Kaufland darf in Wangen nicht bauen

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Kaufland darf in Wangen nicht bauen
WANGEN
Donnerstag, 29. Januar 2015
Zitat des Tages
„Es hat sich
gelohnt und ich
freue mich
riesig.“
Die Argenbühlerin Sabrina Lawson wird Dritte bei der Wahl zur
Miss Süddeutschland. ● SEITE 17
Beim Bahnhof
zieht es sich
in die Länge
WANGEN (jps) - Die Verhandlung
über den Kauf des Wangener Bahnhofs ziehen sich in die Länge. Die
Bahn will nach Angaben von Liegenschaftsamtsleiter Armin Bauser im
März oder April ein Angebot vorlegen. Eigentlich hätte der Eigentümerwechsel Richtung Stadt schon
im vergangenen Jahr über die Bühne
gehen sollen.
Auch in Sachen Bahnhofsmodernisierung geht es aktuell nicht voran.
Tiefbauamtsleiter bezeichnete diese
im Gemeinderat als „zähes Projekt“.
Hintergrund: Vor etwa einem Jahr
hatte die Stadt ihre Planungen zur
Bahnhofsmodernisierung im Zuge
des Ausbaus der Allgäubahn per Gemeinderatsbeschluss auf den Weg
gebracht. Jetzt kündigte Ritter an, die
analogen Pläne der Bahn erst in drei
bis vier Monaten auf die Tische der
Stadträte legen zu können.
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KÜRSCHNER MAYER
Altstadtsatzung ist
beschlossen
WANGEN (jps) - Die Altstadtsatzung
ist beschlossene Sache – und zwar in
unveränderter Form. Damit sind
weiterhin Klappläden aus Metall an
den Häusern in Wangens Zentrum
erlaubt.
Es gebe gute Beispiele für gelungene Klappläden, die nicht aus Holz
bestehen, erklärte Bauamtsleiterin
Astrid Exo im Gemeinderat. Deswegen wolle die Stadt in diesem Punkt
der Gestaltungsvorschriften für das
Erscheinungsbild der Altstadt nichts
vorgeben – zumal Läden aus Holz
und Metall kaum voneinander zu unterscheiden seien.
Nachdem die Verabschiedung der
Altstadtsatzung im Dezember wegen
des Wunsches zur Holzklappenpflicht zurückgestellt worden war,
wurde die Satzung jetzt hierbei unverändert bei einer Gegenstimme
und einer Enthaltung verabschiedet.
Grüß Gott!
●
Davon krieg’
ich nie genug
Vermutlich haben die meisten von
Ihnen längst die Nase voll von der
weißen Pracht da draußen. Schließlich haben Sie alle kurz nach Weihnachten Unmengen Schnee vor Ihren Türen gehabt und mussten
stündlich Schnee schieben, weil es
gar nicht mehr aufhören wollte zu
schneien. Mir dagegen wird es nicht
zu viel mit dem Schnee. Ich war nämlich zu dieser Zeit verreist und habe
bisher nur ganz wenig Schnee zu sehen bekommen. Für die Schneeengel, die die Kollegin und ich auf den
Kornhausplatz zaubern wollten, hat
es seit meiner Rückkehr erst recht
nicht gereicht. Umso begeisterter
war ich jetzt, als der Schnee plötzlich
wieder ein paar Zentimeter hoch lag.
Also habe ich mich warm eingepackt
und bin ins Schneetreiben hinaus gegangen und habe in dieser besonderen Stille dem Knirschen unter meinen Schuhen gelauscht. Eine Stunde
lang lief ich durch die nächtliche
Winterlandschaft, um möglichst viel
von ihr mitzubekommen. (eis)
Schwäbische Zeitung
Kaufland darf in Wangen nicht bauen
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Kommentar
●
Verwaltungsgericht lehnt Marktpläne ab – Auswirkungen auf Handel entscheidend
Von Jan Peter
Steppat
Von Jan Peter Steppat
Ein guter Tag,
nicht nur
für Wangen
●
WANGEN - Kaufland darf keinen
5200 Quadratmeter großen Verbrauchermarkt auf dem früheren Kuttergelände bauen. Die Pläne des Einzelhandelsriesen sind juristisch damit
vorerst gescheitet. Dies teilte das
Verwaltungsgericht Sigmaringen am
Mittwoch mit. Es teilt die Auffassung
der Stadt, dass der Markt den bestehenden Innenstadt-Handel schädige.
