Małgorzata Półrola Komik und Ironie als typische

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Małgorzata Półrola Komik und Ironie als typische
Małgorzata Półrola
Komik und Ironie als typische
Eigenschaften des Erzählstils von
Arno Schmidt
Acta Universitatis Lodziensis. Folia Germanica 2, 157-169
2000
ACTA
UNIVERSITATIS
_________
LODZIENSIS
F O L IA G E R M A N IC A 2, 2000
M ałgorzata Półrola
K O M IK U N D IR O N IE A LS T Y P IS C H E E IG E N S C H A F T E N
D E S E R Z Ä H L S T IL S V ON A RN O S C H M ID T
Ü ber einen der größten „Sprachsteller und W irklichkeitsjäger “ 1 der
deutschen N achkriegsliteratur, A rn o Schm idt, äußern sich die m eisten
K ritiker etw a so, wie E. Schöfer es vor Jah ren getan hat, als er urteilte,
Schmidts W irkung liege und werde in der Lockerung überkom m ener sprach­
licher und literarischer N orm en liegen. A u f eine sehr wichtige T endenz bei
dem A u to r h a t er allerdings schon dam als hingewiesen:
Pro v o k atio n des allseits an erk ann ten Reglem ents ist [seine] A bsicht, zugleich ab er steckt
in [den] verschm idsten Schreibweisen häu fig ein in T extzusam m enhang sich bestätigender
Schalk, d e r d em W o rt zu seiner n orm alen W eisefunktion n och einen zweiten, ironischen
Sinn einspritzt oder aber auch n u r sich selbst venizt, zum h ö h eren A m üsem ent d er
Sprachgenossen.2
Viele oberflächliche F orm u lieru ng en und entgegengesetzte A nischten
der R ezensenten in bezug a u f Schm idts E rzählkunst h aben u ns dazu
veranlaßt, der F rage der K om ik und Ironie bei dem D ichter nachzugehen,
um entscheiden zu können, inwieweit Extrem es berechtigt ist - sei der
H um orsinn der Schriftstellers tatsächlich „großartig und skurril “ 3 oder
verdient Schm idt vielleicht doch die Bezeichnung eines ganz hum orlosen
A utors .4
1 E. Schöfer, Sprachsteller und W irklichkeitsjäger, „W irkendes W o rt“ (15) 1965, H . 3,
S. 202-206.
2 E b d ., S. 205.
3 B. B lum enthal, D er W eg Arno Schm idts vom P rosatext zu r Privatprosa, M ü nchen 1980,
S. 192.
4 J. D rew s, Eidyllion - das heißt kleines Blidchen. Über A . Schm idt und H . von Doderer.
ln: Der Solipsist in der Heide. M aterialen zum W erk A . Schm idts, hrsg. von H . M . Bock,
J. D rew s, M ü nch en 1974, S. 109.
Π57]
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Małgorzata Półrola
P. E ichhorn 5 m acht die Tendenz zur G efährdung der H eiterkeit zu
einem m arkan ten Zeichen der neusten L iteratur und sieht die Quelle der
H um orlosigkeit m oderner Schrifsteller etweder in dem unverm ittelten E n ­
gagem ent oder in zu großer D istanzierung. W enn m an A dorn os Befund
weiter gelten läßt, die heutige K un st könne weder heiter noch ernst sein6,
so wird an Schm idts Beispiel ersichtlich, wie treffend E ichh orn diese
Einsicht in einem Begriff zusam m enfaßt. Seiner M einung nach biete die
L iteratu r nach 1945 nur noch „heiteren H ochm ut “ .7 F ü r einen der re­
präsentativsten V ertreter dieser A rt ironischer D instanz halten wir den
E rzähler A rno Schmidt.
Um die These zu beweisen m üssen w ir zuerst nach dem W esen des
K om ischen u nd Ironischen fragen. N icht ohne G run d lassen sich die
beiden K ategorien in einem Zug nennen, denn ihre W irkungsfelder sehen
sich ziemlich verw andt, w o rau f die angeführten D efinitionen hindeuten
sollen.
A.
W ellek 8 zählt die Ironie als T endenz zur V erzerrung, Ü bertreibung,
V erkehrtheit, F rivolität und M ißverständnis zu den „größeren G ru pp en des
Sachwitzes“ und nennt diesen „vergeistigte K om ik “ .9 R . Jancke stellt fest:
„Eine wichtige G rundw irkung der Ironie besteht im K om ischen [...]. D er
Ironie ist im m er eine subjektive K om ik eigen “ .10 D er große Iro niker
T hom as M a n n bezeichnete die Ironie als „künstlerisches E lem ent“ , als eine
F o rm des Intellektualism us und definierte sie als „B esheidenheit“ ; als
„rückw ärts gew andte Skepsis ist [sie] eine F o rm der M o ra l“ , persönliche
E thik und „innere Politik “ .11 Schon F . Schlegel stellte Ironie, die „logische
Schönheit“ 12, als K ategorie der G enialität in eine Reihe m it O riginalität
und U niversalität. D ie K om ik als W irkung der Ironie faßten die R om antiker
als „entfesselte Subjektivität “ 13 auf. Im 18. Jah rh u n d ert h a t H obbes das
K om ische um schrieben als „G efühl persönlicher Ü berlegenheit, daß in uns
entsteht, wenn w ir plötzlich der M inderw ertigkeit eines M itm enschen gewahr
w erden “ .14
s Siehe P. E ich horn , K ritik der H eiterkeit, H eidelberg 1973, K a p . II.
6 Vgl. T . A do rn o , Ist die Kunst heiter? (A bhandlung), 1967.
I P. E ichho rn, K ritik..., K ap . II.
8 A . W ellek, Z u r Theorie und Phänomenologie des W itzes, „Stu diu m G enerale“ (2) 1949,
H . 3, S. 171-182.
» E b d., S. 181.
