Heft 212 | Juni 2012 - Institut für angewandte Arbeitswissenschaft

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Heft 212 | Juni 2012 - Institut für angewandte Arbeitswissenschaft
AUSGABE 212
JUNI 2012
BETRIEBSPR A XIS &
ARBEITSFORSCHUNG
Zeitschrift für angewandte
Arbeitswissenschaft
Interview: vbw-Hauptgeschäftsführer
Bertram Brossardt über seine Strategie
zur Fachkräftesicherung
Personalarbeit:
Wie Unternehmen Zukunft gestalten –
Personalverantwortliche & Ingenieure im Dialog
Ganzheitliche Produktionssysteme –
eine Bestandsaufnahme der Praxis
Ergonomie: Altersneutrale und wirtschaftliche
Gestaltung von Montagearbeitsplätzen
2
INHALT
3
Editorial
4
Aktuelles
„Wir werden die demografischen Herausforderungen meistern“
Interview mit vbw-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt
8
Demografie-Festigkeit von Unternehmen in der Metall- und Elektrobranche –
Selbst-Check und Weiterbildung
17
Aktuelle Studienergebnisse zum Arbeitsschutz und zum Sparpotenzial
bei Materialkosten; EU-Vergleich der Arbeitskosten
18
Personalarbeit
Wie Unternehmen Zukunft gestalten –
Personalverantwortliche & Ingenieure im Dialog
26
Produktionswirtschaft
Ganzheitliche Produktionssysteme in Deutschland –
eine Bestandsaufnahme der Praxis
36
Ergonomie
Altersneutrale und wirtschaftliche Gestaltung von Montagearbeitsplätzen
contra Leistungswandel
48
Arbeitsrecht
Aktuelle Entscheidungen – von A wie AGG bis Z wie Zeugnis
50
Glossar | Personalentwicklungsgespräch
52
Medien | Exzellenz durch nachhaltige Unternehmensstrategien –
EFQM im Mittelstand
53
Termine
54
Titel und Thesen früherer Ausgaben | Impressum
Titelfoto: Produktion bei BSH Bosch und Siemens Hausgeräte – das Unternehmen nimmt am Modellprojekt
„demografie(me)“ der Bayerischen Metall- und Elektro-Arbeitgeberverbände teil. Foto: BSH
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3
EDITORIAL
EDITORIAL
Liebe Leserinnen und Leser,
die Arbeitsproduktivität je Erwerbstätigen in Deutschland ist nach jüngster Mitteilung des Statistischen
Bundesamtes in den vergangenen 20 Jahren um 22,7
Prozent gestiegen (vgl. bit.ly/IAuiE6). Das liegt ganz
sicher auch am Fleiß sowie an der Zuverlässigkeit und
der Qualifikation der Arbeitsbevölkerung in Deutschland. Genauso sicher aber fußt diese gute Nachricht
auch auf der Leistungsfähigkeit unserer modernen
Unternehmen – und hier besonders auf der Effizienz
ihrer industriellen Prozesse. Das jedenfalls hat uns
das World Economic Forum in seinem jüngsten Global Competitiveness Report bescheinigt (vgl. bit.ly/
qw8PnD). Deutschlands Wirtschaft sei speziell bei den
Produktionsprozessen und Distributionskanälen hoch
entwickelt – highly sophisticated, um es wörtlich zu
zitieren.
Inzwischen sind auch jene Skeptiker widerlegt, die stets
behauptet haben, in einer modern, rational und effizient organisierten Wirtschaft gehe uns die Arbeit aus.
Zu Recht weist Bertram Brossardt im Gespräch mit
Betriebspraxis & Arbeitsforschung (Seite 4) darauf hin,
dass Deutschland mit rund 41 Millionen Erwerbstätigen
Rekordwerte bei der Beschäftigung erreicht hat.
Mit Blick auf das vorhin Gesagte dürfen wir Arbeitswissenschaftler uns bestätigt fühlen, durch unser Engagement für effizientere und wettbewerbsfähigere
Unternehmen zu einem steigenden Wohlstand für alle
beigetragen zu haben. Die Assoziation zu Erhard ist an
dieser Stelle durchaus gewollt, denn hier sind wir wissenschaftlich betrachtet in seinem Sinne tätig. Als unser Institut vor 50 Jahren gegründet wurde, hieß der
Bundeswirtschaftsminister ... Ludwig Erhard.
Leistungsfähige Unternehmen mit modernen Prozessen
haben unser Land besser durch die Krise gebracht als
viele andere. Und derzeit sieht es nach den Prognosen
bedeutender Forschungsinstitute so aus, als würde sich
an diesem positiven Trend auch im kommenden Jahr wenig ändern.
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Können wir uns also zufrieden zurücklehnen? Es liegt auf
der Hand, dass das allein schon der weltweite Wettbewerb
nicht zulässt. Doch Deutschland trifft mit der Demografie
eine besondere Herausforderung. Natürlich sind Arbeitswissenschaftler auch auf diesem Feld forschend aktiv, sie
begleiten und entwickeln Personalstrategien, wie Betriebe
alternsgerecht arbeiten und so produktiv bleiben können.
Ein Beispiel aus der TU Chemnitz finden Sie ab Seite 8. Für
die Wirtschaft hat der dortige Lehrstuhl für Arbeitswissenschaft ein Werkzeug entwickelt, mit dem auch kleinere
Unternehmen sehr schnell demografische Risiken im Betrieb ermitteln und ihnen begegnen können.
Das Thema Demografie werden wir aber nur mit einer
ganzheitlichen Perspektive lösen können. Das bringt mich
zurück zu den aktuellen Daten von Destatis. Danach hat
sich die Zahl der in Deutschland geleisteten Arbeitsstunden seit 1991 um 9 Prozent verringert. Je Arbeitsstunde
gerechnet verzeichnen wir sogar einen Produktivitätszuwachs von 34,8 Prozent. Hier steckt in Zeiten eines rasant
zurückgehenden Arbeitskräfteangebots also noch eine
gewisse Reserve, wie auch Bertram Brossardt in seinem
Interview anmerkt.
Eine noch wichtigere Ressource, um mit weniger Menschen wettbewerbsfähig zu bleiben, ist die Produktivität.
Ein Schlüssel, um hier zu noch besseren Ergebnissen zu
kommen, sind Ganzheitliche Produktionssysteme (GPS).
Große Unternehmen wenden sie vielfach erfolgreich an.
In KMU, dem Rückgrat unserer Wirtschaft, sind GPS noch
nicht flächendeckend zu Hause. Ab Seite 26 dieses Heftes
suchen wir Antworten auf die Frage, wie wir das ändern
können. Und kommen zu dem Ergebnis, dass dies möglich
ist.
In diesem Sinne verbleibe ich mit sommerlich optimistischen Grüßen
Herzlichst
Ihr
Sascha Stowasser
4
AKTUELLES
„WIR WERDEN DIE DEMOGRAFISCHEN HERAUSFORDERUNGEN MEISTERN“
Bertram Brossardt
Hauptgeschäftsführer
Bayern mit seinen exportstarken Industrien wird durch den demografisch bedingten Fachkräftemangel besonders hart getroffen. Das ist ein zentrales Ergebnis einer Prognos-Studie, die die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft in Auftrag gegeben hat. Welche Konsequenzen sind aus den Ergebnissen dieser Expertise zu
ziehen? Darüber sprach Carsten Seim mit Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer des Bayerischen Unternehmensverbandes Metall und Elektro (bayme), des Verbandes der Bayerischen Metall- und Elektro-Industrie
(vbm) sowie der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw).
Sie haben im vergangenen Jahr die zweite Auflage
Ihrer Studie „Arbeitslandschaft 2030“ veröffentlicht.
Das von Prognos erarbeitete Papier prophezeit dramatische Einbrüche beim langfristigen Trendwachstum, wenn es nicht gelingt, Mittel und Wege gegen
den Fachkräftemangel in Deutschland zu finden.
Welche Chancen haben wir, uns dieser Gefahr entgegenzustellen?
Die zweite Auflage dieser Studie zeichnet ein noch
deutlicheres Bild als die erste Studie, die wir im Jahr
2008 veröffentlicht haben: Wir müssen in Bayern bereits 2015 mit einer Fachkräftelücke von rund 500.000
Personen rechnen. Wenn wir diese Lücke nicht schließen können, drohen uns Einbrüche beim Wachstum
und bei der Wertschöpfung. Wir gehen aber davon aus,
dass dieses Szenario in Bayern nicht eintreten wird, weil
wir die demografischen Herausforderungen meistern
werden.
Prognos spricht von Deutschlandweiten Trends,
und Bayern steht nicht allein, sondern befindet sich
mitten in Deutschland. Reicht es da denn aus, dass
nur Sie im Süden Ihre Hausaufgaben erfolgreich
machen?
Wir in Bayern haben den größten Handlungsdruck –
denn hier wird laut Prognos der Bedarf an qualifiziertem
Personal auf dem weiteren Weg in die Wissensgesellschaft besonders groß sein. Da Bayern ein Wirtschaftsmotor für ganz Deutschland ist, ist es im Interesse des
ganzen Landes, dass wir schauen, wie wir unsere von
der Demografie diktierten Hausaufgaben machen. Wir
würden ganz sicher keine Studien in Auftrag geben,
wenn wir nicht davon überzeugt wären, dass wir dazu
in der Lage sind!
Und welche Konsequenzen ziehen Sie aus der Prognos-Studie?
Wir haben dazu ein 5-Punkte-Programm entwickelt.
Wir müssen erstens die Beschäftigungschancen von
Menschen ohne Arbeit verbessern, sie besser qualifizieren und schneller vermitteln. Wir müssen zweitens die
Erwerbsbeteiligung insbesondere von Frauen erhöhen.
Wir werden drittens wieder zu längeren Arbeitszeiten
kommen: Was die Wochenstundenzeiten angeht, müssen wir mit unseren Tarifpartnern Lösungen finden –
und was die Lebensarbeitszeit angeht: Es darf keine
Abweichungen von der Rente mit 67 geben. Positiv ist,
dass das tatsächliche Renteneintrittsalter in den letzten Jahren gestiegen ist. Wir brauchen viertens eine
breite Bildungsoffensive – und ich nehme hier Bayern
nicht aus, obwohl wir im innerdeutschen Vergleich
vergleichsweise gut dastehen. Wir brauchen deutschlandweit eine deutliche Verbesserung bei den SchulBETRIEBSPR A XIS & ARBEITSFORSCHUNG 212 | 2012
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abbrecher-Quoten. Wir werden fünftens Zuwanderung
gezielt gestalten müssen. Wenn man diese Maßnahmen
zusammen nimmt, wird es uns gelingen, den Fachkräftemangel zumindest deutlich zu lindern.
Der demografische Wandel wird zu einem härteren
Wettbewerb um Arbeitskräfte führen. Bayern zieht
mit seiner Metropolregion München viele Hochqualifizierte an. Doch wo bleiben die vielen KMU, die in
den ländlichen Regionen dieses Flächenlandes beheimatet sind?
Fachkräftesicherung war immer schon eine besondere
Herausforderung für Unternehmen in den ländlichen
Regionen. Es ist gute Tradition bei uns, dass Unternehmen am Ort bereits in die Schulen gehen und dort
Bindungen herstellen. Und wenn junge Mitarbeiter anderswo studieren wollen, geben diese Betriebe ihnen
oft die Möglichkeit zurückzukommen. Ein großer Teil
der bayerischen Regionen hat unterdessen RückkehrerProgramme organisiert. Eine Chance für die Regionen
sind auch Fachhochschulen, die tief in die Regionen
hineingegangen sind. Die Unternehmen vor Ort unterstützen diese Fachhochschulen. Das schafft klassische
Bindungselemente. Sehr wichtig ist es natürlich, dass
auch die ländlichen Regionen infrastrukturell sehr gut
erschlossen sind – zum Beispiel was Verkehr und Datenverbindungen angeht. Das ist in Bayern gelungen, aber
weiter auszubauen.
Wichtige Elemente Ihres 5-Punkte-Programms sind
die Aktivierung von Menschen ohne Arbeit und die
Erhöhung der Erwerbsbeteiligung. Von Seiten der Unternehmen ist lange Jahre immer wieder die Flexibilisierung unseres Arbeitsmarktes gefordert worden.
Und im jüngsten Global Competitiveness-Report des
World Economic Forum wird erneut darauf hingewiesen.1 Haben wir hier weiteren Handlungsbedarf über
die bereits erfolgten Arbeitsmarktreformen hinaus,
um die Beschäftigungsquoten weiter zu steigern?
Zunächst einmal ist festzuhalten, dass die 2004 erfolgten Arbeitsmarktreformen weitreichende Veränderungen ausgelöst haben. So ist die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Deutschland von rund
25 auf 29 Millionen gestiegen. Und die Zahl der Erwerbstätigen ist auf über 41 Millionen gewachsen. Wir
haben uns also nach vorn bewegt! Meine Sorge ist eher,
dass wir diese Erfolgsgeschichte durch neue Regulierungen wieder zunichte machen. Wir brauchen weder
einen Mindestlohn, der Arbeitsplätze kosten wird, noch
brauchen wir eine Überregulierung der Zeitarbeit. Wir
brauchen eine Lohnpolitik, die hilft, unseren Arbeitsmarkt vor Konkurrenz von außen zu schützen. Es hat
sich doch gezeigt, dass wir Beschäftigungserfolge erzielen, auch weil es uns gelungen ist, unsere Arbeitskostenstruktur im Rahmen zu halten. Damit sind auch die
Sozialkosten gemeint. Wir stellen fest, dass unser Arbeitsmarkt lebendiger geworden ist. Wir sollten nun auf
jeden Fall weitere Regulierungen vermeiden. Wenn wir
im Bereich Arbeitszeit und
Befristungsmöglichkeiten
noch flexibler werden können, lösen wir das Prinzip
der individuellen Arbeitsplatzsicherheit durch das
Prinzip der Arbeitsmarktsicherheit ab. Flexicurity
ist das Erfolgskonzept der
Zukunft.
Einweihung einer alternsgerechten Montage für Achsgetriebe im BMW Werk Dingolfing – mit BMW Group
Vorstandsmitglied Frank-Peter Arndt, Staatsministerin Christine Haderthauer, dem stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden des BMW Werks Dingolfing, Erwin Gegenfurtner, und Barbara Bergmeier, Leiterin Produktion
Fahrwerks- und Antriebskomponenten (von links). Foto: BMW
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In den Punkten 2 und 3
Ihres
5-Punkte-Planes
haben Sie das Potenzial
von Frauen angesprochen.
Nach wie vor ist das Interesse von Frauen am Ingenieurberuf deutlich geringer als das von Männern.
Wie kann man sie für die
M+E-Industrie gewinnen?
Und: Hilft uns hier eine
Frauenquote?
Zitat aus dem
Global Competitiveness-Report 20112012 des WEF:
„Germany’s business
sector is highly
sophisticated ... On
a less positive note
and despite some
efforts, Germany’s
labor market remains
rigid (125th for the
labor market flexibility subpillar), where
a lack of flexibility in
wage determination
and the high cost
of firing present a
hindrance to job
creation.“
1
6
„WIR WERDEN DIE DEMOGRAFISCHEN HERAUSFORDERUNGEN MEISTERN“
AKTUELLES
Ich bin grundsätzlich kein Freund von
Quoten, sondern ein Freund von Chancen.
Quoten führen nicht zu mehr Chancen,
sondern zu einer sehr starken Verengung
eines Themas. Wenn wir mehr Frauen in
Technikberufen haben möchten – und
wir brauchen sie! – so benötigen wir
einen gesamtgesellschaftlichen Wandel
von Rollenbildern. Wenn wir wollen, dass
Frauen die Palette ihrer Studienwünsche
verbreitern, so müssen wir damit bereits
im Kindergarten anfangen. Wir brauchen
eine Struktur für Familien, die Frauen einen besseren Wiedereinstieg in den Beruf ermöglicht. Hier muss vor allem in
der Kinderbetreuungsstruktur noch einiges ausgebaut
werden. Und dann muss eine neue Arbeitsorganisation
entwickelt werden, die eine bessere Vereinbarkeit von
Familie und Beruf erlaubt – zum Beispiel durch flexiblere Arbeitszeiten.
Trotz vieler Bemühungen stagniert der Anteil von Frauen in Ingenieursstudiengängen bei rund einem Fünftel...
Es hat sich da leider noch nicht viel getan. Im Maschinenbau liegt der Anteil weiblicher Studienabgänger unter 10 Prozent. Wir müssen weiter für diesen Berufsweg
werben. Das muss, wie bereits gesagt, im Kindergarten
beginnen und wird nicht über Nacht zu lösen sein.
>>> Info
Sechs Betriebe der Metall- und Elektroindustrie
beteiligen sich an einem von den Bayerischen
Metall- und Elektro-Arbeitgeberverbänden bayme vbm auf zwei Jahre angelegten Modellprojekt
„demografie(me)“ zur Verlängerung der Lebensarbeitszeit:
BSH Bosch und Siemens Hausgeräte GmbH, Bad Neustadt
FTE automotive GmbH, Ebern
Franken Guss Kitzingen GmbH & Co. KG, Kitzingen
Linde Material Handling GmbH, Aschaffenburg
Waldaschaff Automotive GmbH, Waldaschaff
WAREMA Renkhoff SE, Marktheidenfeld
Das Modellprojekt soll notwendige individuelle Handlungsstrategien im
Bereich der Gesundheits- und Verhaltensprävention erarbeiten, um Mitarbeiter länger im Betrieb halten zu können.
Hinweis zum Foto: Die BSH ist mit im nordbayerischen Bad Neustadt gefertigten Staubsaugern eigenen
Angaben nach Marktführer in Deutschland und in Europa. Im Bild steuert ein Mitarbeiter die Granulatversorgung für die Kunststofffertigung. Foto: BSH
Sie fordern unter Punkt 3 Ihres 5-Punkte-Programms
die Verlängerung der Wochenarbeitszeit. Wie soll dies
mit älter werden Belegschaften realisiert werden?
Ich kenne kein Naturgesetz, das besagt, dass Ältere
per se weniger arbeiten sollen oder können. Ich würde
mir das als Angehöriger der Generation 50 plus auch
verbitten! Die Frage von Lebensalter und Arbeitszeit
hängt nur partiell zusammen. Ich gebe Ihnen Recht,
wenn Menschen über Jahrzehnte die gleiche schwere
verschleißintensive körperliche Arbeit geleistet haben.
Hier sinkt oft die individuelle Belastbarkeit. Es ist eine
Zukunftsfrage der Arbeitsorganisation, solche einseitigen Belastungen zu reduzieren. Die Struktur der Arbeit
wird sich in Zukunft ohnehin verändern. Es wird in einem von immer wechselhafterer Nachfrage geprägten
Umfeld darum gehen, wie und wann Arbeit anfällt –
einmal mehr, einmal weniger. Es wird vielleicht weniger
Präsenzpflichten geben, aber höhere Erfolgspflichten
für die Mitarbeiter.
Es wird in Zusammenhang mit älter werdenden Belegschaften sehr intensiv über alternsgerechte Arbeitsorganisation und Gesundheitsmanagement in
den Unternehmen diskutiert. BMW hat in Dingolfing
eine alternsgerechte Achsgetriebemontage in Betrieb
genommen. Können kleine und mittlere Unternehmen angesichts solcher Investitionen von Konzernen
da mithalten?
Es gibt einige Unternehmen, die hier schon Maßnahmen getroffen haben – zum Beispiel BSH / Hausgeräte. Es geht im System zu allererst nicht um das Geld,
sondern um die Frage: Wie sorgen wir dafür und wer
verantwortet es, dass jemand seine physische und
mentale Arbeitsfähigkeit erhält? Hier sehe ich die erste
Pflicht beim Individuum. Das heißt: Wir brauchen den
permanenten Willen des Einzelnen zur Weiterbildung,
aber auch den permanenten Willen des Einzelnen, seiBETRIEBSPR A XIS & ARBEITSFORSCHUNG 212 | 2012
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7
>>> Info
ne körperliche Gesundheit zu erhalten. Zum Zweiten
ist es eine Frage der Gesellschaft, weil das Ergebnis eines Gesunden für sie besser ist, als zu viele Kranke zu
besitzen. Drittens ist es natürlich wichtig für ein Unternehmen, durch Gesundheitsmanagement zur Mitarbeitergesundheit beizutragen – schon um deren Erfahrungswissen zu sichern. Dabei handelt es sich auch um
eine Mitarbeiter-Bindungsmaßnahme. Als Verband unterstützen wir kleine und mittlere Unternehmen dabei,
wie auch sie kostengünstig Maßnahmen auf den Weg
bringen können, um sich im demografischen Wandel zu
behaupten.
Das Projekt „power(me)“ ist Teil eines Aktionsprogramms der bayerischen Metall- und ElektroArbeitgeberverbände bayme vbm zur Fachkräftesicherung und richtet sich an Jugendliche, die
aufgrund erheblicher schulischer Defizite und
sozialem Förderbedarf sonst nur geringe Chancen
auf einen Ausbildungsplatz in der M+E-Industrie
hätten. Zentrales Element von power(me) ist
die Begleitung der Jugendlichen und der Ausbildungsleiter in den Betrieben während der gesamten Ausbildungszeit. Dadurch konnten auch
bereits Jugendliche ohne Schulabschluss in Ausbildung gebracht werden.
Wie tun Sie das konkret?
Wir bieten unseren Unternehmen zum Beispiel einen
Demografie-Check an. Den haben wir gemeinsam mit
der Technischen Universität Chemnitz erarbeitet. Wir
bieten Unternehmen Altersstrukturanalysen an, beraten sie mit eigenen Mitarbeitern und vermitteln externe
Beratung. Gemeinsam mit der TU Chemnitz haben wir
auch Weiterbildungsprogramme entwickelt, bei denen
wir Demografie-Manager vor allem für größere Unternehmen für den Office- und Production-Bereich ausbilden (siehe Seite 12 dieser Ausgabe).
Verstärkte Bildungsanstrengungen, damit die Quote
von Schulabbrechern sinkt, sind Sache des Staates.
Was können denn die Unternehmen tun?
Schulbildung, die eine möglichst große Zahl junger
Menschen zu Bildungsabschlüssen und in die Berufsausbildung führt, ist zu allererst Sache des Staates und
eines Landes. Dafür zahlen Bürger und Unternehmen
Steuern! Auf der anderen Seite engagieren sich prak-
tisch alle großen und viele mittlere Unternehmen aus
gesellschaftlicher Verantwortung in diesem Bereich. Als
Verband haben wir zum Jahreswechsel gerade eine erfolgreiche Zwischenbilanz für unser Projekt power(me)
gezogen. Rund 100 leistungsschwächere Jugendliche
haben inzwischen einen Ausbildungsvertrag in der Tasche. Sie hätten andernfalls wohl kaum eine Chance
darauf gehabt. Wir freuen uns über die Resonanz dieses
Modellprojekts und haben festgestellt, dass es viele verdeckte Begabungen auch unter Jugendlichen gibt, die
schulisch schwächer dastehen. Das Interesse und die
Begeisterung junger Menschen in diesem Programm
sind groß.
Um auf Ihren fünften Punkt zu kommen: Prognos
fordert deutschlandweit eine Zuwanderung von
300.000 Personen im Jahr. Was muss geschehen,
damit wir eine solch hohe Quote auch tatsächlich
erreichen und damit wir auch jene qualifizierten Zuwanderer bekommen, die wir tatsächlich brauchen?
Wir haben in den letzten zwei Jahren hier
schon gute Verbesserungen bei den rechtlichen Rahmenbedingungen erlebt. So ist
in Mangelberufen die Vorrangprüfung entfallen. Die Einkommensschwelle für qualifizierte Ausländer ist von rund 60.000 Euro
Jahreseinkommen auf rund 40.000 Euro
heruntergesetzt. Wir haben Verbesserungen
erreicht, was die Anerkennung ausländischer Abschlüsse angeht. All das ist positiv.
Gemeinsam mit dem bayerischen Wissenschaftsminister arbeiten wir daran, dass Studienabsolventen aus dem Ausland leichter
in Deutschland und Bayern bleiben können.
Schlussendlich brauchen wir in Deutschland
auch eine neue Willkommenskultur für Menschen aus dem Ausland.
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DEMOGRAFIE-FESTIGKEIT VON UNTERNEHMEN IN DER METALL- UND ELEKTROBRANCHE
AKTUELLES
– SELBST-CHECK UND WEITERBILDUNG
Isabell Grundmann
Technische Universität Chemnitz
Katharina Pöschel
Technische Universität Chemnitz
Die Auswirkungen des demografischen Wandels werden in Unternehmen immer offensichtlicher. Das Durchschnittsalter der Belegschaften sowie krankheitsbedingte Fehlzeiten steigen. Bereits heute sind Engpässe an
qualifizierten Mitarbeitern bestimmter Berufsgruppen ersichtlich (zum Beispiel Ingenieure und Facharbeiter).
Aufgrund des Nachwuchskräftemangels wird es nicht gelingen, das zunehmende Durchschnittsalter durch
einen kontinuierlichen Zuwachs junger Fachkräfte zu kompensieren.
Unternehmen müssen sich somit auf eine älter werdende Belegschaft einstellen. Daher ist es wichtig, das
Potenzial älterer Mitarbeiter zu erkennen, zu entwickeln und als Chance wahrzunehmen. Ergonomische Methoden und Maßnahmen können dazu beitragen, die Leistungsfähigkeit und -bereitschaft alternde Belegschaften zu erhalten und zu steigern, Fehlzeiten zu reduzieren sowie die Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen.
Die Verbände der bayerischen Metall- und Elektroindustrie bayme vbm unter Leitung des Hauptgeschäftsführers Bertram Brossardt haben die Notwendigkeit erkannt, mit geeigneten Maßnahmen auf den demografischen Wandel reagieren zu können, und das Fachkräftesicherungsprojekt „demografie(me)“ ins Leben gerufen. In Zusammenarbeit mit der Professur Arbeitswissenschaft der Technischen Universität Chemnitz unter
Leitung von Prof. Dr.-Ing. Dr. phil. habil. Birgit Spanner-Ulmer wurde im Projekt unter anderem ein OnlineTool DemografieCheck entwickelt, mit dem Unternehmen in wenigen Minuten ihre Demografie-Festigkeit
überprüfen können. Darüber hinaus wurde die berufsbegleitende Weiterbildung zum DemografieManager
erarbeitet. Der folgende Beitrag erläutert die Notwendigkeit und den Nutzen des DemografieChecks sowie
der Weiterbildung zum DemografieManager für Unternehmen.
1 Herausforderung – Demografischer
Wandel für die Arbeitswelt
Der demografische Wandel im eigentlichen Sinne beschreibt die Veränderungen in der Altersstruktur der
Bevölkerung und der Bevölkerungszahl. Immer mehr
Ältere stehen immer weniger Jüngeren gegenüber. Ursächlich hierfür ist die stetig ansteigende Lebenserwartung bei gleichzeitig sinkenden Geburtenraten (Statistisches Bundesamt, 2010). Laut der 12. koordinierten
Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundesamtes führt dies, unter Berücksichtigung der jährlichen Nettozuwanderungsrate, der Geburtenrate und
der Sterblichkeit, zu der Annahme, dass die heutige Bevölkerungszahl in Deutschland von 82 Millionen im Jahr
2011 auf 65 bis 70 Millionen im Jahr 2060 schrumpfen
wird (Statistisches Bundesamt, 2009).
Entscheidend für den Anstieg des Durchschnittsalters
der Belegschaften ist der drastische Geburtenanstieg in
Deutschland Ende der 50er- bis Mitte der 60er-Jahre.
Diese als Babyboomer bezeichnete Generation wird in
den Jahren 2020 bis 2030 zwischen 55 und 75 Jahren
alt sein. Damit kommt es zu einer drastischen Erhöhung
des Durchschnittsalters in den Unternehmen.
Verstärkt wird dieser Effekt durch das „Gesetz zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische
Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz)“ vom 20. April 2007
(Bundesgesetzblatt, 2007). Die schrittweise Erhöhung
des Renteneintrittsalters wird sich bereits auf die Generation der Babyboomer deutlich niederschlagen – mit
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der Folge, dass zwischen 2020 und 2030 die große Anzahl der älteren Erwerbstätigen länger in Beschäftigung
bleiben wird. Schon heute ist zu beobachten, dass das
durchschnittliche Rentenzugangsalter zunimmt. Vor
dem Hintergrund der sich derzeit noch in der Anhebung
befindenden Altersgrenzen für den Renteneintritt wird
die Erwerbsbeteiligung Älterer auch in Zukunft weiter
ansteigen. Insgesamt nimmt der Anteil der Personen im
erwerbsfähigen Alter ab. Die Belegschaften werden im
Mittel immer älter.
Die aufgezeigten Hintergründe können zu wirtschaftlich weitreichenden Folgen für ein Unternehmen führen. Neben einer möglichen Verteuerung der Arbeitskräfte und einer verringerten Personaleinsatzflexibilität
ist zum Beispiel mit zunehmendem Alter ein Anstieg gesundheitlicher Beschwerden zu beobachten (Brandenburg/Domschke, 2007; Keil, 2011). Ältere Mitarbeiter
sind zwar nicht häufiger krank als ihre jüngeren Kollegen, aber die durchschnittliche Zahl der Arbeitsunfähigkeitstage ist deutlich höher (Happe, 2007). Durch ein
zeitweises oder dauerhaftes Ausscheiden des Mitarbeiters können Unternehmen jedoch schon jetzt wertvolles, erfolgskritisches Erfahrungswissen verlieren. Unternehmen sollten deshalb frühzeitig und vorausschauend
Maßnahmen ergreifen, um ältere Mitarbeiter langfristig
zu motivieren, damit zu binden und somit deren Wissen
im Unternehmen zu sichern. Das erfordert eine ergonomische, alter(n)sgerechte Arbeitsgestaltung. Sie soll
Mitarbeitern jeden Alters ermöglichen, auf Dauer und
in den Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit ihre Tätigkeit
auszuüben.
