Inhalt Anwendung des Tarifvertrages über die ERA

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Inhalt Anwendung des Tarifvertrages über die ERA
Ausgabe 19 | August 2013
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Inhalt
Anwendung des Tarifvertrages über die ERA-Strukturkomponenten aufgrund einzelvertraglicher Bezugnahmeklauseln
Vertragliche Ausschlussklausel - Ausschluss der Haftung für Vorsatz
Verzicht des Arbeitnehmers auf Urlaubsabgeltung
Dauer der Arbeitszeit bei fehlender ausdrücklicher Vereinbarung
Betriebsratswahl im Volkswagen-Werk Hannover unwirksam
Benachteiligung wegen der Weltanschauung
Verfahrensfehlerhafter Betriebsratsbeschluss
Auswahlentscheidung bei Versetzungen
Agentur für Arbeit muss Nebenkosten auch bei Eigentumswohnungen
berücksichtigen
Einsatz von Leiharbeitnehmern - Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats
Kein Rechtsmissbrauch durch tariflich erleichterte Befristung bei Leiharbeit
Arbeitsgericht Stuttgart untersagt ver.di Warnstreiks bei der Stadt Stuttgart
Aufwendungen für die Fortbildung in einer Pseudowissenschaft können nicht
geltend gemacht werden
Trocknungsanlage explodiert - Handwerker haftet für den Schaden wie ein
Arbeitnehmer
Bestimmtheit einer ordentlichen Kündigung - Kündigungsfrist
Keine Kündigung wegen übersehenden Fehlers eines Arbeitskollegen
Ex-Geschäftsführer der Stadtwerke Neuwied scheitert erneut mit Kündigungsklage
Arbeitsgericht Stuttgart löst Betriebsrat der Fa. Kärcher auf
Hartz IV - Kürzung bei Kündigung
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Anwendung des Tarifvertrages über die ERA-Strukturkomponenten aufgrund einzelvertraglicher Bezugnahmeklauseln
Auch ein nicht tarifgebundener Arbeitgeber kann aufgrund von arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklauseln zur Zahlung von weiteren, in Tarifverträgen der Metall- und Elektroindustrie vereinbarten „ERA-Strukturkomponenten“ verpflichtet sein.
Die klagenden Parteien sind bei der nicht tarifgebundenen Beklagten, einem Betrieb der
baden-württembergischen Metallindustrie, beschäftigt. In ihren Arbeitsverträgen ist die
Anwendung der „Tarifverträge für die Metallindustrie Baden-Württembergs“ vereinbart.
Die Beklagte zahlte ihnen stets das jeweilige Entgelt nach den Tarifgruppen des Lohnund Gehaltsrahmentarifvertrages der Metallindustrie in Baden- Württemberg.
Im Jahr 2003 vereinbarten die Tarifvertragsparteien der Metall- und Elektroindustrie in
Baden-Württemberg mit dem Entgeltrahmen-Tarifvertrag (ERA-TV) sowie den ihn begleitenden weiteren Tarifverträgen, dass in den Betrieben bis spätestens zum 29. Februar
2008 ein neues Entgeltsystem einzuführen ist. Für den betrieblichen Einführungsprozess
sehen die Tarifregelungen ua. vor, zur Finanzierung der mit der Umstellung verbundenen Kosten einen Teil der vereinbarten Entgeltsteigerungen einem - betrieblichen - „ERAAnpassungsfonds“ zuzuführen. Weiter ist in den später vereinbarten „Tarifverträgen über
die ERA-Strukturkomponenten“ ein Anspruch der Beschäftigten auf Einmalzahlungen
zu bestimmten Zeitpunkten vereinbart, wenn das „ERA-Entgeltsystem“ nicht bis zum 29.
Februar 2008 eingeführt worden ist. Die Beklagte, die zunächst das neue Entgeltsystem
einführen wollte und deshalb einen Anpassungsfonds gebildet hatte, gab diese Absicht
im Jahr 2008 auf.
Die klagenden Parteien haben die Einmalzahlungen für den Zeitraum März 2008 bis August 2010 verlangt und die Auffassung vertreten, die Beklagte sei auch als nicht tarifgebundenes Unternehmen aufgrund der Bezugnahmeklauseln zur Einführung des ERAEntgeltsystems bis zum 29. Februar 2008 verpflichtet gewesen. Weil dies nicht erfolgt sei,
bestehe ein Anspruch auf die Einmalzahlungen („Strukturkomponenten“). Die Beklagte
hat hingegen die Ansicht geäußert, sie sei rechtlich gehindert, das ERA-Entgeltsystem
einzuführen. Dieses sei aufgrund der darin enthaltenen betrieblichen und betriebsverfassungsrechtlichen Normen nur betriebseinheitlich umsetzbar. Das Arbeitsgericht hat
den Zahlungsklagen stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Der
Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat den Revisionen der klagenden Parteien stattgegeben. Sie haben einen Anspruch auf die begehrten „Strukturkomponenten“. Die Beklagte war aufgrund der vertraglichen Bezugnahmeklauseln verpflichtet, jedenfalls die
Inhaltsnormen des ERA-TV bis zum 29. Februar 2008 in den jeweiligen Arbeitsverhältnissen umzusetzen. Der Vierte Senat hat jeweils den Rechtsstreit an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen, weil nicht geklärt war, ob die klagenden Parteien die Ausschlussfristen für die geltend gemachten Ansprüche gewahrt haben.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 12. Juni 2013 - 4 AZR 969/11 - ua.
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - Kammern Mannheim - Urteil vom
2. November 2011 - 13 Sa 50/11 -
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Vertragliche Ausschlussklausel - Ausschluss der Haftung für Vorsatz
Eine zwischen den Parteien des Arbeitsvertrages vereinbarte Ausschlussfrist ist regelmäßig dahin auszulegen, dass sie nur die von den Parteien für regelungsbedürftig gehaltenen Fälle erfassen soll. Eine Anwendung auch für die Fälle, die durch gesetzliche Verbote
oder Gebote geregelt sind, ist dagegen regelmäßig gerade nicht gewollt.
Zwischen den Parteien bestand seit dem 1. September 2009 ein auf ein Jahr befristetes
Arbeitsverhältnis. Im schriftlichen Arbeitsvertrag hatten die Parteien eine Ausschlussfrist
vereinbart, wonach alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche,
die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen sollten, wenn sie nicht
innerhalb von drei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei
schriftlich erhoben werden.
Die Klägerin war ab dem 16. November 2009 arbeitsunfähig krank. Anfang Februar 2010
verständigten sich die Parteien auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.
Mai 2010. Am 26. März 2010 unterrichtete die Klägerin die Arbeitgeberin darüber, dass
sie gegen ihren Vorgesetzten Strafanzeige wegen Beleidigung und sexueller Belästigung
gestellt habe. Mit einer am 30. August 2010 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage
machte die Klägerin erstmalig die Zahlung eines Schmerzensgeldes wegen „Mobbings“
geltend.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision der Klägerin hatte vor dem
Achten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Mit der von den Vorinstanzen gegebenen Begründung durfte die Klage nicht abgewiesen werden. Anders als bei einer tarifvertraglichen Ausschlussfrist können die Parteien eines Arbeitsvertrages weder die Verjährung bei Haftung wegen Vorsatzes im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtern (§ 202
Abs. 1 BGB) noch die Haftung wegen Vorsatzes dem Schuldner im Voraus erlassen (§ 276
Abs. 3 BGB). Zudem haftet der Arbeitgeber bei Arbeitsunfällen und Berufsunfähigkeit
ausschließlich bei Vorsatz, § 104 Abs. 1 SGB VII. Bei dieser klaren Gesetzeslage ist ohne
besondere Anzeichen regelmäßig davon auszugehen, dass die Parteien des Arbeitsvertrages mit der Ausschlussklausel nicht auch Fragen der Vorsatzhaftung regeln wollten.