10 R . Jancke, D as Wesen der Ironie, Leipzig 1929, S. 12-13.
II T h . M an n , Ironie un d Radikalismus. In: H . E. H ass, Ironie als
literarisches Phämonen,
K ö ln 1973, S. 359-371; hier S. 368.
12 F . Schlegel, Fragmente. In: H. E. H aas, Ironie..., S. 287-294; hier S. 298.
13 Zit. nach: O. Rom m el, Die wissenschaftlichen Bemühungen um die
A nalyse des Komischen,
„D V JS “ (21) 1943, H . 3, S. 161-195; hier S. 189.
« E b d ., S. 167.
Komik und Ironie
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W . F re u n d 15 m ach t folgende U nterscheidung: die K om ik richtet sich in
kritischer oder belustigender A bsicht a u f ein G egenüber, a u f einen anderen
M enschen, w ährend der H u m o r sich m it befreiender W irkung an das
Subjekt zurückwendet. O. Rom m el ergänzt präziser: „E in scharfer Blick für
m enschliche Unzulänglichkeit, verbunden m it einem unbeirrten G lauben an
das G roße im M enschen befähigt [erst] zu hum origer L ebenshaltung “ .16 Die
elem entarste K om ponente des K om ischen als m ittelbarer Effekt der Iro n i­
sierung ist der Witz. W. Hegele 11 klassifiziert den W itz je nach seinen
Darbietungsformen m it den Adjektiven: geistreich, pointiert, ironisch, satirisch,
treffend u.ä. Als m enschliches V erm ögen w ird er E sp rit oder E infall
genannt. A ls Ereignis setzt er Irrtu m , H o hn und Ü berraschung voraus. In
spaßhafter D arbietung wäre es Scherz, Posse, Ulk, Spaß, K alauer, Z ote
oder echter W itz (im Sinne der Volksserzählung, wie L. R ö hrich 18 prim är
das W ort „W itz“ versteht).
A n ausgew ählten Beispielen w erden w ir versuchen, zuerst m ögliche
Form en u nd Figuren des K om ischen bei A rno Schmidt zu charakterisieren.
Zu Hilfe kom m en uns auch die Typologien der kom ischen A usdrucksm ittel
von A. W ellek 19 und L. R öhrich .20
„D as Witzige am W itz ist im m er das R esultat einer charakteristischen
Sprachverwendung - alles, was vom norm alen Sprachgebrauch u n d -m aterial
abweicht, k an n eine kom ische W irkung erzielen “ .21 Z ur E rzeugung des
hum oristischen Effekts (im Prinzip ironisch gefärbt) bedient sich A. Schm idt
sowohl des Sprach- (Wort)witzes als auch des Sach(Inhalts)witzes .22 Betrachten
wir zunächst die erstere der genannten F orm en der K om ik.
D en w illkürlichen N eubildungen als durchgehendem C harakteristikum
der sprachlichen Ä ußerung des D ichters wird sehr häufig ein N ebensinn
unterschoben. Sie bedeuten nicht nur das, was sie benennen. D ie „G er­
m anenköpfe“ (F 24)23 der V orbeim arschierenden H J sind keineswegs ein
positives E pitheton; das „Spatzengehirn“ und die „V iertelbildung unserer
M achthaber“ (F 111) lassen keinen Zweifel ü ber die kritische A bsicht des
15 W . F reun d, D ie liierarische Parodie, S tu ttg a rt 1981, S. 24.
16 O . R om m el, D ie wissenschaftlichen Bemühungen..., S. 193.
17 W . H egele, D as sprachliche Feld von Vilz, „ D eu tschu nterrich t“ (11) 1959, H . 3, S. 93.
18 L. R ö hrich , D er W itz. Figuren. Formen, Funktionen, S tu ttg a rt 1977, S. 5.
19 A . W ellek, Z u r Theorie..., S. 179.
20 L. R ö hrich, D er W itz..., S. 41-61.
21 E bd ., S. 43.
22 U ntersch eidu ng vo n A . W ellek, Z u r Theorie..., S. 179.
23 Z itate sind den F ischer-T aschenbuch-A usgaben Schm itds W erke entnom m en; für die
einzelnen T itel sind folgende A bk ü rzu n g en verw endet; F = A u s dem Leben eines Fauns·,
H = D as steinere H err, К = K a f f auch M are Crisium, BH = Brand's Heide·, Po e = Seelandschaft
mit Pocahontas·, Sp = Schwarze Spiegel, U = Umsiedler; K iH = Küche in Halbtrauer, Cal = Caliban
über Setebos; W as = W asserstraße; L = Leviathan oder die beste der W elten.
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E rzählers aufkom m en. Bewußtes G egenüberstellen von sem antisch U nzusam m enhängendem erzielt doppelsinnige, witzige Effekte, wie etw a in den
Beispielen: „Begrüßungsfluch“ (H 33), oder „S eelenbräutigam “ (H 32).
Verblüffend h ö rt sich die okkasionelle Z usam m ensetzung „B riefkastenonkel“
(H 111) an. N ach dem Prinzip des U nerw arteten w erden viele E pitheta
gebraucht; durch ihr überraschendes Aufkom m en wirken sie scherzhaft, z.B.
„Blut-und-Boden-Schm ierer“ (F 140), „w as wollte der G ringo in unserer
lieblichen Zweiöde?“ (BH 78); ähnlich klingt der V okativus: „O ch mein
Teufel!“ (H 104). Viele von ihnen als direkte Eigennam en gedacht, setzen
kom ische W irkung voraus, wie z.B. D r. Teufel (F 85) oder „die E rde sei
von irgeneinem B althasar Pöppelm ann erbaut“ (F 52). Erweiterte Periphrasen
sind vortreffliche Beispiele für ironische Heiterkeit und distanziertes Aufs-KornN ehm en, wie etw a „im Stil Friedrichs des gottlob Einzigen“ ( F l 34), eine
F ra u „im konsularischen A lter“ (H 9), jem and h a t „pensionsberechtigte
S tirn“ (H 88), „K irchengeräusche; das heißt G locken, Gesang, Gemeinschaftsgem urm el“ (F 86).
