bsa 441 von ueli utzinger
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bsa 441 von ueli utzinger
20 KLASSIK BSA 441 VON UELI UTZINGER DonnerKugel Fahrbericht Ueli Utzingers BSA 441 sieht aus wie ein Crosstöff aus den späten 60er-Jahren. Der erste Eindruck täuscht. Text und Bilder: Rolf Lüthi 1 D er Motocrosstöff von Ueli Utzinger hat Baujahr 1968 – zumindest das Motorgehäuse. Der Rest ist wesentlich neueren Datums, und Ueli behauptet auch mit keiner Silbe, er würde einen Töff im Originalzustand fahren. Ueli erreichte in der Oldtimer-Motocross-EM 2009 den dritten Schlussrang mit seinem Töff, den er sich auf diese Saison hin neu aufgebaut hat. «Ich fuhr vorher in der Klasse der über 40-Jährigen, da sind Töff bis Baujahr 1972 zugelassen. Da setzte ich eine BSA B 50 von 1972 ein. Nun wurde ich 50, wechselte in die Kate- gorie der über 50-Jährigen und musste einen Töff vor Baujahr 1970 fahren. Deshalb baute ich mir vergangenen Winter diese BSA 441 von 1968 auf.» In der Schweizer Meisterschaft fährt Ueli mit seinem dritten Oldtimer-Crosser, einer CCM von 1974. Rennbereite Oldtimer-Crosstöff gibt es nicht zu kaufen, das muss man sich selber bauen oder bauen lassen. Uelis BSA ist ein auf das EM-Reglement zugeschnittenes Einzelstück. Ausgangsbasis sind das Motorgehäuse einer BSA 441 von 1968 und der Nachbau eines Cheney-Chassis aus 2 20_MSSD_020_Klass 20 3 jener Epoche. Letzteres wird von der niederländischen Firma TB Techniek in Kleinserie gefertigt. Der vernickelte Stahlrohrrahmen mit der OriginalFahrwerksgeometrie von Cheney erfreut das Auge mit wunderhübschen Schweissnähten. Als Besonderheit wurde die Original-Kettenspanneinrichtung von BSA beibehalten, bei der die Kette über eine exzentrische Lagerung der Schwinge gespannt wird. Komplettiert wird das Fahrwerk mit einer Gabel von Ceriani (das Beste, was es damals gab) und Rädern mit GrimecaNaben, Speichen mit Alunippeln und 1 In lang gezogenen Kurven ist der Oldtimer-Crosser so schnell wie ein moderner Töff. 2 Schade, dass Papier keine Töne transportieren kann. 3 Exzenter an der Schwingenlagerung zum Spannen der Kette. 4 Not for Aircraft Use? Die BSA fliegt trotzdem! 5 Klassischer, stehender Einzylinder. 6 Ein Renntöff ist fast zwangsläufig schön und elegant – weil nichts dran ist, was nicht drangehört. 4 24.09.2009 15:07:06 20/2009 MOTO SPORT SCHWEIZ WWW.MOTOSPORT.CH 21 STECKBRIEF Ueli Utzinger Geburtsdatum 30. 7. 1959 Wohnort 8180 Bülach ZH Zivilstand Verheiratet, 2 Kinder, Sohn Ronny (9) fährt ebenfalls Motocross (50 cm3). Hobbys «Motocross, für etwas anders habe ich keine Zeit!» Beruf Werkstattchef bei BMW Dielsdorf Private Motorräder BSA 441 (68), BSA B 50 (71), CCM 500 (74), BMW G 450 X. TECHNISCHE DATEN BSA 441 VON UELI UTZINGER Motor Luftgekühlter Einzylinder-Viertakter. Unten liegende Nockenwelle, Stösselstangen, Kipphebel, zwei Ventile. Rundschiebervergaser, elektronische Zündung. Trockensumpfschmierung, Inhalt 2 l. Kickstarter. Bohrung × Hub 87 × 90 mm Gesamthubraum 540 cm3 Vergaser-ø 34 mm Verdichtungsverhältnis 11: 1 Leistungsdaten Keine Angaben. Kraftübertragung Primärtrieb per Kette. Per Seilzug betätigte Mehrscheiben-Ölbadkupplung. Dreiganggetriebe. Endantrieb über Kette. Fahrwerk Zentralrohrrahmen mit geteiltem