, einem Offizier Caesars.
■
30
Besonders bedeutende Inhalte: Auswanderungsversuch der Helvetier (Buch 1; S. 14 – 25); Britannienexpedition (Buch 4; S. 26). Gallier- und Germanenexkurse (Buch 6; S. 27 – 29); Aufstand der Gallier unter
Vercingetorix und Entscheidungsschlacht bei Alesia
(Buch 7; S. 30 – 33).
■ Literarische Tradition des commentarius (protokollartige Aufzeichnungen über historische Ereignisse):
scheinbar objektive Rechtfertigung der Kriege mit
geschickter Leserlenkung.
■
Fortleben:
Caesar wurde zum Bestandteil des Titels aller späteren römischen Herrscher (vgl. auch „Kaiser“ und
„Zar“).
■ Benennung des Juli, seines Geburtsmonats, nach ihm.
■ Sprichwörtlich gewordene Wendungen: veni, vidi,
vici und alea iacta est.
■ Berühmte Bearbeitungen des Caesarstoffs in der
Literatur (z. B. W. Shakespeares „Julius Caesar“,
B. Brechts „Die Geschäfte des Herrn Julius Caesar“),
Musik (G. F. Händels „Giulio Cesare“) und im Film.
■
Das Arbeitsheft
Die ideale Ergänzung zum Schülerband bietet das
genau auf das Lesebuch abgestimmte Begleitmaterial.
Individuelles Üben
Die so wichtige Spracharbeit in der Lektürephase
wird in Legamus! ernst genommen. Selbstständig oder mit Anleitung können die Schülerinnen
und Schüler Grammatikphänomene üben, wiederholen und vertiefen – ganz gezielt mit dem
Arbeitsheft zur Spracharbeit: Informationskästen, knappe Zusammenfassungen zu wichtigen
Grammatikphänomenen und Übungen zur Grammatikwiederholung ermöglichen individuelles und
punktgenaues Arbeiten – abgestimmt auf den Bedarf des einzelnen Schülers.
Grammatik in Modulen
Das Besondere: Das Arbeitsheft folgt nicht dem
chronologischen Aufbau des Schülerbuchs, sondern ordnet die Aufgaben in verschiedenen Themenblöcken aus dem Bereich der Formen- und
Satzlehre. Innerhalb jedes Grammatikkapitels
sind die Übungen nach Schwierigkeitsgrad geordnet. So lassen sich die benötigten Module passgenau zusammensetzen, je nachdem, welcher
Text im Lesebuch gerade gelesen wird.
Praktisches Verweissystem
Im Schülerband wird auf jeder Textseite auf die
genau passende Seite im Arbeitsheft verwiesen.
Und umgekehrt: Ein Stellenverzeichnis im Arbeitsheft listet die Bezugstexte im Schülerband auf
– so kann man auch zu einem Grammatikthema
gezielt nach weiteren Texten suchen.
Aus dem Inhalt
Verbformen ❚ Konjunktiv in Gliedsätzen ❚ Konjunktiv in Hauptsätzen ❚ Indirekte Rede ❚ Nominalformen ❚ Kasusfunktionen ❚ Partizipialkonstruktionen ❚ nd-Formen.
31
Verben · 1.5 Indirekte Rede
1.5 Indirekte Rede (oratio obliqua)
1 Die folgenden lateinischen Sätze berichten in indirekter Rede von Versuchen des gallischen Stammes der Helvetier (Helvēti̄, -ōrum), die Macht über Gallien zu gewinnen (was Caesar schließlich
verhindern wird).
a Weise den Regeln zur lateinischen oratio obliqua die passenden lateinischen Sätze zu, indem du den
Ziffern die richtigen Buchstaben zuordnest. Orientiere dich dabei an den Formen, die in den lateinischen Belegsätzen jeweils durch Fettdruck hervorgehoben sind.
Regeln zur lateinischen oratio obliqua
lateinische Belegsätze zu den Regeln
Principes Helvetiorum dixerunt:
1. Aussagesätze stehen im AcI.
a) Caeser caveret!
2. Rhetorische Fragen (die ja tatsächlich die
Funktion von Aussagesätzen haben) stehen
im AcI.
b) Cur Caesar hostis esset?
3. Gliedsätze stehen im Konjunktiv.
c) Helvetios fortissimos esse, propterea quod saepe
cum Germanis bellum gererent.
4. „Echte“ Fragen stehen im Konjunktiv.
d) Helvetios obsides accipere, non dare
consuevisse. Ita a maioribus institutos esse.
5. Aufforderungen stehen im Konjunktiv.
e) Nonne perfacile esse imperio potiri?
6. Reexivpronomina beziehen sich auf die
Person, die als Sprecher der indirekten Rede
gedacht ist.
f) Se rogare, ut id sibi facere liceat.
1.
2.
3.
4.
5.
6.
b Die deutsche indirekte Rede steht durchgehend im Konjunktiv. Übersetze die Beispielsätze aus 1.a.
Verwende dabei die folgenden Verbformen:
er sei – er solle sich hüten – es sei erlaubt – es sei sehr leicht –
sie bäten – sie führten Krieg – sie seien die tapfersten – sie seien es gewohnt –
sie seien unterwiesen worden
a)
b)
c)
d)
e)
f)
32
Verben · 1.5 Indirekte Rede
2 In seinem Werk über den gallischen Krieg berichtet Caesar, wie er einen Teil der feindlichen Helvetier bei einer Flussüberquerung angreift und besiegt. Danach verhandelt er mit dem helvetischen
Fürsten Divico. Dessen drohende Rede, die auch auf frühere Siege der Helvetier verweist, gibt Caesar in indirekter Rede wieder.
a In der folgenden deutschen Übersetzung der Stelle fehlen einige Verbformen. Ergänze diese mit
korrekten deutschen Konjunktiven. Vergleiche dein Ergebnis danach mit der vollständigen Übersetzung der Passage im Lesebuch (S. 21):
Wenn das römische Volk Frieden mit den Helvetiern
(1: schließen),
(2: ziehen,
die Helvetier dorthin
so
Zukunft) und dort bleiben, wo Caesar sie ansiedle und wo er wolle, dass sie wohnten. Wenn er aber
(3: fortfahren), sie militärisch zu verfolgen,
(4: erinnern, Aufforde-
er sich an die alte Niederlage des römischen Volkes
rung) und auch an den eben gezeigten Mut der Helvetier. Dass er unvermutet einen Stammesteil angegriffen
(5: überqueren, Vergangenheit), ihren Leuten nicht
habe, als die, die den Fluss
zu Hilfe kommen konnten – deshalb solle er sich nicht allzu viel auf seine eigene Tapferkeit einbilden oder
von ihren Vorfahren
sie unterschätzen. Sie
(6: lernen, Vergangenheit), eher mutig zu kämpfen, als sich auf List und Hinterhalt zu verlassen. Deshalb solle
er es nicht dazu kommen lassen, dass dieser Ort, an dem sie sich befänden, nach einer vernichtenden Niederlage des römischen Volkes und dem Untergang eines Heeres
(7: benannt
werden) und in die Geschichte eingehe.
b Weise die folgenden lateinischen Verben den von dir gebildeten deutschen Konjunktiven zu,
indem du sie in die Tabelle (siehe nächste Seite) einträgst. Kreuze außerdem an, welche Satzart der
lateinischen oratio obliqua jeweils vorliegt: ein Aussagesatz, ein Gliedsatz oder eine Aufforderung?
didicisse – ituros <esse> – <nomen> caperet – perseveraret1 – reminisceretur 2 –
<pacem> faceret – transissent
es
tsheft
i
e
b
r
es A
k
iten d Teilabdruc
e
s
e
b
ro
Die P d in diesem argestellt. 4.
A
d
sin
inert
t DIN
verkle alformat is
rigin
Das O
1
persevērāre fortfahren – 2 remin̄sc̄ sich erinnern
33
Verben · 1.5 Indirekte Rede
lateinische Verformen
l
2
3
4
5
6
7
3 Übersetze die folgenden Sätze ins Deutsche.
1. Divico, princeps Helvetiorum, dixit:
2. Imperium populi Romani in Gallia iustum non esse.
3. Cur Caesar Helvetios opprimeret?
4. Libertatem Helvetiorum respiceret1!
5. Nonne populum Romanum esse testem virtutis Helvetiorum?
6. Certe multis annis ante Romanos ab Helvetiis superatos esse.
7. Non esse dubium, quin Helvetii plurimum possent.
8. Se copias Romanas iterum victuros esse.
1
34
respicere berücksichtigen, respektieren
Aussagesatz
Gliedsatz
Aufforderung
Legamus!
Lateinisches Lesebuch 1
Herausgegeben von Michael Hotz ·
Matthias Lausmann · Sven Lorenz
unter Mitarbeit von Sebastian Kaas ·
Gerhard Müller · Robin Pantke ·
Robert Reisacher
Oldenbourg
Teil 2 Die römische Kaiserzeit
Ovid · Velleius Paterculus · Phaedrus ·
Curtius Rufus · Martial · Sueton · Märtyrerberichte
35
114 Die römische Kaiserzeit
Martial: Epigramme
matstadt im spanischen Calatayud aufgestellt wurde, mit der
Abbildung seines Vorbilds Catull (S. 54). Überlege dir Gründe,
warum sich die Künstler, die nicht wussten, wie die beiden antiken Dichter aussahen, für derart unterschiedliche Darstellungen
entschieden haben.
dem schrieb Martial zahlreiche Epigramme über
Liebesbeziehungen, in denen teilweise auch
recht unverblümt über Sexualität gesprochen
wird. Gerade die erotischen und die humorvollen
Gedichte passen gut zu dem ausgelassenen
Saturnalienfest im Dezember, das Martial in
seinem Werk nicht nur oft erwähnt, sondern
bei dem auch Epigramme Martials bei Gelagen
vorgetragen worden sein dürften.
Bisweilen schlägt Martial aber auch ruhigere
Töne an. Einige seiner Epigramme sind mit der
Frage nach dem richtigen und vor allem dem
glücklichen Leben befasst (10.47) und klingen
geradezu philosophisch. Weiterhin nden sich
in den Büchern etliche Lobgedichte auf mächtige
Zeitgenossen. Immer wieder spricht Martial über
das Verhältnis wohlhabender Patrone zu ihren
ärmeren Klienten (1.7).
Auch die Kaiser, unter denen Martial lebte, sind
ein wichtiges Thema der Epigramme. Der Liber
spectaculorum entstand wahrscheinlich zur Einweihung des Kolosseums im Jahr 80 n. Chr. durch
Kaiser Titus. Die ersten neun Epigrammaton libri
erschienen während der Herrschaft des Kaisers
Domitian (83 – 96 n. Chr.), für den Martial etliche
Lobgedichte verfasste. Nachdem Domitian einer
Verschwörung zum Opfer gefallen war, schrieb
Martial auch Lobgedichte für dessen Nachfolger Nerva (96 – 98 n. Chr.) und Trajan (98 – 117
n. Chr.).
Das zwölfte und letzte Epigrammbuch entstand in
Martials Heimat Spanien, in die er zurückgekehrt
war, um – wie er selbst schreibt – den Anstrengungen der Stadt Rom zu entiehen. Dort starb Martial dann um das Jahr 102 n. Chr.
Martials Vorbilder waren sicherlich die griechischen Epigrammatiker, von denen er einige
Themen übernahm. Unter den römischen Dichtern hat ihn vor allem Catull beeinusst, den er
oft erwähnt und dessen carmina er mehrfach auf
geschickte Weise bearbeitet (1.7, 8.54). Seine Epigramme hatten ihrerseits einen starken Einuss
auf spätere Autoren. Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller verfassten – in Anlehnung an Martials Xenia – eine Sammlung namens
Xenien (1797). Und von Gotthold Ephraim Lessing sind nicht nur deutsche Epigramme überliefert, sondern auch theoretische Gedanken zur
Gattung Epigramm, in denen sich der deutsche
Schriftsteller ausführlich mit Martial auseinandersetzt (1771).