Eines der beliebten M ittel der humoristischen W irkung sind E num m eratia,
die Verben, Substantive oder A djektive häufen, um dadurch den anfänglichen
E in- oder A usdruck zu korrigieren oder auch zu präzisieren. Als E xem p­
lifikationen m ögen etw a folgende Beispiele genannt werden: „E r stand
im m er noch Präsidenten, m onum enten, potentaten, igu anodonten“ (F 15);
„A sche wehte unaufhörlich vom Bleichwind verschäm t, verführt, verladen,
vergossen“ (F 18); „m ir wurde ganz aufgerichtet getröstet geschm eichelt“
(K 323).
Sehr lustig sind die w ortspielerischen P arod ien der M ilitärsprache:
„S ch w arzg estan nl: S chlecht um!: im Q uerschnitt: z art!“ (H 103). Ein
G egenteil der W orthäufungen ist K ürzung oder G ebrauch von K urzw orten
in unerw artetem K ontext. M anche solcher Beispiele fungieren als Vergleiche,
z.B.: „A O -G esich t“ (BH 49); „Verläßlich wie ein O K W -B ericht“ (F 146).
Typisch wortspielerich und doppelsinnig sind Lautverschiebungen und
chiastische U m kehrungen: „So stand ich lang u nd dösig im Bett vorm
H em d“ (Poz 28); „A us tonloser D äm m erm aus im Flederschlaf“ (Poz 60);
„dein Leibpriez“ (K 142); „schon sagte er sta tt .Subjekt’: ,Jupp-S ekt’“ (H
36). D ie m eisten von ihnen sind erotisch unterm iniert wie etwa: „A us­
schweifender Lebenslauf: auslaufender Lebensschweif“ (H 61).
A usgesprochene D oppelsinnigkeiten kom m en in folgenden Sätzen zum
A usdruck: „G lieder hingen und standen an m ir h erum “ (H 7); „F au st, im
Begriff, G retchen sein Ding zu zeigen“ (H 38); „W im perntier & Rüssel­
tier“ (H 51); „In Ihrer H au t m öchte ich stecken“ (F 12); „Ich nahm ein
stram m es K iefem m ädchen in die A rm e... die zitterte als ich sie rücksicht­
slos bestieg“ (F 109). Erotische O bszönitäten w erden durch Spielerisches
verdeckt.
Komik und Ironie
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D er fehlerhaften Silbertrennung bedient sich der A u to r ebenfalls zu
diesem Zweck: „D ie-a-leckte“ (K 263); „blutvoll = Nazi = o hnale“ (K. 171);
„K arpe die Emm je tz t“ (K 264). Es gibt auch andere, die des sexuellen
Bezugs entledigt sind: „all’ arm e rufen“ (H 88); „In der W ü: Stefand/m ann
ihn zuerst“ (H 100); „R o h = M a n n = T ic k “ (K 139).
R ein parodistische A bsichten stecken vorwiegend in der phonetischen
Schreibweise und den ortographischen „Verbesserungen“ , wie z.B.: H alb-L aut
(F 29); Dschieses K raist (F 30); K leinaberm ein (H 13); ...im internen F erker
(F 129). D er Spaß des Dichters am Bloßstellen der sprachlichen Konventionen
dokum entiert sich in zahlreichen Alliterationen und Assonanzen, die m anchm al
bis zur P lattheit gesteigert werden: „hindenburgig hingebrum m t“ (F 16);
„M ich schnitten Schein und Schatten m itten entzwei“ (F 53); „m ein schönes
schwitzendes S tinkm ädchen“ (F 150); „die pure putte Schnutte“ (K 21);
„Es lächelte im Saal, verächtlich & bedächtich“ (K 73).
Ironische A ntithesen heben einen logischen oder sem antischen K o n trast
hervor, w odurch sie das G efühl des Lustigen auslösen. D a sie bewußte
K om binationen sind, bezeugen sie auch den Spaß des D ichters am M isch­
masch-Herstellen: „Sifilisgeschwüre oder Heiligenlegenden“ (H 102); „Vollbad
aus den K onservenbüchse“ (F 158); „E xotische Scheußlichkeiten“ (F 130);
„Die übliche K eine-A hnung der m eisten ,A kadem iker' “ (F 55).
Von dem übrigen M itteln der Sprachkom ik bei A rno Schm idt w ären zu
nennen K o ntrak tion: „paullinckisch“ (F 144), „R auchg aretten “ (F 48),
„zirkum flektieren“ (H 109); hum oristisch lautende Verben: „E s nachtichtet
sehr“ (H 47), „ k a ra w a n e n “ (H 45), „ h e ra n b e in e n “ (H 13); Z a h le n ­
schreibung: „O pus 0,5“ (F 37), „sex & firz ich!“ (K 109); archaische
Stilisierung: „m it der G abel das edle Suppengut“ drillen (H 64), „das
abgesagte eheliche Schlafgem ach“ (H l 17); „A ber einst wird kom m en der
Tag, meine H erren L um pen“ (F 22); „D ie neuen D ichter liegen in ihren
verhangenen A lkoven“ (E 141); gram m atische W ortbildung: „eine schlacksige W indin“ (Sp 48), „die Regin schluchzte u ntröstlich“ (U 59), „die
Grassarissen“ (F 109), und das Spiel m it dem F rem dw ort: „D u w eißt, daß
ich D ich a la folie adoriere“ (H 30), „zw ang sich ein chiesse-Lächeln a b “
(F 48), „das w ar ja dirket eine cause celebre gewesen“ (F 89), „d an n kann
man ihn auch all fresco schlagen quelqu’ u n avec quelquechose!“ (BH 48),
„Sursum cau d a“ (K iH 43), „K riexm inister O ’strich“ (K 30), das bis zum
scheinbaren L atein führt: „L oca pallida lurida livida" (H 99), „N u n c
handum in ruckum fühlebant, nunc sua пе§И8Д к Ь а cratzeband, nunc
lendos, nunc knigiosque“ (H 67).
