PS 2/2006: Used Racebike: Honda Fireblade
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PS 2/2006: Used Racebike: Honda Fireblade
PITLANE DAUERBRENNER Seit 1992 gilt sie als Vorzeige-Sportlerin, die Fireblade. Logisch, dass man die SC 28 und 33, also die frühen Baureihen mit ihren eigenwilligen 16-Zoll-Vorderrädern so gut wie nicht mehr bei Renntrainings antrifft. Legendäre ältere Damen verprügelt man nicht mehr auf der Rennstrecke. Doch auch jüngere Ausgaben der Blade haben Exotenstatus: Die SC 44 aus dem Jahr 2000 kämpfte erstens mit einem kleinen Leistungsdefizit. Zweitens mit der Suzuki GSX-R 750. Ein Jahr später gar mit der 1000er. Übermächtig. Keine Chance. Handverlesene Ideallisten wagten sich dennoch an das schier Unmögliche. Mit viel Engagement und noch mehr finanziellem Aufwand schufen sie konkurrenzfähige Rennmotorräder auf Basis der SC 44. Doch die treiben sich heute nur noch sehr selten auf Rennstrecken herum. Alternativ eine gut erhaltene Straßenversion, zu haben knapp unter 5000 Euro, zum Renner umbauen? Lohnt sich nur für den bekennenden Fan. Da draußen warten Heerscharen gebrauchter Suzuki GSX-R 1000. Und die gibt es in gutem Zustand und mit viel Zubehör für ähnliches Geld, aber eben ready to race. Beinahe wie ein böser Fluch verfolgte besagte Suzuki auch die SC-50-Fireblade, Modell- SC 50, 2002–2004 1 Ram-Air-Kanäle zum Nachrüsten, da bei der SC-50-Fireblade ab Werk nicht vorgesehen, können etwas mehr Leistung bringen. 2 Gilles-Fußrastenanlage, mit der sich das Schaltschema elegant umdrehen lässt. 1 2 86 PS 2/2006 SECOND-HAND-RACER Honda Fireblade, ein Supersportler mit wahrhaft langer Tradition, bislang aber dennoch ein ziemlich exotisches Rennmotorrad. Der Grund dafür und warum sich das 2004 geändert hat? Steht hier. Text: Matthias Schröter; Fotos: Künstle, fact, Jahn 1 2 3 4 SC 57, SEIT 2004 jahre 2002 bis 2004. Im großen Sport kämpften Michael Schulten und der unvergessene Jürgen Oelschläger mit ihren piekfeinen Alpha-Technik-Honda gegen die übermächtige Suzuki-Armada. Ergebnis: tolle Rennen, alles gegeben. Aber die Suzuki gewannen. Dennoch, oder gerade deshalb: Die Vorgängerin der aktuellen Fireblade-Baureihe hat auf der Rennstrecke ihren ganz eigenen Reiz. Der begründet sich nicht in überbordender Kraft. Serienmäßig liegt sie bei gut über 150 PS, mit Racing-Komplett-Auspuffanlage und einem Dynojet Powercommander, einem Muss für ein Plus an Leistung und vor allem ein feineres Ansprechverhalten, können aber ohne Weiteres gut über 160 Pferde daraus werden. Das, kombiniert mit dem in ihrer Klasse bis heute unschlagbaren Handling, macht sie gerade auf winkeligeren Strecken zu einer echten Waffe im Kampf gegen aktuelle 1000er. Dem knackigen Fahrwerk fehlt es grundsätzlich nur an einer straffer abgestimmten Upside-down-Gabel, denn das Serien-Federbein gibt für Hobbyfahrer eine ganze Menge Reserven her, Gleiches gilt für die bissige 330er-Bremsanlage vorne. Also braucht es für ernsthafte Rennstreckenausflüge noch eine preisgünstige Zubehörverkleidung und klebrige Rennpneus. Wegen des fantastischen Handlings dürfen es auch gern die nicht gerade quicklebendigen, aber dafür sehr stabilen und haftstarken Pirelli Supercorsa Pro sein. Fertig ist das feine Ringgerät. 1 Die Serieninstrumente der aktuellen Fireblade sind sehr gut ablesbar, mit Ausnahme vom Schaltblitz, weshalb der Einsatz eines zusätzlichen Halogenstrahlers (Pfeil) empfehlenswert ist. Ebenso eine gute Idee: breitere und etwas höher platzierte Lenkerhälften – für mehr Komfort und noch besseres Handling. 2 Effizientes Tuning für die Rennstrecke: Dynojet Powercommander. 3 Fürs Auge: Airbox aus Carbonfaser. 