RUSSLANDaktuell 17 2013 Haftungsrisiken des

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RUSSLANDaktuell 17 2013 Haftungsrisiken des
Haftungsrisiken des Geschäftsführers
Der in Russland Generaldirektor genannte Geschäftsführer eines Unternehmens muss
sich mit zahlreichen Fragen herumschlagen. Dabei sollte er die ihm drohende Haftung
nicht aus den Augen verlieren. Dass er mit einem Bein im Gefängnis stehe, mag übertrieben sein, aber die Risiken bei einer Pflichtverletzung sind dennoch beachtlich.
Das russische Recht sieht die Möglichkeit zur zivilrechtlichen Belangung eines
Generaldirektors in Artikel 53 Zivilgesetzbuch vor. Danach haftet eine Person, die im Namen des Unternehmens
handelt, der Gesellschaft gegenüber für
Schäden, die dieser durch schuldhaftes
Handeln oder Unterlassen entstehen. Um
den Generaldirektor zur Haftung heranzuziehen, müssen also – ähnlich wie
in Deutschland – folgende vier Voraussetzungen bewiesen werden: (1) rechtswidrige Handlung (Unterlassung); (2)
Schaden; (3) kausaler Zusammenhang
zwischen Handlung und Schaden; (4)
Verschulden.
Vereinheitlichung der
Rechtsprechungspraxis
Die Praxis in diesem Bereich war widersprüchlich. Eine detaillierte Auslegung
der einzelnen Tatbestandsmerkmale
fehlte bisher. Nunmehr hat das Oberste
Wirtschaftsgericht den Entwurf einer
Verordnung „Über einige Fragen des
Schadenersatzes durch Personen, die zu
den Organen einer juristischen Person
gehören“ erarbeitet. Dieser Entwurf zeigt
die rechtliche Auffassung des Gerichts.
Generaldirektoren sollten sie bei ihrer
wirtschaftlichen Tätigkeit berücksichtigen, um Verfahren auf Schadenersatz
möglichst zu vermeiden.
Vernünftigkeit und
Lauterkeit
Die Rechtswidrigkeit einer Handlung
(Unterlassung) kann nach Ansicht des
Gerichts erst dann bejaht werden, wenn
der Schadensverursacher eine durch
Gesetz oder Vereinbarung der Parteien
aufgestellte Verpflichtung verletzt hat.
Das Oberste Wirtschaftsgericht hat
im Entwurf die Rechtsprechung zusammengefasst: Der Generaldirektor ist verpflichtet, im Interesse der juristischen
Person lauter und vernünftig zu handeln.
Wird diese Pflicht verletzt, stellt dies
einen ausreichenden Grund für Schadensersatzansprüche dar.
Die Begriffe „Vernünftigkeit“ und
„Lauterkeit“ sind ihrer Natur nach Werturteile, was ein weites richterliches
Ermessen in jedem konkreten Verfahren
ermöglicht. Zur Vereinheitlichung hat
das Oberste Wirtschaftsgericht nunmehr
einige Umstände aufgeführt, welche die
Unlauterkeit von Handlungen belegen:
- die Handlungen erfolgten im Rahmen eines Interessenkonflikts zwischen
Gesellschaft und Generaldirektor;
- der Generaldirektor wusste beziehungsweise hätte wissen müssen, dass
die Handlung/Unterlassung nicht im
Interesse der juristischen Person standen;
- der Generaldirektor schloss das
Geschäft zu für die juristische Person
wissentlich ungünstigen Bedingungen
ab;
- der Generaldirektor traf Entscheidungen ohne Berücksichtigung ihm
bekannter Informationen und/oder
unterließ es, die für die Entscheidung
erforderliche Information einzuholen.
Haftungsumfang
Im Entwurf nimmt das Gericht auch
zur Haftung von Generaldirektoren für
Auswahlfehler Stellung. Es weist darauf
hin, dass sich die Haftung des Generaldirektors gegenüber Gesellschaft und
Gesellschaftern auch auf unvernünftige
beziehungsweise unlautere Handlungen
bei der Auswahl und Überwachung von
Geschäftspartnern oder Mitarbeitern
erstrecken kann.
Schadenshöhe
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Eine Haftung setzt voraus, dass der
Gesellschaft ein Vermögensschaden
entstanden ist. Dazu gehören folgende
Positionen: (1) Ausgaben zur Rechtsverteidigung; (2) Wert des verlorenen beziehungsweise geschädigten Vermögens; (3)
entgangene Einnahmen (welche unter
den üblichen Bedingungen des Rechtsverkehrs ohne Rechtsverletzung zu erzielen gewesen wären).
Nach der allgemeinen Regel muss
der Kläger den Schadenseintritt und die
Schadenshöhe beweisen. Fehlen Beweise
für die Höhe des entstandenen Schadens, wurde eine Klage bisher abgewiesen, selbst wenn die Pflichtverletzung
unstreitig war.
Das Oberste Wirtschaftsgericht stellt
nunmehr fest, dass es keinen Grund für
die Klageabweisung in vollem Umfang
darstellt, wenn die Schadenshöhe nicht
genau ermittelt werden kann oder
Beweise für den Schadensbetrag fehlen. In diesem Fall müssten die Gerichte
vielmehr die Höhe des Schadens unter
Berücksichtigung der Grundsätze von
Gerechtigkeit und Verhältnismäßigkeit
selbstständig ermitteln.
