marikas - Evangelisches Hilfswerk München

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marikas - Evangelisches Hilfswerk München
MARIKAS
Beratungsstelle für anschaffende Jungen
und junge Männer
Beratungsstelle für anschaffende Jungen,
junge Männer und Mädchen
Jahresbericht 2013
Gefördert durch:
Beratungsstelle Marikas
Jahresbericht 2013
Inhaltsverzeichnis
1 Vorwort ......................................................................................................................... 3
2 Träger und Finanzierung ............................................................................................. 5
3 Personalentwicklung ................................................................................................... 5
4 Arbeitsschwerpunkte ................................................................................................... 5
4.1 Beratung......................................................................................................... 5
4.1.1 Einzelfall Vasil................................................................................... 6
4.2 Internetberatung ............................................................................................. 7
4.2.1 Allgemein .......................................................................................... 7
4.2.2 Aktuelle Entwicklung ......................................................................... 7
4.3 Streetwork ...................................................................................................... 8
4.3.1 Allgemein .......................................................................................... 8
4.3.2 Aktuelle Entwicklung ......................................................................... 8
4.4 Niedrigschwellige Anlaufstelle ........................................................................ 9
4.4.1 Angebot ............................................................................................ 9
4.4.2 Aktuelle Entwicklungen ................................................................... 11
5 Projektarbeit ............................................................................................................... 12
5.1 Prävention vor HIV und STI ´s ...................................................................... 12
5.2 Musikpädagogische Intervention bei Marikas ............................................... 13
6 Statistische Angaben ................................................................................................. 14
6.1 Kontakte in unseren Räumlichkeiten ............................................................ 14
6.2 Kontakte und Beratungen im Rahmen der Straßensozialarbeit ................... 15
6.3 Beratungsthemen ......................................................................................... 15
7 Vernetzungs- und Öffentlichkeitsarbeit .................................................................... 17
7.1 CSD - „Fight for global rights - Solidarität kennt keine Grenzen ................... 17
7.2 Vernetzung ................................................................................................... 17
7.3 Kooperation .................................................................................................. 18
8 Spenderinnen und Spender ....................................................................................... 18
9 Das Team der Beratungsstelle Marikas .................................................................... 19
Impressum ....................................................................................................................... 20
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Beratungsstelle Marikas
Jahresbericht 2013
1
Vorwort
Liebe Leserin, lieber Leser,
„…denn die einen sind im Dunkeln und die anderen sind im Licht und man siehet die
im Lichte, die im Dunkeln sieht man nicht
Bertolt Brecht, Dreigroschenoper
Was, so werden Sie sich fragen, hat dieses Zitat von Bertolt Brecht mit der Arbeit der
Beratungsstelle Marikas, um die es in diesem Jahresbericht geht, zu tun? Um es
vorwegzunehmen – eine ganze Menge. Unsere Arbeit ist der Diakonie verpflichtet,
und man muss sich auch immer wieder vor Augen halten, welche Aufgaben mit
diesem diakonischen Auftrag verbunden sind. Die Menschen in allen Lebenslagen zu
begleiten und zu beraten, das ist ein Teil dieser Aufgabe. Und die Klienten, um die
wir uns kümmern, sind in der Regel die auf der dunklen Seite der Gesellschaft, von
denen wir uns nicht abwenden dürfen, auch wenn sie durch ihr Tun stigmatisiert sind.
Besonders freuen wir uns darüber, dass es uns gelungen ist, im vergangenen Jahr
neue aktive Mitstreiter zur Bewältigung dieser Aufgabe zu finden. Ehrenamtliche aus
dem Spirituellen Zentrum St. Martin der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern
unterstützen uns in unserer Arbeit. Pfarrer Andreas Ebert von St. Martin sagt:
„Präsent sein, sich einlassen auf die Wirklichkeit der Stadt, und Gott suchen in allem,
was ist: Das ist unser Anliegen.“ Diese Worte passen genau in die Idee der
Diakonie, deren Anliegen vielfach die Integration Ausgegrenzter, Armer und
Schwacher in die Gesellschaft, also im Brecht’schen Sinne ins Licht, ist.
Wir sind dort, wo Menschen uns brauchen, heißt es im Leitbild der Diakonie. Genau
diese Forderung erfüllt die Streetwork, die im Rahmen der Beratungsstelle Marikas
geleistet wird. Hauptziele dabei sind die HIV-, STI- und Aidsprävention, die
Stabilisierung der physischen und psychischen Gesundheit sowie das Aufzeigen der
Möglichkeiten für die jungen Männer, die als Stricher arbeiten, ein
eigenverantwortliches Leben zu entwickeln.
Die genannten positiven Ansätze dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass noch
viel Arbeit zu leisten ist. Wir brauchen auch weiterhin jede Unterstützung für unsere
vielfältigen Aufgaben. Dabei möchte ich aber nicht versäumen, mich bei den
zahlreichen Unterstützern im abgelaufenen Jahr zu bedanken. Namentlich möchte
ich diesmal das ehrenamtliche Team von St. Martin bedanken, welches es durch
seine Mithilfe ermöglicht, dass wir unserer eigentlichen fachlichen Arbeit mehr Raum
geben können.
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Beratungsstelle Marikas
Jahresbericht 2013
Selbstverständlich gebührt unser Dank auch den Spendern und den
Zuschussgebern, ohne die unsere Tätigkeit nicht durchführbar wäre. Auch Vertreter
aus den Behörden, den Medien und der Politik haben uns wieder unterstützt – vielen
Dank dafür.
Schließlich möchte ich mich auch noch bei meinen Kollegen und Kolleginnen aus
dem Team von Marikas bedanken; sie haben wieder viel zu tun gehabt und ihre
Aufgabenbereiche engagiert gemeistert.