Häufig fehlt es jedoch an Sensibilität und Erfahrung im
Umgang mit älteren Belegschaften. Oft orientieren sich
Unternehmen bei der Gestaltung von Arbeitsplätzen
vorwiegend an den Leistungsvoraussetzungen junger
Mitarbeiter. Folglich können Arbeitsbedingungen entstehen, die es älteren Mitarbeitern kaum ermöglichen,
gesund bis zum gesetzlichen Renteneintritt ihrer Arbeitstätigkeit nachzugehen (INQA, 2010). Unternehmen werden demzufolge immer mehr dazu angehalten,
Maßnahmen zu initiieren, welche die Aufrechterhaltung
der Erwerbs- und Arbeitsfähigkeit, vor dem Hintergrund der sich im Alter verändernden gesundheitlichen
Bedingungen, bis ins hohe Erwerbsalter gewährleisten
können (Wolters, 2004). Die Unternehmen, die bis dato
keine nachhaltigen Konzepte für den Umgang mit einer alternden Belegschaft entwickelt haben, laufen
Gefahr, an Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft
zu verlieren (Buck, 2003; Baase, 2007; Brandenburg/
Domschke, 2007).
Unter Beachtung der Herausforderungen sollten Unternehmen sich auch der Kompetenzen älterer MitarbeiBETRIEBSPR A XIS & ARBEITSFORSCHUNG 212 | 2012
ter bewusst sein. Diese sind nicht nur aufgrund ihres
Erfahrungswissens für das Unternehmen sehr wertvoll,
sondern verfügen oft auch über ein großes Netzwerk
und werden als vertrauenswürdige Ansprechpartner
beziehungsweise Vorbilder in altersgemischten Teams
wahrgenommen. Sie zeichnen sich zudem aufgrund
der jahrelangen Betriebszugehörigkeit durch eine hohe
Arbeitsmoral, -disziplin und Loyalität sowie durch ein
höheres Verantwortungsbewusstsein aus. Die lange Berufserfahrung ermöglicht es ihnen unter anderem auch,
Probleme besser zu bewältigen beziehungsweise in Krisensituationen erfahrungsbezogen zu reagieren.
Welchen Wert ältere Mitarbeiter für die Unternehmen
besitzen, haben die bayerischen Metall- und ElektroArbeitgeberverbände bayme vbm erkannt und das
Projekt „demografie(me)“ als Teil der Initiative „Wir für
Bayern – Aktionsprogramm Fachkräftesicherung“ ins
Leben gerufen.
Die im Auftrag der vbw – Vereinigung der Bayerischen
Wirtschaft e. V. durchgeführten Studie „Arbeitslandschaft 2030“ hat die Entwicklung der Produktion in
Deutschland analysiert und den zukünftigen Personalbedarf ermittelt. Sie hat zudem prognostiziert, wie sich
Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt nach
Qualifikationen, Tätigkeiten, Fachrichtungen, Berufen,
Sektoren und Branchen entwickeln (Arbeitslandschaft
2030, 2011). Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass
Deutschland langfristig ein Arbeitskräftemangel von
rund fünf Millionen Personen im Jahr 2030 erwartet,
sofern keine umfänglichen Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt eintreten (2015 wären es bereits drei Millionen). Davon werden alle Branchen und Qualifikationsniveaus betroffen sein, zunächst vor allem Akademiker
und Fachkräfte mit beruflicher Bildung. Ein Großteil
des Gesamtmangels in der Industrie wird mit über
60 Prozent in den Branchen Maschinenbau, Elektrotechnik, Chemie und Fahrzeugbau zu verzeichnen
sein. Maßnahmen, um dem Mangel vorzubeugen beziehungsweise abzuwenden, sollten in den folgenden
Handlungsfeldern erfolgen:
Beschäftigungschancen verbessern,
Erwerbsbeteiligung erhöhen,
Arbeitszeiten verlängern,
breite Bildungsoffensive und
Zuwanderung gezielt fördern.
Passiert dies nicht, wird Bayern von allen Bundesländern am stärksten betroffen sein (Arbeitslandschaft
2030, 2011).
Damit Mitarbeiter jeden Alters möglichst gesund ihrer
Arbeitstätigkeit nachgehen und die dafür erforderlichen
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DEMOGRAFIE-FESTIGKEIT VON UNTERNEHMEN IN DER METALL- UND ELEKTROBRANCHE
AKTUELLES
– SELBST-CHECK UND WEITERBILDUNG
Maßnahmen in den entsprechenden Handlungsfeldern
initiiert werden können, hat die Professur Arbeitswissenschaft der Technischen Universität Chemnitz im
Auftrag von bayme vbm den DemografieCheck und die
Weiterbildung zum DemografieManager entwickelt.
Der DemografieCheck ist ein Online-Tool, das die Mitgliedsunternehmen von bayme vbm bei der Analyse
und Gestaltung demografiefester Arbeitsplätze unterstützt. Die berufsbegleitende Weiterbildung zum
DemografieManager vermittelt die Kompetenz, eine
unternehmensspezifische Bedarfsanalyse zur Demografie-Festigkeit im Unternehmen durchzuführen. Sie
befähigt die Teilnehmer, das Ausmaß der Konsequenzen
des demografischen Wandels für das eigene Unternehmen und dessen Belegschaft einzuschätzen, Potenziale und Handlungsfelder im Unternehmen zu erkennen,
geeignete Handlungsstrategien auszuwählen und deren
Umsetzung zu begleiten.
2 Handlungsfelder identifizieren –
der DemografieCheck
Der DemografieCheck wurde speziell für Unternehmen
der Metall- und Elektroindustrie entwickelt und unterstützt die Mitgliedsunternehmen von bayme vbm bei
der Analyse und Gestaltung demografiefester Arbeits-
plätze. Demografiefest ist ein Unternehmen dann, wenn
es alle Maßnahmen eingeleitet und umgesetzt hat, um
die Konsequenzen des demografischen Wandels für das
Unternehmen erfolgreich zu bewältigen. Insbesondere
mittelständische Unternehmen können mit diesem Tool
eigenständig und schnell die Demografie-Festigkeit
des Unternehmens in verschiedenen Handlungsfeldern
überprüfen und vergleichen.
Ziel des Online-Tools DemografieCheck ist es, Unternehmen auf ihre Demografie-Festigkeit hin zu überprüfen. Da bisher kein wissenschaftlich fundiertes Bewertungsverfahren zur Analyse altersbedingter Einflüsse
vorhanden war, bestand die Aufgabe darin, ein Analyseinstrument zur Bewertung alterskritischer Arbeitssystemgrößen zu entwickeln. Dieses sollte einfach und
schnell in der Anwendung sein, jedem Mitgliedsunternehmen zur Verfügung stehen und Hinweise für Handlungsempfehlungen zur Demografie-Festigkeit im Sinne
von Erläuterungen und Serviceangeboten beinhalten.
Nach einer umfangreichen Recherche zum Stand des
Wissens und der Analyse verwandter Instrumente fanden zahlreiche Expertengespräche mit Wirtschaftsvertretern statt. Diese Interviews wurden mit Führungskräften mittelständischer und großer Unternehmen
Bayerns geführt, die speziell mit dem Thema Demografie betraut sind. Aus der Analyse theoretisch relevanter
Abbildung1: Frage aus dem Handlungsfeld Arbeitsgestaltung Produktion
Quelle: Online-Tool DemografieCheck, bayme vbm, 2012
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Themenstellungen und der Implikation von Themen der
Praxis wurden sechs Handlungsfelder mit insgesamt
61 Fragen abgeleitet, anhand derer die Mitgliedsunternehmen ihre Demografie-Festigkeit analysieren und
in Echtzeit eine Auswertung in Form eines Ergebnisberichts für jedes dieser Handlungsfelder erhalten können:
Personalrekrutierung
(8 Fragen, zum Beispiel Personalbedarfsplanung, Rekrutierungsspektrum),
Arbeitsgestaltung Produktion
(13 Fragen, zum Beispiel physische Belastung, Beleuchtung),
Arbeitsgestaltung Office
(7 Fragen, zum Beispiel psychische Belastung, Bildschirmarbeitsplätze),
Unternehmenskultur / Führung
(8 Fragen, zum Beispiel Abbau von Vorurteilen, Umgang mit Konflikten),
Gesundheitsmanagement
(17 Fragen, zum Beispiel Fehlzeiten-Management,
Suchtprävention) und
Qualifizierung / Kompetenz
(8 Fragen, zum Beispiel Qualifizierungsplanung, altersspezifische Qualifizierung).
dem entsprechenden Handlungsbereich in Form einer
detaillierten Auswertung mit Erläuterungen und Handlungsempfehlungen (qualitative Auswertung). Dabei
werden Gestaltungsansätze in administrativen und
produzierenden Bereichen betrachtet. Das Ergebnis der
quantitativen Auswertung wird in einem Spinnennetzdiagramm dargestellt. Wie Abbildung 2 zeigt, wird für
jeden Themenbereich der entsprechende Handlungsbedarf verdeutlicht.
Die qualitative Auswertung sensibilisiert durch eine
detaillierte Auswertung für die oben genannten Handlungsfelder und gibt Anregungen für mögliche Lösungen bzw. Handlungsempfehlungen. Es können mögliche
Defizite behoben und die Demografie-Festigkeit des
Unternehmens verbessert werden.
Abbildung 1 zeigt beispielhaft eine Frage des DemografieChecks aus dem Handlungsfeld „Arbeitsgestaltung
Produktion“.
Das Online-Tool ist so gestaltet, dass die Bearbeitung lediglich etwa 15 bis 20 Minuten in Anspruch nimmt. Die
Analyse der einzelnen Handlungsfelder kann unabhängig voneinander erfolgen. Empfohlen wird die Durchführung des DemografieChecks für Geschäftsführer,
Werksleiter, verantwortliche Personen des Industrial
Engineerings, Personalleiter, Personalreferenten oder
speziell mit den Herausforderungen der Demografie im
Unternehmen betraute Führungskräfte oder Fachreferenten.
Die Auswertung des DemografieChecks kann als Kurzoder Langfassung erfolgen. Bei der Kurzfassung werden
auf zwei Seiten das Gesamtergebnis und die einzelnen
Punktwerte (pro Antwort 0-2 Punkte) für jede beantwortete Frage aufgezeigt. In der Langfassung können
die Teilnehmer alle Fragen und die gegebenen Antworten einsehen sowie deren Punktwerte und die dazugehörigen Erläuterungen. Durch den modularen Aufbau
des DemografieChecks sind auch Teilauswertungen
möglich. Das Gesamtergebnis zur Demografie-Festigkeit im gesamten Unternehmen folgt nach vollständiger Beantwortung aller 61 Fragen. Die Ergebnisberichte
verdeutlichen sofort die Stärken und Schwächen des
eigenen Unternehmens. Zudem geben sie erste Ansätze
zur Verbesserung der eigenen Demografie-Festigkeit in
BETRIEBSPR A XIS & ARBEITSFORSCHUNG 212 | 2012
Abbildung 2: beispielhafte quantitative Auswertung in den sechs Handlungsfeldern
Quelle: Online-Tool DemografieCheck, bayme vbm, 2012
12
DEMOGRAFIE-FESTIGKEIT VON UNTERNEHMEN IN DER METALL- UND ELEKTROBRANCHE
AKTUELLES
– SELBST-CHECK UND WEITERBILDUNG
Der DemografieCheck beantwortet folgende Fragen:
Wie demografiefest ist mein Unternehmen?
Wo besteht noch Handlungsbedarf?
Welche Maßnahmen werden empfohlen?
Wie kann mein Unternehmen auf dem Weg zur Demografie-Festigkeit unterstützt werden?
Der DemografieCheck wurde auf dem 7. Kongress Personalmanagement „Demografiefeste Personalpolitik“
am 08.11.2011 präsentiert und steht seitdem den Mitgliedsunternehmen von bayme vbm als Online-Tool zur
Verfügung (Login erforderlich).
3 Die berufsbegleitende Weiterbildung
zum DemografieManager
Ziel des Weiterbildungsangebots DemografieManager
ist es, die Erkenntnisse aus den Bereichen Gesundheit
und Alter in die arbeitswissenschaftliche Beratung von
bayme vbm einfließen zu lassen. Sie sollen die bisherigen Schwerpunkte der Arbeitswirtschaft ergänzen und
in Form einer berufsbegleitenden Weiterbildung den
Mitgliedsunternehmen zur Verfügung stehen. Dabei gilt
es zu berücksichtigen, dass die Mitgliederstruktur von
bayme vbm sehr heterogen ist. Betreut werden sowohl
kleine und mittelständische Unternehmen als auch
OEMs. Entsprechend unterschiedlich sind auch deren
Qualifizierungsbedarfe zum Demografie-Management.
Einerseits soll in einer kompakten Weiterbildung eine
grundlegende Handlungsfähigkeit bei demografischen
Herausforderungen ermöglicht, andererseits mithilfe
einer ausführlichen Weiterbildungsvariante das Unternehmen zur umfangreichen Demografiekompetenz geführt werden. Darüber hinaus möchte der Verband die
verschiedenen Hierarchieebenen und Spezialisierungen
seiner Mitgliedsunternehmen berücksichtigen. Aus diesem Grund wurde die berufsbegleitende Weiterbildung
zum DemografieManager in Form eines modularen
Konzeptes erarbeitet.
Zunächst wurden hierfür die relevanten Zielgruppen
identifiziert und die verschiedenen Qualifizierungsvarianten festgelegt. Ziel war es, je nach Unternehmensgröße und Interessen, eine Weiterbildung anzubieten,
die Basiswissen zum DemografieManagement vermittelt, und eine Aufbauvariante in den Vertiefungsrichtungen Office oder Production zu ermöglichen. Zudem
sollte abschließend ein Weiterbildungsmodul für DemografieManager mit strategischer Ausrichtung folgen.
Die Weiterbildung wurde so gestaltet, dass sie offen für
alle Berufsgruppen und empfehlenswert für alle Interessenten und Einsteiger des Demografie-Managements
ist. Vor allem Personalverantwortliche, Planer und Prozessoptimierer (Industrial Engineering), Fach- und Füh-
rungskräfte sowie Fachkräfte für Arbeitssicherheit und
Arbeitsmedizin gehören zu den Zielgruppen.
Nach Festlegung der verschiedenen Qualifizierungsvarianten wurde für jede ein ausführliches Fähigkeitsprofil
erarbeitet. Das beinhaltete die Definition des notwendigen Fach- und Methodenwissens. Parallel zur konzeptuellen Erarbeitung der relevanten wissenschaftlichen
und praktischen Inhalte wurde eine Didaktik entwickelt,
die auf einer systematischen Lernziel-Taxonomierung
der Inhalte beruht und die vielfältigen Schulungsmethoden aufeinander abstimmt.
Die berufsbegeleitende Weiterbildung zum DemografieManager zeigt speziell für die Metall- und Elektroindustrie Handlungsempfehlungen in den verschiedenen
Handlungsfeldern auf (zum Beispiel Gesundheitsmanagement, Personalrekrutierung, Qualifizierung). Ein
besonderes Augenmerk kommt dabei dem Handlungsfeld Arbeitsgestaltung zu; denn unabhängig davon, ob
junge oder ältere Mitarbeiter am Arbeitsplatz tätig sind,
trägt eine ergonomische Arbeitsgestaltung dazu bei,
dass der Mitarbeiter kurz- und langfristig seine Leistungsfähigkeit aufrechterhält. Sie leistet ebenso einen
Beitrag zur Erhöhung der Produktivität im Unternehmen (zum Beispiel aufgrund der Reduzierung von Belastungssituationen). Die positiven Effekte der Gestaltung humaner und produktiver Arbeitsbedingungen
betreffen junge und ältere Mitarbeiter gleichermaßen.
Vor dem Hintergrund älter werdender Belegschaften
stehen Unternehmen gegenwärtig und zukünftig vor
der Herausforderung, die Arbeitsbedingungen alternsgerecht zu gestalten.
In der Weiterbildung geht es um die Gestaltung der Arbeit mit dem Ziel, durch eine genaue Betrachtung der
Aufgabenstellung, der Arbeitsumwelt und der MenschMaschine-Interaktion die Leistungsfähigkeit des gesamten Arbeitssystems zu verbessern und die auf den
arbeitenden Menschen einwirkenden Belastungen zu
reduzieren – besonders im Hinblick auf die sich mit dem
Alter ändernden Leistungsvoraussetzungen. Hierzu sind
in fast allen Teilgebieten der Arbeitsgestaltung spezifische Handlungsstrategien zu berücksichtigen.
Abbildung 3 zeigt die Komponenten, die im Laufe der
Weiterbildung genauer betrachtet werden.
Das Schaubild (Abbildung 3) verdeutlicht die unmittelbare Interaktion des arbeitenden Menschen mit seinem
Arbeitsmittel im Arbeitsprozess. Menschliche Aktivitäten sind generell mit Prozessen der Informationsaufnahme, -verarbeitung und -umsetzung verbunden.
Dabei nimmt der Mensch durch seine Fähigkeiten des
Sehens, Hörens und Fühlens Informationen auf, verarBETRIEBSPR A XIS & ARBEITSFORSCHUNG 212 | 2012
ifaa
13
Abbildung 3: Systematische Herangehensweise in der Weiterbildung zum DemografieManager
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Bubb & Schmidtke, 1993
beitet sie mit Hilfe seiner geistigen Fähigkeiten und Fertigkeiten und setzt sie in konkrete Handlungen um. Der
Arbeitsprozess erfolgt unter bestimmten Bedingungen
der Arbeitsumwelt. Sie können sich einerseits physikalisch, zum Beispiel in Form von Lärm, klimatischen
Bedingungen, Beleuchtung oder in Form von Schwingungen äußern. Andererseits wirken auch soziale und
organisatorische Bedingungen auf den Menschen, zum
Beispiel Auswirkungen des Betriebsklimas und des Vorgesetztenverhaltens.
Die Arbeitsaufgabe (zum Beispiel Heben und Tragen
schwerer Lasten), die vorherrschenden Bedingungen
der Arbeitsumwelt (zum Beispiel hohe Temperaturen)
und die Gestaltung der Maschine bzw. des Arbeitsmittels (zum Beispiel schlechte anthropometrische Bedingungen) wirken auf den Menschen als Belastung ein.
Dieser reagiert in Abhängigkeit seiner individuellen
Fähigkeiten und Fertigkeiten mit einer subjektiven Beanspruchung. Sind Belastungsfaktoren zu hoch oder
deren Belastungswirkung zeitlich zu lang, sodass der
Mitarbeiter diese mit seinen individuellen Fähigkeiten
und Fertigkeiten nicht bewältigen kann, steigt die Beanspruchung. Dies ist ebenso der Fall, wenn der Mitarbeiter sich in seinen Arbeitspausen nicht vollständig
regenerieren kann.
Um festzustellen, ob und in welchem Umfang Fähigkeitsgrenzen durch die gestellten Arbeitsanforderungen überschritten werden, müssen Kenntnisse über die
Veränderungen der Fähigkeiten im Altersverlauf vorliegen. Prinzipiell sind fast alle menschlichen Fähigkeiten
Altersveränderungen unterworfen. Die Kenntnis über
BETRIEBSPR A XIS & ARBEITSFORSCHUNG 212 | 2012
die Veränderungen der Fähigkeiten im Alter ist wichtig,
um in der betrieblichen Praxis bei auftretenden Beschwerden und krankheitsbedingten Fehlzeiten gezielt
Handlungsfelder für arbeitsgestalterische Maßnahmen
erschließen zu können.
In der Weiterbildung zum DemografieManager werden
die Teilnehmer dafür sensibilisiert und erhalten zahlreiche Handlungsempfehlungen, um unter Betrachtung
einer arbeitswissenschaftlichen Sichtweise und der
Berücksichtigung der arbeitswissenschaftlichen Tätigkeitsfelder der Arbeitsgestaltung die Arbeitsbedingungen so zu gestalten, dass diese der physischen und
psychischen Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter entsprechen. Dabei wird neben gesicherten wissenschaftlichen
Erkenntnissen der ergonomischen Gestaltung von Arbeit auf die Besonderheiten einer alternsgerechten Arbeitsgestaltung eingegangen.
Zentrale Inhalte der Weiterbildung sind:
der demografische Wandel und dessen Herausforderungen für Unternehmen in der Metall- und Elektroindustrie
der Mensch mit seinen individuellen Leistungsvoraussetzungen, besonders bezogen auf die sich im Alter
verändernden Leistungsvoraussetzungen sowie die
aus Belastung resultierende individuelle Beanspruchung
die Gestaltung der Arbeitsaufgabe im Sinne einer
Anpassung der Arbeitsbedingungen an die physiologischen und psychologischen Leistungsvoraussetzungen des Menschen, zum Beispiel lernförderliche
14
DEMOGRAFIE-FESTIGKEIT VON UNTERNEHMEN IN DER METALL- UND ELEKTROBRANCHE
AKTUELLES
– SELBST-CHECK UND WEITERBILDUNG
Abbildung 4: Das modulare Weiterbildungskonzept DemografieManager
Quelle: bayme vbm, 2011
Arbeitsbedingungen und persönlichkeitsförderliche
Arbeitsinhalte
die Gestaltung physikalischer und sozialer Einflussfaktoren, zum Beispiel Klima, Beleuchtung und Unternehmenskultur
die Gestaltung der Arbeitsorganisation, welche unter
anderem die Aufbau- und Ablauforganisation und die
Arbeitszeit beinhaltet
die anthropometrische Arbeitsgestaltung – das heißt:
die Anpassungen der Arbeitsbedingungen an Körperkräfte und Körpermaße des Menschen
die Gestaltung der Mensch-Maschine-Interaktion –
also der Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine
(Betriebsmittel/Arbeitsmittel) sowie eine nutzergerechte Produktgestaltung
die sicherheits- und gesundheitsgerechte Arbeitsgestaltung – unter anderem rechtliche Aspekte des
Arbeits- und Gesundheitsschutzes und des Gesundheitsmanagements
die Anwendung verschiedener Demografie-Werkzeuge
– zum Beispiel Altersstrukturanalyse und DemografieCheck
Im Mittelpunkt der Weiterbildung steht neben der Vermittlung verschiedener Kompetenzen die Übertragbarkeit und Anwendung des erworbenen Wissens auf das
eigene Unternehmen. Deshalb führen erfahrene Trainer
Fallstudien durch, fördern den Erfahrungsaustausch
zwischen den teilnehmenden Mitgliedsunternehmen
und regen zu verschiedenen praxisorientierten Diskussionen an.
Um verschiedenen Bedürfnissen gerecht zu werden,
besteht die Qualifizierung aus inhaltlich abgeschlossenen Lerneinheiten. Je nach Bedarf sind durch den
modularen Aufbau verschiedene Ausrichtungen möglich (vergleiche Abbildung 4), deren wesentliche Inhalte
und Zielgruppen im Folgenden kurz vorgestellt werden
(bayme vbm 2011):
BETRIEBSPR A XIS & ARBEITSFORSCHUNG 212 | 2012
ifaa
15
DemografieManager Leaders
für Führungskräfte
Vor dem Hintergrund der aktuellen demografischen
Entwicklung in der Metall- und Elektrobranche wird
in der spezifisch für Führungskräfte zugeschnittenen
halbtägigen Qualifizierung DemografieManager Leaders die Notwendigkeit des Demografie-Managements
für das eigene Unternehmen aufgezeigt und diskutiert.
Die Teilnehmer des DemografieManager Leaders lernen
das gesamte Weiterbildungskonzept, die darin vermittelten Methoden und Instrumente sowie die relevanten
Handlungsfelder des DemografieManagers im Überblick
kennen. Sie sind für die Thematik sensibilisiert und erkennen, wo im eigenen Unternehmen Handlungsbedarf
besteht und welche Schritte dafür erforderlich sind.
Zielgruppen für diese Weiterbildung sind betriebliche
Führungskräfte im mittleren und oberen Management.
DemografieManager Basic
für Einsteiger und Interessierte
Teilnehmer des Weiterbildungsmoduls Basic erhalten in
drei Tagen intensives Grundlagenwissen für ein zielgerichtetes Demografie-Management im Unternehmen.
Der DemografieManager Basic ist die Grundvoraussetzung für weitere Spezialisierungen im Bereich Production, Office oder General.
Im Basic-Modul werden Herausforderungen und Aufgaben des Demografie-Managements, zum Beispiel Aspekte des demografischen Wandels und Konsequenzen
für Unternehmen und deren Mitarbeiter, konkretisiert.
Zudem lernen die Teilnehmer Potenziale und Handlungsfelder zur Förderung der Demografie-Festigkeit im
Unternehmen sowie Handlungsstrategien für die verschiedenen Handlungsfelder kennen.
Die Teilnehmer des DemografieManager Basic kennen
die Schwächen, Stärken und Potenziale älterer Mitarbeiter und können zielgerichtet ausgewählte Methoden
und Werkzeuge des Demografie-Managements anwenden. Ebenso sind ihnen Lösungsansätze und Gestaltungshinweise zur Arbeits- und Aufgabengestaltung
sowie Richtlinien und gesetzliche Vorschriften bekannt.
Empfohlen wird dieses Modul für Personalverantwortliche, Planer und Prozessoptimierer (Industrial Engineering), Fach- und Führungskräfte, Fachkräfte für Arbeitssicherheit und Arbeitsmedizin.
BETRIEBSPR A XIS & ARBEITSFORSCHUNG 212 | 2012
DemografieManager Production oder Office
für eine Spezialisierung im produzierenden
oder administrativen Bereich
Aufbauend auf den Grundlagen des DemografieManagers Basic können die Teilnehmer sich in den Wahlschwerpunkten Production oder Office spezialisieren,
denn es gilt, speziell auf die Bedürfnisse der Unternehmen einzugehen. Deshalb ist im Modul Advanced eine
Spezialisierung im produzierenden (Dauer 4 Tage) oder
administrativen (Dauer 3 Tage) Bereich möglich.
Die Teilnehmer im Modul Advanced erhalten zusätzlich
branchenspezifische vertiefende Kenntnisse und Fähigkeiten des operativen Demografie-Managements.
Sie verstehen die für den jeweiligen Bereich relevanten
Zusammenhänge des demografischen Wandels und
sind befähigt, in enger Zusammenarbeit mit anderen
betrieblichen Abteilungen Entscheidungsvorlagen für
die alters- und alternsgerechte Beschaffung und Gestaltung von Arbeits- und Betriebsmitteln zu erstellen.
Zudem beherrschen die Teilnehmer des Moduls DemografieManager Advanced verschiedenste DemografieWerkzeuge, können Handlungsempfehlungen ableiten
und die Umsetzung konkreter Maßnahmen für eine
alter(n)sgerechte Arbeitsplatz- und Aufgabengestaltung betreuen.
Das Modul DemografieManager Advanced ist besonders geeignet für betriebliche Akteure (zum Beispiel
aus den Bereichen Industrial Engineering, Personal oder
Arbeitssicherheit), die in ihrem Unternehmen im produzierenden oder administrativen Bereich mit demografischen Fragestellungen konfrontiert sind.
DemografieManager General
für eine strategische Ausrichtung
Um zusätzliche Kenntnisse und Fertigkeiten des strategischen Demografie-Managements zu erlernen, gibt es
die Möglichkeit, aufbauend auf dem Modul Advanced
die Weiterbildung zum DemografieManager General zu
absolvieren.
Der DemografieManager General ist befähigt, in enger
Zusammenarbeit mit der Unternehmensleitung konkrete Unternehmensziele sowie nachhaltige Konzepte zu
formulieren und diese strategisch zu implementieren.
Dadurch kann Demografie-Festigkeit im Unternehmen
aufgebaut und langfristig gesichert werden. Er entwickelt unternehmensspezifische Handlungsempfehlungen und kann intern als Berater, Multiplikator und
Motivator fungieren. Das beinhaltet auch die Entwicklung und Durchführung von Informationsveranstaltun-
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DEMOGRAFIE-FESTIGKEIT VON UNTERNEHMEN IN DER METALL- UND ELEKTROBRANCHE
– SELBST-CHECK UND WEITERBILDUNG
AKTUELLES
Literatur
Arbeitslandschaft 2030 (2011): Studie der Prognos AG im Auftrag der vbw –
Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V., Stand: September 2011,
2. Auflage, www.vbw-bayern.de.
gen und Workshops zu demografiebezogenen Themen
im eigenen Unternehmen. Dieses Modul ist besonders
empfehlenswert für betriebliche Führungskräfte und
Personen, die unternehmensintern zum Thema Demografie beraten wollen.
Baase, C. M. (2007): Auswirkungen chronischer Krankheiten auf Arbeitsproduktivität und Absentismus und daraus resultierende Kosten für die Betriebe.
In B. Badura, H. Schellschmidt, & C. Vetter, Fehlzeiten-Report 2006. Chronische
Krankheiten - Zahlen, Daten, Analysen aus allen Branchen der Wirtschaft.
Berlin: Springer
Fazit
bayme vbm (2011): Broschüre Berufsbegleitende Weiterbildung zum DemografieManager. bayme – Bayerischer Unternehmensverband Metall und Elektro e. V.;
vbm – Verband der Bayerischen Metall- und Elektro-Industrie e. V. 10/2011
Brandenburg, U./Domschke, J.P. (2007): Die Zukunft sieht alt aus. Herausforderungen des demographischen Wandels für das Personalmanagement. Wiesbaden: Gabler
Bubb, H./Schmidtke, H. (1993): Systemstruktur. In: H. Schmidtke, Ergonomie
(S. 305-333). München: Hanser Verlag
Buck, H. (2003): Alterung der Gesellschaft – Dilemma und Herausforderung.
In: B. Badura, H. Schellschmidt, C. Vetter & M. Astor, Fehlzeitenreport 2002 –
Demographischer Wandel: Herausforderung für die betriebliche Personal- und
Gesundheitspolitik. Berlin: Springer
Die Auswirkungen des demografischen Wandels erfordern von Unternehmen neue Strategien und Handlungsweisen. Um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen sich Unternehmen auf eine immer älter
werdende Belegschaft vorbereiten. bayme vbm möchte
seine Mitgliedsunternehmen bei dem Aufbau und der
langfristigen Sicherung der Demografie-Festigkeit unterstützen.
Durch die in Zusammenarbeit mit der Professur Arbeitswissenschaft der Technischen Universität Chemnitz erarbeiteten Weiterbildung zum DemografieManager und dem Online-Tool DemografieCheck können die
Mitgliedsunternehmen eine unternehmensspezifische
Bedarfsanalyse zur Demografie-Festigkeit durchführen
und Potenziale und Handlungsfelder im Unternehmen
erkennen sowie mit geeigneten Maßnahmen auf Herausforderungen reagieren.