Unterzug aus Stahlrohr. Teleskopgabel von Ceriani. U-Schwinge aus Stahlrohr, 2 Federbeine. Gabelinnenrohr-ø 35 mm Federweg vorn 180 mm hinten 130 mm Räder Drahtspeichenräder mit Leichtmetallfelgen. Felgendimension vorn 1.6 × 21“ hinten 1.85 × 18“ Reifendimension vorn 90/90–21 hinten 120/90–18 Bremsen Trommelbremsen, mechanisch betätigt. Bremstrommel-ø vorn und hinten 140 mm Abmessungen und Gewichte Radstand 1430 mm Sitzhöhe 890 mm Tankinhalt 5l Leergewicht fahrfertig vollgetankt 108 kg Preis Handgefertigtes Einzelstück. Der Aufbau eines vergleichbaren Motorrades kostet ab rund Fr. 30 000.–. Besitzer Ueli Utzinger, Bülach 5 20_MSSD_021_Klass 21 PALMARÈS 1. Rennsaison 1977, SAM-Meister Junioren 500. Bis 1984 SAM-Motocross, 1984 SAM-Inter-Meister. 1985 bis 1991 Motocross-SM, 1986 Meister Kat. 4-Takt. 1992 bis 1997 Bahnrennen in Europa und in Südamerika 1992 nationaler deutscher Sand- und Grasbahnmeister 1995 3. Grasbahn-EM 1988 und 1999 SAM-Motocross, Kat. 4-Takt Seit 2000 Oldtimer-Motocross, 2. Rang 2001 am OldtimerCross der Nationen in Wohlen Vize-Europameister +40 2005. EM 2009 +50 Platz 3. modernen, hochfesten Alufelgen. Die Federbeine stammen vom niederländischen Hersteller Reiger. Obwohl das Reglement Originalmaterial vorschreibt, sind OldtimercrossMeisterschaften in der Praxis Rennen mit Silhouetten-Motorrädern. Die Maschinen müssen also zumindest äusserlich dem Original entsprechen, was zum Beispiel die Verwendung von Scheibenbremsen ausschliesst. Vorgeschrieben und überprüfbar sind die Federwege: vorne maximal 180 mm, hinten 100 mm plus 30 % Toleranz. Mit 126,8 mm Federweg hinten schöpft Ueli das Reglement voll aus. Alles, was möglich ist Wie robust die BSA-Motorgehäuse von einst ausgelegt sind, beweist Uelis Töff: Der Hubraum wurde von Tuner Marcel Gerhard auf 540 cm3 angehoben, das 6 Drei Generationen der Cross-Dynastie Utzinger: Ueli (50), Ronny (9) und Karl (77), SAM-Meister 1962, 63 und 64. sind fast 20 % mehr als original. Kurbelwelle, Pleuel und Kolben sind moderne Bauteile nach neuesten Erkenntnissen. Der Kolben ist trotz grösserer Bohrung leichter als das Original, da viel kürzer und aus aktueller Alulegierung gefertigt. Am Zylinderkopf wurde ebenfalls gearbeitet, von BMW gabs Ventile, die passend gemacht wurden. Die Zündung arbeitet elektronisch. Das Getriebe mit drei Gängen und die Kupplung (mit Alukörben) sind aktuelle Replica-Teile der englischen Firma NEB. Das Reglement schreibt einen Rundschiebervergaser ohne Beschleunigerpumpe vor, Ueli vertraut auf einen 34er-Mikuni. An Uelis Töff sind alle Schrauben und Bolzen der Dimension M 10 oder grösser aus Titan gefertigt. Dieses Material ist bei gleicher Dimensionierung ähnlich stark wie Stahl, jedoch 45 % Es geht voll ab! In der Schweiz gibt es seit 1997 eine Oldtimercross-Meisterschaft, ausgefahren in den Kategorien Pre 75, Pre 68 und Seitenwagen. Organisator ist der Oldtimer-Motocrossclub Schweiz, www.omcschweiz.ch. 2009 sind 15 Veranstaltungen mit Meisterschaftsstatus im Kalender, dazu sind Demofahrten der Oldtimer-Crosser bei Töffanlässen beliebt. Dann gibts eine EM in vier Alterskategorien, organisiert von der European Classic Motocross Organisation (EMCO). 