Das Diakonische Leitbild hat die Teilhabe aller am Leben in der Gemeinschaft zum
Ziel. Marikas will, eingebettet in die kirchliche und weltliche Landschaft, die uns
umgibt, ein Baustein zur Erfüllung dieses Gedankens sein und möchte so dazu
beitragen, dass das „Dunkle“ in unserer Gesellschaft etwas weniger wird und auch
die Ausgegrenzten und Benachteiligten wie unsere jungen Prostituierten eine Chance
erhalten, im Lichte zu stehen.
München, März 2014
Michaela Fröhlich
Einrichtungsleiterin
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Beratungsstelle Marikas
Jahresbericht 2013
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Träger und Finanzierung
Als eine hundertprozentige Tochter der Inneren Mission München - Diakonie in
München und Oberbayern e.V. ist die Beratungsstelle Marikas eine Einrichtung unter
der Trägerschaft des Evangelischen Hilfswerks München gemeinnützige GmbH.
Marikas erhält neben den Eigenmitteln des Trägers einen Zuschuss des
Stadtjugendamtes der Landeshauptstadt München, der zur Aufrechterhaltung unserer
Beratungs- und Betreuungsangebote für junge Prostituierte und Stricher beiträgt.
Außerdem erhalten wir von der Landeshauptstadt München Mittel zur Förderung
ehrenamtlicher Tätigkeit, die seit 2009 fester Bestandteil innerhalb der
Zuschussfinanzierung sind.
Die Beschäftigung eines kulturellen Mediators für die HIV-Präventionsarbeit mit
jungen osteuropäischen Migranten in der Prostitution konnte durch Zuschussmittel für
Personalkosten vom Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege auch
wieder für das Berichtsjahr sichergestellt werden.
Wir möchten uns hiermit für die finanzielle Sicherstellung unserer Arbeit mit
volljährigen Jugendlichen und jungen Erwachsenen bei unseren Zuschussgebern
ausdrücklich bedanken.
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Personalentwicklung
Der Beratungsstelle Marikas standen im Berichtsjahr 2013 drei DiplomSozialpädagogInnen in Teilzeit sowie eine studentische Hilfskraft zur Verfügung. Eine
weitere Diplom-Sozialpädagogin, ebenfalls in Teilzeit, war für Leitungsaufgaben
eingestellt.
Ein in Teilzeit beschäftigter kultureller Mediator ergänzte das sozialpädagogische
Fachteam.
In der Verwaltung war eine Fachkraft mit 10 Wochenstunden tätig.
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Arbeitsschwerpunkte
4.1 Beratung
Zu den elementaren Bereichen der sozialpädagogischen Arbeit der Beratungsstelle
Marikas zählen die Beratung und die Streetwork. Dabei liegt der Fokus darauf, den
jungen Männern gezielte und auf den Betroffenen abgestimmte Hilfestellungen zu
bieten und mittelfristig „Hilfe zur Selbsthilfe“ zu ermöglichen. Ein wesentlicher
Bestandteil der Beratung ist die Informationsvermittlung, um Wissensdefizite der
jungen Männer zu beheben. Dabei beziehen sich die Anfragen häufig auf
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Beratungsstelle Marikas
Jahresbericht 2013
Informationen
wie
beispielsweise
aufenthaltsrechtliche
Bestimmungen,
sozialrechtliche Ansprüche und medizinische Versorgungsangebote. Die Zielgruppe
besteht aus männlichen jungen Männern, die in München von Freiern Angebote
bekommen, sexuelle Dienste gegen Geld oder andere materielle Werte zu erbringen.
4.1.1 Einzelfall Vasil
Als wir Vasil an einem eiskalten Wintermorgen vor unserer Tür stehen sahen, sahen
wir einen jungen Mann – verunsichert, erschöpft und doch voller positiver Energie. In
gebrochenem Deutsch erzählte er, wie er über Umwege aus Bulgarien nach
Deutschland gelangte. In seinem Heimatland konnte und wollte er nicht länger leben,
da er zur diskriminierten Minderheit der Roma gehört. Dazu kam, dass er wegen
seiner sexuellen Orientierung nicht nur gemieden, sondern auch zum Teil gedemütigt
und ausgegrenzt worden ist.
Vasil ist 19 Jahre alt und homosexuell. In seiner Heimat führte er ein Leben in Armut
ohne Chance auf Bildung, die eine Perspektive eröffnen würde. Geboren wurde Vasil
in einem marginalisiertem Stadtteil von Plovdiv. Seine Eltern warfen ihn im Alter von
14 Jahren aus dem Haus, welches eher einem Bretterverschlag ähnelte. Er hat
Gewalt erfahren, mitunter durch Schläge und Tritte, doch sicherlich auch durch rüde
Beschimpfungen und Ausgrenzungen seiner Mitmenschen. Die Narben auf seinem
Körper lassen erahnen, was ihm widerfahren ist. Nun ist er in Deutschland. Vasil ist
in einem schlechten Gesundheitszustand. Trotzdem wirkt er zufrieden. Er genießt es,
hier offen seine Homosexualität leben zu können. Sein Geld verdient er mit
Gelegenheitsjobs und er geht anschaffen. An manchen Tagen bekommt er so 30
Euro zusammen, an anderen wiederum fast nichts. In den Notschlafstellen der Stadt
will er nicht schlafen. Er fürchtet, dort beschimpft oder lächerlich gemacht zu
werden. So „spaziert“ er nachts durch die Straßen; Alkohol ist sein Begleiter. An den
Öffnungstagen von Marikas nutzt er das Tagschlafangebot und genießt die heiße
Dusche.
Vor einigen Wochen begleitete ihn ein Mitarbeiter von Marikas zum HIV- und STI
Test. Vasil bat um diese Begleitung, die Angst war ihm ins Gesicht geschrieben.
Vasil wollte unbedingt diesen Test machen. Bei der Begleitung erzählte er unserem
Mitarbeiter in einer Mischung aus bulgarisch, türkisch und deutsch, dass er mit einem
Freier einen sogenannten Risikokontakt hatte. Er hatte natürlich Angst. Bis vor
kurzem hatte Vasil nie etwas gehört von HIV, geschweige denn von sexuell
übertragbaren Infektionen. Durch die Aufklärung von Marikas mittels eines
Kondombenutzungsvideos
in
seiner
Muttersprache
und
verschiedenen
Übersetzungen, wusste er um die Wichtigkeit von safem Sex.