Bundesgesetzblatt. (2007): Jahrgang 2007 Teil I Nr. 16, Gesetz zur Anpassung
der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der
Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (RV Altersgrenzenanpassungsgesetz), 30.04.2007. Bonn: Bundesanzeiger Verlag
Weiterführende Informationen
erhalten Sie unter:
Happe, G. (2007): Demografischer Wandel in der unternehmerischen Praxis.
Wiesbaden: Gabler
www.demografie-check-bayern.de
www.baymevbm.de/dm-manager
INQA Initiative Neue Qualität der Arbeit (2010): Aller guten Dinge sind drei!
Altersstrukturanalyse, Qualifikationsbedarfsanalyse, alter(n)sgerechte Gefährdungsbeurteilung - drei Werkzeuge für ein demografiefestes Unternehmen.
www.inqa.de
Keil, M. (2011): Konsequenzen des demographischen Wandels für zukünftige
Produktions- und Technologieabläufe. Am Beispiel der altersbedingten
Veränderungen der Fähigkeit des Sehens. Wissenschaftliche Schriftenreihe
des Institutes für Betriebswissenschaften und Fabriksysteme, Heft 91 (Dissertationsschrift)
Statistisches Bundesamt (2010): Lebenserwartung in Deutschland erreicht
höchsten Stand. Pressemitteilung Nr. 401 vom 04.11.2010. Wiesbaden
Statistisches Bundesamt (2009): 12. Koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung, www.destatis.de.
>>> Info: die Autoren
Dipl.-Hdl. Isabell Grundmann
Tel.: +49 371 531 38994
isabell.grundmann@mb.tu-chemnitz.de
Dipl.-Psych. Katharina Pöschel
Tel.: +49 371 531 38479
katharina.poeschel@mb.tu-chemnitz.de
Technische Universität Chemnitz
Professur Arbeitswissenschaft
09107 Chemnitz
Wolters, J. (2004): Die Bedeutung des demographischen Wandels für
betriebliche Gesundheitsförderung und Prävention. In B. Bundesverband,
BKK Gesundheitsreport 2004, Gesundheit und sozialer Wandel. Essen
BETRIEBSPR A XIS & ARBEITSFORSCHUNG 212 | 2012
ifaa
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AKTUELLES
Studie: Arbeitsschutz rechnet sich
für Unternehmen
Der Erfolg von Investitionen in den Arbeitsschutz beläuft sich im Schnitt auf mehr als das Doppelte der investierten Summe. Das belegt eine Studie der Internationalen Vereinigung für Soziale Sicherheit (IVSS), der
Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) und
der Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse (BG ETEM). Basis der Studie sind standardisierte Interviews, die in den Jahren 2010 und 2011 in
300 Unternehmen aus 16 Ländern geführt wurden. Der
ermittelte „Return on Prevention“ (ROP): Jeder Euro, den
ein Unternehmen in Präventionsarbeit investiert, zahlt
sich im Schnitt in einem ökonomischen Erfolgspotenzial
von 2,2 Euro aus. Der Endbericht zur Studie erscheint
im Herbst. Ein kurzer Zwischenreport mit ausgewählten
Ergebnissen ist hier hinterlegt: bit.ly/KIz4ie
Studie: 48 Milliarden Euro
Sparpotenzial bei Materialkosten
Auf im Schnitt sieben Prozent schätzen Betriebe des
Verarbeitenden Gewerbes ihr Materialeinsparpotenzial
in der Produktion ein, so eine Studie des FraunhoferInstituts für System- und Innovationsforschung ISI im
Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums. Das entspricht einem Einsparpotenzial von etwa 48 Milliarden
Euro im Jahr. „Wollte man die durch die Realisierung
dieses Einsparpotenzials verbesserte Rendite stattdessen durch zusätzlichen Umsatz erzielen, müsste der
Maschinenbau seinen Umsatz um etwa 30 Prozent, der
Fahrzeugbau sogar um 75 Prozent steigern“, erklärt Dr.
Marcus Schröter, Projektleiter am Fraunhofer ISI.
Die Basis der Studie bilden Antworten von rund 1.500
Betrieben aus der Fraunhofer ISI-Erhebung „Modernisierung der Produktion 2009“. Studie zum Download:
bit.ly/IRB2Ie
EU-Vergleich der Arbeitskosten:
Deutschland in Europa weit vorn
Im Verarbeitenden Gewerbe kostete eine Arbeitsstunde in
Deutschland 2011 durchschnittlich 34,30 Euro. Deutschland belegt damit nach Mitteilung des Statistischen
Bundesamtes im EU-weiten Vergleich Rang fünf. Eine
Stunde Arbeit in der deutschen Industrie ist laut Destatis damit 48 Prozent teurer als im EU-Durchschnitt. Das
teilte das Statistische Bundesamt (Destatis) kürzlich mit.
Mehr Informationen unter: bit.ly/IP1DZR
BETRIEBSPR A XIS & ARBEITSFORSCHUNG 212 | 2012
EU-Top-Ten der Arbeitskosten
Mitgliedstaaten der Europäischen Union (absteigend
sortiert nach dem Arbeitskostenniveau in der Privatwirtschaft)
Privatwirtschaft / Euro
Verarbeitendes
Gewerbe/ Euro
Belgien
39,30
40,60
Schweden
39,10
40,50
Dänemark
38,90
37,60
Frankreich
34,20
35,60
Deutschland
30,10
34,30
Niederlande
31,10
33,00
Finnland
29,70
32,00
Österreich
29,20
31,00
Luxemburg
33,70
29,60
Irland
27,40
29,10
Europäische Union (EU 27) 22,80
23,20
Euro-Währungsgebiet
29,30
27,70
Quelle: Destatis, Berechnungen auf Basis von Eurostat-Daten vom 10. April
2012 (Werte für das Jahr 2011 wurden auf Basis der ersten drei Quartale
2011 geschätzt)
Neue Auflage des ifaa-Leitfadens
zur psychischen Belastung
Die Diskussion über psychische Belastungen am
Arbeitsplatz muss versachlicht werden, erklärte ifaaDirektor Professor Sascha
Stowasser in einer Reaktion
auf aktuelle Gewerkschaftsforderungen nach einer
Antistress-Verordnung. Der
durch das Arbeitsschutzgesetz und internationale
Normungen bestehende Gesetzesrahmen sei ausreichend, neue Regelungen sind nach Auffassung Stowassers nicht erforderlich.
Doch wie können Unternehmen feststellen, ob ihr Arbeitsumfeld den diesbezüglichen gesetzlichen Ansprüchen genügt? Zu diesem Zweck hat das ifaa das „Kurzverfahren Psychische Belastung“ (KPB) entwickelt. Es
handelt sich dabei um ein zuverlässiges Instrument zur
orientierenden Erfassung psychischer Arbeitsbelastung
für den Betriebspraktiker. Soeben ist die dritte überarbeitete Auflage des KPB-Leitfadens erschienen. Erhältlich im ifaa-Webshop: bit.ly/KtLRAs
18
WIE UNTERNEHMEN ZUKUNFT GESTALTEN –
PERSONALARBEIT
PERSONALVERANTWORTLICHE & INGENIEURE IM DIALOG
Interviewpartner und Veranstalter eines arbeitswissenschaftlichen Forums: Wolfgang Kohler (ME
Saar), Harald Brüning (vem.die arbeitgeber), Nikolaus Schade (Hessenmetall), Ralf Mertel (Pfalzmetall)
„Arbeitsgestaltung und Personalarbeit – gestalten statt verwalten“: Unter diesem Titel fand in Mainz das
„Arbeitswissenschaftliche Forum 2012“ statt. Veranstalter war die Arbeitsgemeinschaft M+E MITTE – deren Mitglieder sind die Arbeitgeberverbände Hessenmetall, ME Saar, Pfalzmetall sowie vem.die arbeitgeber.
Für Betriebspraxis & Arbeitsforschung sprach Carsten Seim mit den Verbandsingenieuren Harald Brüning,
Wolfgang Kohler, Ralf Mertel und Nikolaus Schade über Inhalte und Erkenntnisse dieser Veranstaltung und
zeichnete Standpunkte der Referenten auf.
Interview: Mehr Wettbewerb ums Personal
– wie erleben Sie das in Ihrer Betriebspraxis?
„Arbeitsgestaltung und Personalarbeit – gestalten
statt verwalten“ – warum dieses Thema?
Wolfgang Kohler (ME Saar): Wir wollten zeigen, dass
Personalarbeit in Zukunft nur dann erfolgreich sein
wird, wenn auch arbeitswirtschaftliche Elemente einbezogen werden. Wir wollen das Thema gleichsam auf den
„Hallenboden“ herunterholen und dort diskutieren.
Harald Brüning (vem.die arbeitgeber): Kai Gramke
von der Prognos AG hat den Rahmen aufgezeigt, in
dem sich die Unternehmen in den nächsten Jahrzehnten bewegen müssen. Personalverantwortliche haben
deutlich gemacht, wie sie sich zum Beispiel über Altersstrukturanalysen einen Überblick über die Lage im
eigenen Unternehmen verschafft haben. Vor allem aber
– und damit komme ich auf das Bild vom Hallenboden
zurück – haben sie Praxisbeispiele aufgezeigt, die anderen Unternehmen Orientierung geben können. Dafür
steht exemplarisch der sich verschärfende Wettbewerb
um Arbeitskräfte.
Wie erleben Sie das in Ihrer Betriebspraxis? Ist allen
diese Lage schon voll bewusst?
Nikolaus Schade (Hessenmetall): Die Unternehmen
sind sich dieser Situation teilweise bewusst – und zwar
vor allem dann, wenn sie Mitarbeiter suchen.
Ralf Mertel (Pfalzmetall): Das Thema ist noch nicht
bei allen angekommen. Gerade in KMU sind die Geschäftsführer stark damit beschäftigt, Aufträge zu gewinnen. Im harten Tagesgeschäft gehen Vorhaben, die
erst in einigen Jahren Früchte tragen, leicht unter. Das
Problem ist in der Theorie schon seit längerem bekannt.
In der Unternehmenspraxis kommt es jetzt an...
Schade: ... und die Unternehmen ziehen zum Teil bereits Konsequenzen: Sie stellen zum Beispiel Menschen,
die vielleicht früher nicht einmal das Auswahlverfahren
für ein Bewerbungsgespräch bestanden hätten, ein und
versuchen die Lücken in der Qualifikation durch innerbetriebliche Weiterbildung zu schließen. Insofern liegt in
dem Problem der demografisch bedingten Verknappung
von Arbeitskräften auch eine Chance für Menschen, die
sich bisher am ersten Arbeitsmarkt eher schwer getan
haben.
Kohler: Professor Olesch von der Phoenix Contact hat
dafür ja Best Practices früherer Hauptschüler präsentiert, die inzwischen eine akademische Ausbildung absolviert haben. Er hat diese Hauptschüler, die sonst womöglich keinen Abschluss geschafft hätten, erfolgreich
in den betrieblichen Alltag eingebunden.
Spricht dieses Beispiel dafür, dass Unternehmen die
Einstellungsbedingungen großzügiger auslegen sollten?
Schade: Nicht großzügiger, aber man wird flexibler
agieren müssen. Wenn ich den kompletten Mitarbeiter
BETRIEBSPR A XIS & ARBEITSFORSCHUNG 212 | 2012
ifaa
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nicht bekomme, werde ich früher als bisher bei dem vermeintlich weniger geeigneten Mitarbeiter zugreifen und
diesen dann über die betriebliche Weiterentwicklung fit
machen. Alternativ muss ich über die Arbeitsaufgabe
beziehungsweise den Prozess nachdenken und diesen
umgestalten. Daraus ergeben sich neue Möglichkeiten
im Unternehmen und für die Mitarbeiter.
Zugleich gibt es vor allem in der jüngeren Generation den Wunsch nach mehr Individualität – zum
Beispiel bei den Arbeitszeiten ...
Kohler: Auch deshalb sprechen wir von Gestaltung. Ein
Beispiel dafür ist die lebensphasenorientierte Arbeitszeit
bei TRUMPF. Sie bietet in einer Spannbreite zwischen 15
und 40 Wochenstunden und mit Zeitkonten bis zu 1000
Stunden umfassende Spielräume.
Brüning: Die ergonomische Optimierung von Arbeitsplätzen ist schon immer ein Thema. Jetzt geht es uns
aber auch darum, wie wir die Arbeitsorganisation gestalten – zum Beispiel über Schichtpläne und Arbeitszeitmodelle, die die Interessen des Unternehmens und
der Mitarbeiter unter einen Hut bringen. Und: Wenn ich
künftig länger arbeiten muss, bin ich ganz sicher eher
bereit, das zu tun, wenn ich Freude an meiner Arbeit
habe.
Sie haben es indirekt angesprochen: Belegschaften
altern – ziehen die Unternehmen bereits ausreichend
Konsequenzen aus dieser Tatsache?
Schade: Vor allem große Unternehmen gehen strategisch mit diesem Thema um, mittelgroße Unternehmen
denken beispielsweise derzeit über aktives Gesundheitsmanagement, über Fitness-Studios und gesundes Essen
in ihren Kantinen nach. Kleinere Betriebe sind hier weniger aktiv. Sie fürchten möglicherweise auch, dass sich
die Investition nicht rechnet, wenn Mitarbeiter nach
kurzer Zeit wieder weg gehen.
Brüning: Die Alterung der Belegschaften wird im Betriebsalltag immer noch oft verdrängt. Das muss und
wird sich bald ändern.
Schade: Die Veranstaltung hat Anregungen gegeben,
wie diese Konsequenzen aussehen könnten. Auch KMU
können einiges auf die Beine stellen, wenn sie gemeinsam handeln. Wenn sich mehrere kleinere Unternehmen einig sind, können sie etwa dem Beispiel von KSB
folgen und eine gemeinsame Kinderbetreuungsgruppe
in einem kommunalen Kindergarten einrichten. Damit
machen sie sich attraktiv für Eltern.
BETRIEBSPR A XIS & ARBEITSFORSCHUNG 212 | 2012
Und wie beraten Sie die Unternehmen als Verbandsingenieure?
Schade: Wir tun das, indem wir beispielsweise Altersstrukturanalysen anbieten. Aber vor allem in manchen
kleineren Unternehmen ist da noch Überzeugungsarbeit
zu leisten. Das Problem: Viele Engagements, die mit Blick
auf die mittelfristige Zukunft notwendig sind, kann man
nicht sofort betriebswirtschaftlich rechnen.
Brüning: Wir haben solche Altersstrukturanalysen in
KMU bereits durchgeführt – mit teilweise erschreckenden Ergebnissen. Meistens scheitert das dringend notwendige Handeln dann am Geld.
Kohler: Vor allem scheitert es an dem Fehlen von erforderlichen langfristigen Perspektiven. Doch nur wenn
Unternehmen eine Perspektive haben, kann gestaltet
werden. Wir denken hier in Zeiträumen von 10 oder 15
Jahren. Kleinere Unternehmen wissen aber vielfach nicht,
wo sie in 10 Jahren stehen.
Brüning: Jüngst hat mir der Geschäftsführer eines kleineren Unternehmens gesagt, er wisse nicht einmal, wo er
in einem Jahr steht.
Mertel: Wir bemühen uns dennoch, auch KMU zu bewegen, hier etwas zu tun. Die Großen arbeiten an Konzepten, um der gesellschaftlichen Alterung zu begegnen.
Das wird in wenigen Jahren ein Vorteil im Wettbewerb
um Arbeitskräfte sein. Deshalb wollen wir gerade für die
kleinen Unternehmen über den Verband Altersstrukturanalysen anbieten.
Kontakt zu den Gesprächspartnern
Dipl.-Ing. Wolfgang Kohler
ME SAAR
Tel.: +49 681 95434-35
E-Mail: kohler@mesaar.de
Dipl.-Ing. Nikolaus Schade
HESSENMETALL
Tel.: +49 69 95808-180
E-Mail: nschade@hessenmetall.de
Dipl.-Ing. Ralf Mertel
PFALZMETALL
Tel.: +49 6321 852-254
E-Mail: ralf.mertel@pfalzmetall.de
Dipl.-Ing. Harald Brüning
vem.die arbeitgeber
Tel.: +49 261 40406-46
bruening@vem.diearbeitgeber.de
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WIE UNTERNEHMEN ZUKUNFT GESTALTEN –
PERSONALARBEIT
PERSONALVERANTWORTLICHE & INGENIEURE IM DIALOG
Zahlreiche Personalfachleute verfolgten beim Arbeitswissenschaftlichen Forum der Mittelgruppe in Mainz
die Vorträge prominenter Referenten. Hier finden Sie exemplarische Standpunkte. Zunächst gab PrognosRepräsentant Kai Gramke einen Ausblick auf die Arbeitslandschaft 2030. Im Anschluss stellten Experten
Konzepte vor, mit denen sich Unternehmen darauf einstellen.
Die Standpunkte
„Der demografische Wandel
trifft Deutschland härter
als die meisten anderen Industrieländer“
Kai Gramke ist Mitglied der Geschäftsleitung der
Prognos AG in Basel.
Deutschland wird seine Position als Hochtechnologieund Exportstandort halten können. (...)
Jetzt kommen die Nachrichten, die uns herausfordern
(sollten):
Deutschland muss in Zukunft produktiver als heute
sein, um im Wettbewerb bestehen zu können – und
das mit einer alternden und schrumpfenden Bevölkerung!
Die Veränderung hin zu wissensbasierten Tätigkeiten
wird die Nachfrage nach qualifizierten Fachkräften
mit Hochschulabschuss gleichzeitig deutlich steigen
lassen. Für die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft haben wir den Wandel im Detail untersucht .
(...) Wissensbasierte Tätigkeiten werden im Zeitraum
2010 bis 2030 von 20 auf 23 Prozent zulegen.
Wir haben nachfrageseitig einen Trend zu höheren
Qualifikationsanforderungen, der Anstrengungen voraussetzt, die deutlich über dem Erreichten der letzten Jahre liegen.
„Mit Blick ins vierte Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts lautet die gute Nachricht: Auch wenn sich die Gewichte im
Kreis Hightech- und Forschungsnationen in den kommenden 20 Jahren weltweit deutlich verlagern werden:
Vor dem Hintergrund unserer Zahlen einige Empfehlungen:
Alle in Deutschland müssen künftig länger arbeiten.
Bei den Erwerbsquoten muss in allen Altersstufen
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noch eine Schippe draufgelegt werden. Niemand hört
das gern, aber es ist notwendig, und wir brauchen
jetzt eine offene gesellschaftliche Debatte darüber.
Deutschland braucht Zuwanderung: langfristig rund
300.000 Zuwanderer verschiedener Qualifikationen
pro Jahr, um seinen Bedarf am Arbeitsmarkt auch
künftig zu decken.
„Eine neue Strategie,
um auch vor der Kulisse der
gesellschaftlichen Alterung
produktiv zu bleiben“
Armin Zisgen ist Leiter HR Service bei der KSBAktiengesellschaft.
Alle – Unternehmen und der Staat – müssen größere
Anstrengungen für die Weiterbildung unternehmen –
hier geht es vor allem um Männer. Die Durchlässigkeit
von Ebenen muss bei arbeitsbegleitender Weiterbildung möglich sein.
Steigerungsfähig sind Erwerbsbeteiligung und Wochenarbeitszeit von Frauen. Dafür müssen Voraussetzungen geschaffen werden, zum Beispiel bei der
Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Der demografische Wandel trifft Deutschland wesentlich früher und härter als die meisten anderen Industrieländer. (...)
Wenn wir das Problem der Fachkräftesicherung in
Deutschland nicht entschlossen angehen, drohen Wertschöpfungsverluste in Billionen-Größenordnung – die
gute Nachricht dabei ist: Das Zeitfenster ist noch offen.“
Kontakt
Kai Gramke
Prognos AG
Tel.: +41 61 3273341
kai.gramke@prognos.com
(...) Personalpolitisch verfolgen wir bei KSB mit Blick auf
das Jahr 2018 eine neue Strategie, um auch vor der Kulisse der gesellschaftlichen Alterung produktiv zu bleiben. Das Ziel: Demografische Fitness. (...)
Unsere Altersstrukturanalysen zeigen den Handlungsbedarf: Danach wird der Anteil älterer Mitarbeiter
zwischen 56 und 60 Jahren von derzeit 13,9 Prozent
der Belegschaft auf 18,6 Prozent steigen. Und fast 15
Prozent aller KSB-Mitarbeiter werden im Jahr 2018
zwischen 61 und 67 Jahren sein. Der Anteil der 26- bis
30-Jährigen wird von 10,5 auf 3,6 Prozent fallen. (...)
In Befragungen haben wir ermittelt, wie sich ältere Mitarbeiter einen längeren Verbleib im Betrieb vorstellen
können. Die Ergebnisse sind in unser Projekt „Ältere
Beschäftigte“ eingeflossen:
(...)
Viele hatten in einer Befragung gesagt, dass sie sich
einen längeren Verbleib in Beschäftigung vorstellen
können, wenn der Druck etwas herausgenommen wird.
Beispiele für Konsequenzen, die wir aus diesen Befunden gezogen haben: Ältere ab 58 Jahren müssen keine
Nachtschichten mehr leisten. Sie können zudem ihre
Wochenarbeitszeit aus Langzeitarbeitskonten reduzieren. Wer 60 Jahre alt und mehr als 25 Jahre oder länger
im Unternehmen ist, kann sich von Führungsaufgaben
entbinden lassen, ohne Verdiensteinbußen in Kauf nehmen zu müssen. Ab dem 63. Lebensjahr erhalten Mitarbeiter drei Tage zusätzlichen Urlaub.
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WIE UNTERNEHMEN ZUKUNFT GESTALTEN –
PERSONALARBEIT
PERSONALVERANTWORTLICHE & INGENIEURE IM DIALOG
Demografische Fitness erreicht man allerdings nicht
allein dadurch, dass man seine Mitarbeiter erst mit 50
entdeckt. Das muss ganzheitlich geschehen.
„Unser Konzept einer alternsgerechten
Arbeitszeitgestaltung nehmen
auch viele Jüngere in Anspruch“
Wir unternehmen große Anstrengungen in der Ausbildung. Unsere Ausbildungsquote liegt bei 9 Prozent. Das
bewegt sich deutlich über dem Branchendurchschnitt.
Und wir hatten die gesamte Belegschaft im Blick, als
wir unsere Führungskräfte in Trainings geschickt haben.
Dabei ging es darum, wie man Mitarbeiter durch Wertschätzung und Kommunikation motiviert. (...)
Klaus Höfer, Leiter Arbeitswirtschaft, Carmen Diel,
Referentin Personalentwicklung, ThyssenKrupp
Rasselstein GmbH.
Demografische Fitness bauen wir auch durch Maßnahmen auf, die die Vereinbarkeit von Familie und Beruf
verbessern. So haben wir hochflexible Arbeitszeitmodelle mit entsprechenden Entgeltregelungen sowie Telearbeit im Unternehmen. In Frankenthal und in Pegnitz
kooperieren wir mit kommunalen Kindergärten, damit
Eltern unter unseren Mitarbeitern ihre Kinder gut betreut wissen. (...)“
Kontakt:
Armin Zisgen
KSB Aktiengesellschaft
Tel.: +49 6233 862220
armin.zisgen@ksb.com
Unsere Altersstrukturanalysen zeigt heute bereits keine
Standardnormalverteilung mehr. Im Jahr 2025 wird sie
eine extreme Verschiebung nach rechts aufweisen – hin
zur Generation 60 plus.
Der wachsende Anteil Älterer verlangt Antworten auf
folgende Fragen.
1. Wie halten wir unsere Mitarbeiter möglichst lange gesund?
2. Bei Rasselstein ist Schichtbetrieb wegen der hohen Investitionen in die Fertigungsinfrastruktur
unvermeidlich – wie können wir diesen so gestalten, dass Mitarbeiter möglichst lange und ohne
gesundheitliche Beeinträchtigungen in Schichten
arbeiten können?
3. Wie halten wir das Wissen im Unternehmen,
wenn Ältere aus dem Arbeitsleben ausscheiden?
4. Und wie schließen wir die Lücken beim qualifizierten Personal?
Teilnehmer des Kongresses nutzten die Pausen zwischen den Vorträgen zu intensiven Fachgesprächen.
Zur Frage nach der Mitarbeitergesundheit: Gemeinsam
mit der Berufsgenossenschaft haben wir ein mehrjähriges
Programm für das Gesundheitsmanagement aufgelegt. Bei
Mitarbeitern mit Rückenbeschwerden untersuchen und
korrigieren wir zum Beispiel systematisch die Ergonomie
am Arbeitsplatz – etwa die Monitorposition. Wir bieten gesundes kalorienarmes Essen in der Kantine an. Wir haben
Betriebsräte als Gesundheitsauditoren ausgebildet. (...)
BETRIEBSPR A XIS & ARBEITSFORSCHUNG 212 | 2012
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Zur zweiten Frage nach der Schichtarbeit: Wir haben
eine Wahlarbeitszeit eingeführt, die es den Mitarbeitern gestattet, ihre Belastung individueller zu gestalten:
Schichtarbeiter können ihre Wochenarbeitszeit zum
Beispiel freiwillig bis auf 32 Stunden reduzieren. (...)
Zur dritten Frage nach dem Wissensmanagement:
Wir haben eine Wissensstaffel eingeführt. Dabei arbeitet ein jüngerer Mitarbeiter parallel mit einem Kollegen
zusammen, der bald aus Altersgründen ausscheiden
wird. Dieses Tandem stattet die Personalabteilung mit
einer Mindmap aus. Diese enthält unternehmensrelevante Themen, die den Arbeitsbereich des älteren Mitarbeiters betreffen. (...)
„Wir bieten Spielräume
für unterschiedliche Lebensentwürfe“
Stefan Gryglewski ist Leiter des Zentralbereiches
Personal der TRUMPF GmbH & Co. KG Ditzingen.
Er ist zudem Mitglied im Vorstand des Instituts für
angewandte Arbeitswissenschaft, ifaa.
Zur vierten Frage der Nachwuchssicherung: Wir
sorgen dafür, dass engagierte Mitarbeiter unterstützt
durch Weiterbildungen innerhalb der vier Qualifikationsebenen in unserem Unternehmen aufsteigen können. Das heißt: Ein Angelernter auf der Qualifikationsebene IV kann in Gruppe III (Facharbeiter) aufsteigen.
(...)
Und ein Facharbeiter kann sich für Gruppe II durch externe Lehrgänge oder berufsbegleitende Studiengänge
qualifizieren – zum Experten beziehungsweise Techniker oder Schichtkoordinator aufsteigen. (...)
Wir verfolgen auch ein Konzept der Vielseitigkeit: Unsere Facharbeiter sollen möglichst mehrere Arbeitsplätze
beherrschen. Dadurch sind wir in der Lage, schnell unsere Kapazitäten anzupassen.
Angehende Maschinenbauer haben bei uns die Möglichkeit eines dualen Studiums. Sie absolvieren parallel
zum Studium eine Ausbildung als Mechatroniker. Auf
diese Weise startet ein Maschinenbau-Ingenieur bei uns
gleich mit Produktionserfahrung. (...)
Wir bilden über Bedarf aus: Derzeit sind 210 der rund
2400 Mitarbeiter bei Rasselstein Azubis. Das entspricht
einer Ausbildungsquote von 9,5 Prozent. Wir werden
diese Quote in den kommenden Jahren noch einmal
steigern müssen, um die Belegschaftsstärke zu halten.
(...)
Kontakt
Klaus Höfer
ThyssenKrupp Rasselstein GmbH
Tel.: +49 2632 3097-4606
E-Mail: Klaus.Hoefer@thyssenkrupp.com
Carmen Diel
Tel.: +49 2632 3097-2764
E-Mail: Carmen.Diel@thyssenkrupp.com
BETRIEBSPR A XIS & ARBEITSFORSCHUNG 212 | 2012
„Die Lebensentwürfe insbesondere jüngerer Menschen
werden immer individueller. Viele wollen nicht länger
im starren Acht-Stunden-Korsett arbeiten. Ehepartner
stehen zudem heute häufig beide im Berufsleben. Die
Verteilung von Erwerbs- und Familien-Arbeitszeit muss
auch in Partnerschaften und der Familie immer neu
justiert werden. Langzeit- oder Lebensarbeitszeitkonten können vor diesem Hintergrund keine Lösung sein.
Stattdessen ist ein Arbeitszeitmodell erforderlich, das
Mitarbeitern Spielräume für unterschiedliche Lebensentwürfe, familiäre Situationen und individuelle Bedürfnisse ermöglicht.
Wie kann man dies mit den Belangen einer großen
Organisation wie der Trumpf GmbH vereinbaren und
gleichzeitig Vorteile für Mitarbeiter und – unter Aspekten der Wettbewerbsfähigkeit – für das Unternehmen
sichern? Wir haben dafür das Modell der Lebensphasenorientierten Arbeitszeit geschaffen. Es stellt den letzten
Baustein einer Reihe von Maßnahmen dar, die wir bei
Trumpf gemeinsam mit dem Betriebsrat und der IG Metall „Bündnis für Arbeit“ nennen. (...)
Zentrales Element des im Jahr 2011 geschlossenen
„Bündnisses für Arbeit 2016“ ist ein hochflexibles Arbeitszeitmodell, das den Mitarbeitern – auch außertariflich bezahlten Führungskräften – zeitlich und
finanziell wesentlich mehr Freiheit gibt als je zuvor.
Dauerhaft können sich die Mitarbeiter nun für eine
Basisarbeitszeit zwischen 15 und maximal 40 Wochenstunden entscheiden. In Abstimmung mit den betrieblichen Belangen, die sie mit ihrem direkten Vorgesetzten
24
WIE UNTERNEHMEN ZUKUNFT GESTALTEN –
PERSONALVERANTWORTLICHE & INGENIEURE IM DIALOG
PERSONALARBEIT
cherweise daheim Nachwuchs zu betreuen oder Angehörige zu pflegen sind. Nach Ablauf dieser zweijährigen
Lebensphase kehrt der Mitarbeiter wieder zu seiner vertraglich vereinbarten Basisarbeitszeit zurück und kann
erneut eine Wahlarbeitszeit vereinbaren, wenn es die
Lage im Unternehmen erlaubt. (...)