➝ Martials Liber spectaculorum: S. 128
➝ Martial über das Patronat: S. 115
➝ Martials Xenia und Apophoreta und die Saturnalien: S. 129
➝ Catull als Epigrammatiker: S. 54
Marcus Valerius Martialis wurde um das Jahr
40 n. Chr. in dem spanischen Ort Bilbilis geboren. Bereits in jungen Jahren kam er nach Rom.
Ab dem Jahr 86 n. Chr. veröffentlichte er ungefähr
jährlich ein Buch mit Epigrammen. So entstand
sein Hauptwerk: die zwölf Epigrammbücher
(Epigrammaton libri duodecim). Daneben sind ein
Buch über Schauspiele im Kolosseum (der sogenannte Liber spectaculorum) sowie zwei Bücher
mit Zweizeilern über Gastgeschenke (Xenia, heute
als Buch 13 gezählt) und Geschenken für die Gäste
(Apophoreta, Buch 14) überliefert.
Das griechische Wort epigramma bedeutet ursprünglich „Inschrift“ oder „Aufschrift“. Und tatsächlich dürfte die Gattung Epigramm ursprünglich aus Inschriften in Versen entstanden sein, die
im Laufe der Zeit zu immer anspruchsvolleren,
aber zumeist kurzen Gedichten weiterentwickelt
wurden. Auch Martials Epigramme erinnern
teilweise an Inschriften (z. B. die Grabinschrift
11.13), aber damit ist ihre thematische Vielfalt
noch lange nicht erschöpft. Vor allem in den zahlreichen Spottgedichten präsentiert er uns auf
humorvolle – wenn auch nicht immer freundliche – Weise ganz unterschiedliche Typen aus
dem römischen Alltag. So zeigen Martials Bücher
verschiedene menschliche Schwächen. Außer-
■ Vergleiche diese moderne Büste Martials, die nahe seiner Hei-
36
Martial
115
1.1 Der Dichter stellt sich vor
3
6
Hic est, quem legis, ille, quem requiris,
toto notus in orbe Martialis
argutis epigrammaton libellis.
Cui, lector studiose, quod dedisti
viventi decus atque sentienti,
rari post cineres habent poetae.
3 argūtus scharfsinnig – 4 lēctor, -ōris m Substantiv zu
legere – 4/5 ordne: decus, quod cui dedistı̄, poētae rārı̄
post cinerēs habent
T 1 Fasse in eigene Worte, welche Aussage Martial
mit dem Schlussvers dem Leser vermitteln will.
T 2 Man hat Martials Auftreten in seinem ersten Gedicht als großspurig kritisiert. Erkläre, wie man zu dieser
Meinung gelangen kann, und nimm dazu Stellung.
1.7 Ein dichtender amicus
3
Stellae delicium mei columba,
Verona licet audiente dicam,
vicit, Maxime, passerem Catulli.
Tanto Stella meus tuo Catullo
quanto passere maior est columba.
2 licet (hier mit Konj.) es ist erlaubt, dass – 4/5 tantō ...
quantō um so viel ... wie
T 1 Lies die Info-Box zum Thema. Diskutiere mit
deinem Banknachbarn, ob Martials Lob für Stellas
Dichtung überzeugend wirkt.
T 2 Vergleiche zu Martial 1.1 Catulls c. 1 und zu Martial
1.7 Catulls c. 2 (S. 55). Arbeite jeweils Gemeinsamkeiten
und Unterschiede heraus.
i
Das Patronat
Arruntius Stella war ein Freund und Patron
(patronus) Martials. Als Patrone boten römische
Bürger ihren Klienten (clientes), die eine niedrigere
gesellschaftliche Stellung hatten als sie selbst, juristischen Beistand vor Gericht oder auch materielle
Unterstützung. Die Klienten übernahmen für ihren
Schutzherren verschiedene Aufgaben; vor allem
stimmten sie bei Wahlen zu Ämtern für ihn.
Wie wichtig Stellas Unterstützung für Martial tatsächlich war, können wir heute nicht mehr feststellen. In jedem Fall preist Martial Stellas Dichtung mit
dem Titel Columba („Taube“) und stellt sie sogar über
das Werk des berühmten Gaius Valerius Catullus
aus Verona, der unter anderem über den Sperling
(passer) seiner Geliebten dichtete.
1.10 Maronillas Reize
3
Petit Gemellus nuptias Maronillae
et cupit et instat et precatur et donat.
Adeone pulchra est? Immo foedius nil est.
Quid ergo in illa petitur et placet? Tussit.
1 Gemellus und Maronilla sonst unbekannt – 3 foedus
hässlich – 4 tussı̄re husten
S Lies das Gedicht laut vor. Erkläre, wie die Pointe
klanglich betont wird.
T Erkläre, warum gerade Maronillas Husten für Gemellus attraktiv ist.
i
Erwartung und Aufschluss
1771 veröffentlichte Lessing seine Abhandlung „Zerstreute Anmerkungen über das Epigramm“. Darin untersuchte er auch Gedichte Martials und stellte fest, dass viele von ihnen nach folgendem Schema aufgebaut
sind: Zunächst erzeugen sie beim Leser eine gespannte Erwartung darauf, wie das Gedicht wohl enden wird. Diese Spannung wird dann in einem Aufschluss aufgelöst. Häufig bietet dieser eine überraschende Schlusspointe.
Verfolge den Gedankengang von 1.10 nach. Arbeite heraus, an welchen Stellen und mit welchen Mitteln eine
Erwartung aufgebaut und wie diese dann am Schluss aufgelöst wird.
➝ Kompetenzseiten: Textvergleich: S. 218
➝ Lob für einen Patron (Martial 4.16): S. 119
➝ passer bei Catull: S. 55 – 56
➝ Plinius zu passer und columba: S. 56
➝ Lessing und die antike Fabel: S. 98
37
116 Die römische Kaiserzeit
i
Die „Löwe-Hase-Gedichte“ in Buch 1
Nicht nur im Liber spectaculorum, sondern
auch in etlichen Gedichten der zwölf Epigrammaton
libri berichtet Martial von Darbietungen in der Arena.
In Buch 1 gibt es gleich sieben Epigramme, die von
dem friedlichen Spiel eines dressierten Löwen und
eines dressierten Hasen in der Arena berichten. Martial führt das ungewöhnliche Verhalten der Tiere auf
die Anwesenheit des Kaisers Domitian zurück, der
offenbar der Veranstalter der Schauspiele war und
hier als Caesar angesprochen wird. Dabei erwähnt
Martial auch Domitians vor Kurzem beendeten Feldzug gegen die Daker (Adj. Dacus, -a, -um).
■ Dompteur mit seinem Löwen auf einem Sarkophag
(3. Jh. n. Chr.)
1.14 Löwe und Hase in der Arena (I)
3
6
Delicias, Caesar, lususque iocosque leonum
vidimus – hoc etiam praestat harena tibi –,
cum prensus blando totiens a dente rediret
et per aperta vagus curreret ora lepus.
Unde potest avidus captae leo parcere praedae?
Sed tamen esse tuus dicitur: ergo potest.
1 dēliciae LW 1.7 – 3 prēnsus ergriffen – 4 vagus umherstreifend – 5 avidus gierig
T 1 Vergleiche die Abbildung eines Sarkophags, auf
dem ein Dompteur mit einem dressierten Löwen zu
sehen ist, mit den beiden Gedichten Martials und untersuche, inwieweit diese Darstellung den beiden Gedichten Martials ähnelt.
T 2 Einige moderne Leser haben Martials Darstellung
des Löwen als ein Bild für Domitians Verhalten gegenüber seinen Untertanen – vor allem gegenüber Martial
selbst – gedeutet. Überlege, wie man zu einer solchen
Deutung gelangen kann, und erörtere, ob diese Interpretation überzeugend ist.
1.22 Löwe und Hase in der Arena (II)
3
6
Quid nunc saeva fugis placidi, lepus, ora leonis?
Frangere tam parvas non didicere feras.
Servantur magnis isti cervicibus ungues
nec gaudet tenui sanguine tanta sitis.
Praeda canum lepus est, vastos non implet hiatus:
Non timeat Dacus Caesaris arma puer.
1 lepus, ōs und leō LW 1.14 – 2 didicēre ~ didicērunt –
3 unguis, -is f Kralle – 4 tenuis, -e (hier) dürftig – 5 praeda
LW 1.14 – hiātus, -ūs Schlund
T Vergleiche die beiden „Löwe-Hase-Gedichte“ miteinander. Untersucht in Partnerarbeit, in welchen Punkten 1.22 Gedanken aus 1.14 wiederholt und welche neuen Gedanken es einführt.
1.29 Ein Plagiator
3
Fama refert nostros te, Fidentine, libellos
non aliter populo quam recitare tuos.
Si mea vis dici, gratis tibi carmina mittam.
Si dici tua vis, hoc eme, ne mea sint.
1 nostrōs dichterischer Plural – Fı̄dentı̄nus Eigenname
eines sonst unbekannten Adressaten – libellus LW 1.1 –
3 grātı̄s kostenlos
T Beschreibe, warum Martial sich über Fidentinus ärgert. Überlege, wie ein Dichter im Zeitalter des Internet
auf Fidentinus’ Verhalten reagieren könnte.
➝ Martial und Domitian: S. 122 und 124
38
➝ Martial über die Arena (Liber spectaculorum): S. 128
Martial
117
1.32 Unbestimmte Abneigung
Non amo te, Sabidi, nec possum dicere quare.
Hoc tantum possum dicere: Non amo te.
1 Sabidius sonst unbekannt
S Vergleiche die Kompetenzseiten zur Versanalyse
(S. 223) und analysiere das elegische Distichon metrisch.
T Vergleiche das Epigramm mit Catulls berühmtem
c. 85 (S. 64). Ziehe dazu auch die Kompetenzseiten zum
Textvergleich (S. 218) heran.
1.47 Berufswechsel
Nuper erat medicus, nunc est vispillo Diaulus:
Quod vispillo facit, fecerat et medicus.
T Arbeite heraus, wie Martial mit komischem Effekt
Wörter wiederholt.
1 vispillō Totengräber – Diaulus sonst unbekannt
1.57 Das ideale Mädchen
3
Qualem, Flacce, velim, quaeris, nolimque puellam?
Nolo nimis facilem difcilemque nimis.
Illud, quod medium est atque inter utrumque,
probamus:
Nec volo, quod cruciat, nec volo, quod satiat.
S Schreibe die Formen von velle und nolle heraus
und bestimme sie nach Modus und Tempus.
T Untersuche, welche Stilmittel Martial hier verwendet. Arbeite heraus, wie die Stilmittel die inhaltliche
Aussage des Gedichts unterstützen.
1 Flaccus Freund Martials – 3 probāmus dichterischer
Plural – 4 cruciāre quälen – satiāre satt machen
1.62 Penelope und Helena
3
6
Casta nec antiquis cedens Laevina Sabinis
et quamvis tetrico tristior ipsa viro,
dum modo Lucrino, modo se demittit Averno,
et dum Baianis saepe fovetur aquis,
incidit in ammas. Iuvenemque secuta relicto
coniuge Penelope venit, abit Helene.