Eine Woche später holten wir dann gemeinsam das Ergebnis der Komplettdiagnostik
ab. Der HIV-Test war negativ. Vasil war sichtlich erleichtert. Allerdings hatte er eine
schwere Herpesinfektion im Genitalbereich, diese konnte durch eine regelmäßige
Behandlung eingedämmt werden. Vasil kommt regelmäßig zu Marikas, seine
Deutschkenntnisse werden besser und er will mit unserer Hilfe den Ausstieg aus der
Prostitution schaffen.
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Beratungsstelle Marikas
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4.2 Internetberatung
4.2.1 Allgemein
Seit dem Jahr 2006 bieten die Mitgliedsorganisationen des AKSD (Arbeitskreis der
Stricherprojekte in Deutschland) eine Internetberatung auf der Plattform
www.info4escorts.de an. Das Angebot richtet sich vor allem an deutschsprachige
männliche Jugendliche und junge Männer, die (im Internet) sexuelle Dienstleistungen
anbieten. Über E-Mail, Einzelchat, Gruppenchat und Forumsberatung erhält die
Zielgruppe wichtige Informationen zu den Themen Anschaffen, Prävention und
Aufklärung über HIV/Aids und sexuell übertragbare Infektionen. Außerdem bietet
Info4Escorts individuelle Beratung und die Möglichkeit, sich untereinander
auszutauschen.
Die Beratung via Internet hat viele Vorteile – besonders für
Jugendliche hat sie eine hohe Attraktivität, da
Beratungsangebote im Netz schnell, kostengünstig und mit
geringem Aufwand rund um die Uhr abrufbar sind. Selbst
wenn keine unmittelbare Antwort erfolgt (z.B. bei der E-MailBeratung) stellt oft bereits das Niederschreiben des
Problems eine Entlastung für den Klienten dar. Die
Standortunabhängigkeit des Chats ermöglicht gerade für
junge Menschen, deren Lebensweg sich häufig rasant
verändert, eine stetige und stabile Beratung.
Derzeit beteiligen sich neben Marikas die Anlauf- und Beratungsstellen Basis in
Hamburg, Looks in Köln, Sub/Way in Berlin, und Cafe Strich – Punkt in Stuttgart an
der Chatberatung. Insgesamt werden drei Gruppenchats pro Woche, jeweils
einstündig, in den Abendstunden angeboten. Zusätzlich gibt es ein fachlich
begleitetes Forum und die Möglichkeit zur Mailberatung und zum Einzelchat.
4.2.2 Aktuelle Entwicklung
Die im vergangenen Jahr begonnene verstärkte Öffentlichkeitsarbeit und
aufsuchende Arbeit im Netz hat auch im Berichtsjahr zu konstanten Klientenzahlen
geführt. Info4Escorts schaltet zum einen über eine bekannte Suchmaschine gezielt
Werbung; des weiteren wird auf einer der größten Szene-Seiten im Netz ein eigenes
Profil betreut. Im Rahmen dieses Profils fand „Streetwork im Netz“ statt. Durch
personalisierte Anschreiben von Usern, die sich als Escorts zu erkennen gaben,
konnte so der Bekanntheitsgrad in der virtuellen Szene verbessert werden.
Deutsche und deutschsprachige junge Männer, die anschaffen, bieten überwiegend
im Internet ihre Dienste an und knüpfen via bekannten Szene-Portalen Kontakt zu
Kunden. Da Info4Escorts ein deutschsprachiges Beratungsangebot ist, ist es hier
besonders wichtig in der Szene, im Netz präsent zu sein und unser Angebot bekannt
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Beratungsstelle Marikas
Jahresbericht 2013
zu machen. Für Info4Escorts wird es auch im folgenden Jahr eine Hauptaufgabe sein
den Bekanntheitsgrad so stetig zu erweitern und zu erhalten.
Bei nahezu allen Klienten ergaben sich mehrfache Kontakte bis hin zu langfristigen,
mehrmonatigen Beratungen. Zentrale Beratungsthemen waren vor allem Prävention
von HIV und anderen sexuell übertragbare Infektionen, Gesundheitsberatung, Fragen
zum Thema Sexarbeit, Vertrauensbildung,
sexuelle Ausbeutung und
Ausstiegsberatung. In Zahlreichen Fällen konnte erfolgreich eine Weitervermittlung an
diverse regionale Hilfs- und Gesundheitseinrichtungen (Ärzte der Welt, lokale
Psychotherapeuten, Polizei, Jugendhilfeeinrichtungen, etc.) erfolgen. Auch die
Anbindung mehrerer Klienten an regionale Beratungsstellen des AKSD war ein
deutlicher Erfolg im Berichtsjahr.
Besonders wichtig für das BeraterInnenteam sind die zwei mal jährlich stattfindenden
Treffen in der realen Welt, bei denen neben fachlichen Austausch, Weiterbildung oder
dem Erlernen neuer Onlineberatungsmethoden, das BeraterInnenteam die
Möglichkeit hat, konzeptionell und zukunftsorientiert zu arbeiten. Eine stetige
Qualitätssicherung und Weiterentwicklung der Onlineberatung kann nur so
gewährleistet werden.
4.3 Streetwork
4.3.1 Allgemein
Die aufsuchende Arbeit ist seit ihren Anfängen Mitte der sechziger Jahre längst zu
einem elementaren Bestandteil sozialarbeiterischer Praxis geworden. Im Praxisfeld
der mann-. männlichen Prostitutionsszene erweist sie sich als sehr erfolgreich. Durch
die konstante Präsenz der StreetworkerInnen von Marikas an den Orten der
Prostitutionstätigkeit, können erste Kontakte aufgebaut und der Klientel der Zugang
zu professionellen Unterstützungsangeboten erleichtert werden. Diese „szenenahe
Arbeitsmethode“ erhält dabei besondere Bedeutung, da die Kontaktaufnahme zu
männlichen Prostituierten aufgrund ihrer problematischen Lebenssituation als sehr
schwierig gilt.