Weitere Elemente des Bündnisses für Arbeit 2016:
Über ein Familien- und Weiterbildungszeitkonto können Mitarbeiter bis zu 1000 Arbeitsstunden ansparen.
Trumpf wandelt diese Stunden in Entgelt um und
legt sie insolvenzsicher an. Der Mitarbeiter ist frei zu
entscheiden, was er mit diesem Konto macht: längere
Auszeit für eine Reise, für die Weiterbildung, Familie
oder Ausgleich der Mindereinnahmen, wenn sie oder
er beispielsweise von 5 auf 4 Wochenarbeitstage geht.
Mitarbeiter können ihre Bezahlung über dieses Konto
ein Stück weit unabhängig von ihrer jeweiligen Arbeitszeit steuern. Wer seine Arbeitszeit beispielsweise auf 20 Stunden reduziert, kann sich dennoch das
Entgelt für eine 25-Stunden-Woche auszahlen lassen
– die Entgelt-Differenz für fünf Stunden deckt er aus
seinem Familien- und Weiterbildungszeitkonto ab.
Bei Podien wurden die Themen der Vorträge im Dialog mit den Zuhörern vertieft.
Weitere bereits früher vereinbarte Elemente des Bündnisses für Arbeit sind bis heute gültig. Dazu gehören 70
sogenannte Bündnisstunden im Jahr, die als Gegenleistung für die Beschäftigungssicherung und die Zusatzleistungen des Bündnisses (zum Beispiel bestimmte
individualisierte Qualifizierungsansprüche, aufwändige
Gesundheitsförderung) geleistet werden. Die Betriebsparteien haben diese 1997 mit dem Ziel vereinbart, die
Arbeitskosten bei Trumpf zur Standortsicherung um
10 Prozent zu reduzieren. Dazu gehört aber auch eine
im selben Jahr vereinbarte Übernahmegarantie für alle
Auszubildenden, die fachlich und persönlich geeignet
sind. Seit 2001 verfügt Trumpf auch über eine betriebliche Altersversorgung durch Entgeltumwandlung. Die
Mitarbeiter müssen dabei nicht auf ihr laufendes Entgelt verzichten, sie können diese Altersversorgung auch
finanzieren, indem sie bis zu zwei Stunden pro Woche
zusätzlich arbeiten.
(...)
absprechen, wählen die Mitarbeiter dann jeweils für einen Zeitraum von zwei Jahren eine Wahlarbeitszeit zwischen 15 und maximal 40 Stunden. Das Entgelt richtet
sich nach dieser Wahlarbeitszeit.
Die Wahl der Wochenstundenzahl schafft zum Beispiel
die Freiheit, mehr zu arbeiten, weil ein Hausbau ansteht,
oder eben weniger, weil zum Beispiel eine arbeitsbegleitende Weiterbildung absolviert werden soll, weil mögli-
PS: 700 Anträge auf Veränderung der Arbeitszeit sind
bei uns eingegangen. 90 Prozent aller Arbeitnehmer
wollten ihre Arbeitszeit übrigens verlängern ...
Kontakt
Stephan Gryglewski
Tel.: +49 7156 30330784
E-Mail: stefan.gryglewski@de.trumpf.com
BETRIEBSPR A XIS & ARBEITSFORSCHUNG 212 | 2012
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„Arbeitnehmer müssen gern
in einem Unternehmen arbeiten – der Job
muss bei ihnen Endorphine auslösen.“
Professor Gunther Olesch ist Geschäftsführer Personal, Informatik und Recht der Phoenix Contakt
GmbH & Co. KG Blomberg.
„Die Konkurrenz um qualifizierte Arbeitskräfte wird in
Zukunft eine stärkere Rolle im Wettbewerb der Unternehmen spielen. Sie wird wichtiger werden als die Auseinandersetzung um Produkte am Markt. Unternehmen
brauchen eine ganzheitliche und langfristig angelegte
Vision, wie sie in diesem Wettbewerb bestehen wollen.
Wichtige strategische Aspekte:
Ein Unternehmen muss verantwortungsbewusst handeln
– die Führungsmannschaft muss selbst vorleben, was sie
von ihren Mitarbeitern verlangt. Bei uns hat das in der
zurückliegenden Krise zum Beispiel bedeutet, dass unsere
Führungskräfte anteilig auf Vergütung verzichtet haben, als
unsere Belegschaft kurzgearbeitet hat. Das Management
ist dabei allerdings in vollem Umfang weiter tätig geblieben.
Wir werden in Zukunft mehr Volatilität auf unseren Märkten erleben. Das wird noch mehr Flexibilität beim Personaleinsatz erfordern. Auch wir werden selbstverständlich
mehr Leasingkräfte einsetzen, um in diesem Auf und Ab
die notwendige Bewegungsfreiheit zu haben. Equal Pay
ist dabei selbstverständlicher Teil der Verantwortung, die
wir für alle empfinden, die bei uns arbeiten.
Zum Verantwortungsbewusstsein gehört natürlich auch
die Gesundheit der Mitarbeiter. (...) Gesundheitsmanagement ist auch gut für das Unternehmen! Es rechnet sich
in Euro und Cent. Das hat eine 5-Jahres-Studie des Fraunhofer-Instituts mit 380 männlichen und weiblichen Mitarbeitern ergeben: Für sie hat mein Unternehmen 430.000
Euro in eine systematische Gesundheitsförderung investiert. 620.000 Euro haben wir im Betrachtungszeitraum
BETRIEBSPR A XIS & ARBEITSFORSCHUNG 212 | 2012
aber durch einen geringeren Krankenstand eingespart.
Unterm Strich bleiben also 190.000 Euro Gewinn.
Mit Blick auf das in den nächsten Jahren steigende Belegschaftsalter ist allgemein von höheren Fehlzeiten auszugehen. Unser Unternehmensziel ist es, den Krankenstand
durch ein systematisches Gesundheitsmanagement auf
dem heutigen Niveau zu halten.
Ein Unternehmen muss den Mitarbeitern Entwicklungsund Bleibeperspektiven bieten. Wir bei Phoenix Contact
bilden selbstverständlich aus – und zwar mit dem Ziel,
unsere Azubis zu übernehmen. Dabei haben wir auch
spezielle Programme für Migrantenkinder. Wir holen
Hauptschüler jeweils ein Jahr vor deren Abschluss in
unser Unternehmen. Und wir stellen fest, dass die meisten sich richtig hereinhängen, wenn sie die Perspektive
spüren, die ihnen hier geboten wird. Menschlich ist es ja
verständlich, dass der Ehrgeiz von Hauptschülern sinkt,
wenn sie ständig hören, dass sie ohnehin keine Aussichten am Arbeitsmarkt hätten. Unternehmen, die diese
Generation vermeintliche Sackgasse rechtzeitig abholen,
werden in den meisten Fällen positive Erfahrungen machen. Und sie werden in wenigen Jahren kaum eine andere Wahl haben, als diesen Weg zu gehen, zu dem ich sie
aufgrund unserer Erfahrungen ermutigen möchte. Zwei
der früheren Hauptschüler bei uns haben inzwischen
eine akademische Ausbildung absolviert. (...)
Ein Unternehmen sollte nach innen und nach außen als
guter und sympathischer Arbeitgeber auftreten. Nach innen bedeutet das: Es müssen Bedingungen geschaffen
werden, dass Arbeitnehmer gern in einem Unternehmen
arbeiten – der Job muss bei ihnen Endorphine auslösen.
Das wird sie am Ende bewegen, zu bleiben und ihre Arbeitsleistung gern und besser zu erbringen. Bei uns liegt
die Fluktuation unter einem Prozent. Für ihre Personalpolitik und -entwicklung ist die Phoenix Contact vielfach
ausgezeichnet worden – zum Beispiel als bester Arbeitgeber des Jahres 2011.
Dieses Reputationsmanagement wird im Social MediaZeitalter noch wichtiger für die Mitarbeitergewinnung:
Wer in den Urlaub fährt, schaut sich im Internet Hotelbewertungen an. Die Generation Web 2.0 wird sich im
Web über mögliche Arbeitgeber ebenso selbstverständlich
informieren. Bei Phoenix Contact erhalten wir monatlich
rund 800 Bewerbungen, ohne dass wir Anzeigen schalten.“
Kontakt
Professor Gunther Olesch
Phoenix Contakt GmbH & Co. KG
Tel.: +49 5235 341671
E-Mail: golesch@phoenixcontact.com
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GANZHEITLICHE PRODUKTIONSSYSTEME IN DEUTSCHLAND –
PRODUKTIONSWIRTSCHAFT
EINE BESTANDSAUFNAHME DER PRAXIS
Sascha Stowasser
Institut für angewandte Arbeitswissenschaft, ifaa
Linda Heßlinger
Karlsruhe Institut für Technologie, KIT
Mittlerweile haben Ganzheitliche Produktionssysteme in zahlreichen Unternehmen Einzug gehalten. Dieser
Trend setzt sich in den nächsten Jahren fort. Obwohl sich Ganzheitliche Produktionssysteme (GPS) in der
Praxis etabliert haben, ist noch nicht in allen Unternehmen eine erfolgreiche Umsetzung zu beobachten. Oft
nutzen Betriebe die Potenziale dieser Systeme nicht vollständig und nachhaltig. Folgende Fragen sind zu beantworten: Wie stark sind Ganzheitliche Produktionssysteme in Deutschland verbreitet? Welche Erfahrungen
machen die Unternehmen bei der Einführung und Realisierung von Ganzheitlichen Produktionssystemen?
Was sind deren Erfolgsfaktoren in der Praxis? Antworten hierzu wollen wir in der Zeitschrift „Betriebspraxis
& Arbeitsforschung“ geben.
1 Übersicht
Der erste Artikel stellt den derzeitigen Stand von Ganzheitlichen Produktionssystemen (GPS) in der Unternehmenspraxis dar. Er informiert über einige Studien,
die sich mit GPS in großen Unternehmen und auch in
kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) beschäftigen. Abschließend stellt er eine Befragung von
Arbeitnehmervertretern vor. In den folgenden Ausgaben werden die Erfolgsfaktoren von Produktionssystemen näher diskutiert.
2 Verbreitung von GPS in Deutschland
GPS haben ihren Ausgangspunkt in der Automobilindustrie, die in diesem Bereich weiterhin eine Vorreiterrolle
einnimmt (vgl. Barth 2005, S. 270; Dombrowski, Hennersdorf, Schmidt 2006, S. 172; Korge, Lentes 2009, S.
570). Ausgehend von den Fahrzeugherstellern haben
sich GPS auf deren große Zulieferer und auf weitere
Branchen übertragen (vgl. Becker, Korge, Scholtz 2003,
S. 15; Zäh, Aull 2006, S. 683; Kämpf 2007, S. 239). Der
Grund für die Ausbreitung entlang der Zulieferkette
liegt unter anderem in dem zunehmenden Druck, den
Großunternehmen auf ihre Lieferanten ausüben, um
über die Unternehmensgrenzen hinweg eine reibungslose Vernetzung, zum Beispiel für Just-In-Time, und
verschwendungsfreie Prozesse zu erreichen.
Die mit GPS erzielten Erfolge der Automobil- und Zulieferindustrie werden von anderen Branchen erkannt, die
daher zunehmend GPS umsetzen. Dabei stellen GPS für
nicht-automotive Unternehmen eine Herausforderung
dar. Denn die ursprünglich für die Automobilindustrie
entwickelten Produktionsprinzipien und -methoden sind
ohne Modifikationen nicht auf die Gegebenheiten anderer Branchen übertragbar (nach Zäh, Aull 2006, S. 683).
Heute kommen GPS in diversen Industriebranchen zum
Einsatz. Beispiele dafür sind der Werkzeugmaschinenbau
(zum Beispiel Trumpf, vgl. Kammüller 2003, S. 166), die Medizintechnik (zum Beispiel Aesculap, vgl. Springer, Schulz
2007) und die Konsumgüterindustrie (zum Beispiel WMF,
vgl. WMF 2008). Die Bauindustrie ist ein neuer erschlossener Wirtschaftszweig; für den Bausektor hat Kirsch (2009)
in seiner Forschungsarbeit ein GPS-Modell entwickelt.
GPS gewinnen auch bei kleinen und mittelständischen Unternehmen an Bedeutung. KMU sind für den
Standort Deutschland sehr wichtig (nach Lay, Neuhaus
2005, S. 38), und ein GPS kann zur langfristigen Sicherung ihrer Wettbewerbsfähigkeit beitragen. In Deutschland ist beispielsweise der überwiegend mittelständische Maschinenbau der größte industrielle Arbeitgeber.
Demzufolge sollten nach Auffassung von Lay und
Neuhaus (2005, S. 38) auch KMU von GPS profitieren
können. Beispiele aus der Betriebspraxis zeigen, dass
auch mittelständische Unternehmen (zum Beispiel Ott
+ Heugel GmbH, vgl. Heinbitzer, Neuhaus, Zink 2010, S.
24 ff.) und Einzelfertiger (zum Beispiel Voith Paper, vgl.
Bädorf, Dörich, Neuhaus 2010, S. 12 ff.) GPS realisieren.
Demnach werden GPS unabhängig von der Branche, der
Unternehmensgröße und der Fertigungsart in produzierenden Unternehmen angewendet. Abbildung 1 zeigt
die Verbreitung GPS von der Automobilindustrie über
deren Zulieferindustrie bis hin zu weiteren Branchen
BETRIEBSPR A XIS & ARBEITSFORSCHUNG 212 | 2012
ifaa
sonstige Branchen
27
Fahrzeughersteller
Zulieferer
se Unternehmensbereiche das spezifische
Kerngeschäft beschrieben, hieraus der
wertschöpfende Prozess abgeleitet und
dieser effektiv und verschwendungsfrei
mit den anderen Unternehmensbereichen
verknüpft werden.
Eisennach
1940-1960... 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010
Abb. 1 - Verbreitung von GPS in der Industrie bis 2010 (in Anlehnung an Keßler, Droste o.J., S. 47;
Dombrowski, Schmidt, Crespo 2008, o.S.; ergänzt um eigene Recherchen)
chronologisch. Diese Grafik erhebt keinen Anspruch auf
Vollständigkeit. Dennoch veranschaulicht sie die steigende Verbreitung von GPS in der deutschen Industrie.
Darüber hinaus werden die Grundgedanken des GPS auch auf nicht industrielle
Sektoren übertragen. Beispiele lassen sich
in Krankenhäusern finden (nach Winnes
2002, S. 110). Der Logistiksektor ist für produzierende Unternehmen besonders wichtig. Logistikdienstleister kommen durch ihre
Schnittstellenfunktion zwischen Unternehmen und durch Logistik-Methoden (zum
Beispiel JIT, Kanban) mit GPS in Berührung.
Wie in Abbildung 2 dargestellt kann die
bisherige Verbreitung des GPS-Ansatzes zusammenfassend
in drei unternehmensübergreifende Dimensionen eingeteilt werden: Sektoren, Branchen und Zulieferketten
sowie eine interne Dimension–Unternehmensprozesse.
Weiterhin kann sich der Nutzen eines GPS durch eine
unternehmensübergreifende Anwendung entlang der
Lieferkette zusätzlich verstärken. Festzustellen ist, dass
von den großen Unternehmen (OEM) eine Übertragung
auf in der Supply Chain vorgelagerte – tendenziell kleinere – Unternehmen stattfindet. Ein reines Kopieren der
von Konzernen umgesetzten Konzepte ist aufgrund anderer Rahmenbedingungen dieser Unternehmensgruppen jedoch nicht zielführend.
Durch die Optimierung in der Produktion und die konsequente Ursachenrückverfolgung bei Störungen im
Produktionsprozess, wie zum Beispiel fehlendes Material
und wartende Aufträge, werden ebenfalls Schwachstellen in anderen Unternehmensbereichen sichtbar (nach
Wittenstein u.a. 2006, S. 3). Unternehmen übertragen
daher vermehrt die Lean-Methoden auf weitere Unternehmensprozesse, wie eine Studie des Fraunhofer
Instituts für Produktionstechnik und Automatisierung
(IPA) und des Kaizen Instituts (vgl. Wittenstein u.a. 2006,
S. 3) bestätigt. Dadurch wollen Unternehmen ihre Produktivität auch in indirekten, administrativen Bereichen
verbessern. Nicht alle Prinzipien, die sich in der Produktion als erfolgreich erweisen, erzielen in anderen Abteilungen ausnahmslos dieselben Effekte (nach Hahn 2006,
S. 41). In der Montage ist Verschwendung zu vermeiden.
Dagegen sind Flexibilität und freie Zeit im Entwicklungsprozess für die schöpferische Arbeit wichtig und können
für die Arbeit durchaus förderlich sein. Nicht wertschöpfende Tätigkeiten, welche durch Rückfragen, Bürokratie
und Schein-Meetings verursacht werden, sollten jedoch
auch hier vermieden werden. Grundsätzlich muss für dieBETRIEBSPR A XIS & ARBEITSFORSCHUNG 212 | 2012
Abb. 2: Verbreitungsdimensionen von GPS (in Anlehnung an Keßler, Droste o.J., S. 46)
3 Metaanalyse des Entwicklungsstandes
und der Erfahrungen mit GPS
in Deutschland
3.1 Übersicht der analysierten GPS-Studien
Verschiedene Studien untersuchen den Entwicklungsstand von GPS sowie die damit gemachten Erfahrungen
in produzierenden Unternehmen.
28
GANZHEITLICHE PRODUKTIONSSYSTEME IN DEUTSCHLAND –
EINE BESTANDSAUFNAHME DER PRAXIS
PRODUKTIONSWIRTSCHAFT
Kriterien identifiziert werden, die mehreren Analysen
gemeinsam und für den weiteren Verlauf der Arbeit
relevant sind. Anhand dieser Kriterien, die in Tabelle 2
abgebildet sind, wird ein Überblick über die Studienergebnisse gegeben.
Im Folgenden wird erläutert, welche Gesichtspunkte
ausgewählt werden und was im Speziellen unter diesen
in den Analysen untersucht wird. Basierend darauf werden die Ergebnisse der einzelnen Studien geschildert.
Einführungsstand
Dieser zeigt auf, wie der derzeitige Umsetzungsstand
GPS in Unternehmen ist. Ferner wird angegeben, ob
Unternehmen sich bei der Implementierung fachlich
durch externe Berater unterstützen lassen.
Abb. 3: Portfolio-Darstellung der analysierten Studien
Die Portfolio-Darstellung in Abbildung 3 gibt eine Übersicht über die analysierten Studien und charakterisiert
diese nach der Zahl beteiligter Unternehmen (Teilnehmeranzahl) und der Unternehmensgröße (Mitarbeiteranzahl). Tabelle 1 beinhaltet Eckdaten der einzelnen Studien.
Studie
Obwohl die Studien unterschiedliche Schwerpunkte
setzen, können bei der Gegenüberstellung wesentliche
Institution
Erhebungsjahr
Teilnehmer
Unternehmensgrš § e
1
Institut fŸ r angewandte
Arbeitswissenschaft (ifaa)
2003 Ð 2005
38
100 Ð 10 000
Mitarbeiter
2
LehrstŸ hle fŸ r Fabrikorganisation (LFO) &
fŸ r Arbeits- und Produktionssysteme (APS)
2006 Ð 2008
32
KMU & gro§ e
Unternehmen
3
Institut fŸ r Industrielle Fertigung und
Fabrikbetrieb (IFF)
2007 Ð 2008
~100
KMU
4
Institut fŸ r Fabrikbetriebslehre und
Unternehmensforschung (IFU)
2009 Ð 2010
20
KMU
5
Agamus Consult
2010
60
> 250 Mitarbeiter
Tab. 1: Eckdaten der analysierten Studien
Einführungsgründe und -auswirkungen
Es werden Ziele und Gründe angeführt, die Unternehmen mit der Einführung von GPS verfolgen. Unterschieden werden kann beispielsweise zwischen internen und externen Gründen. Bei Ersteren wird eine
Einführung aus dem Unternehmen selbst veranlasst,
während bei externen Gründen eine Forderung aus
dem Unternehmensumfeld vorliegt, zum Beispiel von
Kundenseite. Zudem wird untersucht, wie sich die Unternehmenskennzahlen durch ein GPS verbessern und
somit angestrebte Ziele erreicht werden können.
Hindernisse
Verschiedene Aspekte können die Einführung und
Umsetzung eines GPS erfahrungsgemäß behindern.
Gestaltungsprinzipien und Methoden
Die Erhebungen erfassen Gestaltungsprinzipien und
Methoden im Unternehmen. Sie schätzen zudem deren
Bedeutung für den GPS-Erfolg im Unternehmen ein.
Erfolgsfaktoren
Unter den Erfolgsfaktoren werden notwendige Voraussetzungen und Rahmenbedingungen erörtert, die
Unternehmen für eine erfolgreiche und nachhaltige
Anwendung für wichtig halten.
Handlungsbedarf
Unternehmen sehen in verschiedenen Bereichen noch
Potenziale und somit zukünftige Handlungsfelder, die
durch geeignete Maßnahmen den Erfolg eines GPS
steigern können.
Tab. 2: ausgewählte Kriterien zur Analyse der Studien
Stand der unternehmensübergreifenden Anwendung des GPS
Es wird aufgezeigt, ob Unternehmen das GPS unternehmensübergreifend mit Lieferanten und Kunden
nutzen.
BETRIEBSPR A XIS & ARBEITSFORSCHUNG 212 | 2012
ifaa
29
3.2 Studie 1:
(vgl. Neuhaus 2010, S. 102 ff.)
3.3 Studie 2: (vgl. Uygun, Keßler,
Strausberg 2009, S. 136 ff.)
Das Institut für angewandte Arbeitswissenschaft (ifaa)
hat von 2003 bis 2005 den Nutzen und die Gestaltung
von bereits realisierten GPS in Deutschland untersucht.
Die 38 teilnehmenden Unternehmen gehören unterschiedlichen Branchen an – zum Beispiel der Automobilzulieferindustrie (hier etwa Bosch, Hella, ZF) oder
der Flugzeugindustrie (zum Beispiel Airbus). Die Belegschaftsgröße variiert zwischen 100 und 10 000 Mitarbeitern.
Die Lehrstühle für Fabrikorganisation (LFO) sowie für
Arbeits- und Produktionssysteme (APS) der Technischen
Universität Dortmund führten von 2006 bis 2008 eine
Analyse zu GPS in Deutschland durch. Die Zielgruppe
besteht aus 32 GPS-einsetzenden Produktionsunternehmen verschiedener Industriezweige, hauptsächlich
aus dem Maschinen- und Anlagenbau und der Fahrzeugindustrie. Die Unternehmen können überwiegend
den Großunternehmen zugeordnet werden.
Der Großteil dieser Unternehmen gibt an, während der
Einführung (Konzeptions- und Umsetzungsphase) Leistungen externer Beratungen oder – vor allem in größeren Unternehmen – des eigenen Inhouse-Consultings
genutzt zu haben. Obwohl die meisten Studienteilnehmer anführen, sich nicht am Toyota Produktionssystem
(TPS) orientiert zu haben, lassen sich dennoch Hauptelemente des TPS nachweisen. Tabelle 3 zeigt, welche
Vorteile ein GPS für Unternehmen hat.
Die meisten befragten Unternehmen befinden sich in
der Entwicklungs- oder Einführungsphase ihres GPS.
Ein Drittel der Studienteilnehmer setzt ein GPS ein und
beschäftigt sich bereits mit der Weiterentwicklung. Um
sich Know-how und Methodenwissen für die Einführung anzueignen, haben drei Viertel der Unternehmen
externe Beratungen hinzugezogen. Eine Vorbildfunktion bei der Ausgestaltung eines unternehmenseigenen
GPS hat nach wie vor das TPS.
Die Hauptgründe für die Einführung eines GPS liegen in
der Reduzierung der Kosten, der Verbesserung der Qualität sowie der Termintreue (vgl. Abb. 4).
Auswirkungen (n=35)
•  Verbesserung der ProduktivitŠ t
83%
•  Verringerung der UnfallhŠ ufigkeit
•  Reduzierung der Herstellkosten
77%
•  Verbesserung der Gemeinkosten
53%
53%
•  Reduzierung der Durchlaufzeit
76%
•  Verbesserung der Motivation
48%
•  Verbesserung der QualitŠ t
74%
•  Reduzierung der Lohnkosten
42%
•  Verbesserung der FlexibilitŠ t
71%
•  Verbesserung der Fehlzeiten
36%
•  Verbesserung der Liefertreue
71%
Tab. 3: Auswirkungen der GPS-Einführung (in Anlehnung an Neuhaus 2010a,
S. 103)
Die bedeutendsten Auswirkungen der organisatorischen Maßnahmen im Rahmen eines GPS können in
der Verbesserung der Produktivität, der Reduzierung
der Herstellungskosten, der Durchlaufzeit und der Erhöhung der Qualität erzielt werden. Zudem können
die Flexibilität und die Liefertreue deutlich verbessert werden. Weniger deutlich sind die Fortschritte,
was eine Verringerung der Unfallhäufigkeit oder eine
Verbesserung der Mitarbeitermotivation angeht. Im
Bereich der Lohn- und Gemeinkosten ist in manchen
Unternehmen eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Daten zu beobachten, da Anreizprämien für
Mitarbeiter eingeführt werden und Ausgaben für die
Durchführung von Workshops, Audits und anderes
anfallen.
Die Studie zeigt, dass Unternehmen Qualitätsprozesse,
Standardisierung, Auditierung, KVP und Kennzahlen,
welche zu den Kernelementen eines GPS gehören, für
die wichtigsten Erfolgskriterien eines GPS halten.
BETRIEBSPR A XIS & ARBEITSFORSCHUNG 212 | 2012
Die Ergebnisse der Befragung lassen erkennen, dass alle
Unternehmen die zu beurteilenden Gestaltungsprinzipien (Flexibilität in Produktionsprozessen, hohe Eigenverantwortung der Mitarbeiter, Fehlervermeidung statt
Prüfung, ständige Verbesserung, transparente Prozesse
und Vorgänge, standardisierte Arbeit, Pull Prinzip) und
Methoden (zum Beispiel flexibler Mitarbeitereinsatz,
systematische Problemlösung u.a.) gänzlich als wichtig bis sehr wichtig für den Erfolg eines GPS einstufen.
Am häufigsten werden Methoden wie flexibler MitarGründe für die Einführung eines GPS (n=32)
Kostensenkung
Reduzierung von
fehlerhaften Teilen
Verbesserung der
Termintreue
fehlende Übersicht über
die Produktion
Neustrukturierung der
Produktionsstätten
Anregungen aus dem
Branchenumfeld
Kundenwunsch
Neuaufbau eines
Produktionsstandortes
1sehr gering
2
3
Bedeutung
Abb. 4: Gründe für die Einführung eines GPS (Quelle: Uygun, Keßler, Strausberg 2009, S. 138)
4
sehr hoch 5
30
GANZHEITLICHE PRODUKTIONSSYSTEME IN DEUTSCHLAND –
PRODUKTIONSWIRTSCHAFT
EINE BESTANDSAUFNAHME DER PRAXIS
beitereinsatz, transparente Arbeitsabläufe, hohe Anlagenverfügbarkeit und Methoden zur systematischen
Problemlösung angewendet. Selbststeuernd automatisierte Betriebsmittel (Autonomation) sind am wenigsten verbreitet. Die größte Bedeutung messen die Unternehmen der systematischen Problemlösung und der
ständigen Verbesserung der Prozesse bei. Daraus leiten
Uygun, Keßler, Strausberg (2009, S. 138 f.) ab, dass die
kontinuierliche Verbesserung der Prozesse durch die
gezielte und nachhaltige Behebung von Schwachstellen als wesentlicher Erfolgsfaktor eines GPS angesehen
wird. Aus der Einschätzung der Methodenbedeutung
schlussfolgern sie, dass eine ganzheitliche Anwendung
der Methoden aufgrund deren gegenseitiger Abhängigkeiten von den Unternehmen erkannt wird und für den
GPS-Erfolg notwendig ist.
Voraussetzungen für eine erfolgreiche GPS-Umsetzung (n=32)
Vorleben des GPS
durch Führungsgsebene
Vorgabe von Zielen und
Grundsätzen
Im Hinblick auf eine unternehmensübergreifende Verbesserung der Wertschöpfung hat nur die Hälfte der
befragten Unternehmen Lieferantenentwicklungsprogramme, um Lieferanten bei der Einführung eines
eigenen GPS zu unterstützen. Aus Lieferantensicht ist
der Kundenzwang zumeist nicht ausschlaggebend für
die Einführung eines GPS. Allgemein zeigt die Studie,
dass in der Zusammenarbeit zwischen Kunden und
Lieferanten zur Verbesserung der Wertschöpfung noch
Handlungsbedarf besteht. Daraus schließen Uygun,
Keßler und Strausberg (2009, S. 137), dass noch nicht
alle Unternehmen die unternehmensübergreifende Bedeutung des GPS erkannt haben und dass die Zusammenarbeit der Wertschöpfungspartner noch ausbaufähig ist. Gründe dafür sehen sie einerseits darin, dass
der internen Einführung der Methoden eine höhere
Priorität eingeräumt wird, und andererseits darin, dass
anspruchsvollere Methoden unter Einbindung von Lieferanten erst in späteren Phasen implementiert werden.
3.4 Studie 3: (vgl. Kluge, Wolf,
Westkämper 2009, S. 141 ff.)
Lernfähige Mitarbeiter
Offenlegung
von Problemen
GPS als Hauptaufgabe
Betreuung durch
GPS-Fachleute
Wirtschaftl. Leidensdruck
"japanische Mentalität"
1
2
3
4
Gewichtung
(1=sehr gering, 5=sehr hoch)
5
Abb. 5: Voraussetzungen für eine erfolgreiche GPS-Umsetzung
(Quelle: Uygun, Keßler, Strausberg 2009, S. 139)
Zum Erfolg eines GPS tragen zum einen das Engagement der Führungskräfte und zum anderen das Engagement der operativen Mitarbeiter bei. Als wichtigste
Voraussetzung wird die Vorbildfunktion der Führungskräfte angesehen (vgl. Abb. 5). Deren Aufgabe besteht
einerseits im Vorleben des GPS und andererseits in
der Vorgabe von Zielen und Grundsätzen. Insgesamt
kommt der Lernbereitschaft aller Mitarbeiter eine große Bedeutung zu. Ebenso ist es wichtig, dass das GPS
als Hauptaufgabe angesehen wird und eine Betreuung
durch GPS-Fachleute erfolgt.