In fünf Punkten gaben die Richter
Kaufland recht, im sechsten aber
nicht: die möglichen negativen Folgen für den Einzelhandel. „Man
braucht aber alle sechs Punkte“, erklärte Albrecht Mors, Sprecher des
Verwaltungsgerichts Sigmaringen.
Juristisch gesehen, ging es um eine
Klage Kauflands gegen die Ablehnung einer Bauvoranfrage des Unternehmens durch die Stadt.
An zwei Verhandlungstagen hatte
sich die dritte Kammer des Verwaltungsgerichts des Themas angenommen. Beim ersten, Anfang Dezember
in Sigmaringen, war schon klar geworden, dass die über das ehemalige
Kutter-Areal gelegten – zum Teil alten – Bebauungspläne bei der Entscheidungsfindung keine Rolle spielen. Das Gericht hielt sie seinerzeit
zum Teil für ungültig.
Zwei Kernfragen im Blickpunkt
Also mussten zwei Kernfragen entscheiden: Passt der geplante Markt
baulich in die Umgebung rund um
den Bahndamm? Und: Schädigt ein
Kaufland den Einzelhandel in der Innenstadt? Um diese Punkte ging es,
wie berichtet, beim zweiten Verhandlungstag am Dienstag. Ein
Stadtrundgang sollte zusätzliche
Klarheit bringen.
Bei der ersten Kernfrage gab das
Verwaltungsgericht am Mittwoch
dem Einzelhandelsriesen recht.
Sprich: Art und Maß der baulichen
Nutzung passen in das Gebiet, das
stadtauswärts durch Handel und Gewerbe (Edeka, Rewe, Autohaus Dreher, Hensler und Raab Karcher) gekennzeichnet ist und Richtung Innenstadt durch den mehrgeschossigen, 81 Meter langen Riegelbau des
S
Kaufland hat den Rechtsstreit mit der Stadt Wangen verloren. Damit darf das Unternehmen keinen Markt auf
FOTO: SHUTTERSTOCK
dem ehemaligen Kutter-Areal bauen.
Adler-Quartiers. Auch die von Kaufland geplante Bauweise sowie die
Grundstücksfläche hätten gepasst.
Nichts verstoße gegen das „Gebot
der Rücksichtnahme“, wie es in einer
Erklärung des Gerichts heißt.
Entscheidend war für die dritte
Kammer unterm Strich aber die Antwort auf die zweite Kernfrage, die
möglichen „schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Stadt“. Hier schloss das
Gericht Entsprechendes ausdrücklich nicht aus. Deshalb wies es die
Kaufland-Klage ab.
Zu dieser Auffassung war das Gericht gekommen, nachdem sich der
zweite Verhandlungstag vor allem
um dieses Thema gedreht hatte. Die
Stadt Wangen war mit neuem Mate-
rial angerückt: Sie präsentierte die
Ergebnisse von Fußgängerzählungen
am Argensteg, der Verbindung zwischen Argen-Center und Altstadt.
Außerdem skizzierte sie anhand von
Lageplänen, dass gleich 31 Geschäfte
von den Kaufland-Plänen betroffen
wären. Beim Stadtrundgang bekamen die Richter überdies ein Bild
vom Wangener Einzelhandel, der Lage des geplanten Kaufland-Markts
und dessen Umgebung.
Ob das Urteil rechtskräftig wird,
hängt jetzt davon ab, ob Kaufland
Rechtsmittel einlegt. Möglich wäre
der Antrag auf Zulassung einer Berufung. Diese könnte vom Verwaltungsgerichtshof zugelassen werden. Der Einzelhandelsriese hat nach
der schriftlichen Zustellung des Ur-
teils dazu einen Monat lang Zeit. Die
Stadt Wangen geht davon aus, dass
Kaufland diesen Weg geht, erklärte
OB Michael Lang am Mittwoch.
Kaufland äußerte sich am Mittwoch nicht zum Ausgang des Prozesses. Das Unternehmen begründete
die Haltung mit der Tatsache, dass
sie erst „vorläufig“ über das Urteil
informiert worden sei. Eine „fundierte Beurteilung“ sei erst in zwei
bis drei Wochen möglich. Bis dahin
rechnet man mit einer Urteilsbegründung.
Ist das Kaufland-Urteil richtig?
Machen Sie mit bei einer OnlineAbstimmung unter
» schwaebische.de/wangen
●
icher: Es gibt viele Wangener, die gern einen Kaufland in der Stadt gesehen
hätten. Dennoch ist das Urteil
gut für Wangen – und die Bürger.