4.3.2 Aktuelle Entwicklung
Auch im Berichtsjahr 2013 trafen wir
während der aufsuchenden Sozialarbeit
von Marikas vor allem junge bulgarische
Männer an, die der Sexarbeit nachgehen.
Hierbei erweist sich unser Mediator als
Voraussetzung für die inhaltliche Arbeit.
Gerade
im
Bereich
der
Gesundheitsprävention
reichen
die
Deutschkenntnisse der jungen Klienten oft
nicht aus, um die Inhalte zu verstehen.
Vermehrt treffen wir aber auch rumänische
Sexarbeiter an, vor allem in den Kneipen kommt es hier zu den Kontakten. Aufgrund
der scheinbar besseren Bildungsvoraussetzungen, sprechen viele der Rumänen
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Beratungsstelle Marikas
Jahresbericht 2013
Englisch, wodurch der Erstkontakt erleichtert wird. Vereinzelt gab es auch Kontakte
zu Deutschen, Serben, Kurden, Italienern, Tschechen, Polen, Spaniern und
Brasilianern.
Der Schwerpunkt der aufsuchenden Arbeit liegt vor allem im gesundheitspräventiven
Bereich. Wir verteilen kostenlose Kondome, Gleitgel und Flyer in verschiedenen
Sprachen, die unsere Präventionsarbeit ergänzen. Außerdem informieren wir die
Jungs über die Marikas Beratungs- und Anlaufstelle mit ihren Angeboten. Der
niederschwellige Charakter der aufsuchenden Sozialarbeit ist zudem eine gute
Methode zur Vertrauensbildung.
In diesem Jahr wurde eine zusätzliche Streetwork in Kooperation mit dem „sub“ –
Schwulen Kommunikations- und Kulturzentrum München e.V. durchgeführt. Dieser
Streetwork-Termin galt der Gesundheitsprävention im sogenannten Cruising-Bereich,
im Englischen Garten. Dieser Bereich zeichnet sich durch die anonyme mannmännliche Kontaktaufnahme aus, bei dem es zu sexuellen, unentgeltlichen
Arrangements kommen kann. Wir verteilten kleine „Cruising-Päckchen“ die ein
Kondom, Gleitgel und einrichtungsbezogene Informationen beinhalteten. Das
Kooperationsprojekt diente jedoch auch dazu, den Bekanntheitsgrad von Marikas in
der Schwulen-Szene auszubauen und um ein Bewusstsein für das Thema der mann–
männlichen Prostitution zu schaffen. Viele Escorts mit schwuler Identität halten sich
auch in der Szene auf, gerade deshalb sind derartige Kooperationen von großer
Bedeutung um bedarfsorientierte Hilfsangebote zu schaffen.
4.4 Niedrigschwellige Anlaufstelle
4.4.1 Angebot
An
den
besonderen
Lebensverhältnissen
dieser
Personengruppe ausgerichtet, stellt sie einen geschützter
Raum für junge Männer dar, die sexuelle Dienstleistungen
gegen Geld oder andere Gegenleistungen anbieten. Das
Spezifische der Anlaufstelle von Marikas liegt in dem
niedrigschwelligen
Zugang
zu
den
Angeboten.
Hochschwellige Vorbedingungen existieren nicht, so dass
die jungen Männer zu den Öffnungszeiten jederzeit
unbürokratische Hilfe erhalten können.
Sie ist als Versorgungseinrichtung zur Abdeckung
elementarer Grundbedürfnisse sowohl in psychischer als
auch physischer Hinsicht zu verstehen. Das Angebot
orientiert sich an dem tatsächlichen Nutzungsbedarf
unserer Zielgruppe.
Der oft wenig strukturierte und unsichere Alltag der jungen Männer kann in der
Anlaufstelle für einige Stunden vergessen werden. Die gemeinsame Einnahme einer
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Beratungsstelle Marikas
Jahresbericht 2013
Mahlzeit etwa, das gemeinsame Spiel, oder einfach eine kurze Ruhezeit ermöglicht
ihnen einige unbeschwerte Momente und eröffnet zugleich die Chance, sich mit
Problemen und Fragen an die SozialpädagogInnen zu wenden.
Die Zielgruppe verfügt meist über ein mangelhaftes Gesundheitsbewusstsein und
wenig Wissen bezüglich sexuell übertragbarer Infektionen, sowie deren Verhütung.
Über mögliche Gefahren und Risiken aufzuklären ist ein Hauptanliegen der
MitarbeiterInnen von Marikas.
Das Angebot der Anlaufstelle umfasst:
 Bereitstellung existentieller Grundversorgung (Lebensmittel, Wäschewaschen,
Duschen)
 Kontakt- und Gesprächsangebote sowie Beratungsgespräche
 Informationen zu sexuell übertragbaren Infektionen (STI) und HIV
 Vermittlung von gesundheitsfördernden Maßnahmen,
 Vermittlung zu anderen Beratungsstellen, sowie zu Ärzten
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Beratungsstelle Marikas
Jahresbericht 2013
4.4.2 Aktuelle Entwicklungen
Tischgemeinschaft
Das Spirituelle Zentrum St. Martin in München
kocht für männliche Prostituierte
Die Mitglieder des Spirituellen Zentrums St. Martin
wollen nicht nur schweigen und beten - sondern auch
handeln. Seit Kurzem kümmern sie sich deshalb auch
um männliche Prostituierte.
Pünktlich um zwölf Uhr mittags begibt sich Pfarrer
Andreas Ebert in die Küche. Es könnte sein, dass
bald die ersten jungen Männer vor der Tür stehen,
hungrig und müde nach einer Nacht auf der Straße.
Eberts Mittagsgäste verdienen ihr Geld als Stricher.
Jetzt wollen sie sich ausruhen, dem harten Alltag
entfliehen. Und essen.