„Solchen leicht- und untersinnigen Spielen sind bei einem aufgeschlos­
senen Sprachbew ußtsein kaum G renzen gesetzt, auch nicht des N achver-
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M ałgorzata PółroJa
Stehens, vorausgesetzt eine gewisse optisch-akustische Lesegew öhnung und
allerdings ein erhebliches M aß an literarischer und intellektueller Schu­
lung “ .24
Z u der zweiten großen G ruppe der hum oristisch w irkenden A usdrucks­
m ittel bei A rno Schm idt gehören diejenigen, die sich im allgemeinen als
ironisch gefärbte Sentenzen, rhetorische Fragen und beabsichtigte Absurditäten
bezeichnen lassen. H eiter sind auch witzige A u to k o m m en tare, wie der
folgende: „N ach einer guten M ahlzeit kann m an in m einen Jah ren nicht
m ehr denken. A rbeiten allenfalls noch“ (F 37). Die K om ik wird durch die
Isolierung der A ntithese erreicht und w irkt durch den unterschobenen
N ebenkontext noch stärker. Die M ehrdeutigkeit ist etw a so zu entziffern:
bei der A rbeit braucht m an gar nicht zu denken; a u f die S ituation bezogen
b ein h altet „arb eiten “ einen erotischen N ebensinn; der E rzähler spricht
durch die Blume von seinem Alter, ist sich aber seiner nachlassenden
giestigen Leistung bewußt.
In derartigen Satzwitzen äußert sich am deutlichsten die kritische D istanz
sich selbst gegenüber; der jeweilige E rzähler m anifesitiert so auch seine
Verachtung der geheiligten W erte des Beamtentums, der verlogenen Huldigung
und der D ienstfertigkeit den untergebildeten Vorgesetzten gegenüber. „Ein
anständiger M ensch schäm t sich, Vorgesetzter zu sein! (F 15). (D er Begriff
„V orgesetzter“ im pliziert hier im K ontext zusätzlich die schlim m sten Eigen­
schaften und M ethoden der M achthaber w ährend der Nazizeit.)
D üring weiß es seinem C hef gegenüber bissig zu bem erken: „ G o tt, war
das schwer sich m it N ur-A biturienten zu verständigen!“ (F 45).
A uch unreale „T räum ereien“ werden hum oritisch abgelehnt: „ja, und
falls ich viel G eld hätte, w äre ich ,n reicher M a n n “ (F 30). D ie ungenügende
A usbildung der M enschen ist im m er wieder ein G ru n d , sie zu verhöhnen:
„Sie w ar ,a u f der M ittelschule gewesen, u n d B ildung dem oralisiert, wie
schon das erste Buch M oses andeutet“ (H 24).
Sehr lustig sind eigenwillige K om m entare und Parodien des A m tsdeutsch
und d er Pressesprache, wie im folgenden Beispiel: „E in R ad fah rer stieß am
S portplatz m it einem M ädchen im T rainingsanzug zusam m en [...]. ,E r erlitt
eine schwere E rektion und m ußte ins K ran kenh au s eingeliefert w erden““
(BH 48) - lautet d er K om m en tar des Erzählers.
W ie ein A phorism us klingt die A ufzählung, wo Pathetisches durch die
unm ittelbare N ähe des Profanen lächerlich gem acht wird: „D as Verläßlichste
sind N aturschönheiten. D ann Bücher, dann S auerkraut“ (F 38). Auch
W iederholung und Steigerung sind m anchm al sehr witzig: „ U n d für Tee
der Beutel, zierlich am Faden: selbst A m erikaner verwenden ihn zweimal.
E ngländer viermal. Deutsche achtm al“ (F 159). Als D eutscher lacht der
24 E. Schöfer, Sprachsteller..., S. 205.
Komik und Ironie
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Erzähler die übertriebene Sparsam keit seiner Landsleute aus. In dem Satz:
„K inder schlafen, - F ra u schläft, —ich: wache!“ (F 19) wird die Stim m ung
pathetisiert, weil der E rzähler sein zeitiges A ufstehen beinahe heroisiert.
A uch die K o n trafa k tu r dient ironischer E ntpathetisierung und kann
deshalb einen hum oristischen Effekt hervorrufen: „C hristus?: h a t sich selbst
kastriert!“ (F 22).
D oppelsinnigkeiten sind in m anchen rhetorischen F ragen enthalten, wie
z.B.: „was em pfindet ein Stern, wenn ihm ein anderer ,zu n ah e 1 tritt?“ (F
26). Ungewöhnlich kom isch sind allerlei okkasionelle Reim e und A ndich­
tungen: „D üring ist E uer H err und M eister! / Ihm sind gehorsam alle
Geister!“ (F 146); „F räulein Loni/ist m ein Ideal/: denn sie k ocht m ir
jedesm al/: M ak k aro n i...“ (BH 82) d rückt die P arodie eines W erbespruchs
aus; „W ind lief, lief und entschlief tie f “ (F 85) und klingt wie ein Kinderreim .
Wie sehr Schm idt es liebt, auch einfachste G espräche witzig zu kom ­
m entieren o der hum oristisch zu brechen, zeigt folgendes Beispiel: D er
L andrat h a t D üring zu einem privaten G espräch in einer dienstlichen
Angelegenheit nach H ause eingeladen. E r sucht die Z eit zu überbrücken,
doch der intelligente Beam te m erkt sofort, daß F ragen n u r aus H öflich­
keitsgründen gestellt und seine A ntw orten ganz m echanisch gehört werden:
„Sie lesen viel, H err D üring?“ (wie sich beim M ilitär m anchm al der G eneral
erkundigte: K inder? Sechs? Brav, sehr brav: w eiter so!! - A lso w ieder
Distanz!): „Zuweilen. Sonntags. H err L andrat!