Verschulden als
Haftungsgrund
Ohne Verschulden besteht keine zivilrechtliche Haftung für Schäden der
Gesellschaft. Verschulden liegt vor, wenn
der Rechtsverletzer nicht mit ordnungsgemäßer Sorgfalt und Vorsicht nach den
konkreten Verkehrsbedingungen alle
möglichen Maßnahmen zur Vermeidung
negativer Folgen seiner Handlungen
(Unterlassungen) ergriffen hat.
Im russischen Zivilrecht wird das Verschulden des Schadensverursachers vermutet. Er muss also beweisen, dass kein
Verschulden vorlag.
Der Generaldirektor hat also im Fall
einer Klage seine Unschuld nachzuweisen. Nach der Rechtsprechung wird der
Generaldirektor aber entlastet, wenn:
- er alle erforderlichen Maßnahmen
zur ordentlichen Erfüllung der Pflichten
eines Unternehmensleiters ergriffen hat;
- er die Handlungen im Rahmen
eines angemessenen unternehmerischen
Risikos getroffen hat (dies ähnelt der
Business Judgement Rule des deutschen
Rechts);
- die Handlungen unter höchstmöglicher Berücksichtigung der Unternehmensinteressen erfolgten.
Diese Position ist auch im Entwurf
aufgeführt, wurde jedoch um weitere
Fragen ergänzt. Die Haftung wird allerdings nicht ausgeschlossen, wenn der
Abschluss des Rechtsgeschäfts beziehungsweise die Vornahme einer Handlung von den Gesellschaftern oder vom
Direktorenrat gebilligt wurden. In diesem
Fall geht es lediglich um die Abgrenzung
der Haftung zwischen allen beteiligten
Personen.
RUSSLAND aktuell
17-2013
RUSSLAND aktuell
Fazit:
Der Entwurf wird bis zur Verabschiedung
vermutlich noch Änderungen erfahren.
Jedoch wird die Tätigkeit des Obersten
Wirtschaftsgerichts zur Vereinheitlichung der Rechtsprechung zur Generaldirektorenhaftung eine große Bedeutung
für die Entwicklung der gesellschaftsrechtlichen Beziehungen haben. Das
Inkrafttreten des Entwurfs kann mehr
Gerichtsverfahren zur Geltendmachung
von Forderungen gegen Generaldirektoren zur Folge haben. Dem können die
Generaldirektoren durch eine aufmerksame und sorgfältige Ausübung ihrer
Befugnisse entgegenwirken.
Alexander Bezborodov, LL.M., Partner
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RUSSLAND aktuell
17-2013
veranstaltungstipps
veranstaltungstips
EU-Mission nach Russland
Die Europäische Kommission veranstaltet
vom 17. bis 19. Juni 2013 eine europäische
Wirtschaftsdelegation in die Russische
Föderation, die vom Vize-Präsidenten der
Europäischen Kommission Antonio Tajani
angeführt wird. Ziel der Reise ist es, Kooperationen von insbesondere europäischen
kleinen und mittleren Unternehmen in
Russland anzustoßen. Darüber hinaus fördert die Mission Kooperationen mit speziellen Zielsektoren durch die Teilnahme an
Matchmaking-Veranstaltungen mit lokalen
russischen Unternehmern.
Die folgenden Branchen spielen dabei
eine Schlüsselrolle: Werkzeugmaschinen/
Industriemaschinen,
Nanotechnologie,
Mikro- und Nano-Elektronik, Halbleiter,
moderne Werkstoffe, Biotechnologie und
Optik/Photonik, Bau- und Ingenieurswissenschaften, waldbasierte Industrien, Rohstoffe, Konsumgüter, Lebensmittel- und
Getränkeindustrie, Textilien, Pharmazeutik
und medizinische Geräte.
Die europäischen Unternehmen müssen
die Kosten für Reise und Unterkunft selbst
tragen. Die EU-Kommission wird Gruppenbuchungen in Hotels sowie die Reisen vor
Ort organisieren.
KONTAKT:
Enterprise Europe Network
Berlin-Brandenburg
Anke Wiegand, Tel.: +49 30 399 80 279
anke.wiegand@berlin-partner.de
Handeln und Verhandeln in Russland
Russland ist ein stetig wachsender Exportmarkt vor unserer Haustür. Um dort erfolgreich zu sein, sind gute Kenntnisse sowohl
der rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten
als auch der Verhandlungsweise russischer
Partner notwendig.
Im Seminar „Handeln und Verhandeln in
Russland“, das das Kompetenzzentrum
Russland der IHK Rhein-Neckar am 14. Mai
in Mannheim veranstaltet, werden wie im
wirklichen Geschäftsleben wirtschaftsjuristische Aspekte der Liefer- und Vertragshändlerverträge eng verbunden mit den für
Russland typischen Verhandlungsweisen
dargestellt. Diese Verbindung steht im Mittelpunkt, denn nur wer beides beherrscht,
wird erfolgreich sein.
Die Teilnehmerzahl des Seminars ist
begrenzt. Die Anmeldungen werden in der
Reihenfolge ihres Eingangs berücksichtigt.
KONTAKT:
IHK Rhein-Neckar
Dr. Jelena Möbus,
Leiterin Kompetenzzentrum Russland
Tel.: +49 621 1709-282
oe-gus@rhein-neckar.ihk24.de
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