In der Praxis besteht der größte Handlungsbedarf für
die Umsetzung in der Motivation der Mitarbeiter, gewohnte Verhaltensweisen zu verlassen. Weiteres Potenzial liegt in der Weiterentwicklung der Fähigkeiten des
Top-Managements, an Unternehmenszielen langfristig
festzuhalten, um eine Basis für den Kontinuierlichen
Verbesserungsprozess zu schaffen.
Der Anlass für die Studie am Institut für Industrielle Fertigung und Fabrikbetrieb (IFF) der Universität
Stuttgart ist die Feststellung, dass in den Branchen des
Maschinenbaus und der Elektroindustrie bis zu diesem
Zeitpunkt wenige branchenspezifische Informationen
zu GPS vorlagen. Um diese Lücke zu schließen, wurden
zwischen 2007 und 2008 Unternehmen dieser Wirtschaftszweige befragt. Dabei gliedert sich die Befragung
in zwei Gruppen: auf der einen Seite in eine Breitenbefragung, bestehend aus mehr als 100 Unternehmen,
auf der anderen Seite in eine Tiefenbefragung ausgewählter Vorreiterunternehmen, die bereits Erfahrungen
mit GPS haben. Die beteiligten Unternehmen können
überwiegend als KMU charakterisiert werden.
Zum Zeitpunkt der Erhebung haben die Unternehmen
der Breitenevaluation überwiegend ein moderates
Einführungsniveau erreicht. Rund 70 Prozent der Unternehmen haben ein GPS eingeführt; dabei stehen die
in der Einführungsphase befindlichen Unternehmen
vorwiegend noch am Anfang der Einführung. 11 Prozent haben bereits ein GPS im Einsatz (vgl. Abb. 6). Mit
der Planung eines GPS beschäftigen sich weitere 9 Prozent der Unternehmen.
Der niedrige Umsetzungsgrad (das heißt: Anteil des
Umgesetzten am Ziel) kann auf die für KMU typischen
Hindernisse wie „begrenzte Mitarbeiterressourcen“ und
„Überlastung der Leistungsträger“ zurückgeführt werden. Zudem hat etwa die Hälfte der Unternehmen nach
2005 mit der Einführung begonnen und befindet sich
BETRIEBSPR A XIS & ARBEITSFORSCHUNG 212 | 2012
ifaa
31
Einführungsstand der Breitenbefragung
Einführung
nicht geplant
Einführung
geplant
21%
11%
Einführung
abgeschlossen
9%
59%
Einführung
läuft
Abb. 6: Einführungsstand der Breitenbefragung
(in Anlehnung an Kluge, Wolf, Westkämper 2009, S. 142 u. 145)
daher noch in der Anfangsphase. Die Tatsache, dass sich
rund 80 Prozent mit GPS befassen, zeigt die Bedeutung
von GPS für KMU dieser Branchen. Ebenso bestätigt
dies die Tiefenbefragung: Die Hälfte der Vorreiterunternehmen haben seit der Einführung im Zeitraum
1990 bis 2000 (43 Prozent) sowie 2001 bis 2005 (57
Prozent) bereits 50 Prozent ihres Zielzustandes erreicht.
Während die Unternehmen der Tiefenbefragung bereits umfassende Systeme implementiert haben, wendet ein großer Teil der Breitenbefragung (40 Prozent)
vorwiegend einzelne Methoden an. Die Befragung nach
den beiden Dimensionen „allgemeine Bekanntheit“
und „tatsächlicher Anwendung“ der Methoden weist
Unterschiede auf. Diese deuten laut Kluge, Wolf und
Westkämper (2009, S. 144) darauf hin, dass Methoden
mit einem höheren Standardisierungsgrad und/oder
Aufwand zur Implementierung – wie beispielsweise
Just-in-time, Synchrone Produktion, One Piece Flow,
Standardisierung bei Zulieferern, Six Sigma – in diesen
Unternehmen nicht so leicht umgesetzt werden können
wie in der Automobilindustrie. Auch bei den Methoden
Kontinuierlicher Verbesserungsprozess (KVP) und Total
Quality Management (TQM) gibt es Auffälligkeiten. Daraus leiten Kluge, Wolf und Westkämper (2009, S. 144)
ab, dass die Methoden den Unternehmen zwar bekannt
sind, jedoch nicht alle eingesetzt, sondern gezielt nach
Bedarf ausgewählt werden. Methoden aus den Bereichen Arbeitsorganisation und Unternehmenskultur finden hingegen breite Verwendung.
Alle befragten Unternehmen betrachten die Mitarbeiterbeteiligung, die systematisch durch Lernformen und
-methoden in den Methoden geschult werden können,
worüber die Vorreiterunternehmen bereits verfügen,
als eine wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche
GPS-Umsetzung. Ferner können eine das GPS unterstützende Unternehmenskultur sowie das Engagement
der Unternehmensleitung die Anwendung begünstigen.
Handlungsbedarf sehen alle Unternehmen vor allem im
vermehrten Austausch mit Branchenpartnern. Ebenso
sollten die Rahmenbedingungen von KMU verstärkt
BETRIEBSPR A XIS & ARBEITSFORSCHUNG 212 | 2012
berücksichtigt werden, indem Unterstützungsmaßnahmen in Form eines speziell für KMU entwickelten Implementierungsleitfadens oder für die Mitarbeitermotivation bereitgestellt werden.
Die Hälfte der Unternehmen der Breitenevaluation
beziehen ihre Zulieferer in das GPS ein, wohingegen
dies bei den Vorreiterunternehmen nur bei 29 Prozent
der Fall ist. Dies ist vor dem Hintergrund verwunderlich,
da die Vorreiterunternehmen ein höheres Einführungsniveau erreicht haben und sich somit bereits mit der
Ausweitung auf die Lieferanten beschäftigen könnten.
3.5 Studie 4: (vgl. Dombrowski,
Schmidtchen 2010, S. 914 ff.)
Die Studie wird 2009/2010 vom Institut für Fabrikbetriebslehre und Unternehmensforschung (IFU) der TU
Braunschweig durchgeführt. Das Ziel besteht darin,
die Einführung GPS in KMUs mit der in großen Unternehmen zu vergleichen. Die Ergebnisse dienen zur
Entwicklung eines Referenzmodells, das KMU zukünftig
bei der Implementierung GPS unterstützen soll. An der
Umfrage haben sich 20 Unternehmen unterschiedlicher
Branchen beteiligt. Die meisten davon sind im Maschinen- und Anlagenbau tätig.
Der Stand der Einführung in den KMU wird anhand des
neunstufigen IFU-Implementierungsmodells (vgl. Dombrowski, Schmidt 2008) erfasst. Die Ergebnisse lassen
erkennen, dass sich die Unternehmen überwiegend in
den frühen Phasen des Einführungsprozesses befinden.
Der Rollout, das heißt: die Anwendung der Methoden
in den einzelnen Bereichen, erfolgte bei der Hälfte der
Unternehmen. 40 Prozent dieser Unternehmen wenden ein GPS bereits nachhaltig an und entwickeln es
demnach weiter. Im Vergleich zu den GPS-Implementierungsphasen in Großunternehmen können bei den
untersuchten KMUs Abweichungen beobachtet werden.
Die Schritte Anpassung der Organisation, Detailplanung und Pilotprojekte werden nur bei wenigen KMU
realisiert. Daraus folgern Dombrowski und Schmidtchen
(2010, S. 916), dass KMU nicht über die notwendigen
Kenntnisse einer GPS-Einführung verfügen.
Dombrowski und Schmidtchen (2010, S. 916) geben den
KMU bereits bekannte Aspekte vor, die eine GPS-Implementierung behindern können und die von den Befragten entsprechend des Auftretens im Unternehmen
zu beurteilen sind. Diese Hindernisse werden in fünf
Hauptgruppen eingeteilt: unzureichende Führung,
unzureichende Unternehmenskultur, ungeeignete
Planung, ungeeignete Organisationsstruktur und
unzureichendes Methodenwissen. Tabelle 4 gibt ei-
32
GANZHEITLICHE PRODUKTIONSSYSTEME IN DEUTSCHLAND –
EINE BESTANDSAUFNAHME DER PRAXIS
PRODUKTIONSWIRTSCHAFT
Hindernisse (n=9)
unzureichende
FŸ hrung
unzureichende
Unternehmenskultur
ungeeignete
Planung
ungeeignete
Organisationsstruktur
unzureichendes
Methodenwissen
•  Management fungierte nicht als Treiber des GPS
53%
•  keine konsequente Zielverfolgung bei RŸ ckschlŠ gen
37%
•  Standards werden nicht eingehalten
55%
•  Diskrepanz zwischen Management und Betriebsrat
45%
•  keine enge Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern
42%
•  ungeeignetes Vorgehen bei Planung und Steuerung
53%
•  kein unternehmensspezifisches GPS
45%
•  ausgeprŠ gtes Abteilungsdenken
78%
•  unzureichende Kommunikation
65%
•  falsche Anwendung bzw. Ablehnung
68%
•  † berforderung der Mitarbeiter
63%
Tab. 4: Hindernisse der GPS-Implementierung (in Anlehnung an Dombrowski, Schmidtchen 2010, S. 916)
nen Überblick über die Beurteilungsergebnisse.
Die größten Hindernisse liegen demnach in einer ungeeigneten Organisationsstruktur in Form eines ausgeprägten Abteilungsdenkens und unzureichender
Kommunikation sowie einem unzureichenden Methodenwissen, das sich in der Überforderung der Mitarbeiter und einer falschen Anwendung oder gar Ablehnung
der Methoden aufgrund von fehlendem Know-how
zeigt. Daher bedarf es nach Dombrowski und Schmidtchen (2010, S. 916) eines Konzeptes, um den Mitarbeitern das notwendige Wissen für eine GPS-Implementierung zu vermitteln.
Als interne Argumente für die Beschäftigung mit GPS
nennen die meisten Teilnehmer eine unübersichtliche
Produktion, gestiegenen Kostendruck, Qualitätsprobleme und mangelnde Termintreue (vgl. Tab. 5, linker Teil).
GrŸ nde
interne (n=20)
externe (n=13)
•  unŸ bersichtliche Produktion
80%
•  QualitŠ t der Produkte
100%
•  gestiegener Kostendruck
70%
•  terminbezogene Forderungen
62%
•  QualitŠ tsprobleme
65%
•  QualitŠ t von Prozessen
23%
•  unzureichende Termintreue
60%
•  Verwendung neuester Technologien
15%
•  Mitarbeiterorientierung
8%
Tab. 5 Gründe der GPS-Implementierung
(in Anlehnung an Dombrowski, Schmidtchen 2010, S. 915 ff.)
65 Prozent der Unternehmen geben an, ein GPS in Folge von externen Anforderungen realisiert zu haben.
Dabei dominieren die Kundenanforderungen nach der
Qualität der Produkte und deren zeitlicher Verfügbarkeit (zum Beispiel Liefertreue, JIT) (vgl. Tab. 5 – rechter Teil). Weitere externe Gründe wie Prozessqualität,
Auswirkungen (n=9)
•  Verbesserung der Termintreue
89%
•  Reduzierung der Durchlaufzeit
67%
•  Verbesserung der FlexibilitŠ t
89%
•  Verbesserung der ProduktqualitŠ t
56%
•  Verbesserung der ProzessqualitŠ t
78%
•  Reduzierung der UnfallhŠ ufigkeit
33%
•  Verbesserung der ProduktivitŠ t
78%
Tab. 6: Auswirkungen der GPS-Implementierung
(in Anlehnung an Dombrowski, Schmidtchen 2010, S. 915 ff.)
Verwendung neuester Technologien sowie die Mitarbeiterorientierung sind weniger bedeutend. Aus den
externen Gründen schließen Dombrowski und Schmidtchen (2010, S. 915), dass Ansprüche aus dem Unternehmensumfeld lediglich von Kunden gestellt werden, die
ausgezeichnete Qualität und pünktliche Lieferung der
Produkte fordern.
Die Befragung nach den Auswirkungen zeigt, dass viele
Unternehmen eine Verbesserung hinsichtlich der Termintreue und Flexibilität sowie eine positive Veränderung im Bereich der Prozessqualität und der Produktivität erzielen können (vgl. Tab. 6). Die Durchlaufzeit führt
in 67 Prozent der Unternehmen zu einer Zeitersparnis.
Zudem kann die Qualität der Produkte optimiert werden. Eine Verringerung von Unfällen und somit eine höhere Arbeitssicherheit für die Beschäftigten wird ebenfalls der Einführung eines GPS zugerechnet.
Die häufigste Anwendung (n=9) finden die Methoden
Ordnung und Sauberkeit (100 Prozent), KVP-Workshop,
5xWarum, Visualisierung und Info-Tafeln/Kennzahlencontrolling (78 Prozent). Demgegenüber werden Qualitätszirkel und Poka Yoke am seltensten eingesetzt.
3.6 Studie 5: (vgl. Strauss u.a. 2010)
Im Gegensatz zu den von wissenschaftlichen Institutionen durchgeführten Studien 1 bis 4, welche häufig darauf abzielen, weiteren Forschungsbedarf zu identifizieren, ist die im Folgenden vorgestellte „Automotive Lean
Production Studie“ eine Benchmark-Untersuchung.
Diese wird seit 2006 jährlich als Gemeinschaftsprojekt
von Agamus Consult und der Zeitschrift Automobil
Produktion mit dem Ziel durchgeführt, den „ToyotaMythos“ zu entlarven. Hierfür werden europaweit Automobil- und deren Zulieferunternehmen in den Bereichen Lean Production und Produktionssystem durch
einen umfangreichen Fragebogen befragt und miteinander verglichen; die besten Unternehmen werden ausgezeichnet. Angesprochen werden Unternehmen mit
mehr als 250 Mitarbeitern und mindestens 50 Prozent
Umsatzanteil im Automobilbereich. Im Jahr 2010 beteiligten sich 60 Unternehmen an der Befragung.
Ein Drittel der Unternehmen gibt an, im Bereich der
Lean Production bereits einen Zustand über den reinen
Methodeneinsatz hinaus erreicht zu haben, in dem alle
Hierarchiestufen die Lean-Prinzipien verstehen, leben
und konsequent danach handeln. 36 Prozent der Unternehmen haben eine große Zahl Lean-Bausteine flächendeckend eingeführt. In der laufenden Einführungsphase befinden sich 19 Prozent der Unternehmen, mit
der Umsetzung von Pilotprojekten beschäftigen sich 12
BETRIEBSPR A XIS & ARBEITSFORSCHUNG 212 | 2012
ifaa
33
Prozent. Dieser weit fortgeschrittene Einführungsstand
könnte darauf zurückgeführt werden, dass in 76 Prozent der Unternehmen Mitarbeiter freigestellt werden,
die sich allein mit der Lean-Thematik beschäftigen.
Trotz des hohen GPS-Niveaus stellen für etwa die Hälfte
der Unternehmen der Maschinenpark (57 Prozent) sowie das Werkslayout (50 Prozent) Einschränkungen bei
der Einführung dar. Verbesserungspotenzial wird auch
bei den Mitarbeitern gesehen: Diese haben entweder zu
wenig Zeit – oder sie sind nicht bereit, sich mit dem
Thema Lean Production zu beschäftigen.
Die Betrachtung des Implementierungsgrades (fünfstufige Skala von „nicht“ bis „vollständig implementiert“) vorgegebener Lean-Bausteine zeigt, dass nicht
alle Bausteine gleich weit umgesetzt sind. Am weitesten eingeführt sind flexible Arbeitszeit, standardisierte
Kennzahlen, 5S und Q-Tools (QFD, FMEA, Six Sigma).
Das Schlusslicht mit einem zur Hälfte realisierten Implementierungsgrad bilden Lieferantenentwicklung und
Wertstrommethodik.
Eine detaillierte Beschreibung der Untersuchung bezüglich der Erfolgsfaktoren ist hier nicht möglich. Hier
sei auf die Studie (vgl. Strauss u.a. 2010) verwiesen.
Unternehmen, die bereits einen hohen und mittleren
Implementierungsgrad der Lean-Bausteine aufweisen,
haben Lean auf ihre strategischen Lieferanten ausgeweitet (bei 54 Prozent mit hohem und bei 44 Prozent
mit mittlerem Implementierungsgrad). Bedingt durch
die Konzentration in frühen Phasen auf interne Bereiche, haben Unternehmen mit einem niedrigeren Einführungsniveau in diesem Bereich noch Nachholbedarf.
3.7 Studie 6: (vgl. Pfäfflein,
Schwarz-Kocher, Seibold 2010)
Keine der bislang vorgestellten fünf Studien hat den
Einfluss der Arbeitnehmervertretung bei der Umsetzung GPS untersucht. Hinführend auf dieses Thema liefert die nachfolgende Studie Ergebnisse über die Beteiligung der Arbeitnehmervertretung an der Gestaltung
neuer Produktionskonzepte und zeigt deren Einschätzung bezüglich der Auswirkungen dieser Konzepte auf
die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten auf.
In einer Studie der IG Metall Bezirk Baden-Württemberg und dem IMU Institut wurden zur Vorbereitung
eines Betriebsräte-Netzwerkes „Interessenvertretung
unter den Bedingungen neuer Produktionskonzepte“
Arbeitnehmervertreter der Metall- und Elektroindustrie
in Baden-Württemberg befragt. 90 beteiligten sich.
BETRIEBSPR A XIS & ARBEITSFORSCHUNG 212 | 2012
In den befragten Betrieben werden 23 Prozent der Betriebsräte nicht über neue Produktionsmethoden in
Kenntnis gesetzt. Zumindest die Hälfte wird regelmäßig
über anstehende Veränderungen informiert, und in 24
Prozent der Unternehmen sind Betriebsratsmitglieder
aktiv in Projekte einbezogen. Nach Pfäfflin, SchwarzKocher und Seibold (2010, S. 93) könnte diese geringe
Projektteilnahme einerseits durch Unternehmen, die der
Arbeitnehmervertretung die Mitarbeit in den Projekten
verwehren, zustande kommen. Andererseits ist ein freiwilliger Rückzug der Betriebsratsmitglieder vorstellbar,
weil sie in den Projekten ihre Interessen nicht vertreten
können. Letztere Annahme wird vor dem Hintergrund
bekräftigt, dass 30 Prozent der Betriebsräte angeben,
keinen Einfluss bei der Ausarbeitung neuer Produktionskonzepte zu haben. In 16 Prozent der Unternehmen
können sie die Arbeitnehmerinteressen durchsetzen,
wohingegen die Hälfte der Betriebsräte lediglich versucht, eine befürchtete Verschlechterung der Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten zu verhindern.
Wirkungen der Elemente auf die Arbeitsbedingungen
Ÿ berwiegend negative
wenige oder ambivalente
Ÿ berwiegend positive
63,8% •  Visualisierung
•  5S-Methode
61,8%
•  U-Zelle/U-Montage
59,4% •  Kanban
•  Total Productive
Maintenance
55,0%
•  Wertstromdesign
51,4% •  gefŸ hrte Gruppenarbeit
•  Standardisierung
41,5%
•  Flie§ fertigung
•  RŸ stzeitworkshops
% ≙ Verschlechterung
Tab. 7: Wirkungen der Elemente auf die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten
(in Anlehnung an Pfäfflin, Schwarz-Kocher und Seibold 2010, S. 92 f.)
Darüber hinaus wurde nach den Konsequenzen gefragt,
die Lean-Konzepte auf die Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter haben können (Pfäfflin, Schwarz-Kocher und
Seibold 2010, S. 94 ff.). Die Einschätzungen der Arbeitnehmervertretungen sind in Tabelle 7 nach ihrer hauptsächlichen Wirkung dargestellt. Nach Einschätzung der
Betriebsräte wirken sich die Fließfertigung, die U-Zelle/
U-Montage und das Wertstromdesign negativ auf die
Arbeitsbedingungen aus.
Zu der Gruppe mit wenigen oder ambivalenten Auswirkungen zählen Visualisierung, Kanban-Systeme,
Rüstzeitworkshops und geführte Gruppenarbeit. Die
geführte Gruppenarbeit wird in ihren Wirkungen zwiespältig beurteilt. Eine gleichermaßen positive wie negative Bewertung von Rüstzeitworkshops führen Pfäfflin,
Schwarz-Kocher und Seibold (2010, S. 92) auf deren
Organisationsweise zurück (Experten/Beschäftigte und
per Direktion/unter Einbeziehung der Betroffenen).
Am besten werden die Methoden 5S, Total Productive
Maintenance (TPM) und Standardisierung bewertet, die
% ≙Verbesserung
34
GANZHEITLICHE PRODUKTIONSSYSTEME IN DEUTSCHLAND –
PRODUKTIONSWIRTSCHAFT
EINE BESTANDSAUFNAHME DER PRAXIS
somit zu einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen
beitragen. Mit Hilfe von 5S und TPM werden Fehler vermieden, sodass sich eine ausgeglichene Produktion ergibt. Auffallend ist die Beurteilung der Standardisierung
aus Sicht der Arbeitnehmervertretungen, die größtenteils eine Verbesserung durch Standards erkennen; Gewerkschaften hingegen meinen, dass Standards den
Handlungsspielraum der Mitarbeiter einschränken. Eine
Begründung für die positivere Einstellung der Betriebsräte sehen Pfäfflin, Schwarz-Kocher und Seibold (2010,
S. 94) darin, dass Betriebsräte die mit der Standardisierung verbundenen Vorzüge für die Beschäftigten
erkennen. Eindeutig formulierte Arbeitsanforderungen
und übersichtliche Arbeitsabläufe belasten die Beschäftigten weniger.
4 Zusammenfassung
Im Artikel wurden die Verbreitung sowie die vielfältigen
Anwendungsbereiche des GPS-Ansatzes anhand der
vier Dimensionen Sektoren, Branchen, Zulieferketten
und Unternehmensprozesse erläutert. Der zweite Teil
behandelte den Entwicklungsstand sowie Erfahrungen
produzierender Unternehmen mit GPS. Die dargestellten Studien machen deutlich, dass GPS für die Industrie
sehr wichtig sind.
Nachfolgend werden wesentliche Erkenntnisse der analysierten Studien zusammengefasst.
Während sich größere Unternehmen bereits mit der
Weiterentwicklung des GPS beschäftigen, stehen KMU
überwiegend in den frühen Phasen der Einführung. Jedoch gibt es auch KMU, die einen höheren Reifegrad aufweisen. Die Ergebnisse der Erhebungen lassen erkennen,
dass sich KMU verstärkt dieser Thematik annehmen und
dass GPS in diesen Unternehmensgruppen erfolgreich
angewendet werden können. Derzeit wird weiterhin an
entsprechenden Unterstützungsmaßnahmen für diese
Unternehmensgruppen gearbeitet. Mit einem fortgeschrittenen Einführungsstand der Automobilindustrie
und deren Zulieferer belegt die Benchmark-Studie 5, dass
diese Branchen ihrer Vorreiterrolle gerecht werden.
Die Gründe für eine GPS-Einführung sind bei größeren
Unternehmen und auch bei KMU überwiegend interner
Natur; hier geht es zum Beispiel um die Verbesserung
der Qualität, die Reduzierung der Zeit und der Kosten
sowie eine bessere Übersicht über die Produktionsabläufe. Externe Gründe – wie der Kundenwunsch – sind
meist weniger wichtig.
Alle Erhebungen bestätigen eine deutliche Verbesserung
der wirtschaftlichen Kenngrößen durch die Einführung
eines GPS, welches somit die Produktivität steigert und
zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit beiträgt.
Schwierigkeiten ergeben sich für KMU bei der Umsetzung von GPS aufgrund ihrer Unternehmensgröße, da
sie nur über begrenzte personelle Kapazitäten verfügen.
Darüber hinaus hängen weitere Probleme mit Organisationsstrukturen und fehlender Methodenkenntnis
zusammen. Größere Unternehmen sehen Einschränkungen bei der Einführung hauptsächlich in den vorhandenen Betriebsmitteln und der bestehenden Gebäudeinfrastruktur.
Die Betrachtung der Methodenanwendung ergibt, dass
große Unternehmen viele Methoden einsetzen und sowohl alle Prinzipien als auch Methoden für den Erfolg
eines GPS für notwendig halten. Dagegen setzen KMU
vermehrt auf einzelne, einfachere Methoden, die sie
nach Bedarf gezielt auswählen.
Besonders deutlich wurde in den Studien, dass der Erfolg eines GPS von allen Mitarbeitern, sowohl von den
Führungskräften als auch von den operativen Mitarbeitern, abhängig ist. Demzufolge sehen die Unternehmen
in den Mitarbeitern das größte Potenzial und benötigen
bei der Motivation ihrer Mitarbeiter zukünftig weitere
Hilfestellungen. KMU halten einen intensiveren Erfahrungsaustausch mit Branchenpartnern und spezielle
Implementierungsleitfäden für nützlich.
>>> Autoren-Kontakt
Professor Dr.-Ing. Sascha Stowasser
Institut für angewandte Arbeitswissenschaft, ifaa
Tel.: +49 211 54226315
E-Mail: S.Stowasser@ifaa-mail.de
Linda Heßlinger
Karlsruhe Institut für Technologie, KIT
Tel.: +49 176 62506493
E-Mail: l.hesslinger@yahoo.de
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BETRIEBSPR A XIS & ARBEITSFORSCHUNG 212 | 2012
36
ALTERSNEUTRALE UND WIRTSCHAFTLICHE GESTALTUNG
ERGONOMIE
VON MONTAGEARBEITSPLÄTZEN CONTRA LEISTUNGSWANDEL
Bruno Lotter
Industrieberatung Montagetechnik
Jochen Hartung
Technische Universität Dortmund
Um dem demografischen Wandel und der damit verbundenen Erhöhung leistungsgewandelter Mitarbeitern/innen gerecht zu werden, müssen im Bereich der manuellen Montage die Arbeitsplätze streng nach
ergonomischen Grundsätzen und altersneutral aufgebaut werden. Mit den folgenden Ausführungen werden
Lösungsansätze für die Montage, getrennt für kleine und große Produkte, beschrieben.
Kleine Produkte
Max. Produktgröße:
Gewicht:
Komplexität:
Aus betriebswirtschaftlicher und ergonomischer Sicht
ist festzustellen:
ca. 100 x 100 x 100 mm,
bis zu ca. 2 kg,
20 bis ca. 40 Einzelteile.
Aus Abbildung 1 geht der Zeitaufwand für einen Montagevorgang in Abhängigkeit von der Bewegungslänge,
bestehend nach MTM aus den Grundbewegungen Hinlangen, Greifen, Bringen, Fügen und Loslassen, hervor.
Deutlich wird, bezogen auf einen einfachen Fügevorgang nach MTM („Methods-Time Measurement“), dass der
Gesamtaufwand im Wesentlichen durch die Größenordnung der Bewegungslänge von Hinlangen und Bringen bestimmt wird. Bei einer Bewegungslänge von 20
Zentimeter beträgt deren Anteil 47,5 Prozent und bei
einer Bewegungslänge von 80 Zentimeter 70 Prozent
der Gesamtzeit.
2,0
Maximale Produktgröße: ca. 100 x 100 x 100 mm
Gewicht:
bis zu 2 kg
Komplexität:
20 bis 40 Einzelteile.
16,2
TMU
32,0
Loslassen 2,0
Fügen
16,2
Bringen
11,7
Greifen
7,3
7,3
27,6
Hinlangen11,4
∑ TMU
48,6
60,8
73,0
Sekunden
1,75
2,19
2,63
85,1
3,06
Greifwege
20 cm
40 cm
60 cm
80 cm
Anteil:
Hinlangen und
Bringen [TMU]
23,1
35,3
47,5
59,6
In % von ∑
47,5
58
65
70
1 TMU (Time Measurement Unit) = 1/100.000 Std = 0,036 sec
Große Bewegungslängen erhöhen die Vorgangszeit
und sind somit ein Rationalisierungspotenzial.
Bewegungslängen über 40 Zentimeter erfordern ausgestreckte Armhaltung. Die statische Beanspruchung
der Oberarm- und Schultermuskulatur ist permanent erhöht und verringert die Geschicklichkeit des
Greifens und kann zur Leistungswandlung führen
(Grandjean 1979).
Grundsätzlich sichern kurze Bewegungslängen eine Reduzierung der Montagezeiten und damit eine Erhöhung
der Stückleistung bei gleichzeitiger körperlicher Entlastung der Mitarbeiter. Die erhöhte Stückleistung, unter
der Voraussetzung kurzer Bewegungslängen, bedeutet
keine zusätzliche Körperbelastung.
Um die Bewertung der körperlichen Belastung der Mitarbeiter relativ sicherzustellen, sollten die Bewertungskriterien von der Stundenleistung nach REFA auf den
Zeitraum einer Schicht und einer Jahresleistung erweitert werden.
Eine heute weit verbreitete Arbeitsplatzgestaltung für
ein virtuelles Produkt, bestehend aus 13 Einzelteilen
und einem Vorgang des Ablegens des fertig montierten
Produktes auf ein Förderband, ist in Abbildung 2 dargestellt. Der Aufwand für den Fügevorgang ist einheitlich
für alle Einzelteile nach MTM P2SE mit 16,2 TMU angenommen. Die Bewegungslängen schwanken von 20 bis
zu 80 Zentimetern.
Abbildung 1: Montagevorgangszeitentwicklung bei unterschiedlichen Bewegungslängen
BETRIEBSPR A XIS & ARBEITSFORSCHUNG 212 | 2012
ifaa
37
Es gelten folgende Definitionen:
14
2
3
4
5
50
60
40
6
7
8
30
9
10
30
25 20
20 25
40
11
50
12
13
60
1
80 cm
80 cm
Gesamtgreifweg 12,2 m
Abbildung 2: Arbeitsplatzbeispiel
Unter Primärmontagevorgängen (PV) sind alle Vorgänge zu verstehen, die der Wertschöpfung eines Produktes
während seines Montagevorganges dienen – also alle
Aufwendungen an Zeit, Energie, Informationen und
Teilen zur Vervollständigung eines Produktes.