»Es kann auch sein, dass keiner kommt«, sagt Ebert,
»das weiß man vorher nie.« Gekocht wird auf jeden
Fall. In kurzer Hose und Plastik-Clogs, eine
altmodische Küchenschürze um den Bauch, werkelt
der Pfarrer in der Küche der Beratungsstelle Marikas,
der Anlaufstelle des Evangelischen Hilfswerks für
anschaffende junge Männer. Einmal pro Woche bringt
die Tafel Lebensmittel vorbei. Aus allem, was im
Kühl- und Gefrierschrank lagert, improvisieren die
freiwilligen Köche ein einfaches Mittagessen. Heute
zaubert der Pfarrer aus wenigen Zutaten eine große
Menge Wurstsalat. Dazu gibt es grünen Salat, Obst
und Hähnchenschenkel aus dem Backofen. Die
Mikrowelle zickt, die Mayonnaise klebt, aber Ebert
lässt sich nicht beirren. »Kochen macht mir Spaß und
Erfahrung habe ich auch«, sagt er und lacht.
Unterstützung hat er ebenfalls: von ehrenamtlichen
Helfern wie Gudrun Past.
Foto: Hagenmaier
»Aktion der Nächstenliebe«: Pfarrer Andreas Ebert und
Gudrun Past bereiten für männliche Prostituierte das
Mittagessen vor.
Eine ungewöhnliche Kooperation
Seit
einigen
Wochen
läuft
im
Münchner
Glockenbachviertel eine ungewöhnliche Kooperation.
Ganz in der Nähe der Beratungsstelle liegt das
Spirituelle Zentrum St. Martin der evangelischlutherischen Kirche in Bayern.
Etwa zehn Ehrenamtliche von dort engagieren sich
nun an drei Tagen pro Woche bei Marikas. Die einen
sperren um halb sieben in der Früh die Räume auf, in
denen acht Betten für die jungen Stricher
bereitstehen. Hier können sie bis 14 Uhr schlafen. Die
anderen Ehrenamtlichen kommen mittags zum
Kochen - und essen gemeinsam mit den Männern.
Der Kontakt entstand über eine Kollekte, die St.
Martin Marikas zukommen ließ. »Dann wollten wir
mehr erfahren über die Arbeit der Beratungsstelle und
die Situation der jungen Männer«, sagt Ebert,
geistlicher Leiter von St. Martin. Das Ergebnis fasst
Michaela Fröhlich von Marikas so zusammen: »Die
Ehrenamtlichen bereichern unsere Arbeit durch ihre
Erfahrungen, neue Sichtweisen und Meinungen. Und
sie kochen gerne.«
Kochen an sich ist für die meisten Helfer alltäglich.
Doch ihre neue Einsatzstelle ist doch eine
Herausforderung. »Ich wusste nicht, was da auf mich
zukommt, ich hatte ja keine Einblicke in diese
Szene«, sagt Gudrun Past. »Am Anfang hatte ich
Herzklopfen. Aber das war ganz schnell weg.« Die
62-Jährige ist Therapeutin, arbeitet aber nicht mehr
Vollzeit und »wollte nicht nur beten und studieren,
sondern auch eine Aktion der Nächstenliebe
beginnen«. Jetzt bewirtet sie junge Männer, die vom
Anschaffen kommen. »Ich habe einer Freundin
erzählt, was ich mache. Die hat gesagt: ›Unglaublich!
Mein Mann würde mir das nicht erlauben.‹« Past
lacht.
Gott suchen in allem, was ist
Auch Ebert wollte nicht nur der Vermittler sein,
sondern selbst mithelfen. »Das Motto von St. Martin
ist: Schweigen, Reden, Handeln. Aber zum Handeln
sind wir bisher nicht so häufig gekommen«, sagt er.
»Präsent sein, sich einlassen auf die Wirklichkeit der
Stadt, und Gott suchen in allem, was ist: Das ist unser
Anliegen.« Dabei will er kein »pures Helferprogramm«
abspulen. Ihm geht es um mehr: um diakonisches
Handeln und um Spiritualität. »Gastfreundschaft war
eine der grundlegenden Haltungen Jesu«, sagt der
Pfarrer. Empören kann er sich über die politischen
Umstände, die die jungen Männer in die Prostitution
zwingen: Die meisten Stricher kommen aus
Bulgarien, sind also EU-Bürger - aber sie dürfen hier
nicht arbeiten. Zuhause gehören sie einer Minderheit
an, sind häufig Analphabeten und hoffen darauf, in
Deutschland Geld für ihre Frauen und Kinder zu
verdienen. »Die haben die absolute Not.«
Für Michaela Fröhlich und ihr Team sind die
Ehrenamtlichen eine große Bereicherung. »Unsere
Klienten sind stigmatisiert und multiproblembeladen.
Und hier kommen Menschen, die sie so akzeptieren.«
Neue Ideen schweben schon durch den Raum, kleine
Einheiten
zum
Deutschlernen
etwa,
ein
Alphabetisierungskurs und Freizeitangebote. Aber
das ist Zukunftsmusik. Jetzt wird erst einmal
gegessen. Am Tisch sitzen die Hauptberuflichen und
die Ehrenamtlichen und einige junge Männer. Sie
kommen gerade von der Arbeit.
Quelle : Sonntagsblatt Evangelische Wochenzeitung für Bayern
Ausgabe 37/2013 vom 08.09.2013
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Beratungsstelle Marikas
Jahresbericht 2013
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Projektarbeit
5.1 Prävention vor HIV und STI ´s
Die Klientel der Beratungsstelle Marikas besteht derzeit nach wie vor aus männlichen
Jugendlichen und jungen Männern bulgarischer Nationalität, die der
türkischsprachigen Minderheit der Roma angehören.
Dank der Finanzierung durch das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und
Pflege konnten wir auch in 2013 weiterhin die notwendigen muttersprachlichen
Beratungen (Kulturelle Mediation) für Migranten aus Osteuropa sowohl in den
Szenekneipen als auch in den Räumen der Anlaufstelle sicherstellen. Die Förderung
des präventiven Verhaltens in Bezug auf HIV/Aids sowie anderer sexuell
übertragbarer Infektionen sind u.a. zentrale Ziele dieser Beratungen.