1 castus sittsam –
3 sē dēmittere sich
hingeben – 4 fovērı̄
sich entspannen –
5 secūta ergänze
est – 6 abı̄t ~ abiit
i
Römische Kurbäder
Die sonst unbekannte Laevina wird hier mit
dem sprichwörtlich anständigen Volk der Sabiner
(Sabini) verglichen. Ganz anders war der Ruf luxuriöser
Kurbäder wie der des berühmten süditalienischen
Seebads Baiae (Baianae aquae), in dessen Umgebung
auch der Lukrinersee (Lucrinus) und der Avernersee
(Avernus) lagen. Dort soll das Leben so lasterhaft gewesen sein, dass sogar aus einer anständigen Frau
(wie Penelope, der treuen Ehefrau des Odysseus)
eine Ehebrecherin (als solche wird Helena (Helene),
deren Entführung den trojanischen Krieg auslöste,
hier dargestellt) werden konnte.
➝ AH: velle, nolle, malle: S. ***
➝ Kompetenzseiten: Textvergleich: S. 218
➝ Kompetenzseiten: Versanalyse: S. 223
■ „Der Raub der Helena“ (Detail) durch
Paris, wie ihn sich
der Maler Guido Reni
im 16. Jahrhundert
vorstellte. Arbeite heraus, ob Helena hier als eine unschuldig entführte Frau oder als
Ehebrecherin charakterisiert wird. Vergleiche auch die Abbildung
zu Ovid, Ars amatoria 1.247 – 248 auf S. 80.
➝ Kompetenzseiten: Rhetorische Stilmittel: S. 220
➝ Martials Sicht auf Ärzte: S. 120
➝ Baiae bei Ovid: S. 81
39
118 Die römische Kaiserzeit
1.97 Ein unfähiger Redner
3
Cum clamant omnes, loqueris tunc, Naevole,
tantum
et te patronum causidicumque putas.
Hac ratione potest nemo non esse disertus.
Ecce! Tacent omnes: Naevole, dic aliquid!
1 Naevolus sonst unbekannt – tantum LW 1.32 – 2 patrōnus vgl. Info-Box S. 115 – causidicus Anwalt – 3 disertus
redegewandt
2.41 Martial als Ratgeber
3
6
„Ride, si sapis, o puella, ride“,
Paelignus, puto, dixerat poeta.
Sed non dixerat omnibus puellis.
Verum ut dixerit omnibus puellis,
non dixit tibi: Tu puella non es,
et tres sunt tibi, Maximina, dentes,
sed plane piceique buxeique.
4 ut (hier) auch wenn – 6 Maximina sonst unbekannt –
dēns LW 1.14 – 7 piceus pechschwarz – buxeus aus Buchsbaumholz – 22 plōrāre klagen
i
In den nun folgenden Versen 8 – 21 betont Martial seinen Ratschlag, Maximina solle nicht lachen. Unter anderem meint er, sie solle so gucken wie die trojanische
Königin Hekuba und deren Schwiegertochter Andromache – und diese hatten im Krieg um Troja ihren Sohn
bzw. Ehemann Hektor verloren. Auch solle Maximina
keine komischen Theaterstücke ansehen. Am Ende des
Gedichts (V. 22 – 23) heißt es schließlich:
23
At tu iudicium secuta nostrum
plora, si sapis, o puella, plora.
S Übertrage die folgende Tabelle in dein Heft. Trage
vor der Übersetzung von 2.41 sämtliche Formen von
dicere aus dem Text in die Tabelle ein. Ergänze dann die
noch freibleibenden Felder selbständig.
Präs.
Futur
Imperf. Perf.
Martial und Ovid
Der Dichter aus dem Land der Paeligner (Paelignus poeta, in Zentralitalien) ist der berühmte Publius Ovidius Naso (Ovid), der zur Zeit des Kaisers
Augustus lebte. Von ihm ist das humorvolle Lehrgedicht über die „Kunst zu lieben“ (Ars amatoria)
überliefert, in dem jungen Männern und Frauen Hinweise zum geschickten Umgang mit Geliebten gegeben werden. Daraus scheint Martial hier einen Ratschlag für Maximina zu zitieren. Tatsächlich rät auch
Ovid in seiner Ars amatoria (3.511 – 514) jungen Frauen zu lachen. Aber ein Vergleich mit Ovids Aussage
zeigt, dass Martials „Zitat“ Ovids Aussage keineswegs
korrekt wiedergibt.
Vergleiche die Ovidstelle (S. 86) mit dem Epigramm.
Arbeite drei Punkte heraus, worin sich die beiden
Texte von ihrer Aussageabsicht her unterscheiden.
Plusq.
Indikativ
Konjunktiv
2.42 Was ist wirklich schmutzig?
Zoile, quid solium subluto podice perdis?
Spurcius ut at, Zoile, merge caput.
1 Zōilus sonst unbekannt – solium Wanne – subluere (PPP:
sublūtum) abwaschen – pōdex, -icis m Hintern – 2 spurcus
schmutzig – mergere eintauchen
T Schreibe aus V. 1 ein Stilmittel heraus und erkläre,
wie der Klangeffekt zum Inhalt passt.
➝ augusteische Dichtung: S. 74
➝ AH: Verbformen: S. ***
40
➝ Kompetenzseiten: Rhetorische Stilmittel: S. 220
Martial
119
4.10 Bitte um Korrektur des neuen Buches
3
6
Dum novus est nec adhuc rasa mihi fronte libellus,
pagina dum tangi non bene sicca timet,
i, puer, et caro perfer leve munus amico,
qui meruit nugas primus habere meas.
Curre, sed instructus: Comitetur Punica librum
spongea. Muneribus convenit illa meis.
Non possunt nostros multae, Faustine, liturae
emendare iocos. Una litura potest.
S Beziehungskiste: Suche vor der Übersetzung von
4.10 sämtliche Adjektive und Partizipien heraus, die sich
auf ein Substantiv beziehen (KNG!), und übersetze die
zusammengehörenden Wendungen.
1 libellus LW 1.1 – 2 siccus trocken – 4 nūgae Kleinigkeiten – 5/6 Pūnica spongea ein punischer Schwamm (zum
Auswischen von geschriebenem Text) – 7 nostrōs dichterischer Plural – litūra Streichung – 8 emendāre korrigieren – iocus LW 1.14
i
Martial über sein Buch
In 4.10 berichtet Martial, wie er seinem Patron
Faustinus (vgl. Info-Box S. 115) sein neues Epigrammbuch schenkt. Doch die Buchrolle ist unfertig, ihr
Papier ist noch nicht geglättet und getrocknet. Also
hat Faustinus – wie Martial behauptet – die Gelegenheit, Verbesserungen anzubringen.
Zeige, dass es sich bei dieser Aussage jedoch um einen Scherz handelt. Vergleiche das Epigramm außerdem mit Catulls c. 1 (S. 55) und zeige, dass Martial
hier von Catull beeinflusst ist.
4.16 Stiefsohn und Stiefmutter
3
6
Privignum non esse tuae te, Galle, novercae
rumor erat, coniunx dum fuit illa patris.
Non tamen hoc poterat vivo genitore probari.
Iam nusquam pater est, Galle, noverca domi est.
Magnus ab infernis revocetur Tullius umbris
et te defendat Regulus ipse licet,
non potes absolvi. Nam quae non desinit esse
post patrem, numquam, Galle, noverca fuit.
1 prı̄vı̄gnus Stiefsohn – noverca Stiefmutter – 1/2 ordne:
rūmor erat tē nōn esse prı̄vı̄gnum tuae novercae –
3 genitor, -ōris m Vater – probāre LW 1.57 – 4 nusquam
(hier) gestorben (wörtlich: nirgendwo) – 5 ı̄nfernus (Adj.) in
der Unterwelt – 7/8 ergänze und ordne: nam <ea,> quae
post patrem esse nōn dēsinit, numquam noverca fuit
■ Martial behauptet, der (uns sonst unbekannte)
Gallus könne selbst mithilfe der besten Anwälte
nicht von dem Vorwurf des Ehebruchs freigesprochen werden. Als solche nennt Martial hier
zunächst seinen Patron (vgl. Info-Box zu S. 115)
Regulus und erwähnt dann einen Tullius (V. 5), der
auch auf dem Bild dargestellt ist. Recherchiere
(z. B. im Internet), um welchen berühmten Redner es sich bei „Tullius“ handelt, und erkläre, weshalb Martial gerade ihn hier nennt.
4.24 Gefährliche Freundin
Omnes quas habuit, Fabiane, Lycoris amicas
extulit. Uxori at amica meae.
1 Fabiānus und Lycōris (weibl. Name) beide sonst unbekannt
➝ Kompetenzseiten: Textvergleich: S. 218
➝ AH: Substantive und Adjektive (Kongruenz): S. ***
41
120 Die römische Kaiserzeit
4.41 Heiser beim Vortrag
Quid recitaturus circumdas vellera collo?
Conveniunt nostris auribus ista magis.
1 vellus, -eris n Wollschal
S Wiederhole, ausgehend von der Form recitaturus,
die Bildung und Verwendung des Partizip Futur Aktiv.
Sieh ggf. in deiner Grammatik nach und fasse das Nachgeschlagene auf einer Grammatik-Karteikarte zusammen.
4.58 Heimliche Trauer?
In tenebris luges amissum, Galla, maritum.
Non plorare pudet te, puto, Galla, virum.
1 lugēre trauern – Galla sonst unbekannt – 2 plōrāre
beweinen
S Das Wörterbuch nennt für amittere die Bedeutungen „aufgeben, verlieren, wegschicken“. Lies das Gedicht 4.58 durch und überlege dir vor der Übersetzung,
welche Bedeutung hier passen dürfte. Begründe deine
Entscheidung.
5.9 Ein verhängnisvoller Krankenbesuch
3
Languebam. Sed tu comitatus protinus ad me
venisti centum, Symmache, discipulis.
Centum me tetigere manus aquilone gelatae:
Non habui febrem, Symmache, nunc habeo.
1 languēre krank sein – comitārı̄ LW 4.10 – 2 Symmachus
ein sonst unbekannter Arzt – 3 tetigēre ~ tetigērunt –
aquilōne gelātus eiskalt vom Nordwind
5.20 Ein ideales Leben
3
6
9
12
42
Si tecum mihi, care Martialis,
securis liceat frui diebus,
si disponere tempus otiosum
et verae pariter vacare vitae:
Nec nos atria nec domos potentum
nec litis tetricas forumque triste
nossemus nec imagines superbas;
sed gestatio, fabulae, libelli,
campus, porticus, umbra, Virgo, thermae –
haec essent loca semper, hi labores.
Nunc vivit necuter sibi, bonosque
soles effugere atque abire sentit,
qui nobis pereunt et imputantur.
Quisquam vivere cum sciat, moratur?
i
Freizeit in Rom
Auf seinen Spaziergängen möchte Martial unter anderem das Marsfeld (Campus Martius, hier als
Campus bezeichnet), auf dem junge Menschen Sport
trieben, besuchen. Dorthin führte auch die Aqua
Virgo (hier: Virgo), eine Wasserleitung, die berühmte
Thermen versorgte. Stelle die im Text genannten
Örtlichkeiten zusammen und vergleiche diejenigen,
die Martial positiv bewertet, mit denen, die er lieber
meidet.
1 (Iūlius) Mārtiālis Freund Martials; die Namensgleichheit
ist reiner Zufall – 5 Das Atrium war der Ort, an dem ein Patron jeden Morgen seine Klienten empfing (vgl. Info-Box
S. 115); dort stellte ein vornehmer Römer auch die Bilder
seiner Vorfahren auf (vgl. V. 7). – potentum ~ potentium –
6 lı̄tı̄s ~ lı̄tēs – tetricus und trı̄stis LW 1.62 – 7 nōssēmus
~ nōvissēmus – 8 gestātiō, -ōnis f Spaziergang – libellus
LW 1.1 – 9 umbra LW 4.16 – 13 imputāre in Rechnung
stellen
S Erkläre die Verwendung der Konjunktive liceat (V. 2),
nossemus (V. 7) und essent (V. 10).