Unter Sekundärmontagevorgängen (SV) sind alle Vorgänge zu verstehen, die aufgrund des gewählten Montageprinzips notwendige sekundäre Aufwendungen an
Zeit, Informationen und Energie darstellen, ohne eine
Wertschöpfung des Produktes zu bewirken. Beispiele
sind Weitertransportieren, Neugreifen und so weiter.
Die Berechnung des Wirkungsgrades der Montage erfolgt nach der Formel
Tabelle 1: Berechnung der Vorgangszeiten nach MTM
Mit MTM errechnet sich für dieses Beispiel eine Gesamtmontagezeit von 864,2 TMU = 31,1 Sekunden. Der
Anteil für Hinlangen und Bringen beträgt 523,4 TMU
= 18,8 Sekunden und entspricht 60,5 Prozent der Gesamtmontagezeit.
Die errechnete Montagezeit von 31,1 Sekunden ergibt
unter Berücksichtigung einer persönlichen Verteilzeit
von 10 Prozent eine Montagezeit von 34,2 Sekunden
und eine Stundenleistung von 3 600 s / 34,2 s = 105
montierte Baugruppen. Bei einer 7-Stunden-Schicht an
230 Arbeitstagen errechnet sich eine Jahresleistung von
169 050 Baugruppen.
Nach Abbildung 2 ergeben sich zur Montage einer Baugruppe 12,2 m notwendige Bewegungslängen. Für die
Jahresleistung von 169 050 Baugruppen wird eine Bewegungslängenleistung pro Jahr von
12,2 m x 105 Stück/h x 7 h/Tag x 230 Tage = 2 062 km
notwendig.
Mit Hilfe der Primär-Sekundär-Analyse wird der wirtschaftliche Wirkungsgrad der Montage als quantitatives Beurteilungskriterium berechnet, und so werden
Optimierungs- und Rationalisierungsmöglichkeiten
deutlich gemacht (Lotter 1992).
BETRIEBSPR A XIS & ARBEITSFORSCHUNG 212 | 2012
Die Primär-Sekundär-Analyse ist mehrstufig ausgebaut,
und zur Bewertung einzelner Arbeitsplätze oder einzelner Montagefolgen kommt die Feinanalyse zum Einsatz.
Ausgangsbasis der Feinanalyse sind die fünf Grundbewegungen nach MTM: Hinlangen, Greifen, Bringen, Fügen und Loslassen.
Bei strenger Auslegung der Primär-Sekundär-Definition
ist von diesen fünf Grundbewegungen nur die Grundbewegung „Fügen“ als primärer Montagevorgang zu
betrachten. Eine Berechnung des Wirkungsgrades eines Montagearbeitsplatzes nach dieser Definition ist
grundsätzlich möglich, hat aber keine große Aussagekraft, denn ein Einzelteil gelangt nicht ohne Aufwand
lagegerecht zum Fügeort. Die Feinanalyse erfolgt nun
in der Weise, dass der notwendige Mindestaufwand
als Primärvorgang definiert wird und der darüber hinausgehende Aufwand als Sekundärvorgang gilt. Als
Grenzwert wird grundsätzlich die arbeitsplatzgünstigste Werkstückbereitstellung angenommen. Aus der
Arbeitsplatzgestaltung nach Abbildung 2 geht dieser
Grenzwert mit 20 Zentimetern für die Grundbewegungen Hinlangen und Bringen hervor. Demnach gilt beispielsweise für eine Grundbewegung von 80 Zentimeter
für Hinlangen und Bringen, dass 20 Zentimeter als primär und 60 Zentimeter als sekundär zu gelten haben.
Greifen und Fügen gelten als primärer und Loslassen
als sekundärer Aufwand (Lotter 1992, Lotter/Schilling
1994, Lotter/Spath 2002, Lotter/Wiendahl 2006).
38
ALTERSNEUTRALE UND WIRTSCHAFTLICHE GESTALTUNG
VON MONTAGEARBEITSPLÄTZEN CONTRA LEISTUNGSWANDEL
ERGONOMIE
Eine mögliche Arbeitsplatzgestaltung mit Berechnung
der Vorgangszeiten geht aus Abbildung 2 hervor. Die
Zuordnung des Aufwandes nach der Primär-SekundärFeinanalyse zeigt Tabelle 2.
Grundbewegungen
MTM-Code
Einteilung
PV [TMU]
SV [TMU]
Hinlangen
R-C
20 cm PV, darüber hinaus SV
159,6
89,2
Greifen
G1C1
PV
102,2
Bringen
M-C
20 cm PV, darüber hinaus SV
163,8
Fügen
P2SE
PV
210,6
Loslassen
RL1
SV
110,8
28,0
636,2
228,0
Tabelle 2: Zuordnung nach Primär- und Sekundäraufwand der Arbeitsplatzgestaltung nach Abb. 2
Der Elektroschalter nach Abbildung 3 besteht aus elf
Einzelteilen. Das Teil 11, eine Schraube, wird zweimal
benötigt. Ein Pressvorgang zum Umformen durch Kerben der gefügten Teile T5 und T9 und zwei Schraubvorgänge mit handgeführtem Pneumatik-Schrauber sind
durchzuführen.
Zum Vergleich sind die Werkbankmontage, die Montage
nach dem System „One Piece Flow“ und ein System mit
satzweisem Montageablauf dargestellt.
Aus den Abbildungen 4.1 bis 4.4 gehen die Ausführungsformen und ihre Kennzahlen der im Vergleich stehenden Montagesysteme hervor.
Die Werkbankmontage ist der am meisten eingesetzte Montagearbeitsplatz und erlaubt nur stückweisen
Montageablauf (siehe auch Abbildung 2).
Daraus errechnet sich ein Montagewirkungsgrad von
636,2 TMU / (636,2 + 228,0) TMU = 73,6 Prozent. Dieser
Wirkungsgrad ist nicht ausreichend und müsste zum
Erhalt der Wirtschaftlichkeit in der Größenordnung von
85 Prozent liegen.
Aus ergonomischer Sicht liegen 50 Prozent der Bewegungslängen im Bereich von 40 Zentimetern bis zu 80
Zentimetern und sind nur mit zusätzlichen Kopf- und
Körperdrehungen ausführbar. Das ist eine Belastung, die
über eine Schicht zu anhaltender Ermüdung führen muss
und zu frühzeitiger Leistungswandlung führen kann
(Schlick et al. 2010). Bemerkenswert ist, dass ein schlechter Primär-Sekundär-Montagewirkungsgrad auch auf
ungünstige ergonomische Verhältnisse hinweist.
Die Kombination zwischen ergonomisch hochwertig
gestalteten Arbeitsplätzen und gleichzeitiger Sicherung
konkurrenzfähiger Wirtschaftlichkeit wird an dem Produktbeispiel – ein Elektroschalter nach Abbildung 3 –
dargestellt.
T1 (Basisteil) T9 (Steckfahne) T10 (Schraubblech) T6 (Schieber) T3 (Brücke) T7 (Achse) T8 (Klammer) Der Montagearbeitsplatz nach dem System „One Piece
Flow“ ist mit einer halbkreisförmigen Kugelrollenbahn
mit entsprechender Teilebereitstellung ausgerüstet. Die
Montage erfolgt auf einem verschiebbaren Montageschlitten mit Montagevorrichtung. Montageobjekt (auf
dem Montageschlitten) und Werker bewegen sich entlang der Materialbereitstellung. Damit werden einheitlich kurze Greifwege erreicht.
T5 (Lasche) T4 (Kugel) T11 (Schraube) Abbildung 4.1: Werkbank-Montagearbeitsplatz für stückweisen Ablauf
T2 (Spule) Das System für satzweisen Montageablauf ist in Rundtaktausführung mit 12 bis 24 Montageaufnahmen und
zentral angeordneter Teilebereitstellung aufgebaut.
(Lotter B, Wiendahl H-P 2006)
Abbildung 3: Produktbeispiel Elektroschalter
BETRIEBSPR A XIS & ARBEITSFORSCHUNG 212 | 2012
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39
Mit der Primär-Sekundär-Analyse wurden die erzielbaren Wirkungsgrade ermittelt. Die Werkbankmontage
liegt bei 74 Prozent, die One Piece Flow-Lösung bei 85
Prozent und die Lösung mit satzweisem Montageablauf bei 86,5 Prozent.
Abbildung 4.2: One Piece Flow-Montagearbeitsplatz (LP-Montagetechnik)
Bewertung der Wirtschaftlichkeit:
Über eine Platzkostenrechnung nach Tabelle 3 sind die
erzielbaren Montagestückkosten ermittelt. Bei einer
Stundenleistung von 86,4 Elektroschaltern errechnen
sich Montagestückkosten von 0,36 €. Bei der One Piece
Flow Lösung erhöht sich die Leistung pro Stunde auf
117,6 Stück und die Montagestückkosten reduzieren
sich auf 0,28 €. Mit dem System der satzweisen Montage erhöht sich die Leistung pro Stunde auf 163,6
Stück und die Montagestückkosten reduzieren sich auf
0,21 €.
Werkbank
Investition
Aus Abbildung 4.4 gehen die Vergleichswerte der unterschiedlichen Montagesysteme zur Montage des Elektroschalters nach Abbildung 3 hervor.
Montagesystem
Werkbank
One Piece Flow
Satzweise Montage
Kennwerte
▼
Montagezeit/Stück
8000
30 000
48 000
Abschreibung auf 5 Jahre
[€/Jahr]
1 600
6 000
9 600
Kalk. Zinsen 10 % von 50 % Invest
[€/Jahr]
400
1 500
2 400
Instandhaltung 5 % von Invest
[€/Jahr]
400
1 500
2 400
Betriebskosten
[€/Jahr]
2 400
9 000
14 400
Betriebskosten bei Nutzung 3220 h/Jahr
[€/h]
0,75
2,80
4,47
Personalkosten
[€/h]
30,00
30,00
30,00
Stundensatz
[€/h]
30,75
32,80
34,47
[Stück/h]
86,40
117,00
163,60
[€/Stück]
0,36
0,28
0,21
Montagestückkosten
Die Montagearbeitsplätze in den Abbildungen 4.1, 4.2 und
4.3 sind für Tätigkeiten im Sitzen und Stehen geeignet.
41,7 s
30,8 s
22 s
Stückleistung/h
86,4
117,6
163,6
Greifwege/Stück
12,20 m
7,70 m
5,04 m
Greifwege/h
1.054 m
905,5 m
825 m
Greifwege/Tag/Schicht
7.378 m
6 685 m
5 775 m
Greifwege/Jahr/Schicht
1 328 km
1.697 km
1 458 km
Körperbelastung
hoch
gering
gering
Ergonomie
gering
sehr gut
sehr gut
Montagewirkungsgrad
74 %
85 %
86,5
Abbildung 4.4: Montagesystemvergleich von drei unterschiedlichen Montagesystemen zur Montage des Elektroschalters
BETRIEBSPR A XIS & ARBEITSFORSCHUNG 212 | 2012
Satzweise
Montage
[€]
Stückleistung
Abbildung 4.3: Montagearbeitsplatz mit satzweisem Ablauf
(LP-Montagetechnik)
One Piece
Flow
Tabelle 3: Wirtschaftlichkeitsvergleich der Montagesysteme nach Abb. 4.1, 4.2
und 4.3
Bewertung der Ergonomie:
Die ergonomische Bewertung der Arbeitssysteme erfolgt anhand der MTM-Planungsanalysen. Als wissenschaftlich anerkanntes und den ergonomierelevanten
EU-Richtlinien konformes Bewertungsverfahren wird das
„Automotive Assembly Worksheet“ (AAWS/AAWS+) verwendet (Schaub 2004 S. 91ff, Kugler et al. 2010 S.21ff).
Das Screening-Verfahren ermöglicht eine ergonomische
Risikoanalyse der Montagetätigkeiten unter Berücksichtigung von statischen sowie kurzzyklischen repetitiven
Ganzkörperkräften. Dabei werden die Belastungsarten in
Teilbelastungen unterteilt und mit Punkten bewertet. Je
höher der Punktwert, desto höher das gesundheitliche
Risiko. Das Verfahren summiert die Teilbelastungen und
deren Punktwerte und liefert somit eine Risikobeurteilung der Gesamtsituation des Arbeitssystems. Beurteilt
werden dabei die Körperhaltung beziehungsweise -bewegungen, zusätzliche Kräfte sowie die Lastenhandhabung anhand eines Drei-Zonen-Modells auf Basis des
Ampel Prinzips (vgl. DIN EN 614-1 S. 20 f).
40
ALTERSNEUTRALE UND WIRTSCHAFTLICHE GESTALTUNG
VON MONTAGEARBEITSPLÄTZEN CONTRA LEISTUNGSWANDEL
ERGONOMIE
Zur weitgehend alters- und geschlechterneutralen
Betrachtung werden für die Analysen das 50. Körpermaßperzentil und 50. Kraftperzentil der weiblichen (w)
beziehungsweise männlichen (m) Nutzerpopulation
verwendet (vgl. DIN 33402-2 und DIN 33411-5). Die
Ergebnisse der ergonomischen Bewertung berücksichtigen dabei den kurzzyklischen Arbeitsablauf der manuellen Montage, unter der Voraussetzung, dass die Arbeitsinhalte über den betrachteten Zeitraum von einer
Schicht konstant bleiben (siehe Tabelle 4).
Werkbank
One Piece Flow
Satzweise Montage
50. Perzentil
w
m
w
m
w
m
Punktwert
der Analyse
27
23
17,25
11,75
8,25
7
Risikobewertung
Mögliches
Risiko
Kein Risiko
Kein Risiko
Kein Risiko
Kein Risiko
Kein Risiko
Nicht empfeh- Empfehlenslenswert
wert
Empfehlenswert
Empfehlenswert
Empfehlenswert
Empfehlenswert
Empfehlung
Handlung
Maßnahmen
erforderlich
Keine
Maßnahmen
erforderlich
Keine
Maßnahmen
erforderlich
Keine
Maßnahmen
erforderlich
Keine
Maßnahmen
erforderlich
Keine
Maßnahmen
erforderlich
Einstufung
[DIN EN
614-1]
gelb
grün
grün
grün
grün
grün
Tabelle 4: Ergebnisse der ergonomischen Bewertung für kleine Produkte
Das sich aus dieser Montageaufgabe ergebende Bewertungsergebnis ist als empfehlenswert einzustufen und
es besteht kein physisches Belastungsrisiko und Maßnahmen sind nicht erforderlich.
Montagesystem „Satzweise Montage“:
Durch die Verwendung des Rundtakttisches sind die
Bewegungslängen auf ein Minimum reduziert (15-20
Zentimeter). Sie liegen für alle Montageoperationen
an dem Produkt im körpernahen Bereich. Rumpfneigungen (>20 Grad) sind für diese Ausführungen nicht
erforderlich. Lediglich für die Ablage der montierten
Baugruppen ist eine Rumpfneigung (>20 Grad) beziehungsweise Rumpfdrehung notwendig. Die Arbeitsweise innerhalb der satzweisen Montage erhält den
niedrigsten (besten) Punktwert der bewerteten Montagesysteme für kleine Produkte und ist somit als empfehlenswert zu bezeichnen. Es besteht kein physisches
Belastungsrisiko und Maßnahmen sind nicht erforderlich. Die Bewegungslängen Hinlangen und Bringen sind
extrem kurz und die Belastung der Arm- und Schultermuskulatur sehr gering. Alle Fügevorgänge sind im optimalen Blick- und Arbeitsraum durchführbar. Schnelle
Ermüdung wird trotz der Leistungssteigerung weitgehend vermieden.
Werkbankmontage:
Ein hoher Anteil an Handhabungsvorgängen mit Bewegungslängen über 40 Zentimeter führen dazu, dass derartige Handhabungen nur durch zusätzliche Rumpfdrehung beziehungsweise -neigung und unter gestreckter
Armhaltung auszuführen sind. Durch eine große Anzahl
von Armbewegungen in diesen Bereichen entsteht daraus eine erhöhte physische Belastung der Mitarbeiter.
Kombiniert betrachtet ergibt sich daraus ein Ergebnis,
welches durch die AAWS-Analyse mit einem möglichen
Risiko bewertet wird. Das analysierte Arbeitssystem ist
als nicht empfehlenswert einzustufen und Maßnahmen zur Gestaltung beziehungsweise Risikobeherrschung sollten ergriffen werden.
Montagesystem „One Piece Flow“:
Durch die geänderte halbkreisförmige Teilebereitstellung entlang der Kugelrollenbahn sind die Handhabungswege auf maximal 30 Zentimeter reduziert. Die
Handhabungsvorgänge werden im optimalen Sichtfeld
ausgeführt und benötigen keine Rumpfneigungen (>20
Grad) mehr. Die Handhabungs- und Montagevorgänge
werden in sitzender oder stehender Haltung, ggf. leicht
vorgeneigt, ausgeführt. Rumpfdrehungen sind leicht
ausgeprägt und werden nur noch vereinzelt benötigt.
Insgesamt wird durch den Systemvergleich jedoch
deutlich, dass eine erzielbare hohe Wirtschaftlichkeit in
keinem Widerspruch zu ergonomisch hervorragender
Arbeitsplatzgestaltung stehen muss.
Große Produkte
Max. Produktgröße:
Gewicht:
Komplexität:
ca. 800 x 800 x 1 800 mm,
bis ca.140 bis 150 kg,
80 bis 150 Einzelteile.
Bei Einzelplatz- oder Gruppenmontage sind die Montagearbeitsplätze nach dem Prinzip der Baustellenmontage gestaltet. Stationäre Montageobjekte kennzeichnen
die Baustellenmontage. Das Prinzip der Gruppenmontage besteht darin, dass mehrere Montageobjekte in
benachbarten Montageplätzen gleichzeitig montiert
werden. Die Montageobjekte bleiben stationär, das
Montagepersonal wechselt an den aufgestellten Montageobjekten.
Durch die notwendige Bereitstellung einer hohen Anzahl von Einzelteilen und/oder vormontierter Baugruppen sowie der notwendigen Zugänglichkeit von allen
Seiten zum Montageobjekt hat die Baustellenmontage
einen hohen Platzbedarf. Gegenüber der KleingeräteBETRIEBSPR A XIS & ARBEITSFORSCHUNG 212 | 2012
ifaa
41
montage sind bei der Baustellenmontage Materialbereitstellung und Montageobjekt räumlich voneinander
getrennt. Bei der Kleingerätemontage beschränkt sich
der Aufwand der Teilehandhabung auf Bewegungslängen durch Hand und Arm. Dagegen werden bei der
Baustellenmontage für die Handhabung der Einzelteile
oder Werkzeuge Körperbewegungen wie Drehen, Gehen, Beugen, Bücken und Aufrichten notwendig.
Am Beispiel eines virtuellen Produktes, bestehend aus
107 Einzelteilen mit einem Gewicht von 136,6 kg, wird
die Arbeitsplatzgestaltung in Abbildung 5 dargestellt.
Das Basisteil mit 60 kg Gewicht wird über den Hallenkran am Montagearbeitsplatz bereitgestellt. Die beiden
notwendigen Großteile, einmal 20 kg und einmal 15 kg
Gewicht, stehen auf zwei am Hallenboden platzierten
Paletten bereit. Die Kleinteile mit einem Durchschnittsgewicht von 0,4 kg werden in einem Materiallager bereitgestellt. Davon sind 23 Teile in den unteren Ebenen
des Materiallagers angeordnet. Die Montagezeit dieses
virtuellen Produktes beträgt 15 Minuten und damit ergibt sich eine Leistung von vier Produkten pro Stunde.
Materialregal
Einzelteile
Palette
Zur Handhabung der zwei Großteile von Paletten und
der 23 Kleinteile aus den unteren Ebenen des Regals
sind Körperbewegungen wie Bücken und Aufrichten
notwendig.
Auch beim Fügen von Teilen an großen Objekten sind
ebenfalls Fügevorgänge in gebückter Körperhaltung
nicht zu vermeiden. Bei dem gedachten virtuellen
Montageprodukt müssen innerhalb der vorgesehenen
Montagezeit von 15 Minuten 25-mal in gebückter Körperhaltung Einzelteile aufgenommen werden. Unter
Annahme, dass 35 Teile in gebückter Haltung zu fügen
sind, wird innerhalb von 15 Minuten 60-mal Bücken
und Aufrichten notwendig.
60-mal Bücken und Aufrichten in 15 Minuten stellen
eine Belastung von Muskulatur und Rückgrat dar und
können zur Ermüdung führen. Ein gesundheitliches Risiko entsteht bei der manuellen Handhabung schwerer
Lasten mit der Folge der Überbeanspruchung der Gelenke, Muskeln, Bandscheiben und Wirbelsäule. Als Anhaltspunkte, im Sinne der Berufskrankheitsverordnung,
werden die in Tabelle 5 genannten Werte von Lastengewichten angeführt. Die Werte gelten für Lastgewichte, die eng am Körper getragen werden. Mit länger werdender Tragdauer (Wegstrecke zwischen Aufnehmen
und Fügen) wird die Greifkraft der Finger immer stärker
beansprucht. Jede Kürzung der Tragdauer bedeutet einen besonderen Gewinn infolge exponentieller Reduzierung der Ermüdung und der Wirbelsäulenentlastung
(Landau/Pressel 2009).
Palette
Zumutbare Last [kg]
Montageplatz
2 Großteile 20 + 15 kg = 35,0 kg
104 Kleinteile je 0,4 kg = 41,6 kg
————
76,6 kg/Produkt x 4 Produkte/h
= 306,4 kg/h
und entspricht einem Teilegewicht pro Schicht von
306,4 kg/h x 7 h = 2144,8 kg. Bei 230 Arbeitstagen im
Jahr errechnet sich ein zu handhabendes Teilegewicht
von
2 144,8 kg/Tag x 230 Tage = 493 304 kg oder 493 t.
Davon entfallen für die beiden Großteile 225 t.
BETRIEBSPR A XIS & ARBEITSFORSCHUNG 212 | 2012
gelegentlich
häufiger
Frauen
Männer
Frauen
Männer
15 - 18 Jahre
15
35
10
20
19 - 45 Jahre
15
55
10
30
ab 45 Jahre
15
45
10
25
Abbildung 5: Arbeitsplatzgestaltung
Das zu handhabende Teilegewicht beträgt pro Stunde:
Häufigkeit des Hebens und Tragens
Lebensalter
Tabelle 5: Empfohlene Grenzlasten für das Heben und Tragen von Lasten
(Bongwald et al. 1995 S.30)
Abbildung 6 zeigt drei unterschiedliche Körperhaltungen zum Aufnehmen von Teilen. Körperhaltung A zeigt
die optimale Voraussetzung, ein Teil ohne zusätzliche
Körperbewegungen aufnehmen zu können. Körperhaltung B ist die Aufnahme in gebückter Haltung. Sie sollte vermieden werden und Körperhaltung C, gebückt in
Kombination mit einer Schrittbewegung, ist unmöglich
und darf nicht erforderlich werden.
42
ALTERSNEUTRALE UND WIRTSCHAFTLICHE GESTALTUNG
ERGONOMIE
VON MONTAGEARBEITSPLÄTZEN CONTRA LEISTUNGSWANDEL
Teilebehälter
A
B
C
Abbildung 6: Unterschiedliche Köperstellungen zur Aufnahme von Lasten
(eigene Darstellung nach Dworsky)
Um Leistungswandlung in der Montage von Großgeräten
zu reduzieren beziehungsweise zu verhindern, wird die
Verbesserung der Arbeitsplatzgestaltung notwendig:
1. Paletten mit schweren Werkstücken nicht mehr am
Hallenboden, sondern auf Lagerböcken in passender
Greifhöhe platzieren. Sind pro Palette mehrere Werkstücke gelagert, wäre eine Ablage auf eine Drehscheibe (Teil des Lagerbocks) von Vorteil.
2. Die Bereitstellung der sogenannten Kleinteile muss so
gestaltet werden, dass beim Aufnehmen ein Bücken
und damit ein Aufrichten nicht mehr notwendig wird.
3. Das Montageobjekt muss auf einer in der Höhe verstellbaren Montageaufnahme platziert sein.
4. Verkürzung der Handhabungswege bei schweren Einzelteilen.
Palettenbereitstellung:
Um Bücken und Aufrichten unter Last zu vermeiden,
müssen Paletten mit Großteilen auf einem Lagerbock
nach Abbildung 7
drehbar
bereitgestellt werden. Die Höhe des
Lagerbocks soll in
Anpassung an die
Körpermaße
des
am Arbeitsplatz tätigen Mitarbeiters
möglich sein. Um
Aufnahmesituationen wie in Abb.
6C dargestellt zu
verhindern, soll der
Lagerbock mit einer
drehbaren Aufnahmefläche ausgerüs 800
tet sein.
Abbildung 7: Lagerbock für Paletten mit drehbarer Aufnahmefläche
Bereitstellung der sog. Kleinteile:
Die Bereitstellung von Kleinteilen, beispielsweise bis zu
einem Gewicht von maximal 2 kg, erfolgt in der Regel
mit entsprechenden Greifbehältern, angeordnet in Regalen. Die unterste Bereitstellung von Greifbehältern ist
praktisch der Hallenboden und bedeutet, dass ein Teil
der Greifbehälterpositionen zur Entnahme von Teilen
die Vorgänge des Bückens und Aufrichtens notwendig
macht. Zur Vermeidung von Bücken und Aufrichten
muss die unterste Bereitstellungsebene einer Greifhöhe
entsprechen, die das Aufnehmen eines Teiles ohne Bücken ermöglicht. Abbildung 6A zeigt hierfür ein Beispiel.
Um die Entnahme aus dem Greifbehälter in ergonomisch bester Position sicherzustellen, können dynamische Bereitstellungsregale nach Abbildung 8 zum
Einsatz kommen. Die Bereitstellungsebenen sind dabei
nicht mehr statisch, sondern können in Anpassung der
optimalen Entnahmeposition automatisch verstellt
werden.
Eine Grundvoraussetzung beim Einsatz dynamischer
Bereitstellungsregale ist, dass die Anordnung der Greifbehälter der Montagerangfolge entspricht.
Abbildung 8 zeigt ein System mit drei unterschiedlichen
Bereitstellungsebenen. Die Entnahmehöhe der Teile ist
auf einen Meter eingestellt. Das System ist mit drei Bereitstellungsebenen ausgerüstet. Abbildung 8a zeigt die
Stellung für die Entnahme der bereitgestellten Teile der
Ebene 1, Abbildung 8b die Stellung der Ebene 2 und Abbildung 8c die Stellung der Ebene 3 für die Entnahme
der Teile. Damit sind alle Teile in gleicher Entnahmehöhe aufnehmbar und ein Bücken und Aufrichten wird
vermieden. Die dynamischen Bereitstellungsregale werden in der Verstellung der Regalebenen über ein sog.
Pick-by-light-System gesteuert. Ist die Bereitstellungsebene 1 in Entnahmeposition, leuchten automatisch die
1–2m
E
1
E
2
E
3
2
3
a)
b)
c1)
c2)
E Entnahmeposition, a) Bereitstellungsebene 1, b) Bereitstellungsebene 2
c1) Seitenansicht der Bereitstellungsebene 3, c2) Vorderansicht der Bereitstellungsebene 3
Abbildung 8: Dynamisches Bereitstellungsregal (LP Montagetechnik)
Lampen an den Greifbehältern der Ebene auf. Wird ein
Teil entnommen, löscht dies die Lampe. Sind alle Teile
der Bereitstellungsebene entnommen, sind auch alle
Lampen gelöscht und die Verstellung von Ebene 1 auf 2
BETRIEBSPR A XIS & ARBEITSFORSCHUNG 212 | 2012
ifaa
43
wird automatisch durchgeführt. Ist Ebene 3 abgearbeitet, werden die Ebenen im Block auf Ausgangsposition
zurückgefahren und Ebene 1 steht wieder im optimalen
Greifbereich.
Montageaufnahme des zu montierenden Produktes:
Um Montage in gebückter Körperhaltung zu vermeiden, muss, in Abhängigkeit der Dimensionen des Montageobjektes, die Montageaufnahme in ihrer Höhe
verstellbar sein. Abbildung 9 zeigt die notwendige Verstellbarkeit der Produktaufnahme, abgestimmt auf den
notwendigen Arbeitsraum.
Produkthöhe a
Arbeitsraum
ca. 60 cm
Produkthöhe b
Tischhub
Abbildung 9: Höhenverstellbarer Arbeitsplatz für stehende Montagearbeit
Ein weiteres Beispiel der Arbeitsplatzgestaltung zeigt
Abbildung 10 für ein sehr schlankes, aber großes Montageobjekt. Das Objekt kann liegend und zum Teil senkrecht stehend montiert werden. Liegend und stehend
ist die Montageaufnahmehöhe einstellbar.
Montageobjekt
Schließkraft der Finger lässt mit jedem Schritt nach
und verursacht eine zusätzliche Belastung der Mitarbeiter.
Montagezeitreduzierung großer Produkte durch ergonomische Arbeitsplatzgestaltung:
Abbildung 11 zeigt beispielhaft den Ablauf, um ein
schweres Einzelteil mit einem Gewicht von ca. 20 kg zu
handhaben und im unteren Bereich des Basisteiles den
Fügevorgang durchzuführen.
Abbildung11A zeigt den Bewegungsablauf bei ergonomisch schlecht gestaltetem Arbeitsplatz. Nach der
Fügung eines Werkstückes im unteren Bereich des
Montageobjektes muss der Werker zur Durchführung
des nächsten Vorganges sich aufrichten, eine Körperdrehung und drei Schritte zur Teilebereitstellung ausführen. Um das Teil aufzunehmen, muss er sich bücken,
mit dem Teil wieder aufrichten, eine Körperdrehung
und drei Schritte zum Bauteil ausführen, sich bücken
und dann fügen.