2009 gab es drei Veranstaltungen zu zwei Rennläufen. Saisonhöhepunkt ist das Oldtimer-Cross der Nationen, eine Nationenmeisterschaft, die an einem Wochenende ausgefahren wird. Die Schweiz belegte heuer Platz 4 von 11 Nationen. Mehr auf: ➥ www.classismotorsport.org 24.09.2009 15:07:13 Leiter Werkstatt Als Bereichsverantwortlicher leitest du selbständig unsere Werkstatt, den Kundendienst und den Ersatzteilverkauf. Du verfügst über umfassende Kenntnisse der Motorradtechnik (Honda und BMW) und bist dich gewohnt ein Team zu führen. Du stehst gerne in Kontakt mit Kunden und verlierst auch unter Belastung nicht den Ueberblick. Stellenantritt per 1.1.2010 oder Vereinbarung. Wir freuen uns auf deine Bewerbung mit Foto und den üblichen Unterlagen. Moto-Center Thun Bruno Hofmann Bernstrasse 117, 3613 Steffisburg 033 439 59 59, bruno@moto-center.ch 20_MSSD_022_Inser 22 24.09.2009 13:54:42 KLASSIK ➥ 20/2009 MOTO SPORT SCHWEIZ WWW.MOTOSPORT.CH 23 BSA 441 VON UELI UTZINGER 2 1 3 1 Klassische Flugfigur mit Landung auf dem Hinterrad. 2 Spikes-Fussrasten, direkt am Motor verschraubt. 3 Polierter Klapptankdeckel. Das Benzin, das manchmal aus der Entlüftungsbohrung sabbert, saugt der Haargummi auf. leichter. «An diesem Töff habe ich alles gemacht, was machbar ist», sagt Ueli. Vollgetankt 108 kg bei mehr als einem halben Liter Hubraum, da können wir nur ehrfürchtig nicken. Schnell wie ein moderner Töff Von der C 15 zur B 50 gewachsen BSA, das bedeutet Birmingham Small Arms Company. Die britische Firma wurde 1861 durch den Zusammenschluss von 14 Waffenschmieden gegründet. Ab 1870 stellte BSA Fahrräder her, 1903 den ersten Motorrad-Prototyp, 1908 wurden die ersten Autos produziert. Das Waffengeschäft wurde reduziert, gewann aber während der Weltkriege wieder an Bedeutung. Kerngeschäft von BSA war die Motorradherstellung; 1940 baute BSA das letzte Auto, 1957 wurde die Fahrradherstellung an Raleigh verkauft. Der Motor von Uelis Motocross-Töff basiert auf dem Motor einer B44 von 1968. Die Geschichte dieses Motors reicht zurück bis 1958, als BSA mit der C 15 sein erstes Einzylindermotorrad mit Blockmotor präsentierte. Blockmotor, das bedeutet, dass Motor, Kupplung und Getriebe im gleichen Gehäuse untergebracht sind. Vorher baute BSA wie damals üblich getrennte Gehäuse für Motor, Kupplung und Getriebe. Die C 15 hatte einen 250er-Motor, der in den folgenden Jahren für stärkere Modelle bis zum 500er erweitert wurde: Die B 40 mit 350 cm3 kam 1960, die B 44 mit 441 cm3 gab es ab 1965, und ab 1971 war der gleiche Basismotor auf 500 cm3 erweitert, verbaut in der B 50 mit dem klangvollen Zunamen Gold Star. Der leichte Motor war für den Sporteinsatz im Gelände prädestiniert, und BSA bot Cross-, Enduro- und Trial-Versionen an. Jeff Smith gewann 1964 und 65 die 500er-Motocross-WM auf BSA, es sollten für lange Zeit die letzten WM-Titel sein, die in dieser Disziplin mit einem Viertakt-Motorrad errungen wurden. 1972 war BSA finanziell am Ende, die letzten B 50 in Motocross-Version wurden 1974 unter dem Namen Triumph TR5MX in den USA verkauft. BSA ging im Norton-Villiers-Triumph-Konglomerat auf. Norton und Villiers kamen nicht mehr in die Gänge, Triumph konnte den Kollaps noch vier Jahre rauszögern, dann existierte die einst führende britische Motorradindustrie vorläufig nicht mehr. Irgendwie hätte wenig gefehlt, und es wäre alles anders gekommen: 1976 stellte Yamaha die XT 500 vor, deren Konstruktion sich nur in Details von der B 44 oder der B 50 unterscheidet, und landete damit einen ungeahnten kommerziellen Erfolg. 