T 1 Lies die Info-Box zu 5.42 (S. 121) und arbeite heraus, an welchen Stellen 5.20 Gedanken der epikureischen Philosophie erkennen lässt.
T 2 Vergleiche V. 11 – 13 mit Catulls c. 5 (S. 57). Arbeite
sprachliche und gedankliche Gemeinsamkeiten und Unterschiede heraus.
➝ AH: Konjunktiv in Hauptsätzen: S. ***
➝ Kompetenzseiten: Textvergleich: S. 218
➝ Martials Sicht auf Ärzte: S. 117
➝ AH: Partizipialkonstruktionen: S.***
➝ Kompetenzseiten: Wörterbuchgebrauch: S. 225
Martial
121
5.42 Großzügigkeit gegenüber Freunden
3
6
Callidus effracta nummos fur auferet arca.
Prosternet patrios impia amma lares.
Debitor usuram pariter sortemque negabit.
Non reddet sterilis semina iacta seges.
Dispensatorem fallax spoliabit amica.
Mercibus exstructas obruet unda rates.
Extra fortunam est quidquid donatur amicis:
Quas dederis, solas semper habebis opes.
1 effrāctus aufgebrochen – nummus Münze – arca Geldkiste – 2 prōsternere vernichten – flamma LW 1.62 – lār,
laris m Haus(gott) – 3 ūsūra Zinsen – sors, sortis f (hier)
Kapital – 4 sterilis, -e unfruchtbar – sēmen, -inis n Saat –
seges, -etis f Feld – 5 dispēnsātor, -ōris m Verwalter des
Geldes – fallāx, -ācis listig – 6 merx, mercis f Ware – obruere versenken
T 1 Beschreibe den Aufbau des Gedichts. Untersuche, wodurch sich das Schlussdistichon inhaltlich und
sprachlich vom Rest des Epigramms unterscheidet.
T 2 Gib die Aussage von 5.42 mit eigenen Worten wieder. Erörtere, ob Martial seinem Adressaten hier einen
glaubwürdigen Ratschlag für das richtige Leben geben
möchte oder ob er andere Ziele verfolgen mag.
i
„Philosophische“ Gedichte
Martial setzt sich in einigen Gedichten mit der
Frage nach der richtigen Lebensweise auseinander.
Immer wieder betont er, wie wichtig es sei, das Leben
zu genießen und Aufregungen zu meiden, wie sie
etwa die Mühen einer Karriere mit sich bringen. Dies
erinnert an die Philosophie des griechischen Denkers
Epikur (4./3. Jh. v. Chr.), der ein ruhiges, genussvolles Leben zum Ideal erklärte und besonders jede
politische Betätigung ablehnte. Berühmt wurde die
epikureische Philosophie durch den Ausspruch Carpe diem! („Pflücke den Tag!“) des Dichters Horaz.
Gerade der Gedanke, dass jeder Tag des Lebens
genossen werden müsse, wird von Martial häufig
geäußert, so auch in 5.58 (s. unten). Dort wird der
sonst unbekannte Postumus aufgefordert, das richtige Leben nicht weiter aufzuschieben. Als Bild für
die weite Ferne, in der Postumus sein Leben endlich
leben mag, nennt Martial die Parther (Parthi, -orum)
und Armenier (Armenii, -orum) als Stämme an den
Rändern des Reiches sowie den trojanischen König
Priamus und den griechischen König Nestor (Gen.
Nestoris), die beide mythologische Beispiele für eine
besonders lange Lebenszeit geben.
Martials philosophische Aussagen sind oft eher humorvoll. Ein richtiger Philosoph ist Martial nicht.
5.43 Zahnersatz
Thais habet nigros, niveos Laecania dentes.
Quae ratio est? Emptos haec habet, illa suos.
1 Thais und Laecānia sonst unbekannt – dēns LW 1.14
T 1 Erkläre die Verwendung der Pronomina haec und
illa in diesem Gedicht.
T 2 Erkläre anhand dieses Epigramms die Begriffe
„Erwartung“ und „Aufschluss“ (vgl. Info-Box S. 115).
5.58 Das Leben lässt sich nicht verschieben
3
6
Cras te victurum, cras dicis, Postume, semper.
Dic mihi: Cras istud, Postume, quando venit?
Quam longe cras istud? Ubi est? Aut unde
petendum?
Numquid apud Parthos Armeniosque latet?
Iam cras istud habet Priami vel Nestoris annos.
Cras istud quanti, dic mihi, possit emi?
Cras vives? Hodie iam vivere, Postume, serum est:
Ille sapit quisquis, Postume, vixit heri.
➝ Martial zum richtigen Leben: S. 125
➝ Horaz und die augusteische Dichtung: S. 74
Vgl. Info-Box – 3 unde LW 1.14 – 4 numquid etwa – petendum ergänze est – 6 quantı̄ für welchen Preis – 7 sērus zu
spät – 8 sapere LW 2.41 – quisquis LW 5.42
S Stelle sämtliche Temporaladverbien aus dem Text
zusammen. Nenne dann mindestens fünf weitere Temporaladverbien. Tragt eure Ergebnisse in Gruppenarbeit
zusammen. Überlegt, wie man diese Wörter sinnvoll in
einem Schaubild anordnen kann.
T Erkläre, was genau Martial mit dem Verb vivere meint
und was er unter einem richtigen Leben versteht.
➝ AH: Pronomina: S. ***
43
122 Die römische Kaiserzeit
6.4 Kaiser Domitians Wohltaten
3
Censor maxime principumque princeps,
cum tot iam tibi debeat triumphos,
tot nascentia templa, tot renata,
tot spectacula, tot deos, tot urbes,
plus debet tibi Roma, quod pudica est.
S Stelle die Bedeutungen von cum (mit Indikativ und
Konjunktiv) zusammen. Wähle aus, mit welcher Sinnrichtung das cum in V. 2 zu übersetzen ist.
T 1 Stelle die Aktivitäten des Kaisers zusammen, die
Martial hier nennt.
T 2 Erörtere mit deinem Banknachbarn anhand der
bisher gelesenen Epigramme Martials, ob die Aussage
am Schluss des Gedichts zutrifft.
6.7 Domitians Erneuerung der lex Iulia
3
6
Iulia lex populis ex quo, Faustine, renata est
atque intrare domos iussa Pudicitia est,
– aut minus aut certe non plus – tricesima lux est,
et nubit decimo iam Telesilla viro.
Quae nubit totiens, non nubit: Adultera lege est.
Offendor moecha simpliciore minus.
1/2 ordne: ex quō lēx Iūlia populı̄s renāta est atque
Pudı̄citia iussa est domōs intrāre – 1 ex quō seitdem –
renāscı̄ LW 6.4 – 2 pudı̄citia Keuschheit – 3 trı̄cēsima lūx
est 30 Tage sind vergangen (wörtlich: es ist der 30. Tag) –
4 Telesilla sonst unbekannt – 5 totiēns LW 1.14 – adultera
Geliebte – 6 moecha Ehebrecherin
T 1 Erkläre, warum Pudicitia hier großgeschrieben ist.
T 2 Arbeite sprachliche und thematische Ähnlichkeiten zwischen den Gedichten 6.4 und 6.7 heraus. Erörtere, ob die beiden Gedichte zueinander im Widerspruch stehen oder nicht.
i
Martial und
Domitian
Die meisten Epigrammbücher Martials erschienen unter der Herrschaft
des Kaisers Titus Flavius Domitianus. Dieser machte sich unter
anderem als strenger
Herrscher, der Wert auf
die Bewahrung der guten Sitten legte, einen
Namen. So übernahm
Domitian das Amt des
censor, der für die Kontrolle eines anständigen
Lebenswandels verantwortlich war. Außerdem erneuerte er die Ehegesetze, die Augustus unter dem
Namen lex Iulia erlassen hatte und durch die Ehebruch unter Strafe gestellt wurde. Martial lobte den
Kaiser in zahlreichen Gedichten, allerdings oft auf die
für ihn typische humorvolle Weise.
Nach Domitians Ermordung durch eine Verschwörung mächtiger Männer verhängte der Senat die
sogenannte damnatio memoriae, wodurch die Erinnerung an den toten Herrscher vollständig ausgelöscht werden sollte. So wurde Domitians Name aus
sämtlichen Inschriften im Reich entfernt, und die
Standbilder Domitians wurden niedergerissen oder
zu Abbildern seiner Nachfolger auf dem Kaiserthron
umgearbeitet. Auch Martial lobte den ermordeten
Domitian nun nicht mehr.
Überlege dir, ob die Auslöschung der Erinnerung an
einen verhassten Herrscher überhaupt möglich ist.
Vergleiche dazu auch das Bild von einem Café auf der
Piazza Navona im heutigen Rom, die in der Nähe der
Reste des von Domitian errichteten Stadions liegt.
6.60 Dichterruhm
3
44
Laudat, amat, cantat nostros mea Roma libellos,
meque sinus omnes, me manus omnis habet.
Ecce: rubet quidam, pallet, stupet, oscitat, odit.
Hoc volo: Nunc nobis carmina nostra placent.
W Halte sämtliche Wörter, die du im Wörterbuch
nachschlägst, in einer Liste fest. Wenn du dir nicht sicher bist, welche Bedeutung du auswählen musst, notiere zunächst mehrere denkbare Bedeutungen und
triff dann beim Übersetzen eine Entscheidung.
➝ Kompetenzseiten: Wörterbuchgebrauch: S. 225
➝ römische Kaiserzeit: S. 74
➝ Ovid und die Moralgesetze des Augustus: S. 77
➝ AH: Konjunktiv in Gliedsätzen: S.***
Martial
123
7.85 Vom Epigramm zum Epigrammbuch
3
Quod non insulse scribis tetrasticha quaedam,
disticha quod belle pauca, Sabelle, facis,
laudo nec admiror. Facile est epigrammata belle
scribere. Sed librum scribere difcile est.
S Vieldeutiges -e: Bestimme vor der Übersetzung
die folgenden Formen: insulse – belle – Sabelle – facile –
scribere – difficile.
1 ı̄nsulsus ohne Witz – tetrasticha (n Pl.) Vierzeiler – 2 disticha (n Pl.) Zweizeiler – Sabellus sonst unbekannt – 3 epigramma LW 1.1
8.27 Böswillige Geschenke
Munera qui tibi dat locupleti, Gaure, senique,
si sapis et sentis, hoc tibi ait: „Morere!“
S Erkläre, ausgehend von der Form morere, wie der
Imperativ Singular und Plural der Deponentien gebildet
wird.
1 locuplēs, -ētis reich – Gaurus sonst unbekannt – 2 sapere
LW 2.41
8.54 Eine allzu schöne Frau
3
Formosissima quae fuere vel sunt,
sed vilissima quae fuere vel sunt,
o quam te eri, Catulla, vellem
formosam minus aut magis pudicam!
1/2 ergänze jeweils: fōrmōsissima <eārum fēminārum,>
quae… / vı̄lissima <eārum fēminārum,> quae… 1 fuēre ~
fuērunt – 2 vı̄lis, -e gewöhnlich – 3 Catulla sonst unbekannt – 4 pudı̄cus LW 6.4
T Vergleiche das Gedicht sowohl mit Catulls c. 49
(S. 61) als auch Martials Epigramm 1.7. Zeige, dass 8.54
stark von Catull beeinflusst ist.