(F 56). O der eine andere
Situation: E in vergewaltigtes M ädchen wird nach dem T äter gefragt, aber
es wußte nur, daß dieser klein w ar und hager. „D as G esicht hatte sie in
der D äm m erung nicht m ehr genau erkannt, denn den H u t h at er nicht
abgenom m en, aber ein älterer M ann; und ich überlege lüstern, w o ran sie
das festgestellt haben m ochte“ (F 78).
Von den bereits besprochenen M itteln der Sprachkom ik wird m it der
Zeit reiner W ortw itz, oft auf dem Spiel m it F rem dw örtern als Quelle von
M ehrdeutigkeiten gegründet, durch den D ichter deutlich bevorzugt. Die
Akribie des Sprachspielens reicht über die einfache phonetische und gram ­
m atische N orm w idrigkeit hinaus bis zu ränkevollen R ätseln und U nver­
ständlichkeiten hin. M anche von ihnen entstehen als Folge des forcierten
Willens des D ichters, den Leser stets zu überraschen. D urch platte A lb ern ­
heiten und Blödeleien wird jedoch die A bsicht des A utors so eingewickelt,
daß „d as vorm als kritisch Befundene durch das jetzige spielerisch E rfundene
nur selten zutage tritt “ .25 Die zu weit getriebenen Eigenwilligkeiten in der
Schreibweise und F ü h ru n g der A ssoziationsgänge schließen die N achvoll­
ziehbarkeit durch Leser ohne polyglotte Sprachkenntnisse und sehr breite
Allgem einbildung völlig aus. D er Versuch, „der W irklichkeit m ittels Sprache
25 B. B lum enlhal, D er W eg..., S. 197/198.
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M ałgorzata Półrola
m ehr unterxuschieben, als aus ihr an sich gezogen werden k a n n “ 26, soll an
dem von B. Blum enthal 21 entzifferten Beispiel dem onstriert werden. Die
Zusam m ensetzung „C ola de caballo-F ahrer“ (Cal 7) setzt gute K enntnis
des Spanischen voraus. Die buchstäbliche Ü bersetzung ergibt einen nicht
weniger unverständlichen Satz, daß sich eine F ra u von einem „PferdeSchw anz-Fahrer h ätte pim pern lassen“ . A uch wenn der versteckte Sinn
erraten w ird, ko m m t eine andere A ssoziation des „p im p ern “ m it den
Pim plein-M usen dem Z usam m enhang nicht nahe. A llein V erstehen der
sprachlichen Ebene ist m it der E ntdeckung des gem einten K ontextes gar
nicht identisch auch bei der A nnahm e, daß die versteckten A nspielungen in
der Regel erotisch gefärbt sind. N och deutlicher wird die V errätselung der
W ortspiele in einem anderen Satz. W enn Schm idt von der „legintim sten
In stitution des ehrt R unz“ (Cal 7) spricht, m eint er das durch Scheinm oral
und Justiz geheiligte Bordell; was aber „E rd ru n d “ als F orm oder „eh ren “
als T ätig k eit oder „R u n zeln “ als Alterszeichen gem einsam hab en , ist
fraglich.
Scheinbares Verstehen kann m anches noch m ehr verwickeln als klären.
Die V erw irrtheit des Lesers äußert sich in einem ratlosen L ächeln oder in
der Irritation - „m an schm unzelt, ohne recht zu wissen, w arum “ 28, wie
B. Blum enthal es schön ausgedruckt hat.
Die beiden angeführten Beispiele stellen Grenzfälle des Sprachwitzes dar,
über die A. Wellek sagt: „Im reinen W ortspiel wird oft der Grenzfall
erreicht, w orin das G anze fast unkom isch, bloß witzig im Sinne von
geistreich w irkt “ .29 A uch diese G renze wird bei A rno Schmidt m anchm al
überschritten und von W itzigkeit oder verm eintlicher K om ik bleibt nichts
m eh r übrig, außer vielleicht Verblüffung und Ärger.
Z um breiten Feld des Witzes gehört auch Parodie, die von L. R ö h rich 30
als absichtliche V eränderung sprachlich vorgegebenen M aterials zum Zweck
kom ischer W irkung definiert wird. Hierzu gehören auch Z itate und ihre
Verwendung. Bei A rno Schmidt spielt die K unst des Zitierens eine so große
Rolle, daß sie eine genauere Besprechung verdient, obwohl sie form al dem
bereits analysierten Satzwitz zuzurechnen wäre.
R. Schweikert bezeichnet Schmidts Z itierkunst als „A neignung frem der
M aterialien nach dem Rezept der herm etisch-witzigen V ersteck-Spielens “ 31
“ E b d ., S. 197.
21 E b d ., K ap .: D ie Kunst des Anfangs, S. 169-199, hier S. 196/197.
2‘ E b d., S. 197.
29 A . W ellek, Z u r Theorie..., S. 182.
30 L. R ö h rich, D er W itz..., S. 65.
31 R . Schweikert, Der Schleier der M aja und die diebische L ust. Ein B lick in die , W artwelten'
A . S c h m id ts und Th. M a nns, In: J. D rew s, G ebirgslandschaft m it Arno S ch m id t. Grazer
Sym posion (19 8 0 ), M ünchen 1980, S. 98-129, h ier S. 126.