Im Übrigen wäre auch bei anderem Auslegungsergebnis eine solche arbeitsvertragliche
Klausel, anders als eine tarifvertragliche Normativbestimmung, unwirksam.
Der Senat hat die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Dieses wird zu klären haben, ob eine vorsätzliche Handlung der Arbeitgeberin und ihrer Erfüllungsgehilfen einen Anspruch der Klägerin auf
Schmerzensgeld wegen „Mobbings“ begründet.
Bundesarbeitsgericht: Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 AZR 280/12 Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 31. Januar 2012 - 5 Sa 1560/10 -
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Verzicht des Arbeitnehmers auf Urlaubsabgeltung
Ist das Arbeitsverhältnis beendet und ein Anspruch des Arbeitnehmers gemäß § 7 Abs.
4 BUrlG auf Abgeltung des gesetzlichen Erholungsurlaubs entstanden, kann der Arbeitnehmer auf diesen Anspruch grundsätzlich verzichten. Gemäß § 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG
kann von der Regelung in § 7 Abs. 4 BUrlG, wonach der Urlaub abzugelten ist, wenn er
wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt
werden kann, zwar nicht zu Ungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden. Jedoch
hindert diese Regelung nur einzelvertragliche Abreden, die das Entstehen von Urlaubsabgeltungsansprüchen ausschließen. Hatte der Arbeitnehmer die Möglichkeit, Urlaubsabgeltung in Anspruch zu nehmen und sieht er davon ab, steht auch Unionsrecht einem
Verzicht des Arbeitnehmers auf Urlaubsabgeltung nicht entgegen.
Die Beklagte kündigte am 26. November 2008 ihr Arbeitsverhältnis mit dem bei ihr als
Lader beschäftigten und seit Januar 2006 arbeitsunfähigen Kläger ordentlich zum 30.
Juni 2009. Im Kündigungsrechtsstreit regelten die Parteien am 29. Juni 2010 in einem
Vergleich ua., dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten zum 30.
Juni 2009 aufgelöst worden ist, die Beklagte an den Kläger eine Abfindung in Höhe von
11.500,00 Euro zahlt und mit Erfüllung des Vergleichs wechselseitig alle finanziellen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, gleich ob bekannt oder unbekannt und gleich aus
welchem Rechtsgrund, erledigt sind. Mit einem Schreiben vom 29. Juli 2010 hat der Kläger von der Beklagten ohne Erfolg verlangt, Urlaub aus den Jahren 2006 bis 2008 mit
10.656,72 Euro abzugelten. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers das Urteil des Arbeitsgerichts teilweise
abgeändert und die Beklagte zur Zahlung von Urlaubsabgeltung in Höhe von 6.543,60
Euro verurteilt.
Die Revision der Beklagten hatte vor dem Neunten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg und führte zur Wiederherstellung des Urteils des Arbeitsgerichts. Die Klage ist unbegründet. Die Erledigungsklausel im gerichtlichen Vergleich vom 29. Juni 2010 hat den
mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 30. Juni 2009 entstandenen Anspruch
des Klägers auf Abgeltung des gesetzlichen Erholungsurlaubs erfasst.
Bundesarbeitsgericht Urteil vom 14. Mai 2013 - 9 AZR 844/11 Vorinstanz: Sächsisches Landesarbeitsgericht Urteil vom 26. Mai 2011 - 9 Sa 86/11 -
Dauer der Arbeitszeit bei fehlender ausdrücklicher Vereinbarung
Ist in einem Arbeitsvertrag die Dauer der Arbeitszeit nicht ausdrücklich geregelt, so gilt
die betriebsübliche Arbeitszeit als vereinbart. Nach ihr bemessen sich die Pflichten des
Arbeitnehmers zur Arbeitsleistung und des Arbeitgebers zur Zahlung der Vergütung.
Diese Grundsätze gelten auch für außertarifliche Angestellte.
Die Klägerin ist bei der Beklagten als „außertarifliche Mitarbeiterin“ beschäftigt und be-
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zieht ein Jahresgehalt von ca. 95.000,00 Euro brutto. Nach dem Arbeitsvertrag muss die
Klägerin „auch außerhalb der betriebsüblichen Arbeitszeit tätig … werden“.
Weitere Regelungen zur Arbeitszeit enthält der Vertrag nicht. Im Herbst 2010 hatten sich
nach Angaben der Beklagten nahezu 700 Minusstunden angesammelt. Seit Oktober
2010 forderte die Beklagte die Klägerin auf, eine tägliche Arbeitszeit von mindestens 7,6
Stunden bzw. die betriebsübliche wöchentliche Arbeitszeit von 38 Stunden einzuhalten.
Die Klägerin kam dem nicht nach. Die Beklagte kürzte die Gehälter der Klägerin bis Januar 2011 um insgesamt ca. 7.000,00 Euro brutto, weil die Klägerin ihre Arbeitspflicht nicht
vollständig erfüllt und zB im Dezember nur 19,8 Stunden, im Januar nur 5,5 Stunden im
Betrieb gearbeitet habe.
Die Klägerin macht mit der Klage geltend, sie sei vertraglich nicht verpflichtet, 38 Stunden pro Woche zu arbeiten. Sie müsse überhaupt nicht an bestimmten Tagen und zu
bestimmten Zeiten im Betrieb sein. Ihre Arbeit sei nicht in Zeiteinheiten zu messen. Sie
erfülle ihr Arbeitspflicht ohne Rücksicht auf den zeitlichen Aspekt schon dann, wenn sie
die ihr von der Beklagten übertragenen Aufgaben erledige. Deshalb müsse die Beklagte
ihr auch das volle Gehalt unabhängig von der Anzahl der geleisteten Arbeitsstunden
zahlen.
Die Klage blieb - wie schon in den Vorinstanzen - auch vor dem 10. Senat des
Bundesarbeitsgerichts erfolglos. Der Arbeitsvertrag der Parteien setzt als Maß
der zu leistenden Arbeit die betriebsübliche Arbeitszeit voraus. Anhaltspunkte
für die Vereinbarung einer dem Zeitmaß
enthobenen Arbeitspflicht bestehen
nicht. Die Beklagte ist nicht verpflichtet,
Vergütung für Zeiten zu leisten, in denen die Klägerin nicht gearbeitet hat.
Bundesarbeitsgericht Urteil vom 15.
Mai 2013 - 10 AZR 325/12 Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Düsseldorf Urteil vom 9. Februar 2012 - 4
Sa 1025/11 -
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Betriebsratswahl im Volkswagen-Werk Hannover unwirksam
Die Wahl eines Betriebsrats ist anfechtbar, wenn die Zahl der in den Wahlurnen befindlichen Stimmen mit der Zahl der Stimmabgabevermerke in der Wählerliste nicht übereinstimmt und die Differenz so groß ist, dass sie das Wahlergebnis beeinflussen konnte.
Nach § 19 BetrVG kann die Wahl eines Betriebsrats beim Arbeitsgericht angefochten
werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder
das Wahlverfahren verstoßen wurde und eine Berichtigung nicht erfolgt ist. Das gilt
nicht, wenn durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte. Eine wesentliche Vorschrift über das Wahlverfahren ist § 12 Abs. 3 der Wahlordnung zum BetrVG (WO). Danach wirft der Wähler bei der Wahl den Wahlumschlag, in
den der Stimmzettel eingelegt ist, in die Wahlurne ein, nachdem die Stimmabgabe in der
Wählerliste vermerkt worden ist. Durch den in der Wählerliste anzubringenden Stimmabgabevermerk wird verhindert, dass nicht zur Wahl berechtigte Personen eine Stimme
abgeben oder Wahlberechtigte mehrfach wählen. Bei elektronisch geführten Wählerlisten kann die Stimmabgabe auch elektronisch vermerkt werden. Eine spätere Ergänzung
oder Berichtigung der Stimmabgabevermerke ist nicht zulässig. Die Stimmabgabe der
Wähler kann auch nicht auf andere Weise als durch die Vermerke in der Wählerliste festgestellt oder bewiesen werden.
