Ein Vorbild für heldenhaftes Sterben

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Ein Vorbild für heldenhaftes Sterben
Raum: Nationalsozialismus
Themenwand: Das Regime
Objekt: Langemarckstein
Ein Vorbild für heldenhaftes Sterben
Allgemeines
Im Haller Stadtwald am Weg zwischen der Kastanienallee und dem Begräbnis der Familie Kisker
liegt ein Findling, in den das Wort Langemarck eingemeißelt ist. Ehedem soll neben dem Stein
eine Eiche gepflanzt worden sein. Die
Eiche steht nicht mehr.
Von Spaziergängern wird dieser Stein meist
als soldatisches Ehrenmal gedeutet und
der
Name
Langemarck
mit
einem
möglicherweise hochdekorierten Reichswehroffizier in Verbindung gebracht, dem
dieses
Ehrenmal
bestimmten
wohl
wegen
Schlachtsieges
im
eines
Ersten
Weltkrieg gewidmet wurde. Das trifft
jedoch nicht zu.
Lage des Langemarcksteins (rot). Karte: TIM online NRW
Tatsächlich
es
handelt
sich
bei
dem
so
genannten
Langemarckstein
um
ein
nationalsozialistisches Monument für heldenhaftes Sterben. Der Stein wurde um 1937 von der
Haller HJ niedergelegt.
Die „Schlacht von Langemarck“ im Ersten Weltkrieg
Langemarck ist ein Ort in Belgien, nördlich von Ypern. In dessen Nähe fand am 10. November
1914 ein Gefecht zwischen deutschen und französischen Truppen statt. Auf deutscher Seite
waren dies waren zumeist junge Kriegsfreiwillige - viele von ihnen Schüler und Studenten.1 Die
unerfahrenen und unzureichend ausgebildeten Soldaten scheiterten bei dem Versuch, eine
Hügelkette zu erobern. „Die Aufwärtsstürmenden waren für die von oben feuernden Schützen an
1
Vgl. dazu Erich Maria Remarque: Im Westen nichts Neues, Berlin 1929.
den Maschinengewehren leichte Ziele und wurden förmlich niedergemäht.“2
Schon am Tag darauf verklärte die deutsche Heeresleitung die verlustreiche Niederlage in der
offiziellen Meldung in einen moralischen Sieg: Sie bejubelte den opferbereiten Einsatz der
„Jugend von Langemarck“ und ihr heldenhaftes Sterben für das Vaterland. So entstand bereits
1914 der Mythos Langemarck. Zahlreiche Denkmale, Straßen und Gebäude(teile) wurden in der
Weimarer Republik und im Nationalsozialismus nach dem Ort des Gefechtes benannt.
Mit dieser Schlacht begann der jahrelange zermürbende Stellungskrieg des Ersten Weltkrieges.
Ein Gegengewicht setzte zur Legende von Langemarck setzte der Schriftsteller Erich Maria
Remarque mit seinem Antikriegsroman „Im Westen nichts Neues“, der das sinnlose Sterben der
jungen Kriegsfreiwilligen thematisiert. Ein Vorabdruck des Buches erschien am 10. November
1928, dem 14. Jahrestag des Angriffs von Langemarck, in der Vossischen Zeitung, die weit über
ihren Erscheinungsort Berlin hinaus gelesen wurde.3
Der „Mythos Langemarck“ im Nationalsozialismus
Der Nationalsozialismus nutzte den bestehenden Nimbus der „Jugend von Langemarck“. Die
vermeintliche Todesverachtung der damaligen Kriegsfreiwilligen galt im Nationalsozialistischen
Deutschen Studentenbund wie in der
Hitlerjugend als vorbildlich. Am Beispiel
Langemarck wurden Kinder und Jugendliche entsprechend dem Grundsatz der
Selbsterhöhung durch Selbstvernichtung
(„Du bist nichts – Dein Volk ist alles“)
indoktriniert und auf das Selbstopfer im
Kriegsfall vorbereitet.
Erstrebenswert war für viele Hitlerjungen
aus dem HJ-Bann 158 (Bielefeld-Halle)
ein
Lehrgang
an
der
westfälischen
Führerschule „Langemarck“, die im oben
Die HJ-Zeitschrift „Unsere Fahne“ mit dem Sonderthema
„Führerschule Langemarck“. Leihgabe aus Privatbesitz.
gezeigten Heft vorgestellt, beziehungsweise mit Berichten und Fotos aus dem Lehrgangsalltag
beworben wurde.
2
Deutsches Historisches Museum, LeMO (Lebendiges Museum Online), Langemarck 10. November 1914;
URL: http://www.dhm.de/lemo/html/wk1/kriegsverlauf/langemar/ [online am 24. Oktober 2011].
3
Erich Maria Remarque-Friedenszentrum, Erich Maria Remarque – Werke und Verfilmungen, Im Westen
nichts Neues; URL: http://www.remarque.uos.de/iwnn.htm [online am 24. Oktober 2011].
Der „Langemarckstein“ im Haller Stadtwald
Der Wald rund um Langemarckstein und Kaffeemühle war bevorzugtes HJ-Revier. Hier fanden
regelmäßig Gelände- und Kriegsspiele statt. Aus Zeitzeugenberichten ist bekannt, dass der
Langemarckstein
um 1937 von der Haller
Hitlerjugend niedergelegt wurde. Dies fand sehr
wahrscheinlich an einem 10. November statt,
dem „Tag von Langemarck“, der vor Kriegsbeginn 1939 von vielen NS-Jugendorganisationen
feierlich begangen wurde. Nach schriftlichen
Quellen zu den Ereignissen in Halle wird
recherchiert.
Der Langemarckstein in Halle. Foto: W. Kosubek
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