Im Rahmen der Präventionsarbeit der Beratungsstelle Marikas
wird die Zielgruppe kulturangepasst über HIV und andere STIs
(sexuell übertragbare Infektionen) und deren Übertragungswege
aufgeklärt
unter
besonderer
Berücksichtigung
der
Prostitutionstätigkeit. Die Aufklärung und Information findet durch
persönliche Einzel- oder Gruppengespräche in Verbindung mit
muttersprachlichen schriftlichen oder audiovisuellen Medien statt.
Der Zielgruppe werden Kondome und Gleitmittel zur Verfügung
gestellt. Bei Bedarf erfolgt die Vermittlung in medizinische
Behandlung.
Klassische medizinische Anamnesen sind nicht immer durchzuführen, weil viele der
jungen Männer bei der Schilderung ihrer Beschwerden oder Erkrankungen im
Gespräch wenig aussagekräftig sind. Der Grund hierfür liegt weniger darin, etwas
verschweigen zu wollen, sondern ist alters- und situationsbedingt zu interpretieren, da
sie ihrer körperlichen und psychischen Gesundheit ein relativ geringes Interesse
entgegenbringen. Eine Auseinandersetzung mit der eigenen Gesundheit findet leider
immer nur im Falle einer akuten Erkrankung und/oder Infektion statt. Oftmals
erwarten die Stricher eine schnelle Heilung in Tablettenform. In den wenigsten Fällen
ist damit zu rechnen, dass sie sich aus eigenem Antrieb einer ärztlichen (Kontroll)Untersuchung unterziehen. Die Stricher haben sehr wenig Geduld im Hinblick auf
eine länger andauernde Behandlung und der damit verbundenen Bereitschaft zur
aktiven Mitwirkung an therapeutischen Maßnahmen.
Die Kulturelle Mediation ist zwingende Voraussetzung, um überhaupt Zugang zur
Zielgruppe zu bekommen; Präventionsarbeit ohne Kulturelle Mediation wäre im
Bereich HIV und anderer STIs nicht möglich. Sie bedeutet, nicht nur die gleiche
Sprache wie die Zielgruppe zu sprechen, sondern auch den kulturellen Hintergrund
zu kennen und zu verstehen.
Seit Januar 2014 gilt die Arbeitnehmerfreizügigkeit in Deutschland uneingeschränkt
auch für BürgerInnen aus Bulgarien und Rumänien. Es bleibt abzuwarten, wie und ob
sich die Anzahl der Klienten der Beratungsstelle Marikas verändern wird.
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Beratungsstelle Marikas
Jahresbericht 2013
Wir danken dem Staatsministerium für Gesundheit und Pflege für die bisherige
Unterstützung und benötigen diese auch weiterhin, um gemeinsam mit dem
Kulturellen Mediator in 2014 erfolgreiche und nachhaltige Beratungs- und
Präventionsarbeit im Strichermilieu leisten zu können.
5.2 Musikpädagogische Intervention bei Marikas
Im Rahmen des Angebotes der
Anlaufstelle
stößt
das
sozialpädagogische
Fachpersonal
immer wieder auf sprachliche Barrieren,
welche die pädagogische Intervention
beeinflussen können. Da auf einen
Sprachmittler nicht immer zugegriffen
werden kann, begann die Suche nach
alternativen
Methoden
der
Kommunikationsförderung.
Eine
Möglichkeit
der
non-verbalen
Kommunikation stellt die Musik dar. Die
aktive Erzeugung von Tönen und
Klängen, das Zuhören und Zusammenspielen lassen sich auf die sprachliche
Kommunikation übertragen. Diese Grundlagen für das Zusammenleben in der
Gesellschaft haben manche der jungen Männer bisher noch nicht erlernt.
Männliche Sexarbeiter sind in ihrem Lebensalltag durch soziale und gesellschaftliche
Zurückweisung, mangelnde ökonomische Ressourcen und psychosoziale Konflikte
beständigem Druck ausgesetzt. Laut musikpsychologischen Erkenntnissen trägt die
aktive Musikerzeugung neben der Förderung des Kommunikationsverhaltens auch
zum Stress – und Aggressionsabbau bei und fördert darüber hinaus die
Wahrnehmungsfähigkeit.
Da wie unter Punkt 4.4.1 beschrieben der Aspekt der Niedrigschwelligkeit in der
Intervention mit unserem Klientel wesentlich ist, fiel die Wahl der Instrumente auf
Trommeln. Sie sind als Instrument nicht schwer zu bedienen und ein Zusammenspiel
daher leichter möglich. Aufgrund der engen Zusammenarbeit mit dem Spirituellen
Zentrum Sankt Martin, ergab sich die Möglichkeit, fünf Djembe Trommeln auszuleihen
und erste musikpädagogische Einheiten zu gestalten. Da der kulturelle Hintergrund
unseres Klientels musikalisch geprägt ist, war das Interesse und die Freude schnell
geweckt.
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Beratungsstelle Marikas
Jahresbericht 2013
6
Statistische Angaben
Der größte Teil der jungen Männer stammte, wie in den Vorjahren aus Bulgarien und
Rumänien und gehörte der ethnischen Minderheit der Roma an oder wird diesen
zugerechnet. Sie haben z. T. nur wenige Jahre oder nie die Schule besucht und
können in manchen Fällen weder lesen noch schreiben. Die in Klammern stehenden
Zahlen sind die Vergleichszahlen aus dem Vorjahr.