Ergibt sich nach Abschluss der Wahl, dass sich in den Wahlurnen mehr Stimmzettel befinden, als die Wählerliste an abgegebenen Stimmen ausweist, lässt sich der hieraus folgende Verstoß gegen § 12 Abs. 3 WO nicht nachträglich heilen. Insbesondere kann nicht
auf andere Weise - etwa durch nachträgliche Auswertung von Protokollierungsdateien
oder durch Befragung von Zeugen - der Nachweis geführt werden, dass weitere Wähler
als diejenigen, deren Stimmabgabe in der Wählerliste vermerkt ist, ihre Stimme abgegeben haben.
Der Siebte Senat des Bundesarbeitsgerichts erklärte daher - anders als zuvor das Landesarbeitsgericht - auf Antrag von neun wahlberechtigten Arbeitnehmern die im Frühjahr
2010 durchgeführte Betriebsratswahl im Volkswagen-Werk Hannover für unwirksam. Bei
der Wahl befanden sich 105 mehr Stimmzettel in den Wahlurnen als Stimmabgabevermerke in der elektronischen Wählerliste. Hierdurch konnte das Wahlergebnis beeinflusst
werden. Der später unternommene Versuch, durch Auswertung von Protokollierungsdateien und Befragung von Arbeitnehmern die Differenz zu erklären, war nicht zulässig.
Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 12. Juni 2013 - 7 ABR 77/11 Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Beschluss vom 12. September 2011 - 13 TaBV
16/11 -
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Benachteiligung wegen der Weltanschauung
Wird ein Arbeitnehmer wegen seiner Weltanschauung oder wegen bei ihm vermuteter
Weltanschauung benachteiligt, kann dies Entschädigungs- und Schadensersatzansprüche nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) auslösen. Voraussetzung in
beiden Fällen ist, dass Indizien vorgetragen und bewiesen werden, die auf die Benachteiligung wegen einer (vermuteten) Weltanschauung hindeuten.
Persönliche Einstellungen, Sympathien oder Haltungen sind keine „Weltanschauung“.
Die Klägerin hat u.a. an der Pekinger Fremdsprachenuniversität Germanistik studiert.
Mitglied einer politischen Partei war und ist sie nicht. Seit 1987 ist sie für die beklagte
Rundfunkanstalt als arbeitnehmerähnliche Person in der China-Redaktion beschäftigt,
wobei der letzte Honorarrahmenvertrag bis zum 31. Dezember 2010 befristet war. Die
Klägerin bearbeitete als Redakteurin vorwiegend nicht-politische Themen. Im April 2010
bewarb sie sich erfolglos für eine Festanstellung. Ende Juni 2010 teilte die Beklagte mit,
dass sie über das Jahresende 2010 hinaus den befristeten Honorarrahmenvertrag nicht
mehr verlängern werde. Die Klägerin erhielt die in diesem Fall vorgesehenen tariflichen
Leistungen. Sie macht geltend, sie sei von der Beklagten benachteiligt worden, weil ihr
diese - unzutreffend - eine Weltanschauung unterstellt habe. Die Beklagte habe bei ihr
„Sympathie für die Volksrepublik China“ vermutet und „damit Unterstützung für die KP
China“. Ihre Entlassung sei darauf zurückzuführen, dass die Beklagte angenommen habe,
„sie sei gegenüber der Volksrepublik China zu regierungsfreundlich“. Die Beklagte habe
sie daher wegen einer unterstellten, in der Sache aber nicht gegebenen Weltanschauung diskriminiert.
Die Klage blieb in allen drei Instanzen ohne Erfolg. Es kann dahinstehen, ob und wo
heute noch eine „kommunistische Weltanschauung“ o.ä. existiert. Unbestritten lehnt die
Klägerin derartiges für sich ab und ist auch nicht Mitglied der KP China. Sofern sie der
beklagten Rundfunkanstalt vorhält, diese sei davon ausgegangen, sie hege Sympathie
für die Volksrepublik China und berichte freundlich über deren Regierung, trägt sie keine Tatsachen vor, die den Schluss darauf zulassen, sie sei wegen einer ihr unterstellten
Weltanschauung benachteiligt worden. Selbst wenn die Beklagte im Rahmen der ihr
grundrechtlich garantierten Rundfunkfreiheit eine stärkere journalistische Distanz zu
der Regierung in Peking durchsetzen wollte und deswegen die Zusammenarbeit mit der
Klägerin beendet hätte, indizierte dies nicht, dass die Beklagte der Klägerin eine Weltanschauung unterstellt hätte. Im Übrigen bedeutet Sympathie für ein Land nicht Sympathie für eine die Regierung tragende Partei; schon gar nicht kann nach der Lebenserfahrung angenommen werden, dass deren weltanschauliche Fundierung, so sie eine hat,
vom Sympathisanten geteilt wird. Der Senat hat daher wie die Vorinstanzen die Klage als
unschlüssig abgewiesen.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 AZR 482/12 Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 13. Februar 2012 - 2 Sa 768/11 -
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Verfahrensfehlerhafter Betriebsratsbeschluss
Der Erste Senat möchte die Auffassung vertreten, dass die Ladung zu einer Betriebsratssitzung ohne Mitteilung der Tagesordnung nicht zur Unwirksamkeit eines in dieser Betriebsratssitzung gefassten Beschlusses führt, wenn sämtliche Mitglieder des Betriebsrats rechtzeitig geladen sind, der Betriebsrat beschlussfähig iSd. § 33 Abs. 2 BetrVG ist
und die anwesenden Betriebsratsmitglieder einstimmig beschlossen haben, über den
Regelungsgegenstand des später gefassten Beschlusses zu beraten und abzustimmen.
Nicht erforderlich ist, dass in dieser Sitzung alle Betriebsratsmitglieder anwesend sind.
Damit weicht der Senat von der Rechtsprechung des Siebten Senats (10. Oktober 2007 7 ABR 51/06 -; 28. Oktober 1992 - 7 ABR 14/92 -) ab. Der Erste Senat fragt deshalb nach §
45 Abs. 3 Satz 1 ArbGG an, ob der Siebte Senat an seiner Rechtsauffassung festhält.
Arbeitgeber und Betriebsrat streiten über die Wirksamkeit einer Betriebsvereinbarung
über Torkontrollen, die der Vorgängerbetriebsrat mit dem Arbeitgeber abgeschlossen
hat. Der neu gewählte Betriebsrat hält diese für unwirksam, weil sie das Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer unverhältnismäßig beeinträchtige und verfahrensfehlerhaft
zustande gekommen sei. Die Zustimmung zu der Betriebsvereinbarung sei in einer
Betriebsratssitzung beschlossen worden, zu der ohne Mitteilung einer Tagesordnung
geladen worden sei. Dieser Ladungsmangel habe trotz einer einstimmigen Beschlussfassung nicht geheilt werden können, weil nicht alle Betriebsmitglieder anwesend gewesen seien. Das Landesarbeitsgericht hat auf Antrag des Betriebsrats festgestellt, dass
diese Betriebsvereinbarung keine Rechtswirkung entfaltet. Über die Rechtsbeschwerde
der Arbeitgeberin kann noch nicht entschieden werden. Zwar ist die Betriebsvereinbarung materiell wirksam, weil die darin geregelten Torkontrollen das Persönlichkeitsrecht
der Arbeitnehmer nicht unverhältnismäßig beeinträchtigen. Ob die gegen § 29 Abs. 2
Satz 3 BetrVG verstoßende Ladung zur Betriebsratssitzung ohne Mitteilung der Tagesordnung zur Unwirksamkeit des in der Betriebsratssitzung gefassten Beschlusses über
die Zustimmung zur Betriebsvereinbarung führt, kann derzeit noch nicht entschieden
werden. Nach bisheriger Rechtsauffassung des Ersten und Siebten Senats wäre dies der
Fall, weil in der Betriebsratssitzung nicht sämtliche Betriebsratsmitglieder anwesend waren. Da der Erste Senat dieses Erfordernis
aufgeben möchte, fragt er nach § 45 Abs.
