millionen bezahlen
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Supermärkte thema Unter Supermarkt-Giganten Millionen bezahlen Nur wenige Unternehmen bestimmen so sehr das Leben der KonsumentInnen und ArbeiterInnen wie die großen Supermarktketten. Wie die Produkte hergestellt werden, fragt kaum jemand. Eine neue Studie der „Kampagne für ‚Saubere‘ Kleidung“ (CCC) – „Cashing In“ – fördert Auswüchse der Ausbeutung und Entrechtung in den transnationalen Produktionsketten zutage. Text: Martin Hearson (Clean Clothes Campaign/CCC) D In China gibt es über 100 Filialen von WalMart. ie Supermarktketten sind Exportschlager. 40 Prozent der Einzelhandelsumsätze in Brasilien gehen auf das Konto von Supermarktketten – zwei der drei führenden Unternehmen stammen aus den USA und Frankreich. Dies trifft in ähnlicher Weise auch auf den Rest Lateinamerikas wie auch auf Südafrika zu, wo etwa die Hälfte aller Lebensmittel-Umsätze von Supermarktketten erzielt wird. Am intensivsten ist der chinesische Markt umkämpft, wo es im Jahr 2006 Verkaufstellen von 35 der 50 weltgrößten Einzelhändler gab: in einem Land, in dem im Jahr 1990 gerade mal ein Supermarkt existierte, haben sich innerhalb von kaum 20 Jahren über 70.000 angesiedelt. Vorwiegend Frauen Überall auf der Welt sind es vorwiegend Frauen, die für ihre Familien in den Supermärkten einkaufen; sie erwerben Produkte, die überwiegend von einer weiblichen Arbeiterschaft angebaut, geerntet und hergestellt werden. Die Mehrzahl der Menschen, die dafür sor- 4 Presente März 2009 gen, dass die Regale immer aufgefüllt, die Verkaufsstellen immer sauber und die Kassen immer besetzt sind, sind ebenfalls Frauen. Im Gegensatz dazu zeigt ein Blick in die Besprechungsräume der Supermarktgiganten, dass es selten Frauen sind, die die finanzielle Kontrolle haben oder die siebenstelligen Gehälter einstreichen. Hier gibt‘s alles Discounter sind für ihre niedrigen Preise, hohen Marktanteile und die großen Mengen bekannt, die von ihnen umgesetzt werden. Sie decken unterschiedliche Bereiche ab, von Bankgeschäften über Medikamente und Bekleidung bis hin zu Lebensmitteln. In einigen Ländern ist es möglich, fast alles, was man braucht oder will, bei den führenden Supermärkten zu kaufen. Sie haben ihr Verkaufsnetz über Dutzende von Ländern ausgebreitet. Die Königin unter ihnen ist die amerikanische Einzelhandelskette WalMart: Mit einem Umsatz von 345 Milliarden US-Dollar (umgerechnet etwa 253 Milliarden Euro) im Jahr 2007 ist sie nicht nur der weltgrößte Einzelhändler, sondern auch das größte Unternehmen überhaupt. Europas größter Einzel- Infodienst Frauen und Globalisierung Der neue Report „Cashing In“ blickt auf die Geschäftspraktiken der Billiganbieter Aldi, Lidl und Co. händler ist Carrefour, dessen Filialkette weltweit jeden Tag 25 Millionen KundInnen bedient. Ihm hart auf den Fersen ist eine Gruppe von Discountern, die als Preisbrecher („hard-discounter“) bekannt sind. Das sind Einzelhandelsunternehmen, deren Geschäft auch blüht, wenn die KonsumentInnen die Auswirkungen der globalen wirtschaftlichen Probleme zu spüren beginnen. Diese Einzelhandelsunternehmen wie Lidl und Aldi treiben die Preise in den Keller mit einem Sortiment, das nur einige hundert Produkte umfasst und wo gut eingeführte Marken durch Eigenmarken ersetzt werden. Es wird erwartet, dass Discounter ihren Anteil am europäischen Lebensmittel-Einzelhandel – ihrem Kernumsatzbereich – bis 2012 von 17,6 Prozent auf 19,5 Prozent steigern werden. Die Supermarkt-Giganten gewinnen auch immer mehr Bedeutung innerhalb der Bekleidungsindustrie, wie in fast jedem anderen Segment des Einzelhandels. Schon im Jahr 2005 wurden 54 