S
Der Superlativ
Der lateinische Superlativ (die höchste Steigerungsform) wird bei den meisten Adjektiven mit den
Endungen -issimus, -a, -um (bei Adjektiven auf -er:
-rimus, -a, -um) gebildet. Unabhängig davon, ob ein
Adjektiv zur a- und o-Deklination oder zur 3. (konsonantischen) Deklination gehört, wird der Superlativ
immer wie ein Adjektiv der a- und o-Deklination
dekliniert. Belege dies anhand von Beispielen aus
Epigramm 8.54. Informiere dich in einer Grammatik
weiterhin über die Bildung des Komparativs sowie die
Übersetzung von Komparativ und Superlativ.
9.15 Unfreiwillige Offenheit
Inscripsit tumulis septem scelerata virorum
se fecisse Chloe. Quid pote simplicius?
1 tumulus Grab – 2 Chloē sonst unbekannt – pote es kann
sein
➝ Grabinschriften bei Martial: S. 126
➝ weitere Grabinschriften: S. 207
■ Diese Inschrift steht auf einem Grab für mehrere Personen.
Links erkennst du den Namen P. VESONIUS und unten das Wort
FECIT – hier wird also angegeben, wer das Grabmal errichten ließ.
Auch Martial spielt mit dieser auf Grabsteinen üblichen Formulierung, denkt aber noch an eine weitere Bedeutung von FECIT.
Erkläre das Wortspiel, das dem Epigramm zugrunde liegt.
➝ AH: Steigerung von Adjektiven und Adverbien: S. ***
➝ Kompetenzseiten: Textvergleich: S. 218
45
124 Die römische Kaiserzeit
9.70 Scheinheiliger Sittenwächter
3
6
9
Dixerat „O mores! O tempora!“ Tullius olim,
sacrilegum strueret cum Catilina nefas,
cum gener atque socer diris concurreret armis
maestaque civili caede maderet humus.
Cur nunc „O mores!“, cur nunc „O tempora!“ dicis?
Quod tibi non placeat, Caeciliane, quid est?
Nulla ducum feritas, nulla est insania ferri;
pace frui certa laetitiaque licet.
Non nostri faciunt tibi quod tua tempora sordent,
sed faciunt mores, Caeciliane, tui.
T Stelle die lateinischen Begriffe zusammen, mit denen Martial die Auseinandersetzungen während der Verschwörung des Catilina beschreibt. Überlege dir, warum
Martials Darstellung der Ereignisse derart negativ ausfällt. Geh dabei insbesondere auf den Ausdruck caedes
civilis ein.
2 sacrilegus verbrecherisch – 3 gener, -erı̄ m Schwiegersohn – socer, -erı̄ m Schwiegervater – dı̄rus schrecklich –
4 madēre nass sein – 6 Caeciliānus sonst unbekannt –
7 feritās, -ātis f Wildheit – ı̄nsānia Raserei – 8 fruı̄ LW 5.20 –
9 sordēre widerlich sein
i
O tempora, o mores!
Im Jahr 63 v. Chr. hielt der Konsul Marcus Tullius Cicero vier Reden gegen Lucius Sergius Catilina, der damals eine Verschwörung gegen Rom
plante. Es gelang Cicero, die Verschwörung zu verhindern, und Catilina wurde mit seinem Heer in einer
Schlacht besiegt.
Cicero war der bedeutendste Redner der Römer, und
gerade die erste Rede gegen Catilina ist noch heute
berühmt. Seiner Entrüstung über den Verschwörer
machte Cicero unter anderem in dem Ausruf O tempora, mores! („Was sind das für Zeiten, was für Sitten!“) Luft, der zum geflügelten Wort wurde.
Erkläre, warum Martials Caecilianus diesen Ausruf zitiert und wie Martial diese Aussage dann umdeutet.
9.91 Einladung beim Kaiser und bei Jupiter
3
6
Ad cenam si me diversa vocaret in astra
hinc invitator Caesaris, inde Iovis,
astra licet propius, Palatia longius essent,
responsa ad superos haec referenda darem:
„Quaerite qui malit eri conviva Tonantis:
me meus in terris Iuppiter, ecce, tenet.“
■ Die Abbildung zeigt das Peristyl (Säulenhof) von Domitians
2 invı̄tātor, -ōris m Einladungsbote – 3 licet LW 4.16 –
ecce LW 1.97
i
Domitians Palast
Martial und weitere Dichter preisen Kaiser Domitians neuen Palast auf dem Palatin (einem der
sieben Hügel Roms: Palatium). In 9.91 macht Martial
deutlich, wie gerne er zu einer cena beim Kaiser (oft
einfach Caesar, -aris genannt) eingeladen werden
würde. Martial dürfte für seine Lobgedichte entlohnt worden sein, zum Beispiel erhielt er von Domitian (wie auch von dessen Vorgänger Titus – darauf
deutet die Formulierung uterque Caesar in 9.97.5
hin) das sogenannte „Dreikinderrecht“ (9.97.6: ius natorum), das steuerliche Vorteile mit sich brachte. Ob
ihm je die Ehre einer Einladung in den Palast zuteil
wurde, ist allerdings zweifelhaft.
Hier wird Domitian mit dem Göttervater Jupiter (Iuppiter, Gen. Iovis, auch als Tonans, -antis, „der Donnerer“ bezeichnet) verglichen. Überlege, wie man auf
diesen Vergleich kommen kann. Erkläre, warum gerade die Formulierung meus Iuppiter im Schlussvers
einige Leser überrascht haben mag.
Palast, in dessen Mitte sich eine Brunnenanlage befand. Erschließe, warum der Bau die Römer beeindruckte.
➝ Cicero bei Martial (4.16): S. 119
➝ Sallust zur Verschwörung des Catilina: S. 70
46
➝ Cicero bei Catull: S. 61
➝ Martial und Domitian: S. 116 und S. 122
Martial
125
9.97 Es platzt vor Neid …
3
6
9
12
Rumpitur invidia quidam, carissime Iuli,
quod me Roma legit, rumpitur invidia.
Rumpitur invidia, quod turba semper in omni
monstramur digito, rumpitur invidia.
Rumpitur invidia, tribuit quod Caesar uterque
ius mihi natorum, rumpitur invidia.
Rumpitur invidia, quod rus mihi dulce sub urbe est
parvaque in urbe domus, rumpitur invidia.
Rumpitur invidia, quod sum iucundus amicis,
quod conviva frequens, rumpitur invidia.
Rumpitur invidia, quod amamur quodque
probamur:
Rumpatur, quisquis rumpitur invidia.
1 Iūlius Martials Freund Iulius Martialis, vgl. 5.20.1 –
4 mōnstrāmur dichterischer Plural – digitus Finger –
uterque LW 1.57 – 5/6 vgl. Info-Box „Domitians Palast“,
S. 124 – 10 convı̄va LW 9.91 – 11 probāre LW 1.57 –
12 quisquis LW 5.42
T 1 Erkläre, wie der Wortklang die Aussage des Gedichts unterstützt.
T 2 Arbeite die inhaltlichen Gemeinsamkeiten mit
Epigramm 6.60 heraus.
10.47 Ein glücklicheres Leben
3
6
9
12
Vitam quae faciant beatiorem,
iucundissime Martialis, haec sunt:
Res non parta labore, sed relicta;
non ingratus ager, focus perennis;
lis numquam, toga rara, mens quieta;
vires ingenuae, salubre corpus;
prudens simplicitas, pares amici;
convictus facilis, sine arte mensa;
nox non ebria, sed soluta curis;
non tristis torus, et tamen pudicus;
somnus, qui faciat breves tenebras:
Quod sis, esse velis nihilque malis;
summum nec metuas diem nec optes.
2 Mārtiālis Martials Freund Iulius Martialis, vgl. 5.20.1,
9.97.1 – 4 ingrātus unergiebig – perennis, -e beständig –
5 lı̄s LW 5.20 – rārus LW 1.1 – 6 ingenuus zu einem Freigeborenen passend – salūbris, -e gesund – 8 convı̄ctus,
-ūs Tischgesellschaft – 9 ēbrius betrunken – 10 trı̄stis
LW 1.62 – torus Bett – pudı̄cus LW 6.4 – 11 tenebrae
LW 4.58 – 12 mālle LW 9.91
T Vergleiche den Inhalt von Luthers Gedicht mit dem
des Epigramms. Arbeite heraus, welche Gedanken Martials Luther verändert. Zeige, dass der Titel Carmen antimartiale angemessen ist.
■ Martin Luther. Informiere dich über weitere Werke, die er in lateinischer Sprache
verfasste, und erkläre, welche Leser er mit
den auf Latein (und nicht auf Deutsch) abgefassten Schriften erreichen wollte.
Der Kirchenreformator Martin Luther (1483 – 1546)
schrieb ein am Inhalt des Psalms 128 orientiertes Gedicht mit dem Titel Carmen antimartiale. Die ersten
zwölf Verse lauten:
Vitam quae faciunt beatiorem,
O charissime christiane, sunt haec:
Aeternum Dominum Deum timere
Mandatique sui vias amare.
Sit victus manuum labore partus.
Sic vivis bene, sic agis beatus.
Uxor prole tuam domum beabit
Laetis ut generosa vitis uvis.
Ad mensam tibi filii sedebunt
Ut pinguis tenerae novellae olivae.
Sic fidus benedicitur maritus
In casto Domini timore vivens.
(Was das Leben glücklicher macht, o liebster Christ,
ist Folgendes: den ewigen Herrn und Gott zu fürchten und die Wege seines Auftrags zu lieben. Deine
Nahrung sei durch deiner Hände Arbeit erworben.
So lebst du gut, so handelst du glücklich. Deine Frau
wird dein Haus mit euren
Kindern reich machen
wie eine an fruchtbaren
Trauben reiche Weinrebe. Bei Tisch werden deine Söhne sitzen wie die
zarten Triebe der fetten
Olive. So gesegnet ist der
treue Ehemann, der in
der schamhaften Furcht
vor dem Herrn lebt.)
➝ Martial zur richtigen Lebensführung: S. 120 – 121
47
126 Die römische Kaiserzeit
11.13 Das Grab des Pantomimen Paris
3
6
Quisquis Flaminiam teris, viator,
noli nobile praeterire marmor.
Urbis deliciae salesque Nili,
ars et gratia, lusus et voluptas,
Romani decus et dolor theatri
atque omnes Veneres Cupidinesque
hoc sunt condita, quo Paris, sepulcro.
1 quisquis LW 5.42 – terere benutzen – viātor, -ōris m
Wanderer – 3 dēliciae LW 1.7 – 4 lūsus LW 1.14 – 5 decus
LW 1.1 – 6 Venerēs Cupı̄dinēsque Liebesgöttinnen und
Liebesgötter (vgl. Catull c. 3, S. 56)
T 1 Erkläre, wie das Hyperbaton hoc … sepulcro die
inhaltliche Aussage des Verses unterstreicht.
T 2 Suche weitere Stilmittel heraus und gib an, welche Funktion sie jeweils im Text erfüllen.