3 Satz 1 ArbGG an, ob der Siebte Senat an
seiner Rechtsauffassung festhält.
Bundesarbeitsgericht Beschluss vom 9.
Juli 2013 - 1 ABR 2/13 Vorinstanz: Hessisches Landesarbeitsgericht Beschluss vom 17. September 2012
- 16 TaBV 109/11 -
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Auswahlentscheidung bei Versetzungen
Will ein Arbeitgeber Beschäftigte aus dienstlichen Gründen versetzen, so hat er bei der
Auswahl die Grundsätze billigen Ermessens zu beachten. Eine Auswahl, die nur Beschäftigte einbezieht, die vorher befristete Arbeitsverträge hatten, ist unzulässig.
Die Klägerin war seit Juli 2009 bei der beklagten Bundesagentur für Arbeit als Fachassistentin im Rahmen eines auf den 31. Dezember 2011 befristeten Arbeitsverhältnisses
in der Agentur für Arbeit in Pirna beschäftigt. Das Bundesarbeitsgericht hat am 9. März
2011 (- 7 AZR 728/09 -) entschieden, dass sich die Beklagte zur Rechtfertigung befristeter
Arbeitsverträge nicht auf den Sachgrund der sog. haushaltsrechtlichen Befristung nach
§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG berufen kann. Daraufhin „entfristete“ die Beklagte zahlreiche Arbeitsverträge, auch den Arbeitsvertrag der Klägerin. In der Folge wurden viele der
vorher befristet beschäftigten Arbeitnehmer versetzt, darunter die Klägerin mit Wirkung
zum 1. August 2011 zur Agentur für Arbeit in Weiden.
Die Klägerin hält die Versetzung aufgrund ihrer persönlichen Lebensumstände für unbillig, im Übrigen sei die Auswahlentscheidung falsch erfolgt. Die Beklagte hat vorgebracht,
sie könne Arbeitnehmer aus haushaltsrechtlichen Gründen nur in denjenigen Arbeitsagenturen dauerhaft einsetzen, in denen entsprechende Planstellen im Haushaltsplan
ausgewiesen seien. Auch sei es zulässig gewesen, in ihre Auswahlüberlegungen lediglich die Arbeitnehmer aus dem sog. Entfristungsüberhang, nicht aber auch diejenigen
Arbeitnehmer einzubeziehen, die von vornherein unbefristet auf einer im Haushaltsplan
vorgesehenen Planstelle beschäftigt gewesen seien. Dies habe auch dem Betriebsfrieden gedient.
Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben der Klage stattgegeben. Die Revision
der Beklagten blieb vor dem Zehnten Senat erfolglos.
Die Beklagte ist zwar nach den Bestimmungen des bei ihr gültigen Tarifvertrags und
nach dem Inhalt des geschlossenen Arbeitsvertrags berechtigt, die Klägerin zu versetzen, wenn hierfür ein dienstlicher Grund besteht. Einen solchen Grund stellt beispielsweise ein Personalüberhang in einer örtlichen Arbeitsagentur dar. Die Versetzung ist
wirksam, wenn billiges Ermessen gewahrt ist, also sowohl die Interessen der Beklagten
als auch die Interessen der betroffenen Arbeitnehmer angemessen berücksichtigt werden. Weil die Arbeitgeberin in die Auswahlentscheidung nur vorher befristet Beschäftigte einbezogen hat und nur solche Arbeitnehmer versetzt wurden, ergab sich im Streitfall
die Unwirksamkeit der Versetzung.
Bundesarbeitsgericht: Urteil vom 10. Juli 2013 - 10 AZR 915/12 Vorinstanz: Sächsisches Landesarbeitsgericht Urteil vom 14. September 2012
- 2 Sa 356/12 Hinweis: Sowohl beim Bundesarbeitsgericht als auch bei den Instanzgerichten sind
noch zahlreiche vergleichbare Rechtsstreitigkeiten anhängig, die Versetzungen aus
verschiedenen Arbeitsagenturen betreffen.
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Agentur für Arbeit muss Nebenkosten auch bei Eigentumswohnungen berücksichtigen
Mit Urteil vom 09.04.2013 (Az.: S 4 AL 194/11) gab das Sozialgericht Mainz der Klage
einer in Bad Kreuznach lebenden Frau insoweit statt, als im Rahmen der ihr gewährten
Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) auch die Übernahme der Heiz- und Nebenkosten für
eine Eigentumswohnung begehrt wurde. Die Klägerin wohnt gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten in einem beiden gehörenden Haus und befindet sich seit August 2011 in
einer Ausbildung zur Altenpflegerin. Bei der Berechnung der Höhe der Beihilfe hatte die
Agentur für Arbeit über einen gesetzlich vorgeschriebenen Pauschalbetrag von 149,€ hinaus keine der Aufwendungen mitberücksichtigt, die die Klägerin als monatliche
Hauskosten geltend gemacht hatte (Darlehensraten, Heiz- und Nebenkosten in Höhe
von insgesamt 751,31 €). Die Behörde verwies auf die Gesetzeslage, nach der nur bei
Mietwohnungen, nicht aber bei Eigentumswohnungen, Aufwendungen bedarfserhöhend anzuerkennen seien. Die 4. Kammer des Sozialgerichts Mainz ist der Ansicht der
Agentur für Arbeit nicht gefolgt und hat diese in Abweichung von älteren verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen dazu verurteilt, zwar nicht die Darlehensraten, aber die
Nebenkosten der Eigentumswohnung bei den Berechnungen zu berücksichtigen. Der
Wortlaut des Gesetzes spreche von „Mietkosten für Unterkunft und Nebenkosten“. Damit
bestimme das Gesetz nicht ausdrücklich, dass nur die Nebenkosten einer Mietwohnung
nicht aber die Nebenkosten einer Eigentumswohnung bei entsprechendem Nachweis
anzusetzen seien. Da Nebenkosten von jedem nicht mehr bei den Eltern wohnenden
Auszubildenden zu tragen sind, unerheblich ob er zur Miete oder in Eigentum wohnt,
lasse sich für eine Differenzierung kein nachvollziehbarer Grund erkennen. Daher liege
es sehr viel näher den offenen Wortlaut des Gesetzes zugunsten der Klägerin auszulegen
und die Nebenkosten auch bei Eigentumswohnungen anzuerkennen. Zu beachten ist
jedoch, dass nach dem Gesetz (§ 65 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - SGB III, in der 2011
geltenden Fassung) für die Mietkosten und die Nebenkosten insgesamt höchstens 224,€ monatlich in Ansatz gebracht werden können. Die Leistungen der Klägerin erhöhte
sich durch den Erfolg bei Gericht um monatlich knapp 75,- €. Das Urteil ist noch nicht
rechtskräftig.