Komik und Ironie
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und zieht Parallelen zu T h. M anns K u nst des Zitierens. H . M eyer 32 schreibt
in seiner berühm ten Studie über die unterschiedliche Leistung der verwendeten
Z itate in einem literarischen Text, daß sich ihre Rolle entw eder a u f ihre
gehaltliche Aussage beschränkt, oder daß sie in übergreifende Zusam m enhänge
gestalthafter A rt hineingestellt w erden und in diesen eine wesentliche
A ufgabe erfüllen. Die Integration des frem den M aterials beruht nicht nur
auf seinem m axim alen Assimilieren; der Reiz des Z itats bestehe sonst in
einer eigenartigen Spannung zwischen A ssim ilation und D issim ilation. D as
Z itat „verbindet sich eng m it seiner neuen U m gebung, aber zugleich hebt
es sich von ihr ab und läßt so eine andere W elt in die eigene W elt des
Rom ans hineinleuchten “ .33
Diese „andere W elt“ , integriert in die der R om ane von Schm idt, ist die
Welt der L iteratur, verstanden als eine A rt der F o rtsetzung literarischer
T radition. A u f den Schriftsteller Schmidt und seine bibliom anisch besessenen
Helden trifft die Bemerkung von M eyer besonders ad äq u at zu: „In der
Z itierkunst bekundet sich die allgemeine Erscheinung, d aß L iteratur sich
von L iteratur n ä h rt “ .34
Polem ik u nd H uldigung, Bew underung und V erachtung, F aszination
und A blehnung der verkannten und anerkannten G rößen der L iteratur
m anifestieren sich in der A rt und Weise, wie Schm idt auf sie anspielt oder
m it Z itaten um geht. Er nim m t Stellung zu F reytag, D öblin, Joyce, C ooper,
Schnabel, Sachs, M ay, Caroll, W ieland, Rilke, J. Jones, F on tane, Schiller,
Goethe und viele andere m eh r .35 A uch Schopenhauer, K a n t, Bibel, K irchenund Volkslieder, O pern- und O perettenlibretti werden m it V orliebe zitiert
und offenbar oder versteckt in Schmidts W erk eingearbeitet.
F ü r einen durchschnittlichen Leser liegt es außerhalb des M öglichen,
Quellen der Z itate in Schmidts W erken zu erkennen. U nsere A ufgabe ist
es hier nun, zu zeigen, wie ihr Assim ilationsprozeß aussieht. W ir berufen
uns a u f die dechiffrierten Stellen, die in großer Fülle in den „B argfelderBoten“ -Lieferungen 36 zu finden sind.
Um eine wörtliche Ü bernahm e von Schopenhauer in der F u n k tio n eines
D iskussionsargum ents handelt es sich im Leviathan: „D iese W elt ist etwas,
das besser nicht wäre; wer anders sagt, der lügt“ (29). Bei Schopenhauer
32 H . M eyer, D as Z ita t in der Erzählkunst. Z u r Geschichte und P o e tik des europäischen
Romans, S tu ttg a rt 1961. S. 11.
33 E b d., S. 12.
34 Ebd., S. 22.
33 Vgl. z. B. M alchow , Schärfste W ortkonzentrate. Untersuchungen zum Sprachstil Arno
Schmidts, M ünchera 1980, S. 189/190 un d B argfelder Bote, 23.08.1977.
3ft U .a . L ig 10/Jan 1975; 9/1974; 45/1980; 4/1973; 5 u. 6/1973 „B arg feld er B o te “ ,
Materialien zum W erk A rno Schmidts, hrsg. von. J. D raw s in Zusam m enarbeit m it Am o-Schm idt•Dechiffrier-Syndikat, (erscheint seit 1972); edition t e x t+ k r ilik , M ünchen.
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Małgorzata Półrola
lautet der Satz: „W ar nicht ... das D asein etwas, das besser nicht wäre?“ .
D a die W orte Schopenhauers ohne Anführungszeichen in den M onolog des
Erzählers hineingeflochten werden, ist diese A rt des Zitierens als kryptisch
zu bezeichnen. D er Bezug zum K ontext ist sehr eng, weil der E rzähler (wie
Schopenhauer) das Universum m it einem bösen G eist gleichsetzt. D er N am e
des Philosophen tau ch t auch in einem anderen F ragm ent des M onologs auf
- eine Identifizierung des Z itats ist jedoch ohne genaue U ntersuchung nicht
möglich.
In Kühe in Halblrauer ist die Passage zu finden: „H el legte sich auf
den eigenen R ükken, ben zu bena“ (W as 74): offensichtlich und leicht
erk en n b ar ist die Q uelle des Z itats. D ie Brocken des 2. M erseburger
Z auberspruchs haben hier lediglich die F unktion, die Situation m it anderen
W orten, nicht den des D ichters selbst, zu beschreiben. Die V erkürzung des
Z itats steht für die verkürzte Beschreibung da, seine orthographische
E ntstellung lenkt die A ufm erksam keit des Lesers darauf, was den Erzähler
im M om ent an der F rau interessiert, a u f ihre Beine.
E inen direkten assoziativen Bezug offenbart der Satz: „A uch der Pfarrer
ließ sich von dem gestirnten H im m el über sich ergreifen“ (L 15). Zwei
Sätze früh er war K a n t als Diskussionsobjekt genannt worden. D as wörtlich
angeführte, wenn auch verkürzte Z itat, sofort identifizierbar, verweist auf
die H eftigkeit des G esprächs und die Polem ik zw ischen G lauben und
Philosophie.
E ine bewußte Fälschung des berühm ten „Veni, vidi, vici“ finden wir in
Brand’s Heide. Als L ore in der N ach t vom T anzen zurückkam und am
H au s des Erzählers vorbeiging, gewahr sie, daß er a u f sie w artete. „K am ,
sah, sta n d “ (44) - die fast zur U nkenntlichkeit entstellte Ü bersetzung w irkt
in Zusam m enstellung m it dem Original vielleicht hum oristisch, au f die
Situation bezogen ist es aber einfacher Z itatm ißbrauch.