T 3 Vergleiche V. 6 mit dem Beginn von Catulls c. 3,
in dem der Tod eines Sperlings (passer) beklagt wird
(S. 56). Erörtere, ob das Catull-Zitat dem Lob des Paris
gerecht wird.
i
Grabepigramme
Die Gattung Epigramm entstand aus Inschriften – nicht zuletzt Grabinschriften –, und so
überrascht es nicht, dass einige Epigramme im Stil
echter Grabinschriften verfasst sind. Es ist denkbar,
dass Epigramm 11.13 tatsächlich auf dem Grab des
berühmten Pantomimen (Schauspielers) Paris in
der Via Flaminia stand. Wie viele lateinische Grabinschriften spricht es einen Vorbeigehenden an und
fordert diesen auf, nicht einfach an dem Grab vorüberzugehen; der verneinte Imperativ mit noli/nolite
ist gerade in Grabinschriften nicht selten. Und wie in
echten Grabinschriften wird natürlich auch auf das
Leben und Schaffen des aus Ägypten (vgl. den Hinweis auf den Nil in V. 3: Nilus) stammenden Künstlers
eingegangen. Das unmittelbar auf 11.13 folgende
Gedicht 11.14 ist dagegen eindeutig die witzige Abwandlung einer Grabinschrift.
Übersetze die beiden Gedichte und vergleiche ihren
Inhalt. Arbeite heraus, wodurch auch das humorvolle
11.14 an ein Grabepigramm erinnert.
11.14 Spott über den kleinen Bauern
Heredes, nolite brevem sepelire colonum:
nam terra est illi quantulacumque gravis.
1 hērēs, -ēdis m Erbe – colōnus Bauer – 2 quantuluscumque wie wenig auch immer
T 1 Eine Häufung langer Silben im Vers kann eine
traurige oder erhabene Stimmung vermitteln. Kommen
dagegen viele kurze Silben vor, kann dies beschwingt
und heiter wirken. Analysiere Epigramm 11.14 metrisch
und erkläre, wie der Versbau die inhaltliche Aussage unterstützt.
T 2 Vergleiche die beiden deutschen Übersetzungen.
Erkläre, welchen Ansatz die Übersetzer jeweils verfolgen. Diskutiert in der Klasse, ob sie dem Original gerecht
werden.
T 3 Erstellt in Kleingruppen eine deutsche Nachdichtung von 11.14. Beachtet folgende Regeln:
■ Euer Gedicht soll gereimt sein.
■ Versmaß und Anzahl der Verse sind freigestellt.
■ Bemüht euch, den Humor des Epigramms zu erhalten. Überlegt, worin der Witz von 11.14 liegt.
■ Wem das Nachdichten schwerfällt, dem seien folgende Gedichtanfänge als Inspiration und Einstieg
empfohlen:
Der tote Bauer ist so klein. / Darum, ihr Erben, ...
Übersetzung 1: Rudolf Helm (1957)
Scherzhafte Grabschrift
Erben, versenkt nur nicht ins Grab den winzigen Bauer!
Ihm ist die Erde ja doch, sei’s auch nur wenig, zu
schwer.
Übersetzung 2: Walter Hofmann (1976)
Armer Colonus
Begrabt, ihr Erben, jenen kleinen Bauern nimmermehr:
Ihm ist die Erde, sei’s auch wenig, immer schwer.
➝ Kompetenzseiten: Rhetorische Stilmittel: S. 220
➝ Kompetenzseiten: Versanalyse: S. 223
48
Der Bauer ist tot. / Groß war er nicht. ...
Im Leben war er klein und schwach. / Und auch im Grab
droht Ungemach. ...
➝ Kompetenzseiten: Textvergleich: S. 218
➝ weitere Grabinschriften: S. 123 und S. 207
Martial
127
11.64 Liebesbriefe
Nescio tam multis quid scribas, Fauste, puellis.
Hoc scio: quod scribit nulla puella tibi.
T Vergleiche die Anordnung der einzelnen Wörter in
den beiden Versen. Erkläre, wie Martial durch die Anordnung der Wörter einen komischen Effekt erzielt.
11.93 Klage über einen Brand
3
Pierios vatis Theodori amma penates
abstulit. Hoc Musis et tibi, Phoebe, placet?
O scelus, o magnum facinus crimenque deorum,
non arsit pariter quod domus et dominus!
i
Ein von den Musen beseeltes Haus
In dem Spottgedicht 11.93 geht es um das
Haus des Dichters Theodōrus („Gottesgeschenk“).
Dieses bezeichnet Martial mit dem Begriff penates,
-ium, der eigentlich für die Hausgötter steht. Außerdem erwähnt Martial die Musen (Musae; Inspirationsgottheiten), die auch Pierides, -um (Adj. Pierius, -a,
-um) genannt werden. Der Ausdruck Pierii penates
bedeutet also „das von den Musen beseelte Haus“. Im
Zusammenhang mit den Musen wird der Gott Apollo
(hier mit dem Namen Phoebus bezeichnet) erwähnt,
der Gott der Künste.
Diskutiert in der Klasse darüber, wie die Anrede an
Apollo und die Musen wirkt. Vergleicht dazu das Gemälde „Apollo und die Musen“ des Künstlers Heinrich
Maria Hess von 1824, und beschreibt, wie die Gottheiten dort dargestellt werden.
1 flamma LW 1.62 – 2 auferre LW 5.42 – 4 ordne: quod nōn
ārsit pariter
T 1 Vergleiche zu den mythologischen Namen die
Info-Box. Erkläre, welchen Effekt die Verwendung dieser Namen hier hat.
T 2 Das Epigramm erinnert an antike Trauergedichte.
Arbeite heraus, für welche Stellen dies im Besonderen
gelten dürfte.
T 3 Erkläre, wie Martial die Pointe durch den Wortklang hervorhebt.
■ Heinrich Maria Hess, „Apollo und die Musen“ (1824)
11.107 Eifrige Leser
3
Explicitum nobis usque ad sua cornua librum
et quasi perlectum, Septiciane, refers.
Omnia legisti. Credo, scio, gaudeo, verum est.
Perlegi libros sic ego quinque tuos.
2 per-legere durchlesen – Septiciānus sonst unbekannt
T Informiere dich über die genaue Bedeutung des
Begriffs „Ironie“. Erörtere, ob dieser Begriff Martials
Aussagen in 11.107 zutreffend beschreibt.
12.39 Verhasster Sabellus
3
Odi te, quia bellus es, Sabelle.
Res est putida bellus et Sabellus.
Bellum denique malo, quam Sabellum.
Tabescas utinam, Sabelle belle!
➝ Kompetenzseiten: Textvergleich: S. 218
1 bellus LW 7.85 – Sabellus sonst unbekannt – 2 pūtidus
widerlich – 4 tābēscere verwesen
T Arbeite heraus, wie Martial hier die Wörter bellus,
bellum und den Namen Sabellus verwendet, um einen
komischen Effekt zu erzielen.
➝ Kompetenzseiten: Rhetorische Stilmittel: S. 220
49
128 Die römische Kaiserzeit
Aus dem Liber spectaculorum
i
Der Liber spectaculorum
Von Martial sind gut 30 Epigramme überliefert,
die von Darbietungen im Amphitheater berichten
und die wohl ein Epigrammbuch über die Geschehnisse in der Arena bildeten: der Liber spectaculorum
(abgekürzt: Sp.). Schauplatz der Gedichte ist das Amphitheatrum Flavium in Rom, später auch Kolosseum genannt. Es wurde 80 n. Chr. von Kaiser Titus
eröffnet, und vielleicht entstand zu diesem Anlass
Martials „Buch der Schauspiele“.
Darin geht es natürlich um das Amphitheater, dessen Arena sogar unter Wasser gesetzt werden konnte, wenn etwa Seeschlachten vorgeführt werden
sollten (Sp. 24). Auch der Kaiser – hier wird er stets
Caesar genannt – spielt als Veranstalter der Spiele
eine große Rolle (Sp. 17). Weiterhin berichtet Martial
von Tierdressuren, Jagden, Kämpfen zwischen Menschen und Tieren sowie Gladiatorenkämpfen, und
auch Hinrichtungen werden geschildert.
■ Beschreibe die Abbildung, die das Kolosseum in seinem heutigen Zustand zeigt. Informiere dich darüber, welche technischen
Einrichtungen es dort gab. Vergleiche dazu Sp. 24.
Sp. 9 Ein unerwartet wildes Nashorn
3
Praestitit exhibitus tota tibi, Caesar, harena,
quae non promisit proelia rhinoceros.
O quam terribilis exarsit pronus in iras!
Quantus erat „taurus“, cui pila taurus erat!
1/2 ordne: rhı̄nocerōs tōtā harēnā tibı̄ exhibitus praestitit
proelia, quae nōn prōmı̄sit – 1 exhibitus vorgeführt –
harēna LW 1.14 – 2 rhı̄nocerōs, -ōtis m Nashorn – 3 exārdēscere (Perf.: exārsı̄) entbrennen – prōnus sich senkend – 4 quantus erat „taurus“ was für eine Art Stier war
das – pila Ball
T Erkläre die Pointe des Schlussverses.
Sp. 17 Ein Elefant verehrt den Kaiser
3
Quod pius et supplex elephas te, Caesar, adorat,
hic modo qui tauro tam metuendus erat,
non facit hoc iussus, nulloque docente magistro,
crede mihi, nostrum sentit et ille deum.
1 elephās, -antis m Elefant – adōrāre anbeten – 2 taurus
LW Sp. 9
T Erschließe aus dem Text den Ablauf des Schauspiels, das Martial hier beschreibt.
Sp. 24 Das Meer im Amphitheater
3
6
50
Si quis ades longis serus spectator ab oris,
cui lux prima sacri muneris ista fuit,
ne te decipiat ratibus navalis Enyo
et par unda fretis, hic modo terra fuit.
Non credis? Specta, dum lassant aequora Martem:
Parva mora est, dices: „Hic modo pontus erat.“
1 sı̄ quis adēs sērus spectātor wenn du als Zuschauer zu
spät da bist – 2 lūx ista dieser Tag – 3 ratis LW 5.42 – nāvālis
Enȳō Seegefecht (Enyo ist eine Kriegsgottheit) – 4 fretum
Meer – 5 Martem lassāre den Kampf zu Ende gehen lassen
(„den Kriegsgott Mars ermüden“) – 6 pontus Meer
➝ Domitians Schauspiele in der Arena: S. 116
➝ die antike Arena: S. 148 – 149
➝ weitere Kaisergedichte Martials: S. 122 und S. 124
T Begründe, warum Martial das Spiel als sacer (heilig)
bezeichnet. Vergleiche dazu Sp. 17.
Martial
129
Aus den Xenia und Apophoreta
13.18 Porri sectivi
Fila Tarentini graviter redolentia porri
edisti quotiens, oscula clusa dato.
porrus sectı̄vus Schnittlauch – 1 fı̄lum Stängel – Tarentı̄nus
aus (der Stadt) Tarent (in Süditalien) – redolēre riechen –
2 ōsculum clūsum Kuss mit geschlossenem Mund – dātō
du sollst geben (Imperativ II)
13.52 Anates
Tota quidem ponatur anas, sed pectore tantum
et cervice sapit: cetera redde coco.
anas, -atis f Ente – 1 tantum LW 1.32 – 2 cervı̄x LW 1.22 –
sapere LW 2.41 – cocus Koch
13.94 Dammae
Dente timetur aper, defendunt cornua cervum.
Inbelles dammae – quid nisi praeda sumus?
damma Reh – 1 dēns LW 1.14 – cornu LW 11.107 – cervus
Hirsch – 2 inbellis, -e unkriegerisch – praeda LW 1.14
14.30 Venabula
Excipient apros exspectabuntque leones.
Intrabunt ursos, sit modo rma manus.
vēnābulum Jagdspieß – 1 aper LW 13.94 – leō LW 1.14 –
2 ursus Bär – modo (m. Konj.) wenn nur
14.47 Follis
Ite procul, iuvenes: mitis mihi convenit aetas.