Abbildung 11B zeigt den Bewegungsablauf bei ergonomisch verbesserter Arbeitsplatzgestaltung. Durch eine
in der Höhe verstellbare Montageplattform entfällt das
Aufrichten. Die verkürzte Entfernung zur Materialbereitstellung erspart einen Schritt. Die Bereitstellung der
Palette mit dem schweren Teil auf einem Lagerbock verhindert zur Teileaufnahme das Bücken und Aufrichten.
Den zeitlichen Unterschied für die Handhabung eines
schweren Teiles nach Abbildung 11A und 11B zeigt Tabelle 6. Da die Funktionen Hinlangen, Greifen, Bringen,
Fügen und Loslassen keinen Unterschied aufweisen, beschränkt sich die Tabelle 6 auf die Körperbewegungen
wie Körperdrehung, Bücken, Aufrichten und Gehen.
schwenkbar
Montageobjekt
bis zum Boden
absenkbar
BETRIEBSPR A XIS & ARBEITSFORSCHUNG 212 | 2012
•
•
Montageplatz
Verkürzung der Handhabungswege:
Palette mit
Großteil,
platziert am
Boden
Materialbereitstellung
negativ
B
optimal
Montageobjekt
2 Schritte
Montageraum
Grundsätzlich reduziert jeder nicht notwendige
Schritt die Montagezeit um 15 TMU. Für die Wirtschaftlichkeit der Montage muss jeder nicht notwendige Schritt vermieden werden. Dies reduziert gleichzeitig die Belastung der Mitarbeiter. Von besonderer
Bedeutung ist die Verkürzung der Handhabungswege
mit großen, schweren Werkstücken. Die notwendige
negativ
Montageobjekt
A
Abbildung 10: Montageaufnahme, schwenkbar und in der Höhe verstellbar
Montageraum
3 Schritte
optimal
•
•
Palette mit
Großteil,
platziert auf
Lagerblock
Abbildung 11: Ablauf eines Montagevorganges mit einem schweren Teil (20 kg)
44
ALTERSNEUTRALE UND WIRTSCHAFTLICHE GESTALTUNG
ERGONOMIE
VON MONTAGEARBEITSPLÄTZEN CONTRA LEISTUNGSWANDEL
Lösung A
[TMU]
Lösung B
[TMU]
Körperdrehung TBC2
37,2
37,2
Gehen W-P 3 Schritte
45,0
Bewegungsablauf
Gehen W-P 2 Schritte
Montageobjekt auf höhenverstellbarer Montageplattform, um Fügevorgänge durch Bücken zu vermeiden.
30,0
Bücken S
29,0
--
Aufrichten AS
31,9
--
Körperdrehung TBC2
37,2
37,2
Gehen unter Last W-PL 3 Schritte
51,0
Gehen unter Last W-PL 2 Schritte
Verkürzung der Handhabungswege von drei auf zwei
Schritte durch entsprechende Arbeitsplatzgestaltung.
34,0
Bücken S
29,0
--
Aufrichten AS
31,9
--
292,2
292,2 TMU
= 10,5 s
138,4
138,4 TMU
= 5,0 s
Summe
Tabelle 6: MTM-Analyse zu Abb. 11: im Vergleich Lösung A zu Lösung B
Wirtschaftlichkeit:
Ausgangsbasis: Das im Kapitel „Große Produkte“ beschriebene Produkt benötigt bei einer Arbeitsplatzgestaltung nach Abbildung 11A eine Montagezeit von 900
Sekunden und entspricht einer Stundenleistung von
vier Produkten. Daraus errechnet sich eine Jahresleistung im Zweischichtbetrieb zu
4 Stück/h x 14 h/Tag x 230 Tage/Jahr = 12 880 Produkte/Jahr.
Zur Vermeidung möglicher Leistungswandlung und
notwendiger Verbesserung der Wirtschaftlichkeit müssen die in Abbildung 11B ausgeführten Veränderungen
der Arbeitsplatzgestaltung zum Einsatz kommen:
Paletten mit Großteilen werden nicht mehr auf dem
Hallenboden sondern auf Lagerböcken bereitgestellt.
Bücken und Aufrichten entfallen.
Pos. Teile
Vorgang
davon entfallen bei
Lösung B
Anzahl
Zeit je
der Vor- Vorgang
gänge
[TMU]
Zeit je
Produkt
[TMU]
1
2 Großteile
von Palette
Bücken und Aufrichten
aufnehmen
2
29 + 31,9
121,8
2
2 Großteile
Gehen
4
15
60,0
3
23 Kleinteile
aus Regal
Bücken und Aufrichten
entnehmen
23
29 + 31,9
4
23 Kleinteile
Gehen
1 Schritt vor und 1 zurück
46
15
690,0
5
81* Kleinteile Gehen
1 Schritt mit je 2 Teilen
vor und 1 zurück
80
15
1 200,0
6
35 Teile
Bücken und Aufrichten
35
29 + 31,9
2 131,5
Summe
Summe
Fügen
1 Schritt vor und 1 zurück
Bereitstellung der kleinen Teile in dynamisch verstellbaren Lagerregalen zur Vermeidung von Bücken und
Aufrichten.
1 400,7
[TMU] 5 604,0
[s]
201,7
Aus Tabelle 7 gehen, nach Durchführung der genannten
Arbeitsplatzveränderungen, die möglichen Montagezeitreduzierungen pro Produkt hervor:
Die Montagezeit ohne Veränderungen (Abb. 11A) liegt
bei 900 Sekunden und reduziert sich bei der Lösung aus
Abb. 11B auf
900 Sekunden – 202 Sekunden = 698 Sekunden
oder um 22 Prozent
Die Stundenleistung erhöht sich dabei auf
3 600s/698 s = 5,16 Stück.
Bei gleich bleibender Jahresstückleistung von 12 880
Stück sind nur noch
12 880 Stück/Jahr : 5,16 Stück/h = 2 496 Montagestunden/Jahr notwendig.
Eine Einsparung von
3 220 h/Jahr – 2 496 h/Jahr = 724 Stunden/Jahr.
Bei einem Personalkostensatz von 40 €/h errechnet
sich eine Jahreseinsparung von
724 h/Jahr x 40 €/h = 28 960 €/Jahr
Dem Ergebnis gegenüber steht eine Zusatzinvestition
von
2 Lagerböcke für Paletten
1 200 €
1 dynamisches Lagersystem
15 000 €
1 verstellbare Montageplattform
8 000 €
—————
Summe
24 200 €
Amortisationszeit der Zusatzinvestition:
24 200 € / 28 960 € = 0,84 Jahre = 10 Monate
Primär-Sekundär-Analyse (PSA)
Definition der PV-Analyse für Baustellenmontage:
Primäraufwand (PV):
Fügen und Teilehandhabung bis zu max. einem Schritt
Gehen und ohne Körperbewegungen wie Bücken und
Aufrichten.
* Alle Kleinteile werden nicht einzeln, sondern paarweise gehandhabt.
Tabelle 7: Montagezeitreduzierung pro Produkt bei Arbeitsplatzgestaltung
nach Abb. 11B
Sekundäraufwand (SV):
Aufwand, welcher neben dem Primäraufwand durch die
BETRIEBSPR A XIS & ARBEITSFORSCHUNG 212 | 2012
ifaa
45
Arbeitsplatzgestaltung notwendig wird. Dazu zählen zum
Beispiel Körperbewegungen wie Bücken und Aufrichten.
Mit der Arbeitsplatzgestaltung nach Abbildung 11A
wird zur Montage eines Objektes ein Aufwand von 900
Sekunden notwendig. Der Sekundäranteil berechnet
sich wie folgt:
Ergonomische Bewertungsergebnisse für die Montage
großer Produkte:
Die Ergebnisse der ergonomischen Bewertung der Montagesysteme für die großen Produkte erfolgt nach dem
bereits beschrieben Bewertungsverfahren „Automotive
Assembly Worksheet Plus“ und sind in Tabelle 8 zusammengestellt.
Gehen 3 Schritte: 1 Schritt PV und 2 Schritte SV
SV: 2 x 65 Schritte x 15 TMU/Schritt = 1 950 TMU = 70,2 s
70,2 Sekunden hin + 70,2 Sekunden zurück = 140,4 s
Bücken und Aufrichten
SV: 25 Teile x 60,9 TMU/Teil = 1 522,5 TMU =
Fügen in gebückter Haltung und Aufrichten
SV: 35 Teile x 60,9 TMU/Teil = 2 131,5 TMU =
Gesamtsekundäraufwand
54,8 s
76,7 s
————
271,9 s
Der Primäraufwand beträgt 900 s – 271,9 s
= 628,1 Sekunden
Lösung A
Lösung B
50. Perzentil
w
m
w
m
Punktwert der
Analyse
63
58
23
16
Hohes Risiko
Hohes Risiko
Kein Risiko
Kein Risiko
Vermeiden
Vermeiden
Empfehlenswert
Empfehlenswert
Maßnahmen
dringend
erforderlich
Maßnahmen
dringend
erforderlich
Keine
Maßnahmen
erforderlich
Keine
Maßnahmen
erforderlich
rot
rot
grün
grün
Risikobewertung
Empfehlung
Handlung
Einstufung
Der Montagewirkungsgrad mit der Arbeitsplatzgestaltung nach Abb. 11A berechnet sich zu
[DIN EN 614-1]
Tabelle 8: Ergebnisse der ergonomischen Bewertung für große Produkte
628,1 s
WM = ———————— x 100 [%] = 69,8 %
628,1 s + 271,9 s
Mit den Veränderungen der Arbeitsplatzgestaltung
nach Abb. 11B wird der gesamte Sekundäraufwand
der Arbeitsplatzgestaltung nach Abb. 11A Bücken und
Aufrichten eliminiert. Vom Aufwand für Gehen bleibt
ein Schritt pro Vorgang, da der Handhabungsweg bei
diesem Lösungsvorschlag mit zwei Schritten bestimmt
ist. Nach der eingangs genannten Definition ist nur ein
Schritt dem Primärvorgang zuzuordnen.
Mit dem Lösungsvorschlag nach Abbildung 11B reduziert sich die Gesamtmontagezeit pro Produkt auf 698
Sekunden. Als Sekundäranteil kommen 65 Schritte vor
und 65 Schritte zurück für die Handhabung der Einzelteile zum Ansatz und errechnen einen Sekundäranteil
von
130 Schritte x 15 TMU/Schritt = 1 950 TMU = 70,2 s.
Der Montagewirkungsgrad der Arbeitsplatzgestaltung
nach Abbildung 11B errechnet sich zu
628,1 s
WM = ———————— x 100 [%] = 90 %
628,1 s + 70,2 s
BETRIEBSPR A XIS & ARBEITSFORSCHUNG 212 | 2012
Lösungsvariante A
Die Handhabung der schweren Teile (15, 20 kg) erfolgt
von der Palette auf Hallenboden-Niveau durch tiefes
Beugen beziehungsweise weites Vorneigen des Rumpfes. Der Großteil der zu montierenden Einzelteile benötigt für das Aufnehmen aus der unteren Ebene des Regals (23 Stück) sowie das Fügen im unteren Bereich des
Basisteiles (35 Stück) einen stark nach vorn gebeugten
Oberkörper (> 60 Grad). Die Dauer und Intensität der
Beziehung sowie die Art und Weise der Handhabung
führen zu einem hohen physischen Belastungsrisiko für
die Mitarbeiter. Die Ausführung dieser Arbeitsweise ist
dringend zu vermeiden, und Maßnahmen zur Risikobeherrschung sind erforderlich.
Lösungsvariante B
Durch die höhenverstellbare Platzierung der schweren
Großteile im Arbeitsraum des Mitarbeiters wird eine
Rumpfneigung (> 20 Grad) für das Handhaben überflüssig. Das Tragen beziehungsweise Umsetzen der
Großteile wird verkürzt, ist jedoch weiterhin Bestandteil der Arbeitsaufgabe. Die Aufnahme aller Einzelteile erfolgt durch den Einsatz der dynamischen Bereitstellungsregale, ebenfalls ohne Rumpfneigung (> 20
Grad). Das Fügen aller Teile wird von dem Mitarbeiter
46
ALTERSNEUTRALE UND WIRTSCHAFTLICHE GESTALTUNG
VON MONTAGEARBEITSPLÄTZEN CONTRA LEISTUNGSWANDEL
ERGONOMIE
durch die schwenk- und höhenverstellbare Montageaufnahme in aufrechter Körperhaltung ausgeführt. Die
gestalterische Anpassung der Lösungsvariante B führt
zu einer ergonomischen Bewertung ohne physisches
Belastungsrisiko beziehungsweise ohne dass weitere
Maßnahmen erforderlich sind.
Abbildung 12 zeigt in zusammenfassender Darstellung
die Ergebnisse der Punktbewertung nach dem „Automotive Assembly Worksheet“ (AAWS) der beschriebenen
Kleingeräte und der Großgerätemontage.
50. Perzentil Mann
50. Perzentil Frau
70,00
niedriges
Risiko
50,00
40,00
30,00
27,00
23,00
23,00
17,25
20,00
11,75
10,00
0,00
PMV-SMVWirkungsgrad
16,00
7,00 8,25
Montage
Werkbank
Montage
OnePieceFlow
Satzweise
Montage
74%
85%
86,5%
Baustellenmontage
Lösung A
70%
kein
Risiko
Punktbewertung [nach AAWS]
hohes
Risiko
63,00
58,00
60,00
Baustellenmontage
Lösung B
90%
Abbildung 12: Darstellung der Bewertungsergebnisse der Montagesysteme
nach AAWS-Analyse
Zusammenfassung
Zur vereinfachten Darstellung und zur besseren Übersicht sind in dieser Arbeit aus umfangreichen Recherchen nur einzelne Beispiele aufgeführt. Nachweislich
besteht ein Zusammenhang zwischen ergonomischer
Arbeitsplatzgestaltung und erzielbarer Wirtschaftlichkeit. Ergonomisch einwandfrei gestaltete Arbeitsplätze
sind wirtschaftlicher als Arbeitsplätze, die den ergonomischen Ansprüchen nicht gerecht werden. Ein Schwerpunkt der Arbeitsplatzgestaltung aus ergonomischer
und wirtschaftlicher Sicht ist dabei die Gestaltung der
Materialbereitstellung und der notwendigen Werkzeuge. Große Bewegungslängen der Kleingerätemontage
und große Handhabungswege bei der Montage großer
Geräte – zum Teil unter Gewichtsbelastung, mit Körperbewegungen wie Bücken und Aufrichten – können Ursache frühzeitiger Ermüdung und der Entwicklung zur
Leistungswandlung sein.
gabe einer zu erfüllenden Stundenleistung bezogen ist,
genügt nicht der Leistungserhaltung der Mitarbeiter.
Erst eine Hochrechnung der zu erfüllenden Bewegungslängen, Handhabungswege, Handhabungsgewichte und
Körperbewegungen wie Bücken, Aufrichten etc. – über
eine volle Schicht bzw. über eine Jahresleistung – gibt
Auskunft über die mögliche Nachhaltigkeit der Leistung
und damit der Gefahr einer Leistungswandlung.
Was durch Reduzierung der Bewegungslängen, der
Handhabungswege und der Körperbewegungen erreicht
wird, ist auch eine Reduzierung der Montagezeiten. Es
wird also die Stückleistung erhöht und der Handhabungsaufwand reduziert und mehr Stückleistung erreicht und das bei geringerer Belastung der Montagemitarbeiter/innen.
Als Bewertungsinstrument für Montageplanungen eignet sich ebenfalls die Primär-Sekundär-Analyse.
Primärvorgänge sind wertschöpfend, Sekundärvorgänge ohne eine Wertschöpfung. Die genaue Definition
von Primär und Sekundär ist zwischen der Kleingeräteund der Großgerätemontage unterschiedlich (Lotter/
Spath 2002). Der mit dieser Analyse ermittelte Montagewirkungsgrad gibt nicht nur Auskunft über die Wirtschaftlichkeit, sondern auch über den Grad der ergonomischen Gestaltung. Wie aus den gezeigten Beispielen
hervorgeht, liegt der Montagewirkungsgrad bei ergonomisch schlechter Gestaltung in der Größenordnung
von 70 bis 75 Prozent, bei ergonomisch guter bis sehr
guter Gestaltung bei 85 bis 90 Prozent.
Die höheren Investitionskosten ergonomisch richtig
gestalteter Arbeitsplätze amortisieren sich in der Regel
unterhalb eines Jahres.
Dem demografischen Wandel durch ergonomische, altersneutrale Arbeitsplatzgestaltung gerecht zu werden,
ist eine soziale und wirtschaftliche Herausforderung zur
Sicherung des Produktionsstandortes Deutschland.
>>> Autoren-Kontakt
Professor Bruno Lotter
Industrieberatung Montagetechnik
Tel.: +49 7045 8040
E-Mail: brunolotter@t-online.de
Dipl-Ing. Jochen Hartung
Lehrstuhl für Arbeits- und Produktionssysteme
Tel.: +49 231 7552631
E-Mail: jochen.hartung@tu-dortmund.de
Die übliche Bewertung einer Arbeitsplatzgestaltung
durch REFA, MTM und so weiter, die nur auf die VorBETRIEBSPR A XIS & ARBEITSFORSCHUNG 212 | 2012
ifaa
47
12
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n
o
k
t
s
b
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GfA-Her
n o t i e re n
Literatur:
min
Jetzt Ter
Bongwald, O.; Luttmann, A.; Laurig, W. (1995): Leitfaden für die Beurteilung von Hebe- und Tragetätigkeiten.
Plump KG, Rheinbreitbach.
27.-28.
September
2012
DIN 33402-2 (2005): Ergonomie - Körpermaße des
Menschen - Teil 2: Werte. Beuth Verlag, Berlin.
DIN 33411-5 (1999): Körperkräfte des Menschen - Teil
5: Maximale statische Aktionskräfte, Werte. Beuth Verlag, Berlin.
DIN EN 614-1 (2006): Sicherheit von Maschinen - Ergonomische Gestaltungsgrundsätze - Teil 1: Begriffe und
allgemeine Leitsätze. Beuth Verlag, Berlin.
Grandjean, E. (1979): Physiologische Arbeitsgestaltung.
Leitfaden der Ergonomie. Ott Verlag, Thun.
Kugler, M.; Bierwirth, M.; Schaub, K.; Sinn-Behrendt, A.;
Feith, A.; Ghezel-Ahmadi, K.; Bruder, R. (2010): Ergonomie in der Industrie - aber wie? Handlungshilfe für
den schrittweisen Aufbau eines einfachen Ergonomiemanagements. Meindl, München.
Landau, K.; Pressel, G. (Hrsg.) (2009): Medizinisches Lexikon der beruflichen Belastungen und Gefährdungen.
2. Auflage, Gentner Verlag, Stuttgart.
Lotter, B. (1992): Wirtschaftliche Montage. 2. Auflage,
VDI Verlag, Düsseldorf.
Angewandte Arbeitswissenschaft für
kleine und mittelständische Unternehmen
Die Gesellschaft für Arbeitswissenschaft (GfA) und das Institut für angewandte Arbeitswissenschaft (ifaa) laden Sie
herzlich zur Herbstkonferenz 2012 nach Düsseldorf ein.
Ausrichter ist in diesem Jahr das Institut für angewandte Arbeitswissenschaft e. V. (ifaa).
Freuen Sie sich auf interessante Vorträge und Diskussionen über
gegenwärtige und zukünftige betriebliche Anforderungen an die
Arbeitswissenschaft und die Vorstellung aktueller Umsetzungslösungen von Referenten aus Forschung und Betriebspraxis.
Außerdem erwarten Sie am 27. September eine außergewöhnliche Abendveranstaltung und zum Abschluss der Konferenz
zwei attraktive Betriebsbesichtigungen.
Termin
Lotter, B.; Schilling, W. (1994): Manuelle Montage. VDI
Verlag, Düsseldorf.
Lotter, B.; Spath, D.; Baumgartner, P. (2002): PrimärSekundär-Analyse. Expert Verlag, Renningen.
Lotter, B.; Wiendahl, H.-P. (2006): Montage in der industriellen Produktion. Springer Verlag, Berlin.
Schaub, K. (2004): Das „Automotive Assembly Worksheet“ (AAWS). In Landau K. (Hrsg.): Montageprozesse
gestalten: Fallbeispiele aus Ergonomie und Organisation. Ergonomia Verlag, Stuttgart.
Schlick, C. M.; Bruder, R.; Luczak, H. (2010): Arbeitswissenschaft. 3. Auflage, Springer Verlag, Berlin.
27.-28. September 2012
27.09.2012: 09:00-17:15 Uhr Konferenz,
ab ca. 19:00 Uhr Abendveranstaltung
im Landschaftspark Duisburg-Nord
28.09.2012: 09:00-14:00 Uhr Konferenz,
ab ca. 14.30 Uhr Betriebsbesichtigungen
im Düsseldorfer Umland
Veranstaltungsort
Meliã Düsseldorf am Hofgarten, Inselstraße 2,
40479 Düsseldorf, Telefon: +49 211 52284-2501
Anmeldung
Gesellschaft für Arbeitswissenschaft e. V. (GfA)
bei Frau Simone John, Telefon: +49 231 124243
per E-Mail: gfa@ifado.de oder ab dem 04. Juni 2012
über die Homepage der GfA: www.gfa-online.de
Wir freuen uns, Sie bei der diesjährigen
GfA-Herbstkonferenz begrüßen zu dürfen!
BETRIEBSPR A XIS & ARBEITSFORSCHUNG 212 | 2012
48
ARBEITSRECHT
AKTUELLE ENTSCHEIDUNGEN – VON A WIE AGG BIS Z WIE ZEUGNIS
Bernd Schiefer
Schiefer Rechtsanwälte Düsseldorf
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz
(AGG)
- Schadensersatz-Entschädigungsanspruch /
Frist für die Geltendmachung
BAG v. 15.03.2012 – 8 AZR 160/11 -,
PuR 2012, 88
Bei einem Verstoß gegen ein Benachteiligungsverbot
im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes
(AGG) – zum Beispiel wegen des Alters oder der Behinderung eines Bewerbers – ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen.
Dies gilt nicht, wenn er die Pflichtverletzung nicht zu
vertreten hat (verschuldensabhängiger Schadensersatzanspruch gemäß § 15 Abs. 1 AGG). Wegen eines
Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der
oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung
in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer
Nichteinstellung drei Monate nicht übersteigen, wenn
der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre (verschuldensunabhängiger Entschädigungsanspruch gemäß
§ 15 Abs. 2 AGG).
Ein Schadens- oder Entschädigungsanspruch
muss innerhalb einer
Frist von 2 Monaten
schriftlich geltend gemacht werden, es sei
denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas
anderes vereinbart. Die
Frist beginnt im Falle
einer Bewerbung oder
eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang
der Ablehnung und in
Das Bundesarbeitsgericht hat Klarden sonstigen Fällen eistellungen zur Befristung getroffen.
ner Benachteiligung zu
dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der
Benachteiligung Kenntnis erlangt hat (siehe im Einzelnen Schiefer/Ettwig/Krych, Düsseldorfer Schriftenreihe,
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, Rdz. 564 ff.).
Mit oben genannter Entscheidung bestätigt das Bundesarbeitsgericht (BAG), dass diese Zweimonatsfrist
wirksam ist und nach europäischem Recht keinen Bedenken begegnet. Bei Ablehnung einer Bewerbung
beginnt die Frist in dem Moment zu laufen, in dem der
Bewerber von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.
Im zu entscheidenden Fall hatte der Kläger mit Erhalt
des Ablehnungsschreibens Kenntnis von Indizien seiner Benachteiligung erlangt, da er bei der Bewerbung
auf seine Schwerbehinderung hingewiesen hatte und
er abgelehnt worden war, ohne nach § 82 SGB IX von
dem öffentlichen Arbeitgeber zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden zu sein.
Befristung
- Erleichterte Befristung gemäß § 14 Abs. 2 TzBfG
BAG v. 21.09.2011 – 7 AZR 375/10 -,
PuR 2012, 35
Gemäß § 14 Abs. 2 TzBfG ist eine so genannte erleichterte (sachgrundlose) Befristung des Arbeitsvertrages
nur zulässig, wenn der Arbeitnehmer nicht „zuvor“
bei dem Arbeitgeber beschäftigt war. Heftig umstritten
war, ob der Begriff „zuvor“ zeitlich einzuschränken und
ob gegebenenfalls auch ein Berufsausbildungsverhältnis ein Arbeitsverhältnis im Sinne des Vorbeschäftigungsverbots ist.
Nach Ansicht des BAG gilt Folgendes:
Das Vorbeschäftigungsverbot ist zeitlich zu beschränken. Jede Vorbeschäftigung, die länger als drei Jahre
zurückliegt, ist im Sinne des Vorbeschäftigungsverbots
unschädlich und steht einer erleichterten Befristung
nicht entgegen.
Ein Berufsausbildungsverhältnis ist kein Arbeitsverhältnis im Sinne des Vorbeschäftigungsverbots.
Dies bedeutet: Im Anschluss an ein Berufsausbildungsverhältnis ist eine erleichterte Befristung gemäß § 14
Abs. 2 TzBfG möglich (zu den Einzelheiten siehe bereits
BAG vom 06.04.2011 – 7 AZR 716/09 -, PuR 2011, 97;
Fechner, PuR 2011, 163).
BETRIEBSPR A XIS & ARBEITSFORSCHUNG 212 | 2012
ifaa
49
Elternzeit
- Verlängerung
- Zustimmung des Arbeitgebers
- Billiges Ermessen
BAG vom 18.10.2011 – 9 AZR 315/10 –, PuR 2012 , 89
Wer Elternzeit beanspruchen will, muss sie spätestens
sieben Wochen vor Beginn schriftlich vom Arbeitgeber
verlangen und gleichzeitig erklären, für welche Zeiten
innerhalb von zwei Jahren Elternzeit genommen werden soll (§ 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG).
Die Elternzeit kann vorzeitig beendet oder im Rahmen
des § 15 Abs. 2 BEEG verlängert werden, wenn der Arbeitgeber zustimmt (§ 16 Abs. 3 Satz 1 BEEG) (siehe
hierzu Sowka, Elternzeit, Düsseldorfer Schriftenreihe, 5.
Auflage, 16).
Ist der Arbeitgeber im Hinblick auf die „Zustimmung“
gemäß § 16 Abs. 3 Satz 1 BEEG in seiner Entscheidung
„frei“ – oder unterliegt diese billigem Ermessen?
Nach Ansicht des BAG gilt Folgendes:
Das BAG hat bereits mit Entscheidung vom 23. April
2009 „9 AZR 391/08“ (DB 2009, 949) entschieden, dass
der Arbeitgeber entsprechend § 315 BGB billiges Ermessen wahren müsse, wenn er darüber entscheide, ob
er der Übertragung der Elternzeit auf die Zeit bis zur
Vollendung des achten Lebensjahres des Kindes zustimme oder sie ablehne (§ 15 Abs. 2 Satz 2 BEEG).
Für die Zustimmung nach § 16 Abs. 3 Satz 1 BEEG könne nichts anderes gelten.
„Wenn ein Gesetz die im Interesse der Eltern notwendige Flexibilisierung der Elternzeit im Einzelfall von der
„Zustimmung“ des Arbeitgebers abhängig macht, darf
ohne konkrete Anhaltspunkte im Wortlaut des Gesetzes nicht angenommen werden, in einem Fall stehe die
Entscheidung über die Zustimmung im freien Belieben
des Arbeitgebers, in dem anderen Fall müsse er eine Ermessensabwägung vornehmen.“
Hieraus folgt: Bei der Zustimmungsentscheidung ist
„billiges Ermessen“ zu wahren. Dies ist der Fall, wenn
der Arbeitgeber bei seiner Entscheidung die wesentlichen Umstände des Einzelfalls abgewogen und die
beiderseitige Interessen angemessen berücksichtigt hat.
Hierfür gilt ein objektiver Maßstab. Der Arbeitgeber
hat alle Umstände zu berücksichtigen, die zu dem Zeitpunkt vorliegen, zu dem er die Ermessensentscheidung
zu treffen hat. Soweit die Entscheidung ermessensfehlerhaft ist, tritt entsprechend § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB an
ihre Stelle das Urteil des Gerichts.
BETRIEBSPR A XIS & ARBEITSFORSCHUNG 212 | 2012
Immer wieder sind Zeugnis-Formulierungen Gegenstand von Auseinandersetzungen.
Zeugnis
- Verschlüsselte Formulierung
BAG v. 15.11.2011 – 9 AZR 386/10 -, PuR 2012, 12f.
Nach § 109 GewO hat der Arbeitnehmer bei Beendigung
eines Arbeitsverhältnisses einen unabdingbaren Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis in deutscher Sprache. Das Zeugnis muss der Wahrheit entsprechen und
darf keine Formulierungen enthalten, die den zukünftigen Berufsweg des Arbeitnehmers unnötig erschweren.
Dies gilt auch für „verschlüsselte“ Redewendungen.
Vor diesem Hintergrund hatte das BAG über folgenden
Zeugnistext zu befinden:
„Wir haben den Kläger als sehr interessierten und hoch
motivierten Mitarbeiter kennengelernt, der stets eine
sehr hohe Einsatzbereitschaft zeigte.“
Nach Ansicht des BAG gilt Folgendes:
Die in Rede stehende Formulierung „als sehr interessierten und hoch motivierten Mitarbeiter kennengelernt“,
erweckt aus der Sicht des objektiven Empfängers nicht
den Eindruck, die Beklagte attestiere dem Kläger in
Wahrheit Desinteresse und fehlende Motivation. Sie ist
daher nicht zu beanstanden. Insbesondere bringt der
Arbeitgeber nicht verschlüsselt zum Ausdruck, dass „gerade das Gegenteil zutreffe“ (zur Zeugnissprache siehe
im Einzelnen Schiefer, PuR 2012, 15).
>>> Autoren-Kontakt
RA / FA für Arbeitsrecht Prof. Dr. Bernd Schiefer
Schiefer Rechtsanwälte Düsseldorf
Tel.: +49 211 4573267
E-Mail: schiefer@ra-schiefer.de
50
GLOSSAR
PERSONALENTWICKLUNGSGESPRÄCH
Stephan Sandrock
Institut für angewandte Arbeitswissenschaft, ifaa
Was ist ein Personalentwicklungsgespräch?
Ein Personalentwicklungsgespräch (PEG) ist ein Instrument der Personalentwicklung.