Denn ziemlich sicher ist, dass im
Falle eines „Ja“ zu den KauflandPlänen über kurz oder lang Geschäfte auf der Kippe gestanden
hätten. Einbußen bei der Vielfalt
wären die Folge gewesen. Und
dies will mit Sicherheit niemand
– Kaufland hin oder her.
Zudem hätte über Wangen
das Damoklesschwert einer verödendenden
Altstadt
geschwebt: eine historische Puppenstube mit einem Angebotssortiment, das mutmaßlich
nicht viel über das von touristischen Andenkenläden hinausgegangen wäre.
Das Urteil setzt aber auch
Zeichen über die Stadtgrenzen
hinaus: Die Richter haben gesehen, dass nicht allein die Freiheit
des Marktes etwas gilt, sondern
gewachsene und gesunde Strukturen einer Stadt ein Wert an
sich sind. Auch so ist zu verstehen, dass sich der Wangener
Sieg vor Gericht ausschließlich
auf die möglichen Auswirkungen auf die „zentralen Versorgungsbereiche“ stützt.
Gerade hier liegt aber die Gefahr: Die Richter gaben der Stadt
nur in einem Punkt recht, in den
fünf anderen nicht. Auch wenn
Kaufland sich noch nicht äußert:
Die Wahrscheinlichkeit, dass
das Unternehmen weiter prozessiert, steigt dadurch. Ein langer Schwebezustand könnte
drohen. Und wie ein anderes
Gericht entscheidet, ist offen.
» j.steppat@schwaebische.de
●
„Ohne Geschäfte wäre die Stadt Schrott“
Reaktionen von Prozessbeobachtern zum Kaufland-Urteil
WANGEN (jps) - Freude und Erleichterung in Wangen: Auf diesen Nenner lassen sich die Reaktionen von
Prozessbeteiligten sowie der Stadt
zum Kaufland-Urteil vom Mittwoch
bringen.
OB Michael Lang: „Es ist ein Tag
der Erleichterung für die Stadt und
alle, die an der Struktur hier hängen.
Für Wangen ist es eine schöne Bestätigung, dass die Stadt etwas Besonderes zu bieten hat.“ Und weiter: „Ich
glaube, das Gericht hat gesehen, dass
man sich die Mühe gemacht hat, dass
alles auf den Tisch kommt, was relevant ist. Wir haben versucht, unsere
Hausaufgaben zu machen. Allerdings ist das Urteil kein Grund, sich
zurückzulehnen und zu sagen: Jawoll, hier ist alles gut.“
Christoph Morlok, Geschäftsführer der Leistungsgemeinschaft:
„Das ist ein erfreulicher Tag für Wangen, den Einzelhandel und die ge-
samte Altstadt. Der Dank gilt der
Stadt und ihrem Engagement. Rechnen konnte man mit diesem Urteil
nicht, aber ich habe die Richter als
sehr neutral empfunden.“ Morlok
vermutet, dass „manches Geschäft in
Schwierigkeiten geraten wäre“,
wenn Kaufland gewonnen hätte. Er
hofft, dass sich der Rechtsstreit sich
nicht weiter – und möglicherweise
über Jahre – hinzieht und für das ehemalige Kutter-Areal „eine gute Lösung“ gefunden wird.
Christian Natterer, Stadtrat und
CDU-Stadtverbandsvorsitzender:
„Das ist super. Es freut mich sehr,
dass das Gericht der Argumentation
der Gemeinderats gefolgt ist.“ Bei
Kaufland handle es sich um einen
Vollsortimenter, der mit einer Ansiedlung sich schädlich auf die Stadt
ausgewirkt hätte. „Ich hoffe jetzt
aber, dass sich die Klage nicht bis in
die letzte Instanz durchzieht.“
Nico Endres, Inhaber des Pelzwarengeschäfts Kürschner Mayer:
„Richter Eiche hat seinem Namen alle Ehre gemacht. Ich glaube, dass es
ein Vorteil war, dass ein Gericht aus
Sigmaringen geurteilt.“ Zum einen,
weil man in Sigmaringen Wangen
kenne, zum anderen weil es im dortigen Raum Beispiele dafür gebe, wie
große Ketten innerstädtischem Handel zusetzen. Bei dem Urteil sei es
nicht allein um den Einzelhandel gegangen, sondern um die ganze Stadt.