Folle decet pueros ludere, folle senes.
follis, -is m (mit Luft gefüllter) Ball – 1 mı̄tis, -e sanft –
2 senex LW 8.27
14.195 Catullus
Tantum magna suo debet Verona Catullo,
quantum parva suo Mantua Vergilio.
Vgl. Info-Box unten – 1 tantum LW 1.32
T Informiere dich über Catulls Dichtung und über das
Werk Vergils. Erkläre, warum Martial gerade diese beiden Dichter miteinander vergleicht.
i
Die Xenia und Apophoreta und die Saturnalien
Außer den zwölf Epigrammbüchern und dem Liber spectaculorum verfasste Martial zwei Bücher, die
fast ausschließlich Zweizeiler im elegischen Distichon enthalten: die Xenia („Gastgeschenke“) und Apophoreta
(„Geschenke für Gäste zum Mitnehmen“). Die beiden Sammlungen, die als Bücher 13 und 14 gezählt werden
(auch wenn sie nicht erst nach den zwölf Epigrammaton libri entstanden sein dürften), schildern Dinge, wie sie
vor allem beim Fest der Saturnalien zum Essen serviert oder verschenkt werden konnten. Die Saturnalien, die
im Dezember stattfanden, waren ein ausgelassenes Fest. Wahrscheinlich wurden Gedichte Martials bei den Saturnalien besonders häufig vorgetragen.
Die beschriebenen Gegenstände sind ganz verschieden. Es geht um Lebensmittel, um preiswerte oder luxuriöse
Gebrauchsgegenstände, Sport- und Spielgeräte, Kunstwerke, Sklaven oder Bücher. In 14.195 wird zum Beispiel
eine Buchausgabe des Dichters Catull (aus Verona) beschrieben und dieser mit dem Dichter Vergil (aus Mantua)
verglichen.
Inspiriert von Martial schufen Goethe und Schiller 1797 eine Sammlung kurzer Gedichte mit dem Titel Xenien.
➝ Catull und die Neoteriker: S. 54
➝ Vergil und die augusteische Dichtung: S. 74
51
130 Die römische Kaiserzeit
LERNWORTSCHATZ
LW 1.29
aliter Adv.
LW 1.1
requ̄rere, requ̄rō,
requ̄s̄v̄, requ̄s̄tum
nōtus, -a, -um
epigramma, -atis n
(Gen. Pl. epigrammaton)
libellus, -̄ m
studiōsus, -a, -um
decus, -oris n
rārus, -a, -um
cinis, -eris m
poēta, -ae m
(auf)suchen, fragen,
verlangen
bekannt, berühmt
Epigramm, Aufschrift
LW 1.32
kleines Buch,
Bekanntmachung
eifrig, sorgfältig
Zierde, Ruhm
selten, vereinzelt
Asche; Vernichtung
Dichter
LW 1.47
LW 1.7
dēlicium, -̄ n
Vergnügen
(und dēliciae, -ārum f Pl.)
passer, -eris m
Sperling
LW 1.10
nūptiae, -ārum f Pl.
immō Adv.
nihil (und n̄l)
Hochzeit
ja sogar, im Gegenteil
nichts
LW 1.14
lūsus, -ūs m
iocus, -̄ m
leō, -ōnis m
arēna (und harēna), -ae f
blandus, -a, -um
totiēns Adv.
dēns, dentis m
ōs, ōris n
lepus, -oris m
unde Adv.
praeda, -ae f
Spiel, Scherz; Unterhaltung
Scherz, Spaß;
(humorvolles) Gedicht
Löwe
Sand; Arena
schmeichlerisch,
schmeichelhaft, reizend
so oft
Zahn
Gesicht, Mund
Hase
woher; weshalb
Beute
LW 1.22
saevus, -a, -um
placidus, -a, -um
ferus, -a, -um
cerv̄x, -̄cis f
sitis, -is f
vāstus, -a, -um
implēre, impleō,
implēv̄, implētum
52
wütend, wild, grausam
ruhig, sanft, friedlich;
nachsichtig
wild; Subst. fera, -ae f
wildes Tier
Hals, Nacken
Durst
leer, verlassen;
unermesslich, weit, riesig
anfüllen, voll machen
quārē Adv.
tantum Adv.
nūper Adv.
medicus, -̄ m
anders, sonst
weshalb; als relativer
Satzanschluss deshalb
so viel, so sehr; nur
neulich, vor Kurzem
Arzt
LW 1.57
uterque, utraque,
utrumque (Gen. Sg.
utr̄usque, Dat. Sg.
utr̄que)
probāre, probō, probāv̄,
probātum
jeder von beiden,
beide
prüfen, beweisen,
gutheißen
LW 1.62
quamv̄s
tetricus, -a, -um
tr̄stis, -e
incidere, incidō, incid̄
(in) m. Akk.
flamma, -ae f
auch wenn; Adv. wenn auch
streng
traurig, unfreundlich, streng
fallen (auf), hineingeraten
(in)
Feuer, Flamme, Glut
LW 1.97
ecce
sieh! schau! da ist …!
LW 2.41
sapere, sapiō, sap̄v̄/
sapi̄, –
plānus, -a, -um
Verstand haben;
Geschmack haben;
schmecken
flach, eben, deutlich;
plānē Adv. völlig, deutlich
LW 4.10
rādere, rādō, rās̄, rāsum
frōns, frontis f
pāgina, -ae f
levis, -e
merēre, mereō, meru̄
(und merēr̄, mereor,
meritus sum)
̄nstruere, ̄nstruō,
̄nstrūx̄, ̄nstrūctum
comitār̄, comitor,
comitātus sum.
abschaben, glätten
Stirn, Gesicht, Vorderseite
Seite, Blatt
leicht, unbedeutend,
leichtfertig
verdienen; Part. Perf.
meritus verdient,
gebührend
aufstellen, ausstatten,
unterrichten
begleiten; Part. Perf.
comitātus begleitet von
Martial
LW 4.16
rūmor, -ōris m
dom̄
revocāre, revocō,
revocāv̄, revocātum
umbra, -ae f
licet m. Konj.
absolvere, absolvō,
absolv̄, absolūtum
Gerede, Gerücht; Nachricht
zu Hause
zurückrufen
Schatten
auch wenn
losmachen, befreien,
freisprechen, vollenden
hinaustragen, bestatten;
hervorbringen; rühmen
LW 4.41
circumdare, circumdō,
circumded̄,
cirdumdatum
collum, -̄ n
umgeben, umzingeln,
umhüllen
Hals, Nacken
LW 4.58
tenebrae, -ārum f Pl.
mar̄tus, -̄ m
pudet, puduit mē m. Gen.
Dunkelheit, Finsternis
Ehemann
ich schäme mich für
LW 5.9
prōtinus Adv.
centum
discipulus, -̄ m
febris, -is f
vorwärts; sofort;
ununterbrochen
hundert
Schüler
Fieber
ātrium, -̄ n
potēns, -entis
l̄s, l̄tis f
nōscere, nōscō, nōv̄,
nōtum
imāgō, -inis f
porticus, -ūs f
irgendjemand
callidus, -a, -um
fūr, fūris m
auferre, auferō, abstul̄,
ablātum
patrius, -a, -um
impius, -a, -um
dēbitor, -ōris m
reddere, reddō, reddid̄,
redditum
iacere, iaciō, iēc̄, iactum
spoliāre, spoliō, spoliāv̄,
spoliātum
exstruere, exstruō,
exstrūx̄, exstrūctum
ratis, -is f
quisquis, quidquid
(quicquid)
erfahren, klug
Dieb
rauben, wegbringen
väterlich, vom Vater ererbt,
heimatlich
gewissenlos, gottlos,
frevelhaft
Schuldner
zurückgeben, m. dopp. Akk.
jemanden zu etwas
machen
werfen, schleudern,
ausstreuen
(be)rauben
aufschichten, aufbauen;
beladen
Schiff, Kahn, Floß
jeder, der
LW 5.43
LW 5.20
sēcūrus, -a, -um
fru̄, fruor, frūctus
sum m. Abl.
dispōnere, dispōnō,
disposu̄, dispositum
ōtiōsus, -a, -um
vacāre, vacō, vacāv̄,
vacātum
neuter (und necuter),
neutra, neutrum (Gen.
neutr̄us, Dat. neutr̄)
quisquam, quidquam
(quicquam)
Thermen, Badeanlage
Ort, Platz, Stelle; Pl. loca,
-ōrum n Orte, Gegend
keiner von beiden
LW 5.42
LW 4.24
efferre, efferō, extul̄,
ēlātum
thermae, -ārum f
locus, -̄ m
131
unbesorgt, ruhig, sicher
genießen, gebrauchen
niger, -gra, -grum
niveus, -a, -um
verteilen, ordnen
LW 5.58
unbeschäftigt, ruhig
frei sein von (m. Abl.),
nicht haben; leer stehen;
Zeit haben für, sich
widmen (m. Dat.)
Atrium, Empfangssaal
mächtig, stark, kundig
Streit, Prozess
kennenlernen, erfahren;
Perf. nōvisse kennen,
wissen
Bild, Bildnis
Säulengang, offene Halle
crās Adv.
hodiē Adv.
her̄ Adv.
schwarz, dunkel
aus Schnee, schneeweiß
morgen; künftig
heute, heutzutage,
noch heute
gestern; neulich
LW 6.4
triumphus, -̄ m
nāsc̄, nāscor, nātus sum
renāsc̄, renāscor,
renātus sum
templum, -̄ n
spectāculum, -̄ n
pud̄cus, -a, -um
Triumph, Triumphzug
geboren werden, entstehen
wieder geboren werden,
wieder entstehen
Tempel, Heiligtum
Schauspiel
schamhaft, keusch
Seite 132 ist im Vorabdruck nicht enthalten.
53
Martial
LW Sp. 9
terribilis, -e
taurus, -̄ m
LW 13.94
schrecklich
Stier
procul Adv.
Küste; Gegend
täuschen; entgehen,
unbemerkt bleiben
Meer; Fläche, Ebene
decēre, deceō, decu̄
lūdere, lūdō, lūs̄, lūsum
LW 13.18
edere, edō, ēd̄, ēsum
quotiēns (und
quotiēs) Adv.
aper, apr̄ m
Wildschwein, Eber
LW 14.47
LW Sp. 24
ōra, -ae f
dēcipere, dēcipiō,
dēcēp̄, dēceptum
aequor, -oris n
133
in der Ferne, von Weitem,
weit weg
schmücken, passen;
sich gehören;
decet es gehört sich
spielen; scherzen;
verspotten
essen, verzehren
wie oft, so oft
Grundwissen: Marcus Valerius Martialis (ca. 40 – 102 n. Chr.)
Heimatstadt Bilbilis (Spanien); dort starb Martial
auch nach seiner Rückkehr aus Rom.
■ Hauptwerk: zwölf Epigrammbücher (Epigrammaton libri duodecim); Buch 12 entstand in Spanien.
■ weitere Werke:
• ein Buch über Schauspiele im Kolosseum (Liber spectaculorum),
• ein Buch mit Zweizeilern über Gastgeschenke (Xenia,
Buch 13),
• ein Buch mit Zweizeilern über Geschenke für die
Gäste (Apophoreta, Buch 14).
■ Gattung: Epigramm (griech. epigramma: „Inschrift“, „Aufschrift“); vgl. 9.15, 11.13, 11.14.
■
54
Themen: Spott über menschliche Schwächen,
Liebesbeziehungen, das Saturnalienfest, das glückliche
Leben (vgl. 5.20, 5.42, 10.47), das Patronat (1.7).
■ Kaiser, unter denen Martial lebte: Titus (falls der
Liber spectaculorum zur Einweihung des Kolosseums
im Jahr 80 n. Chr. erschien), Domitian (in den Epigrammbüchern 1 – 9; vgl. 6.4, 6.7, 9.91), Nerva und
Trajan (in den Büchern 10 – 12).