6.1 Kontakte in unseren Räumlichkeiten
1400
1080 1194
1200
2013
2012
1000
800
410
600
398
412
400
289
200
0
Psychosoz. Beratung
Offener Treff
Tagschlaf
Innerhalb
unserer
Räumlichkeiten
wurden
398
(412)
psychosoziale
Beratungsgespräche durchgeführt. Inhalt dieser Gespräche waren im Wesentlichen
Fragen zur Arbeitsgenehmigung, Arbeitserlaubnis und dem Arbeitsrecht. Immer
wieder kam es bei der Arbeitssuche unserer Klientel zu Problemen mit dem
„Vorrangigkeitsprinzip“. Dieses regelt, das unsere Zielgruppe bei einem Jobangebot
nachweisen muss, dass nur sie (und nicht Alt-EU-BürgerInnen oder deutsche
Staatsangehörige) für das jeweilige Angebot aufgrund ihrer Fähigkeiten prädestiniert
sind).
Seit dem 01. Januar 2014 gelten die uneingeschränkte Arbeitnehmerfreizügigkeit und
Dienstleistungsfreiheit auch für die Staatsangehörigen der EU-Mitgliedstaaten
Bulgarien und Rumänien. Es bleibt abzuwarten, ob sich dadurch Veränderungen der
Beratungsinhalte ergeben werden und sich die Anzahl der Klienten aus eben diesen
Länder verändern wird.
1080 (1194) junge Männer nutzten unseren offenen Treff am Nachmittag, der als
niedrigschwellige Anlaufstelle konzipiert ist. Die Anlaufstelle hat in erster Linie die
Aufgabe, eine existentielle Grundversorgung für männliche Prostituierte
bereitzustellen, denn viele von ihnen sind wohnungslos. Daher ist praktische Hilfe zur
Sicherstellung elementarer Bedürfnisse – wie Essen, Duschen und Waschen – der
erste Baustein im Hilfesystem und zugleich die Basis für weiterführende Hilfen.
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Beratungsstelle Marikas
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Das Angebot der Tagesruhebetten wurde ebenfalls häufig in Anspruch genommen.
410 (289) Mal wurde diese Möglichkeit von insgesamt 74 (68) verschiedenen Klienten
genutzt. Der Einsatz der ehrenamtlich Mitarbeitenden von Sankt Martin ermöglichte
ein Aufrechterhalten des Tagschlafangebotes im gesamten Berichtsjahr.
6.2 Kontakte und Beratungen im Rahmen der Straßensozialarbeit
Im Berichtsjahr hatten die MitarbeiterInnen von Marikas im Rahmen der
aufsuchenden Arbeit 833 (814) Kontakte zu Strichern. Außerdem gab es während der
Streetwork zusätzlich 574 (620) Kontakte mit Personen, die sich ebenfalls an den
einschlägigen Orten aufhielten, wie den Wirten und dem Personal der Szenelokale
sowie den Freiern. Dieser Personenkreis diente als wichtiger Multiplikator für die
Präventionsarbeit. Gesprächsinhalte waren hauptsächlich die Bekanntmachung
unseres Angebotes und die Weitergabe von eigenem Informationsmaterial sowie
Informationen zu anderen Einrichtungen.
Direkt vor Ort führten wir zusätzlich 149 (169) Beratungsgespräche mit jungen
Sexarbeitern durch.
Im Gegensatz zur klassischen aufsuchenden Sozialarbeit findet Streetwork in der
mann-männlichen Prostitutionsszene nicht nur auf der Straße statt, sondern an Orten,
an denen sich die männlichen Prostituierten in ihrer Freizeit aufhalten und / oder an
denen sie ihre sexuelle Dienstleistung und Handlungen anbieten. Die
Überschneidung der Bereiche „Freizeit-Erwerbstätigkeit“ erfordert einen hohen Grad
an Sensibilität für Situationen. Dies gilt für besondere Treffpunkte wie Parks,
‚Klappen’ etc.
6.3 Beratungsthemen
Ähnlich wie im Vorjahr wurde die Persönliche Situation des Einzelnen mit 21 Prozent
am häufigsten thematisiert. Die belastende Lebenssituation im Heimatland, familiäre
und partnerschaftliche Probleme, Gewalterfahrungen oder Fragen bezüglich der
Sexualorientierung wurden angesprochen. Die Beziehungsarbeit prägte mit 19
Prozent einen ebenfalls großen Teil der geführten Gespräche. Beziehungsarbeit ist
von großer Wichtigkeit, um im subjektiven Empfinden jedes einzelnen jungen Mannes
nicht als Kontrollinstanz erlebt zu werden, sondern als solidarischer
Informationsträger. An dritter Stelle standen mit 14 Prozent Fragen zur Gesundheit
und Gesundheitsförderung. Gesundheitsförderung setzte sich vor allem aus Fragen
zu safer sex Praktiken und HIV zusammen. Angst vor Infektionen und Erkrankungen
wurde von den jungen Männern zunehmend thematisiert.
Rechtliche Themen sowie Erfahrungen mit Ordnungsbehörden prägten mit 9 Prozent
einen kleineren Anteil der geführten Gespräche während der aufsuchenden Arbeit.
Die Vertreibung von öffentlichen Plätzen und aus dem Bahnhofsviertel gehört zum
Alltag. Unsere Zielgruppe erhält unzählige Hausverbote oder Platzverweise, die sich
zum Straftatbestand des Hausfriedensbruchs verdichten und nicht selten zu
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Beratungsstelle Marikas
Jahresbericht 2013
Verurteilungen führen. Durch Verstöße gegen dieselben oder gegen die
Sperrgebietsverordnung kommt es zu Bußgeldbescheiden, die oft nicht bezahlt
werden können. Dadurch werden unsere Klienten schnell kriminalisiert. Häufig sind
diese Verstöße der Anfang einer Kette verhängnisvoller Entwicklungen, die
schließlich zur Ausstellung eines Haftbefehls führen. Sowohl während der Zeit in
einer U-Haft als auch nach eventuell erfolgter Verurteilung zu einer Haftstrafe in einer
Strafvollzugsanstalt sind unsere Klienten oft auf die Unterstützung, Beratung und
Betreuung von MitarbeiterInnen der Beratungsstelle Marikas angewiesen.
Unterkünfte
9%
Arbeitsbed.
11%
Recht
9%
Ausstieg
2%
Persönl. Sit.