Milliarden Euro der weltweiten Bekleidungs- und Schuhwarenumsätze durch Supermärkte erzielt – 6 Prozent des Gesamtumsatzes. Die Supermarkt-Giganten spielen durch ihr globales Netz von Zulieferern eine wichtige Rolle in der Welt der Arbeitsrechte. Diese Verantwortung nehmen sie nach eigenen Aussagen sehr ernst. „Es ist natürlich eines unserer Hauptanliegen, dass unsere Handelsware unter annehmbaren Arbeitsbedingungen produziert wird“, schreibt etwa Ralf-Thomas Reichrath, der bei Aldi für den Einkauf zuständig ist. „Bei WalMart fühlen wir uns verpflichtet, uns nach ethischen, sozial verantwortlichen Normen zu verhalten, und unsere Mittel und unsere Energie wenden wir auf, um einen positiven Wandel zu schaffen“, sagt der langjährige WalMart-Vorstandsvorsitzende Lee Scott. Papier ist geduldig Supermarkt-Giganten wie Aldi, Lidl, WalMart oder Carrefour haben Erklärungen unterschrieben, die ein bestimmtes Maß an Rechten für die ArbeiterInnen versprechen, die die für den Verkauf bestimmten Produkte her- Presente März 2009 5 Supermärkte e l a n o i t at e n t r r e a t t s In e g e n g a p Kam Discounter im Fokus Report „Cashing In“ entlarvt „skrupellose Supermarktketten“ F ür den Report „Cashing In“ hat die CCC 440 ArbeiterInnen in 30 Zulieferfabriken von WalMart, Carrefour, Lidl und Aldi in vier Ländern (Sri Lanka, Indien, Bangladesh und Thailand) befragt. Die Ergebnisse zeigen, wie die Supermarktgiganten systematisch ihre Marktmacht nützen, um Preise zu drücken und auf schnelle Trendwechsel zu reagieren. Doch dieses Geschäftsgebaren hat einen Preis: In den Fabriken schuften ArbeiterInnen für einen Hungerlohn über 80 Stunden pro Woche. Den Report können Sie ab April für 3 Euro bei der CIR bestellen (vgl. Bestellschein Seite 33) Mehr Informationen zum Report und der internationalen Kampagne „Better Bargain“, die in den kommenden drei Jahren die Discounter im Fokus hat, finden Sie unter: www.ci-romero.de stellen. Als Mitglieder verschiedener Initiativen, die für sich in Anspruch nehmen, diese Standards durchsetzen zu wollen, geben sie jedes Jahr Millionen von Euros für „ethische Schulungen“ aus und Tausende ihrer Zulieferbetriebe werden jedes Jahr entsprechend inspiziert. Trotzdem ist es kein Geheimnis, dass schlechte Arbeitsbedingungen und Verletzungen der Standards, die die Giganten selbst unterschrieben haben, in den für sie produzierenden Fertigungsstätten in den armen Ländern weit verbreitet sind. Die Untersuchung für den Report „Cashing In“ (vgl. Kasten) bestätigten nicht nur, dass die Beschäftigten in ihren Grundrechten beschnitten werden – obwohl schon das allein schockierend genug wäre. Sondern sie zeigen auch, wie die Discounter ihre eigenen ethischen Standards durch Einkaufspraktiken unterlaufen, die die Verletzung von Arbeitsrechten unvermeidbar machen. Die Konzepte der Wirtschaftlichkeit durch Massenproduktion und des rationalisierten Unternehmertums, die die täglichen niedrigen Preise und die täglichen hohen Profite der Einzelhandelsriesen ermöglichen, sind nicht einfach nur harmlose Werkzeuge eines wohlgeordneten Geschäftsbetriebes. Sie basieren darauf, dass Millionen Menschen weltweit dafür mit Entrechtung und Ausbeutung bezahlen. Als Giganten auf dem globalen Markt tragen gerade die Supermarktketten wesentlich Verantwortung für die fehlende Umsetzung von Arbeitsrechtsstandards, denn durch ihre enorme Größe und ihre Marktmacht sind sie die eigentlichen Anführer und nicht die Mitläufer der globalen Abwärtsspirale im Bereich menschenwürdiger Arbeitsbedingungen. (aus: „Cashing In“, Übersetzung: Antje Bär) 6 Presente März 2009 2009 Infodienst Frauen und Globalisierung Fotos: CCC, CIR-Archiv thema