E ine V erdrehung des Z itats aus M illökers Gasparone wird erst sichtbar,
wenn m an die Quellen vergleicht. „O , daß ich doch der R äuber w äre“
lautet bei Schmidt: „O , daß ich doch ein Schreiner w äre“ (Sp 90) und
kann im K on tex t nur schwer zitatartig anm uten, weil der E rzähler gerade
m it H olzbasteln beschäftigt ist.
F a st nie wird die Quelle des Z itats angegeben. E ine d e r wenigen
A usnahm en ist die Szene aus Brand's Heide, die so kom m entiert wird: „Ich
k an n nicht tan zen“ - „D u wirst es lernen“ sagte sie drohend (hat wohl
den Steppenw olf gelesen ...)“ (79).
E ine sehr ironische Parodie H ofm annsthals Gedichts zugunsten einer
kontextuellen Bedeutungsunterminierung enthält folgendes Fragm ent: „bezwang
ihn, daß er triefend stand oder ,zitternd sta n d “ ' (KiH 74). Es ist sehr
schwer zu erraten, ob das Aneignen H ofm annsthals D ichtung für oder
gegen Schmidts Sym pathie für diesen D ichter spricht.
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G enauso problem atisch ist auch die D echiffrierung von A nspielungen,
abgesehen vielleicht von N am ensangaben, Viele Stellen in Schm idts Texten
kom m en ohne die Bedeutung des gem einten K ontextes ganz unverständlich
vor, wie z. B. folgendes Fragm ent: „M it E rw ähnung des N am ens ,G u d ru n “
m ußte m an = als = M ann gans vorsichtig sein: H erth a bewies m ir jedesm al
d a ra u s, d a ß schon im grauesten A ltertu m W äsche = W aschen als
F rauen = Schmach betrachtet worden w äre“ (K 270). B. M alchow erklärt
die verschlüsselte Bedeutung so: „In dem H eldenepos ,K u d ru n “ (um 1240)
wird K u d ru n von Feinden entführt und m uß dreizehn Jahre lang M agddienste
leisten - vor allem m uß sie die W äsche am M eer waschen - bis sie von
ihrem V erlobten befreit w ird “ .37 E rst die K enntnis der Orginalquelle läßt
die hum orvolle W irkung der A ssoziation zu.
Z usam m enfassend k an n m an feststellen, daß Z itate bei A rno Schm idt
nicht, wie z.B. Blum enthal 38 m eint, in klassischer F u n k tio n als Verweisund Belegstücke, sondern vorwiegend im engeren Sinne als angeführter und
eigenw illig g eänd erter W o rtlau t vorgegebenen M a terials fungieren, als
kryptisch eingearbeitete Brocken, als versteckte Entlehnung, „deren Entdeckung
zwar philologische Befriedigung, aber keinen ästhetischen Reiz auslöst “ .39
Ih r Bezug zu dem In halt des W erkes beschränkt sich a u f „punktuelle
W irkung“ 4®, bei den assoziativen G edankengängen des E rzählers eigene
Form ulierungen durch Z itate zu ersetzen. A ußerdem sind sie auch A b ­
schweifungen und K om m entare, wirken sich also ausweitend und auflockem d
auf die G esam tstruktur des Textes aus. Deswegen eignen sie sich vortrefflich
dazu, den Bewußtseinsprozeß der springenden und partikularen A pperzeption
der W irklichkeit allen m öglichen Bereichen nach bildhaft zu illustrieren.
N u n v erfährt der A utor m it diesem entlehnten W ortlau t sehr eigenwillig.
W. M orlo n g ist sogar der M einung, daß kaum eines der verw endeten Z itate
unverändert belassen w orden w äre .4,1 D ie radikal-subjektive A neignung, die
E ntstellung, betrifft „Eingriffe in die Syntax, stilistische A u fb esserung en “
und M odernisierungen, W ortauslassungen und -hinzufügungen und syntaktisch
gewaltsam e V erschm elzungen “ 42 von Passagen. D as heißt also anders, daß
Schm idt beim Zitieren „die K onvention textlicher T reue aufkündigt und
daß ihn Bruchstücke frem der P rosa gerade gut genug sind, um sie seiner
eigenen um standslos zu integrieren lau t dem Prinzip: ,Alles, was je schrieb,
in Liebe u nd H aß, als im m erfort m itlebend zu behandeln“ ...“ .43
37
3a
39
40
41
Bote“
42
43
B. M alchow , Schärfste W ortkonzentrate..., S. 195.
B. B lum enthal, Der W eg..., S. 1984.
H . M eyer, D as Z ita t..., S. 13.
B. M alchow , Schärfste W ortkonzentrate..., S. 195.
W . M o rlong , A uch ein großer M ann (Zitieren als essayistisches V erfahren), „B ergfelder
(49) 1980, S. 3-9.
E b d ., S. 38.
A . Schm idt, D Y A N a Sure, Blündeste der Bestien, K a rlsru h e 1961, S. 12.
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Małgorzata Półrola
In den vorliegenden A usfuhrungen haben wir uns bem üht, typische
M ittel der sprachlichen K om ik bei A rno Schmidt darzustellen. Ihre Variabilität
spricht am besten dafür, daß der D ichter die seltsame G abe besitzt, seine
künstlerische Sprache m it Schalk durchzusetzen. Diese K u n st ist jedoch nur
soweit zu bew undern, solange die N achvollziehbarkeit durch den Leser
m öglich ist. Die im mer stärkere Tendenz zu einem Spiel m it der Sprache
(und dem Frem dw ort) um des bloßen Spieles willen beraubt die sprachliche
G estaltung der Schmidtschen Texte des Reizes heiterer Leichtigkeit und
verrätselt sie bis zum U nversändlichen. N ach Hegeles K lassifizierung 44
bedient sich Schm idt des K om ischen vor allem als spaßhafter D arbietung.
Von ihren F orm en bevorzugt er Scherz, Spiel, K alauer und Zote. Seine
K o m ik ist selten geistreich als vielmehr lediglich satirisch und ironisch.