20_MSSD_023_Klass 23 Wir haben die BSA von Ueli aber nicht nur angeschaut. Für MSS schwang sich Christoph Haller (40) in den Sattel, vierfacher SAM-Inter-Meister, der seine aktive Rennkarriere beendet hat, aber als Instruktor weiterhin sehr regelmässig Cross trainiert. «Eine richtige Donnerkugel», ruft er aus, als er nach der Fahrsession auf der Piste von Beggingen SH von Uelis Töff steigt. «Ich bin echt überrascht, wie spurtreu dieser Töff seine Linie hält. Wegen der Form von Tank und Sitzbank kann man nicht vorrücken und Druck aufs Vorderrad bringen wie bei einem modernen Töff. Ich befürchtete, der Töff würde deshalb dauernd übers Vorderrad wegrutschen, doch das war gar nicht der Fall. Das liegt daran, dass der Töff als Ganzes ein gut ausbalanciertes Fahrzeug ist. Der Motor hat massig Drehmoment über ein breites Band, deshalb reichen die drei Gänge. Der Motor ist aber nicht aggressiv, und weil man zudem wenig schalten muss, kommt vom Antrieb her viel weniger Unruhe ins Fahrwerk als bei einem modernen Töff. Deshalb funktioniert der Töff mit diesem Fahrwerk und dieser Sitzposition so gut.» Während der Motor zwar einen völlig anderen Charakter hat als ein moderner Cross-Einzylinder mit Vier- ventilzylinderkopf, Einspritzung und fünf Gängen, aber auf seine Weise für beachtlichen Vortrieb sorgt, ist die Einschränkung durch das OldtimerFahrwerk grösser. Damit möglichst der ganze (reglementarisch beschränkte) Federweg zur Verfügung steht, wird mit wenig Dämpfung und am Hinterrad ohne statischen Durchhang gefahren. Also relativ harte Federn, kombiniert mit lascher Dämpfung. Der Nachteil dieser Auslegung: «Man muss klassisch auf dem Hinterrad landen», berichtet Chris. «Weite Sprünge mit harten Landungen sind nicht möglich, da reichen weder Federweg noch Dämpfung. Gabel und Federbein würden voll durchschlagen, auf Dauer ginge der Töff kaputt.» Es gibt aber auch Vorteile, wie Chris feststellen konnte: «Unglaublich, wie schnell ich mit diesem Töff durch weite Kurven fahren kann. Du sitzt im Sattel, den breiten, nach hinten gekröpften Lenker in der Hand, bist schon schnell und kannst immer noch beschleunigen. Das Vorderrad führt perfekt, der Motor schiebt, aber lässt das Hinterrad nicht durchdrehen. Wenn es nicht zu viele Wellen hat, bin ich mit da der BSA so schnell wie mit einem modernen Töff!» Sieger der Soundwertung Während Geschwindigkeitsaufbau nie ein Problem ist, ist das unvermeidbare Gegenteil ein Abenteuer. «Verglichen mit modernen Bremsen bremst das gar nicht, egal, ob du vorne mit zwei Fingern oder der ganzen Hand ziehst», sagt Chris verwundert. «Dazu kommt dann noch die Umstellung mit den Füssen: rechts schalten, links bremsen.» Einen Punkt gibt es, da schlägt der Oldtimer-Crosser jeden modernen Töff: in der Soundwertung. «Das Reglement schreibt vor, dass der Auspufftopf aus einem aufgehenden und einem sich verringernden Konus bestehen muss», erklärt Ueli. «Dass etwas drin sein muss, davon steht nichts geschrieben.» ■ 24.09.2009 15:07:18