Denn: „Ohne Geschäfte wäre die
ganze Stadt Schrott.“
Rolf Keller, CDU-Stadtrat: „Jetzt
müssen wir etwas aus dem Urteil
machen.“ Wünschenswert wäre eine
schnellstmögliche Bebauung, denn
das Gelände mit seiner Nähe zu Innenstadt und der Hauptverkehrsader
B 32 locke Interessenten geradezu an.
„Wenn nichts geschieht, dann haben
wir in zwei bis drei Jahren wieder ei-
ne Diskussion.“ Keller glaubt aber
nicht, dass Kaufland „klein beigibt“.
Aus Sicht der Schwarz-Gruppe, Muttergesellschaft von Kaufland und
Lidl, hält er es für möglich, dass die
Kaufland-Pläne abgespeckt werden
oder das Unternehmen mit dem Ansinnen eines großen Lidl-Markts
komme.
Siegfried Spangenberg, GOLStadtrat: „Ich freue mich. Nach der
Verhandlung hatte ich ein leicht positives Gefühl, aber ich habe nicht geglaubt, dass es schon zu einem Urteil
kommt. Wangen hat sich erfolgreich
gegen einen großen Konzern zu verteidigen gewusst. Aber ich befürchte,
dass Kaufland weitermacht. Denn
den Ketten kommt es darauf an, dass
sie in den Genuss steuerlicher Abschreibungen kommen. Und für Investitionen wie diese müssen sie keine Steuern zahlen.“ An diesem Punkt
gebe es einen Fehler in der Gesetz-
gebung. Im übrigen glaubt Spangenberg, dass bei einem anderen Ausgang des Prozesses „auch unser
schöner Wochenmarkt am Mittwoch
beeinträchtigt worden wäre“.
Jörg Nothhaft, SchreibwarenEinzelhändler in Waltersbühl:
„Danke an die Verwaltung und
den Rat für die Betrachtung im Sinne
des inhabergeführten Einzelhandels
und der bewährten Struktur. Auf
Sicht wird Wangen vom attraktiven,
vielseitigen Handel profitieren und
sich von den Städten abheben, die
nur noch die üblichen Filialisten und
Märkte haben. Die Entscheidung ist
richtig und gut für die Innenstadt,
das Waltersbühl und alle Nahversorger in Wangen, den Teilorten und
auch Argenbühl. Die Erleichterung
im Nothhaft-Kollegium groß. Auch
wir haben mit Investitionen abgewartet und werden diese jetzt aktiv
angehen.“
Förderverein stellt den Eismeister künftig selbst
Der Mitarbeiter aus dem städtischen Schwimmmeister-Team wird damit auch für den Winterdienst frei
WANGEN (jps) - Der Förderverein
Kunsteisstadion Stefanshöhe verzichtet künftig auf die Abstellung eines städtischen Eismeisters. Im Gegenzug erhöht die Stadt ihren Jahreszuschuss um rund 10 000 auf 58 120
Euro.
Bislang war es Brauch, dass ein
Mitarbeiter aus dem städtischen
Schwimmmeisterteam in der kalten
Jahreszeit auf der Eisbahn Dienst tut.
Diese Regelung gehört künftig der
Geschichte an. Der Förderverein hatte diese Änderung gewünscht. Begründung: Die „Schnittstelle“ zwi-
schen dem ehrenamtlichen Verein
und dem städtischen Mitarbeiter habe sich als „schwierig“ erwiesen. Da
der Gemeinderat dem entsprechenden Wunsch einstimmig folgte, setzt
der Förderverein künftig eigenes
Personal für den Betrieb der Eisbahn
ein.
Auch für die Stadt ergibt die Neuregelung Vorteile, wie Kultur- und
Sportamtsleiter Hermann Spang erklärte: „Die Drittel-Stelle des Eismeisters können wir gut gebrauchen.“ Der Mitarbeiter könne den
Winterdienst der Stadt verstärken
und Engpässe bei den Hausmeistern
lindern.
Die SPD schlug vor, den Mitarbeiter als Straßenwart einzusetzen. Die
Einrichtung einer solchen Stelle sei
je bereits bei der Diskussion über
den städtischen Stellenplan debattiert worden, so Fraktionsvorsitzender Alwin Burth. Laut OB Lang sei
dies schwierig: Ein Straßenwart arbeite vor allem im Sommer, dann sei
der Mitarbeiter aber im Freibad gefordert. CDU, GOL, und Freie Wähler hatten keinerlei Einwände gegen
die Neuregelung.
Für den guten Zustand des Eises an der Stefanshöhe sorgt der Förderverein künftig selbst.
FOTO: ARCHIV