Ironie läßt sich nicht zu rein literarischem Phänom en reduzieren, sie ist
ein sozial bedingtes Phänom en. In ihr wird zum A usdruck gebracht, w o rau f
d as Verhältnis zwischen dem Ironiker und seinem G egenüber gründer. Bei
Schm idt wird diese em otionelle K ategorie über den einzelnen M enschen,
den konkret Ironisierten hinaus auf ein breiteres Feld übertragen. O bjekt
und Zielscheibe seiner V erspottung und D istanzierung ist der deutsche S taat
m it seinem politischen System und die Sphäre dessen E inw irkung im A lltag
der kleinem Beam ten sowie deren klischeehafte D enk- und Sprechweise.
Schm idts E rzähler distanzieren sich jeweils den durch den S taat geheiligten
W erten gegenüber, die in ihrer W eltanschauung zu Schein- und U nw erten
degradiert werden.
Schm idt ist ein scharfer Blick für menschliche U nzulänglichkeiten eigen,
die er gern noch übertrieben verzerrt und fast zu Gebrechlichkeiten emporhebt;
d as G roße im M enschen sieht er aber nicht (außer bei sich selbst). H inter
dem H arnisch der T ücke und des W itzes versteckt sich ein höhnender
Weiser, dem die ganze W elt klein und dum m zu sein scheint. D ie Definition
von Jancke läßt präziser entscheiden, w arum Schmidts Ironie lediglich als
Sarkasm us zu bezeichnen ist. „D er Ironiker ist überlegen, der H öhnende
m öchte überlegen sein“ .4S Die Tendenz des Sarkasten geht a u f „die Ver­
nichtung der Unwerte, dam it er ihren V erursachern positive G esinnungen
zutragen k an n “ .46 D er Sarkasm us ist also in einer wohlm einenden A bsicht
fundiert. Sobald jedoch für den Sarkasten eine positive Gesinnungsregung
gegen den U rheber der Unw erte nicht m ehr vorhanden ist, d an n wird seine
Ironie bitter und beißend.
A rno Schm idt ist ein bitterer Sarkast, der m anchm al m it H ohn reagiert,
m anchm al sich vom Zynismus verleiten läßt. Sein Sarkasm us ist ein indirektes
44 W. Hegele, D as sprachliche Feld..., S. 93.
45 R . Jancke, D as W esen..., S. 38.
46 E bd., S. 38.
Komik und Ironie
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Kom ischm achen, das aber m it der hum orvollen L ebensgesinnung wenig
gemeinsam hat. E r ist der Umwelt durch sein Wissen überlegen, weiß
jedoch nicht, diese aktiv um zugestalten, weil er keine M öglichkeit einer
positiven V eränderung sieht. D as Gefühl der geistigen Ü berlegenheit ist sein
festes F undam ent, das ihn zu berechtigen scheint, sich alle unterlegen zu
m achen. Die enorm e D istanz der U m welt gegenüber kom m t in dem h ö h ­
nenden G estus und S prach d uktus zum A usdruck, in der durchgehend
urteilenden Ironie, in der „unendlichen und vernichtenden Id ee“ 4'5, in der
K eckheit und W eltverachtung. Deswegen kan n m an Schmidts E rzählhaitung
als die eines der hochm ütigsten, höhnenden Ironiker der neuesten L iteratu r
bezeichnen.
M ałgorzata Półrola
K O M IZ M I IR O N IA JA K O T Y P O W E C E C H Y N A R R A C JI A R N O S C H M ID T A
W ekstrem alnie rozbieżnej ocenie krytyki przypisuje się A rn o Schm idtow i nieprzeciętne
poczucie h u m o ru lub neguje wręcz jego istnienie naw et w m inim alnym w ym iarze. Z a je d n ą
z charakterystycznych tendencji w literaturze powojennej uznają krytycy skłonność d o m elancholii
i pesym izm u, a współczesny h u m o r określają ja k o „p o g o d n e zarozum ialstw o” .
W u tw orach epickich Schm idta św iatopogląd i niezwykły d y stan s jeg o p ro ta g o n istó w
wobec przedstaw ianej rzeczywistości empirycznej m anifestuje się w sp o sób ogrom nie sugestyw ny
w stru k tu rach stylistycznych. K om izm językow y i sytuacyjny o raz sk łonność d o iro n izow ania
w duchu sarkazm u to zjaw iska najbardziej eksponow ane.
R óż n o ro d n o ść i bogactw o językow ych śro d k ó w kom izm u i ironii, d a ją się zauw ażyć
w analizow anych przykładach. Schm idt sięga poprzez neologizm y, epitety, peryfrazy, enum erację,
dw uznaczności, grę słów , aliterację, ok azjo nalne rym y, obcojęzyczność i arch aizację, d o
sentencji i a u to k o m e n ta rz y , paro d ii i traw estacji cytató w , aluzji, k o n tra fa k tu ry , a tak ż e
kom izm u sytuacyjnego.
K om izm w w arstw ie językow ej nie jest tu jed n a k rów noznaczny z pogodnym , dobrodusznym
hum orem ; zdeterm inow any przez ironiczny dy stans i czysto parodystyczne, satyryczne cele d a
się zakw alifikow ać jedynie ja k o sarkazm i szyderstw o, graniczące z cynizm em , ja k o gest
wielkiego m ędrca, któ ry sam d la siebie je s t najdoskonalszym światem .
O bok innych cech narracji również opisane fenom eny g w arantu ją pisarzow i swego rodzaju
unikalną pozycję w najnow szej literaturze niemieckiej.
47 J. Paul, Untersuchung der Lächerlichen, VII. Programm , Über die humoristische Poesie,
zit. nach: H . E. H aas, Ironie als literarisches Phänomen, K öln 1973, S. 308-319, hier S. 310.