Sozialgericht Mainz
Pressemeldung 6/2013 Sozialgericht Mainz
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Einsatz von Leiharbeitnehmern - Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats
Der Betriebsrat des Entleiherbetriebs kann seine Zustimmung zum Einsatz von Leiharbeitnehmern verweigern, wenn diese dort nicht nur vorübergehend eingesetzt werden
sollen.
Nach § 14 Abs. 3 Satz 1 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) ist der Betriebsrat
eines Entleiherbetriebs vor der Übernahme eines Leiharbeitnehmers nach § 99 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) zu beteiligen. Nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG kann er seine
Zustimmung zur Einstellung des Leiharbeitnehmers ua. dann verweigern, wenn diese
gegen ein Gesetz verstößt. Verweigert ein Betriebsrat seine Zustimmung, kann der Arbeitgeber nach § 99 Abs. 4 BetrVG beim Arbeitsgericht die gerichtliche Ersetzung der
Zustimmung beantragen. In diesem Verfahren wird geprüft, ob die Zustimmungsverweigerung berechtigt ist. Maßgeblich hierfür ist die zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung geltende Rechtslage. Ein Gesetz iSv. § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG ist auch § 1 Abs.
1 Satz 2 AÜG in der seit dem 1. Dezember 2011 geltenden Fassung. Danach erfolgt die
Überlassung von Arbeitnehmern an Entleiher „vorübergehend“. Die Bestimmung enthält
nicht lediglich einen unverbindlichen Programmsatz, sondern untersagt die nicht nur
vorübergehende Arbeitnehmerüberlassung.
Sie dient zum einen dem Schutz der Leiharbeitnehmer. Zum andern soll sie auch die
dauerhafte Aufspaltung der Belegschaft des Entleiherbetriebs in eine Stammbelegschaft
und eine entliehene Belegschaft verhindern. Der Betriebsrat des Entleiherbetriebs kann
daher seine Zustimmung zur Einstellung von Leiharbeitnehmern verweigern, wenn
diese im Entleiherbetrieb nicht nur vorübergehend beschäftigt werden sollen. Dabei
kommt es nicht darauf an, ob und ggf. welche Rechtsfolgen sich aus einem Verstoß gegen § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG für das Rechtsverhältnis des einzelnen Leiharbeitnehmers zum
Entleiher ergeben.
Anders als in den Vorinstanzen hatte daher vor dem Siebten Senat des Bundesarbeitsgerichts der Antrag eines Arbeitgebers keinen Erfolg, die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung zur dauerhaften Einstellung einer Leiharbeitnehmerin gerichtlich zu ersetzen.
Der Streitfall verlangte keine genaue Abgrenzung des Begriffs „vorübergehend“.
Der Arbeitgeber beabsichtigte, die Leiharbeitnehmerin ohne jegliche zeitliche Begrenzung statt einer Stammkraft einzusetzen. Das ist jedenfalls nicht mehr „vorübergehend“.
Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 10. Juli 2013 - 7 ABR 91/11 Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Beschluss vom 16. November
2011 - 17 TaBV 16/11 -
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Kein Rechtsmissbrauch durch tariflich erleichterte Befristung bei Leiharbeit
Der Kläger, Mitglied der IG Metall, war Beschäftigter bei einer konzerneigenen Zeitarbeitsfirma (Verleiher, Beklagte zu 2), die ihn ausschließlich an andere konzerneigene
Unternehmen verlieh. Er war zuletzt bei der Beklagten zu 1), der Entleiherin als Kranfahrer eingesetzt. Sein Arbeitsverhältnis war seit dem 01.01.2005 insgesamt neunmal ohne
Sachgrund befristet worden. Die letzte Befristung erfolgte bis zum 30.04.2012. Grundlage der Befristungen waren mehrere mit der IG Metall abgeschlossene Haustarifverträge.
Der letzte Tarifvertrag sah in Abweichung vom Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG)
die Möglichkeit vor, bestehende befristete Arbeitsverhältnisse ohne Sachgrund bis Ende
2017 weiter zu befristen und innerhalb dieser Zeit die Befristung mehr als dreimal zu
verlängern.
Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat die Klage ebenso wie das Arbeitsgericht Oberhausen insgesamt abgewiesen. Die Befristung des Arbeitsverhältnisses mit der Verleiherin war wirksam. Die Tarifparteien haben durch den Haustarifvertrag von der in § 14 Abs.
2 Satz 3 TzBfG eröffneten Möglichkeit, die sachgrundlose Befristung gegenüber dem
Gesetz zu erleichtern, in wirksamer Weise Gebrauch gemacht. Zwar können auch die Tarifparteien sachgrundlose Befristungen nicht schrankenlos zulassen. Nicht ausreichend
war insoweit der Verweis auf „konjunkturelle Schwankungen“.
Der Haustarifvertrag enthielt aber eine zeitlich gestaffelte Verpflichtung, eine bestimmte
Anzahl von Mitarbeitern durch den Entleiher zu übernehmen. Angesichts der grundgesetzlich verbürgten Tarifautonomie (Art. 9 Abs. 3 GG) waren aufgrund der vereinbarten
gestaffelten Übernahmeverpflichtung auch unter Berücksichtigung der Berufsfreiheit
(Art. 12 GG) die Schranken der tariflich zulässig zu regelnden Befristungsmöglichkeiten
nicht überschritten. Ein Arbeitsverhältnis mit der Entleiherin war nicht aufgrund institutionellen Rechtsmissbrauchs zustande gekommen. Einen solchen hat das Landesarbeitsgericht verneint.
Das Landesarbeitsgericht hat die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.
Arbeitsgericht Oberhausen, 3 Ca 796/12, Urteil vom 24.10.2012
Landesarbeitsgericht Düsseldorf, 10 Sa 1747/12, Urteil vom 21.06.2013
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Arbeitsgericht Stuttgart untersagt ver.di Warnstreiks bei der Stadt Stuttgart
Datum: 11.06.201, Kurzbeschreibung:
Das Arbeitsgericht Stuttgart hat mit Urteil vom
11.06.2013 der Gewerkschaft ver.di Vereinte
Dienstleistungsgewerkschaft e.V. untersagt, zur
Durchsetzung eines Bezirkstarifvertrages über die
Gewährung einer Mobilitätszulage i.H.v.180 € brutto monatlich für alle beschäftigten Arbeitnehmer
der Stadt Stuttgart zu Streiks, Warnstreiks oder
sonstigen Arbeitsniederlegungen aufzurufen. Darüber hinaus wurde die Gewerkschaft verurteilt,
unverzüglich den Streikaufruf gegenüber ihren
Verbandsmitgliedern und den sonstigen Arbeitnehmern zu widerrufen.
Das Gericht folgte insoweit der Rechtsauffassung
der Stadt Stuttgart sowie des Kommunalen Arbeitgeberverbandes Baden-Württemberg e.V. Danach
verstößt der Streikaufruf von ver.di zur Durchsetzung einer pauschalen Mobilitätszulage i.H.v. 180 €
brutto monatlich für jeden Arbeitnehmer der Stadt
Stuttgart gegen die relative Friedenspflicht. Zwischen der Gewerkschaft und der Stadt Stuttgart
gelten verschiedene Entgelttarifverträge. Bei der
Durchsetzung einer allgemeinen pauschalen Mobilitätszulage handelt es sich nach Auffassung des
Gerichtes um einen Vergütungsbestandteil, der
in den Entgelttarifverträgen mit geregelt ist bzw.
hätte mit geregelt werden können. Dies ergibt sich
daraus, dass die Tarifvertragsparteien bei der Umstellung der Tarifverträge vom BAT in die nunmehr
geltenden Entgelttarifverträge Zulagen einbezogen haben und lediglich noch leistungs- und tätigkeitsbezogene Vergütungsbestandteile im Sinne
eines umfassenden Entgeltbegriffs geregelt werden. Unter diesen Entgeltbegriff fällt nach Auffassung des Arbeitsgerichts Stuttgart auch
eine pauschale Mobilitätszulage, die unabhängig von einer konkreten sozialen Komponente gezahlt wird. Damit liegt eine Art „Basisvergütung“ und somit ein Entgeltbestandteil vor. Da beide Tarifvertragsparteien an die geltenden Entgelttarifverträge gebunden
sind, besteht für die Gewerkschaft ver.di eine relative Friedenspflicht. Während des Bestehens dieser Tarifverträge ist die Durchsetzung von Forderung auf weitere Vergütung,
wie in dem entschiedenen Fall, durch Streikmaßnahmen nicht erlaubt.