■ Vorbilder: verschiedene griechische Epigrammatiker; in Rom vor allem Catull; vgl. 1.7, 1.32, 1.57, 4.10,
8.54, 14.195).
■ Nachleben: Goethes und Schillers Xenien (1797),
Lessings Epigramme und Epigrammtheorie (1771).
■
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55
Die römische Kaiserzeit
1.32 Unbestimmte Abneigung
& 117
Ich mag dich nicht, Sabellus, und ich kann nicht sagen,
warum. Nur dies kann ich sagen: Ich mag dich nicht.
Ansätze zur Interpretation:
• Der einfachen Sprache entspricht die einfache metrische Struktur des Epigramms, das keinerlei Elisionen
oder Aphaeresen enthält und sich somit sehr gut für
eine frühe Übung zur metrischen Analyse eignet (S):
ˉ | ˉ | ˉˉ | ˉˉ | ˉ | ˉx
ˉˉ | ˉˉ | ˉ | ˉ | ˉ | x
• Zentral ist der Bezug zu Catull, c. 85 (S. 64), vgl. die Kom-
petenzseiten zum Textvergleich (S. 218 – 219; vgl. T).
1.47 Berufswechsel
& 117
Vor Kurzem war er Arzt, nun ist Diaulus Totengräber.
Was er als Totengräber tut, hatte er auch als Arzt getan.
Mögliche Übersetzungsschwierigkeiten:
• V. 2 Die prädikative Übersetzung von vispillo und medicus sollte mit den Schülern erarbeitet werden; dabei
wird deutlich, dass et hier mit „auch“ wiederzugeben
ist.
Ansätze zur Interpretation:
• Die Wiederholung von medicus, vispillo (in chiastischer
Stellung) und facere (facit, fecerat) verdeutlicht, dass
trotz des Gegensatzes von Einst und Jetzt (nuper –
nunc) Diaulus noch immer dasselbe tut.
• Diaulus („Doppellauf“) mag hier als sprechender Name
verwendet werden (Barié/Schindler 1999, 1161).
1.57 Das ideale Mädchen
& 117
Was für ein Mädchen ich will und was für eines ich
nicht will, fragst du, Flaccus? Ich will kein allzu umgängliches und kein allzu schwieriges. Jenes, was in
der Mitte liegt und zwischen beiden, heiße ich gut.
Ich will weder, was mich quält, noch will ich, was mich
satt macht.
Mögliche Übersetzungsschwierigkeiten:
• Es bietet sich an, vor der Übersetzung die Formen von
velle/nolle bestimmen und ihre Verwendung erklären
zu lassen (S): velim, nolim: Konj. Präs. (indir. Fragesatz); nolo, volo: Ind. Präs.; vgl. Arbeitsheft, S. ***.
Ansätze zur Interpretation:
• V. 1: Das Hyperbaton Qualem … puellam zögert die
Nennung des Themas heraus; vielleicht erwarten einige Leser ein weniger banales Thema, sodass der Begriff puella für eine Überraschung sorgt (T).
• V. 2: Der Chiasmus nimis facilem difficilemque nimis
kontrastiert die beiden Typen von puellae unmittelbar.
• V. 3: Der hier benannte Mittelweg steht in einem Relativsatz in der Versmitte (zwischen illud … probamus).
• V. 4: Der Parallelismus hebt die Klarheit der Schlussaussage hervor.
56
• Es kann diskutiert werden, ob das Gedicht für ein (epikureisch geprägtes) Leben gemäß dem Ideal der „Goldenen Mitte“ wirbt (vgl. Info-Box, S. 121) oder ob das
banale Thema einer solchen Deutung widerspricht.
1.62 Penelope und Helena
& 117
Die sittsame und nicht hinter den alten Sabinern zurückstehende Laevinia – auch wenn sie spröder als
ihr unfreundlicher Mann war – verliebte sich, während
sie sich bald dem Lukrinersee, bald dem Avernersee
hingab und während sie sich oft in den Wassern von
Baiae entspannte. Sie kam als Penelope, und indem
sie einem jungen Mann folgte, nachdem sie ihren
Ehemann verlassen hatte, reiste sie als Helena ab.
Mögliche Übersetzungsschwierigkeiten:
• Das Gedicht enthält einige Schwierigkeiten; so ist die
freie Wiedergabe einiger Wörter notwendig; cedere
(„hinter jmd. zurückstehen“), tristis („spröde“), ggf. in
flammas incidere („sich verlieben“).
• V. 1 – 5: Die Satzstruktur mit zwei eingeschobenen
dum-Sätzen sowie einem Einschub mit quamvis steuert wirkungsvoll auf die überraschende Formulierung
incidit in flammas hin, was sich im Deutschen nur nachahmen lässt, wenn man zu V. 1 – 2 etwa erat ergänzt
und diese als eigenständigen Hauptsatz übersetzt.
• V. 5 – 6: Das Gedicht hat eine effektive Schlusspointe.
Bei der Übersetzung bietet es sich jedoch an, gemäß
dem Handlungsablauf zunächst Penelope venit, dann
die Partizipien und dann abit Helene wiederzugeben.
Ansätze zur Interpretation:
• Helenas Entführung (Beginn des Kriegs um Troja) ist
hier nur eine Ehebruchkomödie (vgl. Schindler 2003).
• Auch bei G. Reni folgt Helena Paris gern. Dagegen
sieht die Fotokünstlerin E. Antin Helena als moderne
Frau, die es leid ist, dass andere über ihr Schicksal
entscheiden (S. 80 zu Ovid, Ars 1.237 – 252).
1.97 Ein unfähiger Redner
& 118
Wenn alle schreien, nur dann sprichst du, Naevolus,
und hältst dich für einen Patron und Anwalt. Auf diese
Weise kann niemand nicht redegewandt sein. Schau!
Alle schweigen: Naevolus, sag etwas!
Ansätze zur Interpretation:
• Die besondere Bedeutung, welche die Redekunst
durch die Funktionsweisen des Patronats im Alltag der
Römer hatte, ist für das Verständnis des Gedichts von
Bedeutung (vgl. Info-Box, S. 115). Nur so ist der Spott
über einen schlechten Redner nachvollziehbar.
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Martial
2.41 Martial als Ratgeber
& 118
Lache, wenn du Verstand hast, Mädchen, lache, hatte
– so glaube ich – der Dichter aus dem Land der Paeligner gesagt. Aber er hatte es nicht zu allen Mädchen
gesagt. Aber auch wenn er es zu allen Mädchen gesagt haben sollte, hat er es nicht zu dir gesagt. Du bist
kein Mädchen, und du hast, Maximina, drei Zähne,
aber völlig pechschwarze und buchsbaumfarbene.
(…) Aber du – wenn du meiner Entscheidung gefolgt bist – weine, wenn du Verstand hast, Mädchen,
weine.
Mögliche Übersetzungsschwierigkeiten:
• V. 2 – 5: Vor der Übersetzung sind die Formen von dicere zu bestimmen (S): dicit (Ind. Präs.), dicebat (Impf.),
dicet (Fut.), dixit (Perf.), dixerat (Plusq.); dicat (Konj.
Präs.), diceret (Impf.), dixerit (Perf.). dixisset (Plusq.);
vgl. zur Vertiefung noch Arbeitsheft S. ***, Aufgabe Nr.
***.
• V. 22: Das Prinzip secuta kann in einem zweiten Übersetzungsschritt als weiterer Imperativ aufgelöst werden.
Ansätze zur Interpretation:
• Martial bezieht sich hier unter anderem auf Ovid, Ars
3.511 – 514; wie an anderen Stellen, an denen er weitere Dichter zitiert und dies explizit ankündigt, verfälscht
Martial jedoch die Aussage des Vorgängertextes mit
komischem Effekt (vgl. Lorenz 2010a; Lorenz 2010b,
57 – 60).
• Aus Ovids Anleitung zum freundlichen Verhalten macht
Martial ein bitterböses Spottgedicht.
• Wenn die Leser das ovidische Vorbild erkennen und
die Unterschiede in Martials Gedicht wahrnehmen,
wirkt Martials Spott umso härter – und offenbar auch
komischer.
2.42 Was ist wirklich schmutzig?
& 118
Zoilus, was verdirbst du die Wanne [das Wasser in
der Wanne] durch das Untertauchen deines Hinterns? Damit es schmutziger wird, Zoilus, tauche deinen Kopf ein.
Ansätze zur Interpretation:
• Es ist zu bedenken, dass der Besuch der Thermen in
Rom zwar eine der beliebtesten Freizeitbeschäftigungen war, dort aber kaum befriedigende hygienische Bedingungen geherrscht haben dürften.
• Die Alliteration podice perdis ahmt das klatschende
Geräusch nach, mit dem sich Zoilus ins Wasser setzt
(T).
4.10 Bitte um Korrektur des neuen Buchs
& 119
Solange das Büchlein neu ist und die Vorderseite
noch nicht von mir geglättet wurde, solange sich die
noch nicht gut getrocknete Seite fürchtet, berührt zu
werden, lauf, Junge, und überbringe das unbedeutende Geschenk meinem lieben Freund, der es verdient hat, meine Kleinigkeiten als Erster zu haben.
Lauf, aber mit einem Auftrag [wörtl.: unterrichtet]: Ein
punischer Schwamm soll das Buch begleiten. Jener
passt zu meinen Geschenken. Meine Scherze können nicht viele Streichungen korrigieren, Faustinus.
Eine Streichung kann es.
Mögliche Übersetzungsschwierigkeiten:
• Um die Hyperbata vorzuentlasten, kann zunächst die
Kongruenz geklärt werden (S): novus libellus (neues
Büchlein), rasa fronte (mit geglätteter Vorderseite),
pagina sicca (trockene Seite), caro amico (dem lieben Freund), leve munus (unbedeutendes Geschenk),
nugas meas (meine Kleinigkeiten), Punica spongea
(punischer Schwamm), muneribus meis (meinen Geschenken), nostros iocos (meine Scherze), multae liturae (viele Streichungen), una litura (eine Streichung).
Ansätze zur Interpretation:
• Martial ist von Catulls c. 1 (S. 55) beeinflusst (vgl. InfoBox): Während Catull sich für sein kleines Werk ein
langes Nachleben wünscht, schlägt Martial scherzhaft
vor, sein neues Buch mit einem nassen Schwamm
kurzerhand komplett auszuwischen (una litura); das
vierte Epigrammbuch ist aber bereits unwiderruflich
veröffentlicht und kann nicht mehr vernichtet werden.
Der Gedichtvergleich (vgl. Kompetenzseiten 218 – 219)
lässt sich in einem Tafelbild zusammenfassen (siehe
unten).
Tafelbild (zu 4.10)
Catull, c. 1
V. 1
V. 2
V. 2
V. 3
V. 4
V. 9 – 10: Bitte um langes
Nachleben des Buchs
Martial 4.10
novus libellus
Hinweis auf das Trocknen der Seite
Hinweis auf das Glätten der Seite
Widmung an einen Freund
nugae
V. 1
V. 2
V. 1
V. 3
V. 4
V. 7 – 8: scherzhafter Vorschlag,
das Buch zu vernichten (das
jedoch bereits veröffentlicht ist)
57
Bestellen und Beraten
Telefon:
(01 80) 1 61 60 60 (3,9 Cent / Min. aus dem deutschen Festnetz, Mobilfunkhöchstpreis 42 Cent / Min.)
oder (0 30) 89 78 56 45
Telefax:
(01 80) 1 61 60 16
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ISBN 978-3-637-01187-8
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