4 An der Schwinge das Nonplusultra für die Blade: höhenverstellbares Öhlins-Federbein. PS 2/2006 87 PITLANE SC 44, 2000–2002 Auf der Rennstrecke ein Exot: Eine Fireblade, Typ SC 44, als reinrassiges Racinggerät. war schon 2000 eher selten anzutreffen. Die Suzuki GSX-R 750 war damals eine verlockende Alternative. Das bekommt man mit der aktuellen Fireblade-Version, kurz SC 57, ebenfalls nicht aus der Kiste. Aber die Basis, die stimmt. Liefert eine tolle Vorstellung auf der Landstraße ab und lässt sich mit geringem Aufwand zu einem TopRenner aufbauen. Das bestätigt einer, der es wissen muss: Jens Holzhauer, erfolgreicher Honda-Händler und IDM-Superbike-Teamchef aus Leidenschaft. Er verrät exklusiv in PS einige grundsätzliche Tipps und Tricks zur Hege und Pflege einer pfeilschnellen und – vor allem – äußerst zuverlässigen Rennmaschine. Ähnlich wie ihre Vorgängerin braucht sie für den harten Renneinsatz unbedingt einen Gabelumbau, beispielweise den so genannten Stage 4 von Öhlins. Das Serien-Federbein hingegen bietet laut Holzhauer schon eine gute Ausgangsbasis mit ausreichend Dämpfungsreserven. „Allerdings ist der Einstellbereich sehr 88 PS 2/2006 SC 57, SEIT 2004 STÄRKEN: Standfester Vierzylinder mit angenehmer Leistungsentfaltung, Top-Bremsanlage. SCHWÄCHEN: Erst seit 2004 auf dem Markt; Preisniveau für Gebrauchte liegt entsprechend hoch. PREISE: Ab 8800 Euro (rennfertiges Motorrad). schmal und deshalb nicht so einfach zu treffen“, schränkt der Fachmann ein. Wer sich etwas gönnen möchte, sollte in ein hochwertiges Racing-Federbein von Öhlins investieren. Genaue Fahrwerksdaten bleiben Holzhauers Betriebsgeheimnis, aber „es ist ja bekannt, dass die Fireblade ab Werk auch noch bei knapp 300 wie am Schnürchen ihre Bahn zieht.“ Experimente mit höher gelegtem Heck wirken sich deshalb durchweg positiv beim Handling aus. Motorseitig rät Holzhauer vor allzu viel Tuning ab. Eine deutliche gekürzte Übersetzung ist allerdings Pflicht. Dazu etwas Feinarbeit am Motor, ein geänderter Luftfilter, den beinahe schon obligatorischen Powercommander und eine Auspuffanlage von Akrapovic oder Arrow. Das bringt bis zu 12 PS Mehrleistung und hält sich finanziell in einem überschaubaren Rahmen. Der Vierzylinder gilt auch im Renntrimm als extrem zuverlässig. Beim Öl sollte man ihm aber nur vom Besten gönnen: Holzhauer rät zu vollsynthetischem Motoröl (Viskosität 0 bis 5), denn das komme besser mit dem Kupplungsabrieb zurecht. Ölwechsel: alle zwei bis drei Renntrainings, also nach rund 2000 Kilometern. Ein weiterer überaus günstiger Tuning-Tipp: Serienkühler unbedingt mit Lüfter fahren. „Bei unserem Rennmotorrad kann der Fahrer den Lüfter manuell zuschalten, das reduziert die Wassertemperatur zügig um bis zu 10 °C.“ Jeder, der am Vorstart schon mal länger warten musste, wird diesen Rat zu schätzen wissen. Abschließend noch Holzhauers Tipp zur Bremse: „Original-Bremsscheiben, nix geht drüber. Und dazu Sintermetall-Racing-Beläge. Wir verwenden Lucas CRQ.“ Als Bremsflüssigkeit empfiehlt er Castrol SRF. Dann funktioniert die Bremse auch bei extremer Belastung bestens. Ebenfalls rar und sehr interessant: Die Fireblade SC 50 ist ein durchweg empfehlenswertes Motorrad, das selbst ambitionierte Hobbyracer glücklich macht. DATEN MOTOR Bauart/Zylinderzahl Leistung* SC 50, 2002–2004 STÄRKEN: Fantastisches Handling, tolle Bremsanlage. SCHWÄCHEN: Starke Lastwechselreaktionen. PREISE: Ab 5500 Euro (Straßenversion als Umbau-Basis). Drehmoment* Bohrung/Hub Hubraum Verdichtung Ventile pro Zylinder GEMISCHBILDUNG Bauart Ø Drosselklappe KRAFTÜBERTRAGUNG Kupplung/ Betätigung FAHRWERK Rahmenbauart Lenkkopfwinkel Nachlauf Radstand Ø Gabelinnenrohr Federweg v./h. RÄDER UND BREMSEN Räder Felgengröße v./h. Reifenempfehlung (Rennstrecke) Bremse vorn Bremse hinten HONDA CBR 900 RR HONDA CBR 1000 RR FIREBLADE (SC 50, FIREBLADE (SC 57, MODELL 2003) MODELL 2006) Reihe/4 110 kW (150 PS) bei 11300/min 104 Nm bei 9500/min 75,0/54,0 mm 954 cm3 11,5:1 4 Reihe/4 126 kW (171 PS) bei 11250/min 115 Nm bei 10 000/min 75,0/56,5 mm 998 cm3 12,2:1 4 Zünd-/Einspritzanlage Zünd-/Einspritzanlage 42 mm 44 mm MehrscheibenMehrscheibenÖlbad /mechanisch Ölbad /hydraulisch LeichtmetallBrückenrahmen 66,3 Grad 97 mm 1400 mm 43 mm 120/120 mm LeichtmetallBrückenrahmen 66,5 Grad 100 mm 1400 mm 43 mm 120/135 mm LeichtmetallGussräder 3,50 x 17"/6,00 x 17" Pirelli Supercorsa Pro Doppelscheibe, VierkolbenFestsättel Einzelscheibe, EinkolbenSchwimmsattel 330/220 mm LeichtmetallGussräder 3,50 x 17"/6,00 x 17" Bridgestone Battlax Slick Doppelscheibe, VierkolbenFestsättel Einzelscheibe, EinkolbenSchwimmsattel 320/220 mm Ø Scheibe v./h. GEWICHTE/ FÜLLMENGEN Fahrfertig, vollgetankt* 199 kg Tankinhalt 18 Liter GRUNDPREIS 12 740 Euro (inkl. Nebenkosten) ca. 205 kg 18 Liter 13190 Euro * Werksangabe PS 2/2006 89