Urteil Arbeitsgericht Stuttgart vom 11.6.2013 - 7 Ga 31/13
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Aufwendungen für die Fortbildung in einer Pseudowissenschaft können nicht geltend gemacht werden
Mit Urteil vom 03. Juni 2013 (Az.: 5 K 1261/12) hat sich das Finanzgericht (FG) RheinlandPfalz mit der Frage beschäftigt, ob Aufwendungen eines Bankbetriebswirts für die Fortbildung in „Psycho- und Pathophysiognomik“ (Versuch, von physiologischen Merkmalen
wie Körperbau, Schädelform und Gesichtszügen auf die seelischen Eigenschaften eines
Menschen, insbesondere dessen Charakterzüge und/oder Temperament zu schließen)
als Werbungskosten zu berücksichtigen sind.
Der verheiratete und bei einer Bank beschäftigte Kläger machte in seiner Einkommensteuererklärung für 2009 Kosten für die Fortbildung in „Psycho- und Pathophysiognomik“ in Höhe von rund 1.800 € (Seminargebühren, Übernachtungskosten, Fahrtkosten
usw.) als Werbungskosten geltend. Zur Begründung führte er aus, er sei seit sechs Jahren
für die Auswahl der Auszubildenden verantwortlich. Auf Veranlassung seines Arbeitgebers habe er bereits eine Ausbildung zum diplomierten systemischen Coach absolviert.
Da ihm diese Kenntnisse überaus hilfreich gewesen seien, habe er sein psycho- und pathophysiognomisches Wissen später weiter vertieft. Auch diese Kosten habe sein Arbeitgeber teilweise übernommen. Der Besuch der Fortbildungskurse im Streitjahr 2009 sei
daher ebenfalls beruflich veranlasst und die entsprechenden Kosten abzugsfähig.
Das beklagte Finanzamt vertrat die Auffassung, dass es sich bei der Psycho- und Pathophysiognomik um eine Pseudowissenschaft handle und dass die geltend gemachten
Aufwendungen überwiegend privat veranlasst seien.
Die dagegen erhobene Klage wies das Finanzgericht als unbegründet ab. Das Gericht
hielt die Auffassung des beklagten Finanzamtes für zutreffend, dass es sich bei den geltend gemachten Kosten um gemischte Aufwendungen handle, bei denen die private
Veranlassung die berufliche Veranlassung deutlich überwiege. An der Grenzlinie zwischen Berufs- und Privatsphäre – so das Gericht - bestehe für den Steuerpflichtige ein
Anreiz, Privataufwendungen als beruflich veranlasst darzustellen, um so den Abzug dieser Aufwendungen zu erreichen. Eine (überwiegende) berufliche Bedeutung der Seminare, die auch von der Ehefrau des Klägers besucht worden seien, habe der Kläger nicht
nachweisen können. Er habe die Veranstaltungen mit dem Titel „Selbstverwirklichungswille“ und „Einfühlsames Erfragen der Anlagen, um Gesundheit und Krankheit zu erkunden“ vor allem aus privaten Gründen besucht.
Die Revision wurde nicht zugelassen, das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 03. Juni 2013, Az.: 5 K 1261/12
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Trocknungsanlage explodiert - Handwerker haftet für den Schaden wie ein Arbeitnehmer
Wer grob fahrlässig in seinem Betrieb einen Schaden verursacht, ist zum Schadensersatz verpflichtet. Zu diesem Ergebnis kam das Hessische Landesarbeitsgericht in seiner
Entscheidung vom 2. April 2013. Der damals 46 Jahre alte Beklagte ist gelernter Schlosser und war seit vielen Jahren praktisch ausschließlich und regelmäßig weisungsunterworfen in einem Milchwerk in Hessen tätig. Das Milchwerk produzierte u.a. Milch- und
Kaffeepulver in mehreren Trocknungsanlagen. Am 13. August 2008 hatte der beklagte
Handwerker den Auftrag, verschiedene Metallteile an einem der Trockentürme anzubringen. Bei laufendem Betrieb schnitt er mit Schweißgerät und Trennschleifer Schlitze
in die Außenwand des Trockenturms. Es entstanden Funken und glühende Metalltropfen, die in den Trockenturm tropften. 17 t Milchpulver entzündeten sich explosionsartig.
Der Schaden belief sich auf rund 220.000 €. Er wurde von den Versicherungen des Milchwerks beglichen.
Mit der vorliegenden Klage verlangte die federführende Versicherung von dem Handwerker Schadensersatz in Höhe von 142.000 €.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Hessische Landesarbeitsgericht hat
das Urteil abgeändert, den Handwerker zur Zahlung von 17.000 € verurteilt und die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.
Nach Ansicht des Hessischen Landesarbeitsgerichts hat der beklagte Handwerker den
Schaden grob fahrlässig verursacht. Es läge auf der Hand, dass bei Schweiß- und Flexarbeiten Funkenflug und heiße Metalltropfen entstehen, die erhitztes Milchpulver zur
Entzündung bringen. Der Handwerker könne von Glück sagen, das er zum Zeitpunkt
der Explosion gerade selbst kurz abwesend war. Für den entstandenen Schaden hafte er
grundsätzlich in vollem Umfang.
Für Arbeitnehmer im Rechtssinne gilt diese Haftung nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts allerdings nur unter Berücksichtigung der persönlichen Situation und
der Umständen des Einzelfalls. Die Haftung soll den Arbeitnehmer nicht in den Ruin treiben. Diese Grundsätze hat das Hessische Landesarbeitsgericht hier auf den Beklagten
angewandt, der zwar kein Arbeitnehmer aber als Handwerker praktisch wie ein Arbeitnehmer in den Betrieb des Milchwerks eingegliedert war. Das Hessische Landesarbeitsgericht hat deshalb die Haftungssumme auf 17.000 € beschränkt, was etwa 3 Monatsverdiensten des Handwerkers entsprach.
Hess. LAG vom 2. April 2013, Az: 13 Sa 857/12
Vorinstanz: ArbG Gießen vom 30. April 2012, Az: 3 Ca 136/11
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Bestimmtheit einer ordentlichen Kündigung - Kündigungsfrist
Eine Kündigung muss bestimmt und unmissverständlich erklärt werden. Der Empfänger
einer ordentlichen Kündigungserklärung muss erkennen können, wann das Arbeitsverhältnis enden soll. Regelmäßig genügt hierfür die Angabe des Kündigungstermins oder
der Kündigungsfrist. Ausreichend ist aber auch ein Hinweis auf die maßgeblichen gesetzlichen Fristenregelungen, wenn der Erklärungsempfänger hierdurch unschwer ermitteln kann, zu welchem Termin das Arbeitsverhältnis enden soll.
Die Klägerin war seit 1987 bei der Schuldnerin als Industriekauffrau beschäftigt. Am 1.