21%
Gesundheit
14%
Erf. M. Prost. Angeboten
4%
Sonstiges
2%
Erf. M. Ordnungsbehörden
9%
Beziehungsarb.
19%
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Beratungsstelle Marikas
Jahresbericht 2013
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Vernetzungs- und Öffentlichkeitsarbeit
7.1 CSD - „Fight for global rights - Solidarität kennt keine Grenzen
Marikas beteiligte sich auch im vergangenen Jahr am Christopher Street Day (CSD).
Das Motto galt der Akzeptanz und rechtlichen Gleichstellung von Lesben, Schwulen,
Bisexuellen sowie Transgender: „Wir wählen: Gleiche Rechte und Akzeptanz!“.
Neben vielen politischen Diskursen kam während der Münchner Gay Pride 2013 vom
13. bis 14. Juli auch die Kultur und das Feiern nicht zu kurz.
Marikas beteiligte sich beim
CSD, der in München seit 1980
gefeiert wird, mit einem InfoStand
auf
dem
Münchner
Marienplatz. Wir informierten die
Gäste dabei über die Arbeit bei
Marikas, klärten über sexuell
übertragbare Infektionen auf und
verteilten
im
Sinne
der
Gesundheitsprävention Kondome
und Flyer. Dabei waren die
Resonanzen sehr positiv und
motivierend.
Neben der Öffentlichkeitsarbeit
konnten
auch
bestehende
Kooperationen zu Vernetzungspartnern gepflegt werden. Gleich neben dem MarikasStand waren die KollegInnen vom Münchner „Szenestammtisch“ „TransMann e.V.“
sowie die Transfrauen von „Viva“ vertreten.
7.2 Vernetzung
Im Jahr 2013 haben die MitarbeiterInnen an folgenden Gremien und Arbeitskreisen
teilgenommen:
 AKSD (Arbeitskreis der Stricherprojekte in Deutschland)
 bufas e.V. (Bündnis der Fachberatungsstellen für Sexarbeiterinnen und
Sexarbeiter)
 info4escort-Treffen
 Wirtetreffen der Stricherwirte
 AK Jungenarbeit
 Arbeitsgemeinschaft AIDS
 Fachforum Münchner Mädchenarbeit
 FAK Jugend (Regsam)
 FAK Migration (Regsam)
 Facharge Jugendsozialarbeit
 AK Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge

AK Akzeptierende Drogenarbeit

Szenestammtisch der Münchner Aids-Hilfe
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Beratungsstelle Marikas
Jahresbericht 2013
7.3 Kooperation
Für die gute Kooperation mit folgenden Fachdiensten möchten wir uns ganz herzlich
bedanken:
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Sozialreferat der LH München
Mimikry Beratungsstelle für anschaffende Frauen
Münchener AIDS-Hilfe
Deutsche AIDS-Hilfe
Fachdienste des Evangelischen Hilfswerks München
Büro des 3. Bürgermeisters Hep Monatzeder
SUB e.V.
Referat für Gesundheit und Umwelt, München
Stricher-Projekte (Mitglieder des AKSD)
Lydia Dietrich, Stadträtin Bündnis 90 / Die Grünen
Bulgarisches Konsulat München
Betreiber von Szenekneipen bzw. Szenestammtischen und deren Personal
Malteser Migranten Medizin
Ärzte der Welt
Hochschule für angewandte Wissenschaften München, Fakultät für angewandte
Sozialwissenschaften
Katholische Stiftungsfachhochschule München (mit Abteilung Benediktbeuern)
Politische EntscheidungsträgerInnen, StadträtInnen, Landtagsabgeordnete
Kreisverwaltungsreferat
Agentur für Arbeit / Jobcenter
Spenderinnen und Spender
Wir danken allen SpenderInnen herzlich, die Marikas 2012 mit Sach- und
Geldspenden unterstützt haben.
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Adventskalender der Süddeutschen Zeitung e.V.
Süddeutsche Zeitung
Ritex
Pjur Group
Münchner Tafel e.V.
Praxis Dr. Karl Beck, Allgemeinmediziner
Zahnarztpraxis Dr. Helmut Schönfeld
Malteser Migrantenmedizin
Ärzte der Welt
Magazin Leo
rosa münchen
Spirituelles Zentrum Sankt Martin
Anonyme SpenderInnen
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Beratungsstelle Marikas
Jahresbericht 2013
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Das Team der Beratungsstelle Marikas
Leitung:
Michaela Fröhlich Dipl. Sozialpädagogin (FH)
Stellvertretung:
Sabine Skutella Dipl. Sozialpädagogin (FH)
MitarbeiterInnen:
Maria Michalski Sozialarbeiterin B.A.
Nadine Schreiterer Dipl. Sozialpädagogin (FH)
Robert Reuss Sozialarbeiter B.A
Kultureller Mediator:
Cemil Inangil
Verwaltungsangestellte:
Ursula Hardenberg
Studentische Hilfskraft im Ehrenamt:
Julian Dehn
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Beratungsstelle Marikas
Jahresbericht 2013
Impressum
Herausgeben von
Beratungsstelle Marikas
Evangelisches Hilfswerk München
gemeinnützige GmbH
Dreimühlenstr. 1
80469 München
Tel: 089 / 725 90 84
Fax: 089 / 747 93 943
marikas@hilfswerk-muenchen.de
Homepage: www.marikas.de
Redaktion
Michaela Fröhlich
Auflage
50 Stück
Weitere Jahresberichte können zum Preis von 2 € zuzüglich Versandkosten bei unser
Beratungsstelle angefordert oder kostenlos von unserer Homepage sowie der
Homepage des Evangelischen Hilfswerkes als pdf-Datei heruntergeladen werden.
Spendenkonto
Evangelisches Hilfswerk München
gemeinnützige GmbH
HypoVereinsbank München
Konto Nummer: 275 44 44
BLZ: 700 202 70
Bei Spende bitte immer „Verwendungszweck Marikas“ angeben.
Über Ihre Spende freuen wir uns sehr!
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