Personalentwicklung wird verstanden als Gesamtheit
der Maßnahmen, die der individuellen beruflichen Entwicklung der Mitarbeiter dienen. Diese Maßnahmen
vermitteln den Mitarbeitern unter Beachtung ihrer persönlichen Interessen die zur optimalen Wahrnehmung
ihrer jetzigen und zukünftigen Aufgaben erforderlichen
Qualifikationen.
Ein PEG ist eine Sonderform des Mitarbeitergespräches.
Das Mitarbeitergespräch ist ein zentrales Führungsinstrument. Es bringt in Form eines Dialoges Führungskraft
und Mitarbeiter zusammen. Es umfasst alle festgelegten (und ggf. formalisierten) Personalführungsgespräche, die der Vorgesetzte mit einem Mitarbeiter in Wahrnehmung seiner Führungsaufgabe gestaltet. Dabei ist
zu beachten, dass Vorgesetzte und Mitarbeiter sich auf
das Gespräch vorbereitet haben müssen.
Im PEG können auch die spezifischen Lebenssituationen, die Mitarbeiter über die Berufsphasen hinweg
durchlaufen können, thematisiert und damit gestaltbar gemacht werden. Spezifische Lebenssituationen
können beispielsweise die Betreuung von Kindern oder
die Pflege von Angehörigen sein. Ein Unternehmen, das
gezielt die individuellen Wünsche der Mitarbeiter und
Führungskräfte zum Beispiel bei der Gestaltung der
Arbeitszeit berücksichtigen kann, leistet einen aktiven
Beitrag zur Steigerung der Motivation und damit zur
Leistungsfähigkeit seiner Mitarbeiter.
Eine Besonderheit des PEG ist demnach die Zukunftsorientiertheit. Es gibt verschiedene Anlässe zur Durchführung eines PEG. Beispielsweise kann es dann zum
Tragen kommen, wenn interne Versetzungen geplant
sind. Auch können der Wegfall von Stellen und darin
begründete Umsetzungen Anlass für ein PEG geben.
Aber auch vor der Übernahme eines größeren Verantwortungsbereiches im Sinne eines Job-Enrichments ist
ein PEG sinnvoll, um die nötigen Fähigkeiten und Möglichkeiten des Mitarbeiters zu bewerten und notwendige beziehungsweise wünschenswerte Entwicklungsmaßnahmen zu besprechen.
Das PEG bietet einmal dem Mitarbeiter die Möglichkeit,
seine individuellen Vorstellungen und Wünsche zu verdeutlichen. Ferner dient es zur Abstimmung vorgesehener Entwicklungsmaßnahmen zwischen Vorgesetzten
und Mitarbeiter. Weiterhin kann damit Klarheit über die
weitere berufliche Entwicklung des Mitarbeiters im Unternehmen gewonnen werden.
Welchen Nutzen bieten Personalentwicklungsgespräche? Ziele/Vorteile
Wie trägt ein PEG zum Erhalt und Ausbau
der Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter bei?
Durch gut organisierte PEG profitieren Mitarbeiter und
das Unternehmen gleichermaßen im Sinne einer WinWin-Situation:
PEGe dienen dem Erhalt und Ausbau der Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter und Führungskräfte wie folgt:
Im Gespräch sollen die Stärken und Entwicklungspotenziale der Mitarbeiter herausgearbeitet werden. Dies
eröffnet dem Vorgesetzten die Möglichkeit, den Mitarbeiter seinen Stärken nach einzusetzen beziehungsweise so einzusetzen, dass der Mitarbeiter seine Potenziale
entfalten kann. Die Berücksichtigung der Stärken und
Potenziale des Mitarbeiters beim Personaleinsatz fördert
so die individuelle Leistungsfähigkeit und -bereitschaft.
Für den Mitarbeiter kann daraus resultieren: Ableitung von beruflichen Förder- und Weiterentwicklungskonzepten, die seinen Interessen entsprechen,
Motivation durch Wertschätzung, Erhaltung der Beschäftigungsfähigkeit.
Für das Unternehmen kann resultieren:
Durch den Aufbau beziehungsweise die Erweiterung
von Kompetenzen können Leistungslücken geschlossen
BETRIEBSPR A XIS & ARBEITSFORSCHUNG 212 | 2012
ifaa
51
und der Mitarbeiter für gewünschte weiterführende Tätigkeiten eingesetzt werden.
Durch Analyse des Potenzials des Mitarbeiters kann unter anderem erreicht werden:
Transparenz über Aufstiegs- und Entwicklungsmöglichkeiten
Schließen von Leistungslücken des Mitarbeiters
durch Ableiten gezielter PE-Maßnahmen
Qualifizierung im Hinblick auf neue berufliche
Erfordernisse.
Wie kann ich ein PE-Gespräch durchführen
und im Unternehmen etablieren?
PEG durchführen:
Zunächst ist es wichtig, sich auf das Gespräch vorzubereiten; dazu gehört in erster Linie die Klärung des
Anlasses des Gespräches. Dazu empfiehlt es sich, einen
unternehmensspezifischen Leitfaden zu entwickeln.
Weiterhin ist zu empfehlen, im Vorfeld eine StärkenSchwächen-Analyse durchzuführen. Dies kann z.B. mit
Unterstützung der Personalabteilung geschehen.
Die eigentliche Durchführung des PEG besteht aus
mehreren Schritten:
Zur Erzeugung einer angenehmen Gesprächsatmosphäre ist es wichtig auf einen geschlossenen Rahmen zu
achten. Im ersten Schritt wird der Mitarbeiter begrüßt
und ein passender Gesprächseinstieg gewählt. In der
folgenden Informationsphase wird die Situation des
Mitarbeiters dargestellt. Neben der Einschätzung des
Vorgesetzten gilt es, die Erwartungen und Wünsche des
Mitarbeiters zu hören. Im folgenden Schritt werden die
Unternehmensziele und das PE-Potenzial des Mitarbeiters
aus Sicht des Unternehmens dargestellt. Daraufhin werden
gemeinsam die PE-Maßnahmen festgelegt. Im Anschluss
wird als letzter Schritt der Gesprächsverlauf reflektiert und
die Ergebnisse werden schriftlich festgehalten.
Worauf müssen Sie achten?
Welche Hürden könnten auftreten?
Das PEG stellt wie andere MA-Gespräche auch besondere Anforderungen an die Fähigkeiten von Führungskräften, die eventuell erst erlernt werden müssen.
Folgende Handlungsfelder können auftreten:
Probleme in der Kommunikation
Mangelnde Fähigkeiten bei Führungskräften
(für entsprechende Schulung sorgen)
Missverständnisse
(Empfängergerechte Sprache wählen)
Unterschiedliche Zielvorstellungen zwischen
Führungskraft und Mitarbeiter (Zielinkongruenz).
>>> Autoren-Kontakt
Dr. Stephan Sandrock
Institut für angewandte Arbeitswissenschaft, ifaa
Tel.: +49 211 54226333
E-Mail: s.sandrock@ifaa-mail.de
Mitarbeitergespräche müssen systematisch vorbereitet werden, damit sie den Unternehmenszielen dienen.
BETRIEBSPR A XIS & ARBEITSFORSCHUNG 212 | 2012
52
REZENSION: „EXZELLENZ DURCH NACHHALTIGE UNTERNEHMENSSTRATEGIEN –
MEDIEN
EFQM IM MITTELSTAND“
C.-Andreas Dalluege · Hans-Werner Franz · Wolfgang Pfeffer · Hans-Joachim Schneider
Exzellenz durch
nachhaltige
Unternehmensstrategien
– EFQM im Mittelstand –
Die ifaa-Taschenbuchreihe
Das Taschenbuch „Exzellenz durch
nachhaltige Unternehmensstrategien – EFQM im Mittelstand“ bietet
einen guten Zugang zum ExcellenceModell der „European Foundation for
Quality Management“ und informiert
durch Praxisbeispiele über den Wirkungsrahmen von EFQM in KMU. Das
EFQM-Modell bietet einen ganzheitlichen Ansatz zur Bewertung von Organisationen. Es ermöglicht eine umfassende und systematische Überprüfung
von Prozessen und Ergebnissen anhand
definierter Kriterien und schafft so die
Basis für eine erfolgreiche Unternehmensentwicklung.
Die besprochene Publikation von Dalluege,
C.-Andreas; Franz, Hans-Werner; Pfeffer,
Wolfgang; Schneider, Hans-Joachim
Südwestmetall hat das Projekt „Exzellenz im Mittelstand“ (ExiM) durchgeführt, um die Anwendbarkeit des ganzheitlichen Excellence-Ansatzes des EFQM-Modells in
der Metall- und Elektroindustrie zu erproben. Im Rahmen des Projektes „ExiM“ haben sechs Unternehmen
unterschiedlicher Branchen und Größen das EFQMModell erfolgreich erprobt.
Das erste Kapitel des Taschenbuches präsentiert arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse über Exzellenz, lernende
Organisationen, die Qualität sowie den Einführungsund Beratungsprozess.
Kapitel 2 stellt das Exzellence-Konzept des EFQM vor.
Es thematisiert zudem den organisatorischen und wirtschaftlichen Nutzen und skizziert die wichtigsten Themen auf dem Weg zur Exzellenz. Im Anschluss werden
die Themen „Benchmarking in der Praxis“, und „EFQM
und Basel II & III“ aufgegriffen.
Der dritte Teil stellt die Umsetzung in den Pilotunternehmen mit Hilfe bewährter Software dar. Schrittweise wird die Umsetzung des EFQM-Modells beschrieben
– von der Selbstbewertung zur Umsetzung bis hin zur
Auszeichnung. Besonders die Anerkennung durch die
Auszeichnung bestätigt eindrucksvoll die Anwendbarkeit und den Nutzen des EFQM-Moduls auch in KMU:
Die Unternehmen Rich Präzision Drehteile GmbH und
L’ORANGE GmbH erzielten den Status „Recognized for
Exzellence“, das Unternehmen ASSA ABLOY Sicherheitstechnik GmbH erhielt den Ludwig Erhard Preis 2011.
Das letzte Kapitel präsentiert die Unterstützungssoftware GOA WorkBench zum Selbstbewertungsprozess
des EFQM-Modells sowie ergänzende Informationen
zum Prozess. Die Unterstützungsprozesse sind anwenderorientiert dargestellt. Hauptschwerpunkt dieses
Kapitels sind die Software „MinD.m+e“ und die GOAWorkBench Software „GOA Easy Assesment“, die den
Selbstbewertungsprozess sowie den Reporting-Prozess
unterstützen. Die Unternehmen haben erstmals die
Wahl zwischen GOA Easy Assessment, dem GOA Exzellence Check Up bis hin zum GOA EFQM-Assessment –
je nach Erfahrung und Kompetenz mit Excellenz- und
Selbstbewertungsprozessen. Der dreistufige Ansatz zur
Selbstbewertung berücksichtigt die unterschiedlichen
Entwicklungsstufen der Unternehmen im Selbstbewertungsprozess und ist damit auch für unerfahrene Unternehmen realisierbar.
Bewertung: Der Weg von der Selbstbewertung bis hin
zur Auszeichnung wird verständlich vorgestellt. Unternehmen erhalten so wertvolle Anregungen und Informationen – und damit eine Orientierungshilfe, wie das
EFQM-Konzept auch in KMU erfolgreich und nutzbringend gestaltet werden kann. Insbesondere Unternehmen, die auf dem Weg zur Business Excellence sind, um
auch in Zukunft leistungs- und wettbewerbsfähig zu
sein, können von dem Buch profitieren.
Gerade in einer Zeit sich wandelnder Arbeitsmarktstrukturen ist die ganzheitliche Sichtweise auf das
Unternehmen mit dem Ziel, Prozesse zu verbessern,
ein entscheidender Wettbewerbsfaktor. Die erfolgreich
umgesetzten Maßnahmen bieten auch KMU hilfreiche
Ansätze zur Gestaltung eigener Verbesserungsprozesse. Verständliche und praxisorientierte Formulierungen
erleichtern die Lektüre. Dabei helfen zudem zahlreiche
Abbildungen und Grafiken.
Der einleitende wissenschaftliche Zugang zu den Themen „Exzellenz“, „Qualität“ und „Prozessgestaltung“ eröffnet das Verständnis für die umfassende Strategie, die
dem EFQM Excellence-Modell zugrunde liegt.
Die Projektergebnisse zeigen, dass das EFQM-Modell
zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Mitgliedsbetriebe beitragen kann. Zitat Peer-Michael Dick,
Hauptgeschäftsführer von Südwestmetall: „Für die
Beratungsleistungen des Verbandes stellt es einen geeigneten Handlungsrahmen dar, um die Unternehmen
passgenau und zielgerecht zu unterstützen.“
>>> Autoren-Kontakt
Magdalene Prynda
Institut für angewandte Arbeitswissenschaft, ifaa
Tel.: +49 211 54226321
E-Mail: m.prynda@ifaa-mail.de
BETRIEBSPR A XIS & ARBEITSFORSCHUNG 212 | 2012
ifaa
53
TERMINE
20. Juni | Fachtagung „Industrial Engineering –
Kernkompetenz entwickeln und entfalten“
27. und 28. September | Herbstkonferenz
der GfA in Düsseldorf
4. Juli | Alters- und alternsgerechte
Arbeitszeitgestaltung und Führung
27. September | 5. GPS-Symposium
Gemeinsam mit dem Lehrstuhl für Arbeits- und Produktionssysteme lädt die deutsche MTM-Vereinigung Fachleute aus Industrie und Wissenschaft zur Fachtagung
„Industrial Engineering - Kernkompetenz entwickeln und
entfalten“ an der TU Dortmund ein. Themen sind: Industrial Engineering als Erfolgsfaktor in Produktionssystemen,
Qualifizierungsprogramme für Basismethoden des IE und
Kompetenzerwerb durch „Training on the job“ und „Coaching”. Experten namhafter Unternehmen nehmen dazu
Stellung.
Ort: TU Dortmund, Maschinenbau I,
Leonhard-Euler-Straße 5
44227 Dortmund
Kontakt: Sekretariat Professor Jochen Deuse
Tel.: +49 231 7552652
Mail: sekretariat.aps.mb@tu-dortmund.de
Online-Anmeldung: bit.ly/LWf2RX
Eine Veranstaltung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz
und Arbeitsmedizin (BAuA) beschäftigt sich mit alternsgerechter Arbeitszeitgestaltung, Nacht- und Schichtarbeit
sowie Gestaltungsempfehlungen, wie Unternehmen künftig mit durchschnittlich älteren Belegschaften produktiv
bleiben können. Dafür brauchen sie zum Beispiel altersgerechte Arbeitszeitmodelle, alternsgerechte Laufbahnplanungen und Konzepte für die Führung älterer Mitarbeiter.
Auf dem Podium: Professor Jürgen Wegge (TU Dresden)
und Frank Brenscheidt (BAuA).
Zeit: 4. Juli, 13 bis 16 Uhr
Ort: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA)
Fabricestraße, 01099 Dresden
Kontakt: Regina Thorke
Tel.: +49 351 56395464
E-Mail: thorke.regina@baua.bund.de
20. September |
Abschlusstagung VITNESS
„Flexibilität und Stabilität in
Balance – neue Erkenntnisse zu
einer vertrauten Verbindung.“ Unter dieser Überschrift
steht die Abschlussveranstaltung des Verbundprojektes
VITNESS. In Pilotunternehmen wurden maßgeschneiderte
EFQMplus-Konzepte erprobt und weiterentwickelt. Über
Beispiele aus den VITNESS-Pilotunternehmen berichtet
Professor Ralf Neuhaus vom ifaa, das zu den VITNESSProjektpartnern gehört.
Ort: Marriott Hotel Köln, Johannisstraße 76-80
(Nähe Hauptbahnhof)
Zeit: 10 bis 16 Uhr
Anmeldung: vitness@iwkoeln.de
Internet: www.vitness.info
BETRIEBSPR A XIS & ARBEITSFORSCHUNG 212 | 2012
„Angewandte Arbeitswissenschaft für kleine und mittelständische Unternehmen“ ist das Thema der Herbstkonferenz der Gesellschaft für Arbeitswissenschaft (GfA).
Ausrichter der Konferenz ist das ifaa, das in diesem Jahr
sein 50. Jubiläum feiert. Referenten werden betriebliche
Umsetzungslösungen aktueller arbeitswissenschaftlicher
Fragestellungen aus den Bereichen „Arbeitsgestaltung“,
„Arbeitszeitgestaltung und Vergütung“ sowie „Personalentwicklung“, „Führung“ und „Produktionsmanagement“
vorstellen. GfA-Präsident Professor Ralf Bruder hält die
Eröffnungsrede. Am zweiten Tag finden Betriebsbesichtigungen statt.
Ort: Hotel Meliã, Inselstr. 2, 40479 Düsseldorf
Kontakt: Simone John (GfA)
Tel.: +49 231 124243
E-Mail: gfa@ifado.de
Internet: www.gfa-online.de
„Von den Besten lernen – GPS Erfolgs-Stories“ – das 5.
Braunschweiger GPS-Symposium bietet eine Diskussionsplattform für den Erfahrungsaustausch mit Fachleuten.
Veranstalter sind die TU Braunschweig, der VDI sowie die
Deutsche MTM-Vereinigung, Hamburg.
Ort: TU Braunschweig, Institut für Fabrikbetriebslehre und Unternehmensforschung
Kontakt: Kai Schmidtchen
Tel.: +49 531 391-2712
E-Mail: k.schmidtchen@tu-bs.de
25. bis 27. September |
Fachmesse „Zukunft Personal“
Die Messe Zukunft Personal bietet Ihnen ein umfangreiches Programm mit
insgesamt rund 220 Beiträgen in acht
Praxisforen. Experten referieren und
diskutieren in den Praxisforen über unterschiedliche Themen des Personalwesens.
Ort: Messe Köln, Messeplatz 1, 50679 Köln
Internet: http://bit.ly/IEiooQ
16. bis 18. Oktober | Messe und Kongress Arbeitsschutz aktuell
Zum Kongress und zur Messe „Arbeitsschutz Aktuell
2012“ werden 1200 Fachbesucher erwartet – unter ihnen
Betriebs- und Werksärzte, Unternehmer, Umweltschützer
und Qualitätsmanager. Veranstalterin ist die Fachvereinigung Arbeitssicherheit (FASI). Praxisforen für einzelne
Zielgruppen bieten zusätzliche Dialogmöglichkeiten.
Ort: Augsburger Schwabenhallen
Am Messezentrum 5, 86159 Augsburg
Kontakt: Christina Schlegel
Tel.: +49 721 93133760
E-Mail: cschlegel@hinte-messe.de
Internet: http://bit.ly/Jqoicr
54
TITEL UND THESEN FRÜHERER AUSGABEN
Nr. 208 von 06/2011
Nr. 211 von 03/2012
Nr. 205 von 09/2010
Interview: NORDMETALL-HauptDigitale Fabrik – große Potenziale für
Handlungsfelder eines erfolgreichen
geschäftsführer Thomas Klischan
den industriellen Mittelstand
Personalmanagements und FührungsM+E-Benchmark Bayern – die Qrientieüber den Fachkräftemangel und
kultur
Interkulturelles Gesundheitsmanagerung an den Besten zeigt Unternehmen
die Demographie
Krisenfestigkeit: Was für eine erfolgment bei der BMW AG
den Weg
Betriebliche Rationalisierung mit dem
Präventionsprojekt TAQP - Technologiereiche Veränderung der Unternehinnovation, Arbeitsorganisation,
demographischen Wandel in Einklang
mensorganisation geschehen muss
Produktionssysteme: Mitwirkung des
Qualifizierung und Prävention
bringen – das Projekt Stradewari
Bedarfsgerechte und ergonomische
Industrial Engineering zur ganzheitBetriebsrates in Veränderungsprozessen
Schichtpläne – Praxisbeispiele, Erfahrunlichen Wertstromgestaltung
– Kommunikation auf Augenhöhe
gen und Empfehlungen
ist alles
Nr. 204 (Themenheft) von 06/2010
Methodisches ProduktivitätsmanageNr. 207 von 03/2011
Nr. 210 von 12/2011
Gesundheitsmanagement: Burnout,
Industrial Engineering im moderment – Umsetzung und Perspektiven
Depression, Demografie – was kann
nen Produktionsbetrieb – Vorausund soll betriebliche Gesundheitsfördesetzung für einen erfolgreichen
Nr. 203 von 03/2010
Viele Ideen zu produzieren, ist weniger
rung hier leisten?
Verbesserungsprozess
Industrial Engineering: Das ProduktiviAcht Experten beantworten 16 zentrale
das Problem – Zum aktuellen Stand des
tätsmanagement für indirekt-produkFragen rund um nachhaltige
Ideenmanagements
Kontinuierliche Verbesserung –
Produktionssysteme
tionsmengenabhängige Prozesse im
Einstieg in eine nachhaltige LeanProjekt oder Prozess?
Kontext der Unternehmensführung
Personalwirtschaft: Das BeurteilungsZielvereinbarungen unter ERA –
Kultur bei der August Brötje GmbH
Innovation durch Kooperation – wie
system als integraler Bestandteil
Strategische Ausrichtung des
nichtforschungsintensive Unternehleistungsorientierter Vergütung
Unternehmens mit Praxisbeispiel
Fabrikplanung unter dem Aspekt
men im Wettbewerb bestehen können
des demographischen Wandels
Nr. 209 von 09/2011
Interview: Qualifizierte Frauen gefragt
Nr. 206 von 12/2010
EFQMplus-Konzept – entwickelt im
– Gabriele Sons über die Zukunft
Nr. 202 von 12/2009
Kontinuierlicher Verbesserungsprozess
der Arbeitswelt
Rahmen des Projektes VITNESS
Unternehmensbefragung: Wie flexibel
Kontrolle ist gut, Vertrauen ist besser!?
(KVP): Von der Kenntnis zur
sind deutsche Unternehmen?
Systemvertrauen als Voraussetzung für
praktischen Umsetzung
Gesundheitsmanagement: Wie Betriebe mit
erfolgreiches Veränderungsmanagement
MTM – Basismethode für das
Abläufe systematisch verbessern –
Burnout und Depression umgehen können
Industrial Engineering
Personalentwicklung: QualifikationsbeDienstleistungen als systematische
ein Praxisbericht
Systematische ganzheitliche Potendarf frühzeitig erkennen
Ergänzung von Produkten
ifaa-Trendbarometer: Wie Experten zentrale
Rückenschmerzen – Einflussgrößen
zialanalysen und -bewertungen mit
arbeitswissenschaftliche Fragen beurteilen
und mögliche Präventionsansätze
dem MITO-Methoden-Tool
IMPRESSUM
Betriebspraxis & Arbeitsforschung - Zeitschrift für angewandte Arbeitswissenschaft
www.betriebspraxis-und-arbeitsforschung.de
ISSN
2191-6268
Herausgeber
Institut für angewandte
Arbeitswissenschaft e.V. (ifaa)
Uerdinger Straße 56
40474 Düsseldorf
Telefon: +49 211 542263-0
Telefax: +49 211 542263-37
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Verlag
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69115 Heidelberg
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Redaktion
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(inkl. MwSt zzgl. Versandkosten)
gegen Nachweis.
Kündigungen sind mit einer Frist
von 3 Monaten zum Ende
des Kalenderjahres möglich.
Soweit in der Zeitschrift „Betriebspraxis & Arbeitsforschung“ namentlich gezeichnete Aufsätze und
Beiträge enthalten sind, handelt es sich nicht um offizielle Verlautbarungen des Instituts für angewandte
Arbeitswissenschaft e. V. (ifaa). Die Veröffentlichungen erfolgen, um die Diskussion auf diesen Gebieten
zu fördern. Deshalb ist die Redaktion auch für kritische Stellungnahmen stets dankbar. BETRIEBSPR A XIS & ARBEITSFORSCHUNG 212 | 2012
ifaa
Düsseldorfer Schriftenreihe:
Das Programm für den Praktiker
Sowka
Aus Arbeitgebersicht
und immer auf
dem neuesten Stand
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Aus Arbeitgebersicht
werden die wichtigsten Probleme anhand
zahlreicher Beispiele, Musterformulierungen und Checklisten behandelt – zuverlässig und kompakt.
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55
Fehlervermeidung
Die Schriftenreihe wendet sich an Personalverantwortliche und ihre Ratgeber.
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Praxis
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rechtlic
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4. Aufl
Arbeitsrecht
M Kölner Praxiskommentar zum Kündigungsschutzgesetz und zu sonstigen kündigungsrechtlichen Vorschriften
4. Aufl. ∙ Sowka/Schiefer/Heise/Köster/Ramrath/Bengelsdorf ∙ ca. 1.000 Seiten, 06/12 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . EUR 128,00
M Mitbestimmung in Deutschland – Leitfaden für die betriebliche Praxis
Dr. Rainer Sieg ∙ 212 Seiten Din A 4, 02/12 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . EUR 37,80
M Das Betriebsverfassungsgesetz ∙ Prof. Dr. B. Schiefer, W. Korte ∙ 352 Seiten DIN A 3, 10/11. . . . . . . . . . . . . . EUR 67,80
M Beendigung des Arbeitsverhältnisses – Sozialversicherungsrechtliche Aspekte
H.-W. Köster ∙ 164 Seiten DIN A 5, 07/11 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . EUR 30,80
M Befristete Arbeitsverträge ∙ 4. Aufl. ∙ H.-H. Sowka ∙ ca. 148 Seiten DIN A 5. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . in Vorbereitung
M Outsourcing, Betriebsübergang, Auftragsvergabe, Umstrukturierung
4. Aufl. ∙ Dr. B. Schiefer, Dr. B. Pogge ∙ ca. 224 Seiten DIN A 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . in Vorbereitung
M Handbuch: Goldene Regeln des Arbeitsrechts ∙ H.-H. Sowka, K. Kieper ∙ 136 Seiten, 02/11 . . . . . . . . . . . . EUR 69,00
M Arbeitsrecht – Leitfaden für alle Führungskräfte ∙ 8. Aufl. ∙ Dr. R. Sieg ∙ 188 Seiten DIN A 4, 11/10 . . . . . . EUR 37,80
M Betriebsratsschulungen ∙ 2. Aufl. ∙ Dr. B. Schiefer, Dr. A. Borchard ∙ 116 Seiten DIN A 5, 05/10 . . . . . . . . . . . . EUR 28,80
M Arbeitsrecht für die betriebliche Praxis – Handbuch für Führungskräfte
11. Aufl. ∙ Hrsg. H.-H. Sowka, Prof. Dr. B. Schiefer ∙ 736 Seiten, 01/10 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . EUR 98,00
M Elternzeit ∙ 5. Aufl. ∙ H.-H. Sowka ∙ 108 Seiten DIN A 5, 12/09. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . EUR 28,80
M Betriebsbedingte Kündigung ∙ 4. Aufl. ∙ Dr. B. Schiefer ∙ 136 Seiten DIN A 4, 11/09 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . EUR 34,80
M Kurzarbeit und Beschäftigungstransfer ∙ H.-W. Köster, B. Nimscholz, W. Korte ∙ 148 Seiten DIN A 4, 06/09. EUR 34,80
M Das Pflegezeitgesetz in der Praxis
Prof. Dr. B. Schiefer, M. Hilgenfeld, Dr. J. Krogull ∙ 98 Seiten DIN A 5, 03/09. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . EUR 28,80
M Abmahnung ∙ 2. Aufl. ∙ Prof. Dr. B. Schiefer ∙ 124 Seiten DIN A 5, 09/08 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . EUR 28,80
M Zeitarbeit ∙ RA St. Schöne ∙ 80 Seiten DIN A 5, 08/08 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . EUR 28,80
M Wege in die Altersrente – Altersteilzeit ∙ 5. Aufl. ∙ H.-W. Köster ∙ 152 Seiten DIN A 5, 02/08. . . . . . . . . . . . . . EUR 28,80
M Beendigung des Arbeitsverhältnisses und Umstrukturierung
3. Aufl. ∙ Prof. Dr. B. Schiefer, C. Conrad ∙ 360 Seiten DIN A 4, 01/08 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . EUR 59,80
M Ohne Tarifbindung ∙ 2. Aufl. ∙ H.-H. Sowka, K. Balg ∙ 132 Seiten DIN A 5, 01/08. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . EUR 28,80
M Lohnpfändungsrecht ∙ 2. Aufl. ∙ Prof. Dr. P. Bengelsdorf ∙ 104 Seiten DIN A 5, 01/07 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . EUR 28,80
M Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz ∙ Dr. B. Schiefer, V. Ettwig, S. Krych ∙ 240 Seiten DIN A 4, 08/06 . EUR 49,80
M Teilzeitarbeit ∙ 2. Aufl. ∙ Dr. B. Schiefer ∙ 160 Seiten DIN A 4, 08/05. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . EUR 32,80
M Schwerbehinderte Menschen im Arbeitsleben
2. Aufl. ∙ Dr. S. Hoehl, A. Hörder, Dr. U. Ramrath ∙ 120 Seiten DIN A 5, 11/04 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . EUR 22,80
M Alkohol und Drogen im Betrieb ∙ 2. Aufl. ∙ Prof. Dr. P. Bengelsdorf ∙ 132 Seiten DIN A 5, 11/03 . . . . . . . . . . . EUR 18,80
M Telefonische Bestellungen bitte unmittelbar richten an: Verband der Metall- und Elektro-Industrie Nordrhein-Westfalen e.V.
z. Hd. Frau Albrand, Uerdingerstr. 58-62, 40474 Düsseldorf
Telefon: 0211/4573-268 oder über Internet: www.duesseldorfer-schriftenreihe.de
BETRIEBSPR A XIS & ARBEITSFORSCHUNG 212 | 2012
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Kompetent
Die Verfasser sind langjährige Experten
des Arbeitsrechts und durch zahlreiche
Veröffentlichungen bekannt.
Zuverlässiger Ratgeber
Herausgeber der Schriftenreihe „Düsseldorfer“ sind die Rechtsanwälte Hans-Harald Sowka und Prof. Dr. Bernd Schiefer
sowie der Verband der Metall- und ElektroIndustrie Nordrhein-Westfalen e.V.
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Eine Publikation des Dr. Curt Haefner-Verlages
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