Mai 2010 wurde der Beklagte zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der Schuldnerin bestellt. Bereits zuvor hatte die Geschäftsführung der Schuldnerin mit Zustimmung
des Beklagten die vollständige Betriebsstilllegung beschlossen und den Betriebsrat
zur beabsichtigten Kündigung aller Arbeitsverhältnisse angehört. Mit Schreiben vom
3. Mai 2010 kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis der Klägerin ordentlich „zum
nächstmöglichen Zeitpunkt“. Das Kündigungsschreiben führt im Weiteren aus, welche
Kündigungsfristen sich aus § 622 BGB ergeben und dass § 113 InsO eine Begrenzung
der gesetzlichen, tariflichen oder arbeitsvertraglichen Kündigungsfrist auf drei Monate
bewirke, sofern sich eine längere Frist ergebe. Mit ihrer Klage wendet sich die Klägerin
gegen die Kündigung.
Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Kündigungserklärung sei bereits unbestimmt. Die Revision des Beklagten
hatte vor dem Sechsten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Die Klage ist unbegründet. Das Arbeitsverhältnis hat mit Ablauf des 31. August 2010 geendet. Die Kündigungserklärung ist ausreichend bestimmt. Die Klägerin konnte dem Kündigungsschreiben
unter Berücksichtigung ihrer Betriebszugehörigkeit entnehmen, dass § 113 InsO zu einer Begrenzung der Kündigungsfrist auf drei Monate
führt, ihr Arbeitsverhältnis
also zum 31. August 2010
enden sollte. Die Kündigung ist auch nicht aus anderen Gründen unwirksam.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20. Juni 2013 - 6
AZR 805/11 Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom
6. April 2011- 6 Sa 9/11 -
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Keine Kündigung wegen übersehenden Fehlers eines Arbeitskollegen
Seit 26 Jahren beschäftigte Bankangestellte muss weiterbeschäftigt werden
Die 48-jährige Klägerin des Rechtsstreits arbeitet seit 1986 bei der beklagten Bank, zuletzt als Sachbearbeiterin im Zahlungsverkehr. Zu ihren Aufgaben gehört unter anderem
die Überprüfung von Überweisungsbelegen und gegebenenfalls deren Korrektur. Am 2.
April 2012 prüfte sie 603 Belege innerhalb von weniger als 1,4 Sekunden, 105 Belegen
innerhalb von 1,5-3 Sekunden und nur 104 Belegen in mehr als 3 Sekunden. Dabei übersah sie in den Zahlungsbeleg eines Rentners, der durch einen Arbeitskollegen von 62,40
€ auf 222.222.222,22 € korrigiert worden war. Wie sich im Nachhinein herausstellte, war
der vorprüfender Arbeitskollege, der allerdings nicht für die Prüfung des Betragsfelds
des Belegs zuständig war, bei einem Sekundenschlaf auf die Taste „2“ der PC-Tastatur
geraten und hatte diese länger gedrückt gehalten. Durch eine systeminterne Prüfungsroutine wurde der Fehler bemerkt und berichtigt.
Die Bank hat der Klägerin die vorsätzliche Täuschung über ihre Arbeitsleistungen vorgeworfen indem sie Belege nicht geprüft, sondern ohne Prüfung freigegeben habe. Sie hat
der Klägerin fristlos, hilfsweise fristgerecht gekündigt.
Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main und ihm folgend das Hessische Landesarbeitsgericht haben der Kündigungsschutzklage der Klägerin stattgegeben. Eine vorsätzliche
Schädigung des Arbeitgebers oder eine vorsätzliche Manipulation des Arbeitsablaufs
lägen nicht vor. Nach der Vorbearbeitung durch den Arbeitskollegen könne der Klägerin
nur noch eine unterlassene Kontrolle des Überweisungsträgers vorgeworfen werden.
Dies sei zwar ein schwerer Fehler gewesen, die für eine Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen notwendige negative Prognose sei nach Abwägung aller Umstände
aber nicht erkennbar. Deshalb sei der beklagten Bank hier eine Abmahnung statt einer
Kündigung noch zumutbar gewesen.
Auch die von der Bank begehrte Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch das Gericht
hat das Hessische Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür lägen nicht vor. Nach wie vor sei eine weitere den Betriebszwecken dienliche
Zusammenarbeit möglich.
Hess. LAG vom 7. Februar 2013, Az. 9 Sa 1315/12
Vorinstanz: Arbeitsgericht Frankfurt am Main vom 7. August 2012, Az. 4 Ca 2899/12
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Ex-Geschäftsführer der Stadtwerke Neuwied scheitert erneut mit Kündigungsklage
Die Stadtwerke Neuwied GmbH durfte ihrem ehemaligen Geschäftsführer fristlos kündigen. Auch im Hauptsacheverfahren vor dem Oberlandesgericht Koblenz scheiterte
der Kläger mit seiner Klage gegen die Stadtwerke, mit der er insbesondere die Unwirksamkeit der ausgesprochenen Kündigungen festgestellt wissen und seine Wiedereinsetzung als Geschäftsführer nebst rückwirkender Zahlung des Gehalts erreichen wollte. Wie
schon im einstweiligen Verfügungsverfahren im Mai 2012 entschied der 6. Zivilsenat des
Oberlandesgerichts erneut, dass die Kündigungen der Stadtwerke vom Dezember 2011
und Januar 2012 aus wichtigem Grund gerechtfertigt waren. Die Verletzung der Pflichten des Klägers als Geschäftsführer habe es der Beklagten unzumutbar gemacht, ihn
weiter zu beschäftigen. Damit wies der Senat die Berufung des Klägers gegen das Urteil
des Landgerichts Koblenz vom 13. November 2012 zurück (Urteil des 6. Zivilsenats vom
11. Juli 2013, Az: 6 U 1359/12).
Ende Dezember 2011 und Ende Januar 2012 hatte die Beklagte durch den Oberbürgermeister der Stadt Neuwied gegenüber dem Kläger Kündigungen ausgesprochen und
seine Abberufung als Geschäftsführer erklärt. Die Beklagte hatte ihre Kündigungen auf
zwei Sachverhalte gestützt, die der Senat nach einer umfangreichen Beweisaufnahme
als bestätigt angesehen hat.
Zum einen eröffnete der Kläger seiner Lebensgefährtin, die einen Gastronomiebetrieb
unterhält, im November 2011 die Möglichkeit, Gänse im Konvektomaten des Betriebes
der Beklagten zuzubereiten. Dafür nutzte der Kläger seine Position als Geschäftsführer
der Stadtwerke aus. Dies verstieß gegen den in den Dienstanweisungen der Beklagten
niedergelegten und dem Kläger bekannten Grundsatz, dass „die private Nutzung der
dienstlichen Einrichtungen verboten“ ist. Nach der Überzeugung des Senats handelte
der Kläger pflichtwidrig, indem er einer betriebsfremden Person die Nutzung von Einrichtungen der Beklagten gestattete, ohne dass ein betriebliches Interesse der Beklagten vorlag.
Zum anderen veranlasste der Kläger im Jahr 2011, dass einer Mitarbeiterin Nachhilfeunterricht für die Wiederholungsprüfung in ihrer Ausbildung erteilt wurde. Dabei handelte
es sich um die Freundin der Tochter der Lebensgefährtin des Klägers, mit der er auch gut
bekannt war. Die Kosten des Unterrichts in Höhe von knapp 400 € wurden von der Beklagten übernommen, obwohl die Erteilung der Nachhilfe außerhalb des betrieblichen
Interesses der Beklagten lag. Nach dem Urteil des Senats rechtfertigte bereits dieser Vorfall für sich genommen die fristlose Kündigung.
Der Senat wies ausdrücklich darauf hin, dass die Pflichtwidrigkeit in beiden Fällen ein
erhebliches Gewicht habe, da der Kläger eine besondere Nähebeziehung zu den jeweils
Begünstigten hatte. In beiden Fällen habe der Kläger ihm nahestehende Personen Vorteile auf Kosten der Beklagten verschafft, ohne dass dies durch ein betriebliches Interesse gerechtfertigt gewesen sei. Ein Geschäftsführer habe aber die Pflicht, in allen An-
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gelegenheiten, die das Interesse der Gesellschaft berühren, allein deren Wohl und nicht
seinen eigenen Nutzen oder den Vorteil anderer im Auge zu haben. Der Kläger aber habe
sich nach Gutsherrenart zugunsten einer ihm nahestehenden Person aus dem Vermögen der Beklagten freigiebig gezeigt. Das Verhalten des Klägers sei mit der Vorbildfunktion unvereinbar, die ein Geschäftsführer in der früheren Position des Klägers auszuüben
habe. Seine weitere Tätigkeit als Geschäftsführer sei daher für die Beklagte unzumutbar.
Letztlich erfolgten beide Kündigungen nach der Überzeugung des Senats auch fristgerecht, da sie innerhalb von zwei Wochen ausgesprochen wurden, nachdem der Oberbürgermeister als Kündigungsberechtigter von allen für die Kündigung maßgeblichen
Tatsachen Kenntnis erlangt hatte.
Der Senat hat die Revision gegen das Urteil nicht zugelassen. Es besteht allerdings die
Möglichkeit, diese Entscheidung mit einer vor dem Bundesgerichtshof einzulegenden
Nichtzulassungsbeschwerde zu überprüfen.
Oberlandesgericht Koblenz, Urteil des 6. Zivilsenats vom 11. Juli 2013, Az: 6 U 1359/12
Vorinstanz: Landgerichts Koblenz, Urteil vom 13. November 2012
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Arbeitsgericht Stuttgart löst Betriebsrat der Fa. Kärcher auf
Datum: 24.07.2013, Kurzbeschreibung:
Das Arbeitsgericht Stuttgart hat mit dem heute verkündeten Beschluss den Betriebsrat des (Haupt)Betriebs der Kärcher GmbH & Co KG aufgelöst. Es folgte damit dem
Antrag der IG Metall.
Der Betriebsrat hat seine gesetzlichen Pflichten aus dem Betriebsverfassungsgesetz
grob verletzt, indem er weder im Jahr 2011 noch im Jahr 2012, auch auf den konkreten
Antrag der IG Metall hin, dem Gesetz entsprechende Betriebsversammlungen, auch keine Abteilungsversammlungen, durchgeführt hat. Zudem hat der Betriebsrat seine aus §
2 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz folgende Pflicht, mit der Gewerkschaft zusammenzuwirken, verletzt.
Die IG Metall ist mit 2 Mitgliedern im 17-köpfigen Betriebsrat des (Haupt)Betriebs in Winnenden vertreten. Mit ihrem im Januar 2013 beim Arbeitsgericht Stuttgart eingereichten
Antrag begehrte sie die Auflösung des dortigen Betriebsrats, hilfsweise den Ausschluss
des Betriebsratsvorsitzenden aus dem Gremium. Der Betriebsrat hat auf seine jahrzehntelang praktizierte Handhabung verwiesen. Er hat vorgebracht, die Mitarbeiter würden
regelmäßig, auch in Abteilungsversammlungen, umfassend informiert. Anlässlich der
Jahresfeier 2012 habe eine Betriebsversammlung stattgefunden.
Nach § 43 BetrVG hat der Betriebsrat einmal in jedem Kalendervierteljahr eine Betriebsversammlung einzuberufen und in ihr einen Tätigkeitsbericht zu erstatten. Bei organisatorisch oder räumlich abgegrenzten Betriebsteilen hat der Betriebsrat in jedem Kalenderjahr zwei dieser Betriebsversammlungen als Abteilungsversammlungen durchzuführen.
Auf Antrag einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft muss der Betriebsrat vor Ablauf
von zwei Wochen eine Betriebsversammlung einberufen, wenn im vorhergegangenen
Kalenderhalbjahr keine Betriebsversammlung und keine Abteilungsversammlungen
durchgeführt worden sind. Die Missachtung dieser Vorschriften kann eine grobe Verletzung der gesetzlichen Pflichten des Betriebsrats nach § 23 BetrVG darstellen mit der Folge seiner Auflösung. Nach § 2 Abs. 1 BetrVG arbeiten Arbeitgeber und Betriebsrat unter
Beachtung der geltenden Tarifverträge vertrauensvoll und im Zusammenwirken mit den
im Betrieb vertretenen Gewerkschaften und Arbeitgebervereinigungen zum Wohl der
Arbeitnehmer und des Betriebs zusammen.
Gegen den Beschluss ist das Rechtmittel der Beschwerde zum Landesarbeitsgericht gegeben. Erst mit Rechtskraft des Beschlusses ist der Betriebsrat aufgelöst. (Az. 22 BV 13/13)
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Hartz IV - Kürzung bei Kündigung
Das Sozialgericht Mainz hatte sich im Rahmen eines Eilantrages (Az.:
S 15 AS 438/13 ER) mit der Frage zu beschäftigen, unter welchen
Voraussetzungen das Jobcenter das Arbeitslosengeld II („Hartz IV“)
mindern darf, wenn der Leistungsbezieher die Kündigung für eine
geringfügige Beschäftigung erhält.
Die aus Mainz stammende Antragstellerin war in Privathaushalten
als Haushaltshilfe beschäftigt. Zusätzlich bezog sie Arbeitslosengeld
II vom Jobcenter. Nachdem sie mehrfach nicht zur Arbeit erschien,
wurden zwei der Beschäftigungsverhältnisse beendet. Zur Erklärung
gab die Antragstellerin beim Jobcenter an, sie habe aufgrund ihrer
Gelenkerkrankung und ihres Alkoholproblems nicht regelmäßig arbeiten können. Das Jobcenter wertete dies als Pflichtverletzung und
kürzte die Leistungen um 30 Prozent des Regelbedarfs. Zur Begründung fügte es an, die Antragstellerin habe ihr Einkommen in der
Absicht vermindert, die Voraussetzungen für eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes II herbeizuführen.
In einem Hinweis an das Jobcenter machte das Sozialgericht unter
anderem darauf aufmerk-sam, dass eine solche Pflichtverletzung
nach den gesetzlichen Regelungen nur vorliegt, wenn die Antragstellerin tatsächlich mit „Absicht“ handelte. Es habe der Antragstellerin also gerade darauf ankommen müssen, aufgrund ihrer Handlungen gekündigt zu werden, um sodann mehr Arbeitslosengeld II
zu beziehen. Angesichts der Krankheiten der Antragstellerin sei zwar
nicht auszuschließen, dass die Kündigungen und der einhergehende
Verdienstausfall von ihr billigend hingenommen wurden. Das stelle
aber gerade keine Absicht dar.
Aufgrund des Hinweises hob das Jobcenter die Minderung auf.
IHRE
ANSPRECHPARTNERIN
RUND UM DEN GPI:
Carolin Hänßler
haenssler@cgm.de
Redaktionsschluss für die
nächste Ausgabe:
30. September 2013
Christliche Gewerkschaft Metall
Jahnstraße 12 . 70597 Stuttgart
Telefon: 0711 2484 788 - 0
Telefax: 0711 2484 788 - 21
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Sozialgericht Mainz, (Az.: S 15 AS 438/13 ER)
Pressemeldung 7/2013 Sozialgericht Mainz
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